Vortrag 5c
Mir ist schon klar, dass ich das Versprechen aus dem ersten Vortrag 5a nicht eingehalten habe, das Versprechen/Ankündigung nämlich, dass es um die vierte Stufe der MODerne, also um das Selbst gehen sollte; ob das gelingen wird, was ich letztes Mal angekündigt habe, dass nun die ganzen theoretischen Felder rekonstruiert werden, die in der Moderne zu durchlaufen sind – das ist erstmal noch fraglich.
1.
Es ist auch in der Tat eine Schwierigkeit für mich in diesen Vorträgen, eine Reihenfolge zu finden in der Darstellung. Ich hab jetzt zwei Mal angesetzt, um dieses quasi phänomenologische Feld, das auch so abzudecken war, weil es eben noch mit Anschauungen verbunden ist – zu beschreiben – aber die systematische begriffliche Durchdringung hat da ein bisschen gelitten – es ist zuviel an die Anschauung appelliert worden, das ist vielleicht auch notwendig, um überhaupt mal ein Material haben, damit Hörer/Leser wissen, worauf das eigentlich alles zielt. Aber die theoretische Aufarbeitung all dieser Phänomene steht aus. Die kann eigentlich auf zwei Arten vorgenommen werden, einmal, indem wir das Ganze der modern ausgeformten 5×3 Tabelle in den Blick nehmen, und uns fragen, welche wirklich strukturierenden Elemente darin vorkommen, worum es da eigentlich geht in dem Ganzen, also eine sehr stark auf Übersicht und Zusammenhang bezogene Darstellung, und das andere wäre, dass wir die Zeilen einigermassen akribisch durchgehen und uns fragen, wie sich da Modernität von rechts nach links, also von OPP gläubiger Modernität bis hin zu genuiner solcher, jedesmal in den Zeilen entfaltet. Dieses zweite stelle ich jetzt mal zurück zugunsten der Übersichts-Darstellung, das heisst, ich rede jetzt zunächst über das gesamte Inventar an realen oder auch möglichen/denkbaren/gedachten Ausprägungen MODerner Mentalitäten, das sich in die 5×3 Tabelle einträgt, und wovon ich sagen kann, die entscheidende Überlegung oder Fragestellung lautet eigentlich: Wie kommt man von dem Feld rechts unten, wie kommt man von einer ganz naiv einsetzenden Reaktion auf dieses Übermass an Techniken und Lebensformen, das theoretisch überhaupt garnicht informiert ist ausser vielleicht mit den religiösen Kategorien oder eben schon den fortgeschrittenen in der REL Spalte, als Bildungsinhalt – wie kommt man von da zu den linken oberen, dem genuin MODernen 5.Feld oben? Das ist eigentlich der Weg, dessen Beschreitung wir beschreiben müssen. Und ich will da einige Spoiler oder Vorwegnahmen schon mal aussprechen – eine hatte ich schon mal kurz angedeutet, das war die: dass die ganze Untergliederung, die einfach so unvermittelt eingeführt wurde, die existenziellen Zeithorizonte, eigentlich uns nur einleuchten, weil wir tatsächlich auch MODerne Menschen sind. Wenn und soweit wir das nicht wären, wäre wahrscheinlich einiges, was ich etwa zur Entwicklung in der zweiten Spalte, der RELigiösen gesagt habe, überhaupt garnicht ohne weiteres nachvollziehbar. Und das gilt dann natürlich auch für die dritte Spalte, also die genuin MODerne, man muss also schon ein gewisses Ausmass an MODernität in sich tragen, um hier einfach mitgehen zu können. Der vielleicht wichtigste dieser Spoiler, die wichtigste Vorwegnahme ist die Behauptung, die ich schon mal vorab aufstellen will, dass dieses letzte, 5. genuin MODerne Feld der Standpunkt ist, auf dem die gesamte Theorie formuliert wird. Dh also die Theorie ist zugleich etwas, wovon sie handelt, sie rekonstruiert ihre eigene Entstehung, wie es zu ihr hat kommen können, und beschreibt zugleich, lokalisiert einen Standpunkt, von dem aus es in ganz ähnlicher Weise NICHT weitergeht, wie von den andern beiden erreichten Spitzenstellungen in den beiden andern Spalten ganz oben, wo eine Aufgabe formuliert war oder sich abzeichnete, die aber mit den vorhandenen Mitteln nicht angegangen werden konnte. Das bringt uns oder mich jetzt zurück zu der Stelle in der genuin-religiösen Entwicklung ganz oben, dem 5.Feld, wo diese Aufgabe der Begriffsbildung geschultert wurde, übernommen wurde von den religiös-zurückgenommen experimentell Tätigen, und als ihre eigene anerkannt wurde, und wo sie dann gewissermassen immerfort weiter auf das starren, was sich erschöpft hat, und wo es nichts mehr zu holen gibt für sie, und die Frage war eigentlich immer noch ein bisschen offen, was ist eigentlich jetzt der kategoriale Ertrag und was ist die Aufgabe die sich von dort aus stellt – die Aufgabe lautet jetzt tatsächlich, so trivial das klingt, sich mit den erkenntnistheoretischen Kategorien, Begriff, Hypothese, Versuch, die man da erarbeitet hat (die sind natürlich in den historischen philosophischen Texten viel feiner ausgearbeitet), sich tatsächlich an die Erfahrung heranzumachen und nicht ewig weiter bei der Theorie stehenzubleiben – nicht immer weiter erkenntnistheoretischer Philosoph zu sein und negativer Metaphysiker, Metaphysik-Kritiker, der immer weiter etwas entscheidendes vermisst, und danach ständig weiter FRAGT, und eigentlich beeindruckt ist durch das Zertrümmerungsgeschäft, das er da unternimmt. Strattdessen lässt er jetzt einfach alles hinter sich, und fängt mit dem Erkennen, wie es bei Hegel heisst, dann auch einfach an.
Und so geschieht und geschah es ja ab da, und zwar massenhaft.
Anm. Es ist mit diesem 5.REL-Standpunkt vielleicht genau wie mit dem 5. OPP: In beiden Fällen wird das, was da vermisst wird, die Aufgabe, die unerfüllt geblieben ist, erst sichtbar durch die tatsächliche Ausführung in der nächsten Spalte, also bereits das, was dort schon im 1.Standpunkt geschieht, und sich anschliessend immer mehr verdeutlicht im Aufstieg durch die Standpunkte dieser Spalte. Erst da wird also deutlich, was es war, das im Ausblick des 5.Stp der vorhergehenden Spalte, dem Scheitern, dem Übergang, nicht vorkam. Insofern kann man die Einsicht im Rückblick auf diese beiden höchsten Stufen ihrer jeweiligen Spalten-Entwicklung so fassen: Man kann den Begriff von dem, was einem fehlt, nicht ausbilden, bevor man (und dann auf einem anderm, aber welchem? Weg) das Fehlen behoben, und das Fehlende ausgebildet und gefunden hat. (…)
2.
