Teil II




Vortrag 02
Ich möchte jetzt anschliessen an den letzten Vortrag. Die Erst-Version dieses Einstiegs habe ich im Anhang beigefügt – vgl. „Kurze Geschichte der linken Theorien“ – ; dort hatte ich in Betracht gezogen, inwiefern diese Theorien oder Positionen mit den Ausdifferenzierungen des bürgerlichen Systems Schritt gehalten haben, und mich auf diese Weise, indirekt, auch auf diese System-Entwicklung bezogen. Im jetzigen Vortrag 01 habeich diese Entwicklung unmittelbar, allerdings weiterhin nur grob, skizziert – ohne die Linken Doktrinen. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass die Vorträge sich notgedrungen einzig richten an Leute, die ausser der nötigen Zeit ein gesteigertes theoretisches und Verstehens-Interesse an meinen Themen mitbringen. dazu natürlich gewisse Bildungselemente, ohne die man das ganze nochmal ganz anders aufziehen müsste. Die Vortragsweise ist sehr stark vergrübelt; ich hab den Stoff grob im Kopf, aber nicht genau, ich muss also in gewissem Sinn immer wieder kurz improvisieren – man darf sich keineswegs ein didaktisch ausgefeiltes Vorgehen oder Konzept erwarten, das dem zugrundeliegt, ich spreche es auch frei, habe mir keine Aufzeichnungen gemacht, muss also auch tatsächlich den Stoff frei im Kopf haben und ihn so in die Köpfe der Zuhörer reinbringen, also auch ohne Grafiken oder Bilder, an denen man sich abstützen kann – abgesehen von ganz wenigen – . Es soll vielmehr alles verbal geschehen, und die Anstrengung müssen die Zuhörer schon erbringen, dass sie tatsächlich mitdenken, sich mit-konzentrieren, sie können die Aufnahme ja auch öfter mal anhalten,, nochmal nachdenken und nochmal anhören, und dann weitergehen.

1.
Von der allgemeinen Übersicht im 1.Vortrag sind zahllose Fragen offen geblieben – viele entscheidende Thesen und Thesengruppen sind praktisch bloss mehr oder weniger als Überschrift präsent, sodass sich das alles nur ganz vage andeutet, und es eigentlich nie auf die übergreifende Argumentation hin zuläuft – es läuft zu auf das STAATSVERSAGEN – auf die hypothetische Erwartung, dass im besten Fall es zu einer Weltordnung kommt, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, die sich die Gleichverteilung von Lebens- und Arbeitschancen quasi sozialdemokratisch oder gar sozialistisch, weltweit, zum Ziel setzt, und die neoliberale Freihandelsordnung und die Konkurrenz ablöst, aber sofort konfrontiert ist mit der Knappheit der Resssourcen (vor allem der Naturressourcen und Naturanforderungen), und deren Verwaltung staatlich nicht zustandebringt. Das ist eine der zentralen Thesen, hinter dem Scheitern an dieser selbst produzierten Herausforderung steht aber die ungelöste Frage unseres Naturverhältnisses in der Moderne – damit auch die Frage der ungeklärten Fortschrittsrichtung: Wohin soll es noch weitergehen? und dahinter steht dann die Frage der Wissensverwaltung, und die nach Wegen zur Bewältigung der Erschöpftheit durch die moderne Entwicklung (das meist-ignorierte Thema in dem Zusammenhang). Ich hatte angedeutet, dass interessanterweise die „Nebenwidersprüche“ der klassischen linken Tradition hier ins Spiel kommen. Vor allen Dingen beim Neuaufbau, das wäre jetzt so der dritte Punkt, also die Aporien, die ungelösten Probleme der modernen Kultur, der modernen Kulturziele, münden in ein Projekt ihrer Überwindung, so dass ein keimformartiger Neuaufbau ansteht, in dem sukzessive die Mängel der Moderne überwunden werden, und damit auch die Nebenwidersprüche gelöst. Die Nebenwidersprüche sollen so etwas sein wie ein Leitfaden, an dem entlang man sich hocharbeiten kann, der elemenarste ist der Mann Frau Widerspruch, der nächste sollte sein Kopf/Hand, dann Stadt/Land, und schliesslich Zentrum und Peripherie. In dieser Reihenfolge würden sich, so ist das gedacht, die Keimform-Zentren (die natürlich erstmal zerstreut und wenig vernetzt auftreten), eine Stufe nach der andern, hocharbeiten und immer komplexere Aufgaben lösen. Was sie dabei noch leisten, wäre Sache einer weiteren Untersuchung, auf die ich gleich zu sprechen komme.

Ich will nur kurz andeuten, dass der Gegensatz Mann/Frau etwas zu tun hat mit der Bedürfnisfeindlichkeit der MODernen Kulturziele, Technik als Selbstzweck ist entbehrungsreich, setzt eine Askese voraus, von der Max Weber sagt, dass sie in vormodernen Zeiten allenfalls von religiösen Virtuosen praktiziert wurde, und in der Moderne anfing über das Bürgertum in die gesamte Bevölkerung zu diffundieren. Also was protestantisch Alltagsaskese, Arbeitsaskese, Alltagsheiligung war. Die Kulturziele sind im Widerspruch zu elementaren menschlichen Bedürfnissen, da kann man dann ganz grob sagen, leisten, hoch leistungsfähig und vermittlungsfähig zu sein unter ständig Fremden und sich dort ständig zu bewegen und aufzuhalten ist in einem solchen Ausmass ressourcen-zehrend, dass das nur auszuhalten ist, wenn gleichzeitig in unmittelbarer und sehr grosser persönlicher Nähe, eben „familiär“, dafür gesorgt ist, dass man wider Erwarten doch noch Anteil an dem entgegengesetzten und widersprechenden Lebenseinrichtungen hat. Dafür sind traditionell auch in vormodernen Gesellschaften, überall da, wo ähnlich lebens- und menschenfeindliche Ziele verfolgt wurden, spätestens in herrschenden Schichten, die Frauen zuständig, und nun ist bekannt, dass Frauen auch in die Vermännlichung eingetreten sind und sich den Ausschluss von wichtigen Kulturzielen so nicht auf Dauer haben gefallen lassen. (Was übrigens alles auch vormodern schon mehrfach durchlaufen wurde, in den teilweise religiösen Gruppen, oder herrschenden – die also besonderen Leistrungsanforderungen unterlagen.) Frauen sind also vorgedrungen in die vorherrschende Kultursphäre, was dazu führt, dass in kurzer Zeit Nachwachsende, Kinder, die Frauenrolle einnehmen, und wenn eine gesamte Schicht oder gar Bevölkerung synchron unter Leistungsdruck gerät, hier speziell so, dass ganze Bevölkerungen in die MODernisierung eintreten, dann am Ende also tatsächlich gewissermassen eine Art „Verweiblichung“ des Nachwuchses stattfindet, bei gleichzeitig meist noch weiter steigenden Anforderungen, die dann von diesem Nachwuchs eben um so weniger bestanden werden, so dass also schliesslich in ca 4-5 Generationen eine Erschöpfung eintritt, die Ausdruck ist nicht etwa einer genetisschen Degeneration, die da angeblich immer wieder zu beobachten ist im Verlauf der Geschichte, sondern Folge der Bedürfnisfeindlichkeit der jeweiligen Kultur. Dadurch zeichnet sich also die Moderne garnicht aus, das Besondere an ihr ist vielmehr, dass tatsächlich grosse Bevölkerungen in diesen Prozess hineingeworfen werden, und das über längere Zeit, sodass diese Bevölkerungen am Ende synchron in dieser Erschöpfungsposition landen, und wie das nun tatsächlich behoben wird, ohne dass man in den Prozess wieder von vorne einsteigt, und wie überhaupt die Erschöpfung überwunden wird, das ist Thema eigener Überlegungen.

