Vorwort
Aus meinen Beiträgen dürfte hervorgehen, dass ich die Beschädigung unserer gesamten Lebensführung durch die gegenwärtigen (kapitalistischen) Produktionsverhältnisse nicht für im wesentlichen beendet halte, wenn tatsächlich eigentumsfreies kommune-gebundenes gemeinsames Planen und Entscheiden an ihre Stelle tritt. Das Kern-Problem der Kommunalisierung (als wären die peripheren Probleme im Vorfeld drum herum nicht schwer genug zu lösen!) scheint mir der Umgang mit gesellschaftlich verfügbarem Wissen (und daraus resultierendem Können). Dies Problem wird virulent, sobald die kommunale Planung sich wirklich auf die Verwaltung der Produktionsmittel und die Frage ihrer künftigen Gestaltung richtet. Die Reproduktion der Kommunarden ist nämlich EIN zusammenhängender Prozess – ihr Wissen (als Experten) davon aber ist zersplittert. Nicht zersplittert ist bloss ihr Unwissen von beinah allem und jedem. Dies Problem ist nicht bloss eins des Kapitalismus, sondern der (industriellen) MODERNE. Meine Beiträge richten sich hier darum vor allem auf die Herausarbeitung dieser Anteile des gegenwärtigen Elends, die nicht der Eigentumsform und Klassenherrschaft geschuldet sind. Nicht, weil ich die unwichtig finde – eher schon sehe ich sie als nochmal verschärften Ausdruck der im Grundsatz selben Probleme, mit denen kommunal-eigentumsfreies, gemeinschaftlich geplantes gesellschaftliches Produzieren konfrontiert ist. ((Anders als es unter Linken üblich war, halte ich Kapitalismus nicht für etwas, das sich „abschaffen“ lässt. Vielmehr Kommun(al)ismus für etwas, das man „im Schosse der alten Gesellschaft“ mühsam aufbauen muss.))
Als Antwort auf die Frage nach „Hauptgedanken“ bzw. „Oberbegriffen“ habe ich aktuell folgenden Entwurf geschrieben – vielleicht hilft er ein wenig bei der Orientierung in meinen Beiträgen:
1. Es ist nicht der Kapitalismus, was unser Leben beschädigt, es ist die MODERNE, und der Kapitalismus kommt allerdings sehr verschärfend hinzu. (Die der Moderne angemessene WEISE DER VERGESELLSCHAFTUNG wäre libertär-kommunistisch.)
2. Modernität ist zwar KULTURell-gesellschaftlich das alles bestimmende („hegemoniale“) WELTVERHÄLTNIS (oder die grundlegende Weise des Begründens von (kollektivem) Handeln), und die grundlegenden Kategorien dieses Weltverhältnisses (sein Begriff von Person oder Zurechnungsfähig-, Erwachsen-, Rational-, Vernünftig-Sein und -Handeln; sein Begriff vom Umgang mit Wissen, Unwissen, und Wissenserwerb also etwa Forschung, und seine Prinzipien zweckmässig organisierter REPRODUKTION) bestimmen im wesentlichen die gesamt-gesellschaftliche Praxis in den Industrieländern.
Aber die meisten Angehörigen moderner Gesellschaften übernehmen diese Kategorien, Begriffe, Prinzipien in wiederum einen viel weiteren kategorialen Rahmen, der in Wahrheit vor-modern ist: Modernität kommt gesellschaftlich bloss ZURÜCKGEFALLEN in diese ihr nicht mehr angemessenen Rahmen-Mentalitäten vor – verschiedene Gruppen der Gesellschaft leben mental in ganz verschiedenen Epochen, es herrscht UNGLEICHZEITIGKEIT.
Entsprechend zurückgefallen oder zurückgeblieben, nämlich passend zu diesen vormodernen Weltverhältnissen oder Mentalitäten, sind die von den Trägern dieser Mentalitäten befürworteten Vergesellschaftungs-Prinzipien: markt-libertäres (passend zu religiösen Weltverhältnissen) und „politisches“ Denken (in den Formen Gewalt-Vertrag-Staat (Klassen- und Eigentumsordnung), Gerechtigkeit) (passend zu vorreligiösem Denken).
Man könnte diese Tendenz zum Zurückfallen bezeichnen als mangelndes Verständnis oder Begriff von (der eigenen) GESCHICHTE.
3. Der wesentlichste Mangel im modernen Denken aber ist: das Nicht-denken von NATUR, genauer lebender Natur (Biosphäre) und ihren Kategorien; und: als letzter Grund dieses Mangels: die Unbestimmtheit des Begriffs seiner selbst als Person (der die Kategorien-Reihe „unterhalb“ dieser Selbst-Kategorie, in Gestalt der immer fundamentaler bestimmten Voraussetzungen unserer (also wessen?) Reproduktion, und damit den entfalteten Natur-begriff, eröffnen würde). Darum können nur „nach-moderne“ Menschen, solche nämlich die auf ihre Bedürfnisse achten und das zur Richtschnur ihrer Reproduktion machen, eine wirklich ökologische Produktionsweise aufbauen; NUR sie können das: weil ökologisches Produzieren (wegen des „System- und Forschungs-Charakters“ dieses natur-nahen Produzierens) nur in Form kommunalistischer Vergesellschaftung möglich ist; Kommunismus aber funktioniert stabil nur unter solchen nachmodernen Menschen.
4. NACHMODERNE Menschen (wie immer sie dazu gekommen sind, es zu sein; eine sehr wichtige Fragestellung, dazu später mehr) achten auf sich und ihre Bedürfnisse und Leistungsgrenzen. Davon gehen sie aus, wenn sie Versuche zu ihrer Reproduktion und deren Verbesserung entwerfen. Ich behaupte: Genau darum haben sie den Schlüssel zum Begreifen von Natur und Geschichte, und gelangen im Aufbau ihrer (immer besseren) Reproduktion zu einem immer vollständigeren Begriff davon. Ihre Produktionsweise verdient es, als erste in der Geschichte, nicht nur libertär-kommunistisch genannt zu werden, sondern auch wirklich natur- und bedürfnisgemäss und darauf abzielend, Ungleichzeitigkeiten zu ihrer andersdenkenden Umgebung abzubauen.
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Ich muss gleich vorweg sagen, dass ich die Schwierigkeiten des kommun(al)istischen Aufbaus (und meinetwegen, der flankierenden „Abschaffungs-Massnahmen“) an ganz anderen Stellen sehe als bisher üblich (ich sehe grade, dass sich diese Formulierung bei mir zu häufen beginnt…)
Das eigentlich Revolutionäre liegt in den drei relativ harmlos und selbstverständlich klingenden Anforderungen:
ökologisch – ausbeutungsfrei (gegenüber anderen Weltregionen) – bedürfnisorientiert.
Es war „unter Linken bisher üblich“ (schon wieder), dem Kapitalismus immerhin „Produktivität“ zu unterstellen; darin ist enthalten ein Begriff von Technik, der sie selbst neutral denkt als Inbegriff von „Möglichkeiten“, und davon abtrennt den kapitalistischen „Gebrauch“, den man von dieser Technik macht. Aber wie genau stellt man sich die Alternative vor?
Ich kenne im wesentlichen zwei wiederkehrende Ideen zu diesem Thema, eng verknüpft mit dem Gedanken der unsagbar gesteigerten Produktivität: Arbeitszeitverkürzung (vor allem durch Automatisierung) – und „endgültige Einrichtung“ der Produktion von Verbrauchsgütern.
Damit werden Zielsetzungen der kap.Moderne teils fortgeführt, teils in einer Weise gebrochen, die eher an vormoderne Zustände erinnert:
Denn die Arbeitszeitverkürzung unterstellt eine Arbeit, die nicht erfüllend und blosses Mittel (Arbeitsleid, Reich der Notwendigkeit usw) ist, die Freizeit wiederum ist unterstellt als eine nicht wirklich mit dem eigentlichen Produzieren vereinbare Mussezeit. Muss das so sein – und wann ist das so?
Die Einrichtung einer endgültigen Konsumgüter-Produktion wieder unterstellt, dass das Wissen, das ab dann hinzuerworben wird (wenn es denn überhaupt erworben wird), im wesentlichen nicht mehr produktiv verwertet wird, oder dazu keiner technischen Aufbereitung und Umrüstung der Produktion bedarf.
Auch das ist eine Vorstellung, die seltsam quer liegt zu dem genuin MODERNEN Gedanken einer permanenten Revolutionierung von Produktionsmethoden durch fortschreitende Wissenschaft und Forschung.
Umgekehrt wird beim Lob der überschiessenden kap.Produktivität vergessen, wieviel davon sich der rabiaten Verletzung der drei genannten Prinzipien kollektiver Produktion verdankt, so als wäre diese Missachtung einfach nur eine der Weisen, moderne Technologie einzusetzen, die man – gerade wieder unter Benutzung ihres neutralen und hochentwickelten Kerns – in einen prinzipien-gerechten Gebrauch dieser Technologie überführen kann: Gute (Hoch-)Technologie hilft dann, kapitalistisch fehlbenutzte Technik umzurüsten auf ökologische/ressourcenschonende, ausbeutungsfreie, arbeitsleid-reduzierende.
Und dabei wird insgesamt sehr wenig gesprochen von ökologischen Schäden – worin die eigentlich bestehen; von bestehenden „Entwicklungsgefällen“ und was es bedeuten würde, sie zu beseitigen; von Bedürfnissen, und wie ein anderes Leben aussehen würde.
Warum ist das so?
Ich denke, es hat etwas zu tun damit, dass auf eigentumslose Zustände orientierte Leute bis heute das Problem definieren als Wegräumen eines gigantischen, all-umfassenden HINDERNISSES, eben der gegenwärtigen Produktionsweise. Da gibt es eine interessante Parallele; denn die Befürworter der modernen Technik im allgemeinen, und des Marktes im besonderen (wir haben im Kapitalismus ja die Zusammenfügung von beidem) trauen diesem Paar die Lösung aller Menschheitsprobleme zu, dies Zutrauen wird dann gewissermassen nur um eine Ecke mehr gedacht: erst das UniversalHINDERNIS (das fehlbeurteilte Mittel) abaschaffen – DANN entfaltet die Moderne als Wissenschaft, Technik, arbeitsteilige Produktion und Fortschritt ohne Ende ihre segensreiche Wirkung. (Der Fortschritt (der Wissenschaft Technik Produktivität) ist übrigens selbst so eine Systemidee…)
(Noch eine solche Ecke wäre dann zB die Art der politischen Organisation der kollektiven Planung – wird die gut eingerichtet, kann nichts mehr schiefgehen. In einem fort de Gedanke: Hindernisse wegräumen – dann geht es gut.)
Aber der Beweis wird garnicht mehr angetreten. Man schaut garnicht mehr nach, ob ökologische Rücksichten noch ganz andere Umstellungen von Produktion verlangen (solche, die auch nciht leicht zu finden sind, sondern eine komplett neue Ausrichtung von Forschung und Technik verlangen würden); ob Ungleichzeitigkeit (wovon die „Ausbeutbarkeit“der Ressourcen und Bevölkerungen von Entwicklungs- und Schwellenländern en Teil) am Ende womöglich ein ebenbürtiger Hauptzweck der gesamten Gesellschaftseinrichtung des kollektiv wirtschaftenden Teils der Weltbevölkerung (wo immer der wohnt) sein wird; und… dass derzeit kein Mensch so genau weiss, was er und andre eigentlich wirklich zum guten Leben brauchen – woher sollten sies wissen? Und wie und wo es herausfinden?
Die Abschaffung des Kapitalismus wird da beinah zum Nebenthema… Denn:
Ja – es GIBT Rechtsvorschriften, aber sie zu beachten und ihnen gerecht zu werden, ist oft nicht wirklich ein Hindernis (bisweilen enthalten sie ja auch rationelle Regeln, beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft: Lebensmittelhygiene, Brandschutz, Bauvorschriften Arbeitsschutz-Massnahmen zB).
Und.. ja – es GIBT Eigentum und Ausschluss davon, aber es gibt auch Eigentümer, die den kollektiv planenden Gemeinschaften viel oder alles geben würden, wenn…
…wenn denn erkennbar wäre, dass die funktionierende Lebensformen haben, und auf Dauer angelegt sind.
Aber da fehlts am nötigsten.
Mein Blog könnte darum nur heissen: Mein kommun(al)istischer Ausnahmezustand. Von Alltag keine Spur…
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Ausnahmezustand – wieso das denn?
Ausnahmezustand heisst für mich: es gibt keine irgend geartete Normalität, von der auszugehen wäre bei der Zielsetzung einer eigentumsfreien Gesellschaft.
Beinah alles ist (aus meiner Sicht) dabei fragwürdig, unentwickelt, einfach nicht bekannt und vorhanden.
Ich glaube, dass die ungeheure Herausforderung, die in den schlichten drei Anforderungen an die Produktion der frei assoziierten Produzenten zum Ausdruck kommt, noch garnicht begriffen ist. Es ist nicht begriffen, dass hier von einer epochal anderen Art des PRODUZIERENS, also auch von technologischer Einrichtung der Produktivkräften, geredet wird,
Und da ist ein wesentlicher Unterschied zu bisherigen Kommunismus-Konzepten.
Denn das klassische Modell des Bruchs mit dem oder des Übergangs weg vom Kapitalismus unterstellt nicht wirklich das, was die historisch-materialistische Arbeitshypothese besagt: dass da ein Produktionsverhältnis zur Schranke für anstehende technische Fortschritte wird, und sein Verschwinden unvermeidlich.
Die „Dialektik“ des Kapitalismus hat eine ganz andere Gestalt, als es für frühere Epochen und ihre Schranken behauptet wurde: Er „entfesselt“ ja die technische Entwicklung angeblich, aber die Entfesselung ist mängelbehaftet, und so der Gebrauch, der von den in ihm selbst entwickelten Technologien gemacht wird.
Die bleiben aber vor wie nach Revolution im Prinzip dieselben oder solche grundsätzlich gleicher Art – es geht eher um ein Mehr und Besser desselben, und die Art seiner ausser-technologischen Benutzung.
Tatsächlich ist der Epochen-Übergang nach dem Muster „bestehendes Produktions-Verhältnis behindert Produktiv-Kräfte und zu ihnen passendes Produktionsverhältnis, die sich in seinem Schoss entwickelt haben“ der kapitalistische Modernisierungs-Übergang.
Und die andern angeblich analogen sind eher auf dieses Vorbild hingetrimmt… weil das (aus moderner Sicht) so handfest-materialistisch ist, die „Produktivkräfte“ als „Stand der Technologie“ zu deuten.
Wenn man aber unter Produktivkräften nicht nur technisches know-how versteht, ging es bei früheren Übergängen sehr wohl um Reproduktions-Niveaus als alles entscheidender Voraussetzung für entsprechende Vergesellschaftungsniveaus: Etwa beim Übergang Antike-Mittelalter um die Erschliessung der Fläche, derart dass „flächendeckend“ die lokalen hochkulturellen Errungenschaften einschliesslich Herrschaft grundsätzlich mit den Überschüssen eines unmittelbar zu ihnen gehörenden Territoriums (und der Mehrarbeit seiner Bewohner) bestritten wurden (und der so mobilisierte Reichtum zur Erhaltung des je erreichten Kulturniveaus und seinen Schutz gegen Übergriffe von aussen ausreichte).
So wie antike Grossreiche erstmal die Produktion entsprechender Überschüsse und ihren Transport (zu Land und zu Wasser, in China waren das zB Kanäle) in die nichtagrarischen Produktions- und Herrschaftszentren bewältigen mussten. Und dabei wurden die Transportwege und offenen Grenzen immer länger, und die einzuschliessende nicht genutzte Fläche immer grösser…
Die Brüche oder Übergänge sind dann auch keine „Revolutionen“, sondern für jeden Epochenübergang andre… und ob es immer bloss diese zwei Momente waren, und der Rest „Überbau“… oder ob sich da aus den Produkten einer ursprünglichen Differenzierung weitere herauslösen und die abgelöst sich nebeneinander entwickelnden wieder Binnenbeziehungen eingehen, derart dass es „stabile“ (oder auch instabile, nicht funktionierende; oder nach einigen Zwischenschritten instabil werdende) kulturelle und politische Konfigurationen gibt – das wäre genauer zu überlegen…
Vielleicht wird das Ungewöhnliche im scheinbar Selbstverständlichen übersehen, das ich aufgeschrieben habe, nämlich in den drei gleichrangig nebeneinanderstehenden Zielen:
ökologisch – Ungleichzeitigkeiten beseitigend (unter anderm auch die Ergebnisse unguter Arbeitsteilung: Mann/Frau, Stadt/Land, Hand/Kopf, Metropole/Peripherie) – bedürfnisorientiert
Erste Frage: Wo ist da die Politik und das Politische?
Ich sage: Es steckt im zweiten Punkt. Die politischen Konzepte, mit denen auf eigentumsfreie gesellschaftliche Produktion zielende Leute heutzutage konfromtiert sind, und nicht nur die Konzepte, sondern ihre unsagbar vielfältige und konflikthafte Umsetzung weltweit – sie sind allesamt Formen von (historischer) Zurückgebliebenheit. Darum halte ich die Frage für so wichtig: Warum sind WIR gegen Eigentum und die andern nicht? Wie kommen WIR darauf und die andern nicht?
Ausnahmezustand, absolute NIcht-Normalität herrscht für mich unter Kommunisten: weil wir uns in dieser doch recht nahe liegenden Frage – so wie in etlichen anderen Fällen von „Ungleichzeitigkeit“ so vieler anderer mit uns Fortgeschrittenen (sind wirs etwa nicht? halten wir uns nicht dafür?) – so wenig Klarheit verschafft haben, womit wirs da eigentlich zu tun haben.
Religion…
Alltagsbewusstsein…
Rassismus…
Und Ökologie…
… ist ganz und gar nichts Harmloses. Es gibt nicht grade wenige Linksradikale, die das ganze Thema für „Ideologie“ erklären. Ich erinnere mich zB, dass ein Vortrag von Theo Wentzke, GSP, beginnt mit: Wenn es da was (natur)wissenschaftliches gäbe, solle man es doch vorbringen…
Ich erinnere mich des weiteren an eine Meldung vor einiger Zeit: Studien mit Kindern zeigten, dass die „Natur“ als etwas extrem Empfindliches und ständig zu SCHONENDES weil Zusammenbruchs-Gefährdetes ansehen würden, und Angst hätten, sich in ihr zu bewegen, weil sonst (schon wieder) was kaputtgeht…
Noch an etwas erinnere ich mich: Eine Gruppe aus der transition town Bewegung pachtet von einer deutschen Unistadt ein Drittel Hektar Park-Gelände, um irgendwie naturnahen Lebensmittelanbau zu praktizieren. Die Nachfrage nach dem Projekt ist ganz ungeheuer gross, 40 (meist) Studierende stehen schliesslich auf der Wiese. Es stellt sich heraus: Kein einziger hat die geringste Vorstellung, was man tun muss, um „Kartoffeln anzubauen“. Immerhin. Der Starkoch Jamie Oliver traf auf Londoner Schulkinder, die nicht wussten, woraus die Pommes gemacht sind, die sie tagein tagaus assen, und überhaupt zum ersten Mal in ihrem Leben eine Kartoffel zu Gesicht bekamen.
Nicht nur der Strom kommt aus der Steckdose…
.. die Milch kommt aus dem Tetrapak…
.. und der Salat aus der Gemüsetheke.
Leute wissen nichts über die Materialien, aus denen die Wände ihrer Wohnungen bestehen… mit denen ihre Möbel konserviert sind… was mit Plastiktüten geschieht, die sie wegwerfen. Sie kennen ihre Produkte nicht, nicht die Technik ihrer Herstellung; und wer Spezialist für eine Produktgruppe ist, ist es für 100Tausende andre nicht.
Die Wissenschaft aber kennt den Körper nicht. Viren… Viren bewältigt sie so grade eben. Die sind was, das man ausschalten kann, erkennen kann (per Antikörpertiteranstieg), und schon gibts einen Impfstoff dagegen. Toxikologie hingegen… sagen wir: des Aluminiums… ist ein herorisches Unterfangen von Forschergruppen von 2-400 Leuten weltweit. Die meist nicht genug Geld haben. Und sich durch die Organsysteme wühlen… wohin verschwindet das Zeug? Was macht es da? Ein Fass ohne Boden… von wegen: Naturwissenschaft.
Industrie-Chemikalien aber und Emissionen davon gibts (offiziell in der EU) 3-400.000. Dann forscht mal schön und bringt eure (Un)Bedenklichkeitsnachweise…
Und „Bedürfnis“…
… ist das nicht erst recht ein Fass ohne Boden?
Vielleicht ahnt ihr jetzt, warum zumindest ich von „Ausnahmezustand“ rede.. und davon dass nichts klar ist.
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Kommune, Gemeinschaft, Genossenschaft…
Links und alternativ ist nicht dasselbe. Es gibt Überschneidungen – ebenso aber auch strenge gegenseitige Abgrenzung. Aus beiden „Milieus“ heraus werden Gemeinschaften, Kollektive, Genossenschaften gegründet, in denen man zusammen lebt, wohnt, arbeitet.
Dabei sind unter den länger funktionierenden und grösseren Gruppen zwei Typen entstanden:
Der eine ist Niederkaufungen – man verdient Geld, durchaus im eignen Betrieb, durchaus auch ökologisch, die grösste Errungenschaft ist die gemeinsame Kasse, allerdings um den Preis eines gewaltigen Mediationsaufwands, da bleibt für andres wenig Zeit…
Das andre sind die Ökodörfer, vorneweg Siebenlinden: Dort hat man wortwörtlich alle Hände voll zu tun, den naturnahen Selbstversorgungsanbau hinzukriegen, die Gemeinschaft wohnt in Einzelhaushalten, dort in allen denkbaren (Klein)Gruppenmodellen oder Familien, regelt die dringlichsten Gemeinschaftsaufgaben kollektiv, ansonsten leben und arbeiten die Haushalte für sich.
Beide Modelle wirken allenfalls durch ihr Vorbild nach aussen, in bescheidenem Mass werden sie auch kopiert.
Neuere Projekte (deren Existenz als Projekt allein schon von einer gewissen Unzufriedenheit mit den bestehenden zeugt) verbinden die beiden Zentralanliegen der bisherigen Gemeinschaftsmuster, ja sie gehen oft, dem Anspruch nach, noch darüber hinaus, als neue Punkte kommen hinzu: Technologie entwickeln; und: kulturell-politisch wirken.
Eine Gemeinschaft wie Tempelhof (die ein ganzes Dorf in Hohenlohe gekauft haben) kombiniert zB. in ihren Einzelhaushalten (-gruppen) Kollektivität und Öko-Orientierung, findet aber nicht zu einer robust beides integrierenden gemeinschaftlichen Lebensform.
Andere zielen hoch, wollen gleich zu mehreren hunderten einsteigen und auf 1000 Personen wachsen, es bleibt aber Projekt (mit durchaus vielen 100 bis 1000 Interessenten im Verteiler), so etwa lebensdorf.net.
Die Gemeinschafts- und Kollektivgründungswelle an sich ist ja schon älter, sie läuft ungebrochen weiter. Allerdings ist der Verlauf ernüchternd: Von oft gut vorbereiteten Gründungen sieht man nach 1-2 Jahren nur noch eine Schrumpfform – eine Familie oder Paar oder Restgruppe führt den ursprünglichen Betrieb, dann meist als Gewerbe, weiter, die andern sind verschwunden, mit ihnen der Anspruch auf Selbstversorgung und/oder Kollektivität. Jemand, den ich zur Beteiligung einladen wollte, sagte mir: Wenn ich bei euch mitmache, wär es meine siebte Gemeinschafts-Gründung.. Er war 30.
Woran fehlt es?
1. an Techniken. Es gibt keine Instanz, die vorhandene Techniken für eine naturnahe Selbstversorgung auch nur in elementarsten Lebensbereichen (Essen, Wohnen) sammelt, sichtet und beratend vermitteln könnte. Die Gruppen selbst sind damit heillos überfordert.
2. an Mitteln. So, wie es Gruppen gibt, die händeringend Investoren und Genossenschafter suchen, die Einlagen machen, so vermögende Leute, die liebend gern eine Gruppe unterstützen würden, wenn… wenn nur die den Eindruck machen würde, dass sie ihr Projekt zuverlässig angehen kann. Wegen der anderen hier genannten Punkte kommt dieser Eindruck nicht zustande, und die Hoffnung etwa auf eine Pflegezusage durch die Gruppe im Alter verfällt. Es fehlt an Institutionen, die diese beiden Parteien zusammenbringen und den Prozess begleiten und betreuen.
3. an gut eingeführten Formen, in denen die neuen Lebensweisen sich an herrschendes Recht anpassen, etwa Eigentumsüberträge legal schenkungssteuerfrei organisieren. Bis dahin, dass solches Recht durch politische Hebel verändert wird…
4. an Strategien. Strategisch ausgerichtet sind heute vor allem Bewegungen, die sich an Stadtbevölkerungen wenden, und dabei naturgemäss an ihre Grenzen stossen. Es mag sein, dass man in Autoreifen Kartoffeln ziehen kann, und noch einiges andre… aber naturnahe ist das nicht. Das Land hingegen entvölkert sich vielerorts (ein Trend, der noch dramatisch zunehmen wird). Wo könnte man siedeln, und wie? – auch und gerade, um bei den elementarsten Lebensthemen wie Essen und Wohnen nicht stehenbleiben zu müssen, sondern weitergehende Produktionsthemen im Verbund angehen zu können. Die wachsenden Gemeinschaften dürfen dann nicht zu zerrissen sein. Wie koordiniert man solches Wachstum, um Synergien nutzen zu können, andererseits die Selbstversorgungs-Basis für alle weiter gewährleisten zu können?
5. an Konsens. Die sämtlichen Themen der „unguten Arbeitsteilung“, angefangen bei dem, was sich hinter dem „gender-Thema“ verbirgt, wenn der Sexismus daran weggearbeitet ist, machen sich hier schmerzlich bemerkbar; und nicht etwa, dass die Gruppen bloss an ihren kleinlichen und kleinbürgerlicihen Luxus-WG-Zänkereien zerbrechen – Risse, die sich da zeigen, werden zu Sollbruchstellen, wenn der Druck wächst. (Von wegen „wenn die Probleme existenziell werden, raufen die sich schon zusammen…“!)
6. an Bewusstsein. Wo stehen diese Gemeinschaften, wie begreifen sie sich selbst, wie ihre Differenz (ihr Gefälle, ihre Fortgeschrittenheit, ihre Ungleichzeitigkeit) zur Umgebung, welche Strategien zu deren Überwindung leitet sich daraus ab?
