20.11.02
Es gibt zwei Richtungen, in die sich Aufmerksamkeit organisieren kann; grob gesagt: eine, worin man aufmerksam ist auf Hinsichten, in denen Dinge (Situationen, Verläufe) mit anderen ihresgleichen vergleichbar sind (solch eine Hinsicht ist, vereinfachend gesagt, das, was man unter „Begriff“ versteht), und darum auch gleich(förmig) behandelt werden können; und: eine andere Richtung, in der man auf die einzelnen Dinge jeweils SELBST aufmerksam ist, und versucht, sie möglichst GANZ und zugleich (in sich) DIFFERENZIERT wahrzunehmen und u.U. sich zu ihnen (dem angemessen differenziert, „besonders“) zu verhalten. Auch das Achten auf die Vergleichbarkeit-mit-Anderem kann ein Wahrnehmen und angemessenes Sich-Verhalten-zu genannt werden; es ist aber eines, in dem von sehr vielem durchaus an einem Ding Bemerkbaren und möglicherweise zu Reaktionen herausforderndem, vor allem aber oft von den komplexeren ANORDNUNGEN solcher Einzel-Momente der Dinge, abgesehen wird, das heisst, es wird darauf NICHT geachtet. Dies Absehen von Einzelnem heisst bekanntlich: abstrahieren.
Dem abstrakten und abstrahierenden Denken ENTGEHT, nach dem Gesagten, etwas: Nämlich die (durchaus mit unserer unmittelbaren Wahrnehmung von uns allen erkennbare und überschaubare) KOMPLEXE Beschaffenheit und Besonderheit von Dingen, die sie vielleicht gerade mit keinem andern Ding teilen. Die schnelle Erfassung von einzigartigen und nicht wiederholbaren Situationsaspekten, worin offenbar maximal viele Beurteilungs-Routinen blitzschnell zusammenarbeiten, hat – je nach Gegenstand – viele verschiedene Namen: Intuition, Instinkt, Geschmack, Taktgefühl, Einfühlung, Gewissen. Die Nähe zu „Gefühl(en), Empfindungen“, die durch diese Bezeichnungen nahegelegt wird, bringt mehrerlei Eigenheiten dieser Art Urteilsfähigkeit (Intelligenz) zum Ausdruck: Ihre Unmittelbarkeit, „Nicht-Gemachtheit“, das Widerfahren; und auch ihre Nähe zu hoch-spezifischen, „angemessen“ (aus einer unübersehbaren Zahl) GEWÄHLTEN Handlungsanworten. Hier kommen dann aber zwei weitere „Komplexitäts-Quellen“ ins Spiel (und auch das hat mit „Gefühl“ zu tun): denn im Wort „angemessen“ steckt ja eine BEWERTUNG, ein „Messen“ an unter Umständen unüberschaubar vielen „inneren“ Anforderungen, auch momentanen Befindlichkeiten (gerade dies, dass etwas gleichzeitig verschiedenen solcher Anforderungen genügt, ohne dass man als jemand, der in den Genuss dieses Vorteils kommt, wüsste warum, heisst oft: Geschmack bei Herstellung und Auswahl eines Kunst-Gegenstands). Im Wort „Handlungsantwort“ steckt aber wieder eine weitere Quelle von Komplexität: Es bedarf offenbar einer gewaltigen und oft simultanen Produktivität, um solche Massen komplexer „Entwürfe“ oder Entwurfsteile hervorzubringen, um mit der intuitiv-komplexen Bewertungsfunktion „Geschmack“ den „richtigen und passenden“ („stimmigen“?) auszuwählen oder zusammenzustellen/setzen. Solche „produktiven“ Formen der Intuition sind Witz und Geistesgegenwart, Originalität, auch das Takt- und Sprachgefühl („die richtigen Worte finden“).
Diese Dimensionen komplex-intuitiv urteilender Aufmerksamkeit stehen nun durchaus bereits untereinander in Konkurrenz. Ich nenne sie vereinfachend: „urteilend“, weil eben in ihnen komplexe Regelsysteme „gleichzeitig“ zur Anwendung kommen.
Natürlich wird auch in Anwendung der „abstraktiven“ Fähigkeit geurteilt; der abstraktive könnte, im Gegensatz zum urteilenden und (komplex-)regel-anwendenden „intuitiven“ Aufmerksamkeits-Gebrauch, aber „begriffsbildend“ heissen; das heisst, es wird in der abstraktiven Intelligenz das Urteilen und Regelanwendung gewissermassen permanent daraufhin mitgeprüft, ob die anzuwendenen Regeln, Begriffe, Handlungsroutinen denn noch passen; oder ob sie abgewandelt werden müssen, weil andere und neue Hinsichten als die bisherigen Beachtung finden sollten. Deshalb die Nähe dieser Intelligenz zu „Kritik“, „kritischer Betrachtung“ und Innovation – eine Innovation, die aber offenbar andere Qualitäten hat als ihr Intuitions-Gegenstück, nämlich Originalität. Originalität erzeugt einen komplexen Gegenstand, der im Licht eines hochkomplexen Regel- und Bewertungssystems hochkomplexen Anforderungen genügt, wie kein anderer (überhaupt vergleichbarer – ganz kann man das Vergleichen beim „Intuieren“ auch nicht lassen!) zuvor. Die Innovationen beim Begriffsbilden hingegen erzeugen Komplexität nicht so, dass sie eine Reihe von Komplex-Gestalten verlängern; die neuen Begriffe treten nicht unverknüpft neben die alten, vielmehr werden sie in eine einzige Synthese anwachsender Komplexität integriert: in ein Begriffssystem. Begriffe machen um so mehr Sinn, je komplexer und dichter gewebt das System aus Begriffen ist, in das sie eingefügt sind: Und das sind, wiederum, HIERARCHIEN DER GENAUIGKEIT, mit der Objekte überhaupt wahrgenommen oder bearbeitet werden sollten. Wir müssen nicht in jedem unserer Akte ein Maximum an „(Einzel-)Situations-Gerechtigkeit“ entfalten oder unsere Aufmerksamkeit in permanenter Bereitschaft („Wachheit“) dazu erhalten: Viele Alltags-Situationen sind uns in den uns interessierenden Hinsichten bekannt und eingeordnet, und wir erwarten garnicht (oft freilich zuunrecht), dass sie uns noch überraschend neue und bisher übersehene Aspekte darbieten könnten. Das ist teils ein objektiver Zug der Dinge: Selbst wenn wir wollen, können wir ihnen einfach nichts Interessantes mehr abgewinnen, sie werden langweilig, Routinegegenstände, die uns nicht mehr reizen. Andererseits gibt es hochkomplexe Abläufe, die unser Leben bestimmen, und die wiederholt werden müssen (vor allem im Produktionsbereich): Obschon sie langweilig sind, verlangen sie unsere Aufmerksamkeit – in Gestalt der Konzentration, einfache, eingeübte Routinen in der richtigen Reihenfolge nacheinander auszuführen (wie beim Rechnen und „rechnenden“ und „(nach Regeln) konstruierenden“ Denken).
Diese Art des Intelligenz- oder Aufmerksamkeitsgebrauchs (und der Komplexität) scheint sogar eine spezielle zu sein, die neben die beiden anderen tritt.
Ich sagte: Es liegt in den Dingen, dass sie unter Umständen „an sich einfach“ sind, und langweilig und bekannt werden können. Manchmal liegt es aber auch an unseren Zielsetzungen, weshalb wir von (anderweitig durchaus interessierenden Aspekten) absehen: Sie sind momentan, bedingt, angesichts einer Zielsetzung, nicht zu beachten – sie sind momentan UNWICHTIG. Und dies ist ein wichtiger weiterer Zug des begriffsbildenden Denkens oder Intelligenz- oder Aufmerksamkeitsgebrauchs: Dass er die Hinsichten der Vergleichbarkeit von Situationen und Dingen nicht nur einfach nach möglichen komplexeren, deren Besonderheit mehr oder weniger berücksichtigenden möglichen Reaktionsweisen darauf hierarchisch anordnet – sondern diese Komplexitätsstufen auch noch mit diesem Bezug zu einer zweiten Hierachie bewertet – der Ranghierarchie unserer Zwecke. Es wird also dadurch dafür gesorgt, dass wir niemals unnötig komplex, aber auch nicht unnötig einfach und vereinfachend, reagieren. Wären die hochkomplexen Routinen, die im intuitiven Aufmerksamkeitsgebrauch zum Einsatz kommen, nicht auch nach solchen Gesichtspunkten reich gegliedert – es kämen schauderhafte und in ihrer Abfolge völlig situations-verfehlende Handlungsformen heraus. Und es sind vor allem die verschiedenen, zu beachtenden Gesichtspunkte von Wichtig- und Unwichtigkeit, die unsere Rechenfähigkeit herausfordern, weshalb sie auch in der Mitte zwischen Intuition und Reflexion steht: Intuitions-ähnlich ist an der Rechenfähigkeit die Bezogenheit auf eine Situation (oft eine Entscheidungs-Situation; den verschiedenen Situationsaspekten, die in der komplexen Situation zusammentreffen, sind durch das existierende Routine-Regelsystem mehr oder weniger einfache Reaktions-Routinen zugeordnet: die Berechnung setzt sie zueinander und zu den Anforderungen der Gesamtsituation in Beziehung und wählt Differenziertheitsgrad und Grad der Dringlichkeit); der begriffsbildenden Reflexion steht sie nahe, weil sie übergeordnete, nicht nur für eine Situation gültige Erfahrungswerte (für wichtig und unwichtig) zur Anwendung bringt. Die eigentliche Begriffsbildung aber, die sowohl die verschieden komplexen Grade von „Hinsichten“ der Vergleichbarkeit, als auch die Hinsichten der Bewertung nach wichtig und unwichtig erzeugt, und sie in überschau-, für die Rechenfähigkeit leicht operativ nach-vollziehbare Nachbarschafts-Beziehungen bringt: das ist die Überlegung oder Reflexion, die immer angebracht ist, wenn wir auf NEUES treffen, das tatsächlich oder voraussichtlich sich WIEDERHOLT (oder das dauert), und zugleich von Interesse ist. Das anwachsende System unserer Begriffe und allgemeinen Präferenzen (Bewertungen), an dessen Erweiterung und Ausdifferenzierung unsere Reflexion ständig arbeitet, ist somit das Hauptziel dessen, was wir LERNEN nennen.
Reflexion ist Routine-Differenzierung; Rechnen ist Routine-Anwendung (differenziert in der Auswahl der in einer Situation gegenüber anderen maximal zu präferierenden Routine (und ihres Differenziertheitsgrades), sowie differenziert in der Anordnung optimal hintereinanderzuschaltenden Routinen (Strategie, technisch-konstruktive Verfahren usw.)).
Intuition ist hingegen die Nicht-Routine schlechthin – die Mobilisierung der Gesamtheit unserer Routinen und unseres Wissens in EINEM Moment, Aufbietung gewissermassen aller geistigen Kräfte – um einer unwiederholbaren Situation gerecht zu werden (und unter Umständen einzigartig angepasste Antworten darauf zu finden), die in keinem solchen Ähnlichkeits-, also Vergleichbarkeits-Verhältnis zu anderen Situationen steht, dass es lohnend erscheint, an ihr begriffsbildende Reflexionen zu starten. (Die Kunstgeschichte reflektiert angesichts langer Reihen von Werken (dass Kunststile Geschichte werden können, hat damit zu tun, dass sie anfangen, in Wiederholungen zu führen, lehrbare Routinen entwickeln; das künstlerische Schaffen hingegen ist das im voraus Nicht-Reflektierbare schlechthin; wäre dies Schaffen ein Erzeugen (Konstruieren!) und systematisches Abwandeln nach Regeln, ginge es in berechnetes Experimentieren über, wie in der Natur-Wissenschaft.) Die Kunst liegt darin, solches Herum-Probieren entscheidend abzukürzen.
Kreieren und Intuieren könnte also auch als simultanes Begriffsbilden und -anwenden angesehen werden (Problemlösen nicht als komplexes Rechnen, sondern als extrem beschleunigtes Finden (Bilden (Erzeugen) und Anwenden (Auswählen)) des PASSENDEN Begriffs) ; Begriffsbilden hingegen als anlass-gesteuertes Konstruieren und Ausweiten eines Begriffssystems nach den allgemeinsten Regeln, die wir kennen: „Vernunftsregeln“; die Vernunft ist also wesentlich ein Regelsystem zur konstruierenden Ausweitung bestehender Begriffssysteme, spätestens in Situationen, wo sich dies als (nach Vernunftsgesichtspunkten) erforderlich erweist. Sie ist damit, kurz gesagt, ein System von Regeln des LERNENS. – Um zur Begriffsbildung überzugehen, bedarf es also der Anlässe – es werden solche sein, in denen wir mit der eleganten, hoch-selektiven, auf unmittelbar praktische Zwecke bezogenen „intuitiven“ Begriffsbildung nicht weiterkommen. Dann erst geht es ans Überlegen, und an das SYSTEMATISCHE, nicht mehr zweck-bezogene Begriffsbilden, wie es zB. in Philosophie und Wissenschaft vorkommt.
„Aufmerksamkeit“ ist ein Aspekt unserer Intelligenzausübung (Urteilsvermögen, Verstand, Vernunft; Denken), der eine (denk)ökonomische Notwendigkeit ausspricht: Wir können nicht alles gleichzeitig. Wir können es, wie man weiss, nicht nur in einem Moment nicht, sondern sogar in längeren Zeiträumen: Deshalb gibt es etwas wie Vereinseitigungen, grundsätzliche Orientierungen der Gesamt-Intelligenz eines Menschen, zumal, wenn jemand in einer der drei Dimensionen des Aufmerksamkeits-Raums besondere Spitzenleistungen erbringen und sich darin üben soll (Begabung, Neigung, Übung mögen solche Richtungsentscheidungen verstärken und irgendwann schwer umkehrbar machen).
Die Fähigkeits-Beschränkung, die eine solche langfristige Orientierung der Aufmerksamkeit einer Person in eine Richtung darstellt, kehrt sich unter Umständen – auf dem Hintergrund gewisser Lebenserfahrungen und Situationsanforderungen – um in eine bewusst angestrebte Errungenschaft: Die betreffende Einseitigkeit wird WERTVOLL (ethisch, oder ästhetisch), eine wertvolle Fähigkeit heisst TUGEND, TALENT. KOMPETENZ (und, wenn sie nicht lehrbar erscheint, und zugleich mit einer gewissen Neigung sie auszuüben einhergeht, Begabung; je weniger Routine, desto höher wird dieser „Begabungsanteil“. Ob die Begabung wirklich ein Mass der FÄHIGKEITEN ist, lässt sich nie ermitteln; denn Begabungsleistungen lassen sich nie unabhängig von den Motiven, sie zu erbringen, prüfen.).Solche Tugenden oder Talente und Kompetenzen heissen etwa Kreativität, Geschmack, Takt usw. (s.o.); oder Meisterschaft (in der Ausübung einer (technischen) Kunst oder komplexen Technik für vorgebene Ziele: komplexes Regel- und Handlungssystem anwenden bzw. vollziehen); oder Überblick (als Kompetenz).
