(Erster Entwurf)
1.
Alle gültigen (nicht kritikbedürftigen) Äusserungen eines Sprechers, so verschieden sie sonst auch sein mögen, haben eines gemeinsam: sie begründen Handlungen, oder genauer: Absichten, die, noch genauer, Versuchs-Absichten genannt werden müssen: Absichten, zu versuchen, eine Handlung auszuführen. Denn ob jemand eine Absicht hatte, und noch dazu eine vernünftig begründete, darüber kann sein äusseres Verhalten nicht allein entscheiden; sonst könnte es ja nie ein Misslingen, ein Nicht-Können, geben: das unerwartete Nicht-Zusammenpassen von Absicht und Verhalten.
Dass hinter einem Verhalten eine Absicht steckte, die ihm nicht entsprach, hat zwei Bedingungen: erstens, die Absicht muss vernünftig begründet, oder der ihr zugrundeliegende Fehler wenigstens glaubhaft sein; zweitens, die Tatsache des Misslingens muss Beachtung finden und bestimmte, vernünftige Konsequenzen im nachfolgenden Handeln, besser: dem Planen, des Betroffenen, haben.
In diesen banalen Tatsachen stecken die Kerne für sehr weitreichende Ableitungen: die Summe aller Konsequenzen des Scheiterns machen Rationalität aus, die zuschreibung glaubwürdiger, wenn auch defizitärer Begründungen ist die Sphäre der genuin psychologischen Rede (und jenseits davon gibt es keine Grundlage für Psycholgie).
(Versuchs)Absichten begründen, heisst, sich auf sie festlegen, indem man andere, die – soweit man weiss – ebenfalls im Handlungsspielraum lägen, ausschliesst. Zu jeder Absicht, in einem Moment, trägt die Gesamtheit dessen, was ein Sprecher Gültiges sagen könnte, auf diese Weise bei; jeder einzelne Satz schliesst, vielleicht nicht viel, aber doch etwas, aus;
in ihrer Gesamtheit engen die Ausschlüsse den vorhandenen Handlungsspielraum auf einen Realisierungsspielraum für die begründete (Versuchs)Absicht ein: Die Gründe lassen Indifferenzspielräume hinsichtlich mehr oder weniger wichtiger Parameter der Realisierung offen. Das kann man, genauer, auch noch so sagen: Jede potentielle Äusserung zieht eine Grenze durch das Gesamt der auf ihre Äusserung folgenden potentiellen Handlungssequenzen; die eine Seite entspricht der affirmativen, die andre Seite der negierten Verwendung der potentiellen Äusserung. Sie affirmativ, oder negiert (spontan, oder auf Befragen) zu machen, macht also einen Unterschied im nachfolgenden Handeln (bzw. Planen). Und dieser Unterschied im Handeln ist es, was einer Ausdrucksweise (einem Typ Äusserung, einer potentiellen Äusserung) SINN gibt; was keinen Unterschied im Handeln macht, und also, nach unserer Erklärung des Ausdrucks, keinen Unterschied im Handeln festlegen oder eben BEGRÜNDEN würde, hat keinen Sinn, oder besser: ist keine Äusserung, genügt dem (vielleicht beabsichtigten, aber eben nicht eingehaltenen) Anspruch nicht, eine Äusserung, eine sinnvolle Ausdrucksweise zu sein.
NB. Wir gebrauchen den Ausdruck Äusserung, sowohl im type- als auch im token-Sinn; nur, wo der Kontext keine Eindeutigkeit schafft, werden wir den Ausdruck jeweils präzisieren. Wie man bemerkt, vermeiden wir den Terminus „Sprechakt“; die „handlungstheoretische“ Analyse des Sprechens, erst recht, wenn sie zu einer „intentionalen Semantik“ ausgebaut wird, hat furchtbare Missverständisse zur Folge. Nach unserer Auffassung (die hier noch nicht weiter verständlich gemacht, geschweige denn bewiesen werden kann) muss „Sprechen“, also „Sich Äussern“ zur Erklärung von „Handeln“ (genauer: begründet Handeln, Handeln im Vollsinn; es lässt sich zeigen, dass auf Dauer auch kein anderer Sinn von „Handeln“ (im Gegensatz zu „blossem Verhalten“) existiert, in dem es einem Wesen zugeschrieben werden könnte, ohne Handeln im Vollsinn zu sein) herangezogen werden – nicht umgekehrt!
NB. Es kommt in der Philosophie häufig vor, dass eine Ausdrucksweise in einer der beiden Formen, negiert oder affirmativ, verwendbar erscheint, nicht hingegen in der andern, wo ihre Verwendung offenkundig seltsam und unsinnig erscheint. Das ist dann ein sicherer Test auf Sinnlosigkeit: Wenn wir nämlich in solchen Fällen genauer hinsehen, werden wir bemerken, dass eben die scheinbar plausible Ausdrucksweise nichts sagt, und nichts sagen kann , weil sie keinen Unterschied (fürs Handeln, in einer Begründung) macht – weil man den Unterschied zwischen affirmativen und
negativem Gebrauch in diesem Fall nicht angeben kann.
NB. Das Sinn-Kriterium, das wir angeben, darf zugleich genommen werden als Kriterium für das, was man eigentliches Sprechen nennen kann. Potentielle Äusserungen lassen sich noch zu mancherlei andern Zwecken verwenden, als zum Begründen und (als Gegenvorschlag) Korrigieren von Begründungen: In fiktiven und literarischen Hervorbringungen, Gesängen, Lügen, Witzen, Spielen, Flüchen, Gebeten, rituellen Vollzügen. Auch alles rein rhetorische, beschwörende, beteuernde und auf „Wirkung“ (ohne Einsicht) berechnete, das „performative“ also, gehört hierher. Ebenso wahrscheinlich weite Bereiche des „small talk“, der Normal-Unterhaltung, wo Gefühle und Einstellungen gezeigt und ausgedrückt werden sollen, oder Gemütlichkeit und „Unterhaltung“ erzeugt werden sollen. Das Reden mit Wesen, die offenbar prinzipiell nicht antworten können, wie mit Haustieren oder Gegenständen, gehört dazu; schliesslich wohl auch die Rede der Verrückten (die ebenfalls nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern Ausdruckswert zu haben scheint – wenn überhaupt), und, im weitesten Sinne, alle dementierten, versehentlichen Äusserungen (Versprecher, offenbare Irrtümer).
Hingegen kann das „laute Denken“ und „Für sich- oder Beiseitesprechen“ sehr wohl Begründungscharakter haben (und zum Verstehen beitragen); obschon es vielleicht nicht ausdrücklich für die Ohren eines Hörers bestimmt ist. Was wirklich zählt, ist aber nur die offene, absichtliche Rede – nicht das Resultat eines Belauschens. (So sagen wir etwa: Wir stellen jemand zur Rede…)
Auch witzige oder poetische, metaphorische Rede kann echte Rede sein; wir finden dann eine prosaische Übesretzung, die gleiche Bedeutung hat – aber der Witz ist weg.
Die Äusserungen ziehen ihre „Sinn“ – Grenzen nun nicht kreuz und quer durch die denkbaren Spielräume an potentiellen Handlungssequenzen, in die und durch die hindurch wir unsere Pläne bauen; die Unterschiede, die jede Äusserung macht, macht sie an dem Material, das durch eine andere noch übriggelassen ist. Diese einander folgenden, einander immer mehr präzisierenden Bestimmungen in einer Begründung, von denen die einen die andern voraussetzen, bilden, wenn wir recht haben, eine Hierarchie – eine
Hierarchie von (mehr oder weniger vollständigen) Begründungsmustern, die – entsprechend dem Grad ihrer Vollständigkeit – weniger oder mehr Ergänzungen, ebenfalls bestimmten Typs, benötigen. Die einzelne Stelle in diesem hierarchischen Begründungsmuster wollen wir eine KATEGORIE nennen.
2.
Alles Begründende stammt aus der Erfahrung des Begründenden: Selbsterlebter, und (für ihn) glaubwürdig berichteter. Erfahrung, sei es eigne, sei es fremde, zerfällt aber wieder: in (zuverlässig) Beobachtetes, und Empfundenes – Inhalte fremden, oder eignen, vergangenen Erlebens ; das Begründende hat durchgängig Erlebnischarakter. Das Begründete hingegen ist Inhalt von Absichten und hat Absichtscharakter . Alles Beabsichtigte ist abgeleitet aus Erfahrung; begründet sein, und korrekt abgeleitet sein aus tatsächlich Empfundenen und tatsächlich und zuverlässig Beobachtetem ist dasselbe.
Alle mit andern austauschbare Erfahrung (und sie muss austauschbar sein, sonst verdient sie den Namen nicht, wie wir noch sehen werden) macht einen Unterschied im Handeln, begründet aus ihr ableitbare Pläne; was immer wir begründen könnten, können wir nur dadurch, dass wir einen, nämlich den jeweils für das Begründete relevanten, Teil unsrer Erfahrung anführen. Selbst die Unterscheidung dessen, was relevant ist und Aufmerksamkeit verdient, und was nicht, mit Hinblick auf unsre Planungen, ist durch Erfahrung begründet; sodass in jeder Begründung, wenn sie ganz ausführlich würde, unsre gesamte Erfahrung angeführt werden könnte als Grund für unsern gegenwärtigen Plan. Das Gesamt unserer Erfahrung, in jedem Augenblick, ist, als vollständige Begründung dessen, was wir in diesem Augenblick zu tun beabsichtigen, zugleich eine Belegung des Kategoriensystems, als das wir die vollständige Begründung auffassen.
Das Kategoriensystem, das MUSTER ALLER VOLLSTÄNDIGEN BEGRÜNDUNGEN, unabhängig vom gegebnen Erfahrungsstand (und noch vor Belegung durch das aus dem Erleben stammende Material), ist zugleich das Muster aller denkbaren Erfahrungs-Geschichten, oder kurz: Geschichten.
In einer Geschichte, die bis zu einem bestimmten Punkt gediehen ist, und ab da offen ist, dient das bis dahin Erfahrene als Grund für das in diesem Moment geplante; doch gilt das auch für jeden Punkt der Geschichte. Noch nachträglich also begründen die vergangenen Teil-Geschichten jeder Geschichte die vergangenen Pläne, die man hatte; die Erlebnisse (und Berichte und Bekundungen anderer), die man dann beim Ausführen der Pläne hat, verlängern die Geschichte. Denn: Absichten, soweit sie überhaupt festliegen, folgen aus Erfahrung, und verlängern sie nicht; nur weiteres Erleben verlängert die Geschichte. Doch muss sie, um nicht irgendein Ereignis-Konglomerat zu sein, sondern SINN ZU MACHEN, durch solche Erlebnisse fortgesetzt werden, die den begründeten Absichten entsprechen, und also den Versuchen, sie zu realisieren, entspringen. Um Sinn zu machen: das ist ganz buchstäblich zu nehmen; denn anders wären die Äusserungen einer Person, die eine Geschichte hatte und fortsetzen könnte, nicht mehr verständlich; und ihr Verhalten nicht als Handeln, und Fortsetzung ihrer Geschichte zu verstehen, so wie sie nicht mehr als diese besondere Einzelperson, Fortsetzerin dieser Geschichte mit diesem ihr zugehörigen Handlungsspielraum.
Das Ableiten von Absichten aus Erfahrung, also der Versuch, korrekt zu begründen kann, allgemein, Denken genannt werden. Was geschehen ist, also zuverlässig beobachtet wurde (auch von andern, wenn sie glaubwürdig sind), wird berichtet; Empfindungen, das „innerlich Erlebte“, werden bekundet (oder mitbekundet, anerkannt, wenn ihre Bekundung durch einen Sprecher glaubwürdig ist, nach allem, was man weiss); die Inhalte des Denkens dagegen werden expliziert . (Da die Glaubwürdigkeit von Absichten von der Glaubwürdigkeit der sie mit begründenden Empfindungen abhängt, wollen wir auch von Absichten und allem, was Absichtscharakter hat, sagen, dass es bekundet wird. Inhalt reiner Bekundungen ist also alles, was „inneren Erlebnischarakter“ hat, und davon korrekt abgeleitet ist.)
3.
Um sagen zu können, was Inhalt des Denkens und Beabsichtigens, bzw. explikativer und absichtsbekundender Äusserungen sein könnte, werden wir die Konjunktion „weil“ zu betrachten haben, mit der man Begründungszusammenhänge anzeigt. „p, weil q“, wo p für einen absichtsbekundenden Ausdruck steht, und q für einen (unter Umständen komplexen) Erfahrungsausdruck (mit dem eine (begründungs-)(relevante) Vorgeschichte mitgeteilt werden könnte, in der Selbst- oder (für den Bekundenden glaubwürdig) Fremd-Erlebtes bekundet bzw. berichtet wird), lässt es normalerweise offen, ob die q-Begebenheiten für die pEntscheidungen eine notwendige Bedingung darstellten (und diese ohne sie nicht so ausgefallen wären: p -> q, bzw. -q -> -p, d.h. p nur darum, weil (auch) q, q allein gab nicht den Ausschlag, war aber notwendig, ohne q hätte es keine p-Absicht gegeben), oder ob eine hinreichende (p <- q; -p -> -q, d.h. p, allein schon darum, weil q (doch auch andres hätte p zur Folge gehabt; hingegen, unter der Voraussetzung, dass der Bekundende vernünftig schliesst und ableitet, darf man annehmen: hat er die pAbsicht nicht, dann weiss er nichts von q), oder ob eine notwendighinreichende : p, genau darum, weil q.
Eng verwandt mit „weil“ – Äusserungen sind bekanntlich „wenn – dann“ – Äusserungen, die wir zunächst betrachten wollen. Sie kommen in folgenden Formen vor:
1. in bedingten Absichtsbekundungen in Gegenwart und
Vergangenheit;
2. in Regel-Bekundungen (undatierten bedingten Absichtsbekundungen, in
denen als Bedingung nicht Begebenheiten (mit deren Eintreten ab dem jeweiligen Zeitpunkt als Möglichkeit gerechnet wird oder wurde), sondern nur Muster
von Begebenheiten (mit deren wiederholter Realisierung ab dem jeweiligen Zeitpunkt als Möglichkeit gerechnet wird oder wurde)(also Typen von Regelanwendungsfällen), als Bedingtes aber Muster von Absichten (Typen von regelbefolgenden Absichten) genannt werden; ein Spezialfall des Regel-Bekundens ist das Bekunden einer Regelwechsel-Regel;
3. in speziellen Regel-Bekundungen, die Ausdrücke von Annahmen über das Bestehen von Dispositionen, also Hypothesen sind, und zwar bestätigten
wie versuchsweise (experimentell) angenommenen; von diesen AnnahmeBekundungen nehmen wir an, dass diejenigen ihrer Anteile, die den Regelcharakter offen zutagetreten liessen, verkürzt in ihrer Charakterisierung als Annahme enthalten sind); ein Spezialfall des Hypothesen-Bekundens sind die Bekundungen von Bedürfnissen;
4. in logischen Regel-Bekundungen (Synonymie (Übersetzung), Implikation / Definition / Subsumtion, Vergleiche-in-bestimmten-Hinsichten), deren Regelcharakter ebenfalls bei expliziter Fassung offenkundig würde (sie stellen also ebenfalls Abkürzungen dar), die wir Explikationen nennen wollen – das Äussern solcher Bekundungen soll „Explizieren“ heissen; wiederum ein Spezialfall davon ist die undatierte, „hypothetische“ Angabe dessen, was ganz allgemein von einem Sprecher als vernünftig (begründet), nachvollziehbar, übersetzbar (verständlich) usw. angesehen würde: die Explikation derjenigen seiner Regeln, deren Gültigkeit nicht an besondere Umstände gebunden ist. Wir werden das System dieser Regeln, mit einem an Wittgenstein angelehnten Ausdruck, seine Grammatik nennen. Die vollständige Explikation eines zusammenhängenden Teilgebietes unserer Grammatik wollen wir seine Logik, und die der gesamten Grammatik die Logik nennen.
4.
Eine Begründung, in deren „weil“ – Teil nur Erfahrungen stehen, könnte durchaus hinreichend und einleuchtend sein für einen Hörer in einer gegebenen Situation. Der Ausdruck „nötig zur Begründung in einer Situation“ nimmt Bezug auf das Vorwissen eines Hörers, und das, was er zum Verstehen und Nachvollziehen einer Begründung vom Erfahrungswissen des begründenden Sprechers wissen muss. Die meisten Begründungen führen aber nebeneinander Regeln und Erfahrungen an – wenigstens solche Erfahrungen, die als Regelanwendungsfälle der zur Begründung angeführten Regeln gelten; zur formalen Korrektheit einer Begründung gehört dann natürlich, dass das Begründete (die begründeten Absichten) wenigstens eine spezielle Befolgung jeder der in der Begründung angeführten Regeln darstellen würde, wenn es ausgeführt würe.
Begründet werden kann alles, was Absichtscharakter hat; also auch bedingte Absichten. Und da auch Regeln vom logischen Typ der bedingten Absicht sind, könnten die in einer Begründung angeführten Regeln (zu denen in der Begründung relevante, passende Anwendungsfälle aus der Erfahrung des Begründenden angeführt werden) selber wieder begründet werden – durch zurückliegende Erfahrung und (übergeordnete) RegelwechselRegeln. Auch diese Regelwechsel-Regeln könnten vielleicht noch einer Begründung fähig sein, und so weiter: Das System der nicht mehr (durch Erfahrung, die einen Unterschied machen würde) begründungsfähigen, obersten Regelwechselregeln und kategorischen Regeln ist eben die Grammatik bzw. Logik. Die vollständigste Form des Begründens in jedem Augenblick wäre also, dass wir unsre Grammatik die Logik) explizieren, und unser gesamtes Erfahrungswissen erzählen.
Das Anführen von Begründungen für die Bekundungen der unmittelbar auf das Begründete (als Regelbefolgung) führenden Regeln in einer Begründung geschieht im allgemeinen so: Plan P, WEIL Ereignisse E1 – En, und E1.1-m, UND DARUM Regel R1 (von der E1 ein Regelanwendungsfall, und P eine Befolgung), und E2.1-o, UND DARUM Regel R2 (von der E2 ein Regelanwendungsfall, und P eine Befolgung) usw.
Das Weglassen der relevanten Regeln und das alleinige Anführen von Regelanwendungsfällen bedeutet, dass die Begründung an dieser Stelle IMPLIZIT ist; mit Nennung der Regel ist sie EXPLIZIT. Eine Begründung kann mithin mehr oder weniger explizit sein, je nachdem, wieviel von den ihr unmittelbar zugrundeliegenden Regeln angeführt werden. Die Regeln, die die Begründung explizit machen, können aber auch selbst (durch jeweils relevante Bestandteile der Vorgeschichte) begründet werden; und auch diese Begründungen können im- oder explizit sein. Wir sehen: Seine Geschichte (im Sinne von: alles Erfahrungswissen, selbst Erlebtes und glaubwürdig Berichtetes und Bekundetes) zu erzählen, bedeutet, Fragmente impliziter und expliziter Begründungen anzuführen. VOLLSTÄNDIGKEIT wäre erreicht, wenn jemand, sei es punktuell, sei es durchgehend, seine Geschichte so ausführlich erzählen würde (oder wenigstens die aus seiner Erfahrung ableitbaren Regeln so vollständig anführen würde), dass sie als REGELANWENDUNGSFALL VON REGELN DER GRAMMATIK begreifbar wird. Unbegründet und ohne Widerruf seine Regeln bekunden in einer Begründung, heisst immer, den Anspruch erheben, dass sinnvolle, glaubwürdige, zuverlässige usw. Erfahrung dahintersteht, also eine Geschichte, die in jedem Augenblick als Regelanwendungsfall der Regeln der Grammatik verstanden werden kann – und nichts andres heisst übrigens: verstehen, als: etwas, zusammen mit seiner Vorgeschichte, unter die Grammatik eines Sprechers subsumieren können.
5.
Der Begriff der vollständigen Begründung liefert uns einen Leitfaden zur systematischen Explikation der Grammatik anderer ebenso wie unserer Logik. Wir haben dabei nur aufzugreifen, was oben schon über die Hierarchie der Bestandteile von Begründungen gesagt wurde: Dass die Unterschiede, die mit Begründungsbestandteilen einer bestimmten Art (Kategorie) gemacht werden können, bereits gemachte, andere Unterschiede voraussetzen und ihrerseits vielleicht Voraussetzung weiterer Unterschiede werden können; sie machen Unterschiede an bereits Unterschiedenem, und lassen weitere Unterschiede an dem, was sie unterscheiden, zu.