Man sieht: „Beratung“ von aussen würde, je mehr man in dieser Liste fortschreitet, immer äusserlicher, gewaltsamer, sie würde Entwicklungs- und Verständigungsprozessen vorgreifen. Aber das ist hier nicht das Kernthema. Die Aufgabe, die diese Bewegung von Anfang an zu lösen hat, ist bis heute von keiner einzigen historischen wie zeitgenössischen Gesellschaft angegangen, geschweige denn gelöst worden: Individuelle Erfahrung und Wissenszuwächse angemessen zu vergesellschaften, oder als Gesellschaft, in jedem Einzelnen, zu LERNEN und ALLE gleichmässig daran zu beteiligen. Was eine Definition von Marx für Kommunismus umsetzen würde: dort sei die Entwicklung jedes Einzelnen die Bedingung der Entwicklung aller.
…
Die Leute, von denen ich rede, WOLLEN sich so einrichten. Aber bei den andern.. frag ich mich 1. was ihnen die Kollegen so verleidet, 2. ob man sich solche Trennungen, wenn man hier und jetzt mit dem nötigsten (aber ohne Markt und Konkurrenz, also Selbstversorgung) anfängt, überhaupt leisten kann und auch will. Ist doch einfacher, wenn der Anbau arrondiert rings um den Hof stattfindet, und die wichtigsten Reparaturen gleich zuhaus gemacht werden können. Was das Zeit und Ressourcen spart..
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Voll-Automatisierung…
Die Überlegungen zum tendenziellen Fall der Profitrate beschäftigen sich mit dem Thema „Ersatz lebendiger durch tote Arbeit“ – als Ausdruck der insgesamt anwachsenden Produktivkraft. Diese Überlegungen lassen sich unmittelbar (und das mit womöglich noch mehr Evidenz als in der Politökonomie des Kapitalismus) fortspinnen zu Entwicklungen in einer auf Voll-Automatisierung hinarbeitenden (womöglich weltweiten) Kommune-Ökonomie:
Es mag sein, dass aktuell die Lebensmittel der Produzenten bereits sehr produktiv hergestellt werden können (über die Qualität dieser Lebensmittel sagen wir nicht soviel).
Also der v-Anteil an der Gesamtarbeit sinkt.
V-gebundenes m gibts nicht, bloss freiwillige Mehrarbeit über die für v (bei gegebner Produktivität) nötige hinaus, das entscheiden die Kommunarden.
Bloss.. da ist auch noch c, die Arbeit für den zu reproduzierenden Produktionsmittelapparat, der ihre v-Produktion so wahnsinnig abkürzt – und der selber dafür um so mehr wächst. (Der wurde von Vulgärökonomen wie Say und dem kurz ins Vulgärökonomische abgeglittenen Smith glatt vergessen, wie Marx triumphierend im vorletzten Kapitel von K3 über die Revenuen) feststellt.)
Das Schlimme ist…
c kann sogar wachsen. Man muss erstmal eine MENGE c-Arbeit leisten, damit auch c-Arbeit produktiver wird.
Die Frage ist: Ob diese Bewegung sich immer weiter fortsetzt? Mit andern worten: Kann es sein, dass für ein dank gesteigerter c-Produktivität eingespartes Stück c-Arbeit erstmal gleichviel oder gar mehr c-Arbeit mobilisiert werden muss, um die Produktionsmittel und ihre Reproduktion für diese Steigerung zustandezubringen? (Das könnte sich zB beziehen auf Arbeitseinsätze zur Energieeffizienz oder rationelleren Rohstoffnutzung bei knapperen Ressourcen…)
Allein die Wachstumsprobleme und Folgekosten von Technologieeinsätzen vergrössern den c-Einsatz.
Anders gefragt: Könnte absehbar sein, dass „Voll-Automatisierung“ eine Sisyphus-Strategie ist? Zumindest für die nächsten, sagen wir: 500-2000 Jahre… bis dann die üblichen Science-fiction-Verhältnisse herrschen, und wir die nächsten halbwegs bewohnbaren Planeten suchen müssen, weil die hier nicht mehr ausreichen…)
Ich zitiere dazu mal einen eigenen Text (mehr dazu unter:
selbstbestimmung-als-aufgabe.d…aendnisse-der-moderne.php )
„…soweit das Projekt der Moderne überhaupt eine Richtung aufweist, könnte es so zusammengefasst werden: Eine Natur erschaffen, aus den unbelebten, vor-naturhaften Bestandteilen der Umgebung – als gäbe es noch keine; oder als wäre die existierende Natur eine schlechte, uns schädigende, eine Umgebung, die zu uns so wenig je passen wird wie wir zu ihr – eine UNNATUR.“ (Scheitern der Moderne, I,1/19)
…
Der Witz, Wal, ist vielleicht, dass das, was die Umsetzer eines Voll-Automatisierungs-Projekts sich vornehmen, sogar in verminderter GESAMTArbeitszeit (im engeren Sinne) aller Produzenten münden kann. Auch das Teilen der Arbeitsplätze mag gelingen. Aber die Ausbildung für die HighTechArbeit wird immer extremer – vor allem, wenn da ständig weiter Entwicklungsarbeit geleistet werden soll. Wenn man eine Qualifikation (tote oder lebendige Arbeit?) hat, die einem im Kopf keinen Platz für andres lässt, ists womöglich sogar ärgerlich, wenn man sich nicht mit ihr verausgaben darf – man sitzt zuhause rum und wartet, dass man endlich wieder randarf. Könnte echten Vollautomatisierern doch passieren… (Nächste Frage: Na und, wenn ihnen das Automatisieren soviel Spass macht – wo ist das Problem…? Ist da eins?)
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Voll-Automatisierung 2
Ich will ein wenig weiter nachdenken über die Themen, die in meinem letzten Beitrag angesprochen wurden.
Bei dem ganzen gehts mir um „Automatisierung“ als eine STRATEGIE, die zumindest von einigen Linken (auch hier) vorgeschlagen wird, um im Kommunismus einen „Fortschritt der Produktivkräfte“ zu erzielen (und damit zu bestimmen, worin der liegt). Ich sehe dies als Präzisierung einer fundamentalen und gegenwärtig überhaupt als einzige eingenommenen Stellung zum Gebrauch von Technik bzw Strategie ihrer kombinierten Anwendung zur gesellschaftlichen Reproduktion: Industrielle Strategie. Voll-Automatisierung und Freistellung aller von (dafür) notwendiger Arbeit kann als Fortschritts-Ziel dieser technologischen Strategie der industriellen Moderne gesehen werden.
Bei meiner Fortsetzung möchte ich besonders den Gedanken von Wals Kommentar zu meinem letzten Beitrag aufgreifen: „Wenn die Herstellung der Maschine mehr Arbeit kosten würde, als ihr Gebrauch nachher einspart, dann „rentiert“ sich die Maschine nicht, und man verzichtet darauf.“ Das Problem mit dieser Formel ist ein doppeltes: Was ist mit Machinen, die ganz neue Leistungen erbringen, also in dem Sinn garnicht Arbeit ersetzen? Und: wie wird Entwicklungs- und Ausbildungsarbeit bei den Herstellungskosten verbucht?
Eventuell macht die Formel als Entscheidungskriterium bald keinen Sinn mehr, wenn sie auf diesen Feldern angewendet werden soll…
Die Buchstaben c v m stehen im „kommunalen“ Kontext für die grossen Aufgaben-Blöcke, mit denen die Mitglieder der grossen, vernetzten oder auch kleineren Kommune (ich hoffe, sie entscheiden alle zusammen, nicht nur die Werktätigen (nach dem Prinzip „wer schuftet schafft an“, noch so ein Problem (denn: wer nicht schuftet, hat leicht reden und entscheiden…) in ihrer selbstverwalteten Produktion konfrontiert sind.
Für diese Aufgaben müssen sie Ressourcen sowohl aufbringen (Arbeit und andre) als auch aufteilen.
c steht für die Reproduktion des vorhandenen Produktionsmittelapparats. Ein Teil dieses Apparats wird dabei selbstverständlich mitverwendet, sodass man sagen kann, Produktionsmittel sind nötig, um Produktionsmittel allein schon zu erhalten (später dann auch zu optimieren, und neue zu entwickeln), also sich selbst. Auch Rohstoffe, Energie und vor allem Arbeit geht in diese Erhaltung ein, und für diesen Anteil des Gesamt-Verbrauchs an Rohstoff/Energie und (qualifizierter) Arbeitszeit steht c.
v steht für das, was an Arbeit und Ressourcen in die Lebensführung und Lebensgestaltung der Kommune-Mitglieder gesteckt wird – nicht nur der arbeitenden; obwohl es denen ja gut dabei gehen soll – ihre Arbeit ist immerhin Teil ihrer Lebenstätigkeit. Aber das Lebensniveau der Nichtarbeitenden (Kranke/Behinderte, Kinder+Jugendliche, Ältere, auszubildende Erwachsene) ist sicher ein zentraler Masstab für den Wohlstand der Kommune. Schliesslich verfolgt die Kommune vielleicht Zwecke ausserhalb ihres eigenen Einzugsbereichs, ordnet Mitglieder dorthin ab, auch die müssen eventuell aus Kommunemitteln unterhalten werden. Vielleicht ergeben sich da auch Abzüge bei den Produktionsmitteln, von denen ständig irgendwohin etwas abgeführt wird, das zur Erhaltung oder zum Aufbau anderer Kommune-Wirtschaften dient. c und v stehen für regulär anfallende Aufwände, mit denen zu einem gegebnen Zeitpunkt sicher zu rechnen ist, die also andauern müssen, damit sich der Wohlstand der Kommune immerhin auf dem so gerade erreichten Niveau hält.
m hingegen soll stehen für alle Ressourcen- und Arbeits-Einsätze, die an den bestehenden Verhältnissen etwas bessern, vorrangig also die Produktivität der Gesamtproduktion steigern, sodass entweder Optionen für weitere m-Einsätze entstehen, oder aber der Gesamtaufwand, vor allem an Arbeit(szeit), sinkt.
Speziell von der Arbeit für Qualifizierung ist schwer zu sagen, wohin sie gehört: Vor Einführung eines technischen Verfahrens hat sie womöglich Pionier- und Entwicklungscharakter, danach gehört sie zum Routinebetrieb und Reproduktion – in der ersten Version also m, in der zweiten v oder c. Auch wenn dieselben Techniker, die etwas eingeführt haben, danach in der Wartung und Ausbildung ihrer Nachfolger beschäftigt sind…
Ähnlich schwer einzuordnen sind alle Tätigkeiten, die mehr oder weniger gern erledigt werden, und dennoch produktiv sind. Soll man sie in die Arbeitszeit-Statistik aufnehmen, wenn sie in der offiziellen „Freizeit“ der Betreffenden stattgefunden haben? Soll man Zeitab- oder -zuschläge machen?
Der Begriff „Voll-Automatisierung“ steht nun („pars pro toto“) ganz generell für eine Fortschritts-Strategie, bei der „Produktivität“, also Leistungsfähigkeit eines Produktionsprozesses, vor allem in zwei Hinsichten gesehen wird: 1. Wieviel wird überhaupt „gekonnt“? und 2. Mit wie wenig Aufwand an Arbeit(szeit) und Ressourcen wird es gekonnt? – Die Bewegung geht dabei meist von 1 nach 2 über: Erst werden überhaupt technische Lösungen gesucht, dann werden sie „produktiver“ gemacht.
In dieser simplen Schrittfolge besteht bereits die Crux der industriell-technologischen Strategie (eine andere gibt es derzeit nicht, darum erscheint sie so alternativlos).
Hierzu nochmal kurz zurück zur Argumentation zum Fall der Profitrate (der ja sehr viel mit dieser Strategie, der „Steigerung der Produktivkräfte“, zu tun hat): Da steigt also, durch immer produktivere Lebensmittelproduktion, der Exploitationsgrad, andersrum gesagt, immer weniger von der notwendigen Gesamtarbeit geht in v, es entstehen Freiräume zur Anhebung des m, relativ zu v. Gleichzeitig steigt selbst bei gleichbleibender Gesamtarbeit der c-Anteil durch die Ersetzung lebendiger durch tote Arbeit, also „lohnende Maschinerie“, wobei damit gleichzeitig Einsparungen im zirkulierenden Kapital gegenüberstehen, die diesem Effekt entgegenwirken. Nichts aber wirkt dem entgegen, dass die notwendige gesellschaftliche Gesamtarbeit, die das Kapital da in Bewegung setzt, tendenziell sinkt, die Lohnarbeitslosigkeit (und damit die Erpressbarkeit der Lohnarbeiter) tendenziell steigt. Was in dieser Rechnung nicht vorkommt, sind die aus m zu bezahlenden allgemeinen Kosten dieser Bewegung: Verwaltung/Versicherung, Entwicklungs- und Transaktionskosten für das Einzelkapital, Luxuskonsum, dazu ökologische und soziale Folgeschäden (staatlich verwaltete (Alters)Armut, Krankheit, Lohnarbeitslosigkeit), aber auch Grundlagen-Wissenschaft und Ausbildung.
Diese Posten werden in der Kommune nicht externalisiert und „outgesourct“, aber natürlich muss man sehen, was aus dieser Fortschritts-Bewegung in die kommunale Rechnung übergeht. Feststeht natürlich, dass es kein „planmässiges“ Zurückweisen von Arbeitsbereitschaft gibt, also kein Pendant zur Lohnarbeitslosigkeit, vielmehr vormalige Überarbeitung der Beschäftigten vermieden wird durch Aufteilung von Arbeitsplätzen und -zeiten unter mehrere Produzenten. Weiter steht fest, dass Folgen von rücksichtslosem Umgang mit Ressourcen aller Art garnicht erst entstehen soll, also auch nicht dafür gearbeitet wird – allerdings vielleicht für die Prophylaxe Aufwand getrieben werden muss – Strategien kapitalistischer Schein-Produktivität, die auf Rücksichtslosigkeit beruhten, stehen nicht mehr zur Verfügung; unter Umständen müssen auch in grossem Umfang Reparaturen der bereits angerichteten Schäden durchgeführt werden. Das kostet (Arbeit, Arbeitszeit; Ressourcen). Aber der ökonomische Kern der Entwicklung zur Automatisierung ist noch nicht erfasst: „High tech“ Industrien brauchen nicht nur immer exotischere Werkstoffe, sondern auch immer qualifizierteres Personal allein für ihre Wartung. Da Arbeitszeiten aufgeteilt werden, müssen teure=arbeitsintensive (und von andern mit-zutragende) Ausbildungen, verglichen mit früher, mehrfach absolviert werden. Der ressourcen- und arbeits-sparende Effekt bei der unmittelbaren Produktion von Lebens- und Konsummitteln aller Art wird erkauft mit einer Verschiebung des v-Anteils hin zu m und c: Entwicklungskosten, Ausbildungskosten, Maschinen- und Anlagenwartung. Und da können leider die Unqualifizierten nicht mitmachen; je schneller die Entwicklung geht (getrieben von Unzufriedenheit mit der zu langsam sinkenden Gesamtarbeitszeit), desto grösser wird der Qualifizierungs-Druck: „lebenslanges“ Umlernen wird Bedingung dafür, überhaupt an der Produktion beteiligt zu sein. Die Gesellschaft spaltet sich alsbald in solche, die sich diesem Druck aussetzen (oder von Anfang an ausgesetzt haben – ihre Vorsprünge sind nicht mehr aufzuholen), und die andern, die aufgegeben haben und abseits stehen. Ihre Existenz ist für die Fortschrittsbewegung vorderhand „nutzlos“, Arbeit für ihre Bedürfnisse werden als Abzug von der so dringend benötigten Entwicklungsarbeit gesehen. Schliesslich hängt das Wohlergehen der gesamten Gesellschaft von der Arbeit der Experten-Minderheit ab. Da die Unqualifizierten vom Produktionsprozess ausgeschlossen sind, können sie kaum noch beurteilen, was dort geschieht, und welche Notwendigkeiten dort zu berücksichtigen sind. Die Qualifizierten wiederum sehen in der mit den früheren Verhältnissen begründeten, „ideologischen“ Verfügung über ihre Arbeitszeit (dass sie aufgeteilt und gemindert werden soll) bloss noch Brachliegen der Kapazität, die sie durch ihre Qualifizierung mühsam aufgebaut haben. Sie WOLLEN dann erstmal nur noch arbeiten, schliesslich hat ihre Qualifizierunugsarbeit (durch die Komplexität der Technologie, mit der da gearbeitet wird) ihre gesamten geistigen Ressourcen so in Anspruch genommen, dass sie daneben wenig andres sinnvoll tun KÖNNEN. Das sollten dann vielleicht die ansonsten nutzlosen Zuschauer aus der Restgesellschaft übernehmen: Dienstleistungen aller Art zur Reproduktion der „eigentlichen“ Leistungsträger. Und dies (Re)(Produktions)Verhältnis, abgesehen davon, dass es von den Befürwortern des bedingungslosen Grundeinkommens perfekt vorweggenommen wird, erinnert fatal an ein andres, das man offenbar so schnell nicht loswird: das Geschlechterverhältnis – jetzt nur nicht mehr entlang der naturgegebenen biologischen Fähigkeit zur Mutterschaft definiert. Dafür können dann, angesichts der Produktivität des Lebensmittelsektors (wenn das mal stimmt! vgl. frühere Hinweise zur AgrarINDUSTRIE) gern auch mehr als 50% der Gesellschaft im kommunalen „Dienstleistungssektor“ arbeiten. Wem das nicht reicht, der darf sich für Qualifizierungs-Massnahmen melden – deren Kapazitäten sind aber bemessen nach Bedarf, nicht nach Wünschen; wenn doch letzteres, ergibt sich erneut das paradoxe Bild der Überqualifikation und Konkurrenz um das Sich-Betätigen-Dürfen an den knappen Arbeitsplätzen, für die man sich so mühsam ausgebildet hat (solang es sie noch gibt: „moralischer Verschleiss“, also Veralten noch vor Ende der Betriebszeit durch permanente Innovation ist ja der Zweck der ganzen Bewegung). Oder die eigentlichen Leister sind ihrer Beanspruchung überdrüssig, reissen bei ihrem Abgang aber fürchterliche Lücken, und stehen unter Druck, weiterzumachen – sie sind unersetzlich… Die Gesellschaft erzeugt insgesamt unermessliches Wissen und Können ohne Ende, aber selbst die Experten sind völlig ausserstande, die Vorschläge auch nur der Kollegen aus der Nachbardisziplin zu beurteilen. Man könnte sovieles machen, aber unklar ist, was mit welcher Priorität. Nur eins steht fest: Alles kann nicht gemacht werden – allenfalls ein winziger Bruchteil der Expertenvorschläge kann realisiert werden. Wie die Vorschläge zusammenarbeiten könnten, wird nicht überblickt. Eine übergreifende Strategie existiert nicht – zuviele Optionen stehen nebeneinander. (Schliesslich geht es erstmal um Können, um Grundlagenforschung, Technologie pur – noch nicht problembezogen). Nicht nur der Gesellschaft als ganzes, sogar ihren Experten entgleitet die Verwaltung ihrer Wissensproduktion und der möglichen Umrüstung des Reproduktionsapparats. Dazu kommen all die Warnungen vor immer neuen erforschten Risiken, denen man begegnen könnte oder sollte. Jeder Experte auf SEINEM Gebiet ist zugleich Nichtexperte auf unendlich vielen andern. Die Planung nicht nur, die Produktion selbst ZERSPLITTERT, wird unkoordiniert. Entscheidungen werden immer willkürlicher und grundloser getroffen – sofern sie überhaupt noch getroffen werden. Als noch rationellste Methode stellt sich allmählich die Verlosung von Forschungs-, Entwicklungs- und Umsetzungskapazitäten für sich bewerbende Projekte heraus. Diese Kapazitäten erweisen sich immer mehr als limitierender Faktor: Da die Technologien immer aufwendiger werden, werden auch die Experimente zu ihrer Entwicklung immer ressourcen-intensiver. Die Konkurrenz innerhalb der Experten geht also drum, überhaupt zum Ausprobieren ihrer Ideen, zur Umsetzung von Experimenten zugelassen zu werden.
Dem „verweiblichten“ Teil der Gesellschaft draussen wiederum sind (das kommt einem allzu bekannt vor) enge Grenzen gezogen. Ihre Unternehmungen haben von vorneherein Nicht-Experten-Status und sind somit für das Kernprojekt der Gesellschaft irrelevant. Sie konkurrieren um zugestandene (so deklarierte) „Freizeit-“ und Konsum-Angebote. Produktive Experimente „ganz anderer Art“, etwa landwirtschaftliche, sind untersagt: Gerade aus ökologischen Rücksichten ist kein Fleckchen Erde mehr unverplant. Für „alternative“ Experimente ausserhalb der offiziellen Wissenschaft (die sich längst durch ihre Professionalisierung und Qualifikations-Standards jeder Kritik entzogen hat) ist buchstäblich kein Platz. Geschweige denn, dass angesichts der Ressourcenknappheit auch noch Mittel dafür freigestellt werden..
So sieht eine industrie-orientierte, „moderne“ nach-kapitalistische Welt aus.
Oder irgendwo auf dem Weg dorthin, dabei verlangsamt, stehengeblieben und stagnierend.
Oder… im Chaos versinkend wegen fortbestehender Mitsprachemöglichkeiten der Unqualifizierten, aber eigentlich Unmündigen..
Nochmal: Die Frage, die ich aufwerfe, ist: Wie soll eine (Welt)Gesellschaft ihre Produktion beherrschen und gestalten, deren Wissen eine Form annimmt, von dem fast alle Geselslchaftsmitglieder (reihum) ausgeschlossen sind?
…
Ich spreche in mich und andre ermüdender Weise das immer gleiche Problem an, nämlich das der GESELLSCHAFTLICHEN Verarbeitung (in Gestalt der Umformung und Ausdifferenzierung der Reproduktion) von wachsenden Wissensbeständen. (Das „ihre“ in „Ihre Produktion“ ist eben mehrdeutig…)
Die Pointe ist: Nicht „eine Macht“ schliesst aus – das produktiv zu verwertende Wissen, so wie es heute begriffen wird, tut es – in einer Weise, die – absehbar, auf dem Weg, den ich hier skizziert habe – der sozialen Emanzipation eine historische Schranke setzt (meine These). Wichtig sind die beiden Hinweise am Schluss: „Verlangsamung“ und formelle Mitsprache-Berechtigung ändern leider nichts daran.
Es ist nicht ein ständig anderes Problem, sondern der Hauptgesichtspunkt, unter dem ich meine strategischen Vorschläge für soziale Emanzipation mache.
@Peter. Deine Frage, wie Kapitalismus „abgeschüttelt“ wird, ist in der Tat enorm bedeutsam, und wird nicht nur von dir aufgeworfen; sie sollte daher anderswo genauer erörtert werden. Kurzantwort: Nichtmal in starken Krisen rechne ich mit einem Übergang der Bevölkerungsmehrheit zu „kommunaler“ Vergesellschaftung, hingegen mit Koexistenz einer wachsenden „kommunal verfassten“ Minderheit mit und in der anders organisierten und auch zunehmend desorganisierten Mehrheit. Mein „Expertenmacht“-Szenario oben wird dadurch modifiziert, verläuft aber auch in einer Minderheit (so denke ich) im wesentlichen in diese Richtung – wenn dem nicht energisch entgegengearbeitet wird.
…
Wat, genau daran hab ich öfter beim Schreiben gedacht: Stell dir vor, wie in einem technologischen Hochrüstungs-Szenario genau diese polytechnische Bildung immer anspruchsvoller wird. Und selbst dann – unterschätz nicht, wie wenig heute bereits gut ausgebildete Fachwissenschaftler über Entwicklungen in unmittelbaren Nachbar-Unterdisziplnen ihres eigenen Fachs bescheidwissen.
Zur Erinnerung: Ich äussere hier im wesentlichen keine Parteinahme für oder gegen, sondern versuche, Konsequenzen einer bestimmten (!) technologischen Strategie (dh. der Entwicklung und Kombination von Einzeltechniken und -Verfahren zu gesellschaftlich-reproduktiven Zwecken), nämlich der industriellen, aus ihren Grundbestimmungen abzuleiten. (Das kann mir natürlich alles bestritten bzw. genauer erörtert werden.)
Einmal mehr: Hochtechnologie weiterentwickeln zur Reduktion der allein für sie beständig benötigten Gesamtarbeitszeit ist eine entsprechend immer anspruchsvollere Aufgabe – das gilt auch für die Bildung: Die muss ständig mitwachsen (ob die Menschenleben auch so schnell wachsen, in die das alles passen soll, ist die Frage. Und das gilt für alle nicht mitwachsenden Ressourcen…)
Die Alternative ist: Das ganze zu verlangsamen. Dann kommt die Frustration herein, auf halbem Weg stehenbleiben zu sollen, ohne es wirklich besser zu haben. (dh. Gesamtarbeitszeit nicht wirklich reduziert)
Aber ich möchte das Thema, wenn ich darf, noch ein wenig weiter vertiefen.
Ich hoffe aber, mein Anliegen dabei ist mittlerweile etwas deutlicher.
….
Wat, wie immer an solchen Stellen die Erinnerung: WIR sind „die Menschen“, wir sprechen von UNS (wir, die hier beraten, gehören jedenfalls schon mal dazu, und mit uns fangen wir an). – Das Versprechen/die Hoffnung/die Mohrrübe, „dann“ einfacher (dh meist: weniger) und ressourcen-schonender zu arbeiten, treibt die industrielle Produktionsweise seit Beginn (seltsamerweise auch durch eine „Revolution“). Die industriell entwickelten Produktivkräfte sollen vom Kap. reif und hochentwickelt übernommen werden – der soll (durch seine Krisen) am Ende die weitere Reifung behindert haben, dh. danach gehts damit erst so richtig los.
Schau dir nochmal (diese Einkleidung ist eher ein sarkastischer Witz) die quasi Polit-Ökonomie des „industriellen nicht-autoritären Kommunismus“ an: v wird immer kleiner (zumindest, wenns so richtig industriell-produktiv dabei zur Sache geht); aber m und c wachsen, relativ und absolut – die Gesamtarbeitszeit wird und wird nicht wirklich kleiner. Und.. wenn sie kleiner wird und würde, wird sie immer anspruchsvoller, dort arbeitet nur, wer sich überarbeitet, und das nach dem Motto: Sie müssten es nicht, aber sie tun es.
Die ganze Gesellschaft ist im permanenten Wartestand, sie empfängt einen Strom froher Botschaften über neue Durchbrüche und Errungenschaften, die Voraussetzung sind für… und weiter gehts. Die Erlösung stellt sich nicht ein..
Oder sie wird vorzeitig ausgerufen. Dann gibts diese permanente Unzufriedenheit mit der Stagnation, wo doch soviel verbessert werden könnte, wenn man nur… Kein Privateigentümer erzwingt es, „sie“ (wir?) wollen es…
…
Wat, von ihren Verfechtern (und darunter gibts nicht wenige auch unter kommunalistisch eingestellten Leuten) werden Automatisation und industriell-technischer Fortschritt normalerweise NIE als Selbstzweck angesehen, sondern als etwas unumgänglich Notwendiges (und sehr Bedarfs- und Bedürfnis-Bezogenes), angefangen bei Marx, der dies als Begriff oder zumindest Färbung eines Fachbegriffs in seine Theorie aufgenommen hat: notwendige Arbeit. Als Gegenbegriffe existieren: die (unbezahlte) Mehrarbeit (erzwungen durch Erpressung der eigentumslosen Lohnarbeiter), und die disposable time, in die die Mehrarbeit nach „Abschüttelung“ der kap.Klassenverhältnisse übergeht.