Der entscheidende Anfangspunkt in der genuin MODernen Spalte wird durch zweierlei Pole, wie ich gesagt hatte, an möglicher Erfahrung charakterisiert: Ich kann mit meiner Erfahrung anfangen, das ist natürlich immer das nächstliegende, bei den Objekten, den Sachen, bei den Elementen alles wirklichen, die ich suche, da komm ich jenseits von Physik in Chemie hinein mit der Idee der mit jeder gegriffenen Portion gleichbleibenden Dichte (homogener Stoff), womit sich schon die Atom-Kategorie vorbereitet und dergleichen, das ist ja schon vorher vorbereitet mit den primären Qualitäten bei den Empiristen bei Newton und Locke und dem Teilchenmodell, und da kann ich natürlich unendlich forschen und habe zu tun als Wissenschaftler. Und nach der andern Seite hin kann ich einen Anfang machen mit den Sinnerfüllungs-, den überhaupt Erfüllungs-Erfahrungen, den vollkommenen, den Vervollkommnungserfahrungen, die erstmal diesen ästhetischen Charakter haben, und übrigens auch, indem Kunst Ideal-Landschaften ausmalt im wirklichen Sinn, auch Realisierungsvisionen vorwegnimmt. Es gibt einen Übergang von dem, was ich ästhetisch genannt habe, hinüber zu den technischen Visionen – dieser Übergang ist fliessend, und ist natürlich abhängig von dem, was man tatsächlich an Erleben realisieren kann – technisch ist es inzwischen soweit, dass auch das ästhetische Erleben in allen Sinnes-Dimensionen gleichzeitg stattfinden kann, es gibt diese Entwürfe von Apparaten, in denen man bis hin zum Geruch und natürlich den propriozeptiven Eindrücken, alles simulieren kann, und in eine künstliche Welt eintauchen kann, aber damit ist es jetzt nicht getan, sondern es geht da ja wirklich um Welt-Beherrschung, eine Welt-Einrichtung, und nochmal gesagt, von solchen Erfahrungen her kann man eben auch anfangen.
Und dann legt der Entscheider zwischen diesen beiden Polen seine Entscheidungs-Stufen aus und versucht, von der einen Seite nach der andern zu kommen, er versucht nicht mehr ohne weiteres, eine Lebensform sich zu erarbeiten, die in der Mitte steht, also einfach nur irgendein Inventar an Technologien mit einer Art der Lebensführung zu verbinden, die in einer Umgebung ein Überleben gestattet, dieses ganz bescheidene experimentell Sich-Einrichten, wie es die genuin REL Figuren lange Zeit vorher angestrebt haben – das ist obsolet. Sondern man kommt von der begrifflichen Aufbereitung einer Raum-Situation zurück auf das Nächst-zu-Wissende- und Könnende und -Tuende, und das, was ich oft das Durchbinden genannt hatte, zieht sich durch die gesamten vier Wertsphären durch:
Von der einen Seite herkommend, hatten wir gesagt, ist da einmal das Sinnerfüllende, Sinnstiftende, da komm ich eben von Erfahrungen her, die etwas verlangen, die ein Erfordernis offenlegen, und natürlich kann ich von da aus dann mit meinen Begriffen, mit meinen Hypothesen, meinen Versuchsanordnungen/ Strategieentwürfen, Plänen in einer gegebnen Umgebung, hinübergehen bis hin zur Forschung, und kann – falls nicht schon was da ist was genutzt werden kann – nach der physischen Grundlage da draussen suchen für das, was fehlt.
Aber ich kann natürlich auch umgekehrt mit den Gegebenheiten da, mit dem Noch-nicht-beherrschten, den Elementen und dem, was überhaupt nur prognostizierbar ist, anfangen, und kann von da aus hinübergehen bis dahin, das ich mich frage, was wäre denn als nächstes zu tun oder zu erforschen usw also genauso wieder durch die verschiedenen Wertsphären die dazwischen liegen mich durcharbeiten, und an diesem Punkt letztlich angelangen, dh dieser Ehrgeiz des Durchbindens richtet sich letztlich darauf, dass man von einem Berührpunkt mit Erfahrungsinhalten zum andern gelangt, von einem Pol zum andern, oder letztlich zurück.
3.
Dieses ehrgeizige Tun, das hab ich ja immer beschrieben als das der frühMODernen Enthusiasten, Genies, derer, die in vielen Disziplinen unterwegs waren – das kann dann ganz viele Zwischenschritte einschliessen, wo man erstmal mit dem nächst-zu-tuenden stehen bleibt, aber Durchbinden bedeutet eben tatsächlich, dass man zwischen einem fundierenden Erkenntnisinhalt und einem Sinn-stiftenden einen Zusammenhang herstellt, und der verweist natürlich wieder, sofern das Sinn-stiftende etwa nun auf einen Bedarf verweist, der noch unrealisiert ist und der Sinn machen würde, als nächstes, es verweist einen wieder zurück, sodass man also im Prinzip unendlich oft hin und hergehen kann, oder könnte, und damit ist natürlich die Vernichtungserfahrung unmittelbar verbunden, dass man im Leben nicht mit dieser alle Wertsphären überspannenden Tätigkeit in einem Leben fertig wird, sondern man stellt ganz schnell fest, dass das garnicht zu leisten ist, es entspricht unseren Fähigkeiten nicht, und selbst wenn und soweit man diese ungeheure Anstrengung auf sich nimmt, dann ist es sicherlich in jedem Fall nicht bedürfnisgerecht, aber hier ist ja garnicht die Frage nach einer gelingenden Lebenseinrichtung, sondern es ist im Grunde genommen das Zerlegen einer Aufgabenlösung oder eines Strebens, eines nicht-enden-wollenden faustischen Strebens in Einzelepisoden, die durchaus alle nach dem Muster des „vom Begriff über Hypothese zu Strategieentwurf bzw. Planauswahl in und für eine gegebne Umgebung Prioritätensetzung bis zum nächst zu tuenden (könnenden, versuchenden, zu wissenden=(auf)zusuchenden usw) Gehen“ gebaut sind, und von dort aus sich wieder abstossen, es ist dann was, ein Zwischenergebnis, das sich einstellt und von dem aus kann die Prozedur dieser Art erneut stattfinden, und aus solchen Einzelepisoden stellt sich dann eben eine Brücke her zwischen einer Fundierungs- und einer Sinnerleben/erfahrung, und dann wieder zurück in der umgekehrten Richtung eben auch, oder es hat gleich am andern, dem Erfahrungs-Pol, mit dem Sinnbedarfs-Feststellen, also einer Erfahrung DIESER Art, begonnen. Die Überdehnung aller menschlichen Fähigkeiten durch diese Tätigkeit wird natürlich sofort schlagend klar, und nun kann man sich fragen, was ist denn da jetzt an Kategorie entdeckt, was hebt sich denn da jetzt überhaupt so schlagend heraus? Ich hatte ja schon mehrmals davon gesprochen, dass es um das flüchtige Einrichten von Alltagen geht; dazu sage ich jetzt: Ein solches Absolvieren von zweckmässigen Einzelepisoden, die allesamt dieser Entscheider-Anforderung genügen, ist keineswegs automatisch damit verbunden, dass man auch auf der Ebene seines Lebensentwurfs Sinn machen kann aus vorhandenem Material, und das vorhandene Wissen vermehrt – geschweige denn, dass man überhaupt ein Verhältnis zu dem Gesamt des vorhandenen Wissens hätte; bloss weil es irgendwo niedergelegt, niedergeschrieben ist; schon vor seiner modern-naturwissenschaftlich explodierenden Ausweitung war es doch bereits unübersehbar.
