((Dies ist eine Zusammenstellung aus Mail-Texten im Vorfeld der Anfrage an den kommunistischen Blog-Autor))
Vorbemerkung.
Ich glaube, ein zentraler Punkt in der Auseinandersetzung (egal ob sie nun stattfindet oder nicht), ist die theoretische Klärung des Verhältnisses „subjektiver“ und „objektiver“ „Faktoren“ – im letzteren Fall besteht die Objektivität in dem, was die ANDERN machen; dabei ist vorausgesetzt, dass sie alle zusammen und als Einzelne nicht Beliebiges machen können, sondern es eben auch Grenzen des Möglichen gibt; also die subjektive Objektivität ihrer Verhältnisse untereinander, und die nicht subjekthafte, nichtpersonale Objektivität – der sie alle zusammen und als Einzelne gegenüberstehen. Und das alles noch mit einer Verlaufs-, also Zeitkomponente: JETZT (noch) so, demnächst, später anders…
Damit ist das Verhältnis berührt von Institutionen (Produktions- und Herrschaftsverhältnissen), und den Mentalitäten ihrer Träger.
Zum Begriff „Institution“…: Es besteht Bedarf nach einem Begriff, der (zurecht erwartbar) langfristig stabile Verhältnisse zwischen Personen bezeichnet – also solche, die nicht (allem Anschein nach) ständig neu verhandelt und/oder ausgekämpft werden (müssen), weil sie in sich instabil sind, oder subjektiv oder objektiv untragbar auf Dauer (das absehbar oder von den Beteiligten nicht gesehen) – weil ihre Umgebungs-Voraussetzungen sich ändern.
In der Soziologie gibt es dann die ganze Nomenklatur um Rolle (das in diesem Rahmen vom Rollenträger Erwartete), Rollendistanz usw. Um Einsichten, also die Begründungen und Asymmetrie in den Gründen der Beteiligten machen zumindest klassisch systemtheoretisch orientierte soziologische Theorien sich wenig Gedanken. Aber wenn unzulängliches Begründen, oder umgekehr (Dazu)Lernen eine Triebkraft für Veränderung und Quelle der Instabilität ist, dann wird es natürlich interessant; auch hier kann man unterscheiden zwischen dem latent, endogen Instabilen und auf Dauer Unhaltbaren, und dem exogen Instabilen: das Verhältnis ist unvollständig reguliert, es treten Umstände auf, für die es nichts vorsieht bzw auf die es nicht vorbereitet ist.
Grob improvisiert, würde ich sagen, dass (unter OPP Mentalitäts-Trägern) der endogene Fall etwas mit Irrtum und (Selbst)Täuschung, dazu zählen auch Enttäuschung, Fehleinschätzung eigner wie anderer Handlungsspielräume, zu tun haben könnte; und der exogene mit mangelnder Belastbarkeit schon der Normal-Spielräume durch eine Herausforderung (Chance, die nicht (oder nicht einfach zusätzlich) wahrgenommen, Schadenseintritt oder Schadensdrohung, die im bisherigen Rahmen nicht bewältigt werden kann; dazwischen: unbekannte neue Umstände, die zur Einschätzung ihrer Auswirkungen erst erforscht werden müssen) also Überforderung, daneben und dazu Verwirrung, Ratlosigkeit.
Die Frage ist: Wohin gehört die „subjektive“ Objektivität der Institution selbst – oder auch der kaum variablen quasi-objektiv festgefahrenen Anteile des Handelns jedes daran Beteiligten, die wiederum mit denen anderer, quasi objektiv, nämlich eben „institutionell“, verzahnt sind?
Zum Begriff Institution gehört bei OPPs natürlich immer die „Normalität“.
RELs befinden sich gewissermassen in permanenter Umlern-Bereitschaft, aber bloss, wenn wirklich das Ganze ihrer Lebensform zerschlagen ist, davor halten sie zäh daran fest, passen sie an. Also auch die geeignet für Institutionen-Bildung.
Hingegen MOD Menschen sind aus Sicht der Vor-Modernen im permanenten Ausnahmezustand, wegen der Notwendigkeit, permanent Dazu-zu-Lernen: also Ausnahmezustand sowohl kognitiv, reproduktiv, als auch sozial: ständige Notwendigkeit, sich abzustimmen und neu auszuhandeln, zu organisieren.
OPP-mässig degenerierte Marktwirtschaft soll ja darum so überlegen sein, weil es in ihr den dafür geeigneten Unternehmern und Managern ermöglicht wird, mit ihrer erfolgreichen und bewährten Erfolgsgewissheit (man merkt: hier ist OPP Denken pur am Werk) solche Organisation in optimaler Weise für die andern mit zustandezubringen; sie werden selektiert entlang des einzigen Bewährungskriteriums, das es da gibt – „Erfolg“.