1. Aller „Sinn“ liegt im konkreten Wahrnehmen, Empfinden und Handeln, also Leben; alles andre: Denken (und Gedanken und Begriffs-Zusammenhänge ausdrückendes) Sprechen, weniger auch (aktives) Erinnern (im Gegensatz zu: Wissen, Kennen), (aktives) Vorstellen (im Gegensatz zu: Einfällen) (und das beides ausdrückende Sprechen), wie sehr es sich ausdehnt und welche systematischen Formen es annehmen mag, ist nur Vorbereitung darauf. (Leben: Sinnvolle Reihe (sinnvoll ineinandergreifend) in sich sinnvoller Episoden.)
Der Vorrang dieses „Lebensbezugs“ vor allem andern ist wohl der Grund für unsere Orientierung auf „Rationalität“ und „(vernünftige) Subjektivtät“, statt soziologischer, psychologischer, diskurstheoretsicher usw. „Ojektivationen“, und das Reden in der ersten Person Plural, statt in der dritten. Das heisst, die philosophischen Ansätze um Rationalität und Subjektivität sind noch die ehesten, in denen dieser Vorrang des eigenen Lebens (und der Verständigung mit Anderen darüber) berücksichtigt ist; freilich nur in höchst unzureichendem Mass, und so unvermittelt abstrakt, wie wir es von fast allen bekannten „Diskursen“ kennen…
2. Alles Leben ist, zunächst: Lebens-FORM, Existieren, am Leben sein, auf eine gute Weise den Alltag (die arbeitsteilige, gemeinschaftliche und gesellschaftliche „Reproduktion“) oder Nicht-Alltag bewältigen: so, dass es so weitergehen könnte; es ist, darauf aufbauend, ein Aufsuchen und Erschaffen von Neuem und Interessantem, bis zur Erschöpfung von Möglichkeiten – und in dieser Lebens-GESCHICHTE (denn diese Erschöpfung der Möglichkeiten (gewissermassen das Abschreiten sämtlicher sinn-machender Episoden) spielt sich ja nur in EINEM zusammenfassenden Bewusstsein ab) muss dies alles Platz haben. (Diese erschöpfende Einzel-Lebens-Geschichte zustandezubringen, ist das Ziel DER Geschichte.)
Man könnte sagen: Diese Lebensgeschichte ist, was „Gesamtkunstwerk“ genannt wurde.
3. DIE Geschichte ist der Versuch, durch immer neu wiederholte, immer vollständigere Lebens-Formen und -verläufe, und die Tradierung ihrer Errungenschaften, diese Vollständigkeit des Einzellebens zu erreichen; das heisst, was immer tradiert wird, muss nach-lebbar sein, muss so sein, dass es erlebt und in eigenes Leben der Empfänger der Tradition umgesetzt werden kann; alles andere Tradierte, in Form von nützlich zu wissenden Sachverhalten, Techniken, Geräten, Texten und Kulturgütern im weitesten Sinn ist nur Mittel für diesen eigentlichen Tradierungsprozess (die Weitergabe von, und Schaffung der Voraussetzung für wirkliches Nach-Leben des von Früheren bereits Erfahrenen (Er-Lebten, im Sinn auch von Tun, Produzieren, Erschaffen) – für Re-Produktion, Nach-Erschaffen der bereits produzierten Erfahrung, bis zum erreichten Stand; dies Nach-Erschaffen von früherem im eigenen Leben ist der Prozess der BILDUNG.)
4. Diese Auffassungen legen die Frage nahe: Wie weit eigentlich Arbeitsteilung reicht; denn es kann ja kein stellvertretendes Leben geben (weder unter Zeitgenossen, noch zwischen Generationen und Epochen). Nach dem Gesagten kann sie sich eigentlich nur auf die Lebens-vorbereitenden und -erhaltenden Tätigkeiten beziehen – das Denken, die Arbeit in der konkreten, produktiven Gestalt ihrer Verausgabung (soweit ihre Bedeutung im Alltag der Betroffenen davon nicht berührt wird – soweit, also, es ihnen gleich gültigist, und gleich viel bedeutet, sie so oder anders zu verausgaben); auch die bloss reproduzierende, nichts Neues schaffende Verständigung mit Andern, und Vermittlung von für sie Neuem an sie.
(In unserer Bedürfnis-Ökonomie, an der sich unsere Alltags-Organisation orientiert, sind weite Räume für solche lebens-vorbereitenden und -erhaltenden (reproduktiven) Aktivitäten; Denken, (konzentriertes) Arbeiten, Verhandeln mit Andern, Routinevollzüge, vorgesehen: Wir können garnicht ständig kreativ sein und Neues aufnehmen, müssen auch „erinnern, wiederholen, durcharbeiten“ – wir müssen, und können es…)
Darin liegt auch: Viel Sinn kann gleichbleiben, und sich historisch vieles ändern; vieles an den aufeinanderfolgenden Leben bleibt gleich: dass sie ÜBERHAUPT Alltag sind usw.; denn die Bedürfnisse bleiben gleich (und das heisst nicht, dass sie biologisch kontingent sind: Alltag ist eine PERSONALE, eine Vernunftskategorie, ein Aspekt der Lebensführung vernünftiger Wesen im allgemeinen).
5. Die Ablehnung von stellvertretendem Leben (das heisst auch: systematisches Leben „für andere“, damit sie leben können) führt auf die Erscheinungsweisen und vermeintlichen Errungenschaften solcher Arbeitsteilung: Vereinseitigung („Spezialisierung“), Beschleunigung, Überblähung, Vor- und Un(gleich)zeitigkeiten.
Davon sorgfältig zu unterscheiden ist eine der, wenn nicht die Hauptleistung und Haupt-Ziel-Kategorien der „Sinn-Erfüllung“: Verdichtung. In verdichteten Gebilden wird das Wesentliche eines Sinn-Bereichs erlebbar (das beste Beispiel dafür sind die „Kunstwerke“ der Vergangenheit); durch sie findet dann auch, und nur durch sie, Tradierung statt. Verdichtung stellt das Ziel und Ende der Lebens-Arbeit einer Epoche an den ihr aufgegebenen Sinn-Bereichen dar; die Gerinnung der sinn-erfüllenden kreativen Handlungen (Kreationen, Intuitionen) in diesen Sinn-Bereich erschöpfenden Verdichtungen begründet die Möglichkeit, diesen Sinn-Bereich, so bearbeitet, als Resultat in den persönlichen Bildungsprozess aller Nachkommenden eingehen zu lassen, und ihr Leben freizugeben für die kreative Arbeit in einem anderen oder als nächstes „sinnvoll“ sich anschliessenden Bereich.
Diese Überlegungen sind verdorben von dem bekannten Übel, unvermittelt abstrakt zu sein: Sie knüpfen nicht wirklich an an Fragestellungen, die sich aus unserem Leben ergeben.
(Über das Problem der unvermittelten, nicht ungezwungen an Probleme, die aus der Alltagsgestaltung oder schöpferischen Produktion hervorgehen, anknüpfenden Reflexion und abstraktiven Begriffsbildung wäre fast ein Punkt 6. zu formulieren.)
Diese wirklich interessierenden Fragestellungen drehen sich wahrscheinlich darum: Wie einen Alltag organisieren angesichts ausbleibender oder zusammengebrochener Sinn-Bestände im eigenen Bildungsprozess – vor allem solcher, die sich auf zwanglose Lebensführung und Zusammenleben mit andern beziehen. Unser Alltag, die Reproduktion, auf der alles kreative Leben erst aufbaut, funktioniert nicht, und zwar in fast allen Hinsichten (das heisst, wir stehen vor einem ungeheuren Ungenügen, das an vielen Stellen bereits in offene Destruktion und Zerfall übergeht). Unsere Aufgaben sind technischer, also lebens-vorbereitender Art; die entscheidende Frage wäre dann, wie man derart notgedrungen auf Lebens-Vorbereitung ausgerichtete Existenz dennoch als Leben gestalten kann.
Oder Texte, die eigentlich diesem Lebens-Vorbereiten dienen, also technischen Charakter haben, dennoch auch lesens- also letztlich: lebenswert macht (auch ihr Schreiben).
Die Frage wäre, ob meine Ablehnung des Reproduktiven, also letztlich: der Alltagseinrichtung, nicht viel zu weit geht: Ob nicht auch sie Gegenstand „kunstvoller“ Einrichtung sein kann (aber eben einer, die nicht auf einmalig „Daseiende“ gerichtet ist, sondern auf „einmalig“ solches (nämlich in der historischen Situation, beim erreichten Stand) wiederholbares, auf das mehr oder weniger wiederholbare und allenfalls in bestimmte Grenzen Abzuwandelnde in einem Dasein.
Könnte dies auch eine „Kunst“ sein – Lebenskunst, Kunst der Alltagseinrichtung, und des Zusammenlebens?
Aber ist es nicht geradezu paradox, sich fragen zu müssen: Wie richtet man sich mit der Nicht-Eingerichtetheit seines Lebens ein?
telefonat 5.4.2003 – erweitertes gedächtnisprotokoll aus meiner sicht.
ein katalog von bedürfnissen nach verschiedenen reaktionsarten scheint am ausgangspunkt deiner theoretischen ansätze zu stehen; wir möchten ihn für uns darstellen. (ausgangspunkt war er immer wieder in deinen historischen untersuchungen.)
aber darin erschöpfen sich deine ansätze nicht: es gibt einen zweiten komplex von begriffen und sätzen, der zum ersten in einer beziehung stehen mag: jenes system von aspekten, die dir als gemeinsames der kunst(schöpfung, den schöpfungsprozess und seine eigentümlichkeiten ausmachenden), chinesischen denkens (vor allem vom typ des yi jing) und die speziellen besonderheiten des erzählens von komplexen („nicht-psychologischen“) übergängen (innen/aussen/innen, zwischen personen, vermittelt aber auch über komplexe (erfahrene) sachverhalte) in mrs. dalloway auffielen und wichtig waren.
(hierher gehören solche kategorien deines denkens wie: umschlag/umschwung, bild, struktur, wechselwirkung usw.).
auf meine frage sagst du (bist aber aber nicht endgültig entschieden):
ja, der zweite komplex könnte jener GEHALT sein, auf den die verschiedenen, uns „lebensweltlich“ verfügbaren und zugleich zum bedürfnis werdenden umgangs- und reaktionsformen antworten, und den sie in ihrer arbeit sich zu ihrem INHALT umbilden.
(das transzendieren haben wir als eine solche reaktionsform ausgeschlossen: es ist entweder eben doch immanent, geht in einer oder mehrerer der mundanen formen der „aneignung“ des „gehaltes“ auf, oder es ist leer, vernichtet den gehalt unter dem vorwand, ihn zu überschreiten.)
die möglichkeit und notwendigkeit des nach-erschaffens von kunst, des erreichten standes durch den künstler, der fortschreiten will; ist die kunst zuende?
kunst: ist sie im wesentlichen am ende ihrer entfaltung angelangt?, bildungsinhalt. (könnte es neue künste geben, rolle des films; s.u. sinn-konstruktionen).
ich selbst nur noch als „leer“, unfähig überhaupt noch „gültige“ gegensatzpaare zu benennen (die dann entscheidungsfragen wie die seit herbst immer wieder ventilierten aufwerfen: soll man komplett auf die eine seite („selbstpflege, kooperation“ vs. leistung (beschleunigung, vereinseitigung, anstrengung, gewalt gegen sich und andre/ selbstbehauptung durch kampf um macht und anerkennung usw.) treten, oder kompromisse („verantwortung“, „vermittlung“) bilden usw.).
bedürfnis nach begrifflicher arbeit endlich it gewissheit als epochale aufgabe erkannt, die ausschliessliche konzentration darauf rechtfertigt.
(das vollkommene leben als zielbegriff, s.u.)
warum ist begriffliche arbeit heute an der zeit? zunächst:
was bedeutet sie?
besonderheiten:
nicht nur abstraktion, sondern
– einbau ins system (ansteigender komplexität): nicht ur typenbildung, isoliert, sondern der logisch-begirffliche ort wird gezeigt;
– dadurch aber auch unmittelbar verknüpft mit dem wert „wichtig“ (aufmerksamkeit verdienend, wichtig hinsichtlich unserer zwecke und zwischenziele: sinn machend);
daraus ergibt sich aber (im sinne der bemerkungen über arten des gebrauchs von aufmerksamkeit) eine anschluss-aktivität: herstellen von sinnkonkretionen (sinn-konkrementen), SINN-KONSTRUKTION (und, als teil, sinn-REkonstruierende und -aufsuchende INTERPRETATION von entsprechend INTERESSANTEM einzelnem; jenseits des existierenden werden lücken gefüllt: das fehlende wird aus der vorstellung (einbildungskraft) ergänzt, es wird KONSTRUIERT; diese KOMPLEX-sinn-konstruierende tätigkeit ist unmittelbare konsequenz der begriffsbildung, ihre komplexität und vollständigkeit hängt ab von der komplexität und vollständigkeit unsres begriffssystems.
unser kognitives interesse hat also grundsätzlich zwei richtungen: die der steigerung der komplexität und vollständigkeit unseres begriffssystems (das heisst: alle sinn-kategorien, die es gibt); und: seine anwendung, auf bestehendes, indem wir es interpretieren im sinne unserer differenzierten begriffe (es analysieren, charaktersieren als SINN-KONRETION; DH: ZUSAMMENFÜGUNG verschiedener begriffe); und: indem wir nicht bestehendes, aber sinnmachendes, das FEHLT, systematisch aus unseren begriffen AUFBAUEN, dh. konstruieren.
das begriffssystem KANN nicht unser interesse erschöpfen, denn die konkretionen sind SINNVOLLE KOMBINATIONEN, die so in keinem allgemeinen ,das darin eingeht, für sich bereits enthalten sein können.
vergleiche dazu: das an VORKOMMENDEM, erfahrungs-fragmenten ohne system sich abstützende verfahren heutiger kunst (künste), (natur, geschichts-)wissenschaft, lebensentwürfe.
das unsystematische lässt an de rändern immer wieder die frage auftauchen: welchen sinn weist dies auf, wohin gehört es? die sinnbestimmung ist nicht vollständig, man ist sich ihrer nicht gewiss, kennt die grezen der abwanldungsreihen nicht (was der kunstgeschichtler nicht als wissenschatler urteilt, der künstler und kunst-rezipient nur intuitiv als geschmacksurteil.
dies sind sinn-, also werturteile; ihre begründung und legitimation („wahrheit“: ungeschickter begriff!) kann nur aus der VOLLSTÄNDIGKEIT des systems der (sinnvollen) begriffe (begriff: immer mit dem geltungsanspruch des aufmerksamkeit-verdienenden, sinn machenden verbunden!) herrühren.
das vollkommene leben (alle voraufgehenden biographien als versuche, auf denen die nächst-folgenden aufbauen) als ziel-begriff der geschichte: in ihm müssten alle sinnvollen konkretionen begrifflich bewusst (transparent, im lichte der in ihnen vekörperten begriffe) platz haben.
die ebene der konkreten sinngebilde ist die unterste ebene der begriffsbildung -sie schliesst sie ab.
hier muss das gesprächsprotokoll (unbefriedigenderweise) enden, denn alles weitere lag noch nicht im horizont des gestrigen gesprächs…
eine naheliegende nachbetrachtung könnte sein:
warum die unvollkommenheit unseres lebens (die vorzeitigkeit unseres todes; vor erreichen der „vollendung“) kein grund zur klage sein muss.