((Da gibt es dann solche Sprüche, dass Leibniz noch der letzte gewesen sei, der DAS Wissen seiner Zeit überblickt habe – schon das ist stark zu bezweifeln (es sei denn, man legt einen stark eingeengten von „kanonischem“ Bildungswissen zugrunde) – da meinen sie natürlich immer das wissenschaftliche oder naturwissenschaftliche Wissen speziell; aber das technische Handwerkerwissen, also die Gesamtheit dessen, was dann in der zig-bändigen Enzyklopädie gestanden hat, kannte er natürlich nicht.))
4.
Also dass man aus einer Aneinanderreihung von für sich genommen erstmal sinnvoll erscheinenden Lebens-Abschnitten, Episoden, keinen bzw nicht ohne weiteres einen Lebensentwurf machen kann, das zeichnet sich ja ab, da ist die kategoriale Einsicht bzw der kategoriale Ertrag ein ziemlich naheliegender, und wenn man jetzt von da aus weitergeht, dann stellt man direkt fest: Wenn es um arbeitsteilige Experten geht, dass hier derjenige, der überhaupt noch zwischen Sphären erst und erst recht dann zwischen den Polen hin und her geht, mittlerweile die ganze Gesellschaft ist, die Gesellschaft wird zu einem solchen Subjekt, als ob sie das sein könnte, und ihrerseits einen „fundiert sinn-erfüllenden Lebensentwurf“ haben könnte – also man muss schon wirklich REL unbestimmt optimalhypothetisch mit Subjektbegriffen hantieren, um dadrin kein Problem zu sehen, dass eben keine einzige Einzelperson mehr diese Schritte absolviert, sondern statt dass die Einzelpersonen mit ihrem Stoff durch die Wertsphären wandern, wandert der Stoff durch die dort stehenden Experten, muss sich allenfalls noch sinnvoll an sie verteilen. Das ist natürlich schon ein enormer Unterschied, vor allen Dingen kann der Stoff das Leben der Einzelnen selbst nicht mehr sinnvoll, oder mit Sinn erfüllen, der Stoff liegt ausserhalb von ihnen, und wer genuin modern denkt, das hatte ich auch schon öfter gesagt, der sieht natürlich sofort das Scheitern – das geht so nicht – so kann man mit diesen Stoffmassen nicht umgehen. Und dann würde man ins Nachdenken kommen – man kann jetzt alles, was womöglich anschaulich noch passiert ist in den letzten 300 Jahren sich rekonstruierend vornehmen und fragen: wo soll denn das enden – und es endet eben nicht mit den Experten, sondern es endet damit, dass das Subjekt dieser ganzen Hin und Hergehens und dieser ganzen Fortschrittsentwicklung, nicht einmal mehr die (Welt)Gesellschaft einer Generation ist, sondern dass es am Ende die ganze Menschheit, die „Gattung“ (so hiess das mal philosophisch) ist, die das kleine Einzelmenschlein, das da am Anfang noch was versucht hat, ersetzt und ersetzen muss, weil die angestrebte Leistung der Erfüllung und des aus fundierendem Material Sinn-Machens nur in Jahrhunderten und durch Arbeit vieler Generationen nebeneinander her arbeitender und sich für diesen Fortschrittszweck aufopfernder Gruppen erbracht werden kann. Die Menschheit, „wir“, ein riesiges historisches Wir, das da biografien-übergreifend lernt, das soll also nun tatsächlich Subjekt dieser Entwicklung sein, das ist ja noch absurder, und gleichzeitig erschliesst sich natürlich wieder diese kategoriale Aufgabe: Es ist völlig offen, wie dieses Lebensentwerfen sich einfügen soll, wenn man Entscheider ist zwischen diesen Polen, und wie ein sinnvoller MODerner Lebensentwurf, der da aufgespannt ist (selbst WENN er es ist, was ja für Experten schon garnicht mehr stimmt), in eine historische Lernbewegung sich einfügen soll, die dabei zugleich auch noch absolviert werden soll.
Anm. Man kann also soweit festhalten: Die Unterscheidung oder auch Abtrennung-von der Lebenseinrichtung (hier auch: Bedürfnisse und Fähigkeiten…) und ebenso Abtrennung von jedem denkbaren Lebensentwurf (die Vermehrung des verwert- und tradierbaren „gesellschaftlichen“ Wissens, des fundiert-Sinnmachenden) wird alsbald auf dem 1.Standpunkt MOD (im Moment, wo der verlassen wird, als Resultat) erfahren, erlitten, erkannt, begriffen; diejenige von Lebensentwurf und Individualität auf dem 2.; diejenige von Individualität und durchgehend gleichbleibendem Gattungs-Selbst (Personalität, soweit bis hierher bestimmt: Entscheidertum…) auf dem 3. Und mit diesem Selbst beginnt man sich auf dem 4.Stp.Mod auseinanderzusetzen – und von jeder verlassenen Stufe zur je nächsten ergibt sich eine weitere AUFGABE.
5.
Und jetzt kann man sich – auf dem mittlerweile erreichten 4.Stp.MOD – fragen, was macht denn überhaupt diese Menschheit aus – was ist eigentlich das kollektive Selbst, das in vielen Hinsichten quasi wie EIN Subjekt (zusammen)arbeitende, und auch diese Frage, als was man sich da selber findet in dieser ganzen Betätigung – die ist ja nur eine andere Fassung des Gedankens, dass man sich eine sinnvolle Praxis zurechtlegen muss, also dass man den Unterschied zwischen sinnvoller und nicht sinnvoller Praxis kennen muss, denn daran ist der Begriff der Person als des venünftigen Wesens, oder des Ichs im Idealsinn, schliesslich angeschlossen – in dem Sinn, dass es eben der Träger dieser Praxis ist – der Begriff der Praxis ist primär, also des sinnvollen Tätigseins – die Person ist einfach der biologisch ausführende Organismus, der diese Praxis aufweist – solange er sie aufweist – sonst ist er halt nicht mehr zurechnungsfähig oder krank oder sonst etwas Nicht- oder Eingeschränkt-Personhaftes.