Die vollständige Ordnung der Arten von Bestandteilen von (spätestens vollständigen) Begründungen: das sind Logik und Grammatik.
Alles Unterschiede-machen spannt sich also zwischen zwei Polen auf, dem WORAN alle Unterschiede gemacht werden müssen, und dem, was DARAN SINNVOLLERWEISE MAXIMAL noch unterschieden werden kann, letzte, minimale Unterschiede begründet. Alle Unterscheidung (alles Begriffliche) ist nur Vermittlung zwischen diesen beiden Extremen.
Was also ist das Material aller Unterscheidung – das Material aller Begrifflichkeit? WORAN machen wir alle Unterschiede, die wir machen?
Wir machen sie an dem, was wir uns allenfalls erzählen können:
1. dem unter Zuverlässigkeit garantierenden Bedingungen, oder kurz: zuverlässig Beobachteten („Wahrnehmungen“);
2. dem unter Glaubwürdigkeit garantierenden Bedingungen, oder kurz: glaubwürdig Verspürten („Empfindungen“);
3. dem, angesichts einer gegebnen, aus Erlebtem nach 1. und 2. bestehenden Geschichte, vernünftigerweise Gedachten („Vorstellungen“). Es ist also dies das Material, aus dem sich all unsre Geschichten zusammensetzen können, wenn wir sie austauschen; und alles Begriffliche, (in den relevanten Hinsichten) Zusammenfassend-Unterscheidende ist nur Abkürzung, und dient der abkürzenden Mitteilung von Beobachtungen, Gefühlen und Gedanken.
EXKURS HIERZU.
Man wird, auf den ersten Blick, in den Erzählungen, die sich aus solchen Momenten zusammensetzen, einen wesentlichen Unterschied bemerken. Zuverlässige Beobachtungen werden im allgemeinen, wenn sie von glaubwürdigen Zeugen und Berichterstattern stammen, weitergegeben, ohne dass notwendigerweise der Beobachter dabei genannt werden muss – seine Nennung ist fakultativ, und tut nichts zur Sache; seine Person und persönlichen Eigenarten sind nur so weit von Interesse, wie es um Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des Berichts selber geht; sie tangieren den INHALT nicht. Und zwar selbst dann, wenn die Beobachtung ausdrücklich von einem bestimmten Blickwinkel aus gemacht wurde – wenn beschrieben und berichtet wird, wie etwas von einem bestimmten Blickwinkel aus gesehen für jemanden unter bestimmten subjektiven Bedingungen der Wahrnehmung aussah. Dies Aussehen ist immer noch etwas Objektives.
Anders hingegen steht es mit Gefühlen. Wenn von ihnen erzählt wird, scheint es wesentlich zum Inhalt zu gehören, WER fühlt und gefühlt hat. Es gibt dabei eine Entsprechung zur Beobachtung: denn alles Beobachtete könnte sich, mutatis mutandis, auch an einem andern ORT zugetragen haben. Und so das Gefühlte an einer andern PERSON. Eine Person als Träger eines Gefühls anzuführen, scheint also etwas ähnliches zu sein, wie einen Ort als „Träger“ einer Eigenschaft oder Begebenheit.
Ganz anders wiederum sieht es aus bei den Vorstellungen. Gewiss: Wenn wir jemandem, zu einem Zeitpunkt, den Besitz einer Vorstellung zuschreiben, dann scheint er so gut ihr Träger zu sein wie bei einer Empfindung. Doch gibt es einen ersten, wesentlichen Unterschied: Wir allenfalls sagen, dass jemand eine Empfindung DERSELBEN ART hat wie wir, zum gleichen, oder zu andern Zeitpunkten, sie haben oder hatten; hingegen macht es keinen Sinn, zu sagen, jemand habe eine Vorstellung DERSELBEN ART wie wir, wenn wir eigentlich sagen wollen: er hat dieselbe. Genauer aber ist die ganze Mitteilung ohnehin seltsam: denn, jemandem eine Vorstellung zuzuschreiben, scheint per se zu bedeuten, dass wir sie auch haben: es scheint geradezu zusammenzufallen damit, dass wir angeben, was von dem, was WIR in dieser Hinsicht „haben“, bei ihm vorkommt. Sodass man, wenn es nicht so unnatürlich klingen würde, fast sagen möchte: hier ist die Vorstellung der Träger; und die denkende Person dasjenige, was variiert. Ort, Person, Vorstellung als Träger: Was wäre der gemeinsame Nenner, der sie verbindet? Nun: wenn wir sie anführen in einer Erzählung, dann immer im Zusammenhang mit einer DATIERUNG. Dann: dass das, was „an“ ihnen ist zu einem Zeitpunkt (oder über eine Zeitpunktreihe weg), sich ordnen lässt nach gewissen Ausschluss- oder Widerspruchs-Beziehungen: Gleichzeitig können nur bestimmte Eigenschaften an DEMSELBEN Ort beobachtet werden – andere Eigenschaften sind ausgeschlossen; gleichzeitig können nur bestimmte Empfindungen an DERSELBEN Person sein – andere sind ausgeschlossen; und gleichzeitig – lassen wir uns einfach von dem begonnenen Schema weitertragen – kann …ein und DIESELBE Vorstellung nur von bestimmten Personen besessen werden? Das klingt sehr seltsam, und keineswegs so natürlich, wie die schematische Formel in den beiden andern Fällen klang; selbst wenn wir uns vielleicht vage etwas dabei denken können, und darin sogar einen wahren Kern entdecken (darauf werden wir gleich zurückkommen). „Person“ war vielleicht ein Fehlgriff in der Formulierung: Wenn wir in der Nachbarschaft dieses Begriffs suchen, und ein echtes Analogon zu den andern „getragenen“ Kategorien, Eigenschaften, Empfindungen(im Sinne von „Art eines inneren Zustandes, der gerade (in bestimmter Ausprägung) von jemand eingenommen werden kann usw.), suchen, könnte uns vielleicht etwas einfallen wie „Geisteszustand“ (Bewusstsein, aktuell angefüllt mit bestimmten Inhalten); und tatsächlich wird eine erste Probe diesen Vorschlag bestätigen. Denn so, wie DIESELBE Eigenschaft zu SELBEN Zeit an VERSCHIEDENEN Orten sein kann, so dieselbe Empfindung an verschiedenen Personen, und derselbe Geisteszustand an verschiedenen – Personen? Nein – diese Formulierung, weil sie daselbe Wort benutzt wie das im Zusammenhang mit Empfindungen, hat jetzt schon wieder einen Schönheitsfehler – das Wort „Person“ scheint ohnehin ziemlich schillernd zu sein, und wir hatten ja eben bereits Anlass, es zu ersetzen – ; ich will es also ganz tilgen, und formuliere neu: dieselbe Empfindung (und andere „innere Zustände“) kann gleichzeitig an verschiedenen ORGANISMEN MIT DER (HINREICHEND BEGLAUBIGTEN) EIGENSCHAFT DER PERSONALITÄT (so soll ab sofort der Begriff „Personen“ verstanden werden) existieren; und dieselbe Vorstellung kann zur selben Zeit Bestandteil verschiedener, und gleichzeitig bestehender Bewusstseinslagen (verschiedener „Personen“) sein. Und nun sieht man, welche Reihe wir jetzt bilden können, die wir mit der ersten Formulierung nicht hätten aussprechen können: Dass Personen (im definierten Sinn) AN Orten sind (so wie Eigenschaften), lässt sich so erklären, dass sie bestimmte Komplexionen von Eigenschaften sind (die sich wechselseitig ausschliessen); und dass Bewusstseine solche VON Personen (so wie Empfindungen) sind, lässt sich so erklären, dass sie Komplexionen von Empfindungen (und anderen inneren Zuständen) sind; oder kurz: Personen sind zu bestimmten Zeiten an Orten, und Bewusstseine (aktuelle Geisteszustände) sind an Personen; und Vorstellungen, so können wir jetzt unser Schema fortspinnen, sind „an“ Personen, weil sie ebenfalls „besondere Komplexionen von“ Geisteszuständen oder Bewusstseinen sind. Und wenn wir schon soweit sind, können wir vielleicht noch folgende Reihe bilden.
Bei den „Getragenen“, die zu jedem „Träger“ gehören, haben wir offenbar jedesmal eine Reihe von Ausschlussbeziehungen, die definieren, was zur selben Zeit AM selben Träger sein kann; doch sollten wir gleich präzisieren. Das System der eigenschaftstragenden Orte ist der RAUM, und zum Raum spätestens können wir feststellen: dass es zu einem Zeitpunkt eine und nur eine Verteilung von (beobachtbaren) Raum-Eigenschaften in ihm geben kann. Das System der die Funktionsweise der Personalität zusammen realisierenden Strukturen ist (im Idealfall) das KOLLEKTIV DER MITEINANDER VERSTÄNDIGTEN EINZELPERSONEN – und das heisst: des aggregierten Handlungsspielraums aller Einzelpersonen, nach Austausch aller relevanten (zuverlässigen und glaubwürdigen) Beobachtungen bzw. Erinnerungen daran. Dies Kollektiv weist zu jedem Zeitpunkt eine und nur eine Verteilung der möglichen inneren Zustände auf, unter denen, die es einnehmen kann. Das System der Möglichkeiten (der vernünftigen und sinnvollen Vorstellungen – wir gehen ebenso zwanglos von dieser Kategorie auf die andre über, wie vom „zuverlässig Beobachteten“ zu der „Verteilung der Raum-Eigenschaften“) bzw. der sinnvollen Geschichten (der sinnvollen Varianten-in-relevanten-Hinsichten zu einer gegebnen, bis zu einem Zeitpunkt gediehenen Geschichte) ist die Menge der in relevanten Hinsichten gleichen Geschichten. Dieses System nimmt, zu einem Zeitpunkt, die Form EINER EINZIGEN UNTER DEN MÖGLICHEN, in logischer Hinsicht äquivalenten, GESCHICHTEN an – die nämlich, der KOLLEKTIVEN BIOGRAPHIE. Wir haben also drei sogenannte Träger: Raum der Orte, Raum der (verständigten) Bewusstseine, Raum der Möglichkeiten – wie wir sie nennen könnten.
Wir haben ausserdem jeweils drei Kategorien von Eigenschaften, die sich zu einem Zeitpunkt auf die Elemente dieser Träger (Orte, Einzelpersonen, Einzel-Vorstellung(sinhalt)) verteilen: (Objektive, zuverlässig beobachtbare) RaumEigenschaften; (subjektive, spürbare) Innen-Zustände; und, der bis hierher rätselhafteste Begriff, der sich gegen unser terminologisches Korsett am meisten sträubt: die (intersubjektiven, bewussten = präsenten, die Aufmerksamkeit und das Erinnerungsvermögen nicht überfordernden, als Grund fungierenden) Geschichten.
Wir hoffen, dass sich beim Leser dieselbe Ahnung einstellt wie bei uns: dass an dieser doppelten Trias etwas dran ist, was klar herausgearbeitet werden sollte. Von Klarheit sind wir natürlich noch weit entfernt.
Wir haben den Begriff „Komplexion“ gebraucht, um auf der Ebene des „Getragenen“ nachzuvollziehen, was sich auf der Ebene der Träger noch einigermassen zwanglos ergab: Die hierarchische Anordnung der Elemente jeder der beiden Triaden. Diese, die sechs Kategoriengruppen verbindende Anordnung wollen wir genauer beschreiben. Die Frage wäre etwa: Was sind Personen, dass sie an Orten bzw. dass sie Raumbestandteile sein können, und gleichzeitig „Träger“ oder, noch grob-metaphorischer gesprochen, „Behälter“ für „Empfindungen“? Und was soll diese Träger-Getragenesoder auch Behälter-Inhalt-Beziehung gemeinsam haben mit derjenigen von Orten und Eigenschaften, oder der von Möglichkeiten und (gewusster) Realisierung?
Eine Geschichte ist eingebettet in eine Menge sich verzweigender Möglichkeiten – sie ist gewissermassen der Weg, den die wirkliche Welt durch diesen Raum der Möglichkeiten zurückgelegt hat, soweit man sich daran überhaupt erinnern kann; die vor uns liegenden, und (aufgrund des Abgelaufenen bedenkenswerten) Möglichkeiten bilden gewissermassen die Knospen des Zweigs, bis zu dessen Ende wir gekommen sind.
Doch was sind denn die vor uns liegenden Möglichkeiten? Es sind, vor allem, HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN, und zwar genauer SINNVOLLE; dass es meist mehrere sind, hängt eben mit der Neigung von tatsächlichen Geschichten zusammen, sich, in Abhängigkeit von – in der Wirklichkeit erst abzuwartenden, zukünftig zu erlebenden – Begebenheiten weiterzuentwickeln; und diese Abhängigkeit oder Bedingtheit durch sich einstellende Begebenheiten macht sich in dem zugrundeliegenden Raum der Möglichkeiten bemerkbar als VERZWEIGUNGSSTELLE. Dass wir, über lange Handlungssequenzen hin, unabhängig sein sollen von ALLEN Bedingungen, also allem, was sich in und ausser uns an Erlebbarem ereignet, kommt eigentlich nur so vor, dass wir NACHDENKEN; aber selbst das Nachdenken verschieben wir ja in bestimmten Notsituationen, sein Andauern ist also abhängig von und bedingt dadurch, dass solche Notsituationen nicht eintreten.
Was soll nun die rätselhafte Formulierung bedeuten: Es sei der jeweilige „Geisteszustand“ (einer Person, oder des gesamten Kollektivs) „nur“ eine KOMPLEXION – eine Zusammenfassung oder Zusammennahme, Synthese, von Geschichten (der „wirklichen“ oder „gültigen“ Ausprägung im Raum der Möglichkeiten)?
Da gibt es zweierlei Bedeutungen.
Geschichte, das ist etwas, was sich jederzeit erzählen lässt, bis jetzt, gerade eben. Wenn wir unsere besonderen Geschichten austauschen, erzählen wir zuletzt – soweit wir uns glauben schenken – DIESELBE Geschichte. Eine partikulare Geschichte, soweit sie einer andern nicht direkt widerspricht, schliesst ja die andre nicht aus: wir können die partikularen Geschichten alle zusammen erzählen. Unsre Erzählungen sind viele – die Geschichte ist eine. Nun fällt daran, nebenbei, noch etwas auf. Jede partikulare Geschichte ist ja ein Weg, ein als wirklich ausgezeichneter Strang durch den Raum der Möglichkeiten. Ob eine partikulare Geschichte auch nur einen partikulären Ausschnitt aus dem gesamten (jeweiligen) Raum der Möglichkeiten als Träger hat, wollen wir gleich untersuchen; zunächst müssen wir fragen: Wo ist denn hier eine Komplexion – eine Komplexion von Geisteszuständen?
Nun ja – was erzählen wir denn so?
1.a) Aus bestimmter Perspektive von uns bzw. andern (subjektiv) Beobachtetes; 2. unsre jeweilige innere Verfassung (Gefühle usw.) dabei, unsre und die der andern;
3. was wir und die andern uns jeweils dabei dachten;
4.a) was wir und andre erzählten, Beobachtetes, innere Verfassungen; von Dritten Erzähltes usw. (dies erzählen, was erzählt wurde, nennt man normalerweise ein ZITIEREN); dies Zitierte lässt sich, nebenbei, gleich wieder aufspalten in das, was die andern GESAGT haben, und das, was
4 b) wir und die andern Hörer jeweils von dem Gehörten hielten, nämlich (die angeblichen Beobachtungen) für zuverlässig oder auf Täuschung beruhend, (die inneren Verfassungen) für glaubhaft oder vorgetäuscht, (die Zitate Dritter) für korrekt wiedergegeben und (als (un)zuverlässig oder (un)glaubwürdig) beurteilt oder nicht;
5. was wir und die andern (absichtlich, unabsichtlich) gesagt und verschwiegen haben (aus dem Vergleich des von uns absichtlich so bzw. unabsichtlich so Gesagten mit den Punkten 1-4 ergibt sich, wieweit wir die Wahrheit gesagt haben, oder gelogen haben, bzw. meinten und nicht nicht meinten, was wir sagten (dies könnte man ein Selbstzitat mit nachträglicher Stellungnahme nennen);
6. welche Gespräche sich daran anschlossen, bzw. (aus jetziger Sicht, aus Sicht des Moments, wo wir erzählen) hätten anschliessen sollen;
7. was von dem Gesagten, sofern es von einem der Beteiligten in einer der genannten Hinsichten bemängelt worden war, zuletzt korrekt korrigiert wurde (so, dass zuletzt Übereinstimmung in allen in den Punkten 1-4 angesprochenen Bestandteilen der (nun ausgetauschten, also von allen prinzipiell übernehmbaren) Erzählungen herrschte, egal, wer sprach). Wir könnten im Prinzip noch hinzufügen:
8. was wir und alle an diesem Gespräch Beteiligten zu dem Zeitpunkt, von
dem wir erzählen, nicht wussten (obwohl es uns von nicht am erzählten Gespräch Beteiligten prinzipiell hätte erzählt werden können).
Man sieht: In dem, was wir erzählen können, gibt es einen „harten“ Kern: Das, was jetzt, im Nachhinein, als GÜLTIG feststeht – was Teil der WIRKLICHEN Geschichte ist. Um diesen harten Kern aber ranken sich, nicht minder wirkliche, nämlich wirklich abgelaufene, GESPRÄCHE, Erzählungen, Verhandlungen, Verständigungen, von denen schliesslich ja der harte Kern (den wir inzwischen alle gleich erzählen) übrig geblieben ist.
Drittens, in dem, was wir jeweils GEDACHT haben, sei es zurecht, sei es zu unrecht, sprechen wir Teile des zugrundeliegenden Trägers: Möglichkeiten / Vorstellungen, an.
Wovon ist dies nun eine Komplexion?
Ein Bestandteil steht fest: das Gültige. Das Ungültige, die Fehler, Lügen, Versprecher usw. kommt natürlich auch in unserer Geschichte vor – aber es ist in gewisser Weise ein Bestandteil, der zum Verschwinden verurteilt ist – und zwar auf regelhafte, gesetzmässige Weise. Das Ungültige ist etwas bloss subjektives – ein hoffentlich vorübergehender und korrigierbarer, BLOSSER Geisteszustand.
Das Gültige kann zwar auch als Geisteszustand bezeichnet werden. Doch gibt es zu den ungültigen und korrekturbedürftigen psychischen Vorgängen und Zuständen einen wesentlichen Unterschied: dass sie, entweder von selbst, oder nach Korrektur, in ihrer gültigen Form entstehen, ist KRITERIUM dafür, dass da überhaupt ein Geisteszutand ist. „Gültigkeit“ – das ist eine Norm für das Aufeinanderfolgen von Beobachtbarem und (ebenso beobachtbaren) Äusserungen (darin sind, da wir Korrigierbarkeit mit hinzugenommen hatten, auch die Äusserungen, die Korrekturversuche sind, eingeschlossen); das Kriterium für die Zuschreibbarkeit eines Geisteszustandes ist Gültigkeit darum, weil sie nichts andres darstellt als die SUMME DER BEDINGUNGEN, unter denen allein die Äusserungen als Äusserungen, d.h. bedeutungstragend (und genauer DIESE Äusserungen (Äusserungstypen), d.h. übersetzbar in bestimmte Äusserungen (Äusserungstypen) bei uns) verstanden werden konnten; die „Zuschreibung“ eines Geisteszustandes ist nichts andres als das Zitat einer potentiellen Äusserung, von der zunächst nur feststeht, dass sie einmal im Sinne einer angebbaren Übersetzung deutbar war – mit dem Zusatz, dass die Bedingungen, unter denen damals diese Deutung möglich war, auch jetzt gewährleistet sind.
„Ungültige“ Geisteszustände sind also unter Bedingungen ihrer Korrigierbarkeit dennoch zuschreibbare – nur, sie sind – WENN sie Geistezustände sind, zum Verschwinden, zur Korrektur, d.h. zur Umwandlung in und Ersetzung durch gültige Zustände disponiert.
In welchem Sinn nun kann, noch einmal gefragt, von Komplexionen die Rede sein?
Eine Komplexion hatten wir bereits genannt: Es ist das Zusammenführen partikularer Geschichten einzelner Erzähler in EINER Geschichte, die nach dem Austausch der partikularen Geschichten die einzige ist, die erzählt wird – und die sämtliche partikularen Geschichten enthält.