2.
Wir reden auf der Ebene der Alltagseinrichtung, der Lebenseinrichtung, wenn wir über diesen ersten Neben-Widerspruch sprechen, also das, was ich gewohnt bin in meinem theoretischen Jargon die Identität zu nennen. – Also diese „Identität“ soll sein die langfristige Ausrichtung von Bedürfnissen und Leistungsdispositionen auf eine Form der Lebensführung, und das dauerhaft – man richtet sich dauerhaft auf bestimmte ganz elementare und andere ausschliessende Anforderungen ein, darauf beruht ja auch diese Dichotomie männlich/weiblich, was daraus geworden ist im Laufe dieser Vermännlichung, ist Gegenstand eigener Untersuchungen. Ich will es nur erwähnen auf der Ebene der Lebensentwürfe, der Ebene dessen, was nicht bloss von Tag zu Tag stattfindet, sondern bei einem weiteren existenziellen Grenzhorizont endet, nämlich dem mutmasslichen Lebensende einer Person – der Biografie – das nenne ich mal den Lebensentwurf, also das, was Leute in der ihnen mutmasslich verfügbaren Lebenszeit erreichen wollen, und was sie auch meinen leisten zu können (zusammen mit und/oder neben ihren Alters- und Zeitgenossen, ihrer (subjektiv, aus ihrem Blickwinkel gesehen) „Generation“, und den (Produktions)Verhältnissen, der Lebensform, in der und denen sie zu diesen Zeitgenossen stehen). Dazu gehört nicht zum geringsten, was sie an Wissen erarbeiten können und umsetzen, und deswegen gehört da auch die Kopf/Hand Dichotomie dazu, die natürlich jetzt übersetzt werden muss in eine Unterscheidung zwischen denen, die ausführen, einerseits, und denen, die lernen dürfen und anschliessend weiterforschen, die also tatsächlich über gesellschaftliches Wissen verfügen, und dadurch die Art seiner Anwendung mit bestimmen können, also Experten im weitesten Sinn sind, und den andern Vorgaben machen. Das bedeutet eine vertikal-hierarchische Wissensorganisation, und die wird grundsätzlich in Frage gestellt, wenn man diesen Nebenwiderspruch beenden möchte. Die Antwort auf die MODerne Wissenszersplitterung wäre ein völliger Neu-Aufbau, ein Durcharbeiten des überhaupt verwendeten Wissens in engster Zusammenarbeit mit der tatsächlichen Praxis. Das heisst, es wäre eine zentrale Aufgabe, sich immerzu bei jedem Wissenselement zu fragen, müssen das alle wissen oder nur spezielle Gruppen, welche Konsequenzen hat es, wenn es nicht alle wissen? ist es eine indifferente Spezialisierung, mit der wir es da zu tun haben, oder macht die einen Unterschied? Das ganze wäre deswegen strikt egalitär zu handhaben, weil wir von den Aussichten, den Problemen her, die wir zu lösen haben, deutlich verwiesen sind darauf, dass alle alles wesentliche wissen müssen: Weil sie ja auch wissen müssen, ob aus ihrem Bereich Erfahrungen, die sie machen, für andere Bereiche relevant sind – alles hängt mit allem zusammen, vor allem wenn Ressourcen knapp sind, und im wesentlichen mit Natur gearbeitet wird. Die Stadt/Land Widersprüchlichkeit könnte neu benannt werden als Konfrontation von Techno- und Biosphäre entlang der Frage, wie passen sie zusammen, was hat Priorität, und da würden wir natürlich völlig neu einsetzen, wir würden es gegenüber heutigen Verhältnissen umdrehen, – so wie auch beim ersten Widerspruch, dort würden nämlich die Bedürfnisse, also das „Weibliche“, den Primat bekommen, und so würde das Ausführen, die „Hand“-Routine, Vorrang haben, zwar immerzu erweitert werden, aber dabei diktieren, was als nächstes von Interesse ist, und so die Fortschritts- und Wachstumsrichtung bestimmen; schliesslich würden die natur-orientierten Teile unserer Praxis diktieren, welche der Techniken aus dem mittlerweile in der MODerne entwickelten Werkzeugapparat wir in diese neue Praxis des Umgangs mit Natur übernehmen wollen: Vorrang der langfristigen (Stichwort, hierzu passend, der später noch einzuführende Zeithorizont der Individualität) Entwicklung unseres Naturverhältnisses als demjenigen, das auch noch die (Neu)Entwicklungen bzw Auswahl aus bereits bestehenden Technologien und deren Zusammenstellung zu einer PRODUKTIONSARCHITEKTUR bestimmt.

Exkurs.
Dazu hier vielleicht kurz eine Andeutung, wie man ganz abstrakt sich die Neugestaltung des Verhältnisses von Biosphäre und Technik vorstellen kann. Ich meine, dass sie in drei Schritten stattfinden muss:

ROBUST REGIONAL REPRODUKTIV

erstens wäre angesagt ein ROBUSTMACHEN aller Lebensverhältnisse weltweit, technischerseits würde das bedeuten, dass wir Technik einsetzen hauptsächlich, um Risiken aller Art zu minimieren, die inzwischen aufgelaufen sind, und sie aus der Welt zu schaffen, nach der Naturseite hin würden wir die eingetretenen Schäden durch Immissionen, Schadstoffe, Veränderungen aller Art versuchen zu reparieren, wir würden also vor allen Dingen versuchen, die Immissionen rückgängig zu machen, und die allgemeine Vergiftung der Natur zu machen – unter anderm mit technischen, vor allem aber auch biologischen Mitteln.