(Insofern ist die Verwendung des Buchstabens „m“ in der Darstellung der Politischen Ökonomie der zwangfrei-kommunallistisch industriell produzierenden Gesellschaft Polemik pur: Da wird unterstellt, dass ein neuer Zwang an die Stelle des alten getreten ist oder treten würde, wenn man den Kommunalismus so (mit einer industriellen technologischen Strategie) angeht. Genau diese Befürchtung würde ich gern in meinem Blog mit euch zusammen näher untersuchen – inwiefern sie stichhaltig ist; und welche anderen Zwecke hinzukommen, wenn nicht an die Stelle von Automatisierung usw treten müssten, um diese Befürchtung zu zerstreuen…)
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Zwischenbemerkung
Ich will, bevor ich fortsetze, noch einmal begründen, warum mir dieses Thema der „technologischen Strategie“ so wichtig ist, und in welchen Zusammenhängen es erörtert werden sollte.
1. Der Schritt von „was die Menschen/die Werktätigen tun werden, wenn sie sich die Produktionsmittel aneignen (also eigentumsfrei gemeinsam ihrer aller Reproduktion gesellschaftlich-arbeitsteilig planen und einrichten)“ hin zu „was wir bereits kommunistisch denkende Werktätige einhellig befürworten“ wird oft als „Utopismus“ kritisiert.
In diesem Vorwurf wird kaum je einmal unterschieden zwischen allgemeinen Voraussetzungen und Prinzipien des Planens, auf die alle je Beteiligte sich vorweg einigen können, genauer gesagt: müssen, und dem Planen selbst. Und man kann auch den Grund für diese Gleichsetzung erkennen: Wer den Utopismus-Vorwurf (oder den der nicht angebrachten Konkretisierung gesellschaftlicher Planung im voraus) macht, sieht die Prinzipien garnicht als diskussions-würdig an – darum, weil er sie für „alternativlos“ festgelegt hält. Die konkrete Planung wiederum unter diesen alternativlos gültigen Prinzipien soll gerade nicht von irgendeiner Zentrale, also einigen Wenigen vorab, ohne Kenntnis der genauen Umstände, die DANN eingetreten sein werden, entschieden werden. In genau diese vorwegnehmende und (von den „Massen“) isoliert planende Position scheint sich der Utopist zu versetzen.
Damit ist schon angedeutet, was dem Vorwurf entgegenzusetzen ist:
a) Es geht um Festlegung von Prinzipien der Planung, nicht um diese selbst.
b) Diese Prinzipien sind keineswegs alternativlos; es handelt sich, genauer, um alternative technologische Strategien (Strategien des kombinierten Einsatzes von Techniken und Verfahren in einer gemeinsam geplanten gesellschaftlich-arbeitsteilig organisierten Reproduktion auf (mindestens) modernen Grundlagen), über die entschieden werden muss.
c) Weder für die scheinbar als alternativlos einzig mögliche unterstellte solche Strategie (nämlich die industrielle), noch für die Alternativen gilt von vorneherein, dass sie den vorausgesetzten Anforderungen bzw. Zwecken der frei assoziierten Produzenten gerecht werden wird; das muss vielmehr geprüft und durchdacht werden.
d) Sowohl die allgemeinen Zwecke als auch die allgemeinen Prinzipien ihrer (technologischen) Verwirklichung durch die frei assoziierten Produzenten sind nicht allzu vielfältig (können es nicht sein, eben weil es Prinzipien sind), und sie bleiben im grossen ganzen situationsübergreifend gültig, sind also nicht allzu situationsabhängig.
e) Die Konflikte unter eigentumsfrei geplante „kommunale“ (zwang)freie Assoziation befürwortenden Werktätigen wie denen, die hier schreiben, sind demnach höchstwahrscheinlich repräsentativ. Jeder „Partei“ und jedem möglichen Votum, das schon jetzt geäussert wird, könnten sich mutmasslich etliche bis viele andere „da draussen“ anschliessen. Es wäre daher höchst nützlich, die Konflikte ebenso repräsentativ und nachvollziehbar für die potentiellen Anhänger der verschiedenen Standpunkte hier auszutragen.
Daher der Schritt vom „die“ zum „wir“, vom „dann“ zum „jetzt“, vom alternativlos-industriellen Planen zur repräsentativ-vorläufigen Diskussion möglicher Plan-Prinzipien, die man in „seiner“ Kommune bzw. „der“ Kommune aller Kommunen gern umgesetzt sähe.
2. Und das ist aus noch einem ganz anderen Grund entscheidend, selbst wenn später von „da draussen“ und von ebenso kommun(al)istisch eingestellten Werktätigen noch andere Zwecke und Strategien eingebracht würden: Denn die Frage an JEDE Gruppe, die Kommune-Gründungen vorschlägt, ist doch: WIE STELLT IHR EUCH DAS VOR? Und… wie stellt ihr euch das vor, wenn darauf ein Chor schrill sich widersprechender Meinungen zurückschallt? Nebst Bekundungen der Abneigung und Aversion, des Abscheus gegenüber weiteren Debatten, des „endgültigen“ Rückszugs davon (oder der ständigen Drohunug damit) usw.
3. Die (auch hier wieder ganz andere, oder „alternative“) Einstellung, die ich an dieser Stelle vorschlage, lautet: WIR hier (und alle, die ab jetzt zu uns stossen) SIND vorläufig DIE KOMMUNE. Wir beginnen unseren Verständigungsprozess, hier und jetzt, und wenn wir uns einig sind, können wir alle für alle von uns reden – mit solchen, die zu uns stossen, und uns widersprechen: Und entweder, unsere bisherige Argumentation wird infragegestellt, dann betrifft es uns alle; oder, mit Argumenten, die wir schon unter uns erörtert haben oder spätestens jetzt entwickeln, können wir die Neuankömmlinge überzeugen. (Übrigens: Mit dem Prinzip „Nach einer vernünftig begründeten Einigung auf alle nötigen Prinzipien kann jeder aus der in sich einigen Gruppe in diesen Hinsichten überall für alle andern sprechen“ kann man einige der bisher aufgetretenen Organisationsprobleme in den Griff kriegen. Das gilt übrigens auch für die Rückmeldung überraschender Einwände, auf die die unter sich Einigen bis dahin selber nicht gekommen waren: Die Mitglieder der Gruppe, die davon hören und nicht weiterwissen, sind auch darin Repräsentanten ihrer Gruppe, und melden das zurück; es ist dann sofort das gemeinsame Problem der Gruppe. Jedes solche (Argumentations-)Problem eines jeden von uns, das ER/SIE nicht lösen kann, ist dann auch schon UNSER Problem, und stürzt uns alle in (dann gemeinsame) Ratlosigkeit, aus der wir dann hoffentlich einen Ausweg finden. Dass wir alle Probleme gemeinsam haben und lösen müssen/können, ist der grosse Fortschritt nach unserer Verständigung. Insofern die garnicht ironische Formel: Kommune ist man, wenn man all seine Probleme teilt.
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Also in DIESEM Rahmen und unter solchen Voraussetzungen erörtere ich unter dem Titel „Voll-Automatisierung“ das technologisch-strategische Hauptziel typisch industriell technologischer Fortschritts-Entwürfe (-Begriffe, -Konzepte).
Ich bin mir bewusst, dass ich damit wohl einige felsenfeste Voraussetzungen des bisherigen marxistisch-kommunistischen Diskurses infragestelle.
Denn der sieht vor, dass „die Produktivkräfte“, die man, zur Vollreife entwickelt, vom revolutionär überwundenen Kapitalismus erbt, selbstverständlich industriell verfasst sind und bleiben sollen. Hinsichtlich der Formulierungen für die Konsequenzen, die dieser Übergang haben wird, gibts eine ältere, und eine neuere Version, die seltsamerweise wahrscheinlich von sich behaupten, aufs gleiche hinauszulaufen (was sie aber nicht tun):
Version A: Kapitalismus war (durch die Bindung der Entfaltung des je erreichten industriellen Fortschrittspotentials an die irrationale Bedingung, zugleich Vehikel erfolgreicher Kapitalverwertung sein zu sollen) eine Fessel für die Freisetzung des produktiven Potentials moderner wissenschaftlich begründeter Industrietechnologie.
Version B: Im Kapitalismus geschieht nicht ein produktiver Akt, der nicht von dazu befugten Priivateigentümern der involvierten Produktionsmittel mit der Absicht in Gang gesetzt wird, ihr Eigentum zu vermehren. Bedürfnisse der Arbeitenden sind dabei störend, und werden allenfalls berücksichtigt, wenn es sich für das Zustandekommen der Eigentumsvermehrung nicht vermeiden lässt.
Im Fall A bedeutet Kapitalismus-Abschaffung bzw. Revolution: die Fessel der Produktivkräfte wird weggesprengt, das produktive Fortschrittspotential wird endlich ungehindert freigesetzt.
Im Fall B bedeutet es: Es wird eine ganz und gar auf Bedüfnisse der Produzenten ausgerichtete und darauf hin geplante Produktion eingerichtet.
Für solche Kommun(al)istInnen, für die die industrielle die einzige technologische Strategie ist, fallen die beiden Versionen selbstverständlich zusammen.
Einige andere (etwa ich) sehen da, gelinde gesagt, einen gewissen Widerspruch.
Der Widerspruch wird gern übergangen mit der Formel: Was jetzt an unserer industriellen Produktionsweise noch nicht ganz bedürfnisgerecht ist, DIENT DOCH der umso besseren zukünftigen Bedürfnisbefriedigung durch die soeben entwickelten industriellen Fortschritte.
Und vielleicht kann man sich da vorläufig auf eine Anforderung einigen, auf die, wie auch immer, die kommun(al)istische Produktion auszurichten wäre:
Sofern nicht unmittelbar drohende existenzielle Gefahren (oder sicherer Untergang in absehbaren Fristen) abzuwehren sind, soll alles kommun(al)istische Produzieren umgesetzt werden als (konsumtive) Bedürfnis-Befriedigung durch (produktions-bezogen) bedürfnisgerechtes Arbeiten. Kurz gesagt: Die Arbeit wird nicht weniger als Inhalt von Bedürfnissen der Produzenten gesehen und nicht weniger als „Befriedigungs-Dimension“ als die „konsumtiven“ Bedürfnisse.
Ob diese Formel bei der Entscheidung weiterhilft, müssen wir sehen.
Denn… soviel deutet sich schon an: Hinter der industriellen Strategie steckt eine Weltsicht, die „uns“ (Mesnchen allgemein, und kommun(al)istische Werktätige im speziellen) STÄNDIG in existenzieller Gefahr und absehbar drohendem Untergang (und damit die einschränkende einleitende Formel bis auf weiteres beständig erfüllt ) sieht – wenn wir nicht permanent immer produktiver dagegen „anproduzieren“. Das heisst: Soviel KÖNNEN zu akkumulieren wie möglich (siehe dazu den Schritt 1 unten). Wenn dann noch Kapazitäten freibleiben, um dies Können ressourcen-schonender und einfacher dh mit weniger Arbeit (Arbeit als eine der Ressourcen neben andern) zu realisieren – um so besser. Dann werden nämlich Ressourcen frei, um noch mehr Können zu akkumulieren.
„Akkumulieren“? Was hat denn dies Wort hier zu suchen? Und… ist da jetzt (nach Übergang zu kommun(al)istischen Plan-Prinzipien) nicht ein GEWALTIGER Unterschied zu vermerken?
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Industriegeschichte, ganz allgemein: Vorüberlegungen zur Gewinnung eines Begriffs der “ industriellen technologischen Strategie“
(Der Text ist so, wie er dasteht, runtergeschrieben, also nicht überarbeitet. Es kommen nur allgemein bekannte historische Tatsachen vor, die aufgezählt werden als Vorbereitung auf ihre begriffliche Einordnung. Es bestehen enge Beziehungen zu den Überlegungen von Marx im sog. Maschinenfragment (Umkreis der „Grundrisse (1858)“, online meines Wissens zB hier wiedergegeben:
copyriot.com/unefarce/no1/artikel/kalle.htm), wo er einen früheren Stand der hier betrachteten Entwicklung zum Ausgangspunkt von allgemein-technik-theoretischen und speziell politökonomischen Überlegungen macht. Das allgemeinere Thema ist natürlich die Erörterung des Zusammenhangs von Produktivkräften bzw. Technologie und Produktionsverhältnissen bzw. Politökonomie vor und nach dem Übergang zu einer kommunalistischen Produktionsweise, wie sie in den vorausgehenden Blog-Texten andeutungsweise begonnen wurde. Bitte immer dran denken: Dies ist nur vorbereitend, es geht nicht um Technik- und Wirtschaftsgeschichte (nur um die allerallgemeinsten Daten, die ich mit euch zusammen rekapituliere, bitte um Korrektur möglicher Fehler), sondern um die (hier noch nicht geleistete) Bildung adäquater Begriffe (Kategorien) zum Verständnis dessen, was an dieser Geschichte wesentlich sein könnte, in den nächsten Einträgen dieses Blogs.)
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So, wie Wal vor kurzem, nämlich hier: http://marx-forum.de/Forum/index.php?page=Thread&postID=532#post532
, angeregt von Robert, den ökonomischen Formen nachspürt, in die das Wechselspiel von Dezentralisierung und Zentralisierung gekleidet ist, so könnte man auch einmal nach den industriellen (industrie-technologischen) Strategien fragen, die darin zum Ausdruck kommen. In meiner improvisierten Darstellung dieser Strategie kommen nämlich genau diese beiden Schritte vor, auf die in Roberts und Wal Überlegungen angespielt wurde: Die Entwicklung von „überhaupt Können“, dann die ressourcen-sparende Umsetzung dieses Könnens. Beim „überhaupt Können“ gibt es in gewissem Sinn in neueren Zeiten eine Zielrichtungsumkehr, im Sinne einer Miniaturisierung und räumlichen Konzentration der erbrachten Leistung, des weiteren einer Rekombination (und Variation) der Elementarteile. Von dieser Leistung profitieren die vielen „dezentral“ verteilten Kleinproduzenten, die zugleich die vielfältigen Anwendungs- und Abwandlungsmöglichkeiten der Technologie entdecken oder erfinden. Sobald die Nutzbarkeit der Technologie ausgeleuchtet ist, beginnt die Auslotung der Möglichkeiten einer Ressourceneinsparung (Arbeitszeit, Energie, Material) durch Skalenvorteile, damit wieder die Zentralisierung der Leistung, die zentral vorgehalten und angeboten, dezentral, flexibel nachgefragt und genutzt wird, mit der zugehörigen Versorgungs-Logistik (Eisenbahn-, Strassen-, Stromnetze, Datenautobahnen, Discounter).
Dabei sind einige weitere Charakteristika industriell-strategischer Vorgehensweise zu erwähnen, die als absolut selbstverständliche Voraussetzungen unterstellt sind, und nicht als Themen oder Gegenstände (eher, bei nicht reibungslosem Funktionieren wie unterstellt, als auszuschaltende Störvariable, weit ausserhalb des Planungsfocus) dieser Vorgehensweise verstanden werden:
a) die grundsätzlich schrankenlose Verfügbarkeit der Elemente der (Massen)Produktion – was überhaupt gekonnt wird, kann grundsätzlich zu beliebigen Grössenordnungen der Wiederholbarkeit und Ausweitung aufgebläht werden;
b) über längere Strecken der Entwicklung der jeweiligen „Grundlagenforschung“ (eine Bezeichnung, die wesentlich mit dieser „Strecke“ zusammenfällt) werden Entwicklungsziele nicht durch mögliche Arten der Nutzung, sondern „rein technisch“, in Termini des „was man dann technisch machen kann“, formuliert. In diesem Stadium sind die betreffenden Entwicklergruppen oft in Verlegenheit, ihre Arbeit auf gesellschaftlichen Nutzen zu beziehen. Umgekehrt setzen nicht nur sie, sondern auch die Gesellschaft grundsätzlich darauf, dass alles überhaupt zu Könnende sich unbedingt auch in entsprechender Nutzbarkeit niederschlagen wird.
c) so, wie die zu vernutzenden Ressourcen in dieser Strategie als extern vorauszusetzende Randbedingug behandelt werden, um die sie sich eigentlich grundsätzlich nicht zu bemühen hat, so die „Technikfolgen“. Das sagt etwas über den in dieser Strategie enthaltenen Nutzen- und Nutzungsbegriff: Diese Nutzung ist eine in INDUSTRIE-Betrieben und INDUSTRIE-Branchen, also eigentlich dem (Re)Produktions-System, zu dem sie zusammengewachsen sind. So wie das System einen Input braucht, den es zugleich nicht zu seinem Gegenstand macht, so erzeugt es einen ununterbrochenen Strom an Folgeprodukten seines Betriebs, die es selbst nicht gebrauchen oder verarbeiten kann, die diesen Betrieb aber stören und aus ihm entfernt werden müssen (angefangen beim nicht mehr benutzbaren Menschenmaterial, aber auch störende Substanzen, havarierte und nicht mehr gebrauchsfähige, schliesslich auch „veraltete“ Anlagen).
d) „Robust“ und störungsfrei gestaltet wird immer nur die Sicherheit der Durchführung des unmittelbaren industriellen Arbeitsprozesses selber. Dabei ist diese Sichtweise (derer, die sich dieser Strategie verschrieben haben), mit der zwischen internem Aufgabenfeld und externen Randbedingungen unterschieden wird, keine besonders fahrlässige oder ungeschickte Handhabung der Strategie – es ist eine konstitutive Betrachtungsweise, die gewissermassen zugleich ihre selbstdefinierten Sinn-Bedingungen bzw Sinngrenzen festlegt: Müsste man sich um das Externalisierte kümmern, könnte man es nicht auf die charakteristisch „industrielle“ Weise tun, also eigentlich garnicht. In diesem Rahmen sind Werbe-Sprüche zu sehen wie „Nichts ist unmöglich“, „es gibt immer was zu tun“, „The possibilities are infinte“. Genau so reden die industriell ausgerichteten Technologen nämlich selber; so denken und reden die, die an ihre Fortschritte zu immer neuen Horizonten glauben.
Was aber ist eigentlich der Kern dieser Strategie, um welche Kategorie(n) herum baut sie sich auf, wie ist sie gedacht?
Ich glaube: Der Ausgangspunkt industriellen Denkens ist: das Werkzeug, Instrument, Arbeitsmittel eines spezialisierten Handwerks. (Hier ist hochentwickelte Arbeitsteilung vorausgesetzt.)
Im Maschinenfragment (Grundrisse) stellt Marx, von da ausgehend, einen Entwicklungsgang dar, den ich in meiner Version so wiedergeben bzw. verlängern würde:
Das Handwerkzeug wird ein APPARAT, indem seine Betätigung (auch noch durch Kraftaufwand des Arbeiters) einen hochspeziellen Effekt an einem Werkstück hervorbringt; dem Arbeiter (meist Manufakturarbeiter) stellt sich die Aufgabe, Werkstück und Apparat ins geeignete Verhältnis zu bringen, vielleicht noch eine schon vor-geschriebene Bewegung mit dem wirkenden Bestandteil auszuführen – ihm wird die „freie“ und präzise Führung des Werkzeugs am Werkstück erspart, den für die zu erzielende Wirkung nötigen Schritt muss er freilich noch selbst ausführen (meist erleichtert durch Hebel, ebenso wie Feststellen/Festhalten des Werkzeugs durch Schraubzwingen uä erleichtert werden).
Wichtig ist: Die mit Apparaten vollführte Arbeit verändert ihren Charakter. Der Arbeiter passt sich seinem Apparat an, die Arbeit selbst nimmt Züge des Apparats an, wird zum Zweitapparat, bildet mit dem Apparat ein technisches Aggregat: Sie wird „beliebig“ wiederholbar und auf Wiederholung weniger oder gar eines einzigen Arbeitsschritts eingeschränkt. Sie erfordert Dauer-Konzentration, Präzision, disziplinierte Unterordnung unter Anweisungen und Vorgaben. Sie ist festgebannt an einen Arbeitsplatz, an dem der Arbeiter festsitzt, während das Produkt durch die Fertigungsplätze wandert. Auch das Produkt ändert seinen Charakter, es wird standardisiert, konfektioniert, wird in Massen hergestellt für einen anonymen Abnehmermarkt, braucht entsprechende Roh- und Zwischenprodukt-Anlieferung im Vorfeld (deren Logistik), und entsprechende Distributionsformen. Die Eigentums- nämlich Ausschlussformen, die die Bereitschaft von „Arbeitskräften“ erpressen, sich überhaupt auf diese Arbeitsweise einzulassen, müssen hinzutreten, die allein innerbetriebliche „Arbeitsorganisation“ und Buchführung, die Produktivität des Agrarsektors, die Siedlungs- und Versorgungsformen, Verkehrswege (zB Wasserstrassen, Handelsschiffahrt), Transportmittel, Lagerräume usw
All diese ungeheure Masse an politischer, ökonomischer und logistischer Infrastruktur ist herumgebaut um eine technische Kernstruktur, die zunehmend Produktion mit Apparaten zur „herrschenden“ Produktionsweise macht.
Zentral ist dabei das Kriterium für Erfindung und Herstellung eines speziellen Apparats: Er „erleichtert“ Arbeitsschritte im Sinn von: präzisiert/beschleunigt/verringert Kraftaufwand, und ermöglicht grosse Zahlen von standardisierten Arbeitsschritten pro Zeit, eingefügt in eine Reihe solcher Schritte, wo der je nächste das präzise geformte Produkt des Schritts davor empfängt und dem nächsten als dessen Werkstück zuliefert. Solche standardisierten Einzelschritte sind in Spezialhandwerken bereits zuvor entwickelt bzw. die Idee von dort her übernommen; zu einem Apparat muss es also einen zugehörigen Arbeitsgang, ein sinnvolles („vielbenötigtes“ und/oder vielfältig nutzbares) Endprodukt, und entsprechenden Bedarf geben. Der Apparate-gebundenen Manufaktur dieser Art geht die rein Handarbeits-gebundene Manufaktur voraus, mit Spezial-Werkzeugen für Einzelschritte. Kraftökonomie, Beschleunigbarkeit bei Erhalt der Präzision begründen den Übergang von dort zur Apparate-gebundenen Manufaktur. Gegenüber der handarbeit-nutzenden Manufaktur sind die Rahmenanforderungen gleichgeblieben, beide Manufaktur-Typen teilen diese Notwendigkeit der „Infrastruktur“ und den Zweck der Massenproduktion mit einer speziell entwickelten Technologie (Produktionsverfahren in Teilschritten) für speziell massenhaft benötigte/gewünschte Endprodukte.
Die ganz naheliegende Fortentwicklung des Apparats ist die Maschine, die die natürlichen Grenzen des Kraftseinsatzes der Arbeiter nach Geschwindigkeit, Dauer, Krafteinsatz überschreitet. Maschinen-Technologie dreht sich um das Antriebsaggregat/Energiequelle (Tier/Wasser/Wind-Mühle, Dampfmaschine, Diesel/Elektromotor usw) und Kontinuität und Diskontinuität der ausgeübten Impulse bzw. aufgebauten Drücke, deren Übertragung, Verteilung, Verknüpfung (uU variable) mit der Wirkmechanik des „Apparate“-Teils, um die benutzte Energie-Quelle und deren Erschliessung, schliesslich Überwindung vorhandener Naturschranken (zB Tiefe von Lagerstätten) und Begrenztheit dieser Erschliessung (durch Einsparung).
Es wiederholt sich nun etwas, das soeben am Paar Hand/Apparat-gebundene Manufaktur bemerkbar war: Die Charakteristika der Vorstufe sind voll ausgebildet, der Schritt innerhalb des Paares scheint zunächst nur ein quantitativer, Parameter der schon vorhandenen Produktionsweise werden quantitativ optimiert. Dabei ergibt sich ganz unbeabsichtigt eine neue Entwicklungsdimension. Die kann im Fall des Paars Apparat/Maschine benannt werden: Diese neue Entwicklungslinie „nimmt“ dem Arbeiter im doppelten Sinne Qualitäten seiner Arbeit „ab“, die er willentlich gestalten, präzise beherrschen, lernen, und auch schlicht in jedem Arbeitsschritt mit-umsetzen (wollen) muss. Im je nächsten Schritt muss er sie nicht mehr zum Bestandteil seiner Arbeit machen, er DARF es aber auch nicht mehr: Der Apparat (bei Marx: tote Arbeit) fordert Anpassung der (lebendigen) menschlichen Arbeit an den von IHM (seinen Einrichtern, ihren Zwecken gemäss) bestimmten Arbeitsverlauf, eigensinnige Abwandlung des Arbeitsschritts durch den Arbeiter (etwa zur Anpassung an Bedürfnisse: andere Haltung, Vermeidung von Schmerz, Ablenkung) führen im harmlosen Fall zur Produktion von Ausschuss, im schlimmeren zur Beschädigung des Apparats, im schlimmsten zum Arbeitsunfall. Beim Übergang von Apparaten zu Maschinen wird dieser Verlust der Selbstbestimmung dramatisch gesteigert: Genau die Pointe des Maschineneinsatzes, die physischen Grenzen des Arbeiters zu überwinden, bekommt der Arbeiter so zu spüren, dass seine natürlichen Grenzen die Maschinenarbeit behindern.
Was in der Manufaktur noch Wirkung der Koppelung (und damit „Kooperation“) von Arbeitskräften war, die sich wechselseitig in ihren natürlichen Grenzen behinderten und/oder Arbeitstempi aufzwangen, wird jetzt verlagert in die Auseinandersetzung des Arbeiters mit der von ihm „bedienten“ und „beaufsichtigten“ Maschine – das gilt vor allem für die von ihr bestimmten Geschwindigkeit aller Arbeitsvorgänge, den Grund-Takt, den Rhythmus in der Abfolge von Einzelschritten. Nach wie vor geht es um das Plazieren der Werkstücke, aber auch um die Einrichtung, Pflege, Wartung, womöglich auch leichtere Reparaturen an der Maschine. Speziell angesichts der Krafteinsätze der Maschine ist Arbeiten in ihrer Nähe notgedrungen verletzungsträchtig, verlangt durchgehende Konzentratioon, jetzt aber nicht mehr im Absolvieren ein und desselben nervtötend gleichen Arbeitsschritts, sondern einer Abfolge solcher Schritte, oder gar einem reaktionsschnellen Reagierenkönnen auf ständig korrektur- oder ersatz-fordernde Zustände des Maschinen-Arbeitsprozesses.