Es gibt aber noch eine zweite Kompexion; das Verhältnis der partikularen zur vollständigen Geschichte ist nämlich nicht das einzige, wo „dasselbe“ „wieder“ erzählt wird: Jede Geschichte enthält, als Bestandteile, ihre Anfänge als Teilgeschichten mit geringerer Länge; sie enthält eine ganze Folge ineinander geschachtelter solcher Geschichten, deren Anfangsteil in der nächstfolgenden „wieder“ erzählt wird. Nennen wir dies die vertikale, die erste aber horizontale Komplexion.
Was wir zum Verständnis des Rests unserer Reduktionsbehauptungen brauchen, ist bereits gesagt worden. Bevor wir an die endgültige Klärung dessen gehen, was sich auf was reduzieren lässt, was also wovon nur eine spezielle Komplexion sein soll, müssen wir noch eine Frage beantworten: Was ist eigentlich ein ZEITPUNKT?
Die einfachste Antwort scheint zu lauten: Zeitpunkte sind dasjenige, was eine (davor abgelaufene) Geschichte von jeder „nächstfolgenden“ trennt, als deren Bestandteil sie „wieder“ erzählt werden könnte. Doch diese Art der Antwort sagt nicht das, was wir im Auge haben. „Die Zeit“ ist nämlich eine Dimension des Beobachtens, und eine, die nicht ohne weiteres immer
von „Punkt“ – Ereignissen gegliedert wird. Dass IN dieser Zeit-desBeobachtbaren auch die Geisteszustände unterzubringen sind (dass sie, die Vorgänge und Zustände, teilweise wenigstens, datierbar sind), ist schon keine Selbstverständlichkeit, und hat mit dem Reduzieren von Geisteszuständen auf Beobachtbares zu tun. Wir meinen also mit „Zeitpunkt“ NICHT etwas wie einen „Akzent“, ein als „Artikulation“ (Unterbrechung) eines beobachtbaren Verlaufs AUFZUFASSENDES oder GEMEINTES, womöglich bloss GEDACHTES oder VORGESTELLTES äusseres Punkt-Ereignis (selbst wenn es ein Beobachtbares Ereignis gibt, müsste diese seine, artikulierende Eigenschaft, hinzugedacht werden). Und um ganz sicher zu gehen, dass wir nicht missverstanden werden, sagen wir am besten gleich: ein Zeitpunkt IST eine Geschichte („Epoche“ im Griechischen: das Innehalten, Haltmachen, um sich, nach einer entsprechenden Vorgeschichte, zu besinnen; zurecht wurde das IDENTIFIZIERT mit dieser Vorgeschichte, die ALS GANZE den Anlass dazu gab); eine Geschichte, die LOGISCH artikuliert, d.h. von andern Geschichten IN ihr, als auch solchen, IN DENEN sie enthalten ist, abgegrenzt ist – wodurch? Nun: Durch genau die MÖGLICHKEITEN, die dieser und genau dieser Geschichte zugeordnet sind. Man wird fragen: Wie passt das zu dem vorhin ausgeführten über den Raum der Möglichkeiten, durch den DIE Geschichte ihren verzweigten Weg nimmt? DIE Geschichte, die den ganzen Raum der Möglichkeiten erhellt HAT, ist zugleich diejenige, die keine Möglichkeiten mehr lässt: Sie ist ZUENDE. Wenn wir vom Raum der Möglichkeiten sprechen, dann dürfen wir nicht vergessen, dass auch wir, jetzt, im Moment der Rede (des Schreibens, des Lesens), es zu einem Zeitpunkt tun – also mit einer Geschichte im Rücken. Und wenn es stimmt, was wir behaupten: dass der Raum der Möglichkeiten durch unterschiedlich weit fortgeschrittene Zeitpunkte (unserer Definition) unterschiedlich weit „ERHELLT“ wird: dann ist dieser Raum, bzw. seine Erhellung, auch für uns, jetzt (zum jetzigen Zeitpunkt), nicht mehr als ein PROJEKT. Dass wir ihn erhellen wollen, dass wir ihn prinzipiell erhellen können (wenn wir weiterleben), so, wie wir alle denkbaren Schachspiele spielen wollen könnten (übrigens eine Dimension des Raums der Möglichkeiten), bedeutet nicht, dass wir es schon getan haben. Die konkreten Arten und Weisen, in diese Richtung fortzuschreiten, sind UNSERE (speziellen) Möglichkeiten – die diesem Zeitpunkt zugeordnet sind. Doch darf man sagen, dass wir den Raum der Möglichkeiten bis zu einem gewissen Grad bereits ausgeleuchtet haben, zu diesem, wie zu jedem Zeitpunkt; und alle Geschichten, wie sehr sie sich sonst unterscheiden, die den gleichen „Ausleuchtungsgrad“ realisieren, sind in diesem (Zeit)Punkt äquivalent; die „Erhellung“ besteht ja gerade darin, dass solche Äquivalenzen gesehen werden, dass das Gemeinsame der Geschichten, als gemeinsame ART einer Geschichte (mit denundden Variationsmöglichkeiten), gesehen wird. Der Raum der Geschichte kann auch als Inbegriff, bzw. Begriff, der möglichen und vollständigen Geschichten bezeichnet werden. Eine Geschichte ist dann vollständig, wenn in ihr dieser Begriff vollständig gedacht ist. Diese Definition sieht zirkulär aus; warum ist sie es nicht? Weil die Tatsache, dass eine Geschichte unter den Begriff fällt, nicht den Begriff ändert. Der Begriff, bzw. die Regeln seiner Konstruktion, stehen ohnehin vorher schon fest (apriori) – sie stehen fest mit der Logik, der Grammatik aller Sprachen – mit Sprachlichkeit oder kurz: DER SPRACHE. Das explizite Reden über alternative Beispielsreihen, die nach der gleichen Regel hätten abgehandelt werden können, wie die, die man in der tatsächlichen, erlebten Geschichte angewandt hat, ändert nichts: nichts an der Regel, nichts an unserer Regelbefolgung in den tatsächlich vorliegenden Anwendungsfällen; das Denken der Varianten, eben denkbarer weiterer Regelanwendungsfälle (Fälle des gleichen Typs einer Regelanwendungssituation), alternativer Geschichten mithin, die der gleichen Regel unterlegen hätten, ist rein illustrativ. Und doch besteht genau darin das, was wir das „Erhellen des Raums der Möglichkeiten“ nannten: Indem wir unsre implizite Begründungspraxis auf Begriffe bringen und durch alternative, äquivalente Geschichts-Verläufe illustrieren. Da Denken mit anderen, höchst notwendigen und als Regelbefolgung gebotenen Geistestätigkeiten abwechselt, und durch sie hinausgeschoben wird, gehört die VOLLSTÄNDIGE EXPLIKATION DER ZU EINEM ZEITPUNKT (im definierten Sinn) DENKBAREN ALTERNATIVEN zu diesem Zeitpunkt – zur Bestimmung dieses Zeitpunkts als Zeitpunkt („Epoche“). Nicht alles in einer Geschichte, was einen praktischen Unterschied macht, macht auch einen in der bis dahin gültigen EXPLIKATION – nicht alle denkbaren Verzweigungspunkte, wo es so oder anders weitergehen kann, motiviert ein Nachdenken (oder lässt es zu) darüber, wie es anders hätte gehen können – schon allein darum, weil vielleicht diese Alternativen schon gedacht und erfasst sind – weil die Möglichkeiten bereits begrifflich erhellt und expliziert sind, um die es hier geht.
Die Artikulation des Flusses des Erlebten durch unser Handeln, des Handelns durch Nachdenken, geschieht auf höchst unterschiedlichem Niveau; denn, die Ausführung (Befolgung) der Regeln von höherem Niveau, die weiterreichende Unterschiede machen (und lange Geschichten als Bedingungen ihrer Anwendung, Regelanwendungsfälle, haben), geschieht durch Regeln, die schon lange expliziert sind, und deren Anwendung (Befolgung) durch die übergeordneten und weiterreichenden Regelnunter Bedingungen gesetzt werden. So ergibt sich eine Zeitpunktreihe unterschiedlicher Niveaus; und nur auf die Reihe der Zeitpunkte der jeweils erstmals erreichten höchsten Niveaus einer (Explizierbaren) Regel, wo diese zum ersten Mal zur Anwendung kommt (und als einen Unterschied im Handlen macht, oder begründet; und dadurch einen Zeit-PUNKT markiert), trifft zunächst zu, was wir sagten: dass der Raum der Möglichkeiten durch sie jeweils sprunghaft weiter ausgeleuchtet wird. Doch diese Art des Ausleuchtens, wo ein neuer Begriff eröffnet wird, erscheint eher so, als würde man, aus einem Teil-Raum der Möglichkeiten in einen, ihn enthaltenden, grösseren Raum gelangen; diesen Raum (durch RegelExplikation) gewissermassen betreten (oder eröffnen), ist aber etwas andres, als ihn hinsichtlich aller Varianten (vom gleichen logischen Status wie die, von der her wir, in unserer konkreten Geschichte, uns diesen Raum erschlossen haben), die er enthalten könnte, „auszuleuchten“, oder diese Varianten zu konstruieren. Wir denken, wenn wir Begriffe und Regeln ausbilden (z.B. den Begriff der Kraft oder Kausaldisposition) an konkrete Beispiele, von denen wir eins, zwei, mehrere vor uns haben: Wir haben hinreichende Fälle der Anwendung. Wir explizieren die Regeln (und Begriffe), im Moment, wo wir erstmals Bedarf nach ihnen haben, nicht nach den notwendigen, geschweige denn notwendig-hinreichenden Bedingungen ihrer Anwendung. Und dies erst darf man nennen: das Ausleuchten des Raums der Möglichkeiten; ein Konstruieren der Verläufe sämtlicher Geschichten die sich in relevanten Hinsichten von unserer unterscheiden und andererseits mit ihr relevante Gemeinsamkeiten haben – bis hin zur KOnstruktion jener Grenzfälle, die sich von unsern Geschichten maximal unterscheiden unddoch noch Geschichten sind – mit Angabe der Varianten, die dafür sorgen würden, dass Fortsetzungen von Geschichten keine Geschichten mehr wären – weil die Grenze zur Sinnlosigkeit überschritten ist.
Dies ist noch alles sehr viel weiter auszuführen; wir werden darauf zurückkommen. Fürs erste wollen wir hier nur festhalten: Das explizite Denken und Konstruieren von (möglichen) Fällen, die Alternativen darstellen zu dem, was sich tatsächlich ereignet hat, gehört zu einem gegebnen Kollektiv-Bericht, bestehend aus abgeglichenen und gültigen Erinnerungen an Beobachtetes und Empfundenes (sowie, allenfalls, den Gesprächen, die zur Herstellung dieser gültigen Erinnerungen führten), notwendig hinzu – bettet ihn in einen (begrenzt ausgeleuchteten) Teil des Raums der Möglichkeiten, d.h. in ein Feld bereits explizit gedachter Regeln, ein. Und dies ist es, was diesen gültigen Bericht, ebensogut könnte man sagen, die berichtete Ereignisfolge, zu einer Geschichte macht – und den Punkt der weitestreichenden, durch die Begebenheiten erreichten Regel, deren (notwendige) Anwendung auf sie einen Unterschied machte, zu einem epochalen, einem Zeit-Punkt, im emphatischen Sinne.
Wodurch, um auf unsre Ausgangsfrage zurückzukommen, werden „Möglichkeiten“ zu „Komplexionen“ von „Geisteszuständen“? Nun, ganz einfach so: Möglichkeiten, zu einem Zeitpunkt, stellen explizit Vernunft-Regelkonforme (dazu gleich mehr) Fortsetzungen und Verläufe, bestehend aus korrekt Beobachtbarem und (glaubwürdig) Empfundenem, dar – also dem Material, von dem wir sagten, dass es das Material von „Bewustsseinszuständen“ sein sollte. Zum Zeitpunkt des „Bestehens“ einer Möglichkeit, also zu einem Zeitpunkt, „gibt“ es die Beobachtungen und Empfindungen noch nicht, die schliesslich, als Fortsetzung der Geschichte zu diesem Zeitpunkt, fungieren. Wir können aber sagen – und das ist ein rein tautologischer Satz! – : WENN es eine Fortsetzung der Geschichte ALS Geschichte geebn soll – wenn hier nicht Schluss sein soll, die Grenze zur Sinnlosigkeit überschritten, diese Tradition, diese zusammenhängende und Sinnmachende Kette von Erinnertem nicht abbrechen soll – DANN muss sie soundso aussehen: …
Analysieren wir in diesem Zusammenhang den Satz: „Das Mögliche besteht.“ Diese Formulierung ist, in bestimmtem Sinn, paradox; das Mögliche ist das Gegenteil des Bestehenden, könnte man sagen. Wir könnten die Ontologisierung des möglichen angreifen, und dazu besteht allerdings Anlass; doch nicht jetzt. Wir wollen vielmehr, positiv, auflösen, worin „das Mögliche“ eigentlich besteht: IN NICHTS ANDREM ALS DEN EXPLIKATIVEN REDEN ZU EINEM ZEITPUNKT. Worin besteht die subjektive, und die – wenn man so will – „Mitteilungsfunktion“ dieses Redens? IN NICHTS ANDREM ALS DER BESTÄTIGUNG (wie in einem Test), DASS DIE BETREFFENDE PERSON NOCH PERSON IST – DASS SIE ÜBER EIN BEWUSSTSEIN, EINEN GEISTESZUSTAND (mit den bisdahin ausgetauschten Erinnerungen: Beobachtetem und Empfundenem, Fremdem und Eignem), – ALSO (wie wir behaupten würden) ÜBER IHRE SPRACHE (GRAMMATIK) VERFÜGT.
Oder kurz: Alles, was irgend Absichts-Charakter hat (und alles Rede von Möglichkeiten läuft zu auf ein Bekunden von Absichten, wasmantun werde, wenn sich Bestimmtes – mit dem eben geerchent wird – ereignen würde), hat REIN EXPLIKATIVEN CHARAKTER UND SAGT NICHTS NEUES. Denn: Es ist nichts andres als die EXPLIKATION DESSEN, WAS ÜBERHAUPT VERNÜNFTIG WÄRE, THEMATISCH EINGESCHRÄNKT AUF DIE ERWÄHNENSWERTEN VERNUNFTSREGELN, ZU DEREN ANWENDUNG MAN ZUM GEGEBENEN ZEITPUNKT BEREITS ANLASS HATTE.
Man kann dies auch so ausdrücken: Alles, was Absichts- und speziell Regelcharakter hat, folgt, nach der Norm, die Sprachlichkeit (Verstehbarkeit) überhaupt ermöglicht, aus dem (ausgetauschten) Beobachteten und Empfundenen; dies ist also das, was eigentlich etwas sagt und einen Unterschied macht (und einen Zeitpunkt konstituiert). Absichten usw., die allein in der (explikativen) Rede zu einem Zeitpunkt gegenwärtig sind, und sich auflösen in ihrer realisierung (oder unerwartetem Scheitern), also Beobachtbarem oder Empfundenem, SIND KEINE GEISTESZUSTÄNDE. Was wirklich und allenfalls als Geisteszustände (Bewusstseinsinhalte) bezeichnet werden könnte, sind Beobachtungen und Empfindungen; dass eine in der explizierenden Rede geäusserte Absicht „bestand“ (eine Annahme, Erwartung, ein Plan, eine Art zu planen, mit Möglichem zu rechnen usw.), lässt sich auflösen in nachträglich Beobachtbares und Empfundenes (und weitere Test-Befunde, die zu jedem Zeitpunkt neu die andauernde Verstehbarkeit und, den Explikationen zufolge, Vernünftigkeit des Bewusstseinsinhabers, zeigen).
Doch nun wollen wir gleich eine weitere Reduktion vornehmen: dass ein Sachverhalt, den einer von uns zuverlässig beobachtet und glaubwürdig berichtet hat, bestand, ist nicht das Bestehen eines Geisteszustands; dass wir uns an die erlebte und berichtete Geschichte erinnern, ist – im Gegensatz zur „tatsächlichen“ Geschichte – , nur dann als „blosser“ Bewusstseinsinhalt zu bezeichnen, wenn wir uns irren; aber dann ist die Erinnerung (sowenig wie die Wahrnehmung) auch schon keine Erinnerung mehr, sondern eine Erinnerungstäuschung. Die korrekt erinnerte Geschichte ist die Geschichte. Warum zögern wir trotzdem, diesen Satz ohne weiteres zu akzeptieren? (Nischen in der Geschichte; später zu entdeckende Spuren usw.).
FORTSETZUNG:
Objektives kein Geisteszustand – d.h. Empfindung bleibt als einzige Sorte Geisteszustand zurück )nach Auscheidung von Irrtümern, explikativem und aus beob/empf, korrekt abgeleitetem, und objektivem).
die letzte reduktion lautet: empfindung ist auf objektive, für jedermann beobachtbare verläufe, zu reduzieren.
dann bleibt die frage: was sind die träger?
anmerkung. der schein des sachhaltigen, nicht rein expliziten bei absichtsbekundungen kommt dadurchzustande, dass sie stellvertretend für erzählungen stehen. die logische analyse ist unberührt. grenze für prüfungen, das mangelnde erinnerungsvermögen, woleute einfach knall auf fall regeln und absichten bekunden, und die trennung in erinnerung und
(prüfbar korrekt explizit darauf abgeleitete regel bzw. zur ableitung des bekundeten führende übergeordnte regel) nicht gemacht werden kann – da hat dieses unauflösbare konglomerat den status einer empfindung und kann so behandelt werden. wie gesagt: es ändert nichts an der logischen analyse.
(implizit, explizit; „denken“ als implizites explizit „aussprechen“ – nur so wird implizites, begriffliches verzeitlicht).
Vorstellungen als Geisteszustände
„Wahrnehmungen“
Das Erinnerbare macht keineswegs immer Sinn; unsre Erinnerungen können bruchstückhaft sein, Fragmente von denkbaren Geschichten, die Sinn machen würden – und zwar so, dass wir annehmen, eine von ihnen müsse sogar stattgefunden haben: „So muss es gewesen sein – so, oder so ähnlich!“
Oft auch erinnern wir uns, über die blosse Konstruktion denkbarer Verläufe (neben den an sich „sinnlosen“ Fragmenten) daran, dass eine solche denkbare Geschichte stattgefunden hat – deren RESULTATE wir, als ihre Resultate, erinnern; die Episoden aber, die diesen Resultatenm zugrundelagen, haben wir vergessen. Die Resultate stehen für die Geschichte, und sie sind schliesslich auch das eigentlich Interessante, und nicht die Details: denn alles, was zuletzt von Interesse ist, ist regelhaft, andauernd, gesetzlich, und verlässlich. So ist die Geschichte präsent, nicht in ihrem mäandrierenden Verlauf, nicht durch die Zufälle, die meist nur retardierende oder beschleunigende Wirkungen zeitigen (welche auch sonst?), sondern in der Praxis unseres tagtäglich aufs neue sich bestätigenden Wissens über die Welt, und der Begriffe von Möglichkeiten, die wir – zum jetzigen Zeitpunkt – ausgebildet haben (und mit denen wir arbeiten; deren Brauchbarkeit und Unentbehrlichkeit sich ebenfalls tagtäglich beweist).
So wenig aber das Erinnerte ein „blosser“ Geisteszustand ist, sowenig diese vernünftigen Resultate, durch die an sich Erinnerbares, wenn auch nicht aktuell Erinnertes, uns gegenwärtig ist.
Vom „Subjektiven“ bleibt dann nichts andres übrig als die „Empfindungen“. Und in der Tat wären die genannten Reduktionen (des Mangelhaft-Subjektiven auf das Intersubjektiv-Gültige; des (wie wir behaupten) ausschliesslich aus Erfahrung ableitbaren Intersubjektiv-Gültigen zu einem Zeitpunkt auf das zu diesem Zeitpunkt (spätestens) zu denkende Zeitlos-Vernünftige; der (erinnerbaren) Erfahrung auf die sich von Augenblick zu Augenblick bestätigende Lebensform) ohne Abschluss, wenn wir nun nicht das Subjektive der Empfindung ebenfalls reduzieren könnten: auf ein Intersubjektiv Beobachtbares, Äusserliches: den (individuellen) Handlungsspielraum mit all seinen Dimensionen (Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, physische Handlungsfähigkeit: „Kraft“). „Ein innerer Vorgang hat äussere Kriterien“ (Wittgenstein); das ist der Grundsatz der Reduktion. Dahinter aber stehen die beiden bohrenden Fragen Wittgensteins an das mentalistische Paradigma: Wie werden die mentalen Ausdrücke tatsächlich verwendet? Wie werden sie gelernt ?
EMPFINDUNGSREDUKTION: Empfindung als besonderer Erlebnistyp: Die Deutung setzt die Vernunftnorm voraus.