(Die 5.Stufe lassen wir jetzt mal kurz auf sich beruhen und kommen später nochmal darauf zurück, was da eigentlich für mögliche Besetzungen an Schlussfolgerungen zu ziehen ist, das ist dann die Theorie oder der Schlusspunkt der Theorie, die sich damit auch selbst eingeordnet hat in eine historische Umgebung – das wird man noch sehen.)
Es gibt jetzt ein weiteres Gliederungsprinzip, das man durchaus an die erste Spalte mit der normalplanerisch-gläubigen MODernität anlehnen kann. Von diesem Gliederungsprinzip war bereits in den ersten beiden einleitenden Vorträgen 01/02 die Rede – dort ging es um sehr grundlegende Vorwürfe an die MODerne (ausgedrückt mithilfe der klassischen „Nebenwidersprüche“ der linken Tradition), nämlich
1. (männlich/weiblich) dass sie nicht bedürfnis-gerecht, nicht menschen-gerecht ist,
2. (Kopf/Hand) dass sie bzw das in ihr erarbeitete Wissen nicht verwaltbar ist,
3. (Stadt/Land) dass sie auch nicht naturgerecht ist, in dem Sinn dass die in ihr explodierende Technologie in kein irgendwie geartetes Verhältnis zur Geo/Biosphäre mit uns als deren Spitze gesetzt werden kann oder wurde bis jetzt, und
4. als viertes könnte man jetzt noch anführen die Entdeckungen, das war in letzter Instanz verbunden mit diesem Widerspruch, Zentrum vs Peripherie, dass es einen nicht-schlichtbaren Gegensatz gibt zwischen der Rücksicht auf uns selbst (im Sinne von Bedürfnisorientierung), aber immer schon als Beschädigten, oder der Natur als beschädigter, einerseits, und dieser technischen Fortschrittsentwicklung, andererseits – ein Dualismus, der einfach nicht aufzuheben ist, und von dem ich behaupte, dass er eigentlich die MODerne politische Entwicklung durchzieht und bestimmt, als Gegensatz von Kapital und Arbeit, als Gegensatz von Fortschrittsorientierung und Konsum- oder besser gleich: Lebensbedürfnissen der Massen, oder eben als bedingungslose Orientierung auf technischen Fortschritt – repräsentiert durch weltweite Investitionsvorhaben, erfolg- also Profit-versprechende solche, bedingungslose Konkurrenz aller Weltreligionen mit allen – das (mittlerweile) neoliberale Welt(staats)programm also – im Gegensatz zu dem auch nur milden sozialdemokratischen Vorbehalt, von mir aus auch dem sozialistischen, der da sagt: nein – da muss auch auf die Bevölkerung Rücksicht genommen werden – wenn man so will, das letzte Restchen von emanzipatorischer Zielsetzung, die auch noch die Konzeption (bewusstlos genug) von „Multiplarität“ und Win/Win bestimmt – und trotzdem in einen Gegensatz führt, der womöglich mit Nuklearwaffen entschieden wird.
6.
Das waren nun vier Kritikpunkte, an denen man sich orientieren kann, und die einen jeweils theoretischen Gehalt haben, in dem Sinn, dass sie eben nicht nur sich schmerzlich fühlbar machen, sondern dass man angesichts dieser Widersprüche in der Entscheider-Rationalität plötzlich versteckte Mängel findet. Und die aufzudecken ist jetzt eigentlich im Moment meine nächste Absicht – also es anzudeuten, worin sie eigentlich bestehen bzw wodurch zustandekommen. Die genaue akribische Durchführung wird dann vielleicht sich anschliessen an die Erörterung der Zeilen im einzelnen, wo wir dann diese Mängel wiederfinden und aufdecken… Man könnte natürlich sagen, dass das „Faustisch“-Uferlose, Unvollendbare…
(das schon dem genuin MODernen Enthusiasten sich erschliesst, der da nicht glauben kann, dass andere jederzeit irgendetwas aufgreifen werden, sondern es selber machen möchte und durcharbeiten und darin, dass er ausgeschlossen ist, einen Mangel sieht – etwas also, das dieser Enthusiast bereits erfahren kann)
…dass also dies Uferlose zwei Seiten hat:
Zum einen sieht er sich bereits ausgeschlossen von Wissensmassen, an deren Aufhäufung er selber vielleicht zunächst noch beteiligt war oder die er nachvollziehend sich aneignen will oder wollte, aber nicht mehr kann – und zum andern sieht er auch die Entsagung, die mit dem allen verbunden ist – die Spezialisierung, die Vereinseitigung, dass man sich eben nicht einer kindlichen Neugier überlassen darf, und keine interessante abwechslungsreiche Routine ausbilden darf – also alles, was vielleicht tatsächlich mit kognitiven Bedürfnissen verbunden ist, wird beschädigt. Wobei man allerdings dazusagen muss, dass eben die Bedürfnisse schon immer nur vorkommen als Aufgabe ihrer Befriedigung (Verzicht), also als eine zweckmässige Tätigkeit, als eine Form der Zweckbestimmung einer zweckmässigen Tätigkeit – nur in diesen Praxis-Kategorien kommt die Kategorie Bedürfnis in modernen Erwägungen überhaupt noch vor – also es ist immer schon jemand, der etwas tun will, das einem Zweck genügt, und dies einem Zweck Genügende liegt dann erstaunlich ausserhalb und ist etwas immer nur Zukünftiges, auf das er unaufhörlich zugeht und das er bessermacht, aber wenn es erreicht ist, öffnet sich sofort wieder der nächste Horizont, das kennen wir ja schon, diese faustische Unabgeschlossenheit. Das sind nun alles Sachen, die noch viel genauer erarbeitet werden müssen in ihrer kategorialen Feinstruktur – wie ist das eigentlich wirklich gedacht? natürlich vor allem immer im Kontrast zu etwas anderem: Was WIRKLICH Bedürfnis ist und sein Inhalt, das weiss man in der MODerne eigentlich überhaupt nicht; die Bedürfnisse kommen ja immer nur vor als bereits beschädigte, als bereits durch eine Lebensführung (bei der nur auf Zwecke geachtet wird, aber nicht darauf, wie man sich dabei fühlt…) entscheidend geschädigte – und natürlich gilt das in einem weiteren Sinn auch für die Natur, die dahinter steht, die wird ja auch nicht geachtet (könnte man sagen) – von der „Menschennatur“ abwärts wird alles erstmal benutzt und eingesetzt als Partner der Technik – aber die Eigenanforderungen dieser biologischen Struktur werden nicht beachtet, und das geht eben so weit, dass die Grenze, wo es mal zusammengesetzt war, der sog Bruchspalt, überhaupt garnicht mehr für einen zu schliessenden gehalten wird, sondern da geht man einfach drüber weg, und ist dann unmittelbar schon in der je nächsten Wertsphäre, wo es nur noch um Lebenseinrichtung geht, aber zweckmässige, also Produzieren, oder es geht vom Produzieren aus zur zu entwickelnden Technik hinüber – aber es geht nie darum (andernfalls wäre es ja schon fast das VERWEILE DOCH im Faust), etwas zusammenzusetzen aus einer Technik und einer Lebensführung, die zu vervollkommnen wäre. Sondern die Zwecke, die Zweckstrukturen, sind durch die jeweiligen Wertsphären vorgegeben… HIER soll man produktiv sein, da Technik-entwickelnd.. aber nicht unbedingt dauerhaft, denn beides soll ja weiteren Fortschritt ermöglichen.