Ansatzpunkte zur wenigstens subjektiven Konstruktion einer Normalität finden sich immer weniger. Das ist die viel besprochene MOD Lebens-Beschleunigung.
Da sieht man wiederum, dass MOD und OPP noch weniger zusammenpassen als REL und OPP.
…
(Mail)
1. Wir reden hier allerdings nicht von irgendwas, sondern von Institutionen und Lebensformen, die im Leben aller Beteiligter Beeinträchtigungen hervorrufen und verbreitet kritisch bis ablehnend besprochen werden, nämlich als unvermeidlich, noch relativ bestes usw
Diejenigen, die sie befürworten, sehen sich zu grossen Teilen selbst zu Legitimationsversuchen veranlasst.
Typisch OPPortunistisch ist dabei, zu glauben, man könne ein Mass unbestimmter unklarer Begründung bestimmen, bei dem man nicht unbedingt weiterprüfen muss – es hat „hinreichend“ eingeleuchtet, ist „plausibel“ (aktuell keine Einwände mehr aufgrund dessen, was ich soweit weiss und gedacht habe, wobei mir bewusst ist, dass ich mancherlei nicht weiss und noch bedenken könnte). Daher der immer wieder beschworene „Entscheidungscharakter“ der Pro-Urteile. (es wird unterschlagen, dass dies eine universelle kognitive Struktur ist, also auch etwa der Contra-Entscheidung fürs Revoltieren zugrundeliegen würde.
Es ist verständlich, dass gsp-ler eine Tendenz haben, dieses wirklich massenhafte legitimatorische Herumräsonnieren herunterzuspielen und (in seiner Bedeutung) zu verharmlosen und vereinfachen als allem andern vorausgehende grundlos „praktische“ Entscheidung mitzumachen und aus den Umständen das beste für sich zu machen (was schon resignativer klingt als das doch recht forsche: darin „sein Mittel“ sehen „wollen“ (bei den gsp-lern ist die Absicht, etwas soundso sehen zu WOLLEN, immer erfolgreich… wieso eigentlich?) – das sich nur nachträglich noch ein paar dürftige Gründe zulegt, um nicht in seiner ganzen ahnungslosen Nacktheit und Dämlichkeit dazustehen.
Wenn es nämlich anders wäre…
… und das falsche Bewusstsein mit seinen Inhalten nicht einfach ein Epiphänomen, sondern in seiner ganzen unfassbaren empirischen Vielfalt KONSTITUTIV für das Funktionieren und Sich-aus-sich-Reproduzieren der System-Doppelschleife aus Staat und Kapital anzusehen wäre – dann müsste sich die Theorie diesem Moment viel stärker zuwenden; sie wäre unvollständig, die (agitatorische) Praxis, die sich an die unvollständige Theorie anlehnt, wie Decker das ausdrückt, STÜMPERHAFT; wenn nicht aussichtslos.
((Es müsste, bevor man an die QUALITÄT der Begründungen geht, auch theoretisch erfasst werden (wie es geschieht, wenn man OPP begreift), warum die Begründetheit und Durchdachtheit, Informiertheit aller Urteile immerzu ein MASS hat, eine quantitative Komponente; diese Art mit (Un)Wissen umzugehen, zeigen die Betreffenden (OPPs) ja nicht nur, wenn es um politische Verhältnisse geht, sondern durchgehend in ihrer gesamten Lebenseinrichtung.))
2. Wir reden, zum andern, nicht von einer unübersehbaren Vielfalt von Institutionen und Standpunkten (zu ihnen); sondern von einer, nun ja, je nach Sichtweise, erschreckend oder glücklicherweise, recht geringen Anzahl.
Denn es sind ja grundlegende Kategoriensysteme der sozialen Rationalität, ihren Trägern erscheinen sie sogar unhintergehbar fundamental für die Besprechung, Erschliessung, Begründung ihrer Verhältnisse zu andern: Psychologisches Verstehen oder Psycho-Logik (im Rahmen von OPP Normalitäts-Denken überhaupt) – Vertragslogik – Ordnungslogik (politische) (dahinter verbirgt sich, was die Kritiker, wenn es in Institutionen übersetzt ist – Klassengesellschaft und Herrschaft nennen) – Gerechtigkeitslogik (soziale) – Empathie-Logik. Das ist die OPP-STANDPUNKT-Reihe.