————————-
der zusammenhang zu den angekündigten überlegungen über das REL-denken und seine auflösung in den „modernen“ standpunkt könnte sich hier zwanglos anschliessen. (muss aber noch nicht.):
https://selbstbestimmung-als-aufgabe.de/untersuchungen-und-bemerkungen-zu/religion/religioes-vormodernes-denken, teil 6. MOD (das nach-RELigiöse Weltverhältnis) hiess damals noch „RPL“ (rationale Planung).
hallo,
ich würde gerne das gespräch über die frage der lebenseinrichtung mit dir weiterführen, und dazu habe ich dir den text im anhang geschickt. die frage im ANSCHLUSS an die gender -kritik ist für mich: wie sieht ein (nicht solitäres) nicht männlich/weiblich oder auch unkonventionell vereinseitigtes leben aus? das ist das problem, von dem ich als dem zweiten, neben der frage der verständigung, gesprochen habe; es fängt zunehmend an, mir als das wichtigere zu erscheinen: das problem, oder die krise am ende der erste zeile – die krise des MODERNEN denkens (RPL) – des denkens, wie es als resultat der REL-auflösung in teil 6 sich andeutete.
der punkt ist, dass ich nicht glaube, dass man diese krise durch individuelle lebensgestaltung und diätetische tricks lösen kann; deswegen verweist sie direkt auf das verhältnis zu den andern. (es ist hier die frage angespochen: wo arbeitsteilung endet – wo das unveräusserlich individuelle verarmen würde, wenn es an andere abgetreten und an ihnen erlebt und ausgelebt oder angeschaut werden muss. dies bedürfnis selbst scheint mir aber nur ausdruck einer widersprüchlichkeit und zerrissenheit des modernen denkens selbst; nämlich der folgenden:) wir haben, in RPL, eigentlich drei sphären: die konkrete des lebens, des alltags, der reproduktion; auch der technologie und technologisch-empirischen naturwissenschaft; hinter der erscheinenden welt we (index e, weil unterstellt ist, dass sie sich für unsere zwecke beliebig bearbeiten lässt, wenn wir sie nur genau genug kennen; sogar, durch invarianten, die in den erscheinungen sich darstellen (quasi: erscheinende begriffe), uns selbst den weg zu dieser bearbeitung zeigen wird – uns die ideale weise, wie wir uns ihrer bemächtigen könnten, darbieten wird; das ist der kern des welt-bezogenen empirismus) wird optimalhypothetisch eine natur We unterstellt, die – optimal gekannt und bearbeitet – unsere reproduktion in idealer weise ermöglicht. es gibt dann ein ideales, utopisches personales korrelat zu diesem begriff einer völlig beherrschten natur, das ist das ideal von uns als technologisch ALLmächtigen.
die frage, was wir reproduzieren sollen, was unser reproduktionswürdiges selbst ausmacht, ist damit nicht beantwortet: was sollen wir tun, wenn wir ALLES könnten?
wir, in unserem reproduktiven alltag gefangen (ew), denken, und finden auch (introspektiv) bereits gegenwärtig in uns die vorstellung, oder den begriff, eines anderen, idealen selbst Ew, das wir WERDEN wollen, und das der utopischen technologie erst ihren sinn und richtung gibt – indem sie diese frage beantwortet; was wir dann wollen könnten.
in unserem alltag aber sind wir von beidem auf schmerzliche weise getrennt: von macht, ebenso wie von sinn.
analog zum utopischen personalen korrelat der beherrschten natur, der ALLmächtigen person, gibt es ein sachliches, utopisches korrelat, worin wir die begrifflich in uns angelegten sinn- und ziel-begriffe bereits vorweg in ihren konkretionen anschauen: kunst, aber kunst ist vermutlich nur beispiel. die kreationen der kunst sollen vorwegnahmen der umsetzung, realisierung desjenigen in uns sein, was zweck oder sinnhaft ist, und nicht bloss mittel.
wir wollen die ALLmacht, als mittel, weil wir die begriffsrealisierung (-veranschaulichung, -konkretisierung) in unserer reproduktiven, technischen, auch empiristisch-naturwissenschaftlichen tätigkeit nicht finden können.
(als vereinzelte können wir es auch nicht.) es ginge also darum, einen (re)produktiven alltag (alltag steht immer für: nicht-überforderung, -vereinseitigung, -beschleunigung usw.) gesellschaftlich zu organisieren, in dem ENTLANG (und aus anlass von) der produktiven auseinandersetzung mit der empirischen welt (der erscheinungen) der begriff des möglichen sinns (maximal sinnvolle welt= natur; ontologisch transparent, geordnet usw.) immer weiter konkretisiert wird: vor allem vorstellend, alternativen erwägend, sich die tatsächlichen realisierungen allgemeiner sinnbegriffe in unserer welt, soweit sie eben naturhaft, also sinnhaft ist, anschaulich machen (und nicht-realisierte, aber veranschaulichende konkretionen DENKEN und vorstellen); bis hin zum vollständigen verständnis unserer selbst, als personale, vernünftige organismen, in unserem verhalten bezogen auf diesen inbegriff der möglichen, sinnhaften welten, also natur und den (veranschaulichenden) inbegriff der möglichen naturen, der in „interessanter“ weise diesen begriff der natur exemplifizierenden welten. ich glaube, das interesse der veranschaulichung besteht vielleicht darin, dass wir uns die GRENZ-oder extrem-situationen am übergang zum „sinnlosen“ durch beispiele deutlich machen: so diese grenze vollständig, in gestalt möglicher beispiele, ZIEHEN (oder konstruieren); und uns zugleich darüber rechenschaft ablegen (und die daraus folgenden praktische konsequenzen ziehen), inwieweit die welt, in der wir leben, eine spezielle umsetzung dieser begriffe ist. uns selbst aber bestimmen wir ZUGLEICH als die wesen, die diesen begriff (als disposition, interesse) besitzen, als solche von und in dieser welt hervorgebracht werden konnten, und IN dieser welt, als teil von ihr, dennoch ZU ihr dies verhältnis haben können.
in vielem scheint dies „materialistisch“, „handlungstheoretisch“ (das bewusstseins- ind handlungs- und sprachparadigma übersetzende) gewendete hegelsche philosophie zu sein.
im inbegriff der verschiedenen welten, als inhalt unserer erfahrung, ist zugleich auch a fortiori, der inbegriff alternativer, aber gleich-wertiger erfahrungsstände und unvollständiger lernresultate gedacht; und so, meine ich, das verhältnis zu anderen, als „zurückgebliebenen“, denen etwas zu vermitteln wäre (sofern ihnen die personale lernfähigkeit zuzuschreiben ist; welche wir, als unser zugleich ideales und konkretes selbst, in unserer den natur-begriff zugleich entfaltenden und anwendenden tätigkeit BESTIMMEN (auch als inbegriff aller möglichen erfahrungsstände).
es scheint mir, dass mithilfe von gedanken solcher art auch der widerspruch zwischen der verständigungs- und welt-orientierten ideal-person (kooperatives ideal: alle personen sind gleich; eine blosse relation, eine blosse formelle, aber nicht inhaltliche bestimmung; die wird eben erst in der Nach-RPL-tätigkeit, der eigentlichen selbst-bestimmenden, kollektiven tätigkeit, entwickelt, kann deswegen dafür auch keine hilfe sein; sondern uns nur die gewissheit im vorhinein (!) („apriori“) geben, dass was immer die inhaltliche selbstbestimmung, in unserem verhältnis zur welt als natur sein wird, es eben nur EINES sein wird; und, da das denken unserer begriffe, vor allem unserer selbst, als dem inbegriff all seiner detaillierungen (dh. aller andern begriffe: den sie SIND nur solche detaillierungen) in seiner entfaltung durch lenkung der aufmerksamkeit erfahrungsabhängig ist (weil die aufmerksamkeit es ist) (was in der 3.zeile bewiesen werden sollte): dass wir uns einander diese einsicht grundsätzlich werden vermitteln können, wenn und soweit wir personen sind.
eine frage, die bleibt, ist: ob wir nicht mit der aufgabe konfrontiert sind, durch die allgegenwärtigen beschleunigungen und erzwungenen vorzeitigkeiten, die splitter und fragmente all dieser errungenschaften in unserer bildung (oder vereinseitgten teil-mentalitäten verschieden vereinseitigter unter uns) wieder zu entdecken, zu identifizieren und an ihren (künftigen) platz (in der künftigen ordnung des anschaulichen begriffs unserer selbst) zu bringen? das heisst: der prozess der selbst-bestimmung, oder entdeckung ihrer als aufgabe, geschieht ebensowenig synchron und wird nicht von der ganzen gesellschaft mtigemacht; er kann, und muss aber, immer mehr synchroniert werden (als gesellschaftlicher lern-, begriffsbildungs- und selbstbestimmungsprozess)…
eine andre frage ist: inwieweit ich meine eigene theorie und theoretische arbeit als resultat von zwangloser motivierung, also auch etwas, das an der zeit ist, ansehen darf; oder als vorzeitig, beschleunigt, erfahrungsmotiviertes gewaltsam vorweg erzwingen wollendes. (auch, wenn es andern nahegebracht werden soll.) aber ist nicht die verständigung das nadelöhr, durch das der historische prozess hindurchmuss, um die zugleich (re)produktive, technologisch-empirische UND ideal-theoretische „selbstbestimmung“ als gesellschaftliche tätigkeit zu organisieren? und sind nicht die fragestellungen der 3×3-matrix darum am platz?
die frage der vereinseitigung ergibt sich für mich immer dann, wenn ich das gefühl habe, andres zu versäumen, oder mich QUÄLEN und die theoretische begriffsbildung zu FORCIEREN, als mittel für etwas, das dann wohl auf anderem wege erreicht werden sollte und auch erreicht sein (zumindest hinreichend probiert) sein sollte, um wirklich ungezwungen die theorie als aufgabe sehen zu können.
warum erscheint sie so sehr als entfremdete tätigkeit? was stimmt da nicht? welche vereinseitigungen sin dda im spiel?
—————————
es ist klar, dass die gender-probleme die modernen identitätskonflikte zur anschauung bringen: weibliches idealselbst (unbestimmt-selbstzweckhaft), vs. männliches macht-selbst.
und für diese selbst-konflikte und den begriff der natur, und des alltags, in dem die getrennten zusammengebracht werden könnten, gibt es ein pendant im bereich des verhaltens zu andern: verständigung, als mitte zwischen unzeitiger kooperation (auch vermitteln-wollen) im übermass, und ebenso fehlerhaftem erzwingenwollen von konsens duch selbstbehauptung und -durchsetzung. verständigung auch als: wissen wie und wann zu vermitteln ist, und wo noch nicht (und stattdessen rückzug und zurückhaltung angebracht ist).
—————————-
es scheint mir sehr wichtig, nochmals darauf hinzuweisen, dass die tätigkeit der selbstbestimmung, wie ich sie hier konzipiere, keine individuelle, und keine rein theoretisch-abstrakte ist, und wahrscheinlich noch nicht einmal eine synchron von der gesamten gesellschaft absolvierte tätigkeit (nachdem die gesellschaft als ganze erstmal quasi ans ende der 3 zeilen der marix gebracht wurde); sondern ein prozess, eine form der lebenseinrichtung, der sich in immer grösseren teilen der gesellschaft durchsetzt, und im mass wie er es tut, auch „seinem begriff immer besser entsprechen“ kann. das heisst: wir, jetzt, sind durchaus imstande, diesen prozess für uns in gang zu setzen; aber dies wird leiden unter unserer entgegensetzung gegen die andern, unserer vereinzelung (geringe mitteln), und der mangelnden klarheit, die in unseren eigene standpunkten, verursacht durch ungleichzeitigkeiten unserer bildungsprozesse, herrscht; auch der mangelhaften verständigung, die uns dnan nur möglich ist. um so wichtiger ist es vielleicht, und als kollektiv zu etablieren und für tradierbarkeit unserer errungenschafte zu sorgen.
und die frage: wieviel können wir, für uns, jetzt schon tun?