7.
Alles was ich bis jetzt gesagt habe, über die Zeilenanordnung, die Stufen, das gedankliche Aufsteigen in ihnen – das vielleicht auch reflektiert, was an faktischer MODernisierung vollzogen worden ist in der ersten Spalte – das alles ist natürlich in der Spaltenabfolge strukturiert durch die Schritte, die wir ja schon kennen – also einmal durch den Schritt weg von einer bedingten Erwartungsstruktur, anders ausgedrückt NORMALITÄT – das sich auf nichts mehr Verlassen – das ist ja bekanntlich der erste Schritt von der ersten zur zweiten Spalte; und der Schritt von der zweiten Spalte weg (in egal welcher Zeile er gemacht wird) wird natürlich immer vollzogen dadurch, dass jemand alles am Entscheiden bis zumindest dieser Stufe selber übernehmen will, und nicht meint, sich das von andern bis auf weiteres abnehmen lassen zu können. Dass jemand also für sein Entscheiden, sein Denken… sein Erfahrungsverarbeiten und Lernen… selber Verantwortung übernehmen will und das nicht für möglicherweise an andre abzugeben hält – das ist der Ausweis seiner genuinen MODernität – und an der Stelle ist vielleicht kurz nochmal daran zu erinnern, dass – wie zurückgefallen auch immer – wenn in einer gläubigen MODernität dieses Element mit enthalten ist, dass das dann natürlich auch eine Bahnung darstellt zurück – dass man also tatsächlich sich mit diesem Bildungsinhalt, ich bin massgeblich, ich bin selbst Entscheider, ich muss mit Begriffen, Hypothesen usw mein und auch aller anderen Tun begründen bzw verstehen können und „unser aller“ (als ob das ginge) anwachsende Erfahrung bearbeiten – mit dieser Einstellung ist man praktisch auch eigentlich schon kommunistisch unterwegs – es ist also das, was insgeheim und nicht wirklich aufgedeckt, nicht bewusst gemacht, die wirklich Linken, links Denkenden von den liberal Denkenden unterscheidet – die ihrerseits dann Vergesellschaftungs-Utopien haben, die dem Einzelnen es erlauben, sich um den Zusammenhang mit andern überhaupt nicht kümmern zu müssen, wohingegen das für genuin MODerne eben schon der Skandal ist.
Man kann sich unter diesem Gesichtspunkt nochmal die beiden Kommunismusformeln bei Marx anschauen, die finden wir ja hier in unseren Überlegungen auch wieder:
Die viel bedeutendere, aber viel zu selten erwähnte (geschweige denn in ihren Konsequenzen durchdachte) ist die mit der „Entwicklung jedes einzelnen, die die Bedingung (der Masstab, Gradmesser für die Ausgeprägtheit usw) der Entwicklung aller ist“ – die sagt etwas aus: alles für alle Wesentliche muss auch im Kopf jedes der Beteiligten ankommen – eine Arbeits- und Wissensteilung darf nie soweit gehen, dass wesentliches in verschiedenen Köpfen ist, und sie trotzdem hoffen (und das wäre eben religiös-idealistisch), einen sie alle betreffenden vernünftigen Plan daraus machen zu können – das können sie eben nicht. Kommunismus in diesem Sinn ist eigentlich eher eine EINschränkung, nicht eine ENTschränkung, es ist eher eine Einschränkung von Vergesellschaftungsverhältnissen, die von Liberalen noch für möglich gehalten werden mit der Marktwirtschaft…
Die andere Seite mit den Fähigkeiten und Bedürfnissen, dieser Dualismus, dieses Nebeneinander, was da noch ein Gegensatz sein soll, also die populärere und zugleich schlechtere K-Formel – die verweist natürlich auch auf einen Widerspruch, der eben die gesamte MODerne durchzieht, und nicht auflösbar ist, und weiter eben auch im Sozialismus nicht aufgelöst worden ist.
Und über diesen Widerspruch als letzten will ich jetzt vielleicht noch kurz sprechen.
8.