Die Arbeit, die hier verrichtet wird, verlangt Ausbildung bestimmter Grundtugenden des Arbeiters, die an verschiedensten Maschinen nach relativ kurzer Einlernzeit bettätigt werden können, es sind die üblichen Sekundärtugenden des Maschinenbedieners im Industriezeitalter: Disziplin, Ausdauer, Konzentration (trotz Dauer-Lärm, Schad-Immissionen aller Art usw), „Pünktlichkeit“ (Zeitökonomie, Anpassung der gesamten Lebensführung bis ins kleinste an Zeitpunkte), zugleich jene Flexibilität und Bereitschaft im Umlernen und Sich-Anlernen-Lassen, die dazu befähigt,an beliebigen Industrie-Arbeitsplätzen einsetzbar zu sein, wo eben in diesem, nämlich technischen Sinn „abstrakte Arbeit“ verrichtet wird. (Höchstgrad an Arbeitsteilung, Kooperation in der Fabrik, Einsetzbarkeit an beliebigen Stellen und in diesem Sinn Ausbreitung der unqualifiziert-abstrakten Arbeit schienen Marx im noch recht früh geschriebenen Maschinen-Fragment hinreichend für den Übergang zum kommunistischen Produzieren, das durch die kap.Produktionsweise (Nebeneinander von Surplus-Arbeit und Surplus-Bevölkerung= Lohnarbeitslosigkeit) in – angesichts der Produktivkraft-Entwicklung bis zu diesem industriell-technologischen Niveau – absurder Weise behindert wurde.)
Etwas weniger im Fokus der Aufmerksamkeit steht die Anpassung auch der Apparate und Werkstücke an Geschwindigkeit und Kraftintensitäten der Maschinen-Antriebe. Sie, ebenso wie die Maschinen selbst, brauchten ab jetzt nicht nur eine Energiequelle, sondern Materialien, und das in grossen Massen, die den Krafteinsätzen und Beschleunigungen, dem Dauereinsatz und der Abnutzung in den Antriebsaggregaten sowohl als den Wirkkomponenten der Maschine standhalten mussten. Also ab da Schwerindustrie als Schlüsselbranche (von frühindustriellem Gusseisen und Holzkohle (ausgedehnte Entwaldung um 1800)) zu Stahl und Kohle). Um die benötigten Massen an Kohle und Stahl zu erzeugen, musste die Hütten- und Bergwerksindustrie maschinell aufgerüstet werden: Spätestens jetzt beginnt die Spirale, wo mit Maschinen Maschinen produziert werden – ein innerster industrieller Kernzirkel, der in seinem Wachstum allenfalls limitiert ist durch begrenzte Rohstoff-Arten und -Lagerstätten.
Also wieder so ein Paar: Maschinenproduktion angemessen weit entwickelt, ermöglicht und benötigt zur rein quantitativen Ausweitung, ja erzwingt dafür sogar die „Selbstanwendung, Selbststeigerung“ von Maschinerie: Quantitatives Wachstum hat eine neue technologisch-strategische Kategorie, die nächste Ausbaustufe des industriellen Systems, hervorgebracht. – Verfolgt man die Bewegung nach rückwärts, entdeckt man die gleichen Paarungen bis zurück zum Anfang der ganzen (historischen) Bewegung:
Das erste Paar entsteht, wenn die universellen Werkzeuge der Subsistenz-Produktion auf spezielle Zwecke hin geformt werden, ein Inventar an Spezialwerkzeugen entsteht für spezielle Zwecke, zunächst in einer Lebensform, gebunden an spezielle produktive Aufgabenlösungen in einer gegebnen Umgebung. Dies zur Steigerung von Ertrag, Wirkkraft, Effizienz insgesamt der jeweiligen Aufgabenlösung weitergetrieben, führt zur Spezialisierung des Arbeiters, Arbeitsteilung: Der Spezialhandwerker hat in seiner Werkstatt soviel Werkzeuge wie der subsistenz-treibende „Universalhandwerker“. Arbeitsteilung aber war die erste quasi-industrielle (industriell-strategische) Kategorie, die auf diesem Wege des Steigern-Könnens-und-Müssens ausgebildet wurde. Die nächste Kategorie wird durch Standardisierung, Optimierung und Perfektionierung der Herstellungswege für bestimmte traditionelle Produkte der Spezialhandwerker erreicht: Spezialisierung des Handwerkers (der damit zum „angelernten“ und geübten Arbeiter an einer isolierten Stelle der Gesamtproduktion wird) innerhalb des Produktionsgangs und Zusammenfassung und Kooperation der Arbeiter „wie ein Mann“ (der da in der Tat ursprünglich am Werk war) sind die Folge. Äussere Erscheinung dessen ist der handarbeits-gebundene Manufaktur-BETRIEB (bereits antik, hier oft, aber nicht immer mit Sklavenarbeit betrieben). Nächster Erweiterungsschritt ist die eigentliche, die apparate-gebundene Manufaktur: die Werkzeuge der Einzelstationen (vormodern etwa: Textilproduktion, organisiert uU per Verlagswesen) sind zu Apparaten hochgerüstet, an denen keine spezielle Geschicklichkeit und hochspezielle Einarbeitung mehr verlangt wird: nur die Tätigkeit ist einseitig, nicht mehr die Fähigkeit des Arbeiters. Ab hier also wird abstrakte Arbeit verrichtet: Soweit entwickelt hatte Marx, wie oben schon angedeutet, die zeitgenösische industrielle Entwicklung angetroffen, er war Zeit-Zeuge zweier Schritte, erst des massiven, flächendeckenden Übergangs zum Maschineneinsatz= Mechanisierung (in seiner ersten Lebenshälfte), dann der Entstehung der von immer grösseren und schwereren Maschinen betriebenen Schwerindustrie, gekoppelt mit der Ausbreitung der Maschinen-Produktion in Fabriken auf die Herstellung aller Alltags-Güter rasch wachsender Bevölkerungen der sich industrialisierenden Regionen (die zuvor bereits in Manufakturen hergestellt wurden: Abschluss der eigentlichen ersten Phase der Industrialisierung). Diese Entwicklung leitet einen weiteren Schritt ein, den Marx so nicht mehr in seiner Lebenszeit mitbekommen hat: Das Vorbild der Schwer- und Konsumgüterindustrie dehnt sich auf die verbliebenen Manufaktur-Verfahren aus, das sind vor allem solche, die Produktionsmittel herstellen, angefangen bei Bau- und Hilfsstoffen, traditionellen Mühlengewerben (Holz, Öl, Mehl usw), industriell verwerteten Agrarrohstoffen, vor allem aber die Produkte der chemischen Industrie. Den innersten Zirkel der Industrie-Produktion bildet nun nicht mehr das schwer-industrielle Zentrum des Wachstums, vielmehr wird Produktion von industriellen Produktionsmitteln mit ebenso hergestellten Standard. Die Tendenz, lebendige Arbeit durch tote zu ersetzen, und die Zahl der Arbeiter im eigentlichen Industriesektor zu reduzieren, nimmt hier ihren Anfang. Die Einführung der Maschinenproduktion in sämtliche Produktionsmittel-herstellenden Branchen stellt die Antriebsaggregate und Kraftübertragungs- und eigentlichen Wirktechnologien vor immer neue Herausforderungen. Es beginnt mit der Notwendigkeit, Kraft jeder Grössenordnung an jeder beliebigen Stelle des Fertigungsprozesses einsetzen zu können, flexible, womöglich bewegliche Antriebsaggregate in Gestalt von Benzin/Diesel/Elektro-Motoren kommen ab jetzt industriell zum Einsatz, dazu gehörend, wie gehabt, die entsprechenden Rohstoff- und Fertigungsindustrien. Ähnlich gelagert der Einsatz von Hydraulik und Pneumatik zur Kraftübertragung. Das gesamte Apparatewesen der bislang nicht mechanisierten verbliebenen Manufaktur-artigen Arbeitsplätze in der Fabrik wird ingenieursmässig aufgearbeitet und mit den neuen flexiblen Antriebs- und Kraftübertragungs-Aggregaten ausgestattet. Unproduktive dezentrale Stromerzeugung wird durch öffentliche Stromnetze, Elektrifizierung, abgelöst, ebenso die längst existierende Transporttechnik Dampflokomotive des Schwerindustrie-Zeitalters zunehmend durch modernere und individueller gestaltete Transportmittel (Strassenbahn, Personen- und Lastkraftwagen) ersetzt, was den Ausbau der ihnen entsprechenden Schienen- und Strassennetze erfordert. Auch die Konsumgüterindustrie profitiert von der nun möglichen durchgehenden Mechanisierung, angefangen bei der Mechanisierung der Landwirtschaft. Ebenso Bau- und Schiffahrtsindustrie, so wie auch die zur weiterbestehenden Schwerindustrie hinzukommenden Ölförderungs- und generell extraktive (Rohstoffabbau) Industrien. Während hier die traditionelle Maschinen-Technologie immer mehr Krafteinsätze mit immer gigantischeren Aggregaten erfordert, und der Fortschritt in Richtung höher, schneller, weiter geht, stellt sich die eigentlich nächst-fortgeschrittene industrielle Kategorie anhand der umgekehrten Bewegung her: Miniaturisierung der Aggregate, wie sie im mechanisierenden Durcharbeiten der Apparate eben auch erfordert war, ermöglicht das Vordringen eben dieser mechanisierten Kleinapparate in die ausserindustrielle Sphäre: Haushalts- und Elektrogeräte-Industrie statten nicht nur Privathaushalte, sondern vor allem das fortbestehende traditionelle Handwerk mit leistungsfähigen und flexiblen, dazu beweglichen Kleinmaschinen aus, machen es in gewissem Umfang gerade bei dezentral umzusetzenden Produktionsaufgaben wie Bauen und Verbraucher-naher Frisch-Lebensmittelproduktion leistungsfähig – bis hin zur Übernahme der gesamten Palette an dezentral verwendbaren Kleingeräten und industriell gefertigten billigen und leicht zu verarbeitenden Materialien durch die Verbraucher selbst (DIY Bewegung). In der industriellen Massen-Fertigung all dieser Geräte stellt sich die Starrheit der Einzelmaschine, die noch immer bloss fungiert als Kombination des Apparats mit Antriebsaggregaten, als technologische Schranke für Produktivitätssteigerungen dar: Regelung und Steuerung der Wirkung, also ihre Dosierung und räumlich und zeitlich präzise Plazierung am Werkstück bzw. (chemisch) ihre Einbringung in den Reaktor waren weiterhin an Wahrnehmungs-, Reaktions- und feinmotorisches Vermögen des Arbeiters gekoppelt. Sie sind nun technologisch zu substituieren, der Arbeiter wird zum Mitarbeiter des Roboters, zum Aufseher der Produktionsanlage; die Maschine aber wird zum Automaten. Automaten-Fertigung (Anlagenbau) nicht weniger als Anlagen-Entwicklung und Anlagen-Wartung und Beaufsichtigung erfordern den qualifizierten Facharbeiter, den „abstrakten“ Jobber hingegen verdrängen sie in die verbliebenen Branchen, die auf menschliche Qualitäten angewiesen sind: Dienstleistungen (Gesundheit und Pflege, Gastronomie, Verkauf/Beratung/Service, Verwaltung). Noch. Denn die Automatisierung, also Substitution der nicht technisch simulierten menschlichen Handlungsfähigkeit arbeitet sich nun, so wie zuvor durch die Arbeitsgänge der Apparate-Manufaktur, durch deren Stufen und Leistungsdimensionen hindurch: Sensorik, Feinmotorik sind bereits in der Regelungs- und Steuerungstechnik erledigt, nun kommen die kognitiven Routine-Tätigkeiten an die Reihe: Informationstechnologie.
Ich liste die angeführten Einzelstufen in der Entfaltung der industriell-technologischen Strategie nochmals auf, um im nächsten Teil Überlegungen daran zu knüpfen:
0 Subsistenz „Generalist“, Universalwerkzeuge, lebensformbezogen
1 Arbeitsteilung Spezialist+Spezialwerkzeuge/verfahren, Steigerung von Können qualitativ
2 (inner)betrieb(l.Kooperation) geübter Hand-Manufakturarbeiter, Steigerung von Produktionsausstoss
3 abstrakte Arbeit(er) angelernter Apparate-Manufakturarbeiter, Steigerung von Produktionsausstoss pro Zeit
4 (Kraft)Maschinen, Fabrikarbeit/Ingenieurswesen: Steigerung der Produktions-Stufenleiter und Wirkmöglichkeiten
5 Schwerindustrie: Maschinenproduktion mit Maschinen (als Voraussetzung ihres Gelingens): Selbstbezüglichkeit
6 Mechanisierung der gesamten Produktion: Produktionsmittel mit Produktionsmitteln; innerster industrieller Fortschrittszyklus, tote Arbeit verdrängt lebendige
7 Leichtindustrie: Dezentralisierung, Privatisierung der Mechanisierung durch Miniaturisierung, Mobilität der Motoren, Kraftübertragung, Wirkaggregate
8 Automatisierung: Regelung+Steuerung in der Fertigung
9 Informationstechnologie: Substitution von Dienstleistungen
10 Utopie: Voll-Automatisierung
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Wer wissen will, wie es industriell-technologisch weitergeht, kann sich Listen wie diese ansehen:
zehn.de/die-10-vielversprechen…m-silicon-valley-507630-0 https://web.archive.org/web/20151207142227/http://www.zehn.de/die-10-vielversprechendsten-zukunftstechnologien-im-silicon-valley-507630-0
abenteuer-forschung.de/Abent-T…zukunftstechnologien.html http://www.abenteuer-forschung.de/Abent-Technik/Zukunftstechnologien/zukunftstechnologien.html
focus.de/wissen/weltraum/odenw…et-werden_aid_318300.html http://www.focus.de/wissen/weltraum/odenwalds_universum/frage-von-constanze-riethmueller-welche-science-fiction-technologien-koennen-realitaet-werden_aid_318300.html
uni-protokolle.de/Lexikon/Zukunftstechnologie.html http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Zukunftstechnologie.html
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Die Anspielung auf Marx bezog sich auf das Maschinenfragment und die Zusammenhänge, in denen „abstrakte Arbeit“ dort, 1858, auftaucht. Marx ringt in dem Fragment noch sichtlich mit seinen Termini, der Doppelcharakter der Arbeit war da, glaube ich, wenn überhaupt, gewiss noch nicht scharf herausgearbeitet. Dennoch ist das (durchaus zitat-trächtige) Maschinenfragment immer eine Lektüre wert ist, als Zeugnis des Denkprozesses hin zur Kapitaltheorie.
Keimformtheorie: Nie wird man von mir hören, Aufhebung bestimmter Formen von Technologie sei HINREICHEND für das „Abschütteln“ der Eigentumsform. Die Frage, die ich einbringe, ist eher, wieviel Technologie-Änderung oder besser, Änderung der Reproduktionsform flankierend NOTWENDIG ist, weil sich bestimmte Probleme, die begrifflich noch darzustellen/abzuleiten wären, anders nicht erledigen lassen, selbst wenn die kommunalistische und überhaupt revolutionäre Entschlossenheit gross genug wären.
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Zwischenbemerkung 2:
Produktivkräfte? Produktionsverhältnisse? oder welche Kategorien benötigt eine „materialistische“ Theorie der Geschichte und Epochengliederung?
Dies ist der ursprünglich als Fortsetzung im Thread „Die emanzipatorische Rolle von Kommunen“ gedachte Beitrag – er sollte an diesen Kommentar von Wal Buchenberg dort anschliessen: Die emanzipatorische Rolle von Kommunen
Es zeigt sich, dass diese Fortsetzung vom ursprünglichen Thema des threads zu weit weg-, andererseits direkt zu den Themen im Umfeld „Industrielle technische Strategie“ meines Blogs hinführt. Daher poste ich diesen Text jetzt als Blog-Beitrag; er kann als erster Exkurs oder Zwischenbemerkung gelten im Anschluss an die Beschreibung der Stadien der Industriegeschichte.
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Nein, danke – genau. Aber nicht vergessen soll werden: Dass jede Sorte von Kommandogewalt über fremde Arbeitskraft, angefangen beim Unternehmen über den Funktionär bis hin zum „Rechner/Organisator“ „demokratisch“ beschlossener Produktionswege dieses Kommando als ein zweckdienliches legitimieren, und bei den Kommandierten damit auf Verständnis stossen kann: als zweckdienlich, förderlich, nein: in dieser Form unentbehrlich und konkurrenzlos überlegen bei der effizienten Einrichtung dieses Mittel-Wachstums.
Da verbindet ein gemeinsamer Masstab Kommandierende und Kommandierte, über diese Grenze weg: sie messen beide damit. (Abgesehen vom Glauben an die „Effizienz“ einer Einrichtung, die so nur von ganz bestimmten Spezialisten, meist ausgezeichnet durch eine bestimmte Einstellung/Gesinnung, zustandegebracht werden kann – nie und nimmer von den Produzenten selbst, die sind ja mit Produzieren beschäftigt… Dieser Glaube an die ganz besondere „Effizienz“ von „Führungen“ ist ein eignes Thema…).
Warum verfängt solch eine Legitimation, warum WIRKT der glaubwürdige Verweis darauf, diesem Ziel des Wachstums (von Wissenschaft Technik Produktivität) zu dienen?
Ich möchte dazu eine Anmerkung machen, die zurückführt auf das Thema „Zusammenarbeiten“ verschiedener Entwicklungsdimensionen, und hier Marx‘ These vom Basis-Charakter einiger solcher Dimensionen, und vom eher abhängigen, angepassten, basis-dienlichen und basis-gemäss geformten „Überbau“-Charakter einiger anderer. Damit hat Marx sich von der in der Tat tiefreligiös eingefärbten Geschichtsmetaphysik seines philosophischen Lehrers Hegel befreit, der „dem“ Denken (noch dazu einem nur sehr prekär an Einzel-Personen und ihre Lebensführung und -erfahrung gebundenen, stattdessen eher „überpersönlichen“) die entscheidende, nämlich eben die „Basis“-Rolle in der Entfaltung historischer Fortschritte zusprechen wollte. Marx erschien das bekanntlich als eine Art die Dinge auf den Kopf Stellen, vom denkenden Kopf zuviel abhängig machen. Was dazu führte, dass dieser Kopf im marxistischen Denken ein wenig aus dem Blick geriet, und allenfalls als der des Baumeisters (im Gegensatz zur wabenbauenden Biene), in dem Pläne vor der Ausführung fix und fertig vorlägen, halbwegs wieder zu Ehren kam. Mit anderen Worten: dem des Technikers. – Nun ist damit eine sehr überzeitliche und abstrakte Bestimmung von Technik benannt, technischer Entwurf und die Vorstellung, wie es gehen könnte – in der Hinsicht sind alle Menschen aller Zeiten Techniker (Homo faber), es gehört zu unserer Naturausstattung (sogar schon der uns vorausgegangenen Arten). Was Menschen sonst noch denken, ist meist Ideologie, die seltene Ausnahme heisst Wissenschaft, und die schwebt im historisch-materialistischen „Diskurs“ seltsam unabgeleitet-frei im Raum. Obwohl sie doch ziemlich eindeutig zur materiellen Basis-Ausstattung modernen Gesellschaften gehört. Was der Materialist Marx da zur Technik- und Wissenschaftsgeschichte denkt, ist aufklärerischer Mainstream: Die kognitive Stellung zur Welt ist die des vernünftigen, gesunden, bisweilen auch hochbegabt-genialen Menschenverstandes, und sie kennt nur eine Epoche, nämlich die des unaufhörlich auf den Resultaten der Vorgänger aufbauenden Wachsens der verfügbaren und nutzbaren Kenntnisse. Wenn da – vor allem in der Art der praktischen Umsetzung dieser Kenntnisse in materielles Können – epoche-machende Einschnitte zu bemerken sind, dann allenfalls durch erst förderliche, später auch hemmende und historisch-revolutionär weggesprengte Produktionsverhältnisse. Die sind vergleichsweise genau umschrieben, während die zugehörigen Produktivkräfte wenig qualitative Besonderheit zeigen oder gar durch diese ihre Qualität die je zugehörigen Produktionsverhältnisse benötigen. Das erklärt sich daraus, dass Marx den Begriff der Produktivkraft hier auf den der technischen Entwicklung einengt, und damit spezifische Eigentümlichkeiten der industriellen Revolution nach rückwärts verlängert – etwa im Sinne von: dasselbe, aber langsamer und behindert durch seine eigene mangelnde Entwicklung. Dass es solch eine stetige Aufwärtsentwicklung technischer Mittel und Verfahren gibt, ist auch garnicht zu leugnen; bloss ist das vielleicht nicht die Haupt-Entwicklungsdimension für die „Produktivkräfte“ der jeweiligen Phasen – die historischen Optionen, die sich da (grob gesprochen, im Sinne der Abgrenzung von übergreifenden Epochen) jeweils zur Umsetzung anboten, sind eher nicht technologischer Natur: als erstes, etwa, die Option, ein Mehrprodukt an Lebensmitteln überhaupt zustandezubringen, dann auch auf dieser Basis einen handelbaren Überschuss an Gebrauchsgütern. Die Aufgabe, die eine politische Herrschaft in dieser Epoche zu lösen hatte, war: die Randbedingungen für regelmässige Überschüsse zu sichern, diese einzusammeln, in Zentren (Städte, Tempel, Paläste, Festungen) zu konzentrieren und effizient (Verwaltung) für ihre Aufgabenlösungen (öffentliche Sicherheit incl. Rechtsprechung, Vorratsbildung, städtische und Verkehrs-Infrastruktur, Kult, Repräsentation) einzusetzen. Ziel und Schranke für Entwicklungen auf dieser Basis ist das antike Grossreich, das soweit ausgedehnt ist, dass Grenz-Konflikte auf ein (mit der innerhalb der Grenzen existierenden Bevölkerung und Überschussmasse) bewältigbares Mass beschränkt sind. Zentral ist immerfort weiter dies Verhältnis zwischen der Gesamtgrösse des relevanten Mehrprodukt-Aufkommens, Grösse der Bevölkerung und Stabilität ihrer Reproduktion (Gefahr von Aufständen), schliesslich die Logistik der Mehrprodukt-Verteilung über das Verkehrsnetz (Strassen und Pässe, Kanäle, Schiffahrtsrouten; städtische Handels- und Verwaltungszentren, militärische Stützpunkte). Im Falle der Grenzverteidigung ist diese Logistik strategisches Schlüsselthema und von existenzieller Bedeutung für den Bestand der von diesen Grenzen umschlossenen Zivilisation. Gegenüber den ökonomischen Kategorien „Mehrproduktaufkommen“ (als Funktion von Bevölkerung, erschlossener Gesamt-Fläche, fruchtbaren und produktiven Zentren) und „Logistik für Verteilung des Mehrprodukts zu Handels-, Verwaltungs- und militärischen Zwecken“ tritt die Frage seiner Zusammensetzung aus agrarischen, mineralischen (Erze) und Manufakturprodukten in den Hintergrund; ebenso ist es relativ unerheblich, inwiefern das Mehrprodukt formell von steuerpflichtigen Freien („Reichs-Bürger“), staatlich oder privat zwangsverpflichteten Abhängigen oder Staats- und Privatsklaven erzeugt wird. – Grossreiche, die einen natürlichen Grossraum vollständig ausfüllen, geben der Ausbreitung einer Hochreligion gute Chancen; als solche kann ein Stadium in der Glaubensbildung bezeichnet werden, wo sich Eliten, Intellektuelle und Masse der Bevölkerung auf dasselbe Korpus an Offenbarungen bzw.Lehren beziehen können (was eine meist lang andauernde Vorarbeit am religiösen Stoff und mehrere „synkretistische“ und/oder Vereinfachungs- und Popularisierungs-Schritte voraussetzt). Die Ausbreitungsgebiete der Hochreligionen definieren dann die grossen mittelalterlichen Kulturräume (allein die Tatsache, dass je eine Hochreligion den vorhandenen Bedarf stillt, und es nicht zu wesentlichen Vorstössen (ausser auf militärischer Grundlage) ins Gebiet einer anderen Hochreligion kam, zeigt ihre Ebenbürtigkeit in dieser Hinsicht an). Die spezifisch mittelalterliche Aufgabe der Produktivkraft-Entwicklung, wie sie sich nach einem nachhaltigen Zusammenbruch der Grossreich-Infrastruktur infolge Überforderung ihrer Basis-Elemente stellt, lautet konsequenterweise: Die Grossreich-Elemente LOKAL und REGIONAL zu realisieren, also Mehrprodukt-Erzeugung, Zentrum, Verteilung, Schutz innerhalb der bestehenden Grenzen mit den Mitteln des davon umschlossenen Gebietes, in die Fläche des vormals nur von einem Verkehrsnetz und Stützpunkten erschlossenen Grossreichs-Gebietes auszudehnen. Der Begriff Grenze ändert seinen Charakter, grundsätzlich bestehen diesseits wie jenseits dieselben Verhältnisse (ausser an den kultur-grossräumlichen Grenzen der Religionen und ev. Gross-Konfessionen: Schiiten, Orthodoxe). Politisch bedeutet das: das Ringen um Bestehen oder Untergehen hört auf, es entstehen Vertragsverhältnisse zwischen den Regionalgewalten, Bündnissysteme und „subsidiäre“ vertikale politische Hierarchien, soweit wie die untergeordneten Ebenen den regionalen Anforderungen alleine nicht gewachsen sind oder überregional-gemeinsame Interessen verfolgen. Damit präzisiert sich die Frage nach Verteilung und Aggregation lokaler Mehrprodukte dahingehend, dass grundsätzlich lokale Mehrprodukte lokal verwendet werden, aber Anteile davon an überregionale Gliederungen abzugeben und im Sinne der abgebenden Einheit zu verwenden sind (angefangen bei militärischer Unterstützung jenseits unmittelbarer Selbstverteidigung und- durchsetzung). Das regionale wie überregionale Mehrprodukt spaltet sich entlang folgender Alternativen: Verwendung für Kult; Ausdehnung (Rodungen, Trockenlegung, Städtegründungen) und Optimierung der regionalen Reproduktion und ihrer Infrastruktur (ohne die Produktionsweise grundsätzlich umzuwälzen, ausser in Fällen ihres unkontrollierten Zusammenbruchs: ständische= statische Gesellschaft); interregionaler Handel (grundsätzlich werden in der Region Agrarprodukte für lokale (meist städtische) Märkte und Mehrprodukt-Aneigner getauscht gegen Produkte des lokalen Handwerks) – auf Land-, Fluss-, Seewegen, mit eingeschalteten Umschlagplätzen, als Handelsrouten; schliesslich, nach wie vor, Verwaltung und politische Konkurrenz bzw. gewaltsamer Aufbau von immer weiträumigere Gebiete umfassenden stabilen Ordnungsgebilden (zwischen denen weiterhin Vertragsverhältnisse bestehen).
Was für Konsequenzen haben die Veränderungen sonst noch?
1. Von Anfang an fallen dort politische nicht mehr mit kulturellen Grenzen zusammen; die Anderen (Angehörige einer ebenbürtigen Machtsphäre) sind nicht mehr die GANZ Anderen.
Religion und Politik entwickeln sich unabhängig voneinander, womöglich auch gegeneinander weiter. (Von beiden Seiten besteht die Versuchung, das je andere für die eigenen Zwecke zu benutzen.)