—
…
ich hab das REL-papier teil 6 nicht nochmal gelesen, deswegen kann es sein, dass dort bereits einiges steht.
nur kurz: der index w in ew soll besagen: das verhalten zur welt (das E xplorierende, aus E rfahrung und dem jeweiligen erfahrungsstand erschlossene gesamt E xperiment) lässt sich durch die welt bestimmen, sieht sich vollkommen durch die erfahrene welt bestimmt, bis hin dazu, „determiniert“ zu sein; und dennoch weicht das untersuchende wesen oder selbst ständig vor diesem seinem sosein zurück, kann immer wieder neu fragen: so BIN ich – aber WILL ich so sein usw.
umgekehrt, die utopische ideal-person Ew ist das vor jeder welt, natur, und handeln in und auf sie zu zurückgewichene schlechthin – bis hin zum völligen dualismus einer idealistischen innenwelt, die ontologisch, aus prinzip, gegen diese aussenwelt abgeschlossen ist und niemals anschluss an sie finden wird.
der grund dafür ist, dass dieser begriff Ew aus dem REL-idealbegriff von person hinter der welt stammt, und der UNMITTELBARKEIT, mit der dies personale moment hinter der welt sie gestaltet: da gibt es kein handeln, kein sich-verhalten-zu, nur eben das verhalten der welt selbst auf diesem niveau (ZU dem WIR uns verhalten – und weil uns nur dieser optimalhypothetisch offengehaltene zugang zur welt, durch die bezugnahme auf dies personale in und hinter ihr, interessiert, und die tatsache, dass die so unterstellten strebungen unmittelbar erfolgreich sich umsetzen lassen, wie an einem eigenen körper dieses personalen – weil also dies verhältnis der optimalhypothetischen person und ihrer momente zur welt garkein äusseres sondern ein INNERES ist – genau darum kommt es, solang der begriff nicht verändert wird, wenn wir es als UNSER utopisches fernziel uns zu eigen machen, auch in der gestalt an uns: als sich-verhalten zu welt, sei sie wirklich oder vorgestellt, wie zu einer innenwelt; ohne dazwischentreten eines äusseren handelns in dieser welt; daher auch die genügsamkeit bei beantwortung der frage: WIE soll dies bewirkt werden – WODURCH und durch welche handlungen bewährt sich der eigentliche leib dieses wesens IN der vorhandene welt? es hat eben keinen, wenn die welt nicht sein leib ist. und was hier zu lernen ist, wäre: dass eben dies die verarmung und entgegensetzung gegen das zweckmässige tun in der welt ist – dass eben die kategorien dieses tuns, die weltbezogenen handlungen und die welt, als korrelat dieses (re)produktiven handelns in allen schichten, zugleich die kategoriale ordnung unserer utopischen selbstbestimmung liefert – nämlich als wesen, die (durch evolution) den begriff einer natur in sich tragen, und ihn entlang der wirklichen welt, und durch vergleich mit ihr, diesen begriff konkretisieren. (hier die frage: was an diesem begriff ist bereits vorgebahnt – was ist bereits „vorhanden“ – was an konkretisierung muss „vollzogen“ werden, und ist dieser vollzug (wenn er normativ (ist dies ein evolutionsbiologischer grenzbegriff?) richtig stattfindet, notgerungen ein „vorgebahnter“, und (inhaltlich) determinierter?)
man könnte noch manches zu den inneren widersprüchen der ideal-korrelate sagen: des ästhetischen „kunst-selbst“, das immer ausdrücklich ANDERS sein will als natur; und des macht-selbst (das sich selbst bis zum äussersten verleugnet haben muss, und der fremden welt angepasst, um dann mit ihr machen zu können, was „es“, nach all dieser verleugnung des eignen selbst, dann noch will…)
RPL anerkennt die bestimmung seiner selbst (und seines idealen korrelats, natur) als aufgabe (ohne deren lösung keine optimalH formuliert werden kann): so wie REL die formulierung der optimalH,als rahmen für alles planen, und die notwendigkeit dafür anerkennt. aber beide, so wie sie bestimmen, verfehlen die aufgabe – so wie REL den inhalt einer optimalH bestimmt kommt eben gerade keine heraus; so wie RPL natur und selbst bestimmt, als zugleich korrelate und das selbst in der weise w–>e durch und in der welt das eine auf das andre aufbauend, kommt beides nicht heraus, indem er der erscheinenden welt w zuviel von seinem selbst abtritt: we, und sich selbst zuviel weltartigkeit: ew; er muss diese aussenbestimmung zurücknehmen, und eben den natur-begriff als zentralen bestandteil seines selbst erkennen: aus ew muss e werden (und zwar genauer: e (s, h); sprachfähiges vernünftiges selbst; erst dieses kann die endformel erfüllen: es ist jenes in der welt, das wenn es weiss wie es ist, versucht so zu bleiben (evolution ist in gewissem sinn: sich ändern, wenn „man erfährt wie man ist“; ein lernprozess, der in personalität=sprachlichkeit, sich zu ALLEM möglichen, kategorial geordnet, verhalten können, sein ziel und ende gefunden hat.)
————————–
zu gender könnte man mancherlei sagen; auch zum „aufbau“ der rationalen gruppe und ihres „alltags“.
—–
was ich aber zunächst noch nachtragen wollte, ist folgender gedanke.
ich denke mir (und insofern passt es ja zu dem eben gesagten) „selbstbestimmung“ als eine theoretische aktivität, die aus erfahrung entsteht und durch sie motiviert ist – als besinnung auf, und erinnerung an unser tun in bestimmten situationen; diese erinnerung soll dann auch reich genug sein. und kollektiv wäre dieser prozess deshalb, weil dabei nicht nur auf den erfahrungsschatz zurückgegriffen würde, den eine einzelperson sich erwirbt, sondern auf kollektive erfahrung, erschlossen und organisiert durch (bereits vorhandene) kollektiv geteilte gesichtspunkte der aufmerksamkeit. das heisst, hier geht es nicht um arbeits-(auf)TEILUNG, sondern erfahrungs-ZUSAMMENFÜHRUNG, unter gesichtspunkten, die eben wiederum von allen geteilt (aber eben, um den kalauer zu vollenden, nicht zwischen ihnen AUFgeteilt) werden. (der kalauer, angewandt auf das wort arbeitsteilung, wäre: arbeit nicht nur AUFteilen, sondern ihre zwecke komplett teilen).
man könnte also den prozess der selbstbestimmung auch bezeichnen als kollektives (denkendes, begriffs-bildendes und (rechnend, urteilend, (möglichkeiten) konstruierend; vgl. arten des gebrauchs von aufmerksamkeit) anwendendes) ERFAHRUNGSVERARBEITEN; die organisation kollektiver gesichtspunkte der aufmerksamkeit (natürlich nicht als verarmte schnittmenge, sondern als reichtum solcher gesichtspunkte; aber eben rationaler, wichtiger, sinnvoller).
und meine vermutung ist, dass ohne solche kollektive erfahrung der begriff der selbstbestimmung nicht gelingen kann. kommunismus also nicht als nur negative ausschaltung der lästigen gegensätze zwischen uns, oder auch nur der lästigen gemeinsamen organisation von reproduktion für „uns alle“, damit wir alle, jeder einzelne, sich dann irgendwann ans denken machen, und für sich allein den begriff des selbst „theoretisch“ bestimmen kann.
sondern: der reichtum der kollektiven erfahrung, in bildungsprozessen so verdichtet (und dies solange in aufeinanderfolgenden „generationen“ wiederholt und vertieft), bis sich daran für einzelne die vollständige übersicht über das, was das vernünftige selbst ausmacht, sicher, reproduzierbar und anschaulich entfalten kann.
dann, könnte man sagen, ist die geschichte auf gute weise zuende, und das defizit, oder bedürfnis, das sie ausmacht und antreibt oder begründet, befriedigt.
——–
obwohl auch immer wieder ziemlich heftige theoriebrocken drin eingeschlossen sind, kommt es mir zum allerersten mal so vor, als hätte man jetzt wirklich einmal etwas entscheidendes von sich selbst im blick, und nicht immerzu auffassungen, die man selbst garnicht teilt, oder bloss formelles und abgeleitetes, wie den opportunistischen-umgang-mit… (…den eigentlich entscheidenden inhalten usw., die aber selbst nicht zur sprache kommen). und endlich ist auch der zusammenhang mit UNSEREN problemen der sinnvollen identität, des sinnvollen einzellebens, an die systematischen überlegungen angeschlossen: unsere probleme der vereinseitigung, der unlösbaren identitätskonflikte, der unhaltbaren beschleunigungen (aber warum will man beschleunigen?) finden endlich eine erklärung; denn bis jetzt schien das alles irgendwie aufgesetzt, und keinen theoretischen ort zu haben, oder bloss den ewigen OPP, als ausweg.
es gibt eben jetzt erklärungen dafür, warum man sich so seltsam unvernünftig verhält – erklärungen, die zeigen, dass es kein aufgesetzter mutwille ist, der hier am werk ist, sondern wirkliche, praktische kognitive aporien des modernen denkens – seine BEGRIFFSKRISE – sein scheitern; und zwar sein, also UNSER scheitern mit einer begrifflichen organisation von praxis, die ganz woanders, als dort wo sie scheitert, ihren ausgang nimmt – und dort, an ihren ausgangspunkten, sinnvoll und harmlos erscheint, ja selbstverständlich und garnicht anders denkbar. so wie es bei allen begriffskrisen der fall ist…
das scheinbar harmlose betrifft die möglichkeiten der ARBEITSTEILUNG – des arbeitsteiligen absolvierens des lernprozesses, der die technologisch orientierte naturwissenschaft sein soll. der ausgang aus OPP ist, aus systematischer sicht, kurz so benannt: es gibt kein vernünftiges planen, das nicht auch eine regel für vernünftiges lernen einschliesst – ja, das reproduktive und produktive planen ist geradezu nur bestandteil einer solchen lernregel; und diese lernregel muss eine anleitung zu systematischem VERSUCHEN sein – dies lernen also auch ein systematisches abarbeiten von hypothesen; aber in welcher reihenfolge? auch dafür steht das prinzip nach dem scheitern von OPP fest: das denkbar weitestreichende muss, bis zur falsifikation, als erstes probiert werden (als – das versuchshandeln, experimentieren, anleitende – hypothese diesem zugrundegelegt werden): also das denkbare OPTIMUM. und dann stellt sich, im scheitern von REL, heraus: so, wie dies geschehen ist, nämlich ohne das SELBST zu bestimmen, um dessen optimale reproduktion es hier versuchsweise gehen soll, kommt keine optimalH zustande. selbstbestimmung stellt sich dem modernen denken somit tatsächlich als aufgabe; und ich habe ja abstrakt schon die formel des scheiterns dieses modernen denkens angegeben: so wie man sich im rahmen dieses denkens (und seiner selbstverständlich erscheinenden, „harmlosen“ voraussetzungen, die es aus seinem ausgang aus REL erbt) selbst bestimmt haben will, kommt gerade KEINE selbstbestimmung, und also keine lernregel und keine optimalH und kein lernen und kein vernünftiger plan (keine kollektive oder individuelle „identität“, kein lebensentwurf) zustande.
das „moderne selbst“, wo es sich als ZWECK bestimmt, bestimmt sich als innenwelt – das ist das REL-erbe, denn ausgehend von gott, göttern, über weltzweck, bis hin zu welt-zweckmässigkeit und welt-nutzbarkeit (nützliche erkennnbarkeit) bestimmen sich die 5 REL-personalen kategoriengruppen nicht als verhältnis-bestimmungen eines handelns in der welt, und auf sie bezogen; sondern als unmittelbar in einem geschehen so erscheinend, und es so gestaltend, als wäre dies geschehen ein innerpsychisches, oder zumindest verfügbar wie ein innerpsychisches: zum beispiel so, dass dinge, wie vorstellungen von ihnen, unmittelbar VERKNÜPFT sind mit solchen bestimmungen, die ihre disposition und praktische handhabbarkeit ausdrücken: so wäre es in unsern gedanken, wenn wir an die dinge denken; die bestimmung soll aber in der realität an ihnen haften. und die disposition selbst KÖNNTE ja sogar an ihnen haften; aber auch noch die bestimmung „unmitelbar nutzbringend für“ (heilung im fall derundder krankheitszustände, die ihrerseits ähnlich unmittelbar sich zu erkennen geben)?
da soll etwas „optimalerweise“ („idealerweise“, „best-denkbarerweise“) ) bereits IN der welt zusammenkommen, wie es allenfalls in uns, und auch da nur im falle unserer weitesten fortgeschrittenheit, zusammenkäme – in uns aber als spitze einer ganzen kategorien-kaskade, die nach unten sich in handlungsanleitungen und dadurch-dass-bestimmungen und wissen-wie fortsetzen würde. und immer wieder, soweit wir aus optimalHen technische handlungs-anweisungen entnehmen, machen wir ja auch diese fortsetzung nach unten, je spezifischer, um so falsifizierbarer. nur dass diese fortsetzbarkeit nach unten nicht das KRITERIUM, zumindest lang nicht das einzig entscheidende, ist für die beibehaltung oder aufgabe dieser hypothese; denn dann würde auch klar, dass, wenn eine solche optimalH überhaupt testbar sein soll, die durchführung der betreffenden experimente – das handeln-als-ob im sinne dieser hypothese, auf stufen UNTERHALB in der dadurch-dass-hierarchie stattfinden müsste; und dort auch die widerlegungen sich abspielen müssten. stattdessen wird dieser zusammenhang mit den praktischen dadurch-dass-abteilungen (den kausal-bezgenen) in REL-optimalHen völlig UNBESTIMMT gelassen; und genau diese unbestimmtheit des person-oder selbst-begriffs in REL in praktischer hinsicht wird nach MOD=RPL übernommen.
ich will nur diesen zug festhalten, und (hoffentlich ist das kein fehler) zunächst nicht weiter über die genau art des scheiterns von REL sprechen.
ich hatte ja schon gesagt: das moderne selbst erbt diese UTOPISCHE version seiner selbstbestimmung unmittelbar von den REL-maximalbegriffen, und deren ausmalung von welt-verfügbarkeit in gestalt einer nach dem modell „innerseelischen“ verfügbarkeit von psychischen gehalten. und vielleicht ist sogar DIESER zu primitive begriff von ALLverfügbarkeit oder allmacht, diese kategorial REDUZIERTE utopie, der schlüssel für die RPL-, also modernen aporien. (man bemerkt sofort die begriffliche affinität von cartesianismus, idealismus und auch empiristischer bewusstseinsphilosophie zum vormodernen denken.)
in seiner innenwelt oder innerlichkeit scheint das moderne selbst ja genau diesen raum bereits zu besitzen: alles, was es AUSSEN noch sein und erreichen könnte, kann es doch innerlich, vorstellend, vorwegnehmen.
der „einzige“ mangel, der ihm dann noch vor augen steht, ist, dass sein vorstellen eben leider nicht macht über die dinge hat. diese technologische handlungsmacht, und die (gänzlich primitiven) begriffe davon, erbt die aussenbezogene abteilung des modernen selbst ebenfalls vom vormodernen, REL-denken; dort fand exakt dieselbe technologie und wissenschaft bereits statt, nur quantitativ reduziert, denn man hatte alternativen, bessere praktiken, oder hatte seine praxis nicht ausschliesslich in der produktion, sondern eben auch im kult und glaubens-realisierenden praktiken; diese alternativen in wirk- oder technologischer hinsicht fallen nun fort: das moderne selbst macht keine versuche mehr, hinsichtlich seiner PRODUKTIVEN praxis mit innerweltlichen kategorien, und darauf bezogenen operationen, zu arbeiten; die überwölbende optimalH ist fortgefallen. aber was dann bleibt, erscheint ihm wiederum nicht als eigentlich; es ist entäusserte, ihm entfremdete tätigkeit, die nur ablenkt von dem eigentlich sinnerfüllenden, erfüllung vorwegnehmenden sich der innenwelt und ihren utopien zuwenden. reproduktion, arbeit, und sie vorbereitende empirie, experimente, und deren begriffliche organisation (immer nur entlang der empirie, als deren „abstraktion“)) erscheinen als BLOSSES MITTEL – blosses mittel der „selbsterhaltung“ – erhaltung der materiellen grundlagen des „eigentlichen“ selbst, das eben nicht SICH SELBST ERHÄLT; bedauerlicherweise. das ist der riss, der durch die moderne identität, das moderne selbst, geht (und der sich im verhältnis zur anderen „fremden“ individualität, angesichts des beharrens auf der EIGENEN, ganz ähnlich wiederholt): das selbst der selbsterhaltung ist nicht dasselbe wie das zu erhaltende selbst. tatsächlich kommen sie, so wie sie für das moderne selbst definiert sind, NIE zusammen: das eine ist innenwelt, das andre aussenwelt. nur an den berührungsstellen – als schier unlösbares leib-seele-problem: was an unserem aussen ist der träger des inneren – oder was daran IST gerade das innere, und erhaltenswerte?