(Haupttext)
ÜBERSICHT ÜBER EINIGE GRUNDLEGENDE BEGRIFFE, DIE WIR VERWENDEN
Kapitel 1
Die Hauptthesen von Kapitel 1.
1. Alles Sprechen, das einen Unterschied macht, macht diesen Unterschied im Handeln – oder, wie man auch sagen könnte: es begründet ihn.
2. Von nicht begründendem Reden gibt es folgende wesentliche Formen:
Typ 1. das Reden im Rahmen einer Kontrolle,
Typ 2. Redeweisen, die nicht als Begründung gemeint sind, sondern andern Zwecken dienen,
Typ 3. unfreiwillig korrekturbedürftige;
Typ 4. das „Probe“ – Sprechen in Situationen, wo man die Sprache
(die Redeweisen, die Äusserungs-Typen, den Idiolekt) eines Andern
erst noch verstehen lernen muss.
3. Es sind nun exakt dieselben Bedingungen, die in Typ-4-Situationen zu einer (Übersetzungs)Deutung führen, die (wieder) eingehalten werden müssen, wenn a) eigentliche (und zur Begründung nötige) Äusserungen (Festlegungen) verstehbar ausgesprochen werden sollen an den Stellen, die zunächst von Typ2-Äusserungen besetzt wordensind (die ja aber nicht als handlungsbezogen und begründend ernstgenommen werden dürfen) oder b) die korrekturbedürftigen (Typ 3) Äusserungen durch nicht mehr korrekturbedürftige (des andern) oder – aufgrund entsprechender Ergebnisse bei Kontrollen (Typ 1) – durch andere Verständnisse (Interpretationen) (bei uns) ersetzt werden müssen, und es sind exakt dieselben, die zu oft verletzt worden sind, wenn c) wir an der Erreichbarkeit einer Verständigung verzweifeln und die Verstehbarkeit des andern offenlassen (es sei denn, wir könnten die Sache zu einer Entscheidung bringen, durch vollständige Kenntnis all seiner physischen Dispositionen).
4. Wir schliessen, wenn wir „logisch“ schliessen, aus vorgegebenen Äusserungen („Prämissen“) generell eigentlich nur auf folgendes: entweder auf etwas, das damit auch geäussert bzw. durch die Äusserung impliziert ist (in ihr mit „eingeschlossen“); oder auf etwas, das gleich lautet – wie dasselbe auch hätte ausgedrückt werden können; oder wir schliessen, dass damit andres nicht mehr gesagt sein kann… Auch in Begründungen sagen wir, was mit einer gegebnen Äusserung mit-gesagt ist. Denn in jeder zu begründenden Äusserung weiss man schon (wenn man sie versteht; aber nur dann kann sie ja auch Äusserung sein), Gründe welcher Art („Rolle“) sie begründen würden – welche „Stellen“ es zu ihrer Begründung zu besetzen gibt.
5. Dabei unterstellen wir – bei andern zumindest – eine Hierarchie von (untereinander durch Folgerungs- und Begründungsbeziehungen verbundenen) Kategorien, die von (von ihnen zuverlässig beobachteten) Sachverhalten zu Handlungen (oder zumindest, wie wir am Anfang sagten, (Versuchs)Absichten) läuft, mit einer Kette von (aus den betreffenden Sachverhalten „erschlossenen“ bzw. durch sie begründeten) Äusserungen (die ihrerseits weitere Äusserungen begründen, bis hin zu Bekundungen der schon erwähnten „gut begründeten Absichten“) dazwischen. Bei uns selbst ist es übrigens nicht sehr viel anders: auch bei uns läuft eine Kette von erschlossenen (und benennbaren, äusserbaren – spätestens, wenn man uns befragt) Zwischenschritten von (vergangenen, erinnerten, und gegenwärtigen) Sachverhalten hin zu (Versuchs)absichten, die (anderen) – unter der Voraussetzung, dass wir handlungsfähig und gesund sind, Prognosen hinsichtlich unseres Verhaltens auszusprechen gestatten, so wie uns bei ihnen.
6. In solchen Fällen spätestens, wo alle Beteiligten, uns eingeschlossen, den Eindruck haben, dass alle nötigen Korrekturen stattgefunden haben und alle relevanten Daten ausgetauscht sind, erwarten wir ein Übereinstimmen unserer Begründungen, ebenso der Absichtsbekundungen aller mit den (durch dieselben Gründe begründeten) Handlungserwartungen aller andern ausser ihnen selber.
Das aber heisst nichts andres als: unsre korrespondierenden Äusserungen sind allesamt durcheinander er- und ineinander übersetzbar. Diesen Zustand der vollständigen Übersetzbarkeit der vollständig (hinreichend) begründeten Resultate unserer Erfahrungen würden wir den der vollständigen Verständigung nennen können.
7. Die Rolle in einer (vollständigen) Begründung, die die Realisierungen eines Äusserungstyps spielen (wie sich in langen Beispielsreihen verlässlich zeigt; nur dadurch zeigt sich, dass da ein Typ ist), ist auch
schon das einzige, wodurch ihre Bedeutung überhaupt charakterisiert (und zu ihren Entsprechungen bei uns ins (Übersetzungs)Verhältnis gesetzt werden kann); es ist mithin auch diese Rolle, die ihre Einführbarkeits- (Lernbarkeits-, Übersetzbarkeits-, (Nichtmehr)Verstehbarkeits-, Korrigierbarkeits-) Bedingungen liefert.
Alles Sprechen, das einen Unterschied macht, macht diesen Unterschied im Handeln – oder, wie man auch sagen könnte: es begründet ihn.
Alle gültigen (nicht kritikbedürftigen) Äusserungen eines Sprechers, so verschieden sie sonst auch sein mögen, haben eines
gemeinsam: sie begründen (vergangene oder gegenwärtige) Handlungen, oder genauer: Absichten, die, noch genauer, Versuchs-Absichten genannt werden müssen: Absichten, zu versuchen, eine Handlung auszuführen. Denn, ob jemand eine Absicht hatte, und noch dazu eine vernünftig begründete, darüber kann sein äusseres Verhalten nicht allein entscheiden; sonst könnte es ja nie ein Misslingen, ein Nicht-Können, geben: das unerwartete Nicht-Zusammenpassen von Absicht und Verhalten.
Dass hinter einem Verhalten eine Absicht steckte, die ihm nicht entsprach, hat zwei Bedingungen: erstens, die Absicht muss vernünftig begründet, oder der ihr zugrundeliegende Fehler wenigstens glaubhaft sein; zweitens, die Tatsache des Misslingens muss Beachtung finden und bestimmte, vernünftige Konsequenzen im nachfolgenden Handeln, besser: dem Planen, des Betroffenen, haben.
In diesen banalen Tatsachen stecken die Kerne für sehr weitreichende Ableitungen: die Summe aller Konsequenzen des Scheiterns machen Rationalität aus, die Zuschreibung glaubwürdiger, wenn auch defizitärer Begründungen (weil auf von vorneherein nicht realisierbare Absichten hinauslaufend) ist die Sphäre der genuin psychologischen Rede (und jenseits davon gibt es keine Grundlage für Psychologie).
(Versuchs)Absichten begründen, heisst, sich auf sie festlegen, indem man andere, die – soweit man weiss – ebenfalls im Handlungsspielraum lägen, ausschliesst. Zu jeder Absicht, in einem Moment, trägt die Gesamtheit dessen, was ein Sprecher Gültiges sagen könnte, auf diese Weise bei; jeder einzelne Satz schliesst, vielleicht nicht viel, aber doch etwas, aus;
in ihrer Gesamtheit engen die Ausschlüsse den vorhandenen Handlungsspielraum auf einen Realisierungsspielraum für die begründete (Versuchs)Absicht ein: Die Gründe lassen Indifferenzspielräume hinsichtlich mehr oder weniger wichtiger Parameter der Realisierung offen. Das kann man, genauer, auch noch so sagen: Jede potentielle Äusserung zieht eine Grenze durch das Gesamt der auf ihre Äusserung folgenden potentiellen Handlungssequenzen; die eine Seite entspricht der affirmativen, die andre Seite der negierten Verwendung der potentiellen Äusserung. Sie affirmativ, oder negiert (spontan, oder auf Befragen) zu machen, macht also einen Unterschied im nachfolgenden Handeln (bzw. Planen). Und dieser Unterschied im Handeln ist es, was einer Ausdrucksweise (einem Typ Äusserung, einer potentiellen Äusserung) SINN gibt; was keinen Unterschied im Handeln macht, und also, nach unserer Erklärung des Ausdrucks, keinen Unterschied im Handeln festlegen oder eben BEGRÜNDEN würde, hat keinen Sinn, oder besser: ist keine Äusserung, genügt dem (vielleicht beabsichtigten, aber eben nicht eingehaltenen) Anspruch nicht, eine Äusserung, eine sinnvolle Ausdrucksweise zu sein.
Wir gebrauchen den Ausdruck Äusserung, sowohl im type- als auch im token-Sinn; nur, wo der Kontext keine Eindeutigkeit schafft, werden wir den Ausdruck jeweils präzisieren. Wie man bemerkt, vermeiden wir den Terminus „Sprechakt“; die „handlungstheoretische“ Analyse des Sprechens, erst recht, wenn sie zu einer „intentionalen Semantik“ ausgebaut wird, hat furchtbare Missverständisse zur Folge. Nach unserer Auffassung (die hier noch nicht weiter verständlich gemacht, geschweige denn bewiesen werden kann) muss „Sprechen“, also „Sich Äussern“ zur Erklärung von „Handeln“ (genauer: begründet Handeln, Handeln im Vollsinn; es lässt sich zeigen, dass auf Dauer auch kein anderer Sinn von „Handeln“ (im Gegensatz zu „blossem Verhalten“) existiert, in dem es einem Wesen zugeschrieben werden könnte, ohne Handeln im Vollsinn zu sein) herangezogen werden – nicht umgekehrt!
Es kommt in der Philosophie häufig vor, dass eine Ausdrucksweise in einer der beiden Formen, negiert oder affirmativ, verwendbar erscheint, nicht hingegen in der andern, wo ihre Verwendung offenkundig seltsam und unsinnig erscheint. Das ist dann ein sicherer Test auf Sinnlosigkeit: Wenn wir nämlich in solchen Fällen genauer hinsehen, werden wir bemerken,
dass eben die scheinbar plausible Ausdrucksweise nichts sagt, und nichts sagen kann , weil sie keinen Unterschied (fürs Handeln, in einer Begründung) macht – weil man den Unterschied zwischen affirmativen und negativem Gebrauch in diesem Fall nicht angeben kann.
Das Sinn-Kriterium, das wir angeben, darf zugleich genommen werden als Kriterium für das, was man eigentliches Sprechen nennen kann. Potentielle Äusserungen lassen sich noch zu mancherlei andern Zwecken verwenden, als zum Aussprechen eigner, und Bestätigen oder Korrigieren fremder Begründungen: In fiktiven und literarischen Hervorbringungen, Gesängen, Lügen, Witzen, Spielen, Flüchen, Gebeten, rituellen Vollzügen. Auch alles rein rhetorische, beschwörende, beteuernde und auf „Wirkung“ (ohne Einsicht) berechnete, das „performative“ also, gehört hierher. Ebenso wahrscheinlich weite Bereiche des „small talk“, der NormalUnterhaltung, wo Gefühle und Einstellungen gezeigt und ausgedrückt werden sollen, oder Gemütlichkeit und Zerstreuung erzeugt werden sollen. Das Reden mit Wesen, die offenbar prinzipiell nicht antworten können, wie mit Haustieren oder Gegenständen, gehört dazu; schliesslich wohl auch die Rede der Verrückten (die ebenfalls nicht wörtlich zu nehmen ist, sondern Ausdruckswert zu haben scheint – wenn überhaupt), und, im weitesten Sinne, alle dementierten, versehentlichen Äusserungen (Versprecher, offenbare Irrtümer).
Hingegen kann das „laute Denken“ und „Für sich- oder Beiseitesprechen“ sehr wohl Begründungscharakter haben (und zum Verstehen beitragen); obschon es vielleicht nicht ausdrücklich für die Ohren eines Hörers bestimmt ist. Was wirklich zählt, ist aber nur die offene, absichtliche Rede – nicht das Resultat eines Belauschens. (So sagen wir etwa: Wir stellen jemand zur Rede…)
Auch witzige oder poetische, metaphorische Rede kann echte Rede sein; wir finden dann eine prosaische Übersetzung, die gleiche Bedeutung hat – aber der Witz ist weg.
Von solchem nicht begründenden Reden gibt es dann folgende wesentliche Formen:
Die erste ist das Reden im Rahmen einer Kontrolle, ob und wie weit jemand noch fähig zu normalen Begründungen ist: der Sprecher führt dann dem Hörer, in entsprechenden Test-Situationen, seine Rede- und Begründungsfähigkeit vor. Dazu gehört zum Beispiel die Nennung alles dessen, was sich in einer Begründung von selbst versteht: Schlüsse, Begriffszusammenhänge, und was eine implizit bereits hinreichende Begründung nur expliziert, ohne zu ihr etwas hinzuzufügen; oder Beschreibungen, die nicht der Information des Kontrollierenden dienen, sondern ihm zeigen sollen, was der Kontrollierte von dem wahrnehmen kann, was der Kontrollierende wahrnimmt; oder Aufforderungen, denen der Kontrollierte nachkommt, zu keinem andern Zweck, als um zu zeigen, was er kann, und was nicht (übrigens die einzige der drei genannten TestSituationen, in denen er seine Fähigkeiten dissimulieren kann).
Die zweite Art uneigentlichen und nichts begründenden Redens (von Redefähigen) ist die Verwendung von Redeweisen, die auch in „ernstgemeinten“ Begründungssituationen auftauchen könnten (und dort vielleicht als fehlerhaft und korrekturbedürftig aufgefasst werden könnten), aber nicht als Begründung gemeint sind, sondern, wie wir schon sagten, andern Zwecken dienen, dem Phantasieren, Scherzen, Spielen, Täuschen, Plaudern, Klagen, Trösten, Fluchen, Beten, Anfeuern, Beruhigen usw.. – auch alle rituelle Rede gehört hierher. Die Reichweite dieser Art zu reden wird stark unterschätzt; obschon sie immer von der ernsthaften Rede und deren Bedeutungen abhängt (und ansonsten ins rein Expressive oder Musikalische abgleiten würde), scheinen manche Bedeutungstheoretiker sie für die einzige, und das begründende nur für eine spezielle Abart dieses Redens zu halten; aber vielleicht meinen sie es auch nicht so.
Die dritte Art der uneigentlichen Rede wäre die „ernstgemeinte“, die sich aber (wie der Sprecher später selbst zugibt) als korrekturbedürftig erweist. Die Unkorrigierbarkeit für uns unverständlicher und nicht nachvollziehbarer Äusserungen, die auch nicht als eine der Formen uneigentlicher Rede interpretiert werden können (was, in gewissem Sinn, auch eine Art Korrektur darstellen würde), macht diese scheinbaren Äusserungen sinnlos – man könnte sagen: die vorläufige Hypothese, dass sie, als Realisierungen eines für uns mit Bedeutung (und das heisst: begründender Kraft) versehenen Äusserungs-Typs, auch diese Bedeutung haben würden, wird „falsifiziert“. Denn nicht jedes Realisieren eines Äusserungsmusters ist eine Äusserung; sonst könnten Fernseher sprechen. (Auch dies ist eine Auffassung, der leider manche Bedeutungstheorien bedenklich nahe kommen.)
Als Spezialfall der ersten oder dritten Art, ganz wie man will, lässt sich vielleicht eine vierte Art des Sprechens auffassen: „Probe“ – Sprechen zur Erst-Verständigung mit dem andern, also in Situationen, wo man die Sprache (die Redeweisen, die Äusserungs-Typen, den Idiolekt) eines Andern erst noch verstehen lernen muss. Etwas von der Art findet auch noch statt, wenn jemand, mit dem wir uns bereits verständigen können, eine neue, noch nicht bekannte Ausdrucksweise (das kann auch die homonyme Verwendung einer bereits eingeführten Redeweise sein) durch Beispiele, die er nennt, oder eine Bedeutungs-Erklärung, die er uns gibt, einzuführen versucht: dass er es explizit ankündigt, heisst nicht, dass es ihm auch gelingt. Ganz ebenso, wie in einem solchen, einzelnen Fall das Verstehen scheitern kann, weil da nichts zu verstehen ist (die angebliche Beispielsreihe keine Regelmässigkeit erkennen lässt oder zu vieldeutig ist; die angebliche Erklärung widersprüchlich und verworren erscheint – also keine Beispielsreihe für eine eindeutig identifizierbare Regel vorliegt, bzw. keine Erklärung einer Bedeutung) – genauso kann ein Verhalten, das zunächst wie ein denkbares Sprachverhalten („Probereden“) aussah, sich (nach einer hinreichenden Zahl von definierten Probedurchläufen zum Versuch einer Verständigung) als nicht deutbar und unverständlich erweisen. Die Beteuerung eines Sprechers, dass seine Beispiele und Erklärungen hinreichten, wird leider nicht zu einem Verständnis helfen; eher wird, wenn der Vorgang sich wiederholt und ausbreitet, bei uns sich die Vermutung einstellen, dass seine, mit den bis dahin üblichen Worten gemachten, angeblichen Definitionsankündigungen keine mehr sind.
Auch hier würden manche Bedeutungstheoretiker uns widersprechen, und behaupten, dass niemals bewiesen werden kann, dass ein Verhalten kein Sprachverhalten ist. Dem können wir nur zustimmen; Bedeutung, Verstehen haben nichts zu tun mit dem Feststellen des Bestehens oder NichtBestehens von beweisbaren Sachverhalten, sondern mit dem Aufstellen und Aufgeben von Hypothesen nach definierten Regeln in umschriebenen Situationen. Es kann sich nur darum handeln festzulegen, wann entweder ein Zweifel an der Verstehbarkeit des andern sinnlos ist – und wo wir also sinnvollerweise vom Probesprechen (sei es zur Erst-Verständigung, sei es zur Neu-Verständigung) zum normalen, eigentlichen Sprechen und uns Verständigen mit dem andern übergehen; oder aber, wann weitere Versuche eines Verstehens und Interpretierens nicht mehr sinnvoll erscheinen – und wo auf einen Umgang mit dem andern Wesen zurückgegriffen wird, der nicht auf einem probeweisen Ernstnehmen „potentiellen“ Äusserungen (und Sichdrauf-Verlassen) beruht – wo man die Frage der Bedeutungshaltigkeit bestimmter Verhaltensweisen bei ihm und dies einer potentiellen Verstehbarkeit offenlassen muss. Hierzu ist allerdings ein wichtiger Zusatz zu machen. Dieses Offenlassen muss nämlich definitiv enden, wenn wir über die Funktionsweise eines Wesens vollständig informiert sind; die Frage, ob es Dispositionen irgendwelcher Art aufweist, die wir als Dispositionen zu Sprach-Verhalten deuten können, muss dann entschieden werden können. Denn, alle Unentschiedenheit in diesem Punkt wäre einzig eine unseres Sprachbegriffs; und dieser Begriff hat seine Wurzel in unserer Praxis zu jedem Augenblick, etwa diesem jetzt: Sprechenkönnen heisst, mit mir, der ich dieses schreibe, und meinen Lesern, die es lesen und verstehen können, in entscheidenden Hinsichten gleichzusein.
Die Unsicherheit, das rein Hypothetische, in Zu- und Aberkennung der Sprachfähigkeit des Andern bezieht sich also einzig und allein auf die (durch blosse Beobachtung seines Funktionierens, von aussen, nicht vollständig erschliessbare) Funktionsweise – die Menge aller Verhaltensdispositionen (vor allem der Dispositionen zu Interaktionen mit uns, angesichts bestimmter Probe-Interaktions-Angebote von unserer Seite), die an ihm sind; nicht hingegen auf die Beurteilung dieser Dispositionen, soweit sie bekannt sind. Übrigens ist auch diese Beurteilung nicht ganz dasselbe wie das Feststellen des Bestehens oder Nicht-Bestehens eines Sachverhalts – wenn auch Beurteilungen Momente eines solchen Feststellens sind. Die empirische Seite wäre mit dem Ermitteln der Dispositionen (auf gleich welchem Wege; von aussen können sie bekanntlich nur erraten werden) erledigt; die Beurteilung hingegen ist das Feststellen blosser Begriffszusammenhänge: die Frage, welche Dispositionen Sprachfähigkeit ausmachen würden, wenn sie vorlägen, kann beantwortet werden, ohne eine einzige tatsächliche Disposition vor sich zu haben.