Begriffe wie „möglicherweise aus Versehen oder als Kompromiss zustandegekommen“ sind hinsichtlich DIESER Einstellungen wohl kaum möglich. Eher schon, aber eben in dem ebenso sehr grundlegenden Sinn der 3×3 Theorie, die Rede von „Folgen nicht erkannt oder gewollt“. Aber auch da ist „Folge“ nichts unterirdisch weiterwirkend plötzlich anderswo Zutagetretendes, sondern ganz schrill und bestürzend: die entscheidende Leistung, die man sich von der Begründungsweise versprach, wird von ihr nicht erbracht, in der OPP-Reihe: angesichts gemeinsamer Rationalität, Personalität, Zurechnungsfähigkeit als gesunde Erwachsene zu einer gleichen Begründung von voneinander bei gegebnem Erfahrungsstand Forder- und Erwartbarem zu gelangen, eben jener Legitimation im engeren Sinne, bei der man mit der Zustimmung aller Vernünftigen rechnen kann.
3. Zurecht sprichst du aber, des weiteren, ASYMMETRISCHE Verhältnisse an. Grundsätzlich bestehen die, nach meiner Betrachtungsweise, zwischen Leuten, die denselben sozialen Sachverhalt im Rahmen eines je verschiedenen STANDPUNKTS der OPP-Reihe beschreiben und beurteilen. Die Tragik liegt hier darin, dass die weniger Fortgeschrittenen denen mit dem differenzierteren Standpunkt (weiter hinten in der Reihe) ihre Art, das Verhältnis zu sehen und zu behandeln, AUFZWINGEN: Wer die Kategorie „Interesse“ nicht hat und kennt, wird sich auf den Gedanken der Erhaltungswürdigkeit einer stabilen Gesellschafts-Ordnung (Klassengesellschaft) und Eigentumsverteilung als im Interesse der grössten Zahl liegend, nicht einlassen, sondern diese Ordnung selbst wieder „nur“ als Verhältnis von „verständlichen“ ad hoc-(Kampf)Entschlossenheiten und (Nicht)Empörtheiten sehen.
ad hoc heisst hier: die Orientierung des Interesse-Konzepts, also des DRITTEN STANDPUNKTS/OPP, auf lange Fristen, Haltbarkeit auf Dauer, und die Verwertung ebenso langer und längerer (historischer) Erfahrungsverläufe wird von denen, die diesen ZWEITEN STANDPUNKT/OPP einnehmen, nicht geteilt, sie ist ihnen nicht einmal bekannt, und sie haben auch kein Motiv, sich dafür zu interessieren. Die Vertreter des „Ordnungs“-Konzepts haben nun aber in diesem ihnen aufgenötigten („Gesellschafts“-)Vertragsverhältnis zu den Trägern einer Vertragslogik der sozialen Beziehungen aufgrund ihres STANDPUNKTS den längeren Atem, mithin die auf Dauer grössere Entschlossenheit und Ausdauer. So können sie den INHALT dessen, was sie bei gegebnem Sachstand befürworten, den Vertrags-Vertretern aufnötigen, nicht aber die FORM, in der dieser Inhalt zu betrachten ist; und diese Form ist nun eben genau die unterschiedliche Art, diesen gemeinsamen Inhalt (gleichen kollektiven Plan, Forderung an sich und andre, bei der alle erwarten, dass sie erfüllt wird) zu begründen, genauer: zu legitimieren: Die Vertrags-Menschen begründen es durch der ihren überlegene Entschlossenheit einer hinreichenden Zahl von „Ordnungs“-Vertretern (und ihren Verbündeten) in DIESER Sache auf der Vertragsseite; denn genau mit solchen Bündnissen mit Vertragsparteien jonglieren natürlich die Vertreter des Ordnungs-STANDPUNKTS, die alleine meist zu wenige wären, um ihren STANDPUNKT, dem Inhalt nach, durchzusetzen.
Hier, nämlich in solch typisch „politischen“ Verhältnissen, kommen nun wahrscheinlich all die Kategorien vor, die du ansprichst: Kompromiss vorneweg (denn nicht mal die Ordnungsvertreter werden ihren Ordnungs-Inhalt GANZ unverfälscht, etwa ohne Zugeständnisse an kurzfristigere Interessen ihrer berechnenden Bündnis-Klientel, durchsetzen können); den Mechanismus „versehentlich zustandegekommen“ sollte man in chaotischen Verhältnissen wie den politischen nie ganz ausschliessen, aber das hat eher selten Bestand. Beim Fall der Folgen, die nicht vorhergesehen oder nicht als solche begriffen werden, ist es wahrscheinlicher, dass er die Vertragsmenschen mit ihrem Kurzfrist- und parteilich-egozentrischen Denken betrifft, als die sorgfältiger abwägenden und strategisch, unter Einbeziehung aller Parteien denkenden Vertreter von Herrschaft und Ordnung.