von seiten des innen: was soll es eigentlich tun – worin besteht eigentlich die erfüllung, die es sich selbst verspricht? in exemplarischen sinnkonkretionen, sinn-erfahrungen, die aber nie für sich selbst stehen, sondern immer über sich hinausweisen sollen auf eine ersehnte sinn-totalität, die nur in der innenwelt (und jedenfalls gewiss nicht der technologischen bearbeitung der aussenwelt) zu finden ist, aber man weiss nicht wie.
denn die sinnkonkretionen stellen nichts andres dar als inbegriffe von erfahrungsreichtum, sinnvoller erfahrungstotalität (denn darauf zielt die utopie ja irgendwie); erfahrungen, die dann irgendwie wenn schon nicht im eignen selbst, in abwandlungen (leider immer nur ähnlich bechränkten, wenig fortgeschrittenen) seiner gesucht werden: fremden, exotischen individualitäten, geheimnisvollen – solche, die eben den GEHALT versprechen, den man im eigenen selbst nicht findet. die sphären, in denen dies alles stattfindet, sind mit gewalt NEBEN der produktion und reproduktion, dem profanen leben, das als solches ausdrücklich entfremdet und uninteressant ist, angesiedelt: natur, sofern sie NICHT gegenstand von technologie ist; geschichte, das soziale, sofern es sich NICHT um strittige natur-bearbeitung dreht (aber die utopie des inhaltlosen reichtums stösst hier natürlich schnell an die grenze, dass nur die widerwärtigkeit der FREMDEN individualität es ist, auf die sie in diesem versuch der erborgten selbst-erweiterung stösst…)
also in den BESCHRÄNKTEN individualitäten ist der inbegriff aller individualitäten (sinnvoll verarbeiteten erfahrungsstände; auch der fortgeschrittensten) nicht zu finden: er müsste, als inhalt der REICHSTEN und fortgeschrittensten aller möglichen individualitäten, erst gedacht, konstruiert werden.
man kann sagen: die moderne selbst-utopie (dem sinn-begriff) versucht, mit den dürren bestimmungen der aller-allgemeinsten person-bestimmungen individualität und identität mitzubestimmen; sie sucht die sinn-erfüllung auf dieser höchsten, also auch abstraktesten ebene, und findet dshalb auch nur bebilderungen ABSTRAKTER sinnerfüllung, wie: „erfahrungs-totalität“.
die wirklichen konkretionen aber gelten ihr nicht dafür, sondern als blosses mittel der selbst-ERHALTUNG, die diesem selbst (als zweck) äusserlich ist: nicht in den für diese mittel-tätigkeit erarbeiteten kenntnisse; nicht die begriffe und technologien; nicht die arbeiten, routinen, und pläne, in denen dies alles zusammenkommt. obwohl dies alles auch irgendwie „interessant“ erscheint, ist es nicht das eigentliche.
das eigentliche fehlt vielleicht auch wirklich (das „geistige band“ im faust): nämlich der BEGRIFF des selbst, der in und durch diese konkretionen hindurch teils realisiert, teils verfehlt wird (keine tatsächliche, sondern bloss eine gesuchte und nicht gefundene erfüllung in der vorhandenen welt (der erscheinungen) findet).
sinnfällig wird das fehlen der selbstbestimmung im umgang mit den materiellen substraten des selbst: das selbst,beispielsweise, als STRUKTUR (neurophysiologisch) gedeutet, wird nicht getroffen – es kann nicht die selbstbestimmung sein, weil die „zurückweich“-frage: gut, das ist unser gehirn – aber wie muss es sein, um wirklich UNSER gehirn zu sein und zu BLEIBEN, oder auch: was daran SOLL auch garnicht so sein, soll nicht unser gehirn bleiben – so nicht zu beantworten ist. wir, als resultat eines evolutionsprozesses bestimmt, der in uns, und unserem kollektiven lernen, maximal beschleunigt, seinen fortgang nimmt: da ist unser selbst schon besser getroffen. aber selbst wenn wir uns, durch besinnung auf den uns allen gemeinsamen logischen apparat der sprache, abstrakt bestimmen als kollektiv-lernfähige intelligenz (sich zu ALLEN möglichkeiten, begrifflich geordnet, in ihrer reproduktion verhaltende gesellschaft – den gegebnen erfahrungsstand begrifflich verarbeitend bedeutet: die je als nächste zur erprobung anstehenden möglichkeiten konstruieren, entlang der wirklichen reproduktion und ihrer erweiterung die möglichkeiten dieser erweiterung und deren abwandlung denken und konstruieren), haben wir diese bestimmungen SELBST noch nicht; und ich bin ja der meinung, dass diese auch nicht vorgreifend gewonnen werden (wir haben viel zu viele solcher ungeordneten vor(be)griffe), sondern erst im rahmen des kollektiv betriebenen und kollektiv begrifflich organisierten lernprozesses (alle relevanten erfahrungen, in der begrifflichen ordnung des kollektivs, verbreitet und verarbeitet in gestalt von begriffen: begriffen des jeweils aufmerksamkeit verdienenden faktischen, wie des möglichen, und der jeweils relevanten möglichen abwandlungen der erweiterten reproduktion).
und wir haben ihn immer noch nicht, wenn wir die möglichkeiten HISTORISCHER zurückgebliebenheit, historisch zurückgebliebener indvidualität und identität, im rahmen der durch die sprach-ableitung als system möglicher (und verstehbarer), aber notwendig angesichts sich ausweitender erfahrung sich selbst behebender kategorienfehler erklären können. dies aber sind die apriorischen, abstrakten bestimmungen von individualität und identität, die uns VOR ingangsetzung der kollektiven selbstbestimmungs-tätigkeit (dem 4.feld der 1.zeile) möglich sind; weshalb spracheinführung mit ihren ABSTRAKTEN (gegen die konkreten gehalte) gleichgültigen logischen bestimmungen wie absicht, sich-verhalten-zu usw., und die RECHTFERTIGUNG der 3×3-matrix als system von allgemeinsten kategorienfehlern (nämlich der allgemeinsten sprachspiel-gruppen w, e, s, h) im 4.feld der 3.zeile ebenfalls vor ingangkommen dieses prozesses möglich sind. sie sind aber auch nötig; denn die kollektive verständigung muss, gegen alle scheiternden und illusionären vorstufen zu ihr, auf gesellschaftlicher stufenleiter eingerichtet sein, bevor die kollektive reproduktion, begriffsbildung, und aufmerksamkeitssteuerung eingerichtet werden kann als simultaner kollektiver erfahrungsverarbeitungs- und salbstbestimmungsprozess, und damit vollendung jenes lernprozesses, der in der evolution begonnen hat. das also wären die theoretischen aufgaben, die auf die vorbereiter dieses prozesses warten (die ihrerseits erst einmal (schwach-hierarchische beziehung: diese vorläufige vermutung bestätigt sich wieder!) an RPL gescheitert sein müssen, um das vernünftige MOTIV für ein solches tun zu finden: ganz konkret ist das ja unsere situation, sind das unsere dilemmata im umgang mit „theorie“ und der sinnlosigkeit, die wir (solang wir nicht mit unseren eigenen „modernen“ denk-motiven gescheitert sind) notgedrungen dabei empfinden.
————————————————————————————-
aber noch ist MOD keineswegs begriffen, und somit wir auch nicht damit gescheitert.
vor allem erscheint mir wichtig zu verstehen: warum auf RPL-grundlagen der gedanke einer arbeits-TEILUNG überhaupt möglich ist – warum, auf RPL-grundlage, die betreffenden „arbeiten“ oder sinn-erfüllende teil-momente überhaupt als auseinanderfallende, nebeneinander her laufende, und allenfalls mechanisch („morgens jäger, mittags fischer, abends kritischer kritiker“) aggregierbare („arbeiterbildungsverein“, „kunst im alltag“, „ästhetische aspekte der wissenschaft“) gedacht werden können.
nach den in REL-papier teil 6 aufgezählten momenten, und den ergänzungen um die „ideal-korrelate“, gibt es insgesamt vier unabhängig erscheinende sinn-bereiche für das moderne denken:
1. das ideale selbst, und sein korrelat: kunst, erfüllte innerlichkeit.
2. der profane alltag der reproduktion und angewandten technologie (erfüllt?);
3. die welt der erscheinungen, der naturbeobachtung und empirie
4. die aus IHR (aber nur ihr; wie es scheint) erschlossenen begrifflichen systeme und hypothesen.
dazu kommen noch die sinn-erfüllungen durch „die andern“ (speziell die durch die erwünscht-andern, komplemetären… gender!usw.), und die DAZU gehörenden empirien, idealen, profanen, und begrifflichen aktivitäten.
wenn man in EINEM dieser sinn-bereiche aktiv ist, scheint man sich, nach modernem denken, faktisch von der erfüllung in anderen auszuschliessen: es ist undenkbar, dass erfüllung im einen bereich MOMENT DER ERFÜLLUNG eines andern, oder moment JEDER teil-erfüllung ist: das heisst, jede WIRKLICHE (teil)„sinn“-erfüllung, würde die nach-RPL-einsicht lauten, setzt eine SIMULTANE erfüllung der je zu ihr gehörenden gehalte in jeder der vier dimensionen voraus: jede sinnvolle teilerfahrung ist somit eine „vier-dimensional“ sinnvolle; und soweit sinn überhaupt in einer der vier dimensionen zustandekommt, derart dass er IHR als quelle isoliert zugeschrieben werden kann, sind in wahrheit eben doch die dann vermeintlich fehlenden drei sinn-dimensionen ebenfalls beteiligt, liefern die spezifischen dimensionalen zutaten der betreffenden sinn-erfüllenden episode (oder des gebildes usw.) mit. (oder vielleicht muss man sagen: im mass, wie diese versteckte mehrdimensionalität realisiert ist, wird das betreffende gebilde oder die episode als sinnvoll erfahren. sei es in kunst oder sinn-erfüllender „anschauung“; sei es im „erfüllten alltag“; sei es als „interessante naturtatsache“; sei es als ebenfalls interessante theorie oder begriffsbildung.
aber grundsätzlich sind die normal-tätigkeiten und ihre resultate nicht sinnvoll organisiert und integriert; werden neben den anderen sinn-produzierenden tätigkeiten her betrieben, unabhängig von ihnen, nicht mit ihnen abgestimmt. und diese verselbständigung der sinn-dimensionen, als geistes-, kultur- und lebens-disziplinen gegeneinander wird von modernen individuen garnicht anders erwartet: das auseinanderfallen ihres lebensprozeses in diese bereiche erscheint ihnen notwendig; das mass an sinn, das GEGENWÄRTIG unter diesen (unentwickelten, nicht genügend fortgeschrittenen) umständen, in den einzelnen dimensionen möglich ist, kann garnicht anders als niedrig sein.
die grössere sinnerfüllung wird aber nicht von einer höheren (begrifflichen) integration dieser bereiche erwartet; eigentlich wird sie garnicht erwartet. sondern vielmehr gibt es etwas wie die hoffnung, die TOTALITÄT, die maximale fortgeschrittenheit in allen bereichen werde dann auch das maximum an erfüllung bringen.
selbst- und sinnbestimmung sind aber identisch. warum ist etwas sinnvoll? weil es einem notwendigen begriff entspricht – weil es so ist, wie es „sinnvollerweise“ sein müsste. wie müsste es denn sein, um sinnvoll zu sein? genau dies denken wir in unseren HYPOTHESEN; wie müsste es weitergehen, wie sich erklären lassen, wie reagieren, wenn es sinn machen würde? die welt, als korrelat DIESER begriffe, ist natur (gegenstand einer rationale begriffsrealisierungen in ihr suchenden, und die reichweite, in der die vorhandene welt (der erscheinungen) korrelat dieses begriffs von „natur“ ist, erprobenden natur-wissenschaft).
alle diese begriffe sind ihrem gehalt nach erfahrungsunabhängig; sie sind es notwendig, denn alle erfahrung wird ja daran gemessen.
sie ziehen eine grenze – die grenze der möglichkeiten, wie sinn realisiert sein kann in einer welt von erscheinungen; alles könnte auch anders sein (wittgensteins allgemeine naturtatsachen, die auch anders ausfallen könnten), aber nicht beliebig, weil sonst bestimmte kategoriale grenzen – allgemeinste möglichkeiten der bildung von komplexen überhaupt – nicht eingehalten werden.
wenn man fragt: könnte nicht „alles“ (einer art, einer kategorie) „ganz anders“ sein?
könnte es nicht intelligente wesen ganz anderer art geben, als wir es sind, und die eben dennoch intelligent sind? aber wenn sie GANZ anders werden, und dabei bestimmte grenzen nicht einhalten, sind es eben nur noch sich verhaltende (bestenfalls; wenn ihr defekt nicht noch schlimmer ist) wesen; usw. die hierarchie der kategorien nach unten: die grenze der variabilität eines komplex-gebildes ist da erreicht, wo es seine jeweilige komplex-eigenschaft verliert, und in gebilde des nächsttieferen komplexitätsgrades (seine elemente) übergeht, die SEINE komplexität nicht aufweisen.
aber WARUM ist es so? könnte es nicht anders sein?
von welcher art ist diese sinn-stiftende oder -begründende notwendigkeit der ontologie?
(oder warum ist die warum-frage hier sinnlos? weil sich in dieser hierarchie die bedingungen allen erklärens finden? (die erste zeile könnte natürlich betitelt sein: scheiternde formen des begründens (im sinne von: erklärens, und erschliessens).