Wenn wir nun versuchen, die vier genannten Formen uneigentlicher Rede zu überschauen, dann könnten wir sie so anordnen:
beim Verstehen-Lernen (Typ 4) muss der Kontext allein das Verständnis ermöglichen – das ist die Grundlage für das Folgende;
beim „eigentlichen“ uneigentlichen Reden haben wir einen Text, der aufgrund der Sprachdeutung eine Bedeutung hätte , die aber – zum Zeitpunkt der Äusserung – nicht in den Kontext einer Begründung passt – wohl aber in den eines der genannten anderen Zwecke – wenn aber nicht: dann muss es sich entweder um eine Form des in Kontroll- und Prüfsituationen (Typ 2) korrigierbar-fehlerhaften oder umzudeutenden Redens (Typ 3) handeln – oder um eine als vorläufig zweckmässigerweise nicht mehr auf ihre Bedeutungshaftigkeit zu prüfende, leer gewordene frühere Redeweise.
Wir sehen: Der Kontext, die bestimmte Sequenz aus Ereignissen, Verhaltensweisen, (potentiellen) Äusserungen und Äusserungen, unsererseits wie auf seiten des andern, ist es, die Beeutung stiftet. Sie stiftet sie in der Elementarsituation – in der Situation der „verkehrten“ Rede, die wir nicht mehr als ernsthafte ansehen können (sie es, dass wir sie als uneigentliche interpretieren, sei es, dass sie zurückgenommen wird, oder von uns umgedeutet wird („offensichtlich anders gemeint ist“). Wir schalten grundsätzlich hin und her zwischen dem UnsVerlassen auf die Bedeutungshaftigkeit der Realisierungen von (im Typ-4Reden hypothetisch gedeuteten) Äusserungstypen des andern – und dem Verzicht auf Verständigung; Schaltstelle sind jedesmal Prüf-Sequenzen, in denen, an genormten Äusserungssituationen, das potentielle Reden des Andern validiert (gedeutet) wird.
Nun behaupten wir:
ES SIND EXAKT DIESELBEN BEDINGUNGEN, DIE IN TYP-4-SITUATIONEN ZU EINER (ÜBERSETZUNGS)DEUTUNG FÜHREN, DIE (WIEDER) EINGEHALTEN WERDEN MÜSSEN, WENN a) hinter den uneigentlichen die eigentlichen Äusserungen erfragt werden und realisiert werden sollen, b) die korrekturbedürftigen Äusserungen durch nicht mehr korrekturbedürftige (des Andern) oder andere Verständnisse (Interpretationen) (bei uns) ersetzt werden, UND ES SIND EXAKT DIESELBEN, DIE ALLZU REGELMÄSSIG VERLETZT WERDEN, WENN c) wir an der Erreichbarkeit einer Verständigung verzweifeln und die Verstehbarkeit des Andern offenlassen (es sei denn, wir könnten die Sache zu einer Entscheidung bringen, durch vollständige Kenntnis all seiner physischen Dispositionen).
Der „Idiolekt“ des Andern, seine Redeweise oder „Sprache“, ist nichts andres als die vollständige Belegung aller Rollen, die mit Äusserungstypen besetzt sein müssen, wenn wir dem Andern Sprachfähigkeit, Verständlichkeit-für-uns, Übersetzbarkeit-seiner-Äusserungen-in-solchevon-uns, zuschreiben können sollen – Rollen, die allesamt in enger Beziehung stehen zu den jeweils zugehörenden Einführungsbedingungen bzw. Bedingungen der Aufrechterhaltung der Verstehbarkeit
(Korrekturbedürftigkeits- und Korrigierbarkeitsbedingungen), und ebenso zu den Bedingungen des Wieder-Unverständlichwerdens. Wir haben nun eben behauptet, dass diese Bedingungen eigentlich alle dieselben sind.
Die VOLLSTÄNDIGKEIT dieses von uns behaupteten Systems sprachlicher Rollen, ebenso wie ihre Bezogenheit aufeinander, ihr Zusammenarbeiten im normalen Reden, wäre dadurch garantiert (wenn diese unsere allererste Behauptung vom Beginn dieser Abhandlung stimmt), dass „eigentliches“ Reden (von dem alle andern Formen bloss abgeleitet sind, weil ohne es nicht einmal von Korrekturbedürftigkeit, uneigentlicher REDE oder Nicht-MEHRVerstehbarkeit gesprochen werden könnte) BEGRÜNDEN ist.
Das System der Stellen in einer VOLLSTÄNDIGEN BEGRÜNDUNG wird uns dann das VOLLSTÄNDIGE System der (unabhängig voneinander definierten) sprachlichen Rollen (mit je ihnen zugehörigen Einführbarkeits- usw. Bedingungen) liefern – mithin definieren, worin SPRACHFÄHIGKEIT besteht. Zugleich wird es uns das System der „Geltungswerte“ liefern; denn diese sind nichts andres als die je nach Äusserungsklasse (sprachlicher Rolle) unterschiedlichen Ausdrücke, mit denen Gültigkeit und Ungültigkeit von Begründungsbestandteilen unterscheiden (es gibt mithin soviel Geltungswerte, wie Stellen in einer (vollständigen) Begründung, an denen sich jeweils Äusserungen mit ein und derselben Rolle ausschliessen – und mithin gibt es auch soviele Geltungswerte, wie Äusserungsklassen („Rollen“) mit unterschiedlichen Einführungs- usw. Bedingungen.
Zu allen Geltungswerten gehört aber auch die spezifisch psychologische Zuschreibung der nicht vorgetäuschten (subjektiv ernstgemeinten), aber korrekturbedürftigen „inneren Einstellung“: Die Stellen der vollständigen Begründung werden uns also zu den Geltungswerten (gegebner Äusserungen) das System der jeweils zu ihnen gehörenden Formen des Verfehlens der korrekten Äusserung, sowie das System der psychologischen „Fremdzuschreibungen“ auf der Basis inkorrekter (korrekturbedürftiger), aber subjektiv ernst gemeinter Äusserungen liefern.
Wenn Sprechen Begründen ist, dann ist Sprachfähigkeit Begründungsfähigkeit; und so, wie eine Begründung entweder korrekt ist und begründet, oder nichts ist, so wird sich erweisen, dass Sprachfähigkeit und Verstehbarkeit für uns entweder ganz und gar besteht – oder garnicht.
Die letztere Behauptung wird man nicht so leicht einsehen, zumindest dann nicht, wenn man die Restriktionen ausser acht lässt, die sich ergeben aus der Notwendigkeit einer, wie wir es eben nannten, Bezogenheit von Äusserung(styp)en aufeinander, ihrem Zusammenarbeiten in einer Begründung (einer vollständigen, korrekten; alles Pleonasmen, denn anders wäre sie keine). Fragen der Art, was woraus folgt und also damit begründet werden kann, was durch etwas Gesagtes mit-gesagt (impliziert) und was dadurch ausgeschlossen ist (d.h. ihm widerspricht), untersucht für gewöhnlich die LOGIK.
Wer „Logik“ hört, denkt im allgemeinen an „logisches Schliessen“ – Logik hat etwas mit den „Regeln“ des Schliessens aus vorgegebenen Äusserungen zu tun. Manche gehen oder gingen sogar soweit, dies Schliessen mit „Denken“ schlechthin zu identifizieren. Nun sind Schliessen und Schlussfolgern etwas sehr alltägliches, und niemand braucht sich von Logikern sagen zu lassen, wie er es richtig zu machen hat; wenn er es nicht beherrschen würde, wüsste man nicht, wie man’s ihm beibringen könnte – aber, noch mehr: an unserer alltäglichen Praxis (etwa an beispielen daraus) überprüfen und vergegenwärtigen wir uns, ob die allgemeinen, von Logikern aufgestellten Regeln über unser Schlussfolgern tatsächlich diejenigen sind, die wir in unsern alltäglichen „Schlüssen“ anwenden.
Die Logik ist damit die theoretische Disziplin par excellence, in der Regelmässigkeiten, an die sich jeder hält, in die Form von Regeln gebracht („expliziert“) werden. Solche Disziplinen nennen wir „explikativ“; Grammatik, vielleicht auch gewisse mathematische Disziplinen, aber auch viele philosophische gehören (zumindest dem Anspruch nach) dazu. Was Regeln sind, was Regelexplikation, das wird uns im folgenden noch sehr ausführlich beschäftigen.
Wir schliessen „logisch“ aus vorgegebenen Äusserungen („Prämissen“) generell eigentlich nur auf folgendes: entweder auf etwas, das damit auch geäussert bzw. durch die äusserung impliziert ist (in ihr mit „eingeschlossen“); oder auf etwas, das gleich lautet – wie dasselbe auch hätte ausgedrückt werden können; oder wir schliessen, dass damit andres nicht mehr gesagt sein kann (dass es durch die Äusserung ausgeschlossen ist – und nur wieder gelten kann, wenn die Äusserung, aus der wir schliessen, zurückgenommen oder sich als ungültig erweisen würde.)
Wenn jemand eine Äusserung macht, dann ist eine notwendige Bedingung dafür, dass er auch wirklich meint, was er sagt, dass er irgendeiner Einzelheit, die durch die Äusserung impliziert wird, auch zustimmen würde, und alles verneinen würde, was durch die Äusserung ausgeschlossen ist; sonst würden wir ihn nicht verstehen (wir wüssten nicht, was er nun eigentlich meint, bzw. gesagt haben wollte).
Auch das schlussfolgernde Sprechen könnte man übrigens ein explizierendes nennen; das, woran man sich zu halten hat, wenn man die vorgegebenen Äusserungen macht, wird ja in Schlussfolgerungen bloss noch einmal ausgesprochen. Es ist aber ein Unterschied, ob zum ersten Mal überhaupt eine Regelmässigkeit benannt und ausdrückbar wird (wie es in neugeschaffenen explikativen Theorien geschieht), oder ob die Verknüpfungen zwischen bekannten und benannten Regelmässigkeiten ausdrücklich (explizit) offengelegt werden. Das eine könnte man analytisch-explikativ, das andre synthetisch-explikativ (nämlich begriffs- und ausdruckserzeugend) nennen. (Ein Spezialfall wäre, dass man allerdings die Ausdrücke für eine analytische Explikation erst erfinden müsste, durch synthetische Explikation – auch elementare Begriffe können fehlen!)
Dafür, dass aus einer Äusserung etwas folgt (oder mit ihr zugleich gesagt ist), gibt es eine sehr einfache Probe. Wir müssten uns vorstellen, dass jemand die Äusserung macht, und unmittelbar danach, so als ob er uns etwas zusätzliches sagen würde, eine der Schlussfolgerungen aus seinen Äusserungen ausspricht. Wenn jemand so etwas macht, dann wundern wir uns: er hat dasselbe zum Teil oder ganz noch einmal gesagt („dasselbe noch einmal gesagt“ heisst griechisch: Tautologie – und so nennt man alle überflüssigen Äusserungen oder auch Bestandteile von Äusserungen, die nur wiederholen, was schon (mit)gesagt war durch unmittelbar vorangehende). Und wenn er nicht einen ganz bestimmten Zweck damit verfolgt, etwa, diese Folgerung aus dem gesagten besonders hervorzuheben und dergleichen (und das zurecht, weil er nämlich annehmen durfte, dass wir eine solche Hervorhebung vielleicht nötig haben, nicht im von ihm gewünschten Mass aufmerksam sind auf diese Seite seiner äusserung) – dann hat eine solche Äusserung eben keinen Zweck bzw. Sinn – sie ist sinnlos . (Man könnte auch sagen: Es wäre eine Form uneigentlicher, weil inkorreker Rede – oder aber eine, die zu Zwecken geäussert wird, die jenseits des Zwecks, zu begründen, liegen.)
Wenn wir von Dritten gefragt werden, was irgendjemand grade gesagt hat, dann zitieren wir ihn. Manchmal kommt es auch vor, dass jemand die Sprache nicht versteht, in der eine Äusserung gemacht wurde; dann übersetzen wir sie ihm. Beides hat natürlich nichts mit Schlussfolgern zu tun. Wo aber kommt eigentlich das „Schlussfolgern“ vor, von dem die Logik handelt? Wenn klar ist, was jemand gesagt hat (welche (zitierbare- übersetzbare) Äusserung er gemacht hat) – wozu soll dann irgendjemand noch Schlussfolgerungen äussern (ausser zu dem höchst seltenen Zweck, etwas hervorzuheben, was sonst vielleicht der Aufmerksamkeit entgangen wäre)? Sind das nicht immer höchst sinnlose Äusserungen – so dass die Logik also einen höchst sinnlsoen Gegenstand zu haben scheint? Tatsächlich hat das Wissen darum, was mit einer konkreten Äusserung gesagt ist – das Verständnis dieser Äusserung also – , zu tun mit dem Wissen darum, was damit alles impliziert oder ausgeschlossen und womit sie gleichbedeutend („äquivalent“) ist. Und sofern die Logik solche ein- oder Ausschluss- oder Gleichbedeutungszusammenhänge betrachtet, scheint sie also eigentlich mit Erklärungen der Bedeutung jener Äusserungen befasst zu sein, deren erschliessbare „Folgen“ sie untersucht und aufzählt. Oft kann die Frage: Was bedeutet das? (wenn sie nicht auf eine Übersetzung in eine andre Sprache zielt) auch so
formuliert werden: Was folgt daraus?
Im allgemeinen haben Logiker die zweite Frage vorgezogen. Und zwar darum, weil sie ihre Tätigkeit besonders wichtig erscheinen lassen wollten und nicht zugeben wollten, dass jeder, der allein schon die Bedeutung der Ausgangsäusserungen für Schlussfolgerungen kannte, auch diese Folgerungen kennen musste. Das hängt damit zusammen, dass Logiker eine Auffassung von Bedeutung haben oder hatten, wonach man die Bedeutung von zwei Äusserungen sehr wohl schon komplett verstanden haben konnte, und sich trotzdem noch fragen konte, in welcher „logischen“ , nämlich Schlussfolgerungs-Beziehung die beiden zueinander standen. Mit andern Worten: Logiker trennten die Bedeutung von Äusserungen und die logischen Zusammenhänge, in denen sie standen. Und dafür wiederum war der Grund, dass sie dachten, alle Äusserungen seien nach einem sehr einfachen Schema erklärbar. (Die Erklärungen davon abweichender Typen von Äusserungen, die dem Schema nicht unmittelbar entsprachen, sollten dann auf sehr einfache und übersichtliche Weise auf „ihnen eigentlich zurgundeliegende“ oder „in ihnen enthaltene“ Äusserungen, die nach dem Schema erklärbar waren, zurückgeführt werden können.) Demnach drückt jede einfache, elementare Äusserung (die mit
anderen ihresgleichen auch noch den komplexesten Äusserungen zugrundeliegt) aus, dass ein logisches Individuum, etwas von allem andern abgrenzbares und unterschiedenes, dessen Name (oder Kennzeichnung) das grammatische Subjekt eines äusserbaren Satzes bildet, eine Eigenschaft hat, die vom Grammatischen Prädikat des Satzes angegeben wird. Das Zutreffen oder Nichtzutreffen der Eigenschaft auf das genannte Individuum machen dann Wahrheit oder Falschheit des betreffenden Satzes aus.
…
Nun gibt es freilich noch andre Arten des Schlussfolgerns (und Typen von Äusserungen), von denen Logiker allerdings meist nicht sprechen wollten und die sie nicht meinten, wenn sie vom „Folgern“ redeten: das „Schliessen“ auf das Vorliegen einer Disposition aus Beobachtungen beispielsweise, oder das „Schliessen“ auf eine Prognose bezüglich des Verhaltens von jemandem, der gut begründete Absichten geäussert hat und offenkundig gesund und handlungsfähig ist. Für den ersten Fall wurde der Begriff des „induktiven“ Schliessens (und damit der der induktiven Logik) eingeführt; in andern Fällen sprach man erst garnicht von Schliessen und Logik, sondern behauptete, eine „Theorie“ (eine explikative nämlich) aufgestellt zu haben über bestimmte geichnamige „Gegenstände“ (Handlungen, Entscheidungen, Zahlen, Wissen, Erkenntnis, Sprache), wo man in Wirklichkeit nach wie vor Folgerungsbeziehungen zwischen Äusserungen untersuchte, in denen die Tätigkeitswörter vorkamen, die zu den die Gegenstände bezeichnenden Hauptwörtern gehörten. Und immer drehte es sich eigentlich um Bedeutungen und die bekannten, analytischen, nämlichaus der Bedeutung von Ausdrucksweisen „logisch“ folgenden Zusammenhänge von Äusserungen – beziehungen des Aus- und Einschlusses sowie die Beziehung des „gleiches bedeuten wie“.
Manches beim Begründen erinnert nun an das Schlussfolgern:
Auch in Begründungen sagen wir ja, was mit einer gegebnen Äusserung mitgesagt ist. Denn in jeder zu begründenden Äusserung weiss man schon (wenn man sie versteht; aber nur dann kann sie ja auch Äusserung sein), Gründe welcher Art („Rolle“) sie begründen würden – welche „Stellen“ es zu ihrer Begründung zu besetzen gibt. Was man nicht weiss, ist, wie und wann und wo sich das zugetragen hat, was im konkreten Einzelfall diese besondere Äusserung begründet (wenn man die Stellen kennt, kennt mannichtunebdingt ihre Besetzung; hingegen weiss man, welche früheren Äusserungen des Begründenden an welcher Stelle einzusetzen sind – was manalso zur vollständigen Begründung noch wissen müsste).
Nur Angaben bestimmter Art also gehören zur Begründung von Äusserungen bestimmter Art; und da man nach den Begründungen für die begründenden Äusserungen ebenso fragen kann (und diese ihrerseits bestimmte Angaben erfordern), ergibt sich etwas wie eine Stufenfolge von Äusserungstypen, von denen einer das Material für Begründungen der Äusserungen auf der nächsthöheren Stufe liefert, so, wie er selbst durch Angaben des typs, der auf der nächsttieferen Stufe rangiert, begründet wird. Die durch Begründungsbeziehungen in eine Reihe gebrachten Äusserungstypen wollen wir Kategorien nennen.
(Mit den Formulierungen vom Anfang unserer Untersuchung könnte man es auch so ausdrücken: Die Äusserungen ziehen ihre „Sinn“ – Grenzen nicht kreuz und quer durch die denkbaren Spielräume an potentiellen Handlungssequenzen, in die hinein und durch die hindurch wir unsere Pläne bauen; die Unterschiede, die jede Äusserung macht, macht sie an dem Material, das durch eine andere noch übriggelassen ist. Und diese einander folgenden, einander immer mehr präzisierenden Bestimmungen in einer Begründung, von denen die einen die andern voraussetzen, bilden, wenn wir recht haben, die Hierarchie der Kategorien – eine Hierarchie von (mehr oder weniger vollständigen) Begründungsmustern, die – entsprechend dem Grad ihrer Vollständigkeit – weniger oder mehr Ergänzungen, ebenfalls bestimmten Typs, benötigen.) Die eine und höchst wichtige Schluss-Beziehung des
Eingeschlossen- oder Impliziertseins, durch die das Begründen mit dem Schlussfolgern verknüpft ist, haben wir eben bereits angeführt. Damit verbindet sich dann auch die des Ausschlusses aller höher gelegenen Kategorien als die, der die in Rede stehende Äusserung angehört – Äusserungen höherer Kategorien sind von der Begründung ausgeschlossen. Dazu kommt aber noch, dass Gründe (auf einer niedrigeren Kategorienstufe) für eine Äusserung nur in bestimmtem Umfang miteinander vereinbar sind – dass die Begründung einer Äusserung einer Art (Kategorie, Rolle)(die ihrerseits wieder eine Stelle in einer vollständigen Begründung ausfüllen würde), alle andern Begründungen und Äusserungen auf dieser Stufe ausschliesst. Und schliesslich: die Menge von Äusserungen, die zusammen solch eine komplette Begründung (die andre solche Begründungen für Äusserungen derselben Kategorie ausschliesst) ausmachen, würden „gleichbedeutend“ sein mit der so – komplett – begründeten Äusserung: sie wären die Gesamtheit der notwendigen Bedingungen, und sind in ihrer Gesamtheit allesamt notwendig, aber eben gerade auch hinreichend, um die zu begründende Äusserung zu erschliessen . (Man sagt auch: die komplette Begründung ist notwendig-hinreichende Bedingung der durch sie begründeten Äusserung.)(Dass es Gründe dieser und keiner andern Art sein müssen, dafür ist das zu Begründende eine hinreichende Bedingung – es schreibt, wie wir gesagt haben, die Art seiner Begründung vor – wenn auch nicht die speziellen Eigenheiten der begründenden Umstände.)