Beide, Ordnungs- und Vertrags-STANDPUNKT-Vertreter, stehen ihrerseits (spätestens heutzutage, in Frühstadien der Geschichte waren die Kräfteverhältnisse selbstverständlich anders) bei bestimmten Themen oder grundsätzlich, in vergleichbar asymmetrischen und relativ, mehr oder weniger überlegenen Asymmetrieverhältnissen zu Vertretern des psychologischen und GEWALT-Denkens, dieser unmittelbaren Anwendung genuin normalplanerischen Denkens und Begründens auf soziale Verhältnisse (Glaube an relative Überlegenheit eigener Erfolgs-Schätzungen über die anderer).
(Politische Verhältnisse sind hier also bestimmt durch „Kerngruppen“, um die sich in quasi konzentrischen Kreisen Gruppen mit je nächst-verwandten Standpunkten anschliessen.)
Der Institutionsbegriff, scheint ziemlich genau auf die von mir beschriebenen asymmetrischen Verhältnisse zu passen: Institutionalisiert werden können dann eben die relativ haltbaren, relativ stabilen und dauerhaften unter diesen Verhältnissen (persongebunden müssen sie ja nicht ennmal sein – die Gruppen, die sich da gegenübertreten, können mit wechselndem Personal besetzt sein und in ihrer Grösse schwanken).
Bei äusserlich gleichbleibender Institutionen können sich die Verhältnisse in der Zahl der nach der einen, oder der andern Art den betreffenden Inhalt Begründenden verschieben.
Auch Motive zuzustimmen oder abzulehnen können sich ändern, ohne dass sich das grobe Verhältnis der Entschlossenheiten (wie es zur Aufhebung eines (wie hier, „Gesellschafts“-) Vertrags-artigen Verhältnisses zwischen Bevölkerungsgruppen) ändert; und natürlich sind Schwierigkeiten in der Kommunikation und Verständigung über solche veränderten Entschlossenheiten ersteinmal im Sinne der herrschenden Ordnung, ebenso das Beharrungsvermögen bzw. -bedürfnis von OPPs, wenn es um eine einmal eingerichtete Normalität (die soziale ein höchst wichtiger Teil davon) geht, und der Ausnahmecharakter von „Empörtheit“.)
Das grundsätzlich konservative Ordnungsdenken aller Beteiligter in diesem Vertrag erweist sich als desaströs, sobald von fortgeschrittenen Kerngruppen wie MOD oder REL(MOD) (Modernität in REL-Formen) in diese Beharrungs-orientierte Struktur, natürlich höchst asymmetrisch, Inhalte eingespeist werden, die von den Beteiligten immer schnelleres LERNEN (Um- und Dazulernen) erfordern. Darauf ist diese „Ordnung“ nun mal schlecht vorbereitet, und gerät dementsprechend auf der Stelle in Unordnung, Zerfall in eine Vielzahl kaum noch systematisch bündnisfähiger Einzelurteile und Bewertungen, ganz in OPP Manier eben…)
4. Genau diese Komplikation ist nun zu besprechen: Die bis jetzt grob entfaltete Ordnung wird noch einmal in ihrem Kern überboten (bzw die Kerngruppe differenziert sich) durch das (Sozial)Staatsdenken. Mit einem gewichtigen Unterschied: Es fällt den „gerechtigkeits-orientierten“ egalitären Staatsbürgern nur noch sehr schwer, wenn es denn überhaupt je möglich ist, ihren STANDPUNKT in die Ordnungslogik zu kleiden, obwohl oder vielmehr, gerade darum, WEIL sie diese Ordnung maximal langfristig, nämlich prinzipiell zuende gedacht haben; dieses Prinzip stösst bei den Ordnungsvertretern auf Ablehnung, gerade weil es Prinzip ist, und zugleich die existierende Ordnung für ihr Abweichen von der idealen, weil gerechten Eigentumsverteilung kritisiert (also erschüttert, stört). Aber anders als die Ordnungsvertrrter, die ihren Inhalt grob als langfristig haltbareren unter allen Vertragsinhalten denken können (und auch so präpariert haben: einige Erfahrung vorausgesetzt, IST er das somit auch, und GIBT tatsächlich am wenigsten den Wenigsten Anlass, sich dagegen zu „empören“), steht das Prinzip „gerechte Verteilung“ auf der Stelle und für alle Beteiligte absehbar im