In einer zweiten Phase würden wir auf der technischen Seite versuchen, reduzierte Produktions- und Produktivitätsziele an vielen Orten zu realisieren, also dezentrale Technologien zu entwickeln, und die aktuelle hochproduktive Zentralisierung aufzugeben, deswegen auch (REDUZIERT-REDUNDANT-)REGIONALMACHEN, an vielen Orten gleichzeitig und mit viel Reserve-Spielräumen (das ist ein weiteres Stichwort) zu produzieren. Und der Natur zugewandt hiesse das, dass wir mit lokalen und lokal darstellbaren Mitteln arbeiten, das kann auch bedeuten, dass wir zb Nutzpflanzen zur Materialherstellung einführen und in Regionen anpflanzen wo sie bis dahin nicht vorgekommen sind, da ist, glaube ich, ein grosser Vorrat an Materialien, die man landwirtschaftlich erzeugen kann.

Der letzte Schritt wäre dann dass –  – und nun also der letzte Schritt wäre dann das REPRODUKTIVMACHEN der ganzen Praxis, technischerseits ist das natürlich das recyclingfähigmachen der Produkte – cradle to cradle nennt sich das -, und auf der biologischen Seite, auf der Seite der Arbeit mit und in der Biosphäre, wäre es das renaturierende Produzieren, also natur-analog, naturähnlich Produzieren von allem, was benötigt wird, das mit einer mineralisch- metallurgisch herzustellenden Technik allenfalls punktuell unterstützt.
(Exkurs Ende)

Das wäre also gewissermassen die Skizzierung einer Strategie, nach welchen Prinzipien man das Verhältnis von Technik und Biosphäre im Übergang einrichten müsste – leider nur sehr abstrakt angedeutet.

Schliesslich würden wir das ganze ausdehnen auf die gesamte von Menschen bewohnte Erde, den ganzen Planeten, wir würden also tatsächlich den Widerspruch von Zentrum und Peripherie zu lösen versuchen, also jenen Widerspruch, an dessen Lösung sich die bis dahin höchst-entwickelten planetaren Vergesellschaftungsformen (Staaten und Staatenverbände) (schon jetzt ist das absehbar) vergeblich abgearbeitet haben werden: Darum, weil dieser Widerspruch nur die Erscheiungsform eines viel tiefer, nämlich im Epochenprojekt der MODerne angelegten, darstellt (marxistisch gesprochen: der Widerspruch entsteht bereits auf der Produktivkraftebene). Dabei und damit würden wir dann auch endgültig alle noch vorhandenen Entwicklungsgefälle aufheben; und damit zugleich nicht nur die skizzierten Prinzipien als die mit Rationalität des kollektiven Handelns und Lernens einzig vereinbaren erweisen – sondern darüber hinaus die Wege zuverlässig gangbar machen, auf denen das jedem einzelnen Zeitgenossen, aber auch allen Nachkommenden plausibel vermittelt wird. Und das entspräche der Stufe der (NACHMODernen) Mentalität und dem begründeten Selbstverständnis des NACHMODernen Selbst. (Diesen Begriff zu erarbeiten, wäre also das mutmassliche Epochenprojekt der NACHMODerne: (erstmals korrekte) Selbstbestimmung als Aufgabe.

3.
Im Anhang zu Vortrag 01 hatte ich mehrere von mir behauptete Defizite der traditionellen linken Theorien, speziell der marxistischen, angesprochen. Grob lassen sich diese Defizite folgender Reihe an Themen zuordnen:

1. (erreichter Stand der) Produktivkräfte, und ihre (bislang nicht beschriebene) Epochengliederung (als Grundlage auch für die zugehörige Reihe der je ermöglichten aber auch erzwungenen Produktionsverhältnisse) – als Grundlage einer wahrhaft materialistischen Geschichtstheorie. (Die hier angeführten Kategorien-Gruppen als Basis-Kategorien einer Geschichts- und auf deren Grundlage Gesellschaftstheorie (nicht umgekehrt).

2. (Kritik der) Politische(n) Ökonomie – Arbeitsteilung, Eigentums- und Verkehrsformen, Klassen…; hier vor allem zu besprechen die Mängel der Theorie im Kapital (Grundfrage nach: was kann mit Geld gemacht werdenbzw wird gemacht? drei nicht aufeinander reduzierbare Preis- bzw „Tauschwert“-Einflüsse: Reproduktivität (Klassik=Marx, Bedingungen der Wiederholbarkeit“ (von Kauf und Verkauf…)), Kapazitivität („Knappheit“, Neoklassik), Innovativität (Schulden/Geld/Kredit(schöpfung), Gsell, Zinskritik, Keynes, Hudson/Graeber usw).  Wert-bildend als „sich mit sich reproduzierend, dabei produktiver machend, darüber hinaus alles andre produzierend (in den „unproduktiveren“ Sektoren)“; die Fehlkonstruktion in der Kategorie „organische Zusammensetzung“ (Produktionsmittel gesellschaftlich ebenfalls mehrwertträchtig reproduziert, Umschlagzeit allenfalls entscheidend; einheitliche Profitrate existiert nicht; kein Grund für fallende Profitraten (es gibt aber andre Gründe…)); unterschiedliche Nachfrage-Verhältnisse für ReProdukt und Mehrprodukt; Tauschverhältnisse mit vorübergehend oder dauerhaft nicht-reproduzierbaren Gütern; Investition/Kredit(schöpfung) und Innovation; Frage der Fristigkeit von Preis-Einflüssen…; Einfluss des Finanzkapitals überbewertet; Zentralbank- und Fiskal-Politik; Weltmarkt und nationaler in der Globalisierung, entsprechend die Überformung der traditionellen Klassen (die natürlich fortbestehen).

3. Staat – allgemeiner Begriff, Formen im Verlauf der Geschichte; bürgerlicher Staat im speziellen. Das Basis/Überbau-Konzept; was ist bürgerlich am Sozialismus. Der Unterschied (Bürgerlicher) Staat als Form, und konkretes Staatsprogramm. Mögliche moderne Staatsprogramme (klassisch-liberal/demokratisch, sozialistisch/sozialdemokratisch, neoliberal…) usw

4. Praxis – materialistische Handlungstheorie, kollektives Sich-Reproduzieren, Arbeitsteilung, Sprache, kollektives Lernen, Tradieren..; allgemeine Bestimmung von Person(alität, Subjektivität..)…

5. Einzelperson, sie betreffende allgemeine („subjektive“) Kategorien, als Pendants zu den „objektiv“-„gesellschaftlichen“… Genau darum geht es jetzt.