——————————————————
sind diese elementar-ontologischen überlegungen nun „beschleunigte“ vorgriffe?
liegt es an der art, wie wir unser leben einrichten dass sie ständig ungleichzeitigkeiten produzieren?
ist alles also doch eine frage der instantanen identitäts-bildung, des (freilich nicht einsamen, sondern mit andern verständigten und abgesprochenen) lebensentwurfs, der unsere, die moderne existenz und ihre lebensformen, so wie wir sie „bestimmen“, so sinnlos erscheinen lässt?
wäre sinn, und sinnvolle lebenseinrichtung und -führung, auch ohne dass die gesamte gesellschaft aus RPL-gescheiterten individuen besteht, bereits jetzt möglich – „im masse, wie…“? (wie was?)
haben womöglich die entfremdungsphänomene AUCH etwas mit der ungleichzeitigkeit von entwicklungen zu tun? WEIL sinn nur in den einzeldimensionen gesucht wurde – WEIL sie nur so bearbeitet wurden, dass sinn in ihnen garnicht erwartet wurde (weil sie für etwas andres dawaren, bloss vorläufig sinnvoll, zweckmässig waren)? müsste also die tätigkeit der sinnvollen, auch kognitiv-erfüllenden lebenseinrichung vor allem darin bestehen, die auseinandergetrenen sinn-gebilde, die in modernen gesellschaften verfügbar sind, so zu ordnen, dass sich individuell sinnerfüllende beteiligung (aufgrund vorgängiger, „sinn-verdichtender“ bildungsprozesse) am gesellschaftlichen reproduktions- und lernprozess ergibt? geht es also garnicht so sehr darum, diesen prozess, auf neuer grundlage, weiter zu betreiben, sondern viel eher darum, das viel zu umfangreiche material, das ungleichzeitigerweise überall angehäuft ist, durchzuarbeiten und für sinnvolle lebensführung künftiger individuen „reproduzierbar“ aufzubereiten?
ist die theorie am ende doch eine pädagogische – wie es der begriff der vermittlung ja auch nahelegt?
und kommt, AUCH angesichts der aus dem scheitern von MOD herrührenden aporien, den andern abteilungen der 3×3-matrix eben DOCH eine konstitutive rolle zu?
weil nur dort wirklich der abstrakte selbstbegriff (nämlich individualität (sie ist nur EINE für alle sprachfähigen…) und identität (alle gegenüber der fortgeschrittensten individualitäten in- und nebeneinander geschachtelt, anordenbar, als behebbare erfahrungs-defizite charakterisierbar usw) soweit gedacht wird, dass er den verständigungs- und bildungs-prozess, der eben angesprochen wurde, ermöglicht?
dann hätte die 3×3-matrix ja doch noch einen sinn; jedenfalls erheblich mehr, als ich ihr in meinen schlimmen befürchtungen der letzten zeit zugetraut hatte. insofern ist dies also auch eine bewältigung meines eigenen, mod-standpunkt-begründeten fehlers, und meines eigenen rpl-scheiterns…)
unzeitige beschleunigung, vorzeitigkeit, einseitigkeit: das sind stichworte auch aus der gender-identitäts-debatte. und: falsche identitäts-arbeitsteilung. wir müssten nochmal genauer sehen, wie dies mit mod-standpunkten verknüpft ist.
—
14.7.
Meine Zweifel am Sinn der theoretischen Arbeit sind noch weit davon entfernt behoben zu sein.
Die eine Frage ist: wie das Motiv für diese Arbeit subjektiv zustandekam, die andre, ob diese Art des Zustandekommens ein gerechtfertigtes (und notwendiges) Motiv ist.
Es könnte sein, dass sich der Übergang zum Interesse an den andern, der anderen Individualität, aus der „modernen“ Situation womöglich sogar zwingend ergibt (und wie ergibt er sich aus REL? nur so wie aus OPP? der Gang durch die Vertragsverhältnisse, um in die zweite Zeile zu gelangen, hat doch etwas Zufälliges – er nährt sich aus kontingenten, historischen Gegensätzen, die zwar zu erwarten sind, sodass man eine starke Tendenz dazu hat; aber keine begreifliche, rational nachollziehbare Notwendigkeit.)
Der Reichtum an Sinnmomenten in modernen Gesellschaften ist über die Individualitäten der gesamten Gesellschaft verstreut.
Aber man darf nicht so tun, als wären diese Momente intakt, und man müsste sie nur so wie sie sind alle nehmen und in EINER Lebensform zusammenfügen. Ich glaube nämlich vielmehr: sie sind durch ihre Getrenntheit allesamt beschädigt und verdorben. – Das heisst auch, dass der Reichtum der modernen Gesellschaften eben darum vielleicht nicht so gross ist, wie sie sich einbildet – dass die Beschädigung der Plan-Kategorien, die in der“materiellen Kultur“ und Technik dieser Gesellschaften umgesetzt werden, sich in extremen Defiziten dieser Technik zeigt – etwa in ihrer mangelhaften Integration zu einem reproduktiven Ganzen; die Mängel, die die Alternativbewegung benennt, und die die alten Linken gerne dem Kapitalismus und seiner nicht-gesellschaftlichen Produktionsweise zuschrieben, sind vielleicht noch viel fundamentaler angelegt, als die Kritiker bisher vermuten.
Ich betrachte nocheinmal die auseinandertretenden Sinn-Sphären im modernen Denken (RPL=MOD):
– abstrakt-utopisches Selbst, Inbegriff aller Möglichkeiten des Andersseins (E…);
– Alltags-Selbst: konkrete Identität; Arbeit, Reproduktion, reproduziertes und sich reproduzierendes Selbst (ew: der Index w zeigt die subjektive Beschränktheit und Unterworfenheit unter, und (vermeintliche) Bestimmtheit durch die (beschränkte) Welt und das Erfahrungs-Wissen von ihr an);
– Gesamt-Erfahrung, zersplittert in die alltägliche und professionell-technologische der naturwissenschaftlichen und technologischen Experimente, die ihrerseits ausschliesslich erfahrungs- und beobachtungsmotiviert sein sollen (we);
– die Wissenschaft, als System der Begriffe: die Abstraktion über diese Erfahrung; ohne den Begriff der NOTWENDIGKEIT (W…); der Nebengedanke ist dabei freilich: dies W, der utopisch-abstrakte Idealbegriff von Natur, als Grundlage einer utopischen Reproduktion, ist als entdeckbare, sich durch Muster in den Erscheinungen darstellende Wirklichkeit in und hinter den Erscheinungen; jedoch nur abstrakt bestimmt, und nur darum – ähnlich wie der REL-Person-Begriff – einer unbestimmten Optimalität fähig.
Vordergründig sagt der Empirist nur: Wir beherrschen die Welt noch nicht hinreichend, weil wir noch nicht genug von ihr erfahren und beobachtet haben („wie sie ist“); aber er meint ohne es zu sagen: Hinreichend gekannt, KANN sie garnicht anders, als beherrschbar zu sein; und das wiederum KANN ER nur sagen, weil er sich die Hinsichten garnicht bewusst macht, in denen sie sich ÜBERHAUPT als beherrschbar darstellen könnte; denn das wären zugleich die Hinsichten, in denen sie es auch nicht sein könnte.
Er hat keine Kategorien, und merkt es nicht; warum vermisst er sie so wenig?
Weil auch dieses Ideal „Natur“ (als von einer Natur-Wissenschaft empirisch aufzudeckende, in den Erscheinungen versteckte) aus REL stammt. In dem unbestimmten Ideal, oder Optimum, von REL wird der im Ausgang aus REL abstrakt bestimmte Personbegriff einfach subtrahiert, und das Verbliebene, ebenso abstrakt, hinter die Welt der Erscheinungen, w, gestellt.
Der utopische Selbst-Begriff wird dem realen, Alltags-Selbst als Zielbegriff vorgegeben, zu dem es sich vorarbeiten soll (obwohl er, zugleich, irgendwie auch schon daist! das ist das Verwirrende); der utopische Natur-Begriff, aber das ist eben nicht mehr als: das um alles Personale verkürzte REL-Optimum, wird hinter die Erscheinungen gestellt.
Aber steckt nicht auch im Begriff der „Erscheinungen“ bereits eine Verkürzung? Sie sind das Unwesentliche, das, durch das man hindurchmuss, zum Eigentlichen, der Natur und damit Beherrschbarkeit IN ihnen. Aber diese Natur ist eben kein anderer Gegenstand, sondern nur der Inbegriff der technisch verwertbaren Muster (Gesetzmässigkeiten), die uns erlauben, die Verkürztheit unseres reproduktiven Alltags gegenüber dem Ideal, der eigentlichen Selbst-Erfüllung, aufzuholen. Der Umgang mit Erscheinungen und ihrem Gesetz ist blosses Mittel, die Betätigung daran grundsätzlich entfremdete Tätigkeit: Man muss von sich, seinem Selbst, absehen; sogar ja noch vom Alltag, dem reduzierten Selbst: Die experimentelle Sphäre ist eine gegen den Alltag, die reproduktive Technologie dort, verselbständigte, ist Forschung und Experiment, der Alltag ist kein Experiment. (Die Unverbundenheit des reproduktiven Tuns mit der OptimalH, wie man sie in REL beobachten kann, dauert hier also fort! Die OptimalH macht nur DEN Unterschied im Handeln, dass sie das Forschen und Experimentieren ausdrücklich vom Reproduzieren abtrennt. Sie macht keinen Unterschied FÜR dies Handeln, ausser, dass sie es überhaupt in Gang setzt…)
Insofern der Idealbegriff von Natur kein eigener Gegenstand ist, sondern in den Erscheinungen, und durch sie gekannt werden kann, ist er wiederum durch nichts anderes charakterisiert als durch eine Definition wie: „zur vollständigen Beherrschung ausreichend gekannte Erfahrung“: Vollständig aufgedeckte Natur, also vollständiges Erfahrungswissen, zum Zweck der technischen Beherrschung von Natur, Emanzipation des Selbst von der Selbst-Entfremdung, die die Arbeit und auch die Forschung sein soll.
Der Idealbegriff ist also ein Begriff von Erfahrungs-Totalität: ALL-Wissen, ALLes Relevante wissen. Aber diesen Begriff zu konstruieren, die Frage zu beantworten: Wie WÄRE es, wenn man ALLes Relevante wüsste? ist verboten; gilt als („uferlose“) Spekulation; nicht erfahrungsbegründet (uferlos heisst: Man erwartet keine begrifflich ermittelbare Grenzen der Kategorien; es ist zunächst eine Hoffnung, in den Erscheinungen alles offenbart zu bekommen, hernach vielleicht ein Zwang….)
Warum verbietet man sich dies Begriffsbilden und Vorstellen? Es ist immer nur zugelassen unter dem (thematisch begrenzten) Titel des Muster-Erratens, und ihnen mathematische Form Gebens.
Und wie ist es auf der Gegenseite? Könnte man hier nicht auch sagen: Das Ideal wäre hier die Erfüllung, der Inbegriff aller Möglichkeiten? Ist der Mangel des Alltags nicht: dass er genau dahinter immer zurückbleibt, immer ein unerfüllter ist, weil nicht auch noch ein ANDERER Alltag als DIESER (oder ist sogar das vollkommene Alltäglich-werden, die ERSCHÖPFUNG des Neuen und Interessanten an einer Möglichkeit der Gegenbegriff von Erfüllung, das gefürchtete Stagnieren?)
((Könnte „Alltäglichkeit“ eine abstrakte (allenfalls Mass-)Bestimmung sein, die nicht durch irgendwelche Qualitäten vermehrt werden kann – ein Alltag, mit Blick auf diese Eigenschaft der Alltäglichkeit, so gut wie der andre?))
Aber Möglichkeiten von WAS sind hier eigentlich immer gemeint?
Ich denke: Das „moderne“ Schlüsselwort heisst hier: „Erleben“. Erleben, das heisst: Bewusstseinszustände durchläufen, von einer gewissen, sich steigernden Mannigfaltigkeit; in diesem erz-empiristischen, cartesianischen Grundbegriff sind alle auseinandergerissenen Sinn-Sphären kommensurabel.
Und worin liegt dann „Sinn“? Das moderne Denken weiss, dass es Sinn gibt; und hat zugleich nicht die geringste Ahnung, worin er besteht. – Die Sinn-Erfüllung nach der einen, der Selbst-Seite, hin wäre: Das Meiden der Stagnation, die genau richtig dosierte Mischung aus Routine, Bekanntheit, Gewohnheit, Vertrautheit (die noch nicht erschöpft ist) und rechtzeitig zufliessendem Neuem: ein verstandes- und aufmerksamkeits-diätetetisches Ideal – keine Überforderungen; der Widerspruch zwischen Neugier und Bedürfnis nach Vertrautheit gelöst durch Finden des richtigen Masses. Sinn-Erfüllung nach der Natur-Seite: Dass sich immerzu Muster aus dem Beobachtungsprozess ergeben, es immer genug Andeutungen gibt; und: dass diese angedeuteten Muster sich rechtzeitig bestätigen. Es soll keinen Überschuss an unbestätigbaren Hypothesen (Mustern), und keinen an vieldeutiger Erfahrung geben.
Die Welt-, also naturbezogene Erfahrung (sofern sie Muster liefert), gilt aber als gleichbedeutend mit Macht über die Dinge, Reproduktionserfolg.
Das kann in Widerspruch treten zur selbst-sorgenden Aufmerksamkeitsökonomie.
Zweckmässigkeit und (Selbst)Genuss können auseinandertreten.
Aber woher das Mass angebrachter Zweckmässigkeit?
Die andere Version dieses Widerspruchs ergibt sich bereits zwischen zweckmässigem Alltag, der langweilig ist, und dem produktiven Betätigen der Einbildungskraft, wo man sich das Neue selbst herstellt – in genau derselben „Erlebens“-Materie, in der sich auch das empirisch Neue formt und darstellt; nur, dass dies letztere zu kennen eben zweckmässig ist. (Und was ist mit dem technischen Erfinden? Gehört es in die Kategorie der – wenn auch komplexen – Muster, und Muster-“Entdeckung“?)
((Stimmt es, dass es dieselbe Materie ist? Oder liegt nicht gerade darin die Schwäche des Phantasierens, dass es an Komplexität, Geformtheit und Präzision hinter dem aus Erfahrung Erlebbaren zurückbleibt? Liegt es daran, dass die „Materie“, wenn man so ganz frei mit ihr arbeiten will, wie es das Phantasieren möchte, vor- und aufbereitet sein muss – erarbeitet werden muss – und zwar in den anderen Sphären? speziell dem Begrifflichen; das erfahrungsgestützt sien muss (anschaulich geworden), bis es alltäglich wird? Muss es erst soweit bearbeitet werden, um ganz der Phantasietätigkeit verfügbar zu sein? Und sind die Grenzen der Phantasie eben solche „Material“-Grenzen? Ist, dass nicht alles aus dem Stand heraus Phantasie sein kann, diesen Hindernissen des Vorstellens geschuldet? Ist dies eine Präzisierung des Kreislaufs Intuition- Begriffsbildung- Begriffsanwendung (in der Erfahrung? Anschaulichmachen?) – Konstruktion — (einüben, alltäglichwerden; intuitive Virtuosität – „künstlerisches“ Erschöpfen der Möglichkeiten; wie in „Arten des Aufmerksamkeitsgebrauch“ skizziert?))
Das Phantasie-Produzieren erscheint als das ganz freie (aber nach der Anm. ist das in der Tat nur ein Schein); die Muster-Entdeckung ein vielfältig urteilend-rechnend-konstruierendes (auch Begriffs-konstruierendes). (Zur Kunst und Phantasie gehört auch das aufbewahrende Hervorheben von solchem, das in höherem und höchstem Masse Aufmerksamkeit verdient: verdichtete Sinngebilde, Gebilde mit erhöhtem Sinngehalt, erhöhter Sinn-Dosis gewissermassen, pro dafür aufzunehmender Erfahrungs- und Informationsmenge. In diesem Begriff deutet sich eine präzisere Sinn-Definition an, als sonst bei MOD. Hier ebenfalls nochmal zu erinnern an die Anm. und das Aufmerksamkeits-Papier.)).