unmittelbaren und unvermittelten Gegensatz zu allen „berechnend-parteilichen“ STANDPUNKTEN und Interessen bzw. Plänen; da es aber eben nicht mehr sich an der Beteiligung und Parteinahme eines Interesses orientiert, zersplittert es die möglichen Bündnispartner, die hier aus anderen, als objektiven Gerechtigkeits-Geschtspunkten einer Regelung zustimmen oder sie ablehnen. Und zudem tritt ein weiterer Effekt ein. Wer die gerechten Sozialstaatsbefürworter seinerseits als Bündnispartner für ein INTERESSE mobilisieren möchte, darf nicht mehr nur einen ehrlichen Kompromiss mit ihnen aushandeln, sondern muss sich berechnend ihre Begründungsweise zueigen machen und HEUCHELN. Das mussten die Parteien der Ordnung und der partikularen STANDPUNKTE, die den Gesellschaftsvertrag an bestimmten Punkten aushandelten, nicht. Aber das Umgekehrte gilt leider auch: Um eine gerechte Regelung, die doch eigentlich NUR darum vertreten wird, weil sie gerecht ist, der Rest-Gesellschaft anzudienen, muss die gerechte Staatspartei ihren Vorschlag dem Rest schmackhaft machen und als AUCH in deren Interesse liegend verkaufen, was nur in Verdrehungen enden kann, denn der ganze STANDPUNKT existiert ja bloss, weil das Gerechte und AUS PRINZIP HALTBARE eben anders ist als das kontingent, politisch langfristig Stabile. Kein Wunder, dass der egalitär-gerechte Staats-STANDPUNKT beständig im Irrealis des Idealismus reden muss: MÜSSTE eigentlich Anklang finden, MÜSSTE befürwortet werden, würde es VERDIENEN usw. Nur wird es leider nicht. Und bedarf daher, nicht anders als ein ordnungs- und Klassen(system)-STANDPUNKT, unangemessener- und schmerzlich widerspruchsvoller-weise, der DURCHSETZUNG mithilfe von Partnern, die zu der Sache leider eine ganz andere Position einnehmen.
5. Weiter mit dieser Komplikation. Die herrschenden Verhältnisse sind ihren Inhalten nach hier bestimmt durch STANDPUNKTE, die weder dem Welt- noch dem Sozialverhältnis der Meisten bei den meisten Themen unmittelbar entsprechen; vielmehr (das erläutere ich jetzt nicht, steht ja anderswo etwas besser ausgeführt) „fallen“ diese Inhalte sogar bei ihren Befürwortern und Trägern tendenziell in eine ihnen nicht angemessene (Begründungs)Form zurück; dh es gibt schon bei den Vertretern dieser höchst minoritären (aber in manchem überzeugend überlegenen) STANDPUNKTE innere Inkonsistenz-Verhältnisse; die setzen sich natürlich nach aussen in die politischen und sozialen Verhältnisse fort, die diese Vertreter zu Leuten mit zurückgebliebenen STANDPUNKTEN in ihrer Umgebung eingehen.
Dass so etwas möglich ist, hat nach meiner Erklärung mit dem EINSCHRÄNKENDEN Effekt fortgeschrittener Begriffsbildung und Kategorien im Verhältnis zu Welt und anderen zu tun; die Inhalte sind auf Basis dieser Einschränkung, hoch selektiv ERSCHLOSSEN und gebildet, werden aber dann auf weniger fortgeschrittenem Niveau begründet und vertreten, dh ein Teil der Begründung geht verloren bzw das Differenziertheits-Niveau der Begründung für einen auf höherem Niveau erschlossenen Inhalt sinkt.
Das eigentlich nur unter Menschen, die in traditionalen REL-Verhältnissen leben, angemessen vorstell- und umsetzbare LIBERTÄRE SOZIAL-VERHÄLTNIS verliert wichtige seiner Prämissen, wenn es zwischen OPP-Menschen, etwa im Rahmen einer Klassengesellschaft, installiert werden soll; dabei ist zu berücksichtigen, dass es diesen Rahmen (Klassen- oder Eigentumsordnung setzt langfristige Orientierung in der Formulierung sozialer Normen voraus) nur ausfüllen kann in der Version, in der es seinerseits ähnlich langfristig (auf „Individualitäts“-Ebene, aufgrund Einbeziehung von biographien-übergreifender Erfahrungen) gedacht ist, das ist auf dem DRITTEN STANDPUNKT/REL der Fall.
Zwischenbemerkung.