Der hat etwas mit der schon öfter angesprochenen Beobachtung zu tun, dass der Bruchspalt, der das Resultat der RELigiösen Entwicklung war, nicht wieder geschlossen wird – da komme ich aber noch drauf – ich will hier, jetzt erst einmal nur sagen: Die theoretische Pointe der gesamten MODerne ist bis jetzt noch garnicht richtig zum Ausdruck gekommen – also das, was man nach den Kategorien, die sich gezeigt haben, eigentlich als den Fehler, das Pendant zu den 5.Stufen-Einsichten der ersten und zweiten Spalte, bezeichnen könnte. Und dieser zu behebende Fehler – diese dringlich zu besetzende Leerstelle ist die, dass die Bewegungen zwischen den Polen einen Doppelcharakter haben, je nachdem, von welchem der beiden sie jeweils ihren Ausgang nimmt, und das ist nicht bemerkt worden, weil man immer so denkt: Ich gehe von der Fundierung, vom Material- Schaffen und -Erzeugen, hinüber bis zu den Produktionsfolgen, und dann schaue ich, was sich da für Bedürfnisse anschliessen – solche kompensatorischer Art – das kann schon sein, aber das schlimme ist, dass das von dem andern abgetrennt ist – ich kann nämlich auch einen Produktions-, Technik- oder offenen wissenschaftlichen Klärungsbedarf entdecken (spätestens hier, oder auf dem Weg weg vom ursprünglichen Forschungsergebnis und seiner technischen Verwertung) – kann also von hier zurückgehen und kann mir motiviert durch DIESE Art Bedarf, Anschluss-Forschungsaufträge geben. Aber genauso kann ich umgekehrt von einer Wunschquelle ausgehen, von der Erfahrung eines Bedarfs – ich kann ihn auch denken – ich kann also tatsächlich von einem Bedarf ausgehen, von einer offenen Problemstellung usw, und von da aus kann ich zur Wissenschaft gehen und wieder zurück, und zwischen diesen beiden Bewegungen – der genuin wunsch/bedürfnis-getriebenen, und der genuin Forschungs- und Erklärungs-bedarfs-getriebenen – besteht kein Zusammenhang. Also man könnte sagen, den Zusammenhang herzustellen zwischen diesen Bewegungen, also dem Entwickeln der vormaligen Kernselbst-bezogenen Lebensentwürfe und Lebensführungs-Regeln einerseits, und dem Ausbreiten der Techniken nach der Wissenschaftsseite hin – das war ja die Befreiungsbewegung aus der experimentell-RELigiösen Borniertheit – diese Bewegung hat NIE dahin geführt, dass diese beiden Schritte wieder einer Regel unterliegen, wie man in jedem Moment (Erfahrungsstand) das so Gefundene wieder neu zusammenfügt oder eben den Zusammenhang zwischen beiden Bewegungen (wieder) herstellt, und deswegen lautete die These:
Der Bruchspalt wird in der MODerne nicht wieder geheilt. Stattdessen durchläuft man die Wertsphären von einer Seite zur andern und wieder zurück, und je nachdem, wo man da angefangen hat – also ob man „fundierend“ (technisch) denkt, und die Fundierung ausweiten möchte… oder ob man „von der Sinnseite her“ (Wunsch, Bedarf, Bedürfnis-bezogen) denkt, und die Sinn-Erfüllungen ausweiten möchte – gelangt man an ganz verschiedene Stellen des jeweils anderen, also Gegenpols, und wieder zurück. Das heisst, man kann ausgehen vom einen, beliebig oft hin und her laufen – etwa von der Sinnerfüllung zur Wissenschaft, die dann etwas „Sinn-erfüllendes“ zu liefern hat oder eine „sinn-erfüllende“ Aufgabe bearbeiten soll, die sie gestellt bekommt – und von da wieder zurück – das kann man beliebig wiederholen – oder aber man kommt von der Wissenschaft, und läuft hinüber zu den „visionären“ Perfektionierungs-Vorstellungen, die sich jetzt an das anschliessen, was man gefunden hat und technisch entwickelt und anschliessend in Produktion (Vervielfältigung, Anwendungen) umgesetzt hat – man kann hier mit dieser technischen Fragestellung bis zu DEREN Sinnerfüllungs-Grenzen (die neue Horizonte eröffnen) vor- und von da aus zurücklaufen, ohne je der andern Seite der Sinnerfüllung, nämlich der Natur- und Bedürfnis-begründeten, überhaupt je begegnet zu sein. Also es sind zwei GETRENNTE Projekte, in die aber natürlich auch unterwegs je hinüber-gewechselt werden kann – also man kann natürlich in jeder Wertsphäre umschalten auf die je andere Betrachtungsweise – aber das heisst nicht, dass man da irgendeine Regel hätte ihrer Zusammenfügung in jedem Augenblick – man kann allenfalls sagen: Jeder, der in irgendeiner Wertsphäre steckt, nichtmal als Experte aber auch schon als Enthusiast – hat natürlich mit einem Material zu tun – und er hat gleichzeitig mit einer Sinn-Anforderung zu tun – aber die Richtung, die er einschlägt, die ist damit noch nicht vorgegeben, weil er ja dauernd gewissermassen in Bewegung bleiben soll – es ist ja nicht so, dass man sich begnügen könnte mit einer solchen momentanen Zusammenfügung – die verweist ja ständig nach beiden Seiten, ständig, auf etwas Unvollkommenes – und von daher kann man sagen, es ist von vorneherein klar dass jede solche Tätigkeit entweder eine Anschlusstätigkeit erfordert in eine der beiden Richtungen, man schaut nach der einen Richtung, dann nach der andern, komplettiert das und marschiert dann weiter, oder sie verlangt den Gedanken, dass jemand anderes das macht. Man kann auch springen, man muss nicht selber anschliessen an das eben erledigte, man kann jetzt zB als REL MODerner Mensch einfach sich hier betätigen und dort und erwarten, dass aus dem Liegengebliebenen irgendwelche andere was machen können, die Aufgabe übernehmen.. die arbeiten daran weiter, und man selber fängt etwas Neues an.
9.
Das hört sich nun erstmal noch garnicht so schlimm an. Der Punkt ist, dass in dieser unerledigten Doppelung der MODernen Praxis und Lernpraxis – diesen beiden Polen, die nicht wirklich zusammengebracht werden – die Unbestimmtheit des MODernen Selbst enthalten ist, diese Unbestimmtheit ist der Grund der Doppelung. Es ist ausgeweitet zur ((nicht nur vom Selbstverhältnis her kommenden)) Unbestimmtheit des Verhältnisses zu sich einerseits als einem Partner der Technik, Partner der Objekte, wenn man so will… als arbeitendes produzierendes Wesen, als Universal-Tool, das sich in die Technik einfügt, zwar sie ständig verbessert, aber eben auch dabei mit ihr zusammen arbeitet und dabei nicht auf sich achtet, sich beliebig umformt, und dann pötzlich feststellt: Es gibt aber auch noch Anforderungen, es muss aufpassen, dass es sich nicht vernichtet, es hat Existenzbedingungen, Daseinsbedingungen, die aber unbestimmt sind, da kommt es nun von DER Seite – es sind meistens kompensatorische Bedürfnisse, jetzt hat es sich ja schon beschädigt, jetzt kommt es also von DA her und hat Anforderungen zu genogen, auch solche von seiten der unmittelbaren Naturvoraussetzungen des menschlichen Lebens, bei denen man sich fragen kann, wieviel davon man eigentlich kaputtmachen und wieviel Natur-ferne, Biosphären-ferne technische Umgebungen – wieviel künstliches Licht, extreme Feinstaubgehalte in der Luft, Industrie-Chemikalien, Mikroplastik in Luft, Böden, Trinkwasser, Nahrung kann man eigentlich aushalten – am Ende nicht so viel, und was kann man eigentlich an Nahrungsmitteln zu sich nehmen, die vereinseitigt sind, die zwar satt machen, aber alles mögliche nicht enthalten, was brauchen wir denn da auf Dauer, und das kann man natürlich sofort verlängern in die Nahrungsmittel-Produktion und die Natur-Nähe oder -Ferne der Anbauweisen, schliesslich generell in die intakte Umwelt usw, wieviel Intaktheit braucht man da, Insekten, Vögel Kreisläufe – erhaltene resiliente Biosphäre… es ist dann ständig die Frage von Sinn-Anforderungen, also Natur/Biosphären-Anforderungen, die in uns verkörpert sind, die nicht beliebig sind, und die wir irgendwie ausloten müssen.. All das war, wenn ihr euch erinnert, mit dem Begriff des Kernselbst verbunden, nämlich dass es irgendeine zuverlässig Selbst-erhaltende Normalität braucht, um überhaupt Gesundheits- und Krankheitsbedingungen erkennen und kennen zu können – also etwas muss funktioniert haben – dauerhaft-bedürfnisgerecht (sodass KS1 anwendbar war) – eine bedürfnisgerechte Normalität musste Zeit haben sich zu etablieren; und dieses Funktionieren ist natürlich in der permanenten Abwandlung von Lebensentwürfen und Lebensabschnitten nicht so ohne weiteres mehr zu erkennen, die die MODern-Lebenden sich zumuten – Enthusiasten zunächst mal.. aber die Expertentätigkeit ist ja um nichts menschenfreundlicher, die findet ja auch an Extrempunkten von Existenz statt weit entfernt von dieser Mitte, wo (im Rahmen der exp-REL-Spalte) einfach einmal ein paar schlichte Technologien mit einer Menge von Ausführungspraktiken zusammengefügt werden, die in der gegebnen Umgebung ein Leben ermöglichen, und anschliessend wird das optimiert – davon ist ein Wissenschaftler Technniker Produzent Visionär weit entfernt.