In den Feuerbach-Thesen hat Marx eine Art philosophisch-theoretisches Programm benannt, das mit der Überschrift einhergeht: PRAXIS. In der philosophischen Theorie, aber auch in vielen anthropologischen (bürgerlich-idealistischen) Wissenschaften, Kultur-, Sozial-Wissenchaften, firmiert das als „Handlungstheorie“. Man könnte genauso gut sagen, es geht da um den Begriff der (Einzel)PERSON, denn das ist ja die Entität, die handlungsfähig ist und der Handlungsfähigkeit zugeschrieben wird, aber wie es sich genau verhält, ist eigentlich tatsächlich theoretisch bis jetzt KOMPLETT, das kann man wirklich sagen, unaufgeklärt geblieben, ein Desiderat. Das, obwohl es an so prominenter Stelle von Marx (oder spätestetns der ihm folgenden Tradition) als solches auch formuliert war. Da ist eine Kritik an der traditionellen linken Theorie fällig, auch an Marx selber, der für die Handlungstheorie genau keinen Bedarf gesehen hat, weil er in eine Art Geschichts- und Gesellschaftsmetaphysik verfallen ist, wo mehr oder weniger Gesellschaften und auch Klassen, also grossen Gruppen, personale Eigenschaften zugeschrieben werden; dieses transpersonale Personalisieren, Psychologisieren ist eigentlich sonst eine Eigentümlichkeit von religiösem Denken. Mit anderen Worten, der Vorwurf lautet: die klassische linke Theorie ist nichts weniger als materialistisch, sie ist vielmehr idealistisch darin, dass sie von diesen grossen Kollektiven, von denen sie handelt, und ihrer Entwicklung so redet, als wären es Individuen, und dieser Ansatz ist um so verrückter, als er natürlich unter dem Titel EMANZIPATION die einzelnen sich aus diesem Zusammenhang lösen sehen möchte und das auch erwartet, aber man fragt sich, wie dieser emanzipatorische Übergang eigentlich je geschehen soll, wo die Einzelnen Macht über ihren gesellschaftlichen Zusammenhang gewinnen, und die Gesellschaft, dieses Grossubjekt, sie plötzlich freigibt für diesen Prozess, wie wenn Gott oder der Weltgeist sie aus dem Paradies vertrieben hätte ihrer immer vor- oder gottgegeben-naturwüchsigen (Klassen)Vergesellschaftung, und sie die auf einmal selber zustandebringen, gestalten, aushandeln dürfen aber auch müsssen – dieses eigenartige Verhältnis von Makro und Mikro kommt in der Gesellschafts-Theorie so vor, dass es da einen zweiseitigen Ansatz gibt, eben den makro- und mikrosoziologischen, in letzterem wird überlegt: Wie gehen Menschen eigentlich miteinander um, wenn sie sich begegnen – sie müssen sich nicht unbedingt kennen, also zb am Markt kennen sie sich ja heutzutage meist nicht – aber immerhin reale Menschen treffen aufeinander, interagieren miteinander, und die Frage war dann immer: Wie ergibt sich daraus eigentlich das Handeln und die Vorgänge an den Grossubjekten, den Gesellschaften? Also dem Gegenstand, mit dem die makroskopischen Theorien anfangen. Man muss Gesellschaften nicht unbedingt „subjektiv“,oder als Quasi-Subjekte beschreiben, Systemtheoretiker machen das ja auch nicht, aber es ist ja durchaus etwas daran an diessem Quasipersonalen, es ist doch garnicht abzustreiten dass es so etwas gibt wie einen „Willen DES Staats“, das ist natürlich eine abkürzende Redeweise, es sind natürlich Leute, die das machen, die Regierenden, aber solche Einheitsbildungen, Zusammen-Ballungen von Effekten, dass da ein Gleiches rauskommt, das für viele gilt (und ihnen bekanntgegeben wird, von ihnen als Vorgabe (meist) akzeptiert wird usw) ist ja nicht abzustreiten. Genau das ist es aber wiederum, was als das Apparate-mässige, Mechanische der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben wird – genau das ist ja auch ihr epochales Defizit – der Markt ist nur die erste Grossmechanik, mit der wirs da zu tun haben, aber in reifen bürgerlichen Gesellschaften gibt es erheblich mehr, es gibt die Mechanik des Staats, die Prozeduren, mit denen dort die kollektive Willensbildung erfolgt und legitimiert wird, die Öffentlichkeit, und alle möglichen anderen Systemsphären, die eben – so könnte man nun sagen – Praxissysteme und Regelsysteme darstellen, mit denen die in und mit ihnen Arbeitenden und sich in ihnen Aufhaltenden ihr („Rollen“-)Handeln ableiten und vor einander und gegenüber Aussenstehenden begründen – das sowohl gezwungenermassen, als auch aus (vermeintlicher) Einsicht – egal, jedenfalls arbeiten sie in und mit diesen Regelsystemen. Institutionen sind Regelsysteme, die noch einige Bestimmungen mehr haben, dazu haben bürgerliche Soziologen durchaus Sinnvolles zu sagen (die Rolle von „regelhaft“ etablierten Erwartungen aneinander der Regelbefolger in solchen Systemen), auch die Systemtheoretiker, aber was wirklich fehlt, ist die Beantwortung der Frage: Diese Makrosphäre- wenn sie nicht einen eigenen Bestand und Substanz hat, „sich“ nicht selber entwickelt und stattdessen von den Leuten hervorgebracht und „gemacht“ wird – wie hängt sie denn tatsächlich mit diesem HANDELN auf der Mikroebene und vor allem dem kooperativen Handeln dort zusammen? Das ist ja bereits bei Marx die Rätselfrage schlechthin (unabhängig betriebene Privatarbeiten, die dennoch „gesellschaftlich“ sind…), und dehnt sich auf die andern dieser Systemsphären aus, also es bleibt einfach ein Rätsel, wie dieser Zusammenhang stattfindet, so dass Leute einerseits in einen vorfindlichen Regelapparat eintreten, in ihn eingebunden sind, ihn teilweise sachgerecht beeinflussen, auch mit Problemlösungen dort auftreten, und ihn dadurch verändern, und trotzdem sich an diesem Charakter des Apparats eigentlich wenig bis nichts ändert – „er“ als ganzer ändert dabei allenfalls „seine“ Problem-Löse-Fähigkeit, das ist ja beinah eine mentale Eigenschaft, aber das wars dann auch. Das Beschränkte, das Grobmechanische, das alles mögliche Ignorierende daran wird nicht geändert. Und man könnte jetzt tatsächlich ausgehend von dieser kurz skizzierten Situation – bürgerlich, nachbürgerlich, die Emanzipation so beschreiben, dass die Menschen, die auf der Mikroebene da systemartig miteinander interagieren – so ein kleines Einzelmenschlein, tritt der Polizei der Justiz dem Staat dem Gesundheitswesen gegenüber, die Menschen, die ihm da begegnen, handeln im Sinne der Institution, oder die Menschen interagieren miteinander als Eigentümer, zahlen und kaufen und verkaufen, nach den Regeln des Marktes, und verhandeln eben nicht ihre Verhältnisse ständig aus, beherrschen oder gestalten sie nicht (im Konsens…?) – und genau das wäre dann der emanzipatorische Fortschritt, dass sie immer mehr ihrer Verhältnisse auch tatsächlich aushandeln können, und die grobmechanische Behandlungsweise, die starren Regeln unterliegt, zurückholen in ihre Verfügung, flexibler damit umgehen, und dann eben tatsächlich unter sich etwas aushandeln können, was zb ihre Bedürfnisse berücksichtigt, ihre Erfahrungen, sodass nicht mehr starr ihnen ihr Zusammenhang wie ein Apparat gegenübertritt, den sie zwar in irgendeiner Weise am Laufen halten, und irgendwann sogar (mit bestimmten Erwartungen an ihn) eingerichtet haben, aber im grossen ganzen nicht beeinflussen.