Ich bekomme hier ein Problem mit der Darstellung meiner eigenen Theorie. Ich kann hier weniger als noch bei der Reihe Gewalt-Vertrag-Herrschaft/(Klassen)Ordnung/Recht-Staat auf anschauliches Material zurückgreifen. Stattdessen muss ich selber meine eigenen Überlegungen in MOD I/4.26ff nachlesen, denn dort steht, was ich mir bisher zum Thema REL-STANDPUNKTE zusammengereimt habe. Das wird mich die Woche über vermutlich beschäftigen,aber ich hoffe, dass ichs soweit zusammenkriege, dass ich das hier angefangene weiterspinnen kann. Ist eigentlich alles ein Vorgriff auf Dinge, die ich in MOD II behandeln wollte. Wenn überhaupt…
Ich schicke zur vorläufigen Begutachtung das geschriebene schon mal an dich, der eigentliche Kapitalismus leitet sich natürlich her aus der REL-Reihe und dem Eindringen MODerner STANDPUNKTE in sie. Insofern ist MEINE Kapitalismus-Erklärung als Gefüge aus Mentalitäten auf die gesamte 3×3 Tabelle angewiesen.
(Ende 2012-Anfang 2013)
Ausschnitt aus einer mail vom 18.1.
…
Die Religion besteht hier darin (und das ist keineswegs Sache einer Minderheit heutzuutage), dass man glaubt, den Institutionen das Sich-Einigen über eine Individualität, ein gesellschafts-weit über-biographisch verfolgtes Reproduktions- und/oder Fortschritts-Programm abtreten zu können; ohne irgendeine Vorstellung zu haben, wie die das sollen leisten können (wobei ich in den Begriff Institution auch die Personen, als Amts- und Rollenträger, einschliesse, denen da etwas zugetraut wird, im Rahmen der institutionalisierten Regeln… also Parlamentariern, Regierung.. oder eben Unternehmern, Markt… oder dem kommunistischen Block in der Bevölkerung, der erst die Revolution macht und dann den Rest irgendwie in die richtge Richtung dirigiert, dabei die Planung noch unter Dach und Fach kriegt usw)
Die Summe der Institutionen, das hatten wir bislang vergessen zu erwähnen, ist das SYSTEM (das politische, ökonomische….)
Und die System-KRITIK glaubt natürlich, alle und jede Hindernisse für das, was den Betreffenden (!) auf gesellschaftlicher Ebene zu tun sinnvoll erscheint (und wofür sie den Rest einspannen wollen, „Reichtum genug wäre da“, was man bezweifeln darf), an dem EINEN Punkt festmachen zu können…
der, nebenbei, mittlerweile auch immer nebulöser erscheint.
Also das Zutrauen in Institutionen, egal wie sie zustandegekommen sind, ist aus meiner Sicht politische Religion (Optimalhypothesen formuliert nicht in bezug auf Natur und Welt, sondern Vergesellschaftung, Individualität zb) – die wird einer unbestimmt-wie erzielbaren, aber jedenfalls best-möglichen Ausprägung für fähig gehalten… bis zum Beweis des Gegenteils.
Und.. wie immer beim Optimal- oder Ideal-Denken: Der „Begriff“, den man da hat, lässt eine Unzahl von Verlaufsmöglichkeiten zu, daher die Grosszügigkeit im Umgang mit Fakten. So oder so ähnlich könnt es gehn..
Das Vertrauen in Institutionen (oder „das/ein System“) ist zunächst darum das Produkt REligiösen Denkens (in meinem Sinn), als Normalplaner sich nie zu Regelsystemen verhalten, in denen und zu denen andere ihresgleichen eine eigene (wenn auch VERGLEICHBARE) Perspektive, von ihrer Position im system aus, einnehmen, sondern grundsätzlich immer Verallgemeinerbarkeit und Übernehmbarkeit des von ihnen Geforderten für alle erwarten. es ist das derzeit vernünftige schlechthin. Umso verrückter und bestürzender ist es für sie, wenn sie zugeben müssen, dass es zwischen ihrem vermeintlich absolut rationalen Standpunkt einerseits und Unzurechunngsfähigkeit andererseits irgendwie noch anzuerkennende Zwischenpositionen gibt, ja sogar unendlich viele solche, und die eher einen qualitativen (gegeneinander – ihren Begründungen nach – gleichberechtigten) Status haben, statt quantitativ hinsichtlich eines Mehr oder Weniger an Rationalität vergleichbar zu sein (Genauer: ihr Standpunkt erscheint da als Gipfel eines Rationalitätsgefälles, in das sich alles qualitativ Unterschiedene einordnen lässt).
Dass Vergleichbarkeit und qualitative Gleichheit mit entsprechenden Gebilden bei Andern immer mehr Momente ihres eigenen Begründens betrifft – das ist die Erfahrung der Politisierung, die Normalplaner im Verlauf ihrer Spalte durchmachen.
Hinter dem Thema „Institution“ verbirgt sich eigentlich ein anderes, nämlich: Dass die politischen und Vergesellschaftungs-Standpunkte, je mehr sie sich im innersten und fortgeschrittensten Kern der „politischen Klasse“ ausdifferenzieren, einander immer fremder werden, nicht mehr kommensurabel miteinander sind; es entstehen Formen des Nebeneinanders und vermeintlichen Miteinanders, die nur noch von einer der beteiligten seiten aus gesehen als intakte und haltbare Vergesellschaftung angesehen werden können.