10.
Diese Unbestimmtheit des MODernen Selbst nimmt verschiedene Formen an, die aber aufs engste zusammenhängen. Sie nimmt einmal die Form an eines unaufhebbaren Dualismus in unsern produktiven Ansätzen, den ich versucht habe mit der Formel zu erfassen: Wir wollen einmal Natur, mit uns selber vorneweg, (da ist also der Sinn-Pol betroffen: Bedürfnis, Empfindung, Erfahrung, Ästhetik usw) technisieren, technisch kontrollierbar machen, und wir wollen zum andern Technik (ausgehend vom Forschungs-Pol) durch Automatisierung naturalisieren, natur-ähnlich machen, und sind uns des Treffpunkts nicht sicher – also wohin läuft das, es läuft aneinander vorbei, und nicht nur, dass es sich nicht begegnet, es verläuft von beiden Seiten her kommend immer mehr in eine Dunkelzone hinein (da, wo der Bruchspalt aufklafft?), in der man nicht weiterweiss, in der es immer schwieriger wird, überhaupt noch was zu wissen und etwas Vernünftiges zu machen, und überhaupt noch die beiden Momente, das Naturhafte (incl unser Selbst), und das Technische, zusammenbringen, weil das Naturhafte ‚Selbst‘-Erhaltung einschliesst, die Anforderungen stellt, und die widersprechen eben dem Prinzip der totalen technischen Kontrolle, wenn man damit meint, die Leistung der Selbsterhaltung (und in welchen Umgebungen ist die denn überhaupt zu erwarten? was sind ihre Voraussetzungen?) verbinden zu können mit einer Beliebigkeit der Effekte, wie sie sich bei „ihrer“ technischen Optimierung mit dieser verbinden soll, man könnte sagen, ein Wesen, das sich selbst erhält in bestimmten Umgebungen, ihnen angepasst ist und womöglich seine Anpassungsfähigkeit an Abwandlungen in sich trägt – das kann eben nicht alles, und mit dem kann man auch nicht alles machen – ohne es kauttzumachen bzw ohne seine Fähigkeiten zu zerstören. Und diese ganze Unbestimmtheit zeigt sich also nicht nur in der Unentschiedenheit des Verhältnisses von Techno- und Biosphäre – wieviel Rücksicht müssen wir auf Bio- und Geosphäre im weiteren Sinn nehmen – sie zeigt sich auch zB in der Schwierigkeit, die Wissenschaft auszudehnen auf die Systembereiche der Wirklichkeit, davon hatte ich ja schon gesprochen – dh das technische Paradigma, das technisch produktive solche, dass man eine Technologie benutzen kann für Zwecke, und sie als zuverlässig kennenlernen kann, ohne zu wissen, wie sie funktioniert, und stattdessen diese Zuverlässigkeit des Funktionierens als Nachweis ihrer Fundiertheit nimmt, obwohl man ja die Erklärungen nicht kennt – dieses Paradigma lässt sich nicht einfach ausdehnen auf die Bio- und Geosphäre, also die Systembereiche der Wirklichkeit, weil Erkenntnisse hier zunehmend nur noch Prognostiken sind (Prognostik in Analogie zu Technik) – also für unsere Zwecke sinnvoll verwertbare Prognosen. Und natürlich ist es was Nützliches, wenn wir wissen, was geschehen wird, wenn bestimmtes getan oder gelassen wird… auch wenn es zu gross oder zu klein und zu komplex ist, um darauf zweckmässig Enfluss nehmen zu können, weil es Eigenscharakter hat, das ist auch mit Regeln, Regularitäten, verbunden – wenn wir die genau genug kennen, können wir Vorhersagen machen, vom Wetter bis hin zu Krankheitsverläufen. Aber diese Prognosen können wir natürlich nicht einfach so nutzen wie eine Technologie (sie „nutzen“ heisst ja, ihnen Glauben schenken, sie für fundiert halten) – wir müssen wenigstens einigermassen nachvollziehen können, wie man dahin gelangt, und bei nicht wenig Prognosen ist die Überprüfung, ob sie tatsächlich haltbar sind, wenn man nur an die umfangreichen Arzeimittelprüungen in der Medizin denkt, oder die Modellierungen in Geophysik, selber bereits eine Wissenschaft – allein festzustellen, ob das methodisch korrekt war, ist hochkomplex.