2. Auch die militärische Macht ist, zusammen mit Bevölkerung und Reichtum, in den früheren Grossreich-Grenzen sprunghaft gewachsen; damit auch die Gefahr von Binnen-Konflikten. Darüber aber findet dann auch die Entwicklung fortgeschrittener politischer Formen (Ordnungen) statt.
3. Die Ausgangs-Situation des antiken Grossreichs, das Invasoren nach Durchbrechen der Grenzbewachung ungehindert plündernd duchstreifen konnten (aber auch mussten, um die verstreuten Reichtümer einzusammen), hat sich gewandelt: Möglichen Invasoren treten immer neue Mächte entgegen. Umgekehrt stehen sich selbst entlang der (religiösen) Kulturgrenzen nur Partikular-Mächte als Gegner gegenüber. Erfiolgreichen Angreifern mit unterlegener (zB religiöser) Kultur kann das Angebot gemacht werden, sich als neue herrschende Klasse zu etablieren und zu assimilieren.
4. Die wichtigste Folge der Ausdehnung der Mehrprodukt-Produktion in die Fläche aber ist die Option zum Fernhandel, und der Ausbeutung lokaler Besonderheiten und des Ausbaus von Spezial-Handwerken zu Produktionsstätten für diesen Handel. Dabei wird die vormalige und in antiken Situationen vorherrschende Tausch-Strategie, bei der Luxusgüter der Hochzivilisation gegen lokale Naturprodukte gehandelt werden, überlagert und überflügelt vom Austausch der Produkte von Spezialgewerben verschiedener Regionen. Handelbarkeit von Waren ist immer auch an Transport-Technik und -Wege gebunden – Verderblichkeit, Werthaltigkeit (und damit geringes Gewicht) spielen eine grosse Rolle. Seehandel und im Binnenland Wasserstrassen erweitern hier die Optionen beträchtlich. Nicht nur Waren, sondern auch Produktionsverfahren und Kulturtechniken (incl. Kulturpflanzen, Nutztiere) werden ausgetauscht und verbrieten sich weit über die Ursprungsräume hinaus. Spezialitäten einzelner Regionen werden verallgemeinert und sind bald überall anzutreffen, die Vielfalt der Gewerbe wiederum dehnt sich von Handelszentren erneut in die Fläche aus.
Die Ausbreitung der Hochreligion bahnt der Ausdehnung der städtischen Hoch-Zivilisation, der Mehrprodukt-Produktion für lokale (erst noch Kult-)Zentren, ihren Weg.
So jetzt der Fernhandel der Ausdehnung sämtlicher irgendwo verfügbarer Spezial-Gewerbe und (Kultur)Techniken.
Dies die Binnenwirkung in den schon existirenden Kulturräumen. Gleichzeitig wird deren Peripherie immer mehr erschlossen – bis hin zur Ausdehnung an die Gegenküsten der grossen Meeresflächen: Handels-, Militär- und Siedlungs-Stützpunkte, Kolonien, Kolonialreiche (erneut der Anfang mit der antiken Variante in der Peripherie; beschleunigt wird die historische Entwicklung dort nachgeholt). Überseehandel tritt an die Stelle der Küstenschiffahrt.
Diese Ausgangssituation ist die des beginnenden Aufbruchs in die (kapitalistische) Moderne.
Diese Moderne beginnt mit einer einfachen, aber bezeichnenden Anknüpfung an die bestehende Hand-Manufaktur-Warenproduktion für einen (durch Fernhandel erschlossenen) unbestimmt grossen Markt: nämlich mit dessen BESCHLEUNIGUNG in Gestalt der Steigerung des Produkt-Ausstosses pro Zeit, und in dem Sinne der Arbeitsproduktivität, durch technische Hilfsmittel, also Produktionsmittel. Erst jetzt hebt sich die ökonomische Rolle des Besitzers solcher typisch „industrieller“ Arbeitsmittel (zB Spezialwebstühle) ab – erst jetzt macht die (Wieder-)Zusammenfassung der einzelnen Arbeitsschritte in einem Betrieb (in speziellen Frabrikgebäuden) Sinn. (Früh-industriell sind da unter Umständen bereits wassergetriebene Antriebsaggregate involviert.) Beschleunigung ist die Resultierende aus zwei Voraussetzungen: einmal ist die Vielfalt der Verfahren und Produkte derart gewachsen, dass sie nicht mehr einfach aus den verfügbaren Arbietskräften bedient werden kann (die ja auch am Ort ihres Zusammenwirkens konzentriert wohnen sollen); zum andern gibt es die technischen Optionen auf Steigerung der Arbeitsproduktivität im Sinne der Beschleunigung des Ausstosses und damit der Produktmasse pro Arbeitskraft/zeit in Gestalt immer neuer Erfindungen und Spezialapparate, bezogen auf Spezialschritte in speziellen Verfahren.
Wenn man jetzt sagen wollte, welches die „Basis“ dieser epochalen Unternehmungen ist, wird es schwierig: Banalerweise ist alles nötig, das unter den gegebnen Umständen den Epochen-Zweck realisieren hilft. Das kann so oder anders sein. Ist es gut oder schlecht, wenn sakrale, militärische, politische und administrative (arbeits-organisierende) jeweils von getrennten Gruppen ausgeübt werden, oder teilweise zusammengefasst von derselben, oder alles in einer Hand (Bürokratie? chinesisch?) ist? Brauchen sie einen bestimmten Stand der Metallbearbeitung, der Militärorganisation, der Wissenschaft oder Bau-Fähigkeiten? All das kann man im weitesten Sinn mit unter „Produktivkräfte“ fassen. Man kann deren Produktivität (oder den Ausbeutungsgrad?) an Parametern messen (theoretisch; praktisch ist das im nachinein meist äusserst schwierig) wie: die Zahl der Menschen, die pro Flächeneinheit (generell, und landwirtschaftlich) insgesamt ernährt bzw speziell miternährt werden können. Was man antiken wie mittelalterlichen Gesellschaften (im angedeutetn Sinn) sicherlich zuschreiben muss, ist ein hoher Grad an Arbeitsteilung und Spezialistentum, auch das Niveau der Hand-Manufaktur wurde oft genug erreicht. Aber das ist fast schon zu banal, um nochmals als „notwendig“ benannt zu werden. Das wesentliche Mehrprodukt ist vormodern immer agrarisch, soviel steht fest. Verkehrswege, das Meistern von Tarnsportaufgaben dürfte wesentlich sein; die Ausrüstung von Heeren auf dem erreichten Stand der Kriegstechnik. Festungsbau. Aber insgesamt wird man wenig SPEZIFISCHES finden (was auch die fehlenden Belege für zB den „auf Stand der Sklavenhaltergesellschaft erreichten Stand der Technik“ erklären würde). Technik-Entwicklung ist keineswegs völlig belanglos, und vormoderne Gesellschaften (vor allem mittelalterliche) zeichnet ein unaufhörlicher Strom technischer Neuerungen und Verbesserungen existierender Verfahren aus, die auch oft schnell Verbreitung über weite Strecken finden. Und doch waren das nicht die Haupterrungenschaften der jeweiligen Epochen, und sie hingen – ausser in einem sehr banalen, sehr allgemeinen Sinn – nicht von BESTIMMTEN technischen Fähigkeiten im einzelnen ab. Die beiden von mir genannten fundamentalen Epochen-Aufgaben waren beide von der Art: das Einfache, das schwer zu machen ist. Einfach zu formulieren; schwer und langwierig (nämlich eben für die Dauer einer Epoche), um es umzusetzen.
Ähnliches gilt für die Kategorie „Produktionsverhältnis“ oder „Klassenkampf“. Die Lösung der Epochenaufgaben geschah, wie nur zu gut bekannt, auf verschiedenste Weisen, nur nicht konfliktfrei. gestritten wurde um Umfang und Verwendung des Mehrprodukts (Legitimität von Herrschaft); gestritten wurde um Herrschaftstitel über erschlossene Flächen und vieles andere. Aber fällt das alles unter den präzisen Begriff von Produktionsverhältnis, Klassen, Klassenkampf? Ich meine: Klasse und Klassenkampf in DEM Sinn, in dem man dann sagen kann: Geschichte ist (man darf wohl sinngemäss ergänzen: WESENTLICH) eine Geschichte von Klassenkämpfen (und des Aufschwungs der Produktivkräfte). Sind es die relevanten Parameter – die, in denen sich Fortschritt und seine gesellschaftliche FORM notwendig darstellen?
Hier kommt etwas entscheidendes hinzu, nämlich Antworten auf die Frage: WARUM geschieht dies alles – wer will warum, dass ein Mehrprodukt erarbeitet wird, wer will die Ausdehnung in die Fläche? Sind es die Produktivkräfte, die „sich“ entwickeln (und dadurch die, die mit ihnen arbeiten)? Oder… gibt es noch andere Motive, die man dingfest machen und für die Epochenteilung verantwortlich machen kann – solche, die selbstverständlich „materialistisch“ genug sind, um das Leben der Produzenten zu beherrschen – die aber an und in ihnen tatsächlich anzutreffen sind; im Gegensatz zu den Produktivkräften, deren autonomes Wachstum etwas eigentümlich abgetrennt- („Vom Willen der Produzenten unabhängig“?), geisterhaftes an sich hat – wie sollen denn die die Produzenten zwingen, wenn die nicht auch von sich aus an diesem Wachstum arbeiten WOLLEN?
Zur Besetzung dieser fundamentalen und durch und durch materialistischen Motiv-Klasse wüsste ich einen Kandidaten, der universell, materiell, und zugleich grundlegend genug ist, um die PRAXIS einer ganzen Epoche (und unendlich vieler Menschen, weit darüber hinaus) zu bestimmen: die (Lern)regeln, die sie ihrem Umgang mit bestehendem und zu erwerbendem Wissen zugrundelegen. Es wäre ein grosser Fehler zu glauben, diese wären immer dieselben, ja auch bloss dieselben bei den Angehörigen einer (kulturell) bestimmten Epoche: gesunder, also moderner Menschenverstand. Wie verhalten sich eigentlich genuin religiös Glaubende zu ihrem Wissen über die Welt? Dass etwa das Mittelalter (und auch noch lang die Neuzeit, bis heute) voll von ihnen war und ist, wird kaum jemand bestreiten. Wie verhalten sich… solche, die NICHT EINMAL religiös gläubig, sondern eher magisch, abergläubisch sich zur Welt (und ihrem eigenen Wissen davon und dem anderer) verhalten? Also so, wie fast die allermeisten Menschen aller Zeiten? Jene, die die Welt unter dem Gesichtspunkt betrachten, dass sie sich praktisch darin eingerichtet haben; und mit Chancen und Risiken konfrontiert sind, deren praktische Bedeutung sie gerne (aus Erfahrung, eigner wie fremder) abschätzen LERNEN würden (zB so: was sind die erfahrungs-bewährten Anzeichen dafür, dass eine Chance wahrzunehmen LOHNT? oder auch: Welcher Autorität zu glauben ist wahrscheinlich angebracht (ohne Prüfung von deren Gründen) – wessen Meinungen mache ich mir am besten zueigen, wessen Ratschläge sollte ich befolgen (woran erkenne ich, welche Ratschläge wertvoll sind)? Diesen (höchst geläufigen) Umgang mit (Un)Wissen nenne ich abergläubisch, oder eben – den normalen.
Man wird sehen, was das mit technologischen Strategien, und was mit politischen Formen zu tun hat – ob sich der Fundamentalcharakter dieser Kategorie des (sich wandelnden) Umgangs mit (Un)Wissen und (Um- und Dazu)Lernen insofern bestätigt, als sich sowohl die Epochen-Aufgabenstellungen als subjektive Zielsetzungen einerseits, andererseits massgebliche politische Formen womöglich gemeinsam daraus ableiten lassen.
Ich denke, die Trennung einerseits, das Wechselverhältnis andererseits von Produktivkraft-Entwickung (Entwicklung der entsprechenden Fähigkeiten, aber auch des tatsächlich vorhandenen Mittelapparates) und Produktionsverhältnissen ist etwas genuin MODERNES, das nur um den Preis einer gewissen Gewalt, die dem historischen Stoff angetan wird, nach „rückwärts“ zu verlängern ist. Ich sehe da eigentlich nur zwei Mglichkeiten: Entweder, man weitet den Begriff Produktivkraft-Entwicklung über die technischen Fähigkeiten hinaus aus, etwa auf solche allgemeinen Titel wie „überhaupt ein nennenswertes (agrarisches) Mehrprodukt produzieren können (dazu fähig werden“ (mitsamt den Techniken seiner organisierten Herstellung, Sammlung, Konzentration in Zentren, Verteilung entlang von Verkehrswegen usw“.
Oder man gibt zu, dass die angewendeten Technologien völlig unterschiedliche sein konnten, wenn sie nur hinlänglich diesem Zweck (oder dem nächstfolgenden) dienten – und dass es in der Vormoderne noch garnicht auf ein spezifisches Wachstum der Technologie SELBST ankam. Dazu waren sie damals noch viel zu sehr MITTEL. In der Moderne ändert sich das – daher das gesteigerte Interesse für dieses Thema. ((Das wird im Zusammenhang der nächsten Zwischenbemerkung (Nr.3) vielleicht deutlicher. Denn dort wird es um die derzeitigen technologischen Utopien gehen, und die Frage, was deren Gehalt über grundlegende Einstellungen genuin MODERNER Mentalitäten (und ihrer Einstellung zum Lernen, Wissen, (Nochnicht)Wissen und -Können usw) besagt.))
Mir geht es um die Frage, welche Rolle „Technologien“ (womöglich gleichgesetzt mit „die Produktivkräfte“) und „(gesellschaftliche) Arbeitsorganisation“ (womöglich gleichgesetzt mit Klassen- und Eigentumsordnung) in „DER Geschichte“ spielen – als womöglich DAS Übergreifend-Gemeinsame aller Epochen – die Epochenunterschiede solche AN diesem Gemeinsamen, als Unterschiede und (wechselwirkende) Entwicklungsstadien DIESER übergreifend-gemeinsamen Dimension. Die Aussage, dass diese Wechselwirkung und die an ihr beteiligten Entwicklungsdimensionen erst in der (kapitalistischen) Moderne die gesellschaftlichen Verhältnisse prägen, soll also erstmal nur darauf hinauslaufen, dass sie nicht das Übergreifend-Gemeinsame sein können. Gleiches gilt aber auch für die von mir eingeführte Definition einer Epochengliederung durch „zu lösende Aufgaben“: Das Gemeinsame darin ist nicht benannt; die Tatsache, dass dabei nicht geklärt wird, wer sich warum diese(n) Aufgaben stellt, zeigt, dass diese Darstellung noch an der Oberfläche bleibt und nicht zum Begreifen der Epoche-machenden Phänomene (nämlich der Aufgaben) vorgedrungen sind.
Es sind ja dabei die Unterschiede von Herrschenden und Beherrschten nicht zu leugnen, die gibt es ja; die Frage ist eher: was schweisst oder hält sie zusammen, warum machen sich solche „da unten“ bestimmte Projekte oder Prgramme derer „da oben“ zueigen, warum erscheinen ihnen überhaupt Herrschaft, Gewalt, Eigentum und seine Verteilung legitim?
(Damit begann ja die Überlegung des Thread-Beitrags…)
Die Andeutung, dass das Epoche-Machende in den Wissenserwerbs-Prinzipien liegen könnte, reicht für sich natürlich überhaupt nicht. Denn da ist gleich, schon von mir aus, dazuzusagen: Diese Prinzipien werden ja nicht von ganzen Bevölkerungen übernommen; sondern treten nebeneinander auf, fortgeschrittene kommen (als die selteneren) neben ursprünglicheren (als den häufigeren) vor; ja sogar: die fortgeschrittenen gleiten, als Inhalt, in die Vorgänger-Denkstruktur (Mentalität) als äusseren Rahmen zurück (so stellt es sich mir dar). Die Arten, Wissen zu verarbeiten, werden also extrem heterogen mit fortschreitender Entwicklung. Die Frage ist, warum dann trotzdem etwas relativ einheitliches wie eine „Epochen-Aufgabenstellung“ und dergleichen, eine KULTUR oder Produktionsweise, eine Gesellschafts-Ordnung usw zustandekommt.
Nicht zu vergessen: Das Übergreifend-Gemeinsame der Geschichte soll ja ein heute noch Wirksames sein, macht also theoretische Vorgaben (wenn auch sehr allgemeine) zum Begreifen der heutigen Verhältnisse. Es sei denn (auch eine Option), man sieht da nicht soviel Vorausgehend-Geschichtliches am Werk, stattdessen eher das Erstmalige: Erst jetzt lässt sich überhaupt von „Gesellschaft“ (oder anderm, genuin Modernem) reden. Solche Standpunkte habe ich schon gesehen. Da besteht also noch viel Klärungsbedarf…
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Zwischenbemerkung 3:
Technisierung von Natur (zB „Transhumanisierung“), Naturalisierung von Technik („Vollautomatisierung“); Sorge und Bedürfnis.
Was man für frühere Epochen bezweifeln kann (vgl. meine Zwischenbemerkung Nr.2), steht umgekehrt für die Moderne um so mehr fest: In ihr lautet die Epochenaufgabe klar und eindeutig: Entwicklung der Produktivkräfte, im ebenso eindeutigen Sinn von Technologie. Die „kurze Industriegeschichte“ nennt dabei ein Ziel: Vollautomatisierung, auf das alles zulaufen soll. Sie ist damit etwas unpräzise; denn diesem Ziel tritt ein mindestens ebenso wichtiges an die Seite, und die Annäherung an dies zweite Ziel bringt eine Reihe weiterer „Industrien“ hervor, von denen noch garnicht gesprochen wurde: Diejenigen, die sich mit der technischen Kontrolle ursprünglich natürlicher, speziell lebender Systeme beschäftigen, sie im erwünschten Sinn abwandeln, optimieren, modifizieren, vielleicht auch (zu demselben Zweck) technisch simulieren: Agrar-, Pharma-, Gesundheitsindustrie, und die dahinter stehende Forschung.
Man kann sich fragen, ob diese zwei Zielrichtungen nicht in Wahrheit dieselbe sind, nur unterschieden nach den zwei Seiten, von denen her sie angegangen werden: Die eine wäre so etwas wie die Herstellung einer zunehmenden Natur-Ähnlichkeit, Selbst-Erhaltungsfähigkeit technischer Aggregate; die andre eine zunehmende technische Kontrolle (Beherrschung) von Natur im allgemeinen, lebenden Organismen im besonderen, unseres eigenen aber als des wichtigsten vorneweg.
Unter modernen Vorgaben scheint beides kritikwürdig: Die ursprüngliche ebenso wie lang noch die immer höher entwickelte Technik ist nicht Natur genug (aber genau was fehlt da?); Natur, vorneweg unsre eigene, die ursprüngliche ebenso wie die technisch (medizinisch, agrar-biologisch) eingehegte und (durch Industrieanlagen und -abfallprodukte) zurückgedrängte, beschädigte, ist noch lange nicht Technik genug (aber was heisst das?)
Nun sind das zwei Entwicklungslinien, die – wie schon angedeutet – allem Anschein nach im Zuge ihrer weiteren Vervollkommnung aufeinander zu und an einem fernen, utopischen Konvergenzpunkt zusammenlaufen (jenem, der von der technischen Seite vielleicht die perfekte Automatisation wäre, von unserer und somit der Naturseite aus die perfekte Trans-Humanisierung und Trans-„Naturalisierung“, nämlich Transparenz und Kontrolle über die Bedingungen unserer Selbsterhaltung): Dann, wenn Technik eine zweite und dann gewiss bessere Natur ist (als die vorgefundene); und wenn Natur so beherrscht und kontrollierbar geworden ist, dass sie so wird, wie sie gewesen wäre, wenn WIR sie gebaut hätten… – Aber wie hätten wir sie gebaut? Was käme da zum Inventar unserer Techniken hinzu, das sie zur (guten oder besseren, als die existierende) Natur werden lässt? Umgekehrt: was fehlt ihr als Technik noch? Was kommt zur Natur hinzu, das wir an ihr vermissen, derart dass wir es ihr eingebaut hätten, wenn sie unser Produkt gewesen wäre?
Kann es sein, dass der angestrebte Konvergenzpunkt nie erreicht wird, weil das Hinzutun von Eigenschaften des jeweils anderen zum einen ihm seine Eigenheit nimmt?
Weil, mit einem Wort, die (modernen) Bestimmungen von Technik und Natur (vorneweg unsere eigene) einander widersprechen, und nicht zugleich realisiert werden können?
Also worum geht es?
Ich muss die Frage für beides, Technik wie Natur, aufwerfen. Und zwar nicht nur, weil nur aus der Antwort über Konvergenz oder Nicht-Konvergenz der beiden Entwicklungslinien entschieden werden kann. Sondern auch, weil die beiden Kategorien im Alltagsbewusstsein, in diesem Fall auch von politisierten und linken Menschen, oft erstaunlich wenig durchdacht sind.
Natur, um damit zu beginnen, und ich meine damit vor allem die lebende Natur, die Biosphäre, ist ein sich selbst erhaltendes System, oft möchte man hinzusetzen: ein auf zweckmässige Weise (damit hat man früher geglaubt, die Erschaffenheit der Biosphäre plausibel machen zu können) sich erhaltendes System – ein sich in bestimmten Fristen, und dann je in bestimmten Grenzen, Umgebungsänderungen anpassendes, also sogar ein (um)lernendes, ja überdies ein sich entwickelndes (dazulernendes) System: Seine Anpassungsfähigkeit hat sich im Lauf der Zeit erhöht. (All das könnte sehr viel mehr im einzelnen ausgeführt werden, die Andeutungen genügen aber für die Darstellungsabsicht, um die es hier geht.)
Technik ist auch zweckmässig, erhält sich aber nicht selbst. Es ist offensichtlich, dass zur utopischen Perfektionierung genau diese Bestimmung ihr noch zuwachsen soll.
Natur, umgekehrt, ist an Umgebung angepasst, aber nicht an uns und unsere Zwecke; sie mag uns entgegenkommen, aber nicht genug – oft genug stört sie. Darum muss sie beherrscht werden, also unseren Zwecken unterworfen; wobei diese Zwecke sich oft genug ändern, ja schon verschiedene sind bei verschiedenen von uns – so soll sie beliebig schnell umformbar sein und den Zwecken anpassbar – eben so, wie ein ordentliches Werkzeug.
Auf den ersten Blick bereits deutet sich da ein Widerspruch an: Universelle Kontrolle und maximal schnelle Anpassbarkeit an beliebige Zwecke, die technische Utopie, läuft der Selbsterhaltung zuwider. Letztere ist ein WEITERER Zweck, der eigene Anforderungen stellt: Wenn Natur oder Natürliches SICH erhalten soll, kann es nicht zugleich im Zustand ständiger Abwandelbarkeit sein; etwas UNSEREN Zwecken maximal gemässes kann nicht zugleich SEINER Erhaltung (von selbst; durch sich selbst, so wie es ist) in sich wandelnden Umgebungen gewachsen sein. Mit einer Ausnahme: Und das sind wir selbst.
Irgendwie scheint die „konvergierte“ Utopie einer naturhaften Technik oder einer zum vollkommenen Werkzeug umgewandelten Natur darauf hinauszulaufen, „uns“, so wie wir unmittelbar sind und uns vorgefunden haben, in die Welt hinein auszudehnen, aber ohne nun speziell UNS zu vermehren, sondern das, was wir sind, mit anderen Materien zu wiederholen. – Übrigens ist das dann auch die Idee beinah jeder religiösen, esoterischen, metaphysischen und magischen Glaubensvorstellung: Irgendwie, man weiss nicht wie, soll das uns Umgebende beseelt, also so wie wir sein – ohne etwas VON uns zu sein, uns unmittelbar anzugehören, unmittelbar UNSERE Zwecke zu realisieren (dabei unseren Reproduktions-Bedingungen unterliegend) – sondern viel weiterreichend-bessere soll es haben, und sie verwirklichen (schon wieder unbestimmt ist, wie diese Zwecke besser sein könnten als unsre, nur DASS sie es sind) – dabei soll es immer alles besser wissen als wir, dennoch immer UNSER Wohl mit einschliessen. Nimmt man die Vorstellung dieses „es besser wissen als wir, aber unbestimmt wie“ weg, bleibt das Sein-wie-wir, dessen Nützlichkeit (Charakter als Mittel für unsere Erhaltung) für uns völlig transparent ist, zurück: Genau das scheint der Konvergenzpunkt von Natur und Technik zu sein.
Allerdings sind wir wiederum von allem Natürlich-Lebendigen durch EINE Eigenschaft unterschieden: Man kann nicht einfach sagen, dass wir durch unser irgendwie-, nämlich So-Sein, wie wir sind, bereits angepasst sind – und insofern: von selbst angepasst und uns erhaltend. Es gibt ja auch garnicht DIE Umgebungen, wie bei den andern Organismen, denen wir von vorneherein „von selbst“ angepasst wären, durch die Art, wie wir sind. Irgendwie haben wirs (abgesehen von Ratten, die uns überall hin FOLGEN, aber eben auch NUR folgen) geschafft, uns in alle Umgebungen hinein auszudehnen: durch permanentes Dazulernen und Herstellen technischer Zusätze für unsere körperlichen Fähigkeiten, die uns den jeweiligen Umgebungen gewachsen sein lassen. Technisch passen wir unseren Körper an, technisch passen wir die Umgebungen, soweit kontrollierbar, unseren Reproduktionsanforderungen an, wobei das letztere im Grund auch für die erste Vorgehensweise gilt: Warme Kleidung oder Jagd-Bewaffnung ist auch eine Umgebungsanpassung, bloss „körpernäher“. Also: Wir passen Umgebungen unseren Reproduktionsbedingungen an, diese aber lassen wir unverändert. Sie sind das naturhaft-zweckmässige an uns. Dabei haben wir keineswegs genaue Kenntnis von den Körpervorgängen, durch die unser Erhalt, bei Einhaltung der Reproduktionsanforderungen, (meistens, bis ins Alter) gewährleistet ist: einzig, was wir SPÜREN, die Bedürfnisse, zeigen uns an, was wir für uns tun sollen, derart dass unsere Körper daraus unseren (ihren) weiteren Selbsterhalt zustandebringen. Normales Funktionieren ist dies Wechselspiel von Bedürfnis-gerechtem Leben und ständiger (rhythmischer) Wiederherstellung unserer Arbeitsfähigkeit (über den Tag weg, übers Jahr weg, über unsere gesamte Lebenszeit hinweg).
Einzig die Bedingungen noch, unter denen dieser eingespielte Rhythmus entgleist, und die wir als Krankheit oder Behinderung kennen, können wir angeben. Aber zu deren Definition sind wir darauf angewiesen, dass es diesen Rhythmus, die Regelmässigkeit unserer Bedürfnisbefriedigung und Selbst-Reproduktion, lang genug gab, bevor wir deren „Normalität“ charakterisieren können. In diese Normalität geht nun aber das (in verschiedenen Umgebungen, wo wir uns aufhalten) höchst Wandelbare, nämlich unsere (zweckmässige) Arbeit mit Techniken, durch die wir gewusste Schadeinwirkungen abhalten, ebenso das – als solche gewusste – Lebensmittel für uns Herstellen, immer mit ein.