Wir hatten oben bereits von einigen Arten des Folgerns (und damit, wie wir eben sahen, auch des Begründens) gesprochen, die nicht unbedingt im Blickfeld klassischer logischer Untersuchungen lagen. In diesem Zusammenhang kam dann auch das wort „begründet“ vor: es hiess, wir „schliessen“ auf eine Prognose bezüglich des Verhaltens von jemandem, der gut begründete (Versuchs)Absichten hat (gut begründet, ist dasselbe wie: hinreichend begründet – alle hinreichend-notwendigen Bedingungen für die Haltbarkeit der geäusserten Absichten sind erfüllt) und offenkundig gesund und handlungsfähig ist. Wir hätten gerade so gut als Beispiel anführen können den Fall, wo wir „schliessen“ aus dem Bestehen eines Sachverhalts, den wir selbst beobachtet haben, auf eine Prognose, was jemand sagen wird (spätestens, wenn wir ihn fragen), der ebenfalls anwesend war, so dass er den Sachverhalt ebenfalls beobachten konnte, und der offenkundig nicht blind oder unaufmerksam war. Oder, ein weiteres Beispiel: wir schliessen daraus, dass jemand gute (hinreichende) Gründe für etwas genannt hat, auf die Prognose, dass er auch das dadurch begründete äussern wird (spätestens, wenn wir ihn fragen).
(Statt „Wir schliessen von x auf y“ könnten wir in all diesen Fällen auchsagen: Wir leiten y aus x ab.)
Wenn wir diese drei Beispiele zusammennehmen, könnte sich hinsichtlich des Aufbaus unserer Kategorienhierarchie folgende erste, grobe Vermutung ergeben:
Wir unterstellen – bei andern zumindest – eine Hierarchie von (untereinander durch Folgerungs- und Begründungsbeziehungen verbundenen) Kategorien, die von (von ihnen zuverlässig beobachteten) Sachverhalten zu Handlungen (oder zumindest, wie wir am Anfang sagten, (Versuchs)Absichten) läuft, mit einer Kette von (aus den betreffenden Sachverhalten „erschlossenen“ bzw. durch sie begründeten) Äusserungen (die ihrerseits weitere Äusserungen begründen, bis hin zu Bekundungen der schon erwähnten „gut begründeten Absichten“) dazwischen. Bei uns selbst ist es übrigens nicht sehr viel anders: auch bei uns läuft eine Kette von erschlossenen (und benennbaren, äusserbaren – spätestens, wenn man uns befragt) Zwischenschritten von (vergangenen, erinnerten, und gegenwärtigen) sachverhalten hin zu (Versuchs)absichten, die (anderen) – unter der Voraussetzung, dass wir handlungsfähig und gesund sind, Prognosen hinsichtlich unseres Verhaltens auszusprechen gestatten, so wie uns bei ihnen.
Genauer müssten wir vielleicht sagen: bei uns und andern führen diese Zwischenschritte zu Prognosen bezüglich Handlungen (wenn sie gesund und handlungsfähig sind) unter der Bedingung, dass keine weiteren Korrekturen stattfinden – und wir (sie und wir) überhaupt vernünftig sind. Aber dieser Zusatz ändert nur wenig hinsichtlich der Prognosen, er macht sie nur spezieller: wenn wir nicht korrigieren (oder korrigiert werden), wird dies geschehen, wenn wir jenes sagen (oder gesagt bekommen), jenes, usw. – wichtig an dem Zusatz, der durch die Erinnerung an die Möglichkeit von Korrekturen (von Irrtümern oder Unwissen usw.) hinzukommt, ist nur dies:
gültige Prognosen beruhen immer auf gültigen Begründungen der Absichten, die zu den prognostizierten Handlungen gehören; Prognosen, die unterstellen, dass der andere etwas noch nicht erfahren hat, oder von uns noch nicht korrigiert worden ist, implizieren Prognosen bezüglich dessen, was geschehen würde, wenn der betreffende Korrekturversuch stattgefunden hat (und er ihm – wenn er ihn nicht begründet widerlegen kann – zustimmen kann). In solchen Fällen spätestens, wo alle Beteiligten, uns eingeschlossen, den Eindruck haben, dass alle nötigen Korrekturen stattgefunden haben und alle relevanten Daten ausgetauscht sind, erwarten wir ein Übereinstimmen unserer Begründungen, ebenso der Absichtsbekundungen aller mit den (durch dieselben Gründe begründeten) Handlungserwartungen aller andern ausser ihnen selber. Und das bedeutet: in einer solchen Situation kann man eigentlich alles, was jeder von uns einem bisher nicht beteiligten Zuhörer gegenüber äussern würde, ersetzen durch das, was jeder andere sagen würde – wir würden alle dasselbe sagen (hinsichtlich dessen, was wir und die andern vorhaben, was (von uns selbst oder andern erlebt (und dann glaubwürdig berichtet)) stattgefunden hat, und wie wir unsre Vorhaben daraus abgeleitet (erschlossen) – wie wir unsre (Versuchs)Vorhaben mit unserm (Erfahrungs)Wissen begründen. Das aber heisst nichts andres als: unsre korrespondierenden Äusserungen sind allesamt durcheinander er- und ineinander übersetzbar. Diesen Zustand der vollständigen Übersetzbarkeit der vollständig (hinreichend) begründeten Resultate unserer Erfahrungen würden wir den der vollständigen Verständigung nennen können.
Wir behaupten mithin: Es ist die gemeinsame Logik der von uns, auf beiden Seiten, ausgebildeten Ausdrucksformen, also die Gleichheit ihrer Einbettung in Sequenzen aus „Aussenereignissen“ und Verhalten, mithin die Gleichheit der Begründungsstruktur, die wechselseitige Verständlichkeit und Übersetzbarkeit, im angegebenen Sinn, ermöglicht – auch ganz ursprünglich, beim Zuordnen unserer Ausdrucksformen in den spielerischen interaktionen, durch die wir uns verstehen und übersetzen lernen.
Die Rolle in einer (vollständigen) Begründung, die die Realisierungen eines Äusserungstyps spielen (wie sich in langen Beispielsreihen verlässlich zeigt; nur dadurch zeigt sich, dass da ein Typ ist), ist auch schon das einzige, wodurch ihre Bedeutung überhaupt charakterisiert (und zu ihren Entsprechungen bei uns ins (Übersetzungs)Verhältnis gesetzt werden kann); es ist mithin auch diese Rolle, die ihre Einführbarkeits- (Lernbarkeits-, Übersetzbarkeits-, (NIchtmehr)Verstehbarkeits-, Korrigierbarkeits-) Bedingungen liefert. Wir könnten es kurz so sagen:
1. Man kann einen Ausdruck nur dann als Ausdruck verstehen lernen, wenn wir bemerken, dass der andre ihn als Belegung für
eine der in einer Begründung vorgesehenen Rollen verwendet; und umgekehrt:
2. Wir verstehen Ausdrücke weiterhin, wie eingeführt, wenn wir sie (und jeder unseresgleichen) – weil sie diese ihre Rolle wie bei ihrer Einführung weiter spielen – jederzeit wieder neu übersetzen lernen könnten – wenn die urspürnglichen Übersetzbarkeits- und Einführungsbedingungen für sie als Ausdrücke jederzeit gegeben sind.
3. Beim Ein- und Vorführen unserer Ausdrucksweisen können wir nun nichts andres machen, als sie eben versuchsweise gebrauchen – indem wir versuchsweise, vor dem andern, begründen; und wir werden damit nicht aufhören, wenn wir es nicht mehr versuchsweise tun, sondern uns, auf Grundlage der Bekanntschaft,die wir beim Probebegründen mit den Ausdrucksweisen des andern gemacht haben, durch weiteres Begründen mit ihm verständigen.
Uns und den andern bleibt also mithin nichts, als das zu tun, was wir ohnehin tun: reden; also begründen. Wir reden, versuchsweise, während wir uns verstehen (und übersetzen) lernen; wir reden wieter, wie wir’s getan haben, wenn wir uns auf die hergestellten Übersetzungs- und Verständnisbeziehungen glauben verlassen zu können; wir reden, in Situationen, wo Verdacht auf Missvertändnisse und Fehler aufkommt, vorübergehend, in Kontrollmanier, versuchsweise; und lernen dabei wiederum, uns aufeinander zu verlassen – oder hören auf, miteinander zu reden.
Kapitel 2
Thesen zu Kapitel 2
1. Alles Begründende stammt aus der Erfahrung des Begründenden: Selbsterlebter, und (für ihn) glaubwürdig berichteter. Erfahrung, sei es eigne, sei es fremde, zerfällt aber wieder: in (zuverlässig) Beobachtetes, und Empfundenes – Inhalte fremden, oder eignen, vergangenen Erlebens. Das Begründende hat durchgängig Erlebnischarakter – das Begründete hingegen ist Inhalt von Absichten und hat Absichtscharakter. Alles Beabsichtigte ist abgeleitet aus Erfahrung; begründet sein, bzw.
korrekt abgeleitet sein aus tatsächlich Empfundenem und tatsächlich und zuverlässig Beobachtetem, und Beabsichtigtsein (als vernünftige Absicht verstehbar sein) ist dasselbe.
1a. Das korrekte Ableiten von Absichten aus Erfahrung, also das, was zu korrekt begründeten (und als solche äusserbaren) Absichten führt, ohne noch Erleben zu sien, kann Denken genannt werden. Was geschehen ist, also zuverlässig beobachtet wurde (auch von andern, wenn sie glaubwürdig sind), wird berichtet; Empfindungen, das „innerlich Erlebte“, werden bekundet (oder mitbekundet, anerkannt, wenn ihre Bekundung durch einen Sprecher glaubwürdig ist, nach allem, was man weiss); die Inhalte des Denkens dagegen werden expliziert: für den Inhalt des Denkens kommt es nicht darauf an, dass etwas tatsächlich stattgefunden hat, wenn nur die korrekten, „vernünftigen“ Konsequenzen daraus gezogen werden – wenn nur korrekt angegeben wird, was daraus folgen würde, wenn vernünftige Ab-
sichten daraus folgen sollen.
1b. Um sagen zu können, was Inhalt des Denkens und Beabsichtigens, bzw. explikativer und absichtsbekundender Äusserungen sein könnte, werden wir die Konjunktion „weil“ zu betrachten haben, mit der man Begründungszusammenhänge anzeigt.
Eng verwandt mit „weil“ – Äusserungen sind bekanntlich „wenn – dann“ – Äusserungen… Sie kommen in folgenden Formen vor:
1. in bedingten Absichtsbekundungen, 2. in Regel-Bekundungen;
3. in Hypothesen 4. in logischen Regel-Bekundungen, die wir Explikationen nennen wollen –
das Äussern solcher Bekundungen soll „Explizieren“ heissen; wiederum ein Spezialfall davon ist die undatierte, „hypothetische“ Angabe dessen, was ganz allgemein von einem Sprecher als vernünftig (begründet), nachvollziehbar, übersetzbar (verständlich) usw. angesehen würde. Das System dieser Regeln bei einem Sprecher ist seine Grammatik; die vollständige Explikation eines zusammenhängenden Teilgebietes unserer Grammatik wollen wir seine Logik, und die der gesamten Grammatik die Logik nennen.
1c. Eine Begründung, in deren „weil“ – Teil nur Erfahrungen stehen, könnte durchaus hinreichend und einleuchtend sein für einen Hörer in einer gegebenen Situation. Die meisten Begründungen führen aber nebeneinander Regeln und Erfahrungen an – wenigstens solche Erfahrungen, die als Regelanwendungsfälle der zur Begründung angeführten Regeln gelten; zur formalen Korrektheit einer Begründung gehört dann natürlich, dass das Begründete (die begründeten Absichten) wenigstens eine spezielle Befolgung jeder der in der Begründung angeführten Regeln darstellen würde, wenn es ausgeführt würe.
2. Das Weglassen der relevanten Regeln und das alleinige Anführen von Regelanwendungsfällen bedeutet, dass die Begründung an dieser Stelle IMPLIZIT ist; mit Nennung der Regel ist sie EXPLIZIT. Die Regeln, die die Begründung explizit machen, können aber auch selbst (durch jeweils relevante Bestandteile der Vorgeschichte) begründet werden; und auch diese Begründungen können im- oder explizit sein. EXPLIZITE VOLLSTÄNDIGKEIT wäre erreicht, wenn jemand, sei es punktuell, sei es durch-
gehend, seine Geschichte so ausführlich erzählen würde (oder wenigstens die aus seiner Erfahrung ableitbaren Regeln so vollständig anführen würde), dass sie als REGELANWENDUNGSFALL VON REGELN DER GRAMMATIK be-
greifbar wird, IMPLIZITE VOLLSTÄNDIGKEIT hingegen, wenn sich die begründete Absicht aufgrund der zuvor bekundeten Regeln als deren Befolgung im Fall der gegebnen Situation (bzw. deren Vorgeschichte)(als Regel-Anwendungsfall) verstehen lässt.
3. Implizite Vollständigkeit: als Reproduktionsmodell – bzw. als „vollständig“ besetzte Form „vernünftiger“ Planung.
A.
Doch was ist das Begründen, dass wir uns durch Begründungen sollen verständigen können?
logik-leitfaden: begründungsstruktur (vollkommene begr.); welche sprachspiele kommen vor? (mit A. gefragt: was taucht in erzählungen auf, muss gesagt werden, weil es einen unterschied macht?) kategorien-verbindungen?
(Implizit: nur erfahrungsaustausch. alles begründen ist nennen der relevanten erfahrungen. explikation = bereits kontrollsprachspiel.
–> textstücke aus „mentale prädikate“
sonderrolle der empfindungen! –> ev, eigenes kapitel A1?)
Kapitel 2
Alles Begründende stammt aus der Erfahrung des Begründenden: Selbsterlebter, und (für ihn) glaubwürdig berichteter. Erfahrung, sei es eigne, sei es fremde, zerfällt aber wieder: in (zuverlässig) Beobachtetes, und Empfundenes – Inhalte fremden, oder eignen, vergangenen Erlebens. Das Begründende hat durchgängig Erlebnischarakter – das Begründete hingegen ist Inhalt von Absichten und hat Absichtscharakter. Alles Beabsichtigte ist abgeleitet aus Erfahrung; begründet sein, bzw. korrekt abgeleitet sein aus tatsächlich Empfundenem und tatsächlich und zuverlässig Beobachtetem, und Beabsichtigtsein (als vernünftige Absicht verstehbar sein) ist dasselbe.
Alle mit andern austauschbare (und sie muss austauschbar sein, sonst verdient sie den Namen nicht, wie wir noch sehen werden) Erfahrung – und nur sie – macht einen Unterschied im Handeln, begründet aus ihr ableitbare Pläne; was immer wir begründen könnten, können wir nur dadurch, dass wir einen, nämlich den jeweils für das Begründete relevanten, Teil unsrer Erfahrung anführen. Selbst die Unterscheidung dessen, was (im Hinblick auf unsre Planungen) wichtig ist und Aufmerksamkeit verdient und was nicht, ist durch Erfahrung begründet; sodass in jeder Begründung, wenn sie ganz ausführlich würde, unsre gesamte Erfahrung angeführt werden könnte als Grund für unsern gegenwärtigen Plan. Das Gesamt unserer Erfahrung, in jedem Augenblick, ist, als vollständige Begründung dessen, was wir in diesem Augenblick zu tun beabsichtigen, zugleich eine Belegung des Kategoriensystems, als das wir die vollständige Begründung auffassen.
Das Kategoriensystem, das MUSTER ALLER VOLLSTÄNDIGEN BEGRÜNDUNGEN, unabhängig vom gegebnen Erfahrungsstand (und noch vor Belegung durch das aus dem Erleben stammende Material), ist zugleich das Muster aller denkbaren Erfahrungs-Geschichten, oder kurz: Geschichten.
In einer Geschichte, die bis zu einem bestimmten Punkt gediehen ist, und ab da offen ist, dient das bis dahin Erfahrene als Grund für das in diesem Moment geplante; doch gilt das auch für jeden Punkt der Geschichte. Noch nachträglich also begründen die vergangenen Teil-Geschichten jeder Geschichte die vergangenen Pläne, die man hatte; die Erlebnisse (und Berichte und Bekundungen anderer), die man dann beim Ausführen der Pläne hat, verlängern die Geschichte. Denn: Absichten, soweit sie überhaupt festliegen, folgen aus Erfahrung, und verlängern sie nicht; nur weiteres Erleben verlängert die Geschichte. Doch muss sie, um nicht irgendein Ereignis-Konglomerat zu sein, sondern SINN ZU MACHEN, durch solche Erlebnisse fortgesetzt werden, die den begründeten Absichten entsprechen, und also den Versuchen, sie zu realisieren, entspringen. Um Sinn zu machen: das ist ganz buchstäblich zu nehmen; denn anders wären die Äusserungen einer Person, die eine Geschichte hatte und fortsetzen könnte, nicht mehr verständlich; und ihr Verhalten nicht als Handeln, und Fortsetzung ihrer Geschichte zu verstehen, so wie sie nicht mehr als diese besondere Einzelperson, Fortsetzerin dieser Geschichte mit diesem ihr zugehörigen Handlungsspielraum.
(Das zuletzt Gesagte kann man auch so ausdrücken: Das Erleben des Scheiterns von aus der vorangehenden Erfahrungen begründeten Absichten kann zu nichts anderm, als neuen, veränderten Absichten führen (die dies Scheitern berücksichtigen, und durch die Erfahrung dieses Scheiterns wesentlich mit-begründet sind); wenn aber alle Absichten nie zu Realisierungen führen, und wir also unsre Handlungsfähigkeit verloren haben (und nur noch sprechen können), dann ist unsre Existenz sinnlos geworden, und unsre Geschichte hat die Grenze zur Sinnlosigkeit überschritten. All unser Sprechen wäre dann nichts andres als ein Reden über blosse Möglichkeiten ; ein rein explikatives Sprechen, mit dem wir uns aufsagen, was in welchen Fällen (und Fortsetzungen unserer Geschichte) vernünftig zu tun wäre – wenn wir es tun könnten.)
Das korrekte Ableiten von Absichten aus Erfahrung, also das, was zu korrekt begründeten (und als solche äusserbaren) Absichten führt, ohne noch Erleben zu sein, kann Denken genannt werden. Was geschehen ist, also zuverlässig beobachtet wurde (auch von andern, wenn sie glaubwürdig sind), wird berichtet; Empfindungen, das „innerlich Erlebte“, werden bekundet (oder mitbekundet, anerkannt, wenn ihre Bekundung durch einen Sprecher glaubwürdig ist, nach allem, was man weiss); die Inhalte des Denkens dagegen werden expliziert: für den Inhalt des Denkens kommt es nicht darauf an, dass etwas tatsächlich stattgefunden hat, wenn nur die korrekten, „vernünftigen“ Konsequenzen daraus gezogen werden – wenn nur korrekt angegeben wird, was daraus folgen würde, wenn vernünftige Absichten daraus folgen sollen. (oder, was – bei gegebnem Erfahrungsstand – wir, und jedes vernünftige Wesen an unserer Stelle, zu versuchen beabsichtigen würden).
(Man könnte deswegen die Erläuterung am Ende des letzten Abschnitts auch so ausdrücken: Wenn unsre Handlungs- (und übrigens auch unsre Erlebnisfähigkeit) erlischt, dann können wir nur noch denken: nur noch für mögliche (vorgestellte) Fälle sagen, was in ihnen vernünftig wäre – und so das Feld aller Möglichkeiten, das Feld des Denk- und Vorstellbaren, abschreiten.)