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Und angesichts dieser Schwierigkeit sehen wir uns im Grund genommen zurückverwiesen auf vormoderne Verhältnisse: Wir sollen EXPERTEN glauben wie vormals Klerikern, wir sollen ihnen zugestehen, dass sie auch so recht haben und es gut meinen, und das ist natürlich für eine rationale Person, die sich selber als Entscheider sieht und mündig, unerträglich. Aber so ist ja schon das Verhältnis der Experten zueinander – in einem Fach, einer Unterdisziplin – peer review heisst ja nicht: Glaub du mir, dann glaub ich dir, sondern es heisst: Man überprüft was wechselseitig, dann muss man sich aber schon aufeinander einlassen, muss man schon darauf hoffen, dass der andere nicht Fakten gefälscht hat usw, und die Prognosen betreffen ja auch genug singuläre Ereignisse und Verläufe, die garnicht immer wieder durchgespielt werden können, das gehört mit zu dieser Schwierigkeit im Umgang nit den Systembereichen der Wirklichkeit. Die ragen aber sperrig in unsere Technosphäre hinein, stören sie, teilweise hängen wichtige Erfolge davon ab, dass da was gelingt, denken wir etwa an die Medizin oder die Agrarwissenschaft, also es ist ja nicht so, dass diese ganze Sphäre uns gleichgültig sein könnte. Umgekehrt wandert die Technik immer mehr in diesen Bereich hinein, also dass wir es mit technischen Systemen zu tun haben, die hochkomplexen Eigenanforderungen ihrer Selbststeuerung genügen sollen, wo man dann auch Probedurchläufe machen muss, um überhaupt zu sehen, wie zuverlässig funktionieren die überhaupt, und durchgehend auch so wie gewünscht? auch das zu überprüfen wird dann zunehmend schwieriger. Sodass man auch von dieser Seite her in diesen (Dunkel)Bereich hineinwandert mit der Technik, und dann muss man nur noch „neuronale Netzwerke“ sagen, um zu wissen, wie verrückt das wird, also die spucken dann irgendwas aus und wir wissen nicht, wie sie dazu gekommen sind, und sollen uns darauf verlassen, dass das in irgendeiner Weise Sinn macht, weil uns das Funktions- und Konstruktionsprinzip bekannt ist – aber so sicher ist das dann auch wieder nicht. Also sowohl diese Technisierung als auch die Naturalisierung weisen eine unbestimmte (Dunkel)Mittelzone auf, in der wir keine Kontrolle mehr haben wie gewünscht – und wo dieses technische Kontroll-Paradigma, das uns natürlich am meisten leitet, sich nicht durchsetzen, nicht erzwingen lässt.
Es ist übrigens eine Lücke, ein Dunkelfeld, das uns eigentlich schon begegnet ist – aber an einer Stelle wo wir es garnicht vermisst haben oder nicht gesehen. und das war in der dieser ewigen Fixierung (in REL 3, 4, 5) auf Subjekt/Objekt… man könnte sagen, dass das sich so gegenübertritt, ist bereits Teil des technischen Paradigmas.. denn eigentlich ist die Mineralosphäre, also das, womit sich Physik und Chemie befassen im wesentlichen, etwas UNTER uns stehendes, und wir stehen da gewissermassen drüber, und zwischen diese Sphäre und uns tritt längst die Bio- und Geosphäre, aber die wird garnicht als etwas besonderes erwähnt, und wir als Spitzenprodukt dieser Biosphäre sehen uns garnicht in dieser – man könnte jetzt fast wieder vormodern sagen: Chain of Being – sondern wir sehen uns als auf der gleichen Ebene stehend, gegenübergestellt – weil wir eben mit den technisch gedachten Dingen hantieren – sie als unsere Instrumente ansehen, aber ebenso aber auch uns selbst – als unser Universalinstrument, mit dem umfassendsten Fähigkeits-Profil von allen. Und dann schlagen von irgendwoher plötzlich die ganzen kompensatorischen Bedürfnisse ein, und die Beschädigungen noch, auf die wir aufmerksam werden, und die Notwendigkeiten, da irgendwelche Grenzen einzuhalten, die unbestimmt sind, und das dehnt sich dann aus auf dieses unser ganzes eigenartiges Verhältnis zu der sog Umwelt, wo wir einfach zwischen Geo/Bio- und Technosphäre kein Verhältnis finden, und die Prognosen, die wir nicht beherrschen, tun ein übriges.
12.
Das Letzte, woran es sich zeigt, oder das zweitletzte, ist die Unbestimmtheit unserer Selbstbestimmung. Das kann man jetzt durchaus als eine Kritik an den Transhumanisten sehen, die möchten ja gerne uns in irgendeiner Weise technisieren, möchten uns technisch kontrollieren können, besser als es jetzt mit dieser schlechten Hardware, auf die wir draufgespielt sind, möglich ist.. und da könnte man jetzt also folgende Grübelei anstellen:
Wir sind etwas, wir sind also zb das Universaltool, die universalisierbare Technik schlechthin neben den andern Techniken, die nicht so universell sind, aber was wir sind, könnten wir ändern. Und wir könnten uns doch beliebig ändern? – Nein, können wir nicht; das wissen wir, aber wir wissen nicht, wo die Grenze ist. Was wir sind, können wir ändern, weil wir keinen guten Grund haben zu bleiben, was wir sind, aber wir wissen ganz genau, dass es solche guten Gründe in Gestalt von Grenzen gibt, und dass es in dem Sinn eben doch gute Gründe gibt, etwas zu bleiben, was wir sind, weil wir nämlich sonst aufhören zu sein, was wir sind, und damit überhaupt aufhören. Und dieser Widerspruch – wir haben eine eigenartige Freiheit, anders zu sein, und kennen eben die Grenze nicht – das ist die EINE Seite der Unbestimmtheit.
Und da ist nun bezeichnend, dass es jetzt auch noch eine zweite Version davon gibt, nämlich: was wir wollen (brauchen, wünschen..). Da kommen wir also jetzt vom Sinn- und Bedürfnis-Pol her: Wir wollen etwas, aber was wir wollen, können wir lassen, es gibt (so wie eben) überhaupt keinen Grund, wirklich etwas zu bleiben, wenn wir uns klargeworden sind, warum wir etwas wollen, das können wir jetzt mit dem andern sogar verschränken, wir könnten uns ja auch so ändern, dass wir was andres wollen. Und es wird noch verrückter, wir können ja was andres werden wollen und uns das in den Kopf setzen – aber warum sollten wir, wir haben keinen guten Grund etwas wirklich durchzuhalten, etwas zu bleiben, weder wenn es darum geht, etwas zu bleiben, was wir sind, noch weiter zu wollen, was wir wollen, darum WEIL ES GUT IST und richtig in diesem Augenblick, bei dem erreichten Stand, so zu sein: Diese Art von gutem Grund findet man in der gesamten MODerne nicht. Das ist schon eine harte, eine böse Einsicht – und eine vernichtende Kritik. Und da blasst fast schon ab, was ich dann am Konflikt von Kapital und Arbeit oder von technischem Fortschritt und Selbsterhaltung, Selbsterfüllung auch noch aufzeigen könnte, dass da zwei Pole einfach nicht zusammenzufügen sind, dass es einfach keine allgemeine Lernregel für uns gibt – es gibt überhaupt keine wirkliche Lernstrategie, dh wir wissen zwar – und damit kommen wir an den Anfang zurück – von der RELigionsspalte her, wie Lernen geht, aber an welchen Erfahrungen entlang denn jetzt eigentlich wirklich unser Lernen sich entfalten soll – das haben wir überhaupt nicht bestimmt. Und diese Unbestimmtheit will ich vielleicht im nächsten Vortrag noch genauer fassen, mal sehen, wovon er handelt.
Aber für heute will ich es damit mal wieder gut sein lassen.