Kunst und Theorie sind aktiv; Erfahrung passiv, allenfalls durch „geschicktes“ Lenken der Aufmerksamkeit und „Beobachten“ kommt ein aktiv-gestaltendes Element hinein; Alltag, insofern dort nicht gestaltet werden muss, ist auch vorgegeben. Aber Erfahrung, Beobachtung hat ALLE Vorteile: ist zweckmässig, passiv-“erlebbar“, Nicht-Routine= Neugier-befriedigend.
(Sofern ich mich ihr entziehen, sie mir aussuchen, aufsuchen und auswählen kann, wäre auch nach das gestaltende Eigen-Element („Geschmak“) dabei; dass mir die „Erlebens“-Inhalte in perfekten Abwandlungsreihen instantan dargeboten werden, war die Utopie des „anschauenden Verstandes“ (der Gott-Gleichheit) im alten REL-Papier ebenso wie in dem Text über Kunst (s.u. Anhang).
Erfahrung ist daher die Lieblings-Kategorie aller Modernen. Sie ist bedürfnisnäher, als das Rechnen: Das Rechnen, Begriffe konstruieren und anwendend zusammensetzen handelt nicht von Neuem (es sei denn, es macht „sinn-zusammenschiessende“ Extrapolationen, die dann glücklich sich bestätigen; so ja das Bild von wissenschaftlichem Hypothesenbilden), jedenfalls nicht von Neuem im Sinn von interessantem, Aufmerksamkeit auf sich Ziehendem; insofern ist es langweilig. Wenn es forciert werden muss, weil die Erfahrungen nicht mehr im Sinne der Muster-Bildung „beherrschbar“ bleiben, wird es sogar zur Last: Zuviel Eigen-Aktivität, zuviel Leistung (wenn man den Anspruch auf Beherrschbarkeit nicht einfach aufgibt und auf grössere Einsicht mit weiter anwachsender erfahrung hofft). Dafür ist es, im Rahmen gegebner Erfahrung (sie möglichst optimal geschickt und raffiniert ausnutzend, mit wenig davon bereits auskommend, die Musterhaftigkeit „genial“ vorwegnehmend) der Inbegriff von „leistungs- und machtsteigernder“ Zweckmässigkeit, instrumenteller Rationalität: „Intelligenz“.
Der denkend-begriffsbezogenen Aktivität (entweder verarmt, oder komplex und anstrengend) treten Erfahrung, Alltag, Phantasie als „intuitive“ Aktivitäten gegenüber.
Alltag tritt allem andern als Routine gegenüber; aber eben auch als Quelle von Langeweile.
Wir haben also:
(v.a. ALLTAG) Routine / Langeweile /// Neugier-Befriedigung, Abwechslung / Überforderung (durch Beschleunigung). Ideal: (Abwechslungs)(reiche) Routine oder Routine mit angemessenem Zufluss an Neuem.
(v.a. DENKEN, BEGRIFFE BILDEN, RECHNEN (anwenden); KONSTRUIEREN) Eigen-Aktivität / Angestrengtheit (durch Über- oder Unterkomplexität: Konzentration) /// zwangloses relatives Geprägt-werden, blosses Reagieren, sich lenken und bestimmen lassen / Kontrollverlust, Ohnmacht; Ideal: bewältigbare Problemstellungen.
(v.a. PHANTASIE, KUNST; VORSTELLEN) Selbstsein, sich schonen, pflegen, achten und Bedürfnisse befriedigen / Realitäts- und Strukturverlust /// Zweckmässigkeit / Selbstverleugnung;
(v.a. ERFAHRUNG; REIZ) (Vielfalt, Reichtum der Gesichtspunkte / Verwirrung /// Übersichtlichkeit, Einfachheit, Klarheit, Sinnfälligkeit, Anschaulichkeit / Verarmung, Stagnation.
Konfliktformen:
x/..///y/..: Appetenz-Appetenz;
x/y: Appetenz-Aversiv (ev. 2x eingeschränkte Appetenz gegeneinander abgewogen)
…/ x /// …/ y : Aversiv-Aversiv (ev. das wg. zugehöriger App. „lohnendere“ gewählt)
Wovon handeln diese Konflikte – was für Bedürfnisse widersprechen sich?
Ich meine: Bedürfnisse nach bestimmten Weisen der Steuerung, des Umgangs mit, oder der Organisation von AUFMERKSAMKEIT.
Wir haben 4 Bedürfnis-Skalen; auf jeder liegen zwei Pole, die über ihre jeweiligen „Negativ“-Begleiterscheinungen oder -Folgen in den den andern überzugehen gezwungen sind.
Aber die Skalen stehen nicht einfach nur nebeneinander: Die positiven Gegen-Pole, die den primär negativen Exzess jeder der Skalen kompensieren, wie:
bei Routine: Neues, Abwechslung (gg. Langeweile);
bei Eigen-Aktivität: Aussenlenkung (gg. Überkonzentration);
bei Phantasietätigkeit: Zweckorientierung (gg. Realitäts- und Strukturverlust);
bei Erfahrung: Übersichtlichkeit (gg. verwirrende Reiz- und Erlebnisüberflutung ) ;
diese positiven Gegen-Pole sind nicht möglich ohne, oder enthalten sogar die Errungenschaften je aller drei andern Skalen; zugespitzt könnte man sagen: Es ist unmöglich,
– Langeweile in Routine zu vermeiden, wenn darin nicht denkend gestaltet/geurteilt werden kann, vorstellend entworfen werden, und Vielfalt erlebt werden kann;
– Überanstrengung durch Überkonzentration zu vermeiden, wenn man nicht das Eindringen von äusserem Stoff und stofflicher Vielfält zulässt, und sich davon in seiner Aufmerksamkeit bestimmen lässt: den Sach-Anforderungen des Alltags, den Reizen der Erfahrung, dem Strom der Einfälle in der Phantasietätigkeit;
– das „Sich Verlieren“ in „blossen“ Phantasien zu vermeiden, ohne sich nicht an der primär Aufmerksamkeit „organisierenden“ und lenkenden Struktur unserer realen Reproduktion und ihrer äusseren Zweckmässigkeit zu orientieren (Bedürfnisse, Gefahren, Ressourcen, technische Instrumente, die zu reproduzieren sind usw.): sowohl der alltäglichen (einfachen Reproduktion der bestehenden Mittel, „Aufrechterhaltung des Betriebs, der Lebensgrundlagen überhaupt“), wie der produktiven und Möglichkeiten der Erweiterung unserer Kontrolle über die Bedingungen unserer Erhaltung auslotenden (begrifflich angeleitetes Beobachten und Experimentieren).
– die Übersicht über den Erfahrungsstoff zu behalten, ohne ihn entsprechend den drei wesentlichen Formen seiner Bearbeitung zu untergliedern: ihn als Anlass für Vergleiche und Prioritätenbildung (dh. Begriffsbildung und rechnendes Begriffsanwenden) zu behandeln; ihn als Bekanntes mit den bekannten Routine-Methoden einzuordnen und darauf entsprechend zu reagieren; ihn nach „höchsten“ Sinn-Konkretionen einer unserer „Geschmacks“-Dimensionen zu durchsuchen, und sie aufzubewahren, alles andre aber zu verwerfen.
(Ist das Selbstsein oder die Phantasietätigkeit am Ende nur diese „Geschmacks“-Wahlfunktion? Und die zugehörige Produktivität an Vorstellungen und Einfällen würde noch im weiteren Sinn der Eigen-Tätigkeit des Begriffsbildens angehören – nur eben eines zur höchsten Virtuosität (in einem Bereich) gesteigerten – „Kreativität“?)
paarungen, in der mitte gebrochene steigerungsreihen:
geschmack+alltag vs. denken+erfahrung: selbstsein und -bleiben/ selbst-steigerung, fortschritt
geschmack+denken vs. erfahrung+ alltag: eigen,innenbestimmung/ aussen(welt)bestimmung
geschmack+erfahrung vs. alltag+denken: „konkretes“/ „abstraktes“, muster, regel
was nach dem modernen begriff als sinn und erfüllung gilt, findet unbeschadet der vorliebe für erfahrung, als der ideal erscheinenden kompromiss-kategorie, in der dimension „geschmack“ statt. alle andern dimensionen sind nur an sich entbehrliches beiwerk, nicht das eigentliche, nicht in sich (ebenso) zweckhaft.
aber die sinn-verdichtungen, die so zustandekommen, sind unsystematisch, zerstreut, nicht erschöpfend, grenzpunkte anschaulich markierend.
und: sie vermitteln (spätestens dadurch) keinen begriff von NOTWENDIGKEIT: notwendig SO, und nicht anders (weil sonst nicht sinnvoll).
Aber solche Begriffe wie notwendig so und nicht anders; vollständig, ganz; Grenze (zur Sinnlosigkeit), erschöpfend – sind dem modernen Denken ein Greuel.
Lieber lässt es das Ziel, Sinn und Selbst zu bestimmen, ganz fahren; die Bestimmung soll sich implizit, durch die Erfüllung, das langsame Anreichern mit Sinn- und Selbstexemplaren, in der Anschauung ergeben.
Die begriffliche Struktur von Sinn(voller Welt, also Natur), und Selbst, ihr Bezug (dadurch) zu Reproduktion (und damit Alltag, Arbeit, Routine), mit darin eingeschlossener, sinnvoll reproduktiv vewertbarer oder nicht verwertbarer Erfahrung, bis zur virtuosen, kunstvollen Veranschaulichung von Vollständigkeit und Grenze in sinnverdichteten Reihen und Einzelexemplaren: diese Dimensionen der vollständigen Sinn- und Selbstbestimmung entgehen dem modernen Denken. Alles, was ausserhalb der Selbst-“Entfaltung“ liegt, gilt ihm als blosses Mittel dafür; schmerzlicher Umweg; Selbst-Entäusserung.
Die Verdichtungsleistung, und die Art, wie sie Sinn tatsächlich erfüllt, ist zugleich Bedingung dafür, dass die Einzelnen in ihrem Leben Zugang zu der Erfüllung finden, die in ihrer Gesellschaft verfügbar ist: Das Sinn-Niveau, das die Gesellschaft historisch erarbeitet hat, muss sich als tradierbare, auszubildende und übernehmbare LEBENSFORM und Erleben im Leben aller ihrer Mitglieder darstellen lassen: Dies Leben muss, auf diesem Stand, ein erfülltes sein.
Deswegen hat das moderne Denken nicht unrecht, die Sinn- und Selbstbestimmung in der Dimension der verdichteten, ausgewählten Anschauungen, und des Selbstseins und Lebens zu suchen. Unrecht hat es aber darin, dass es die Leistungen und Beiträge der andern Dimensionen daraus ausschliesst, und sie für bloss äusserliche, „entäussernde“ und vom wahren Selbst und seinen Inhalten entfernende erklärt.
Denn das Selbst des Selbst-Genusses, des Geschmacks, der Auswahl maximal sinn-verdichteter Gebilde, kann das Themen- und Gegenstands-Material, und seine Ordnung, und die Befähigung des immer virtuoseren, intuitiveren Abwandelns (derart, dass die Vielfalt der Sinn-Verdichtungen erst erzeugbar werden) nicht aus sich heraus hervorbringen.
Im Gegenteil: Indem es sich von diesen Sphären, als fremden und es von sich entfremdenden, versucht immer weiter zurückzuziehen (auf „seinen“ in ihm vorfindlichen Stoff; der ihm doch nur aus diesen Sphären zugeflossen ist, und einen Bestand an Sinn-Materialien bildet, den es, indem es sich darauf zurückzieht und beschränkt, bald erschöpft haben wird), verarmt es immer mehr.
——
17.7.2003
man könnte sagen: MOD muss in seinem scheitern lernen:
dass das ideal nicht die praktische beherrschung, sondern nur das (begriffliche) ziehen der grenze zwischen sinnvoll und sinnlos ist;
dass erfahrung nicht apriori diesseits dieser grenze liegt (und deshalb nicht beliebig variieren darf, nicht beliebig zur leitschnur genommen werden darf);
dass alltag und die arbeit der reproduktion nicht ein ewiges sich-vorbereiten auf das eigentliche, ein blosses mittel ist (das vorläufige daran allenfalls das verhältnis des gegenwärtig bereits erreichten teils zum zuletzt erreichbaren ganzen), sondern vielmehr selbst das eigentliche IST – der gegenstand der historischen arbeit, das durcharbeiten der realen wie der nicht realisierten möglichkeiten, bis zur verdichtung in unmittelbar anschaulichen exemplaren und beispielsreihen, die den begriff des sinns und seine grenze auf jeder nur denkbaren artikulationsstufe des alltags (der reproduktionn, des sich verhaltens zur gesamterfahrbaren welt) erschöpfend darstellen (so, dass dies in einer einzigen biographie vollständig durchdacht und durchlebt werden kann);
dass das vermeintlich eigentliche und innerste des selbst, das ziel all seines tuns, nichts andres ist, als die übersetzung der sinngrenze in das alltagshandeln, das aufsuchen dieser grenze im alltagshandeln (es soweit treiben, bis diese grenze, nämlich nach der seite der vollständigen begrifflichen transparenz dieser praxis, in ihren realen, wie möglichen abwandlungen, vollständig „intuitiv“ erfasst und anschaulich ist).
aber was bedeutet das für die frage, welche bedeutung theorie hat?
ist sie unentbehrlich, gibt es ein authentisches, vernünftiges interesse an ihr?
wird sie durch das wiederholte erleben des nicht-weiterkommens in der praxis angestossen?
gibt es eine art subjektiven multiplikator für dieses motiv – gibt es leute mit erfahrungen und motiven, die sie schneller als andre in dieser situation den übergang zu theorie machen lassen – theoretische vorbildung, ungeduld, bestimmtes leistungsverhalten, ein bestimmtes (u.u. verkehrtes, verrücktes) ziel, das man durch die begriffliche übersicht beschleunigt erreichen will?
auch: täuschung (wie bei mir, lange zeit) über das ausmass und die langwierigkeit der arbeit?
ANHANG: 2 FRAGMENTE ÜBER KUNST
Fragment 1
13.12.2002
Bevor ich fortsetze, versuche ich, meine bisherigen Ausführungen, vor allem über „Erfahrung“, zu möglichen Gegenmeinungen von Dir ins Verhältnis zu setzen. – Da wir nicht miteinander sprechen, kann das natürlich nur hypothetisch geschehen. Im Zweifel sind die Dir als mögliche unterschobenen Gedanken auch unabhängig davon, ob Du sie hast oder nicht, erwägenswert.
Erfahrung ist passiv; wenn nun jemand dem „Schöpferischen“, dem Schaffen und Erschaffen, und zwar dem VOLLZUG mehr, als dem Resultat, den höchsten Wert einräumt? Wo bleibt dann der so hochgepriesene Wert der Erfahrung? Es wäre noch zulässig, wenn man Erfahrung anschliessen könnte an das Erleben und Betrachten der Schöpfungen; aber darin genau soll ja der Reichtum des Erschaffens nur in Spuren sichtbar sein (für die „blossen Zuschauer“).