EXKURS:
Da die Glaubwürdigkeit von Absichten von der Glaubwürdigkeit der sie mit begründenden Empfindungen abhängt, wollen wir auch von Absichten und allem, was Absichtscharakter hat, sagen, dass es bekundet wird. Inhalt reiner Bekundungen ist also alles, was „inneren Erlebnischarakter“ hat; bekundet, im weiteren Sinn, wird, was davon korrekt abgeleitet ist. Da es keine Rede gibt, die einen Unterschied im Handeln (oder wenigstens den Absichten, die es realisieren soll) macht, die nicht durch ihre Äusserung das nachfolgend noch Bekundbare festlegt, ist mithin alle Rede dieser Art (sofern sie einen Unterschied macht) wenigstens auch Bekundung – im weiteren Sinn). Wen das verwirrt, für den sei wiederholend erläutert:
Wir nennen REINE BEKUNDUNG die (glaubwürdige) Äusserung von Empfindungen und erlebten inneren Zuständen; von diesen Zuständen wiederum hängt die Glaubwürdigkeit der „bekundeten“ (Versuchs)Absichten ab – davon, und von den (zuverlässig und glaubwürdig beobachteten und als solchen berichteten) Tatsachen der (äusseren Erfahrungs)Vorgeschichte. Die äussere Erfahrungsgeschichte – das, wovon ein Begründender zumindest zurecht glaubt , dass es sich ereignet hat – macht (begründet) in jedem Fall einen Unterschied in seinen (Versuchs)Plänen – ganz gleich, welche seiner Überzeugungen auf zuverlässigen Beobachtungen (eigner oder fremder, glaubwürdig berichteter) beruhen, und welche nicht. Wahrheit und Falschheit sind zwar eine weitere Dimension der Beurteilung (von aussen) solcher berichtender Äusserungen; doch haben sie in jedem Fall einen Bekundungsanteil – dadurch, dass sie (Versuchs)Absichten zu Konsequenz haben, die, wenn der Betreffende nicht noch erfolgreich korrigiert wird, entsprechend seinen Empfindungen (sofern er glaubwürdig bleiben soll) auch in die Tat umgesetzt werden müssen – nämlich als korrekte Konsequenzen falscher und auf eigner oder fremder Fehlwahrnehmung usw. beruhender Überzeugungen. Das also ist der theoretische Grund, weshalb wir in unserer groben grammatischen Terminologie darauf bestehen, von einem „Bekundungsanteil“ auch berichtender Äusserungen zu sprechen – also demjenigen in und an ihnen, was – ohne weitere (übrigens auch Selbst)Korrekturen – hinsichtlich der nachfolgenden Handlungen bestimmte Konsequenzen erzwingt.
Von den Empfindungs-Äusserungen hingegen behaupten wir, dass sie ausschliesslich diesen Bekundungsanteil haben; deshalb nennen wir sie „reine“ Bekundungen. Natürlich müssen sich die beiden Bekundungsanteile, der des Berichtens, und der des reinen, nämlich Empfindungsbekundens, in ihren Auswirkungen auf die durch sie begründeten Absichten säuberlich trennen lassen. Der Geltungswert, der auf den Bekundungscharakter einer Äusserung Bezug nimmt, heisst Glaubwürdigkeit . Und den Satz von der säuberlichen Trennung können wir also auch so formulieren: Die Glaubwürdigkeit von Berichten muss unabhängig von der Glaubwürdigkeit der reinen (Empfindungs)Bekundungen getestet werden können (die Kriterien der Glaubwürdigkeit müssen unabhängig voneinander sein.)(Dass man eine Empfindung gehabt hat, hat immer eine Konsequenz hinsichtlich der Hypothesen hinsichtlich der Einschränkung bzw. des Erhalts des Handlungsspielraums; dass etwas beobachtet wurde, hat Konsequenzen hinsichtlich für bestimte Ziele einzusetzender Mittel-Zweck-Verbindungen. Alle Planung aber besteht darin, den gegenwärtigen Handlungsspielraum zu seinem Erhalt und seiner Ausweitung zu benutzen, und schleisslich das Wissen zu erweitern; wie (d.h. in Form welcher gekoppelter, äusserer Handlungs-Werkzeug-Material-Anordnungen) man ihn nutzt, ist, grob gesagt, das Kriterium für Glaubwürdigkeit von Berichten; wozu man ihn nutzt (was man auf diese Weise herbeizuführen versucht), das Kriterium für Glaubwürdigkeit von Empfindungen.)
Was die Äusserungen von Absichten in ihrer Rolle als Bekundungen anlangt, so lässt sich zweierlei anmerken. Implizit vertritt jede Absicht alle Äusserungen, die zu ihrer Begründung angeführt werden können; sie macht alle Unterschiede gleichzeitig, die durch die sie begründenden Äusserungen gemacht werden. Soweit aber im Verständigungsprozess zwischen einem Absichtsbekundenden und seinen Hörern bereits Äusserungen (auch schon früher) gefallen sind, die die bekundete Absicht begründen helfen (indem sie sie zumindest nahelegen usw.), ist die Absicht blosse Explikation dieser Äusserungen (oder, man könnte sagen: die Absichtsbekundung ist explikativ-relativ-zu diesen sie (teil)begründenden Äusserungen). Die Bekundung einer implizit durch Berichte und Empfindungsbekundungen vollständig begründeten (und für die Hörer als vernünftig nachvollziehbaren) Absicht jedenfalls ist nur noch explikativ. Die Verbindung dieses Gebrauchs des Wortes „explikativ“ zu dem oben angegebenen ist leicht einzusehen: Indem der Sprecher seine Absicht so bekundet: ….(hinreichend begründende Äusserungen = Berichte, Empfindungsbekundungen)…, und darum möchte ich versuchen, X zu tun, sagt er: Wenn dasunddas der Fall wäre, wäre X zu tun vernünftig; und es war (bzw. ist) der Fall. Der erste Teil expliziert den Begriff des Vernünftigen (des vernünftigen Handelns), wenn auch sehr punktuell, nämlich mit Blick auf diese (äussere, beobachtet-berichtete und innerlich empfunden-bekundete) Vorgeschichte.
ENDE DES EXKURSES.
Um sagen zu können, was Inhalt des Denkens und Beabsichtigens, bzw. explikativer und absichtsbekundender Äusserungen sein könnte, werden wir die Konjunktion „weil“ zu betrachten haben, mit der man Begründungszusammenhänge anzeigt. „p, weil q“, wo p für einen absichtsbekundenden Ausdruck steht, und q für einen (unter Umständen komplexen) Erfahrungsausdruck (mit dem eine (begründungs-)(relevante) Vorgeschichte mitgeteilt werden könnte, in der Selbst- oder (für den Bekundenden glaubwürdig) Fremd-Erlebtes bekundet bzw. berichtet wird), lässt es normalerweise offen, ob die q-Begebenheiten für die pEntscheidungen eine notwendige Bedingung darstellten (und diese ohne sie nicht so ausgefallen wären: p -> q, bzw. -q -> -p, d.h. p nur darum, weil (auch) q, q allein gab nicht den Ausschlag, war aber notwendig, ohne q hätte es keine p-Absicht gegeben), oder ob eine hinreichende (p <- q; -p -> -q, d.h. p, allein schon darum, weil q (doch auch andres hätte p zur Folge gehabt; hingegen, unter der Voraussetzung, dass der Bekundende vernünftig schliesst und ableitet, darf man annehmen: hat er die pAbsicht nicht, dann weiss er nichts von q), oder ob eine notwendighinreichende : p, genau darum, weil q.
Eng verwandt mit „weil“ – Äusserungen sind bekanntlich „wenn – dann“ – Äusserungen, die wir zunächst betrachten wollen. Sie kommen in folgenden Formen vor:
1. in bedingten Absichtsbekundungen in Gegenwart und Vergangenheit;
2. in Regel-Bekundungen (undatierten bedingten Absichtsbekundungen, in denen als Bedingung nicht Begebenheiten (mit deren Eintreten ab dem jeweiligen Zeitpunkt als Möglichkeit gerechnet wird oder wurde), sondern nur Muster von Begebenheiten (mit deren wiederholter Realisierung ab dem jeweiligen Zeitpunkt als Möglichkeit gerechnet wird oder wurde)(also Typen von Regelanwendungsfällen), als Bedingtes aber Muster von Absichten (Typen von regelbefolgenden Absichten) genannt werden; ein Spezialfall des Regel-Bekundens ist das Bekunden einer Regelwechsel-Regel;
3. in speziellen Regel-Bekundungen, die Ausdrücke von Annahmen über das Bestehen von Dispositionen, also Hypothesen sind, und zwar bestätigten wie versuchsweise (experimentell) angenommenen; von diesen AnnahmeBekundungen nehmen wir an, dass diejenigen ihrer Anteile, die den Regelcharakter offen zutagetreten liessen, verkürzt in ihrer Charakterisierung als Annahme enthalten sind); ein Spezialfall des Hypothesen-Bekundens sind die Bekundungen von Bedürfnissen;
4. in logischen Regel-Bekundungen (Synonymie (Übersetzung), Implikation / Definition / Subsumtion, Vergleiche-in-bestimmten-Hinsichten), deren Regelcharakter ebenfalls bei expliziter Fassung offenkundig würde (sie stellen also ebenfalls Abkürzungen dar), die wir Explikationen nennen wollen – das Äussern solcher Bekundungen soll „Explizieren“ heissen; wiederum ein Spezialfall davon ist die undatierte, „hypothetische“ Angabe dessen, was ganz allgemein von einem Sprecher als vernünftig (begründet), nachvollziehbar, übersetzbar (verständlich) usw. angesehen würde: die Explikation derjenigen seiner Regeln, deren Gültigkeit nicht an besondere Umstände gebunden ist. Wir werden das System dieser Regeln, mit einem an Wittgenstein angelehnten Ausdruck, seine Grammatik nennen. Die vollständige Explikation eines zusammenhängenden Teilgebietes unserer Grammatik wollen wir seine Logik, und die der gesamten Grammatik die Logik nennen.
Eine Begründung, in deren „weil“ – Teil nur (die jeweils nötigen) Erfahrungen stehen, könnte durchaus hinreichend und einleuchtend sein für einen Hörer in einer gegebenen Situation. Der Ausdruck „nötig zur Begründung in einer Situation“ nimmt Bezug auf das Vorwissen eines Hörers, und das, was er zum Verstehen und Nachvollziehen einer Begründung vom Erfahrungswissen des begründenden Sprechers wissen muss. Die meisten Begründungen führen aber nebeneinander Regeln und Erfahrungen an – wenigstens solche Erfahrungen, die als Regelanwendungsfälle der zur Begründung angeführten Regeln gelten; zur formalen Korrektheit einer Begründung gehört dann natürlich, dass das Begründete (die begründeten Absichten) wenigstens eine spezielle Befolgung jeder der in der Begründung angeführten Regeln darstellen würde, wenn es (bzw. diese Absichten) ausgeführt würde(n).
Begründet werden kann alles, was Absichtscharakter hat; also auch bedingte Absichten. Und da auch Regeln vom logischen Typ der bedingten Absicht sind, könnten die in einer Begründung angeführten Regeln (zu denen in der Begründung relevante, passende Anwendungsfälle aus der Erfahrung des Begründenden angeführt werden) selber wieder begründet werden – durch zurückliegende Erfahrung und (übergeordnete) RegelwechselRegeln. Auch diese Regelwechsel-Regeln könnten vielleicht noch einer Begründung fähig sein, und so weiter: Das System der nicht mehr (durch Erfahrung, die einen Unterschied machen würde) begründungsfähigen, obersten Regelwechselregeln und kategorischen Regeln ist eben die Grammatik bzw. Logik. Die vollständigste Form des Begründens in jedem Augenblick wäre also, dass wir unsre Grammatik die Logik) explizieren, und unser gesamtes Erfahrungswissen erzählen.
Das Anführen von Begründungen für die Bekundungen der unmittelbar auf das Begründete (als Regelbefolgung) führenden Regeln in einer Begründung geschieht im allgemeinen so: Plan P, WEIL Ereignisse E1 – En, und E1.1-m, UND DARUM Regel R1 (von der E1 ein Regelanwendungsfall, und P eine Befolgung), und E2.1-o, UND DARUM Regel R2 (von der E2 ein Regelanwendungsfall, und P eine Befolgung) usw.
Das Weglassen der relevanten Regeln und das alleinige Anführen von Regelanwendungsfällen bedeutet, dass die Begründung an dieser Stelle IMPLIZIT ist; mit Nennung der Regel ist sie EXPLIZIT. Eine Begründung kann mithin mehr oder weniger explizit sein, je nachdem, wieviel von den ihr unmittelbar zugrundeliegenden Regeln angeführt werden. Die Regeln, die die Begründung explizit machen, können aber auch selbst (durch jeweils relevante Bestandteile der Vorgeschichte) begründet werden; und auch diese Begründungen können im- oder explizit sein. Wir sehen: Seine Geschichte (im Sinne von: alles Erfahrungswissen, selbst Erlebtes und glaubwürdig Berichtetes und Bekundetes) zu erzählen, bedeutet, Fragmente impliziter und expliziter Begründungen anzuführen. VOLLSTÄNDIGKEIT wäre erreicht, wenn jemand, sei es punktuell, sei es durchgehend, seine Geschichte so ausführlich erzählen würde (oder wenigstens die aus seiner Erfahrung ableitbaren Regeln so vollständig anführen würde), dass sie als REGELANWENDUNGSFALL VON REGELN DER GRAMMATIK bgreifbar wird.
Unbegründet und ohne Widerruf seine Regeln bekunden in einer Begründung, heisst immer, den Anspruch erheben, dass sinnvolle, glaubwürdige, zuverlässige usw. Erfahrung dahintersteht, also eine Geschichte, die in jedem Augenblick als Regelanwendungsfall der Regeln der Grammatik verstanden werden kann – und nichts andres heisst übrigens: verstehen, als: etwas, zusammen mit seiner Vorgeschichte, unter die Grammatik eines Sprechers subsumieren können.
Wie man aus dem Gesagten sieht, könnten Regelbekundungen selbst das Erzählen der sie begründenden Geschichten ersetzen; wir müssen dabei allerdings berücksichtigen, dass Regeln (spätestens durch die ersten Start-Regel- und allgemeinsten Regelwechsel-Vorschriften der Grammatik (des Begründens)(ein Pleonasmus)) nur mit einem bestimmten TYP Erfahrung verknüpft sein können. Die TATSÄCHLICHE Geschichte kann also nicht durch die aus ihr resultierenden (abzuleitenden) früheren oder jetzigen Regeln erzählt werden. (Wir können zum Beispiel eine gut bestätigte Hypothese haben, und sie andern gegenüber ausdrücken; wir haben damit nicht erzählt, wie wir dazu gekommen sind. Solang man uns ernstnimmt, wird man uns aber abnehmen, dass EINE DER GESCHICHTEN, DURCH DIE MAN ALLENFALLS ZU SOLCH EINER HYPOTHESE KOMMEN KANN, sich in unserer oder der Biographie eines für uns glaubwürdigen Berichterstatters (dessen Bericht glaubwürdig und zuverlässig tradiert wurde) ereignet haben muss.
EXKURS.
Wir werden nun nicht ernsthaft behaupten, dass tatsächlich jemals solch eine Ausführlichkeit beim Erzählen einer Geschichte erreicht wird, dass in expliziter Fassung nur noch die Regeln der Grammatik angeführt werden können; schon das maximale Explizieren der Regeln, die zu einer gegebnen impliziten Begründung gehören, wird selten vorkommen. Im allgemeinen ist das nicht als Mangel zu betrachten; da, wo es uns nicht draufankommt, den andern zu korrigieren, sondern nur überhaupt zu erfahren, was er (glaubwürdig) will, genügt es uns meist für’s erste, dass er uns eine Auskunft gibt, sich auf irgendwelche Regeln, als die von ihm momenten befolgten, festlegt, und sich im folgenden an sie hält oder verständlicherweise von ihnen zu anderen übergeht. Dies kann eine einfache, „interne“ Glaubwürdigkeitsprüfung genannt werden; einfach, denn wir kümmern uns dabei nicht darum, ob die vom andern bekundeten Regeln das Resultat vernünftiger Ableitung aus seinem GESAMTEN (Erfahrungs)Wissen sind. Mit andern Worten: Wir sehen nur zu, ob (unter der Voraussetzung, dass die Regeln des Andern Resultate vernünftigen Ableitens sind) er auch mit den Fortsetzungen der präsumtiven, indirekt in den von ihm bekundeten Regeln präsenten Vor-Geschichte umgeht – ob er, zum Beispiel, die REPRODUKTIONSBEDINGUNGEN SEINER VERSTÄNDIGUNGS-, HANDLUNGS-, WAHRNEHMUNGS-, ERINNERUNGS-, KONZENTRATIONS-, URTEILS- UND BEGRIFFSBILDUNGSFÄHIGKEIT (die ja Regelcharakter haben, insofern er, alös Vernünftiger, gehalten ist, das zur Reproduktion Nötige, diesen Bedingungen entsprechend, zu tun, wenn er kann) einhält, so, wie er sie uns beschrieben hat – und ob er sie überhaupt bereits im grossen ganzen verlässlich für sich ermittelt hat. Wir werden, umgekehrt, Zweifel bekommen an der Vernünftigkeit und Zuverlässigkeit (in gleich welcher Hinsicht) dessen, was jemand an Regeln bekundet, wenn wir feststellen, dass er immer wieder (für uns erkennbar) Ausfälle im Hinblick auf diese Fähigkeiten hat, die er nachträglich nicht berücksichtigt; wir verlängern (wenn wir nicht ausdrücklich eine neu aufgetretene Ursache dafür benennen können) diese seine von uns festgestellte Unzuverlässigkeit nach rückwärts, und trauen dann den Regeln und ihrer Ableitbarkeit aus Erfahrenem ebenfalls nicht mehr so recht. – Jemandes allgemeine Vernünftigkeit und Zuverlässigkeit ist also auch unser Gradmesser für unsere retrospektive Anerkennung seiner Regeln, die ja (sofern er vernünftig ist) indirekte Erfahrungsausdrücke sind – wie wir behaupten.
Was man üblicherweise „Wissen“ nennt, ist ein Gemisch aus „episodischen“, echten Erinnerungen an (im wesentlichen sogar „deutungsfrei“ beschreibbare) „Begebenheiten“, und aus Regeln, vor allem auch Hypothesen, Bedürfnissen usw., die das (indirekte) Resultat von Erlebnissen, eignen oder irgendjemandes andern (den wir noch icht einmal kennen müssen), darstellen, ohne dass wir uns der Erlebnisse je entsinnen könnten (schon darum, weil uns, im Rahmen unserer Einführung in den gegenwärtigen Alltag, diese Regeln ohne Begründung mitgeteilt wurden). Es ist nun genau die Art und Weise, wie Aussenstehende UNSER Wissen und seine Haltbarkeit und Zuverlässigkeit beurteilen, von der eben die Rede war, wie wir auch unser EIGENES Wissen behandeln. Handlungsroutinen (die logisch Regelcharakter haben), gut bestätigte Annahmen, speziell über die Ursachen unseres Bedürftig- und womöglich Krank-Werdens, werden, im Laufe unseres andauernden Alltags, immer wieder aufs neue geprüft, und, wenn schon nicht bestätigt (ausser im Falle der funktionierenden Handlungsroutinen), so doch wenigstens nicht widerlegt (so bei allem, was Hypothesencharakter hat). Für den Fall, dass uns unsere Praxis zum Beispiel unnötig aufwednige Verfahrensweisen auferlegt, von denen wir selber nicht wissen, welche Erfahrung zu den zugrundeliegenden, komplizierten Hypothesen führte, steht es uns frei, die Alternativen noch einmal aufs neue durchzuprobieren. Da unser Wissen im wesentlichen Gesetzes-Wissen, Regel-Wissen ist (Wissen um die Normal-Beschaffenheit der Dinge und ihrer Dispositionen, einschliesslich unseres Leibes), ist die ihm zugrundeliegende Erfahrung nicht vergangen, sondern prinzipiell reproduzierbar, also gegenwärtig. Das prinzipiell Einmalige, nie Wiederholbare hingegen hat keine Bedeutung für uns.
An diese banalen Tatsachen musste erinnert werden, wenn wir jetzt kurz den Anschein besprechen, der unserer Behauptung zu widersprechen scheint: dass nämlich Regeln, weit entfernt davon, durch Erfahrung (und nur sie) begründbar zu sein, in Wahrheit WILLKÜRLICH GEWÄHLT UND GEWECHSELT werden; und dass Begründungen garkeine Rolle spielen.
Wie dieser Schein einer Willkürlichkeit unserer (erfahrungsbegründeten, aus Erfahrung abgeleiteten) Regeln entstehen kann, versteht man jetzt vielleicht bereits: Erfahrung ist „implizit“ in den Regeln enthalten, und kann indirekt ermittelt werden – spätestens durch Reproduktion, Austesten der BERECHTIGUNG einer Regel – was auch bedeutet, dass sie, wenn nicht berechtigt, gewechselt, präzisiert, in jeem Fall in ihrer bisherigen Fassung aufgegeben werden müsste. Die Erfahrungsabhängigkeit von Regeln gleich welcher Art (ausser denen der Grammatik) wird also indirekt bewiesen durch die Notwendigkeit des Regelwechsels angesichts widerlegender usw. Erfahrung. Im andern Fall, so hatten wir im allerersten Absatz dieser Untersuchung bereits geschrieben, entfallen die Grundlagen für die Zuschreibbarkeit der Glaubwürdigkeit von Absichtsbekundungen, und mit ihnen die Grundlagen für Absichtszuschreibungen überhaupt.