Dabei wird das Naturhafte in uns, durch Einfügen der technischen Mittel, auf eigenartige Weise gespalten: HandlungsFÄHIGKEITEN arbeiten mit den technisch bereitgestellten Mitteln ihrer Erweiterung zusammen, um unsere BEDÜRFNISSE (Schadabwehr/Homöostase und Lebens-Mittel-Bedarf) angemessen zu bedienen. Das ganze ist eigentlich zum Kreis, nämlich dem Reproduktionszirkel, geschlossen: Durch Befriedigung der verspürten Bedürfnisse (die in sich wiederum höchst wandelbar sind) wird für unsere Erhaltung gesorgt; dadurch, und allenfalls noch durch Abwehr von bekannten Mangelzuständen und Schadeinwirkungen, die den einmal bewährten Zusammenhang dieser Art (der uns im wesentlichen nicht bekannt ist und sich in unserem Körperinneren abspielt) sichtlich stören: Krankheitsabwehr, Gesund-Erhaltung.
Anm. In noch eigenartigerer Weise stehen unsere Aktivitätsbedürfnisse, Antriebe, auch Neugier, zwischen diesen beiden Kategorien: Fähigkeiten, Bedürfnisse. In einem WIRKLICH geschlossenen Reproduktionszirkel genügen wir wahrscheinlich in jedem Augenblick Bedürfnissen: Aktivitätsbedürfnis-gerechtes Arbeiten erzeugt genau jene Lebensbedingungen, die die Nicht-Aktivitätsbedürfnisse stillt. Also auf beiden Seiten der Unterscheidung ist da von Bedürfnissen, und von Fähigkeiten erstmal garnicht die Rede. Diese Feinheit sollte man sich vielleicht für später merken; vielleicht ist es die Überbetonung des (ansonsten ganz harmlosen) Begriffs „Fähigkeiten“, die ihn zum ebenbürtigen Partner und Gegenstück von (dann allen) „Bedürfnissen“ macht, in der die Behandlung unserer selbst als ein Werkzeug und Mittel neben anderen zum Ausdruck kommt? Anm. Ende.
Natur, Lebendiges erhält SICH, normalerweise, in den Umgebungen, worin es vorkommt oder in die es „erfolgreich“ vordringt; es erhält sich, so wie es (geworden) ist.
Auch wir erhalten uns in sehr vielen Umgebungen, DURCH das, was wir machen; dass wir so viel verschiedenes machen und es in der Vielfalt an Umgebungen, worin wir uns aufhalten, zweckgemäss machen können, macht unser spezielles Sosein aus, als intelligent-planende, vernünftige und zugleich produktive, arbeitsfähige Lebewesen. – Viele andere Lebewesen verändern ihre Umgebung, und bewegen sich zweckdienlich in ihr, zeigen ein ihrer Selbsterhaltung dienliches Bewegungs-Verhalten (selbst die Pflanzen, wieviel mehr die Tiere). Aber kein andres Lebewesen kann so schnell, so viel verändern und dabei und damit von sich aus fast alle Grenzen überschreiten.
Das lässt sich auch so sagen: Bei keinem Irgendwie-Gewordensein, das funktionierte, bleiben wir stehen, sondern das Grenz-Überschreiten und Weitersuchen, Weiterprobieren ist bei uns ein ANTRIEB (die Neugier).
Das wirft zwei Fragen auf:
a) Hat dieser Antrieb selber keine Grenzen – wollen wir wirklich ALLES wissen und ALLES können?
b) Macht der Antrieb vor sich selber halt? Ändert er sich, wenn er kann (und worin läge die Regel, nach der er das tut?) – oder wo ändert er sich (wir ihn) nicht, auch (oder gerade dann, wenn) er (also wir) erkennt (erkennen), wie er ist (bzw wie wir sind)?
Die beiden Fragen könnten als dieselbe aufgefasst werden, und müssen es sogar, wenn die zweite Frage bejaht wird: Ja- der Antrieb MACHT vor sich selber halt; es gibt eine Stelle dh Grenze, an der er sich, bzw. wo er an sich nichts ändert, SPÄTESTENS WENN er erkennt, wie er da beschaffen ist.
Tatsächlich ist uns das Sich-Erhalten unserer Handlungsantriebe, dadurch dass wir Bedürfnisse befriedigen, nichts weniger als klar; ähnliches gilt für die Naturzusammenhänge und Natur-Gebilde, etwa in der Nahrungsmittelproduktion, von denen wir abhängen – wir durchschauen sie nicht genug. Und genau darum, weil wir das nicht tun, scheuen wir normalerweise Eingriffe – wir könnten mehr zerstören, als wir nützen. Das ist in der Medizin so, das ist in der gesamten Umweltfrage so, speziell auch im Umgang mit Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion; wir wissen zwar oft, welcher Art die unmittelbaren Eingriffe und Einwirkungen sind, die durch Immissionen von Industriegiften, deren Verteilung in der Biosphäre, oder unseren Körper, ausgelöst werden – aber die Fernwirkungen, die Weiterverarbeitung, den Abbau oder eben Nicht-Abbau überblicken wir, wenn überhaupt, nur mit riesigen und repräsentativen Einzelfällen vorbehaltenen Forschungsaufwänden.
Die simpel klingende Logik, wonach Natur, wenn sie ihre reproduktiven Wirkungen erbringen soll, am besten nicht gestört, geschweige denn zerstört werden darf, zeigt ganz schnell tückische, schwer durchschaubare Erweiterungen und Verzweigungen. In der Technik gehen wir im grossen ganzen davon aus, dass „kleine Wirk-Einsätze“ kleine Wirkungen haben, die obendrein in der weiteren Umgebung abklingen. Natur hingegen scheint bisweilen durch – im technischen Sinne – „kleinste“ Eingriffe, das punktuell konzentrierte Einbringen eines Insektizids zB, im weiten Umkreis beschädigbar zu sein. Sie ist so empfindlich, verglichen mit den harten mineralischen, allenfalls flüssigen und gasförmigen Stoffen und Strukturen, mit denen sich unsere Physik und Chemie (darin eingeschlossen Biochemie) beschäftigen. Sie ist eigensinnig und selbsttätig, das schliesst sich gleich an: Eine kleine randständige Population von Neobioten (vgl. Wikipedia-Artikel „Neobiota“) breitet sich explosionsartig in einen riesigen Raum aus, dessen heimische Flora und Fauna ihr nichts entgegenzusetzen haben. Natur MACHT aus harmlos scheinenden Stoff- und/oder Energieeinträgen an irgendwelchen Stellen etwas, das nicht vorhersehbar ist. Sie macht auch selbsttätig, besonders da, wo sie besonders wandelbar erscheint, in der Mikrobiologie, ständig etwas, worauf wir gefasst sein sollen – zumindest dann, wenn wir das Ziel nicht aufgegeben haben, sie „zu beherrschen“. Sie macht vor allem etwas, wenn WIR etwas machen, sie ist ein Gegenspieler – ständig rächt sich etwas, weil Gleichgewichte gestört wurden und entgleisen, beim Wetter, in der Fliessgeschwindigkeit von Flüssen, in Biotopen, oder weil ihr etwas zuviel geworden ist, von dem wir nicht genug kriegen können – Baufläche, Verkehrsfläche, Anbaufläche… Und all das noch einmal heftig gesteigert und in unsere Alltagswelt hineingreifend in Gestalt des Stücks Natur, das wir ständig mit uns herumtragen (oder trägt es uns?) – unser Körper. Der, derzeit noch, irgendwie immer noch auf die Erhaltung einer „natürlichen“ Rahmen-Umgebung für sein Überleben angewiesen zu sein scheint – eine Umgebung, die wir leider vor allem nur darüber definieren können, „wie es (uU sehr viel) früher war“: „reine“ Luft und Wasser, „gesunde“ Lebensmittel, Wohn- und Erholungsräume, „stabile“ Öko-, Klima-, Meeresströmungssysteme usw. Im Begriff „gesund“ ebenso wie „stabil“ ist das „tätige“ Selbsterhalten all dieser Gebilde ausgesprochen, das sich zu UNSEREN Selbsterhaltungsversuchen nicht nur verhält, sondern es umgibt („Umwelt“) und eigentlich ihm sein Fundament liefert.
Technik hingegen ist Mittel, das zweckmässig sein kann nur durch unser Zutun (als Werkzeug, Apparat), als Arbeit damit, oder durch unsere Aufsicht (Automat) und ständige Aufrechterhaltung der extrem anspruchsvollen Randbedingungen (zB Energieversorgung, Wartung), unter denen es allein funktionsfähig bleibt. Davon ganz zu schweigen, dass es nur ist, wie es ist, weil wir es in jeder entscheidenden Hinsicht gedacht und gemacht und auf denkbare Zwecke bezogen haben.
Die Zwecke, zu denen wir diese Mittel konstruieren, liegen in UNS, auch die beschränkten Wirkfähigkeiten, die vorauszusetzen sind, damit je nächste Mittel gemacht werden können (mit den je letzterzeugten erzeugen wir die so nächst-möglichen, bauen uns eine Mittel-Pyramide); die stofflichen und Energieressourcen und auch sonstige Randbedingungen unseres ungestörten Arbeitens sind uns unabänderlich vorgegeben.
Aber woher kommen eigentlich unsere Zwecke?
Die üblichen Antworten, die jeder geben wird, wenn er sich etwas besinnt, weisen auf zwei ganz verschiedene Quellen:
einmal, unsere Bedürfnisse; die bleiben sich irgendwie gleich, auch wenn sie vielfältig abwandelbar erscheinen – da ist ein leiblicher Rahmen für ihre Abwandelbarkeit, über den sie (derzeit jedenfalls) nicht hinauskommen;
zum anderen aber unsere Sorge für uns und unsere Mittel die wir brauchen, um uns zu erhalten, das ständig gefährdete; diese Sorge aber stammt aus einem maximal Veränderlichen, nämlich Anwachsenden und Sich-Ausdifferenzierenden: dem – zumindest irgendwo, gesellschaftlich – verfügbaren (Experten)Wissen, und dem daraus, im zweiten Schritt, entwickelten (technischen) Können.
Ich rede über Zwecke, weil es um die Frage geht, worauf das ZweckGEMÄSSE und ZweckMÄSSIGE eigentlich bezogen ist.
Und da muss nun gleich für beide Abteilungen, die ich genannt habe, eine Zweiteilung festgehalten werden, für „Bedürfnis“ war sie schon eingeführt:
Dass wir uns normal fühlen und „normale“ Bedürfnisse haben (diese Reproduktionsanforderungen im engeren Sinn), ist seinerseits Kriterium für die Definition von Störbedinguigen (Bedingungen seiner Entgleisung, Gestörtheit, Krankheit, Minder- und Fehlfunktion), die wir abzuhalten haben. (Diese Zweiteilung durchzieht übrigens die gesamte Rest-Natur, von der wir abhängen).
Bei der „Sorge“ wiederum ist entscheidend die Unterteilung an allem, das sich überhaupt auf unser Dasein (die beiden Bedürfnis-Abteilungen) auswirkt, ob (und wenn, auf welchem Niveau) wir es kontrollieren können, und inwieweit nicht: Es so formen und lenken, dass es uns (mehr als von selbst) nützt, oder wenigstens nicht schädigt (was es, sich selbst überlassen, sicher oder mit gewisser Wahrscheinlichkeit oder nicht auszuschliessend, tun würde). Das durch uns Kontrollierbarere dient uns dabei als Mittel, dem weniger oder garnicht Kontrollierbaren beizukommen, es eben doch zu kontrollieren, auf geringerem Niveau als das wirklich von uns Kontrollierte und Gekonnte: Wo wir die Bedingungen für ein So- und Dasein nicht ganz so einstellen können wie wir unseren Körper beherrschen*) (spätestens MIT ihm, durch seine Bewegungen: Arbeit), da können wir das Sich-von-selbst-Herstellen solcher Bedingungen wenigstens vorhersehen und darauf vorbereitet sein; entweder, weil es sich zyklisch wiederholt, und wir den Ort und Zeitpunkt kennen, oder weil wir An- und Vorzeichen seines Bestehens an einem Ort oder seines Auftretens zu einem Zeitpunkt rechtzeitig vorhersehen (die technischen Werkzeuge hierfür könnte man, in Analogie zu Techniken, „Prognostiken“ nennen); schliesslich können wir relative Häufigkeiten und Verteilungen ermitteln, in denen etwas von Interesse für uns (Schädliches, Nützliches) sich in der Welt oder da, wo es uns angeht, findet. (All das sind grobe Stufen der Kontrollierbarkeit, Kontrollniveaus).
*) „wir beherrschen unseren Körper“; wir verfügen über „seine“ (unsre?) Fähigkeit, sich gezielt, so wie wir es wollen, zu bewegen: da ist sie wieder,die Kategorie Fähigkeit… als technisches Mittel…
So ergibt sich eine Art Hülle, bestehend aus immer geringeren Niveaus der Kontrollierbarkeit und sicheren Gewusstheit durch uns, deren innerste Kernstruktur die Handlungsspielräume und FÄHIGKEITEN zu arbeiten bilden, mit denen wir das in der Umgebung uns grundsätzlich Entgegenkommende in noch viel Entgegenkommenderes umwandeln, und das von selbst Bestehende hinsichtlich seiner Kontrollierbarkeit und Verfügbarkeit für unsere Zwecke optimieren.
Unsere Zwecke aber sind, wie gesagt, zweifach motiviert; die Optimierung für Zwecke, wenn sie sich nicht auf Bedürfnis-Befriedigung sondern Sorge-Anlass-Bewältigung richtet, kann uferlos werden: Kontrollfähigkeit erwerben, um noch mehr Kontrollfähigkeit auszubilden; je mehr wir uns gesorgt haben, desto grösser wird unser Wissen um Gefahren, desto mehr aber auch unser Können, um diesem Wissen gemäss unsre Umgebung zu optimieren, aber mit dem Können auch schon wieder das Gefährdete (nämlich unsere Mittel), das nicht gestört und zerstört werden darf, wenn wir leisten sollen, was wir uns vorgenommen haben.
Die Sorge-Motive aber folgen einem Entwurf; der mag gespeist sein aus Erfahrungskenntnis und deren Verwertung – die Regel der Verarbeitung aber dieser Erfahrung muss am Ende von uns bestimmt und beschlossen werden. Unser Zweckmässiges, so begann diese Überlegung, erhält sich nicht; das sich Erhaltende aber ist unseren Zwecken und Zweckmässigkeit nicht gemäss. Wie bringen wir es zusammen?
Von den Sorge-Motiven und -Bedürfnissen wissen wir viel, wir reden ja in unseren Auseinandersetzungen über die Art, wie vorzugehen ist, auf allen Ebenen unserer Vergesellschaftung mit anderen darüber. Von Bedürfnissen wird zwar emphatisch gesprochen als dem, wofür wir arbeiten – am Ende; aber wie kommen sie eigentlich in unserem Sorge-Betrieb vor? Normalerweise als Not und Notwendigkeit; vor allem: als Beschränkung, nämlich so:
– Wir dürfen nicht mehr, obwohl wir noch könnten, weil wir sonst bald garnicht mehr können.
– Wir brauchen X, damit wir leistungsfähig bleiben, zum Ausgleich, zur Befriedigung (eines Triebs und Drangs).
– Wir können nicht, obwohl wir müssten, weil wir jetzt (abnormen? nein, durchaus erklärlichen) Bedarf haben auszuruhen, uns zu schonen, die Bewegung, die extrem schmerzt, nicht mehr zu machen usw
– Ansonsten MÜSSEN wir essen, schlafen, trinken, pausieren, uns mal bewegen und verausgaben – um weiterzumachen.
Bedürfnis-„Befriedigung“ ist eine Randbedingung unserer Leistungsfähigkeit („Arbeitskraft“) und deren Wiederherstellung. Dabei haben wir eine Vorstellung davon, was zu können durchschnittlich und normal ist – meist gewonnen an dem, was uns bereits längere Zeit möglich war. Das ist ab dann Standard („ging doch!“). Geht es nicht mehr, sind wir krank. und gehen zum Arzt und den Ärzten. Die sollen gefälligst etwas entwickeln, das den Normalbetrieb (also unsere Form von „Gesundheit“) wieder herstellt.
Definiert also, was wir spüren, wenn wir das (weiter) können (wollen), was wir (sorge-getrieben) schon länger, oder die meisten von uns, können und wollen, was ein Bedürfnis ist?
Wir behandeln uns da wie ein technisches Mittel; mit dem Unterschied, dass wir dies Mittel eben nicht gebaut haben; welchem Zweck auch sollte es dienen?
Das aber an uns, was Natur, „von selbst vorhanden“ wäre, ist tief verschüttet – selbst wo und wenn es nicht um Leistungsfähigkeit geht, selbst in einer Luxus-Existenz, ist, was wir wollen, nicht davor gefeit, uns unzufrieden zu machen – wir wissen nicht ohne weiteres, durch blosses Spüren geleitet, was uns gut oder schlecht tut, wir müssen es gefunden haben; eins muss ins andre greifen dabei; einfach alles bekommen, was man sich wünscht, hilft da (in unzähligen Märchen illustriert) nicht weiter, sondern öffnet eine unübersehbar weite Forschungssituation. Wie sollen wir wissen, welche Bedürfnisse wir haben? Wie können wir auch nur herausfinden, welches Leben zu führen uns guttun würde (unabhängig von der Frage, ob es zweckmässig, sorge-beruhigend wäre)?
…
Liebe Wat, natürlich kannst du vorläufige und vorbereitende Überlegungen zum Thema Unfreiheit an das Thema „Bedürfnisse“ knüpfen, und das Schindluder, das man mit dem Ausdruck „natürlich“ in Verbindung mit allem möglichen zB eben „Bedürfnis“ treiben kann, deutet sich ja auch bei dir an. – Aber mir gehts garnicht um die Position des Verbietens und Legitimierens, ich stell meine Fragen ganz aus der (zweifelnden) Selbst-Perspektive (in dieser Allgemeinheit) – speziell meiner eigenen. Auf keinen Fall gehts mir hier drum, andern reinzureden, und zu sagen, was sie sollen oder nicht sollen – oder irgendwas in der Richtung vorzubereiten. Hingegen das Bedürfnis-Thema möcht ich doch noch ein bisschen mehr umkreisen, und hab dafür ja eine weitere Zwischenbemerkung reserviert.
….
Zwischen „wozu es führen KANN“ und „wozu es führen WIRD“ ist zwar noch ein Unterschied – aber es klingt bei dir, Wat, fast ein bisschen so, als wäre das ganze Bedürfnis-Konzept zu nichts anderm gut, als um Fremdbestimmung zu rechtfertigen, meist eben im Verbund mit der Natürlichkeits-Argumentationsfigur.
Diese Figur geht, wie übrigens auch die aktuelle Medizin, von einem faktisch (unhinterfragt warum) vorgegebenen Normal-Spektrum aus, innerhalb dessen die dort liegenden „Ausprägungen“ von Verhaltensweisen, Gewohnheiten, und eben „Bedürfnissen“ als (noch) normal, gesund usw gelten.
Unerwünschtes (zB „Homosexualität“) wird dann als abnorm qualifiziert, zunächst weil es so selten ist, sollte es häufiger auftreten, dann aufgrund des schlechten Vorbildes, das die ursprünglich wenigen geben (dass Leute besinnungslos irgendwelchen Vorgaben folgen, ist dabei als das Allernormalste unterstellt – darum müssen sich ja die wohlwollend-vorausschauenden Autoritäten drum kümmern, dass die Vorgaben die richtigen sind).
Im Fall von unerwünschten Folgen eines erwünschten Verhaltensstils wird die „Abnormalität“ ganz in die besondere Veranlagtheit der betreffenden Gruppen verlegt: Andere unterliegen denselben Belastungen und halten das (zu in dem Fall bis zu zwei Dritteln oder weniger) ohne solche Folgen (zB „Depression“) aus, wieso die Betroffenen nicht (Lieblings-Antwort: genetische Schwachstellen, aber auch sonst alles irgend mit der „Schwäche“ halbwegs Korrelierende, bei Millionen möglicher Merkmale findet sich da mehr als genug).
Auch hier gibt es die grössere Gruppe derer, die zwar gefährdet sind, sich aber vor dem Abgleiten in die „Krankheit“ durch „präventive“ Anstrengungen aller Art (unter Anleitung der Experten, versteht sich) schützen können – hier eher ein Tun, eine Zusatzanstrengung, im ersten Fall eher ein Meiden und Unterdrücken. Allein durch Bilden (Konstruieren) dieser Kategorien unterschiedlich Betroffener kann der Eindruck der Schädlichkeit des „Erwünschten“ minimiert und die Gefährlichkeit der Abweichung dramatisiert werden – das eine, um die „Naturgemässheit“ der belastenden Normalität zu rechtfertigen, das andre, um die „Unnatürlichkeit“ von Alternativen zu betonen.
In diesem Chaos ist schwer, sich zurechtzufinden. Ich möchte grad darum in meinem nächsten Text nochmal über „Bedürfnisse“ (und in dem Zusammenhang auch über Problembegriffe wie „Natur“, natürlich“, „normal“, „gesund“ nachdenken…)
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Hallo Wat – das mit dem Forschungsfeld bezog sich auf jeden von uns (nicht auf (biologische? medizinische? Wellness-?) Experten, die das für uns erledigen), wir müssen für uns herausfinden, wie gutes Leben geht, und haben fast nur negative Vorbilder.
Die Antwort „indem wir leben“ ist da nicht unbedingt „zielführend“ – leider.
Denn die Sorge-Projekte, spätestens die derer, mit denen wir uns zusammentun, bereiten dem Achten-auf-sich, der freien Neugier, dem Denken in eigener Sache und manch anderem, das zwar erwünscht ist, aber „leider grad nicht geht“, ein schnelles Ende.
Aber die viel verzweifeltere und zweifelndere Frage ist: Welches denn authentische, unverbildete, „natürliche“ Bedürfnisse wären – ob je, und wenn, wie wir den Anteil des bereits Kompensatorischen in unsern Wünschen wieder wegkriegen. Es gibt kaum was Ideologischeres als die Kategorie des „Natürlichen“, etwa: der natürlichen Bedürfnisse („DES“ Menschen). Woran erkennen wir sie? Ich wollte meinen nächsten Text (als Fortsetzung der Zwischenbemerkung 3) davon handeln lassen… Um dann endlich dahin zu kommen: Was ist eigentlich eine „technische oder technologische Strategie“? Und was die (speziell moderne, nämlich) industrielle technologische Strategie (gibt es denn andere)?
Das, wovon ich hier schreibe, bereitet insofern darauf vor, als von grundlegenden modernen Denkstrukturen (moderner Selbst- und Naturbegriff, modernen technischen Utopien, ihrer Zweiteilung) geredet wird…
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Wat, ich gucke nicht in den Kopf, wie manche „Forscher“ es tun – ich gucke auf das Leben, wenn man mich lässt, und zwar das GANZE, alle 24 Stunden am Tag: ob jemand gereizt ist und ständig aus der Haut fährt oder nörgelt, ober schlecht schläft oder isst, ob er gierig ist nach allem möglichen, wieviel Alkohol er braucht und wieviel Kaffee, um überhaupt zu leisten, was er sich vorgenommen hat, was für Süchte er hat; wieviel Reserven und freie Kapazitäten, vor allem auch an Zeit er hat, ob er Angst hat oder deprimiert ist, ständig krank wird, Unfälle baut, Fehler macht, zerstreut ist, oder drauf angewiesen, dass jemand für ihn daist, der ihm wie einem Kind alles abnimmt, was er nicht auch noch leisten kann, aber zum Leben braucht – und DANN sag ich: der muss sein Leben selbst einrichten; der muss verzichten auf seine grossartigen Ziele und zurückstecken und neu anfangen, dann vielleicht auch mit andern, aber erst, wenn das alles, was ich aufgezählt hab, in Ordnung gebracht ist, zumindest ernsthaft in Ordnung kommen soll. Vorher möcht ich mit solchen nicht zusammen leben oder arbeiten. Soviel Selbst-Bestimmung und Selbstschutz muss sein. Und DAS sind die Anzeichen, an denen man – wenn überhaupt – sieht, ob jemand Bedürfnis-gerecht lebt oder nicht – er selbst siehts daran, und andre auch. Nichts davon ist „im Kopf“. Das Wesentliche ist zu sehen, wenns nicht versteckt wird.
PS: Damit wir uns da nicht missverstehn: Mir gehts mit diesen Bemerkungen um Leute, die das alles in Ordnung finden, was sie machen, und ihre Zwecke im grossen ganzen so weiter verfolgen möchten.
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Wat, das waren eigentlich zwei Antworten – eine zur Frage, „wohin man guckt“…. und eine zur Frage: mit wem tu ich mich zusammen? Und das ist erstmal (wenn wir schön langsam kommunalistisch anfangen, wie ich es vorschlage) Inhalt MEINER Selbstbestimmung.
Dass Lohnabhängige in allen möglichen Zwängen stehen, die ihnen die von mir beschriebenen Hässlichkeiten aufnötigen, ist hier nicht bestritten und nicht Thema. Mir gehts um Leute, die mit all dem Hässlichen kein Problem haben, weil sie ihren Lebensstil höchst sinnvoll und notwendig finden, und sich dabei in DER Hinsicht (dass sie zB leistunugsfähig sein wollen oder anerkannt, und dafür so einiges in kaufnehmen wollen) überhaupt nicht gezwungen fühlen, sondern ganz aus eigenen Stücken sich so einrichten. Darum vorsorglich das PS unten.