In der traditionellen Philosophie hat der innere, mentale Anteil des Schaffens den Namen: produktive Einbildungskraft; ob diese Einbildungskraft ein äusseres Gebilde zuhilfenimmt, um an dessen Anschauung sich abzustützen und ihre Gestaltungs-Entscheidungen zu treffen, ist hier nicht so wichtig. (Das ständige Zerfallen des produktiven Einbildens in einen mehr oder weniger dauernden Hervorbringungsakt, und ein (Zwischen)Resultat, bei dem man innehalten und es kurz anschauen und abschätzen kann, inwiefern es (noch nicht) zufriedenstellt – diese Besonderheit unseres Produzierens (die nur eine Dehnung eines instantan denkbaren Vorgangs ist) wäre beispielsweise in Kunstformen aufgehoben, wo wir die zu gestaltende Gestalt unmittelbar einnehmen können, also im Tanz; verfügten wir über Dinge wie über unseren Körper, könnten wir ihnen ebenso unmittelbar Gestalt geben, und sie „tanzen“ und verschiedenste Gestalt annehmen lassen.)
Nehmen wir nun an, jemand stellte die Gestalt-Änderungen in rasender Eile her und zeigte sie uns vor, und würde unsere Anweisungen, in welche Richtung weiter fortzufahren sei, immer aufs neue befolgen, und zwar sehr präzise (vielleicht, dass wir ihn ohne sprechen zu müssen, durch die „Kraft unserer Vorstellungen“, steuern; dass wir einen unspezifischen Erzeugungs-Prozess immer mehr unserem Denken und Vorstellen unterwerfen; einen menschlichen Techniker so steuern zu lernen, wäre nur eine verlängerte Version desselben (die Erlebensqualität, aufgrund von Zeit-Dehnungen, natürlich völlig anders).
Nehmen wir, wiederum anders, an, die Produkte würden uns, durch einfache Bewgeungen unseres Körpers in verschiedenen Dimensionen abgewandelt, in Reihen, präsentiert; durch gerigsfügig veränderte Signale, einen Blick in eine andere Richtung, könnten wir die Reihe entlanglaufen, ein bestimmtes Gestalt-Element verändern, und also die Beinahe-Illusion der perfekten Gestaltbarkeit des vor uns liegenden Gebildes nach unserem Willen erzeugen (spätestens, wenn die Reihen die Gebilde-Stufen übereinander projizieren, und diese wie im Film verschmelzen, sodass „Gestaltungsbewegungen“ entstehen; nicht anders, als beim Tanzenlassen der Dinge (aber nicht durch den Raum, sondern indem sie „Gestaltungsbewegungen“ an sich ausführen.)
Dies könnte man, wenn man sie beherrscht, die perfekteste Version der Skulptur-Gestaltung nennen, die vorstellbar ist. (Wer weiss, ob solche erlebnisse nicht in Zukunft in einem Kyborg-artig mit unserem Gehirn verbundenen Cyberspace möglich sein werden?)
Wir durchturnen und durchlaufen also nun die fliessend sich ändernden Gestaltreihen, lassen sie immer komplexer werden; alle Schritte sind umkehrbar. Zufriedenheit und Unzufriedenheit mögen lokale Maxima bilden: Dann könnten wir Zonen der Meidung bilden, wen bestimmte Maximalgrenzen der Unzufriedenheit überschritten werden, und unsere Technik anweisen, solche Gebiete, falls wir sie noch aus Versehen streifen, einfach aus der Bewegung auszuschliessen. Umgekehrt würden, je nach Anspruch, lokale Optima der Zufreidenheit entstehen: Mehr oder weniger grössere Zonen gleich grosser Zufriedenheit, die gegen die der Umgebung abfallen. Gebilde solcher Zonen (eines für alle indifferent gleich guten) könnten wir auswählen und fixieren; schliesslich eine Galerie solcher Gebilde aufbauen, wo sie alle nebeneinanderstehen, vielleicht nach bestimmten Ordnungsprinzipien aufgereiht.
Vielleicht ändert sich unser Geschmack; vielleicht erzeugen wir zu verschiedenen Zeiten verschiedene Galerien dieser Art.
In welchem Sinn kann man nun sagen, die Galerien, wenn sie uns beispielsweise durch eine noch überlegenere Technik, entsprechend unseren Geschmacks-Zuständen (welche die Technik neurophysiologisch zu analysieren gelernt hat; früher nahm man für solche Gedanken-Experimente noch einen Dschinn, der erschien, wenn man an der Lampe rieb, oder die Flasche entkorkte, in der er sass) unmittelbar präsentiert würden – sie stellten eine Verkürzung dar? Höchstens doch in dem Sinn, dass wir den Vergleich mit den suboptimalen Lösungen, die wir im Auswahlprozess zurückgewiesen und als schlechter bewerteten, nicht gemacht haben. Aber angenommen, die Technik erwiese sich immer wieder als unüberbietbar korrekt? Angenommen, alle „Kontrollgänge“ brächten zutage, dass sie unweigerlich die einzig richtigen, unserem Tages-Geschmack entsprechenden Galerien ausgewählt hat? Wären wir dann immer noch an den verworfenen Varianten interessiert? Sind diese Gänge mehr als eine Versicherng und Überprüfung, wirklich das Optimum bekommen zu haben? Kann eine bis zum Überdruss erhärtete Gewissheit, dass der von uns getrennt ablaufende Ausleseprozess in unserem sinne das Beste auswählt, diese Überprüfung nicht ersetzen?
Wo ist jetzt der Weg, das Schaffen? Was davon erhalten, ausser das Resultat, und auch es nur als „interessanter Eindruck/Erlebnis“, solang man sich nicht langweilt. Oder wollte man immer nur ähnliche Galerien sehen? Umgekehrt: Was langweilt uns? Welche Varianten sind mit bestimmten Optimal-Objekten (unter Umständen Abwandlungen einer grösseren Zahl ebenso optimaler) mit-erledigt? Es ist ja nicht so, dass Abwandlung direkt ins nächste Optimum führt; eher liegen grössere Zonen suboptimaler, indifferenter oder gar abzulehnender Formen auf dem „Gestalt und Veränderungspfad“ zu den nächst-benachbarten Optimal-Gestalten.
Würden Langeweile-Effekte berücksichtigt, so müsste unsere Technik uns nicht nur Galerien, sondern „immer weiter aufs neue interessante Galerien“ bieten; aber so, wie wir uns die Technik denken, nämlich als technische Realisierung der Wahl-Dispositionen, die in ihrer Gesamtheit unser (u.U. augenblickliches, oder über gewisse zeiten weg sich änderndes) Geschmacks-Interesse ausmachen, dürfen wir ihr auch diese Leistung ohne Zögern zugestehen.
Ein Interesse wird befriedigt; ein, zugegeben, sehr ausgebreitetes und differenziertes. Aber eben soch etwas, das nicht ganz aus der Welt gefallen ist, wenn es sich dabei eben um ein – Interesse handelt.
Tun die Zeit-Dehnungen, die uns eigentlich durch technische Unzulänglichkeiten auferlegt werden, etwas hinzu? Tun es die zwischengeschalteten Eigen-Aktivitäten, die handwerklichen Produktions-Handlungen, etwa beim Malen und Bildhauen? Ist es diese Mischung, die den Wert des „Schöpfens“ ausmacht
Fragment 2
Mai/Juni 2008
1. gattungen von kunst und künsten; genres, stile.
musik, bildende kunst, lyrik stehen im gegensatz zu theater, film, epik (roman):
bei den letzten drei besteht ihr genuiner stoff aus „handlung“, die sinn machen muss.
bei den ersten drei hingegen ist der stoff und die quelle des sinns ein andrer.
um einen gegenbegriff zu nennen, sage ich: „anschauung“.
die künste zusammen produzieren nie die sinnvollen handlungen selbst, oder dasjenige selbst, das anzuschauen, wahrgenommen und kennengelernt zu haben sinn machen würde.
vielmehr stellen sie es vor oder dar und deuten es nur an: es ist nicht echt oder die sache selbst.
alle künste greifen in ihrem vor- und darstellen zurück auf bekannte elemente – frühere darstellungen werden abgewandelt, aber nie so, dass etwas in jeder hinsicht neues entsteht.
in JEDER hinsicht neues, ursprüngliches kann insofern noch garkeine kunst sein, es hilft nur, eine entstehende kunst vorzubereiten, „formen“ der darstellung zu entwickeln und hör-, lese- und seh-gewohnheiten und -erwartungen beim zukünftigen publikum auszubilden.
die gesamtheit solcher routinen in allen künsten begründen etwa genres und stile.
aber in diese routinen eingebettet, ist das besondere, überraschende, vor allem auch, im sinne der jeweiligen kunstgattung, überraschend sinn machende – im rahmen des von stil und genre her gewohnten und üblichen.
worin der sinn aber besteht, wird nicht in der kunst selbst entschieden, sondern als anforderung – bestimmtes vor-gestellt bekommen WOLLEN – herangetragen; die künstler wollen es auch (vor-stellen, gestalten), mehr als alle andern – im gegensatz zu den andern führen sie es darum auch aus.
nicht in allen künsten kann man alles machen; nicht einmal in allen stilen und genres: der in einer kunstgattung, genre, stil vor-stellbare sinn stösst an grenzen, etwa die ganz groben, die anschauung von handlung, also die beiden kunstgattungsgruppen, unterscheiden.
es liegt dann nahe, die stile, genres, gattungen zu mischen oder durch beiträge aus anderen gattungen zu ergänzen. dabei sind feste mischgattungen entstanden: triviale, fast schon normalfälle sind: musik und tanz; lied; geschriebenes drama und theater; oper, tanztheater, performance; filmmusik, musikvideo, bühnenshow.
daneben gibt es die übertragungen von gehalt aus werken einer kunstgattung in solche einer anderen: vertonungen, verfilmungen, dramatisierungen, illustrationen.
schliesslich gibt es versteckte und nicht offizielle formen der anleihe bei den mitteln eines anderen genres, stils, gattung – darum, weil man sinn mit den ausgangsmitteln nicht vor-stellen kann, aber auch nicht auf die umsetzung eines stücks sinn verzichten will.
und da reden wir erst noch von kunst-gestaltungen.
es gibt aber neben der kunst andere vorstellende künste, die charakterisiert sind, dass ihr sinn gebunden ist an die erzielung eines bestimmten EFFEKTS: lachen (komik), rührung (melodram), schauer (horror), spannung (suspense), neu- und schaugier (unterhaltung, boulevardmedien), kauflaune (werbung), politische empörung oder zustimmung (propaganda). (eine früher hochbedeutsame kategorie dieser art ist fast verschwunden: das erhabene; in religiösen werbeschirften und -veranstaltungen kommt es aber wohl durchaus noch vor.)
wieder andere künste dienen der darstellung von nachrichten, wissenswerten oder lernstoffen: infotainment, dokumentationen, reportagen, sachbücher, lehrgedichte.
und dann gibt es die nutzung von vor-stellungs-künsten an und bei alltäglichen oder nichtalltäglichen handlungen oder sachen, oft zur unterstützung eines effekts, auf den die unterstützten „eigentlichen“ merkmale von handlung oder sache abzielen: design, schmuck und ausschmückung, feste, „feierliche“ zeremonien und rituale, mythen, gleichnisse, magie.
reine kunst zeichnet sich dadurch aus, dass sie beim vorstellen von sinn streng auf die grenzen des jeweils gewählten genres, stils, und der gattung achtet, und nicht die darstellung eines erwünschten gehalts beschleunigt oder erzwingt durch übergriffe auf darstellungsmittel anderer genres, stile, gattungen.
ihr sinn hängt nicht von der erzeugung eines effekts ab, für die das kunstgebilde ein technisches mittel zum zweck ist.
der kunstsinn ist auch nicht neben-effekt oder zusatzzweck zu einem eigenen und eigentlichen zweck, den er aufwerten hilft, am schlimmsten in der art, dass beide nichts taugen, und sich wechselseitig stützen: der aufgewertete zweck die schlechte kunst, die kunst den schlechten zweck. der vollendete funktionalismus ist die forderung, auf gestaltung des technisch effizienten zu verzichten.
das hindert nicht, dass kunst im täglichen leben benutzt und gebraucht wird, zitiert oder eingeflochten, in briefe, reden, präsentationen und kommunikative unternehmungen aller art – ihre art sinn zu kommunizieren, kann sich zweckmässig in eine gesamt-kommunikation einfügen. kunst, die aus solchen anlässen und für solche zwecke entstadnen ist, würde ich dann gebrauchskunst, in einem guten sinn, nennen.
2.
die reihe der kunstgattungen wurde aufgebaut aus bekannten disziplinen. in der definition dieser disziplinen wird allerdings etwas (aus naheliegenden gründen) vermischt, was auseinandergehalten werden muss.
zur benennung der kunstgattungen sollte man sagen: das musikalische, bildnerische, lyrische, theatralische, filmische, epische. es ist korrekt, die eigenart der gattungen durch dasjenige darstellungsmedium zu charakterisieren, das das für die jeweilige gattung typische und bestgeeignete ist. aber die gattung ist nicht durch ihr medium definiert; und die medien können, in bestimmtem mass, in allen andern gattungen und nicht nur der ihnen am meisten angemessenen, eingesetzt werden.
die gattungsreihe ist tatsächlich eine reihe nur, wenn ihr die eigentlichen gattungsdefinitionen zugrundeliegen.
die medien und medien-anwendbarkeiten sind eher gewissermassen normalverteilungen, die sich überlappen, und regionale maxima bilden; von daher bilden sie die reihung nur unscharf ab.
damit lässt sich ein weiteres begriffliches problem lösen: denn der tanz, der doch ein höchst bedeutsames medium ist, lässt sich nur sehr schwer einer gattung zuordnen; em ehesten noch der lyrik (aus gründen, die für die systematik der reihe wichitg sind), aber mit nicht sehr viel weniger recht allen andern gattungen.
spätestens wenn beispielsweise dem lyrischen als gattungen zwei medien zuzuordnen wären, fiele auf, dass die medien die gattungen nicht wirklich definieren.
was aber definiert sie dann?
bevor ich darauf antworte, will ich zunächst ein weiteres medium einführen, bei dem es sich gerade umgekehrt verhält wie beim tanz (weshalb es schwerfällt, dieses medium als MEDIUM abzugrenzen).
ich nenne dies medium: rhetorik; und sie scheint, als mittel einer reinen kunst (dh. wenn nicht, wie im traditionellen verständnis, etwa in politischer propaganda, auf effekte bezogen), zum theater zu gehören.
rhetorik wäre dann das inventar aller mittel, die zur gestaltung all dessen herangezogen werden, was im theater an rede stattfindet.
…