4.
Es ist genau diese Stelle, wo dann auch auffällt, dass die theoretische Beschreibung des Handelns der Einzelpersonen und ihrer Interaktionen doch sehr, sehr reduziert ausfällt, in fast allen bürgerlichen Wissenschaften, die davon überhaupt handeln, Psychologie, Soziologie, auch Ökonmie nebenbei, also es ist meistens im Sinne der Apparate gesprochen, erst recht fällt das auf im Zusammenhang mit der Geschichtswissenschaft, wo wir ganz andere Verhältnisse antreffen, da lebt dann die Wissenschaft doch sehr stark von der empirischen Hand in den Mund und macht sich doch sehr einfach gestrickte Bilder,  küchenpsychologische etwa, dessen, was sie da antrifft, oder sie ist sehr stark, zu stark am aufgefundenen Stoff orientiert, und kann nichts einordnen oder gar „verstehen“. Hier zeigt sich, wie sehr es tatsächlich an elementaren Bestimmungen von (kollektiver) Praxis fehlt – die Handlungstheorie ist zu simpel, und da wäre vor allen Dingen EIN Mangel zu bemerken, es wird im allgemeinen Handeln (und deswegen ist das auch oft so unangenehm banal) eine Ordnung unterstellt, es wird eine Tradition unterstellt oder eine Struktur, in der die Menschen eben tatsächlich ein vorgegebenes Regelsystem befolgen, und was daraus völlig rausfällt, ist die Theoretisierung, die wirkliche begriffliche Durchdringung der historischen Dynamik – also der VERÄNDERUNG von Verhältnissen – die findet da eigentlich kaum Berücksichtigung – und was da vor allem nicht in den Blick kommt, ist: Wie diese einzelnen Leute es eigentlich schaffen im Lauf der Geschichte, so etwas wie einen Fortschritt zuwege zu bringen – also nicht nur UM- sondern DAZU-lernen – der Fortschritt sieht da eigentlich immer nur so aus, dass sie nach einigem Trubel Verhältnisse schaffen, die dann wieder stabil sind, wo also ihr (dann wieder stabiles So-)Sein ihr Bewusstsein bestimmen kann, in dessen Rahmen sie sich dann wieder bewegen können. Aber was in der Zwischenzeit passiert, bis sie das einrichten, ist nicht klar – da haben sie dann meist so eine Art Treppenstufe erreicht, und geraten in eine Krise, dann erreichen sie hoffentlich die nächsthöhere Stufe – aber worin die besteht, ob sie das „Höhere“ daran überhaupt selbst bemerken, worin es besteht, und warum sie überhaupt auf diese nächsthöhere Stufe kommen (können) – das kommt nicht so recht zur Sprache, das ist dann immer wieder so: Gesellschaften, Klassen, grosse Kollektive machen das, das ist auch nicht ganz falsch, nur ist es nicht runtergebrochen auf die Ebene der Leute, die das machen, und ihr Erleben und Tun. Aber dort muss es sich abgespielt haben, und das müssen wir dann doch irgendwann mal erklären – vor allem, wenn wir etwas wie „Marxismus als Revolutionswissenschaft“ weiterentwickeln wollen, als (vor allem aktuelle, das mit der Geschichte sind ja bloss Vor-Übungen dazu) Transformations- und Emanzipationstheorie – wie soll das denn gehen auf dieser Ebene der Einzelpersonen – wo befinden sich da die Leute, wie sieht denn IHR Fortschritt aus? Diese Dynamik im Leben der Einzelnen und auch von Gruppen fasse ich erstmal unter den Begriff des LERNENS – das ist jetzt nicht das Lernen in der Schule, Aufnahme von vorgegebenen Inhalten – eher schon das Lernen der Lerntheorie der Psychologen – es ist aber dort, im Behaviorismus, immer noch ein sehr beschränkter Begriff von Lernen – sehr ethologisch-tierisch, unter anderm ohne Sprache, Kultur, Tradieren, ohne aktiv gebildete Begriffe und Hypothesen, die dem ungezielten Explorieren (die Skinner-Tauben…) eine Richtung geben – eine sinnvolle, wohlgemerkt). Bei Wesen, die universell lernfähig sind wie wir, ist das Lernen dann doch etwas breiter aufgestellt – und dieses Lernen ist der Umgang mit dem Gewussten, dem vorhandenen, und in diesem Sinn dem im engeren Sinn Gelernten, der tradierten Erfahrung, die man im Laufe seines Aufwachsens aufgenommen hat als Regelsystem zusammen mit den (meist rudimentären) Erklärungen, die dazu, dafür gegeben werden; des weiteren aber auch der Umgang mit dem Nichtgewussten, dem bekanntermassen nicht Gewussten, da fallen einem Rumsfelds „known unknowns“ ein – eine schon sehr philosophische Unterscheidung, weiss nicht, woher er die hatte, wenn er nicht selber draufgekommen ist – und dann die unknown unknowns, das wäre das Lernen anhand von Überraschungen, plötzlichen Einbrüchen in die Lebenswelt, in der man sich bewegt, und die Art und Weise, wie man eben überhaupt neu hereinkommende Erfahurung verarbeitet – all das fällt unter den Begriff des Lernens – genauer noch, der Lernregel – also nach welchen Regeln verarbeitet man Erfahrung – was hält man für wichtig oder unwichtig (in welcher Hinsicht) usw – wie ordnet man es begrifflich – all das also würde unter diesen Begriff des Lernens fallen. Entscheidend dabei ist, dass das Lernen der Einzelperson angehört, und bis heute nur auf sehr prekäre, sehr unzuverlässige Weise „vergesellschaftet“ wird. Die macht zunächst einmal Erfahrungen, vielleicht auch in einer Gruppe, vielleicht erlebt auch „eine Gruppe“ synchron etwas… aber „kollektiv“ und „dauerhaft, nachhaltig“ wirksam wird so etwas ja nur, wenn daraus Konsequenzen gezogen werden, wenn alles für das Ziehen dieser Konsequenzen Nötige – entscheidender weiterer Begriff: TRADIERT wird – synchron, vor allem aber auch diachron; also wenn das Lernen und die Lernresultate tatsächlich auch transbiografisch stattfindet. Es muss nicht immer gleich die Form haben, dass da eine Konsequenz gezogen wird – es genügt ja, wenn Erlebtes, wenn Erfahrungen erzählt und in dem Sinn tradiert werden, sodass später an sie angeschlossen werden kann, sie verlängert werden, umfangreicher werden, und man  irgendwann später Konsequenzen daraus ziehen kann. Was natürlich auch bedeutet, dass Leute einen langen Atem haben müssen, dass sie freie Zeit dafür haben müssen, dass es zumindest Gruppen in der Bevölkerung gibt, die sich so etwas leisten können (wie tradieren und Traditionen aufnehmen), sodass es eine Geschichte gibt, die berichtet, aufbewahrt, unterrichtet und gelernt wird.