Nun könnte man behaupten: Die Willkür in der (probeweisen, spielerisch-willkürlichen) Festlegung auf Regeln sei zwar – wie wir behaupten – ein Anfangsphänomen, das vielleicht durch einen mehr oder weniger weiten Horizont des ZWANGS (eines logischen Zwangs; des Zwangs, vernünftig und für uns verständlich zu bleiben) zum Verlassen der ursprünglichen Willkür begrenzt sein mag, aber eben in seinem Anfangsstadium nicht solchen Zwängen unterliege. – Auch für diese fehlerhafte Auffassung gibt es eine Quelle in unserer Alltagspraxis: den nämlich, dass die Leute, mit denen wir es zu tun bekommen, im allgemeien schon sprechen können. Denn auch das hatten wir im allerersten Abschnitt unserer Untersuchung bereits behauptet: Ohne die sichere, und hinreichende Abhängigkeit des von aussen feststellbaren Verhaltens von Ereignissen (deren Wahrnehmbarkeit für das betreffende Wesen bereits durch Verhaltenskriterien gesichert sein muss; Wahrnehmungsfähigkeit ist eine Verhaltenseigenschaft – das Verhalten ZUR Umgebung ist ein definierbarer Spezialfall des (beobachtbaren) (äusseren) (rein motorischen) Verhaltens IN einer (u.u. wechselnden) Umgebung) lässt sich das Aussprechen von Absichtsbekundungen durch das andere Wesen nicht verstehen lernen (seine Absichtsbekundungen lassen sich nicht als solche aus seinem sonstigen Verhalten herausheben und daraus isolieren) (wie das geschieht, werden wir noch zu zeigen haben) – und mithin wird sich sein Sprechen nicht verstehen lassen, ja nicht einmal ihm Sprachfähigkeit zugeschrieben werden können. (Auch das werden wir zeigen.)
Wenn also hinsichtlich der strikten Erfahrungs-Determiniertheit (Begründetheit) beabsichtigten Verhaltens („Handelns“) durch Ver-
nunftsregeln überhaupt Zweifel aufkommen können – die sich in Form der Behauptung wenigstens einer ANFÄNGLICHEN Willkür bei der Wahl der (Entscheidung für) Regeln aller Art (ausser den grammatischen) äussern: dann nur darum, weil in den von uns gesprochenen Idiolekten bis auf wenige Ausnahmen (wie z.B. den Pronomialwechseln; oder dem Wechsel zwischen „ich will…versuchen“ und „er/sie wird…versuchen“) die Äusserungen, mit denen wir bekunden, und die, mit denen wir Bekundungen anerkennen, gleich klingen…,
(diesen Gleichklang (in gewissen Grenzen) unserer Idiolekte bringen wir zum Ausdruck, indem wir sie als „(dieselbe) Sprache (bei uns allen“ bezeichnen. (Wobei wir von „unterschiedlichen Sprachen“ sprechen würden, wenn ein Gesprächsteilnehmer Englisch, ein anderer ständig Deutsch sprechen würde, die sich aber beide verstehen; im Grund könnte man beides als Synonymie-Komplexe „derselben“, nämlich „unserer“ (der untereinander hinsichtlich ihrer Idiolekte eben Verständigten) Sprache, bezeichnen; so bilden ALLE für uns übersetzbaren „Sprachen“ Synonymie-Komplexe innerhalb dieser EINEN Sprache)
… ist DURCH eine solche, WIE eine Bekundung klingende Äusserung eines Wesens für uns FORMELL die Möglichkeit gegeben, aus den möglichen Absichts-Zuschreibungen eine herauszuheben – die eben, die zu der von unserem Gegenüber realisierten passen würde – WENN SIE GÜLTIG WÄRE. Doch, wenn das blosse Realisieren eines Äusserungsmuster bereits Gültigkeit verbürgen würde, dann könnten, wie wir bereits feststellten, Fernseher, Grammophone und Papageien sprechen – und niemals wäre eine Lüge möglich.
Das gleiche gilt nun für den Fall, dass ein Wesen (wie der eben erwähnte Papagei) anfängt, Ausdrücke unsrer Sprache zu verwenden (als wäre dies sein Idiolekt) (realistischer wäre das Beispiel eines Kleinkindes, oder eines Hirngeschädigten, der wieder sprechen lernt): Hier müssen wir die GÜLTIGKEIT dieses Kandidaten für eine Äusserung mitprüfen – und sind darum um keinen Deut weiter als im Falle eines Wesens, das uns unbekannte Ausdrücke präsentiert (im Rahmen SEINES Idiolekts, der – im besonderen Fall – Exemplar einer fremden Sprache (also eines Systems möglichst laut-angeglichener Idiolekte) sein könnte). Die Frage ist, beim Sich-Einlassen auf ein FREMDES Wesen immer die gleiche: Erfüllen regelhaft reproduzierbare Verhaltensbestandteile (die im Spezialfall Realisierungen von Äusserungsmustern einer unserer „Sprachen“ sein können) bei ihm die Kriterien, die sie erfüllen müssen, um als Äusserungen (bzw. Äusserungstypen) verstehbar zu sein – speziell etwa als Absichtsbekundungen? Streng genommen dürfen wir sgen: Auch der „logische Zwang“, der dem „vernünftigen“ Reagieren auf Regelwechsel-vorschreibende Erfahrung zugrundeliegt, ist immer noch derselbe, wie der, der bestimmte Verhaltensweisen in bestimten Umgebungen vorschreibt, damit wir zwischen diesen Verhaltensweisen plazierte, und ansonsten „sinnlose“, Verhaltensweisen, beispielsweise als „(Versuchs)Absichtsbekundungen“ hinsichtlich der von uns erwarteten Verhaltensweisen verstehen können. Der Name dieser logsichen Restriktion, dieses Zwangs, der durchgehend sich erhält, könnte lauten: EINHALTUNG DER BEDINGUNGEN FÜR ERWERB UND AUFRECHTERHALTUNG DER VERSTÄNDIGUNGSFÄHIGKEIT MIT DEM ANDERN. „Aufrechterhaltung“ ist dabei sekundär: denn wie wir zeigen werden, ist Verständigung nur möglich, wenn die Bedingungen der ursprünglichen Erlernung des Idiolekts des andern (ihrer Übersetzbarkeit für uns, ebenso wie der Übersetzbarkeit unseres Idiolekts für ihn, sowie der Verständigungsfähigkeit mit ihm insgesamt) erhalten bleiben – oder, wie man das auch ausdrücken könnte: Wenn die Sprache des Andern jederzeit, wenn wir sie noch nicht kennen würden, ohne unser Zutun, jederzeit wieder erlernt werden könnte.
Es ist die zentrale Behauptung der hier vertretenen Theorie: Dass in diesen Bedingungen der Erlernbarkeit der Sprache des andern (der Verständigungsfähigkeit mit ihm) die gesamte Menge all jener Kriterien enthalten ist, die erfüllt sein müssen, um ein Wesen als Person, rational, vernünftig, ernstzunehmen, verständlich usw. ansehen zu können. Wir behaupten mithin auch: Wesen, mit denen aktuell keine Verständigung möglich ist, können aktuell sinnvollerweise nicht als Personen bezeichnet werden – ausser hypothetisch (vgl. Absatz…oben). Wir behaupten ausserdem: Die Restriktionen, denen (nach unserer Theorie) der Regelwechsel nach Bekundung einer Regel (wenn sie weiter, auch im Rückblick noch, ernstgenommen werden soll) angesichts bestimmter neuer Erfahrungen unterliegt, sind genau dieselben, die die Neu-Erlernbarkeit der Regel-bekundenden Ausdrücke ermöglichen würden, und, wie wir behaupten, damit auch die Zuschreibung der Eigenschaft, ein REGELBEFOLGENDES (und durch Anwendung dieser Regeln auf Erfahrung begründetes bzw. abgeleitetes) VERHALTEN, also Handeln (einer Person) zu sein.
ENDE DES EXKURSES.
Das Material, auf das in normalen Begründungen im allgemeinen die Regeln der Grammatik allenfalls angewandt werden könnten, sind nun solche, indirekt für Erfahrung eines bestimmten Typs (wenn es vernünftig zuging) stehende Regeln. Wir hatten oben, bei Einführung der Begriffe implizite und explizite Vollständigkeit, offenbar zunächst nur daran gedacht, dass bei der begründenden Auflösung von Regeln immer weiter zurückgegangen werden muss: dass also dabei immer grössere implizite Vollständigkeiten, und zwar gewissermassen solche zweiter, dritter usw. Stufe, hinsichtlich der in einer ursprünglich implizit vollständigen Begründung angeführten Regeln erreicht werden muss, bevor schliesslich alles Regelwerk in Erfahrung und Grammatik aufgelöst ist. Doch wenn unsre Betrachtungen über den Umgang mit (unmittelbar begründenden) Regeln haltbar sein sollten, dann könnte es sein, dass wir noch einen weiteren Typ des Explikativen finden: den, wo wir uns ganz aktuell auf eine grammatische Regel, und wohl eine Regelwechsel-Regel, beziehen könnten, ohne dass erst die ganze Vorgeschichte erzählt, und alle Begründungen, durch immer neues Begründen der zunächst nur implizit angeführten Regeln, in Erfahrung aufgelöst werden müssen. An dieser Stelle würde die Grammatik gewissermassen den Ablauf der Ereignisse berühren: grammatische Regeln würden dann bereits in einer implizit vollständigen Begründung genannt werden.
Wir verzichten darauf, diesen Fall in unserer bisherigen Nomenklatur unterzubringen; insofern die grammatische Regel nämlich (notwendigerweise, zum Erreichen impliziter Vollständigkeit) genannt werden muss, gehört sie zum Inventar der „impliziten“ Regeln. Doch, da sie eine grammatische Regel ist und keinen Unterschied macht (nicht von Erfahrung abhängt und durch sie begründet), bleibt sie „explizit“: in dem Sinn, dass ihre Nennung überflüssig ist und eben bloss explikativen, z.B. Kontrollcharakter hat.
Dies rein Explikative, das an einer Begründung nichts ändert, weil es nicht zu ihrem „variablen“ Teil gehört – jenem, der – selbst variabel – entsprechend variable, aber von ihm abhängige Folgerungen erzwingt – scheint also keineswegs erst am Ende allen impliziten Begründens in Erscheinung zu treten. Es ist vielmehr in allen Begründungen präsent, worin der Wechsel einer „höchsten“ Regel begründet werden soll – einer Regel also, die in allen voraufgehenden, implizit vollständigen Begründungen mit angeführt werden musste, und ihrerseits nur durch Erfahrung und Grammatik begründet war.
Was wir also präzisieren müssen, sind unsere Vorstellungen von der Art und Weise, wie und an welchen Stellen das Explikative (Grammatische, Logische) in unsere Begründungen eintritt; oder, wie wir auch sagen könnten, wo in unseren Begründungen die Grenzen der Vervollständigung liegen: denn überall dort, wo wir zur genaueren Begründung nur noch erfahrungsunabhängige Selbstverständlichkeiten und Normen, nämlich logisch-grammatische, anführen können, sind auch die Grenzen erreicht – das Grammatische kann nicht durch Erfahrungstatsachen begründet werden.
Es wäre freilich möglich, dass es durch grammatische Tatsachen, oder sagen wir: grammatische Regeln und deren Anwendung auf mögliche Fälle, wenn schon nicht erklärt, so eben doch expliziert werden könnte.
Der Begriff der vollständigen Begründung liefert uns einen Leitfaden zur systematischen Explikation der Grammatik anderer ebenso wie unserer Logik. Wir haben dabei nur aufzugreifen, was oben schon über die Hierarchie der Bestandteile von Begründungen gesagt wurde: Dass die Unterschiede, die mit Begründungsbestandteilen einer bestimmten Art (Kategorie) gemacht werden können, bereits gemachte, andere Unterschiede voraussetzen und ihrerseits vielleicht Voraussetzung weiterer Unterschiede werden können; sie machen Unterschiede an bereits Unterschiedenem, und lassen weitere Unterschiede an dem, was sie unterscheiden, zu.
Die vollständige Ordnung der Arten von Bestandteilen von (spätestens vollständigen) Begründungen: das sind Logik und Grammatik.
Alles Unterschiede-machen spannt sich also zwischen zwei Polen auf, dem WORAN alle Unterschiede gemacht werden müssen, und dem, WAS DARAN SINNVOLLERWEISE MAXIMAL noch unterschieden werden kann, letzte, minimale Unterschiede begründet. Alle Unterscheidung (alles Begriffliche) ist nur Vermittlung zwischen diesen beiden Extremen.
Was also ist das Material aller Unterscheidung – das Material aller Begrifflichkeit? WORAN machen wir alle Unterschiede, die wir machen?
Wir machen sie an dem, was wir uns allenfalls erzählen können:
1. dem unter Zuverlässigkeit garantierenden Bedingungen, oder kurz: zuverlässig Beobachteten („Wahrnehmungen“);
2. dem unter Glaubwürdigkeit garantierenden Bedingungen, oder kurz: glaubwürdig Verspürten („Empfindungen“);
3. dem, angesichts einer gegebnen, aus Erlebtem nach 1. und 2. bestehenden Geschichte, vernünftigerweise Gedachten („Vorstellungen“).
Es ist also dies das Material, aus dem sich all unsre Geschichten zusammensetzen können, wenn wir sie austauschen; und alles Begriffliche, (in den relevanten Hinsichten) Zusammenfassend-Unterscheidende ist nur Abkürzung, und dient der abkürzenden Mitteilung von Beobachtungen, Gefühlen und Gedanken.
B.kritischer teil / psychologie:
Übersetzung vs. Beschreibung, analog zu Subjekt- und Objekt-gebrauch von „Ich“.(( reduktion auf beobachtung, „okkasionalsätze“ – die meisten begründungsprachspiele nicht einmal ansatzweise erwähnt.)) Die eigentlcih auf die Person (den geist, das bewusstsein) sch beziehenden
Übersetzungen sind Nachvollzüge derselben Begründungen, Mitbekundungen, Übernahmen: Austausch der geschichte, Übersetzungen der explikate, handlungserwartungen mit denselben inhalten
wie die der absichtsbekundungen des andern.
genuin psychologisches Sprechen = defizit; nur zitat ist möglich usw.
–> davidsonstoff.
der satztyp: F(a) und seine korrekte analyse!
C. welche regelbekundenden sprechakte gibt es dann?
D.
kategorienhierarchie: ableitbar aus hierarchie der einführungsbedingungen.
manche kategorien können nur eingeführt werden, wenn andre schon existieren. (ist das so?)
skizze der einführungsbedingungen für die wichtigsten kategoriensprachspiele / einführung von kontroll- und explikationssprachspielen?
(Variante)
Kapitel 1. SPRECHEN HEISST HANDLUNGEN BEGRÜNDEN.
Alles (eigentliche) Sprechen, das einen Unterschied macht, macht diesen Unterschied im Handeln – oder, wie man auch sagen könnte: es begründet ihn.
1.1. Alle ernsthaften (d.h. so, wie geäussert, auch gemeinten) und aus unserer Sicht ernstzunehmenden (glaubwürdigen und nicht korrekturbedürftigen) Äusserungen eines Sprechers, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben eines gemeinsam: Sie begründen vergangene oder gegenwärtige Handlungsabsichten (oder tragen zu einer solchen Begründung bei, fungieren als TEIL EINER VOLLSTÄNDIGEN BEGRÜNDUNG).
Statt zu sagen: alle Äusserungen begründen (oder tragen bei zur Begründung von) HANDLUNGEN, sagen wir ausdrücklich und präziser: sie begründen ABSICHTEN, und zwar vergangene oder gegenwärtige, d.h. früher oder jetzt äusserbare (bekundbare), wenn auch nicht notwendig tatsächlich (damals oder jetzt) geäusserte (bekundete).
Noch genauer könnten wir sagen: Alle Äusserungen begründen (oder tragen bei zur Begründung von) Absichten, den VERSUCH zu machen, eine solche Absicht, wie die begründete (zum geplanten Zeitpunkt, oder bei Eintreffen der genannten Bedingungen) auszuführen. Denn eine Absicht kann noch so gut begründet sein und sich dennoch als unerwartet unausführbar erweisen; so kann auch darüber, ob jemand eine von ihm (im vor- oder nachhinein) bekundete Absicht tatsächlich hatte, und noch dazu eine vernünftig begründete, sein äusseres Verhalten nicht allein entscheiden; sonst könnte es ja die Möglichkeit des Misslingens und Nicht-Könnens nicht geben: das unerwartete Nicht-Zusammenpassen also von Absicht und Verhalten. So stehen also, bei Andern ebenso wie uns selbst, alle Absichten (die wir ausdrücken können durch Absichtsbekundungen der Form „Wir werden dasunddas tun…“ bzw. „wir wollten dasunddas tun…“), sie mögen bekundet sein oder nicht, unter dem Vorbehalt: „… wenn wir
(es, wie gewohnt) können (bzw. können würden), und da (noch) nichts dafür spricht (bzw. sprach), dass wir es nicht können würden)“; und nur unter diesem Vorbehalt, dass nämlich das begründet Beabsichtigte zum Zeitpunkt des Versuchs, es auszuführen, im Handlungsspielraum des Beabsichtigenden liegt, kann man sagen: HANDLUNGEN (und nicht Absichten) werden begründet.
Dass eine ursprünglich gehegte Absicht (sie mag zu diesem Zeitpunkt bekundet worden sein oder nicht) nicht ausgeführt wird, muss nicht nur auf Unvermögen beruhen: es kann auch die Absicht aufgegeben worden sein. Doch dazu bedarf es eines Grundes, der neu hinzugekommen sein muss: eine glaubwürdige Mitteilung, ein Erlebnis, oder das nachträgliche Aufmerksamwerden auf einen Irrtum in der Begründung der ursprünglichen Absicht.
Dass hinter einem Verhalten eine Absicht steckte, die ihm nicht entsprach, hat zwei Bedingungen: erstens, die Absicht muss vernünftig begründet, oder der ihr zugrundeliegende Fehler wenigstens glaubhaft sein; zweitens, die Tatsache des Misslingens muss Beachtung finden und bestimmte, vernünftige Konsequenzen im nachfolgenden Handeln, besser: dem Planen, des Betroffenen, haben.
In diesen banalen Tatsachen stecken die Kerne für sehr weitreichende Ableitungen: die Summe aller Konsequenzen des Scheiterns machen Rationalität aus, die Zuschreibung glaubwürdiger, wenn auch defizitärer Begründungen (weil auf von vorneherein nicht realisierbare Absichten hinauslaufend) ist die Sphäre der genuin psychologischen Rede (und jenseits davon gibt es keine Grundlage für Psychologie).
(Versuchs)Absichten begründen, heisst, sich auf sie festlegen, indem man andere, die – soweit man weiss – ebenfalls im Handlungsspielraum lägen, ausschliesst. Zu jeder Absicht, in einem Moment, trägt die Gesamtheit dessen, was ein Sprecher Gültiges sagen könnte, auf diese Weise bei; jeder einzelne Satz schliesst, vielleicht nicht viel, aber doch etwas, aus;
in ihrer Gesamtheit engen die Ausschlüsse den vorhandenen Handlungsspielraum auf einen Realisierungsspielraum für die begründete (Versuchs)Absicht ein: Die Gründe lassen Indifferenzspielräume hinsichtlich mehr oder weniger wichtiger Parameter der Realisierung offen. Das kann man, genauer, auch noch so sagen: Jede potentielle Äusserung zieht eine Grenze durch das Gesamt der auf ihre Äusserung folgenden potentiellen Handlungssequenzen; die eine Seite entspricht der affirmativen, die andre Seite der negierten Verwendung der potentiellen Äusserung. Sie affirmativ, oder negiert (spontan, oder auf Befragen) zu machen, macht also einen Unterschied im nachfolgenden Handeln (bzw. Planen). Und dieser Unterschied im Handeln ist es, was einer Ausdrucksweise (einem Typ Äusserung, einer potentiellen Äusserung) SINN gibt; was keinen Unterschied im Handeln macht, und also, nach unserer Erklärung des Ausdrucks, keinen Unterschied im Handeln festlegen oder eben BEGRÜNDEN würde, hat keinen Sinn, oder besser: ist keine Äusserung, genügt dem (vielleicht beabsichtigten, aber eben nicht eingehaltenen) Anspruch nicht, eine Äusserung, eine sinnvolle Ausdrucksweise zu sein.