Das völlig Verrückte und Unvermittelt-Unvermittelbare der Vergesellschaftungs-Entwürfe der (nur von wenigen immer wieder erreichten zw eingenommenen und ausgebildeten) fortgeschrittenen Weltverhältnisse wird kaschiert durch den Rückgriff auf das, was mit den andern gemeinsam ist, und das ist nicht das gemeinsame, sondern das Vergesellschaftungs-Konzept der Andern, in das man das eigne als dessen INHALT einfliessen lässt, der sich freilich gegen diesen ihn aufnehmenden Rahmen höchst widersprechend verhält und dazu nicht passt. Verzichtet man auf dies Zurückfallen, wird das Gefälle zu den andern dramatisch bewusst; da die bisherigen beiden fortgeschrittenen Weltverhältnisse REL und MOD sich über ihr Zustandekommen keine Rechenschaft gegeben haben, sind sie nicht nur der Rückstell-Tendenz hinsichtlich ihrer Inhalte wehrlos ausgeliefert, sondern obendrein ausserstande, sich die Abweichung der riesigen Mehrheit aller um sie herum Lebenden zu erlären, geschweige denn durch Vermittlung zu beseitigen.
Es kommt ja dazu, dass sich bei geteiltem Weltverhältnis selbst innerhalb der Spalten inkommensurable Stufen eines Fortschrittsgefälles (der Vergesellschaftungskonzepte im Rahmen dieses Weltverhältnisses) einstellen – also eine innere Aufspaltung der ohnehin schon wenigen Träger dieser fortgeschrittenen Weltverhältnisse, die ihrerseits nicht begriffen oder vermittelnd angegangen werden kann.
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Fragment einer privaten mail an „libelle“ zum Thema „Handlungszusammenhänge“ (Autor „libelle“ aus dem thread „libelles Antikommunismus“ bei Neoprene:
http://neoprene.blogsport.de/2013/03/17/gsp-1-13-zur-broschuere-des-ums-ganze-buendnisses/
„Vorweg diese Frage: Ist meine Klarstellung bzgl. der Stelle „quia absurdum“ angekommen? Dass es nämlich ein besonderer Handlungszusammenhang ist – eben einer, in dem quasi-objektiv ständig etwas stattfindet, das SO keiner gewollt hat. Aber das heisst nicht, dass es nicht IRGENDEINE der Verlaufsformen ist, die mit dem Wollen derer, die sich dazu irgendwie wollend (und das irgendwie begründend) stellen; andernfalls wird (und das ist die andere Seite der Stellung von Marktbefürwortern) – wieder mit Gründen – eingegriffen und politisch an den Rahmenbedingungen des Marktgeschehens gedreht. Insofern ist selbst dieses „von niemand so Geplantes Wollen“ ständig in Bereischaft, was es für un-marktgemäss hält abzutrennen. Nur dass es überhaupt noch eine solche Sondersphäre jenseits seiner Eingriffe will und (politisch) öffnet, lässt „Handlungszusammenhänge“ ent- und bestehen, die „so“ zwar keiner der Befürworter der Rahmenbedingungen wollte, aber genau darum (zB weil nicht auf Absprachen beruhend) ganz besonders in Ordnung findet. Der Wille der Marktbefürworter richtet sich nicht auf einzelne Verläufe, sondern die.Art, wie sie zustandekommen; das gilt übrigens auch fürs demokratische Prozedere (in dem es ganz unterschiedliche Stufen der Zustimmung geben kann: Anerkennen der Beschlüsse der parlamentarischen Mehrheiten, politisches Bekämpfen ihres Inhalts usw)
Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten: Dies ist das einzige Beispiel eines Handlungszusammenhangs, in dem das Nichtvorhersehen von Handlungsfolgen (paradoxerweise, quia absurdum) ausdrücklich gewollt und geschätzt wird.
Es ist aber nicht der einzige Handlungszusammenhang, dessen Verlauf von den Beteiligten, die ihn hervorbringen, nicht vorhergesehen wird, und SO, wie es stattfindet, da von beider (unterschiedlicher) Interessen beeinflusst, auch nicht gewollt.