5.
Die Regel des Lernens nun unterliegt offensichtlich selbst einer historischen Dynamik, dh in gewissem Sinn lernen die Leute, wie sie vernünftigerweise zu lernen haben; und das kann man auch ihre Vorstellung von Rationalität nennen, also das, was zu tun sie für vernünftig halten angesichts einer gegebnen Geschichte, einer bestimmten Erfahrung – daran messen sie natürlich auch die Erfahrungen der andern, und deren Reaktionsweisen. Die Frage ist also auch: Wie werden eigentlich die Erfahrungen der Einzelnen, aus denen zu lernen wäre, zusammengeführt, wie werden sie addiert zu grösseren Wissensbeständen, aus denen alle Beteiligten ihre Konsequenzen gemeinsam ziehen können, und da wäre ein wichtiger Begriff, dass sie ihre Erfahrungen austauschen und für sich und andere daraus Pläne entwickeln und entwerfen, die sie andern vorschlagen, die wiederum darauf antworten, und das kann dann auch dazu führen, dass man auf seinem Vorschlag (angesichts dessen, was die andern vorgebracht haben) in veränderter oder auch unveränderter Gestalt beharrt, und ihn (spätestens nach Zugeständnissen an die Vorstellungen der andern) zu einer Forderung an die andern erhebt, sodass man sich wechselseitig Forderungen stellt, und damit sind ja schon erste „irreguläre“ Verhältnisse zwischen Leuten geschaffen. Dazu sage ich: Die Lernregel spaltet sich auf, in ein unmittelbares Weltverhältnis einerseits, das jede einzelne Person hat, das sie natürlich mit andern teilen kann – ein Regelsystem, wie man Erfahrungen von sich und andern, von denen man hört, verarbeitet – und ein Vergesellschaftungskonzept, andererseits, das besagt, wie ich oder wir reagieren auf die Konsequenzen und Lernregeln der andern – mithin die Konsequenzen, die SIE aus ihrem eignen Erleben oder Erfahrungen anderer ziehen, von denen sie gehört haben und die sie glaubwürdig finden, also wie wiederum sie darauf reagieren, und was sie daraus für Forderungen oder Vorschläge für uns alle erschliessen. Normalerweise sehen Vorschläge so aus: Ich will, wir wollen dasunddas machen, ich, wir haben dasunddas vor, und ihr sollt mich, uns das machen lassen, oder allenfalls dabei helfen – es hat selten die Form eines kollektiven Plans, iSv wir tun dies und ihr tut zugleich das – aber das ist im Grund genommen die allgemeinste Form solcher Vorschläge – dh. dass aus einer geteilten Erfahrung ein kollektiver Plan erschlossen wird – im übrigen ist das kein sicherer Plan, der von absolut zuverlässig erwartbaren Resultaten von Handlungen ausgehen kann, sondern er enthält meist zumindest einige Versuchselemente, und deswegen schreibe ich das immer in Klammern dazu: (Versuchs)Plan, (Versuchs)Handeln, (Versuchs)Absicht – es wird also aus den Erfahrungen etwas abgeleitet, das zumindest mal den Versuch einer Zielerreichung enthält, und die greift nomalerweise an etwas an, was schon besteht. Also die Menschen wachsen normalerweise in eine annähernd funktionierende, von mir aus auch noch mickrige Reproduktion hinein, in eine Normalität, in der Überleben und die Art und Weise, wie man dafür sorgt, halbwegs gesichert ist – und das wird dann, entlang von Erfahrungen, die sie haben oder noch machen, verändert, modifiziert – also es ist immer eine Reproduktion, an der sie rumbasteln, und die sie bessern wollen, oder gegen Störungen sichern, um sie zu erhalten. Über all diese Details würde nun eine materialistische Praxis-Theorie viel genauer aufklären, und wenn man das absolviert hat, würde deutlich werden, dass ein Begriff der linken Tradition wirklich unendlich schädlich war, das ist der Ideologie-Begriff und der Begriff des falschen Bewusstseins. Dazu kann man soviel sagen: Die Leute können doch nicht ständig ihre Verhältnisse falsch besprechen, gemäss dem Satz „sie wissen es nicht aber sie tun es“ – sie können doch nicht dauernd tun und nicht wissen. Sondern sie müssen doch ein halbwegs sachgerechtes Bild von ihren Verhältnissen haben. Und danach auch Erfahrungen verarbeiten, die sie darin und damit machen, und wenn das allzusehr in Diskrepanzen (und kognitive Dissonanzen) führt, ihre Erwartungen immerzu getäuscht werden, wenn da irgendwas nicht stimmt, dann müssen sie doch irgendwann auch mal einigermassen adäquat korrigieren können – sie müssen dazulernen und ausdifferenzieren können – sonst wird das doch nichts mit der Reproduktion, ihrer Verbesserung und ihrem Fortschritt. Das heisst: Die Geschichtstheorie der Linken leidet nicht nur darunter, dass sie das Weltverhältnis der Leute und die Dynamik der Weltverhältnisse und Praktiken und Praxen, die sich unmittelbar auf produktive Ziele bezogen haben, viel zu wenig in die Geschichtsdynamik mit aufgenommen haben – ausser in dieser unspezifischen Weise, dass die Produktivkräfte immerzu wachsen und es da keine artikulierenden Elemente gibt – sondern sie hat noch dazu immerzu so getan, also würde dann, was die Leute denken, völlig egal sein oder eben nur Ausdruck dessen, was sie da gezwungenermassen tun, und da wird fast alles schon immer naturwüchsig erwzungen, und die Leute denken sich irgendwie kaum was dabei, oder nur irgendeinen Firlefanz, der oben, „im Überbau“, so ganz Epiphänomen-mässig mitläuft, während sie unten solide werkeln, weil sich genau das aus den Begegnungen und dem „Stoffwechsel“ mit „Natur“ irgendwie von selbst erschliesst. Ja nun – so ist es nicht, ihr Weltverhältnis ist schon erheblich strukturierter ausgefallen, auch schon in historisch frühen Zeiten, und darüber müsste tatsächlich in einem ganz andern Umfang gehandelt werden, sowohl im bezug auf das Weltverhältnis als auch auf ihre Vergesellschaftungskonzepte, denn für „Gesellschaft“ gilt dasselbe, dass man natürlich nicht einfach nur zusieht, wie man Konflikten ausgeliefert ist und sich ununterbrochen die Schädel einschlägt, sondern natürlich gibt es da auch Fortschritte, und natürlich müssen diese Fortschritte auch tradiert werden, begründet und eingesehen werden – all diese kognitiven Prozesse sind natürlich im Historischen Materialismus grossenteils in den Überbau verwiesen worden, und wurden für eine abhängige Variable des Eigentlichen erklärt, aber nicht war dieses Denken der Leute und die Errungenschaften, die sie da ausgebildet hatten, auch Bestandteil dieses „Eigentlichen“.