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Aber gewiss, Wat, ist es deren Selbstbestimmung und bleibt es auch^^. Der Punkt ist ein anderer, und darum ist, jenseits unserer Übereinstimmung bzgl. Selbstbestimmung und Nicht-über-andre-Verfügen, dieses Thema so wichtig: Wie kommen wir in den kollektiven Zustand hinein? Letztlich durch freiwillige Zusammenschlüsse, die dann NICHT auf Anhieb „gesamt-gesellschaftliche“ sind oder zumindest grosse Gruppen (Kommunen im Sinne von Stadtgemeinden) umfassen? – oder aber durch „Umsturz“-ähnliche Krisenphasen, wo ganze Bevölkerungsteile in die „Not“ und Notwendigkeit versetzt sind, ihre Reproduktion gemeinsam zu planen? Im letzteren Fall kann man sich seine Mit-Kommunarden in der Tat kaum aussuchen – aber dann kommt man mit dem Beharren auf Selbstbestimmung als PRINZIP auch nicht weiter – wie einigen sich denn die Selbstbestimmten und wechselseitig sich als solche Anerkennenden (von denen, die es nicht so sehen, hier nicht zu reden)? Was machen sie, wenn sie sich nicht einigen können? – Meine Einschätzung dazu liegt auf dem Tisch: Haltbare kollektive Lebensformen (die nicht in die alten Zwangsmechanismen zurückgleiten) sind nur mit solchen Leuten möglich, die ihr Leben wirklich auf „bedürfnis-orientiert“ umstellen, und ihre (gemeinsame) Reproduktion darauf ausrichten. Wenn ICH es mir aussuchen kann, und solang ichs mir aussuchen kann, würd ich mich nur mit solchen zusammentun. Ich kann auch nicht mehr machen (und werd das in meinem nächsten Blog-Artikel versuchen zu tun), als mein Verständnis von „Bedürfnis-orientiert“ darzulegen. Kann ja dann jeder und jede selber sehen, ob sie sich vorstellen können, mit solchen wie mir (gibt noch andre, die auch so drauf sind) zusammen zu leben und arbeiten. Immerhin – es wird ja niemand von „uns“ dazu gezwungen…^^
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Thesen und Bemerkungen (1)
Diese Rubrik „Thesen und Bemerkungen“ in meinem Blog benutze ich, um Auffassungen und Arbeitshypothesen von mir, die im Forum und auch im Blog nicht hinreichend ausführlich erörtert oder gar begründet und bewiesen werden können, wenigstens einmal anzusprechen – damit man in etwa weiss, von welchen Positionen aus ich zu den Äusserungen in Forum und Blog gelange. Genauer und im Zusammenhang werden diese Hintergrunds-Positionen auf meiner website dargestellt – allerdings selbst dort nicht alle. Manches ist nach wie vor Idee oder einfach ungelöstes Ausgangs-Problem.
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Meinem heute geschriebenen Beitrag im thread „Arbeitswertlehre“ von reypoor hätte ich gerne noch folgende Passage hinzugefügt. Sie weitet aber das Thema in einer Weise aus, die dem Verlauf der Debatte nicht zuträglich ist. Daher möchte ich es lieber hier in mein persönliches Blog stellen, als ebenso persönliche Meinungsäusserung – und vielleicht auch als eine mögliche Kurzzusammenfassung meiner Überzeugungen. Darum wurde ich ja etwa von renee schon gebeten…
Um das Ausmass des (objektiven) Gegensatzes, von dem wir hier sprechen, vor Augen zu führen, behaupte ich jetzt einmal:
Die derzeitige Grössenordnung der Industrie-Gesellschaften, ihre Produktivitätsniveaus, wäre ohne die allerdings illusorischen Hoffnungen auf Vergesellschaftungs-Mechaniken (Allokationsmechanismen, Institutionen, Medien, Konflikt-Lösungsprozeduren) nie zustandegekommen. Die Produktionserfolge, die (historisch) kurz- und mittelfristig möglich zu sein schienen, haben kein solides Fundament.
Dies Fundament kann auch nicht nachträglich eingezogen werden.
An dieser Schwäche laborieren ALLE Versuche, Vergesellschaftung auf der gegenwärtigen Stufe „riesiger“ (komplexer, heterogener usw) Gesellschaften zu reparieren, die arbeitsteilige industrielle Produktionsweise aber unangetastet zu lassen. Statt eine neue, bedürfnisgerechte, gesellschaftlich steuerbare (und nebenbei ökologische und andern zwanglos vermittelbare) Produktionsweise und Wissens-Organisation langsam und solide aufzubauen.
Hier ist nachdrücklich festzuhalten: Industriell zu produzieren, ist keineswegs die einzige Art und Weise, wissenschaftliche Forschung in Technologie und diese in Reproduktions-Strukturen zu übersetzen. Im Gegenteil: Es ist einer der wesentlichen Einwände gegen die angeblich unüberbietbare Fortgeschrittenheit der gegenwärtigen
Forschung und Technologie, dass sie keinerlei Form kennt, in der das anwachsende Wissen gesellschaftlich verarbeitet werden kann. Das Scheitern an dieser Aufgabe ist, wie ich meine, das Scheitern der Moderne, und stellt denen, die damit konfrontiert sind, eine neue, bislang nicht bemerkte Epochenaufgabe.
In dieser Aufgabe ist eingeschlossen, sich der historischen Stufen, die das kulturelle Lernen bislang zurückgelegt hat, bewusst zu werden.
Man kann sie dann sowohl im eigenen Leben entdecken, als auch in dem der Leute um einen herum. Nämlich als die Stufen ihrer (behebbaren) Zurückgebliebenheit – sichtbar als unangemessene Zuversicht und Zutrauen in die derzeit (noch) bestehenden, aber völlig unhaltbaren Verhältnisse.
Praktisch wichtig ist daran natürlich, dass man (von sich selbst und seinesgleichen her) begreift, wie die Zurückgebliebenheit zwanglos zu beheben ist.
Praktisch wichtig ist, dass man anfängt, Lebensläufe und Lebenseinrichtungen miteinander zu vergleichen. Denn in ihnen spielen sich die historischen Veränderungen ab, die „Gesellschaften“ und ihre Institutionen auf Dauer verändern oder auch überflüssig machen. (Auf dieser Ebene wurde eigentlich nie wirklich untersucht oder Begriffe und Verständnisse entwickelt. Sie schien zu privat und unerheblich. Aber „Gesellschaften“ sind keine Subjekte. Einzelpersonen lernen in ihren Biographien, und geben davon etwas weiter; nicht „Gesellschaften“.)
Das Einzelleben und die Bedürfnisse und Leistungsgrenzen von Einzelnen liefern dann das Mass, in dem sie alle zusammen, also als Gesellschaft, Wissen erwerben und verarbeiten können. Die Entwicklung JEDES Einzelnen wird begriffen als Bedingung der Entwicklung „aller“.
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Nachtrag zum thread „Arbeitswertlehre“:
Ich sagte: Nicht Gesellschaften lernen, sondern nur Einzelpersonen. – Institutionen sollen Handlungsregeln, -rechte und -pflichten definieren. Moderne Gesellchaften können angeblich nur mit Institutionen ihren inneren Zusammenhang steuern, und das mag seine Richtigkeit haben. Es begründet zugleich, warum diese Gesellschaften ihren Wissenszuwachs nicht bewältigen: Entweder, die Institutionen schaffen es nicht, die Geschwindigkeit ihrer Änderung den vielen Einzelpersonen zu übermitteln; oder, die Institutionen folgen den Lernerfahrungen der Einzelnen nicht und ändern sich zu langsam (oder in disparate Richtungen). Wie auch immer: Das Lernen einer Gesellschaft über zwischen und über die Einzelnen installierte Institutionen zu organisieren, scheitert spätestens am zweiten Übergang dieser dreigliedrigen Kette (Einzelne–>Institution–>andere Einzelne). – Das können wir im thread gerne für alle Arten von Allokationsmechanismen (für die ganz besonders!), Institutionen, Medien, Abstimmungsprozeduren durchexerzieren.
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Hallo Wal,
dies ist nicht die ausgefeilteste Version meiner derzeitigen, wie soll ich sagen, Arbeitshypothese. An ihren Rändern, da, wo die Konturen vorläufig unscharf werden, könnte man das Wort Hypothese durch „Frage- oder Problemstellung“ ersetzen, etwa so: Ist es nicht so, dass Einzelpersonen lernen, und nicht Gesellschaften? Wie gelangen die Fortschritte der einen ins Leben der Andern? Inwiefern erleichtern, behindern oder gar verhindern heutige „Institutionen“ das? usw
Ich erwarte nicht, dass man aus dem blossen Erzählen IRGENDWELCHER Werdegänge oder Einzelbiographien bereits die relevanten Kategorien zu ihrem Verständnis erschliesst – auch wenn viel wissen, viel gesehen und erfahren haben, vor allem solches, das querliegt zu den norm-konformen Abläufen, Ansätze dafür bietet.
Ein Kategorien-erschliessendes Erzählen, ein Kategorien-Veranachaulichen durch exemplarische Fall-Geschichten, wäre so etwas wie eine Vorlesung in Experimentalphysik für die Naturwissenschaft. Von diesen Graden an Fortgeschrittenheit ist das Begreifen individueller Werdegänge (und ihres geselslchaftlichen Verbunds) derzeit unendlich weit entfernt. Die Frage ist, ob man in diese Richtung Verstehens.Bedarf hat. Das setzt aber voraus, dass man Geschichte und die geschichten, aus denen sie sich zusammensetzt, nicht einfach abtut und am liebsten, Blick nach vorn!, vergisst. Wer vergisst, wird nicht begreifen, und wo nichts begriffen ist, wird wiederholt. Nicht genau SO – aber so ähnlich – schon worin „Ähnliches“ bestünde, ist Sache der Bildung eines Begriffs, und seiner Konsequenzen. (Etwa: des Begriffs „Staatssozialismus“ – es gibt also auch einen anderen (oder mittlerweile sogar 12 Kommunismen, Sozialismen); welche Probleme hat DER dann zu lösen, wenn ers nicht mit staatlicher Macht verucht usw. also das, was wir hier mühsam entwickeln…)
Die heutigen generationen sind äusserst heterogen. Viele junge Leute wünschen sich Antworten auf ihre Fragen von Teilnehmern der 70er Jahre Bewegungen, bisweilen kommen sie ja auch hier vorbei. Ihre Fragen sind nicht bloss subjektiv – es sind die Fragen, die sich beim gegenwärtig erreichten historisch erreichten Stand allen Linken, quer durch alle Altersgruppen, stellen. Das Bestürzende ist, dass sie mit dem vorhandenen Material derzeit nicht beantwortbar zu sein scheinen.
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Ich möchte, um nicht zu ausführlich zu werden, nur folgendes anmerken:
1. Auf der von dir so genannten „subjektiven“ Ebene finden unter Umständen Entwicklungen (über „Generationen“ und lange Fristen weg) statt, die am Ende gesellschaftlich drastisch zu Buche schlagen.
2. Wer sagt, dass „Generationen“ sich nicht in ganz unterschiedliche Gruppen aufspalten? Die, etwa, mit solchen „objektiven“ Angeboten wie der PC- oder Internet-Technologie ganz unterschiedlich umgehen? (Es waren ja zB in den 70er Jahren keineswegs alle K-Grüppler oder auch nur Linke… Obwohl das „Angebot“ allen offenstand…)
3. Wer sagt, dass „Lernen“ auf „Nachahmen“ hinausläuft? Viele Eltern hätten das gern, betonen auch unter Umständen irgendeine Lehre, die sie zugunsten des Nachwuchses aus ihrer eigenen Lebenserfahrung ziehen. Wie eigenartig, dass die Nachkommen solcher Leute sehr oft etwas ganz anderes werden und wollen, als zu wünschen und erwarten war. (Oder… wurde es auf vertrackte Weise dann doch wieder herbeigeführt?)
4. Es ist unproduktiv, solche Fragen zu stellen? – Nun, Wal – mit den Folgen der Nicht-Beantwortbarkeit schlagen wir uns hier herum: Jeder – schon hier – weiss was andres, hat dies oder das gelernt, soundso verarbeitet, denundden begrifflichen Horizont… Das lässt schon die Linken nicht zusammenkommen… dem Rest der Gesellschaft gehts nicht anders. Ich kenne niemand unter Nicht-Linken, der nicht GENAU DIES zum Thema macht: „Wir können uns schon unter Nachbarn, in der Familie, unter Freunden, Kollegen nicht einigen, alle um mich herum haben so andre Einschätzungen als ich, bewerten anders als ich,.. Wie sollen wir je zusammen planen?“
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renee, Wal, das Lehrergehabe usw ist, wie ich glaube, nur Ausdruck. Ich fürchte, das Motiv dahinter ist ganz eng gebunden an eine bestimmte Beschaffenheit der auf die Weise vertretenen Auffassungen selbst, die sie auf politischem Gebiet zu einem Pendant dessen machen, was auf dem Gebiet des Verhältnisses zu Welt und Wissen von ihr religiöse Denkgebilde im weitesten Sinne sind. Aber das ist vielleicht Anlass für eine neue Abteilung (2) meiner „Thesen und Bemerkungen“.
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Zwischenbemerkung 4:
Über Bedürfnisse Teil 1
„Voll-Automatisierung“ erschien am Anfang der Untersuchungen in diesem Blog als Hauptziel der gesamten Industrie-Geschichte, genauer: der speziell „industriellen“ technologischen Strategie. Von der ist eigentlich die ganze Zeit die Rede – die Zwischenbemerkungen umkreisen das Thema bloss in etwas grösserem Abstand und stellen es in Zusammenhänge.
In der vorhergehenden Zwischenbemerkung 3 tauchte auf einmal ein neues Ziel auf, das scheinbar gleichberechtigt neben die Voll-Automatisierung trat – Beherrschung der Natur, vorweg unserer eigenen, nach dem Vorbild des „Beherrschens“ einer Technologie – mit einigen charakteristischen Einschränkungen. Die Überwindung dieser Einschränkungen, die „Technisierung des Natürlichen“ (vorweg unseres Organismus), schien mit ihrem Gegenstück, dem Natur-ähnlich-Werden, der „Naturalisierung“ des Technischen, einen gemeinsamen Konvergenzpunkt zu besitzen. Der sollte ausgezeichnet sein durch zwei scheinbar sich widersprechende Eigenschaften: Selbsterhaltend sein einerseits, das aber in beliebigen Umgebungen, also maximal lernfähig und flexibel sein andererseits. Genau das aber sind die Eigenschaften, durch die WIR uns von allem, sei es technisch, sei es natürlich, bislang unterscheiden.
Das Konvergenz-Ideal scheint also, kurz gesagt, darauf angelegt, „uns“, vor allem unter dem Gesichtspunkt „unserer“ Wirkmöglichkeiten (Fähigkeiten), in die Welt hinein auszudehnen. Bei diesem Gedanken kam aber ein zweiter, seltsam entgegenstehender Zug von uns in den Blick: Unsre Bedürfnisse. Die kamen vor als BEDARF – Notwendigkeiten, Anforderungen, die erfüllt sein mussten, damit wir überhaupt dasind, mehr werden, in dieser Zahl erhalten bleiben. Dieser Bedarf spaltete sich aber auch gleich auf: in VERSPÜRTEN Bedarf, die körperlichen Bedürfnisse, die uns oft genug ärgerlicherweise in die Quere kommen, wo wir hartnäckig Ziele verfolgen; und: als GEWUSSTE, da gings vor allem um (spätestens aus der medizinischen Forschung) bekannte Bedingungen des Erhalts unserer Gesundheit – mehr oder weniger ähnlich hinderlich, ärgerlich, genuss-bremsend, oft nur auf drastische Experten-Warnungen hin „prophylaktisch“ berücksichtigt. Als drittes „Bedarfs“-Moment schliesslich kommen hinzu die ebenfalls GEWUSSTEN, uns bedrohenden Schadeinwirkungen, die uns entweder verletzen und handlungsunfähig machen, oder, schlimm genug, unmittelbar unangenehme nnd leidvolle Empfindungen aufzwingen, schliesslich auf längere oder kürzere Fristen bekanntermassen krankmachende Wirkungen zeitigen, sodass wir sie, wenn wir ihnen nicht einfach aus dem Weg gehen können, ausschalten und in ihrer Wirksamkeit schwächen oder neutralisieren müssen. All das wiederum kann sich als Nebenwirkung unseres eigenen Tuns einstellen, sodass wir auch da uns vorsehen und sichern müssen.
Es ist nicht leicht zu sagen, wo das Feld der bekanntermassen („gewusst“) zu beachtenden, Bedarfs-relevanten Umstände endet und in gänzlich Indifferentes übergeht, das bestenfalls spielerisch gehandhabt wird und für unsere Neugier von Interesse ist, ohne in unserm Leben einen Unterschied zu machen. Denn vor das Bedarfs-realisierende Handeln tritt das So-Handeln-KÖNNEN: Ausweiten unserer Kontrollfähigkeit bzgl unserer Umgebung, wo es sich anbietet, ist somit das bedarfs-gerechteste überhaupt. Andererseits wissen wir oft noch garnicht, wofür eine bestimmte Erweiterung unseres prinzipiellen Könnens gut ist; meist steht soviel Arbeit in Bedarfs-Hinsichten an, dass wir lang brauchen, bis „reines“, also technisches Können zu erweitern unsere wichtigste Strategie wird, um uns eine rundum Bedarfs-gerechte Umgebung zu schaffen. (Das läuft wohl auf den Gedanken der Vollautomatisierung hinaus…)
Das „gefühlte“ oder verspürte Pendant der gewussten Bedarfsanforderungen ist die SORGE, in die sie uns versetzen, und von der es viele Abstufungen gibt, von der schrillsten Steigerung in Gestalt von PANIK bis hinunter zur SORGFALT und Umsicht, mit der wir uns in den uns bekannten Gefahrdrohungen der Umgebung einrichten und ihnen begegnen.
Der Vielfalt der gewussten Bedarfsinhalte tritt also diese höchst eindimensionale Gefühls-Mass-Skala gegenüber.
Genau so verhält es sich freilich bei ihrem Gegenstück, den gefühlten oder verspürten Bedürfnissen: So vielfältig sie sind, so einfach ist die Gewissheit: dass wir SIE zu beachten haben, und nicht allzulang missachten dürfen, wenn wir uns erhalten, uns REPRODUZIEREN wollen. Es gehört nicht viel medizinisches Wissen dazu, um zu sagen: dass Leiden an der Missachtung dieser Bedürfnisse auf Dauer uns krankmacht und zuletzt umbringt.
Auf eigenartige Weise aber sind Sorge und Bedürfnis, Bedarf und Wunsch verbunden: Allein die Verbindung von stark sich fühlbar machender, aber nicht stillbarer Bedürftigkeit und Krankheit, Einbusse an Handlungsfähigkeit, macht (künftige) „Bedürfnisbefriedigung“ zum wichtigsten (Vor)Sorgeinhalt. Wichtiger als das kann uns eigentlich nur noch die Abwehr von noch unmittelbareren Gefahren sein, solche, die unsern Körper unmittelbar beschädigen, verletzen, vergiften oder uns umbringen. Dafür kann Bedürfnis-Befriedigung schon einmal aufgeschoben werden. Aber nicht auf Dauer. Sonst treiben wir Pest mit Cholera aus. Der Weg bis zur vollen Bedürfnis-Missachtung und dadurch erzeugten Krankheit ist aber ein längerer, und je leichter die Verzichte zu ertragen sind, desto diskreter sind die Folgen. Die Erträglichkeit von Entbehrung und Verzicht zu steigern, die Spürbarkeit der Folgen herabzusetzen, dazu dienen uns Drogen (wenn wir welche kennen); davon gibt es auch körpereigene, der ganze Apparat der Stress- oder Angst-Anpasung ist ein Reserven-Mobilisierungs-System, mit „kompensatorischen“ und dann durchaus physiologischen Bedürfnissen.
Das „Dringende“, die Stärke der Bedürfnisse scheint also vor allem mit VOR-Dringlichkeit zu tun zu haben: Wir „verzichten“ auf die nachrangigen Bedürfnisse, verschieben die Befriedigung (nehmen spätere Drang-Steigerungen oder kompensatorische Qualitäts-Änderungen inkauf), um Handlungsweisen zu ermöglichen, die die vorrangigen Bedürftigkeiten und (Drang)Bedürtfnisse, auch vordringliche Sorgen (Ängste) zu befriedigen bzw beseitigen imstand sind.
Dabei ergibt sich eine grobe Gliederung nach „(Kurz- oder Lang)Fristigkeit“ des Auftretens bzw. Spürbarseins und -werdens, damit zugleich aber auch der Vordringlichkeit:
Störungen unseres Wohlbefindens…
– exogen als mehr oder weniger starke Abweichungen von den äusseren Normalbedingungen dafür („Homöostase“) oder
– endogen als „abnorme“, nämlich „Krankheits-anzeigende“ Drangzustände und Handlungsspielraum-Einbussen,
… überlagern „kurzfristig“ den normalen „mittelfristigen“ Aktivitätszyklus aus Aktivitäts- und Ruhebedürfnissen. Letztere können dann missachtet, ihre Befriedigung aufgeschoben werden, um den ganz kurzfristigen Bedarf abzustellen – er ist ja normalerweise garnicht da.
Den kurzfristigen Bedürfnissen ebenbürtig an die Seite tritt die gewusste, befürchtete Vorwegnahme ihres Auftretens, als Sorge und Angst, aber auch als Hoffnungs- und Euphorie-Antriebe, wenn wir deutliche Chancen einer dauerhaften Entlastung sehen, die die vorübergehende Anstrengung LOHNT, gesteigert auch zu Ärger und Ungeduld angesichts von (dafür gehaltenen) Verzögerungen, schliesslich Enttäuschung und Depression, angesichts von (so beurteilten) Rückschlägen und Reduktionen der Ausmasse von Chancen.
Diese Erwartungs-geleiteten „Antriebe“ und Antriebseinbussen („Erwartungsaffekte“) konkurrieren, ebenso wie die „kompensatorischen“ und Suchtbedürfnisse, zusammen mit den exo- und endogenen Drang- und Mangel-Zuständen um unsere Verzichts- und Einsatzbereitschaft auf kürzere und mittlere Frist – so veranlassen sie Aufschübe und diskrete oder eklatante Missachtung der zyklisch (va. über den Tag hinweg) veränderlichen Zustände unserer „leiblichen“ (Hunger/Durst usw), speziell unserer „Aktivitäts-“ und „Erholungs-Bedürfnisse“. „Auf Dauer“ macht sich diese Missachtung bemerkbar als langsam anwachsender „Drang“, sie zu unterlassen, das unterdrückte Bedürfnis steigert sich zunehmend zu akuter Bedürftigkeit, und es bedarf starker Drang-Intensitäten der zuvor genannten Arten, um diesen wachsenden Drang in Schach zu halten. Leichtere Belastungen der Aktivitäts- und Einsatzbereitschaft hingegen wirken sich aus in Gestalt kompensatorischer Bedürfnisse, zu denen am Ende auch etwas wie gesteigerte „Reizbarkeit“ gehört, oder der „Drang nach Abwechslung“. Mit diesem letzteren ist endgültig eine weitere Bedürfnis-Zeitzone erschlossen: Jene, in der „blosse“ Wiederholungen von Befriedigungen sich abnutzen, und erst nach längeren Fristen erneut ihre (besonders) befriedigende Qualität entfalten: Diese Qualität und Fristigkeits-Dimension wird üblicherweise mit etwas wie „Appetit“, „Lust haben auf…“ verbunden. Aber auch das genau Entgegengesetzte kommt vor: Gewohnheitsbildung. Womöglich beides kombiniert: Abwechslung im Rahmen des Gewohnten und gut Gekonnten; was man im Erfolgsfall mit dem Namen ALLTAG bezeichnet. (Etwas sehr schönes, das mir leider vollkommen abgeht, vgl, „franziskas kommunistischer Ausnahmezustand (=Nicht-Alltag)“ unten in diesem Blog…)
Die Formen- und „Reiz“-Vielfalt (oder umgekehrt ihre Beschränkung, in gewissem Mass), die wir zur Befriedigung dieser Bedürfnis-Dimension (sofern sie auftritt) benötigen, variiert in weiten Grenzen – bis hin zu jenem Bedürfnis, durch das alle diese Grenzen irgendwann gesprengt werden, und das NEUGIER heisst (seine Nicht-Befriedigtheit aber Langeweile, Sinnlosigkeit, Stagnation).
(Die Formen der Detail-Bedürfnisse im Zusammenhang mit Neugier bzw. der Organisation unserer Aufmerksamkeits-Spielräume werden in §27ff. dieses Textes betrachtet. Ich möchte später auf diese Bedürfnis-Abteilung in einem „Teil 2“ zurückommen… Nachdem mir der Zusammenhang von „technologischer Strategie“ und „Wissenserwerbsregel“ klarer ist…)
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Es kann sein, dass mir noch ein paar Anmerkungen zum Text einfallen, die ich dann hier unten anfügen werde.
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Gewaltige Aufgabe – genau so sehe ich das auch. Die Hauptpointe, auf die ich hinauswill, steckt in den „Aufmerksamkeits-Organisations-“ oder „Neugier“-Bedürfnissen. Zur Langeweile fähig zu sein, wurde von manchen Philosophen (ich glaube, Schopenhauer) für DAS Personalitäts-Kriterium und Alleinstellungsmerkmal „des Menschen“ (als Person, vernünftig usw) schlechthin gehalten. Die hatten wohl ähnliches im Blick.
Die andern Bedürfnisse – das wäre noch zu zeigen – stehen in Beziehung zu den vormodernen Wissensverarbeitungs-Strategien (religiös, vorreligiös), die nicht im geringsten überholt sind, sondern im Alltag der übergrossen Mehrheit aller heute Lebenden, wie ich behaupte, allgegenwärtig sind.
Aber wenn die Neugier-Bedürfnisse quasi unsre (besondere) Natur ausmachen – dann ergibt sich von da aus womöglich auch eine Perspektive auf unsere Stellung in der Gesamtnatur (warum endet die Evolution mit einem Wesen, das solche Bedürfnisse bzw. Dispositionen zu unbeschränktem Lernen hat?)
Und… anhand der von ihnen missachteten Bedürfnisse erschliessen sich womöglich die mangelhaften Weisen des Wissenserwerbs – als „kulturelle“ Formationen, die immer schon über die Neugier der Einzelnen und ihre Lebenssituation hinausgehend nützlich zu Wissendes und praktisch zu Verwertendes kennen. Und damit auch Wichtigeres als ein gelungenes Leben (ein Ziel, das sie nichtsdestotrotz allesamt ständig verfolgen, bloss eben als ENDziel, dem sovieles als Mittel vorauszugehen hat, dass es nie erreicht wird).
Ein riesiger Fortschritt in der Betrachtungsweise wäre erreicht, wenn die Art, wie man arbeitet, als ebenbürtiger Bedürfnisinhalt neben anderen anerkannt würde.
Als Hinweis: Bei Neoprene drüben erwägt Mattis die Notwendigkeit, im Kommunismus Zwang auszuüben, anhand von Beispielen, bei denen Leute von Tätigkeiten, denen sie gern nachgehen würden, ausgeschlossen werden. Der Zweck verlangt es! (und die Überzeugungen von Mehrheiten oder gar „Leitungsgremien“, worin das Zweckmässige besteht… Die alten Widersprüche bleiben also bestehen, (Vor)Sorge soll auf Kosten von Bedürfnis und Wunsch gehen. Gibts da keine Versöhnung? Oder erst die bekannte im kommunistischen Schlaraffenland mit den überfliessenden Springquellen des Reichtums… (der Vollautomatisierung, der Befreiung von der vermaledeiten „Notwendigkeit“)?
Das sind die Vorurteile, gegen die ich hier und im folgenden zu argumentieren versuche…
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Thesen und Bemerkungen (2)
Dies ist eine Reaktion auf Wals Antwort an mich im thread Wer ist heute links?
Ich schreibe es hier, weil nach Wals eigener Einschätzung meine Fragestellungen den Rahmen des Forums überschreiten. Zugleich zeigt der Text quasi als Anhang zur „Zwichenbemerkung über Bedürfnisse“, in welchen argumentativen Zusammenhang die Betrachtungen über Bedürfnisse gehören, und was womöglich aus ihnen abgeleitet werden soll.