Obwohl sie das, was geschieht, also das, was sie tun, gleich beschreiben: etwa als Kampf, Wette, Glücksspiel – und mit all diesen Handlungszusammenhängen wird die Konkurrenz ja verglichen. Das heisst, sie verstehen, was der andere macht, und würden es auf dieser abstrakten Ebene auch genauso beschreiben: „Der möchte halt durchsetzen, dass…, und macht darum dasunddas. Sehr verständlich, aber nicht zu billigen usw.“
Ein Handlungszusammenhang, bei dem der Verlauf von den Beteiligten sogar mehr oder weniger detailliert übereinstimmend festgelegt ist, und der sich dann doch anders entwickelt als von beiden vorhergesehen, ist das Handeln unter den Berechtigungen und Verpflichtungen, die sich aus einem mit andern eingegangenen VERTRAG ergeben.
Schliesslich habe ich selbst eine ungefähre Rekonstruktion der Art gegeben, wie die Mitglieder einer Eigentums- (und diese unterstützenden Rechts-)Ordnung und des zugehörigen Staates den Grad ihrer Zustimmung bzw. Konsenses staffeln: Sie streiten sich, aber sie streiten im Rahmen der von iihnen allen anerkannten Verfahrensformen; sie anerkennen in asymmetrischer Weise und besprechen es entsprechend unterschiedlich, wenn strittige Anliegen einer Partei (zB in einem Rechtsstreit, einer Parlamentsabtimmung) „erfolgreich“ durchgesetzt sind (Vergleichbares gilt für vorbürgerlicihe Eigentums-, vordemokratische Staats- und vor-rechtsstaatliche Rechtsformen): Die einen werden wesentlich triumphierend behaupten,“Recht“ bekommen zu haben bzw. „zum Wohle aller“ ihren Vorschlag durchgebracht zu haben, die andern „akzeptioeren die Niederlage, obwohl…“.
Das anschliessende Tun ist unter beiden Beschreibungen dasselbe, und wird auch als Erfüllung des verfahrensgerecht zustandegekommenen Ergebnisses im Konsens beschrieben (es sei denn, darüber bricht neuer Streit aus).
Es ist sehr hilfreich für mich, dass du ausgerechnet einen Richter und sein „Tun“ für die nie und nimmer mögliche Beschreibung des Handelns aus Absichten heranziehst: Denn erstens besteht das Handeln des Richters wesentlich aus (teilweise „performativem“) Reden und Schreiben, auch Zuhören; aber es gibt ja kaum irgendeine Person und Situation, in der so gut wie alles, was geschieht, durch Regeln der Amtsausübung bestimmt ist, wie das Verhalten eines Angehörigen des Justizapparats in einem Prozess und seinem Vorfeld bzw bei der Abfassung von Schreiben in diesem Zusammenhang. Wenn du nun sagst: Seine PRIVATabsichten zählen nicht, hast du recht; aber wenn sie allzusehr in Widerspruch stehen zu seiem Juristenamt, dann wird er wohl aufhören müssen, es auszuüben, oder zum vollkommenen Heuchler und Zyniker. (Ähnlich für religiöse Amtsträger.)
Verheimlichen“ von Absichten wiederum ist ein Handlungsmotiv, das sich natürlich auch irgendwo zeigt, bloss nicht durchgehend. Das vertiefe ich jetzt nicht, sowenig wie ich weiter den Hinweis verfolge, dass es selbstverständlich in all diesen agonalen oder kompetitiven Situationen die Möglichkeit der Übereinstimmung zwischen Personen und des Interagierens und Kooperierens unter übereinstimmenden Beschreibungen, Vorschlägen füreinander und deren Begründungen gibt. (Interessanter Sonderfall: Die kollektiven Handlungspläne (was ich tun will und du tun willst (spätestens wenn ich diesunddies will), und umgekehrt) stimmen überein, aber die Begründungen dafür nicht: Typische Situation, wo Autoriäten, Traditionen, Knnventionen oder Gewohnheiten gefolgt wird, also Regeln befolgt, deren Begründung einem Teil der Regelbefolger nicht zur Gänze präsent ist bzw zu der sie nicht Stellung genommen und die sie nicht bewusst zur Gänze übernommen haben. (Diese Asymmetrie im Begründen könnte Ausgangspunkt für eine Bestimmung der Kategorie der INSTITUTION in der Soziologie sein…)
Die Unvorhersehbarkeit des Verlaufs zu akzeptieren und sogar zu befürworten wegen deren vernünftig zu unterstellender Allgemeinwohl-Zuträglichkeit ist die Besonderheit der Befürworter des Marktes als Vergesellschaftungsform; Asymmetrie der Anfangswünsche soll sich dabei in das Wohlgefallen der aneinander anschliessenden und sich ins Gleichgewicht optimaler Reproduktion schaukelnden konsensuellen Lieferungen der Marktteilnehmer auflösen.
Allen Marktbefürwortern ist diese (Optimal)Hypothese gemeinsam, was immer unter ihr geschieht (sie ist gegen Widerlegung immun)….
(fortzusetzen)