6.
Das sah dann schon bei Gramsci etwas anders aus mit der kulturellen Hegemonie, die durchschlägt. Aber das ganze ist nie wirklich theoretisch durchleuchtet worden, und schon garnicht hat man in irgendeiner Weise die historische Dynamik im bezug auf die Denkformen und Errungenschaften, Fortschritte hin untersucht und begrifflich gefasst, die da zu bemerken sind. Diese Dynamik unterliegt einer ganz entscheidenden Restriktion: Denn sofern da tatsächlich Sprünge gemacht und Stufen überwunden werden, können das nicht allzuviele sein. Es ist ja schon bemerkenswert, dass Leuten etwas absolut unhintergehbar rational erscheint, und dann ist es auf einmal doch hintergangen – überboten durch eine reifere Form des Weltverhältnisses – eine differenziertere, also eine, die mehr Unterschiede beachtet und das Handeln, bezogen auf Spezialfälle, einschränkt, das vorher viel unbeschränkter erschien, und das heisst, es muss diese fortgeschrittene Form sich ausbreiten, sie muss sich kulturell etablieren lassen, sie muss von andern überboten und angeeignet werden können, und dann muss sie auch tatsächlich individuell in Bildungsprozessen nachgeholt werden, dh. es müssen andere, Nachkommende, sich diesen Fortschritt aneignen und mitmachen können. Und da zeigt sich die Restriktion, es muss nämlich auch im LEBEN (dem einen, das die Leute nur haben) stattfinden können der Leute, die diese Schritte nachholen – sie müssen nach Ausbildung bzw Erwerb dieses Fortschritts auch noch handeln können im Sinne der neuen fortgeschrittenen Lernregel oder eines Vergesellschaftungskonzepts, und das heisst, sie müssen im Laufe eines Bildungsprozesses auf dieses Niveau gelangen können – zumindest gebildete Leute, die das als Gruppe, vielleicht als herrschende Gruppe historisch geleistet haben – ihr Kulturniveau muss einholbar sein in einer Lebensfrist, es muss lehrbar sein, und es muss in den Bildungsprozessen eines Einzellebens tatsächlich dorthin aufgeschlossen werden können.

7.
Jetzt gibt es noch einen entscheidenden Zusatz: Nachkommende starten, wenn nicht besondere Bildungsanstrengungen unternommen werden, erst einmal mit dem primitivsten Weltverhältnis und Vergesellschaftungskonzept. Welches das ist, muss im folgenden genauer betrachtet werden, es ist aber gewissermassen das allgemein-menschliche schlechthin. (Ich nenne es  das Normalplanen und -Lernen, oder auch: das Planen und Lernen aufgrund von Normalerwartungen (PLAN), das ist also nun mein kanonischer Name für dieses erste Weltverhältnis.) Sofern es überhaupt Fortschritte darüber hinaus gegeben hat – Reifungsprozesse und Differenzierungsvorgänge, die das unter Bedingungen gesetzt haben, die zunächst nicht gesehen und in Betracht gezogen worden sind (es wäre noch genauer zu sagen, unter welche Bedingungen es dann doch geschieht) – sofern dieses Fortgeschrittenere dann tatsächlich sich durchgesetzt und kulturell etabliert hat, – insofern musste es ja auch von hinreichend vielen Nachkommenden angeeignet werden. Normalerweise finden fortgeschrittene Weltverhältnisse und Vergesellschaftungskozepte ihren Niederschlag in Regelsystemen; die Nachkommenden wachsen also in ein Regelsystem hinein – wie das Regelsystem begründet ist, warum man so leben und sein Leben so einrichten soll, wird aber meist nicht  mittradiert. So wird also das fortgeschrittene Regelsystem in einem primitiveren Rahmen angeeignet, und die weitere Verarbeitung von Erfahrungen mit diesem eigentlich fortgeschrittenen Regelsystem findet wieder auf die primitivere Weise statt. Genau das ist passiert mit der ersten Erweiterung, die historisch zu bemerken ist, also dem ersten stabilen Übergang in wenigstens einigen Gruppen so, dass das tradiert wurde und dann überführt wurde in ein stabileres neues Weltverhältnis, und sich als solches etabliert hat – ein RELigiöses Weltverhältnis.
((Dass Religion nicht als tatsächlich kognitive Form gesehen wird, ist ein ganz grosser Mangel der linken Tradition. Zwar hat Marx der Religion in seinem „Opium“-Spruch eine gewisse Reverenz erwiesen, sie ist ja nicht nur Betäubungsmittel, sondern Geist geistloser Zeiten,“der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt“. Bloss: dass sie nicht als eine kognitive Errungenschaft gesehen wird, ist der Tatsache geschuldet, dass die traditionelle linke Theorie dem religiösen Denken, wenn man genauer hinschaut, verdammt nahe steht, und der materialistische Fortschritt über die Religion hinaus in ein MODernes Weltverhältnis nur so gemacht wurde, dass dabei die MODernität in RELigiösen Formen angeeignet wurde.))

8.
Jetzt habe ich schon meine drei Weltverhältnisse genannt, die ich sehe, und die auch tatsächlich den grossen historischen Epochen entsprechen:
Man kann sagen, das Lernen und Planen aufgrund von Normalerwartungen bestimmt natürlich die Frühantike und Antike – DORT betreffen die Fortschritte vor allem bei den Vergesellschaftungskonzepten ab. (Wie man noch sehen widrd, bleibt das dabei durchgehend eingenommene PLAN-Weltverhältnis davon nicht unberührt.) Der Schritt ins Mittelalter ist im allgemeinen verbunden mit einer festen Etablierung RELigiöser Kulturen, zugleich sind das die grossen Kulturräume der Welt, die sich damals etabliert haben, die sind ja an Religionen gebunden. Schliesslich ist die Frühe Neuzeit auf dieser Basis auch wieder ein Vergesellschaftungsentwurf. ((Es gibt in dem sog Feudalismus im Mittelalter sehr unterschiedliche Epochen, das ist festzuhalten, die kaum eigentlich wirklich unter demselben „Formations“-Titel zu fassen sind – man kann sich fragen, ob die Frühe Neuzeit der Geschichtswissenschaft nicht tatsächlich auch abgetrennt sein muss, grob im europäischen Raum die Epoche zwischen 1400 und 1700, die ihr Pendant in China hat, aber nicht im gleichen Zeitraum, sondern ein bisschen zeitverzögert – und dann eben die MODerne, mit dem Kapitalismus und dem bürgerlichen System als Vergesellschaftungsform.))
Also drei Weltverhältnisse, wo das je fortgeschrittenere in das ihm vorausliegende zurück- und mit ihm in das ursprüngliche zurückgleiten oder -fallen kann, also MODerne kann RELigiös angeeignet werden, und diese RELigiöse Aneignung findet dann nochmal in einem normalplanerischen Rahmen statt, und mühsam müssen Menschen sich aus dieser Fehlaneignung eines kulturell fortgeschrittenen Regelsystems herausarbeiten. Die Logik des fortgeschrittenen (REL) Regelsystems widerspricht dem (PLAN) Rahmen, der Weg aus diesem primitiven Rahmen heraus ist (so nenne ich das) GEBAHNT. Die Gesamtheit der Mentalitäten, Weltverhältnisse und Vergesellschaftungskonzepte ist ein in der linken Theorie sehr wenig erschlossener Praxisbereich der linken Theorie, es wurde immer nur marginal bearbeitet, und das hat natürlich zu tun mit dieser Gesellschafts-Lastigkeit des traditionell-linken Denkens, von der ICH sage, dass sie in Wirklichkeit ein Idealismus ist.

Man kann also in den beiden Kategorien: „Weltverhältnis“ und „Vergesellschaftungskonzept“ die subjektiven Pendants zuProduktivkraftstand“ und „Produktionsverhältnis“ sehen. Und natürlich gehört, was ich eingangs an Kategorien unterschieden habe, Arbeitsteilung Koordination, Konsensfindung und Sachgerechtheit, zu den Vergesellschaftungsebenen – man sieht aber auch, wie sie mit dem Weltverhältnis der Beteiligten zusammenarbeiten (müssen), und natürlich gehört dazu unbedingt, dass die Betreffenden sich in mindestens einigen Hinsichten ihres Weltverhältnisses einig sein müssen, es teilen müssen, darin übereinstimmen und gleiche Inhalte haben müssen, um überhaupt eine Arbeitsteilung zwischen sich etablieren zu können.

Und speziell natürlich, wenn das eine MODerne Arbeitsteilung sein soll; bei der kann man sich immer fragen, inwiefern es sich um eine RELigiös angeeignete Moderne oder gar gläubig angeeignete solche handelt – das wäre also eine normalplanerisch-RELigiöse Aneignung von Modernität; und das ist, wie ich glaube, die Art, wie MODernität heute eigentlich überhaupt nur umgesetzt ist – während sie kulturell eigentlich weit darüber hinaus fortgeschritten ist, übrigens in unverfälschter, genuiner Form auch selbstverständlich kollektivistisch gedacht würde – genuin MODerne Menschen würden kein Eigentum mehr kennen, weil alles, was sie wollen, aus (geteiltem) Wissen abgeleitet ist. Und das kann, ausser mit Gewalt, aufgrund eines massenhaft vertretenen (zurückgebliebenen) Vergesellschaftungskonzepts – nicht als Eigentum eingehegt werden. Sodass man sich fragen kann, was haben die Menschen seit 1700, die von der MODernisierung erfasst sind, sie aber auch vorangetrieben haben als ihr Projekt, sich eigentlich dabei gedacht, was ist eigentlich ihr Ziel, was machen die da eigentlich, was stellten, und was stellen die sich dabei vor, und was macht somit MODernität generell aus? Das ist bisher kaum vorgekommen: Technischer Fortschritt als Selbstzweck, welche Stellung wir darin haben. Ich denke, dass wir das ab dem nächsten Mal, also im 3.Vortrag und den nachfolgenden, einmal näher beleuchten sollten, aber nicht, ohne über die andern Mentalitäten nachgedacht zu haben – solche, die historisch, früher einmal kulturbildend waren, heute aber bloss noch Ausdruck von zurückgebliebenen und vorzeitig abgebrochenen Bildungsprozessen sind, die nicht auf die Höhe der Zeit kommen, also auf normalplanerisch-gläubiges Aneignen von RELigiös-MODernen Denkformen und Regelsystemen beruhen – nicht ohne somit erwähnt und noch einmal durchdacht zu haben, was da eigentlich in der MODerne REAL für Mentalitäten unterwegs und anzutreffen sind, sodass sie tatsächlich massenhaft die Gesellschaft und Vergesellschaftung prägen und ihr vorausgesetzt sind als der zentrale Bildungsinhalt der meisten Zeitgenossen.