Es schaut in deiner Wiedergabe erstmal so aus, Wal, als seien die sog. Milieus bei aller Auflösungs- und Individualisierungstendenz eben DOCH sowas wie die alten „traditionellen“ Weltanschauungs-Sozialmilieus etwa der Weimarer Zeit: Arbeiter, Katholiken. Es sollen gesellschaftliche Teilgruppen sein, bei denen soziale Lage innerhalb einer Schicht-Skala relativ hoch korreliert mit Werten einer Art „Progredienz“-Skala. Grob gesagt, hiesse „Korrelieren“, dass in den „Überlappungszonen“ deutlich weniger Punkte liegen als in den „Milieu“-Zonen des Diagramms. Ansonsten sind die Grenzziehungen kreative Konstrukte der Soziologen, und sie sind in vielen Hinsichten banal und alltags-(vor)urteils-nahe genug, um eben den offenbar massenhaft auf diese Daten zugreifenden Kunden plausibel zu erscheinen (ähnlich gelagert sind gewisse Intelligenz- und Persönlichkeitstest-Verfahren in der Psychologie, wissenschaftlich hoch umstritten, dafür vom Publikum (meist Unternehmen) gern genutzt).
Dein zentraler Gedanke beim Aufgreifen dieser Sinus-Milieus scheint zu sein: Da ist gesellschaftlich doch schon eine beachtliche Homogenisierung erreicht (Zweifel daran äusserst du allerdings auch: es gibt wohl noch mehr Milieus, so dein Verdacht, ausserdem: Individualisierung und Milieu-Auflösung starke Tendenz). Aber zumimdest im Rahmen der grossen Gemeinsamkeit „Lohnarbeiter“ könten diese Gruppen sich doch zusammenfinden. Genauer – sie könnten bemerken, dass sie sich politisch eigentlich doch längst mehrheitlich im linken oberen Quadranten des Links/libertären Diagramms bewegen, und in aller Vielfalt zu einem gemeinsamen politischen Handeln, dann als „politische Klasse“, finden. Die Linken aber (quasi als der „bewussteste Teil“ dieser Klasse) verhilft ihnen zu diesem Bewusstsein, und dazu, ihren wechselseitigen Ausschluss oder gar Abschottung gegeneinander (Ghettoisierung) aufzugeben.
Genau da sind die strittigen Punkte der Debatten lokalisiert, die äusserst heftig bei Neoprene (etwa in den von mir im letzten Beitrag verlinkten threads) geführt werden.
In dieser Debatte stehen diejenigen, die eine PRIMÄR (von Anfang an, in allen Hinsichten) gesellschaftsweite eigentumsfreie Reproduktion anstreben, anderen gegenüber, die teils regionale Stufen der Planung vorsehen (wobei die jeweils gewünschten Grössen der regionalen Reproduktionseinheiten oder ihre Untergliederung in wiederum selbständige Untergruppen stark variieren), teils dies auch noch mit Phasen-Modellen, also einer zeitlichen Entwicklung, einem Aufbau der Planungsstufen mit grösserer Reichweite verbinden.
Hinter dem „Aufbau“-Konzept steckt eine Analyse, die besagt, dass alle Teilnehmer eines eigentumsfrei sich reproduzierenden Kollektivs auch tatsächlich für sich den Eigentümer-Standpunkt überwunden haben müssen. Sollten sie das getan haben, sehen sie sich unmittelbar mit dem im Kapitalismus nur illusionär (über Preise und Konkurrenz von Privatbesitzern an Produktionsmitteln und Arbeitskraft) und dem Schein nach gelösten Steuerungsproblem im Zusammenhang mit geplanter arbeitsteiliger Produktion konfrontiert. Auch hier scheiden sich wieder die Standpunkte: Die Befürworter einer starken Kontrollfähigkeit ALLER Beteiligter fordern eine kleine, überschaubare Grösse der kleinsten Einheiten und später ihrer Zusammenschlüsse. Noch weiter wiederum geht diejenige Teil-Gruppe unter diesen letzteren, die die „überschaubare“ Grösse bereits ERZWUNGEN sehen durch die völlig neuartige Produktionsweise, die aufgebaut werden muss, wenn ökologische Anforderungen tatsächlich in der Reproduktion der Gesellschaft berücksichtigt werden: Naturnahe Nahrungsmittelerzeugung erfordert strikte Dezentralität des Lebens und Wohnens, damit auch Regionalität der Produktion von Energie und Arbeitsmitteln (auch zur Verringerung von Transportaufwänden) – also einen komplett neue technologische „Architektur“ (oder eben: Strategie). Und noch einen Schritt weiter geht erneut eine Teilgruppe unter diesen, die behauptet: Eine an tatsächlich be- und geachteten menschlichen Bedürfnissen (vor allem Bedürfnissen der Aufmerksamkeitsorganisation: der Nicht-Langeweile, Nicht-Überfordertheit durch Beschleunigung, des Nicht-Absehens von eigenen Wissens-Interessen und eigenem Verstehens-Bedarf) orientierte kollektive Reproduktion MUSS in dieser dezentralen Weise starten, aber alle andern Anforderungen KÖNNEN auch bloss erfüllt werden (und WERDEN es auch), wenn diese Bedürfnisgerechtheit das Fundament des Aufbaus enier Reproduktiomn bildet.
Dieser Aufbau ist im Rahmen einer kapitalistischen Umgebung in der dort zugestandenen Privatsphäre möglich und nötig.
Eine Linke (aber auch nur sie), die ihre eigene Reproduktion auf diese Weise aufbaut, verkörpert ein nachmodernes (die Errungenschaften der Moderne weit überbietende) Verhältnis zu Welt und Person (Selbst, Gesellschaft). Sie ist imstand, durch die ihr eigenen Lerndispositionen stufenweise das Gefälle der je unterschiedlich weit fortgeschrittenen Gruppen der Restgesellschaft (beginnend bei den je nächst-stehenden) zu überwinden und der Rest-Gesellschaft frei von Zwang den Übergang in diese Lebensform zu bahnen. Damit übrigens auch allen Nachwachsenden: Entscheidende Bedingung, um diesen kulturell errungenen zivilisatorischen Epochen-Fortschritt ins Leben jedes Einzelnen gelangen zu lassen. (Und das ist auch schon eine der grossen Errungenschaften dieser neuen Epoche.)
Es sind grosse Worte: nachmodern, Epoche. Aber „gross“ erscheint das alles immer auf dem Hintergrund früherer Epochenprojekte mit „gesellschaftlicher“ Dimension. Die Errungenschaft des neuen Epochenprojekts besteht aber gerade darin, nichts „gesellschaftliches“ mehr zuzulassen, das nicht (abgesehen von wirklich indifferenten Unterschieden) im Leben eines JEDEN seinen Platz hat. Der „gesellschaftliche“ Fortschritt findet ausschliesslich im Einzelleben, ja sogar in der Lebensführung und Lebenseinrichtung von Tag zu Tag, statt. – Wird das Einzelleben ins Zentrum der Planung gestellt, sind Ökologie, Kontroll-, Steuerungs-, Konsens-Fähigkeit, Eigentumsfreiheit und Vermittelbarkeit an Andersdenkende bzw. Tradierbarkeit an Nachwachsende bis hin zum Masstab einer weltweiten Gemeinschaft gesichert. Und anders herum eben nicht.
Also nicht bin ich für Eigentumsfreiheit, und DARUM notgedrungen oder auch automatisch für all das andre. Es ist umgekehrt: WEIL ich (und alle meinesgleichen) Bedürfnisse anerkenne, achte und beachte, sind ökologische, selbstbestimmte, überschaubare, im Konsens gesellschaftlich eigentumsfrei geplante Reproduktionsweisen die Folge – solche, die obendrein auch noch Ausgangspunkte liefern für das Verständnis aller von ihnen abweichenden, hinter sie zurückfallenden (obwohl soviel anspruchsvoller erscheinenden) Standpunkte – damit auch Ansätze für die Vermittlung der neuen Lebensform an je Nächststehende (und mit denen zusammen wiederum an die Nächststehenden unter den Verbliebenen…).
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Welches theoretische (Re)Produktions-Modell passt zur aktuellen industriell-kapitalistisch betriebenen Wirtschaftsweise?
In vielen meiner Forums-Beiträge seit dem letzten Blog-Artikel hat sich der Fokus auf ökonomische Themen verlagert. Was ich dazu systematisch und im Zusammenhang zu sagen hätte, baut auf Inhalten wie jenen auf, die im Blog bislang schon zur Sprache kamen (Automatisierung, Industrie usw). Umgekehrt ist es aber auch wichtig, sich Klarheit darüber zu verschaffen, welchen Einfluss die ökonomische und politische Form der Vergesellschaftung auf jene technologischen Strategien (die „industriellen“) ausüben, deren Darstellung ich hier seit langem ankündige und immer wieder hinausschiebe. Dabei ergeben sich vielleicht sogar Vorstellungen davon, wie jene theoretische Lücke zu füllen ist, die – wie schon öfter angesprochen – ich in Marx‘ „historisch-materialistischer“ Arbeitshypothese zum (Epochen-untergliederten) Verhältnis der historischen Fortschritte von Technik (bzw. Produktivkräften) und je umgesetzten Vergesellschaftungsentwürfen (Produktionsverhältnissen) bemerkt habe.
((Ich unterscheide somit, ähnlich wie Marx:
a) die Art, wie die hocharbeitsteilige aktuelle industrielle Produktion (oder eine ihrer historischen Vorstufen) gesellschaftlich eingerichtet wird („Produktionsverhältnisse“), also ihre ökonomischen Form – zB mit Eigentum, verallgemeinerter Warenproduktion für den Markt, Geld, Preisen, Lohnarbeit usw), und
b) die dieser Form zugrundeliegende oder durch sie und in ihr organisierte Art, die vorhandenen Produktionen (Produktionsfaktoren, Produktionsoptionen: „produktivkräfte“) technisch sinnvoll miteinander zu verknüpfen und sie dabei optimal zu nutzen und produktiver zu machen: Welche Art Betriebe (hier verstanden als Produktionsstätten) beliefert welche anderen – wie ist, ganz allgemein, die Struktur dieser Produktflüsse zu beschreiben, die – etwa – im Kapitalismus zugleich durch Käufe und Verkäufe, Geldflüsse, Investitionen usw vermittelt wird (rein technisch gesehen ist das ja nicht nötig, es könnte auch durch Absprache und im Konsens vereinbarte Lieferbeziehungen gehen).
Diese Verknüpfungsweise b) ist Gegenstand dessen, ws ich im Titel dieses Beitrags das „theoretische (Re)Produktionsmodell“ nenne. Es wird gleich deutlicher werden, welche verschiedenen solche Modelle bzw Verknüpfungsweisen es (in einer historischen Abfolge) (mindestens) geben könnte.))
Das derzeit herrschende und mit modernem Stand der Technologie assoziierte Produktionsverhältnis ist der Kapitalismus, national politisch organisiert im bürgerlichen Staat, international als („imperialistische“) Konkurrenz dieser Staaten, beides mehr oder weniger nachvollzogen und unterstützt von der Masse der Bevölkerungen dieser Staaten.
In meinen aktuellsten Beiträgen, bevor ich mit diesem Artikel angefangen habe, mache ich für diesen Nachvollzug und diese Unterstützung des „Systems“, in dem die Leute leben, etwas verantwortlich, das weit jenseits aller ideologischen Rechtfertigungsversuche liegt, und das sich umschreiben lässt als: frei und Eigentümer wenigstens seiner Arbeitskraft sein wollen. Diese Einstellung ist stark genug, um ohne Rechtfertigungen des „Systems“ (Marktwirtschaft, Kapitalismus) auszukommen, das entsteht, wenn sie massenhaft, bei gesellschaftsweit modern-arbeitsteiliger (Re)Produktion, eingenommen wird. Die Rechtfertigungen lassen sich die Träger dieser Einstellung allenfalls gefallen als Weisen, nachträglich das zu begründen und als vernünftig zu erweisen, was man (ohne davon zu wissen) längst selbst für richtig und vernünftig erachtet. Diese Einstellung ist somit auch so stark und selbstgenügsam, dass sie den sichtlichen Zusammenbruch aller Begründungs- und Rechtfertigungsversuche überstehen würde – das eigentliche Motiv, für Kapitalismus und Eigentum zu sein, wird davon nicht berührt. Kapitalismus ist nicht abhängig von seiner Legitimation.
Es ist vielmehr eine winzige Minderheit, fast so winzig wie die linke, die von solchen positiven Theorien und Zuschreibungen ihre Zustimmung zum Kapitalismus abhängig macht und diese damit begründet.
Daraus ergeben sich zwei Fragen.
Die eine ist: Wenn die Zustimmung der Massen, ihre Parteinahme für Kapitalismus, nicht aus theoretischen Einschätzungen oder einem falschen „Schein der Verhältnisse“ erwächst, der solche Einschätzungen nahelegt (dass es auch dieser Schein nicht ist, müsste freilich noch gezeigt werden) – woraus speist sie sich dann?
Die andre: Wenn nur so wenige von Theorien hinsichtlich der Art und Weise, wie Kapitalismus „funktioniert“, sie mögen falsch oder richtig sein, abhängig machen – warum sollten „Linke“ sich mit solchen Theorien überhaupt abgeben – welchen Nutzen haben die für die von der Linken (immer im radikalen Sinn: Befürwortung gesellschaftsweit eigentumsfreier Vergesellschaftung bei Produktion auf mindestens modernen Grundlagen) angestrebte „Emanzipation“?
Daran schliesst sich gleich eine dritte Frage an: Warum sind eigentlich Linke links, und nicht wie die andern? Wie kommen SIE denn zu ihrem Standpunkt – aufgrund einer jenseits aller Theorie liegenden Einstellung, wie die Massen – oder aufgrund einer anderen, wenn auch subtileren theoretischen Einsicht, als sie bei den ökonomischen Ideologen des Kapitalismus zu finden ist?
Von all dem wird wohl zu reden sein.
Beginnen möchte ich hier aber mit ein paar Betrachtungen darüber, wie Kapitalismus aus meiner Warte faktisch funktioniert, bzw. was er eigentlich IST.
Ich halte, wie aus meinen Äusserungen im thread über die Arbeitswerttheorie AWT hervorgeht, die Marxsche Theorie für verkehrt*). Das finde ich schlimm, weil es die Linke auf den Zustand vor Marx und seine nicht unerheblichen Anstrengungen, den Kapitalismus zu begreifen, zurückwirft. Es ist für mich ein äusserst wichtiger Ausgangspunkt für meine eigenen Überlegungen herauszufinden, wie und warum die Marxsche Darstellung so sehr einleuchten konnte. (Man kann dieselbe Frage natürlich für die nach meiner Einschätzung nicht minder falschen „bürgerlichen“ Theorien stellen.)
*) Allerdings auch wieder nicht GANZ verkehrt. Ich sehe Marx als unvollkommenen Vertreter einer von mir so genannten „Reproduktionskosten-Theorie“ des Werts und der Preise – angemessen abgewandelt, kann die Marxsche Theorie also sehr wohl wieder ins Rennen geschickt werden (und, ganz nebenbei, die Kritik an der Ausbeutung theoretisch gerechtfertigt werden). Was dann theoretisch weiter passiert, möchte ich hier demnächst zeigen…
Dazu will ich kurz betrachten, welche ganz einfachen Sachverhalte jeder ökonomischen Kapitalismus-Theorie vorausgesetzt sind:
Die Elemente einer gesellschaftsweit, auf die gesamte Bevölkerung sich erstreckenden und sie einbeziehenden modern-arbeitsteiligen Produktion sind im Eigentum Einzelner: Die jeweiligen Eigentümer sind im Rahmen der geltenden Rechtsordnung (die zB die Veräusserung des Eigentums reguliert, zB „endgültigen“ Verkauf „ein für allemal“ der Verfügungsberechtigung über die eigene Arbeitskraft verbietet) ausschliesslich verfügungsberechtigt darüber. Dieses ihr Eigentum behandeln sie – und falls sie es nicht wollen, sind sie dazu gezwungen – als Mittel ihres Lebensunterhaltes und Quelle aller Güter für weitergehende Ansprüche. Dazu muss dies Eigentum seinerseits eine Quelle von im Gesamt des gesellschaftlichen Reproduktions- und Fortschrittsprozesses nutzbaren Gütern sein und somit (dauerhaft oder immer wieder neu) irgendeine Stelle in diesem Prozess besetzen. Obwohl der Prozess, um nicht zu entgleisen, darauf angewiesen ist, dass unzählige produktive Einzelhandlungen aufeinander abgestimmt werden und koordiniert werden müssen, um nicht unzweckmässig oder sinnlos zu werden, treffen die Eigentümer (jenseits des allgemeinen Rechts-Rahmens, der freilich allerhand Koordinierungen zwischen ihnen „regulierend“ vorab erzwingt) keinerlei Absprachen. In der Kette von Produzenten, in der sie versuchen ein Glied zu sein, „kennen“ sie bestenfalls die Verkäufer der Güter, die sie zur Erneuerung ihres eigenen Geschäfts brauchen, und die Käufer dessen,, was sie anzubieten haben. In ihrer eigenen Bilanz finden alle Eigentümer eine unerlässliche Schranke für den Weiterbetrieb ihrer Erwerbsquelle in Gestalt der Notwendigkeit, das von ihnen abgesetzte Gut zum Eintauschen derjenigen Güter zu benutzen, die Bedingungen von dessen Reproduktion sind (der „Produktionsfaktoren“). Was es seinen Lieferanten ebenso wie seinen „Kunden“ bzw. Abnehmern seines Angebotes erlaubt, ihrerseits den Vorgang zu wiederholen, ist einem solchen Eigentümer nicht klar – bloss eine ganz allgemeine Bedingung dafür lässt sich festhalten: In irgendeiner Weise muss eine geschlossene Kette von Stationen der gleichen Art wie seine, wie auch immer sich verzweigend, von den Abnehmern seines Produkts zu seinen eigenen Lieferanten führen.
Dieser Zusammenschluss der Abnehmer mit den Lieferanten muss freilich nicht unbedingt ohne seine Beteiligung stattfinden: Er selbst könnte es sein, der von den Abnehmern seines Produkts auch die Güter (oder deren Geldäquivalent) in Empfang nimmt, mit denen seine eigenen Vorproduzenten ihre Stellung ihm gegenüber erneuern können (spätestens, indem sie sich mit dem ihnen gezahlten Betrag das dafür Nötige kaufen).
Der so entstehende Zusammenhang von wechselseitiger Belieferung und Abnahme, also eigentlich geldvermitteltem Güter-Tausch, setzt eine ganz bestimmte Struktur der ihn fundierenden arbeitsteiligen Produktion voraus:
Ein Diagramm, das diese Struktur darstellen würde, hätte ganz allgemein die Form eines vielstrahligen STERNS. Nämlich so:
Irgendwo in der Peripherie des Ganzen gehen Menschen, bewaffnet mit (relativ) einfachem Werkzeug, unmittelbar auf Natur los – auf Feldern, Wiesen, in Wäldern, Ställen, Bergwerken, auf See – und beschaffen Rohmaterialien für die Fertigung von nützlichen Dingen sowie für die Zubereitung oder Konservierung von Lebensmitteln. Von diesen Materialien aus gehen Produktionslinien – über mehr oder weniger viele Fertigungsschritte verlaufen sie zum fertigen Produkt. Dabei können verschiedene Spezialisten hintereinander jeweils einen weiteren Produktions-Schritt ausführen und das unfertige Zwischenprodukt weiterreichen, formell: verkaufen. Von ihrer Stellung her haben sie im wesentlichen EINE Sorte Lieferanten und EINE Sorte Abnehmer. Die letzten in dieser Kette sind die ersten, die wirklich an einem MARKT auftreten (vielleicht sind es sogar Spezialisten dafür: Kaufleute, Händler): Erst jetzt findet, NACH der Produktion, die VERTEILUNG und produktive und individuelle Konsumtion der gefertigten Güter statt. Das von den Verkäufern der Endprodukte Erlöste wird, in Gestalt von Kost und Kaufpreis, nach „rückwärts“ an die Produzenten der Roh- Vor- und Zwischenprodukte verteilt. Im Zentrum des Geschehens steht also ein regionaler, nationaler oder überregionaler MARKT. Auf ihm werden die angebotenen Güter verglichen: Tatsächlich ist „in“ ihnen ein Mass an Arbeit „angehäuft“, das sich, angesichts der Wiederholbarkeit des Vorgangs durch denselben oder konkurrierende Produzenten, die sich neben den schon vorhandenen neu niederlassen, sehr genau bemessen lässt – vor allem auch in Gestalt der Arbeitskräfte und Arbeitszeiten, die in standardisierter Form die nötigen Schritte, sei es als abhängig Beschäftigte, sei es als formell selbständige Spezialhandwerker, ausführen. Als Endprodukt ist etwas charaktersiert, weil es nutzbar ist – charakterisiert DURCH die Art und Weise, wie man es benutzen kann. Mag sein, dass sich in der Spitze der Produktionslinien einiges weiterverarbeiten lässt, so wie auch Abfallprodukte der einzelnen Linien da und dort noch einen Zusatznutzen abwerfen können. Aber die Grundstruktur der Produktion ist doch durch die Linien dieser „Endprodukt“-Fertigung und deren Verteilung im Markt bestimmt. Die Konkurrenz beruht wesentlich auf der Wiederholbarkeit und relativ leichten Imitierbarkeit der einzelnen Gewerke: Monopole, wenn sie nicht durch Privilegien geschützt sind, wären leicht von beinah jedem (mit Kapital ausgestatteten „Investor“, spätestens einer Gruppe solcher) zu durchbrechen. Betriebsgeheimnisse und Rezepte sowie die Verfügung über genau das Stück Natur, das zur Quelle eines benötigten und begehrten Rohstoffs wird, sind die einzigen „Zugangsschranken“, die diese Wirtschaftsweise kennt. Es ist die Welt der mechanisierten Manufakturen der zweiten Phase der Industrialisierung (die erste besteht im Zusammenfassen der Einzelgewerke in einem Betrieb und der Aufrüstung der Einzelarbeitsplätze durch Spezialapparate, die die Arbeit erleichtern also beschleunigen) – und: Es ist die Ökonomie, die Marx im Kapital auf den Begriff gebracht hat:
Arbeit eines wachsenden Heeres von Lohnarbeitern (zunehmend zusammengefasst in Städten), ernährt von einer rationalisierten und ständig ihre Produktivität steigernden Landwirtschaft (die ebenfalls zunehmend von Lohnarbeitern betrieben wird), verausgabt an den Motoren- (damals: Dampfmaschine-) betriebenen Maschinen, zu denen die Apparate der Manufakturperiode hochgerüstet sind – und die allesamt in sorgfältiger Handarbeit von Spezialhandwerkern in genau solchen anderweitig überflüssig gemachten Manufakturen weiter hergestellt werden.
Das Bild ändert sich mit den nächsten Industrialisierungsschritten (vgl. meine abstrakte Darstellung des mir daran wewentlich Erscheinenden im Blog-Beitrag über Industriegeschichte, hier vorzugsweise die Übersicht am Ende): Die Maschinen-Herstellung selbst wird mechanisiert, und das unumgänglich – die schieren Grössenverhältnisse der neuen Riesenaggergate erfordern den Einsatz von übermenschlichen Krafteinsätzen (zB Hochöfen). Das neue Element der „Selbstreferenz“ dehnt sich sukzessive in die gesamte Produktionslandschaft aus – es gibt immer weniger Produktionsmittel, in deren Produktion nicht industriell gefertigte Produktionsmittel eingehen – technische Umschreibung des Sachverhalts, dessen ökonomische Konsequenz im Werktitel von Piero Sraffa ausgedrückt ist: Warenproduktion mittels Waren. – Die Produktionsstruktur durchläuft einige entscheidende Veränderungsschritte:
a) Die Produktionsmittel leisten einen entscheidenden Beitrag zum Zustandekommen des Produkts. Es löst sich nicht mehr „alles in Arbeit“ (und, nebenbei, Natur) auf, sondern in „Arbeit und Produktionsmittel“ (und immer noch, nebenbei, Naturprodukte) – wie weit man auch in der Produktionsstruktur „zurückgeht“.
b) Ihre Dimensionierung bedeutet zunehmend eine Marktzutrittsschranke, ebenso eine Beschränkung der „freien“ Konkurrenz“. Monopole sind schwerer zu durchbrechen, die Industrie, die einziartige Verbilligungen der „Massenprodukte“ ermöglicht, erwirbt sich durch die zum Betrieb ihrer Anlagen nötige Selektion der Wettbewerber (auch durch Fusionen) immer schwerer zu durchschauende und durchbrechende einseitige Vorteile gegenüber den verglichen mit ihr vereinzelten Abnehmern von Massenware (auch den Zuliefererern und Produktionsfaktor-Anbietern, sofern sie geringere Zentralisierungsgrade aufweisen).
c) Produktionsmittel gestalten Arbeit, sie ERSETZEN (lebende durch tote) Arbeit, erzwingen die Konkurrenz der Arbeits- mit Maschinenproduktivität.
d) Die „Jobber“ spalten sich auf in eine komplexe Hierarchie der Kompetenzen, (Weisungs)Befugnisse, Löhne und Gehälter; Forscher, Entwickler, Experten, Verwaltungen, Manager schieben sich zwischen die „alten“ und schnell veraltenden „Klassen“-Zugehörigkeiten, Arbeiter und Unternehmer.
e) Es entstehen zyklische und – durch Einbezug des unaufhörlichen Innovations-Prozesses – „spiralige“ Wirtschaftsstrukturen, die die „linearen“ der frühen Industrialisierungsphase ablösen.
f) Die „selbstreferentiellen“ Zirkel koppeln sich ab von „Zwecken“ und dem „Einkommen“ der Bevölkerung – das hierarchische Verhältnis von Konsumtion und Produktion kehrt sich um, Konsumtion wird tendenziell zu einem Anhängsel und Störfaktor des eigentlichen und innersten Fortschrittszirkels der modern-kapitalistischen Produktion: Produktivitätsfortschritt, Wachstum, Innovation werden Selbstzweck, der Reichtum und sein Wachstum auch in diesem Produktivkraft-Entwicklungssinn „abstrakt“. (Man kann in den 3 Bänden des Marxschen Kapitals (mit den oben genannten Einschränkugen) durchaus einen Versuch sehen, diesen reifen und voll-entwickelten Kapitalismus zu beschreiben – und, spätestens hinsichtlich der Auswirkungen auf die lohnabhängige Masse der Bevölkerung, ist die Beschreibung ja keinesfalls verkehrt (allerdings unvollständig; der bürgerliche Staat und seine Rolle im Ganzen wird dort theoretisch noch wenig erfasst).
g) Produkte sind nicht linear miteinander verknüpft, sondern durch vielfältige Netze von Produkt-Flüssen; die Trennung von Vor- und Endprodukt, Kost und Endpreis schwindet – alle Produkte gehen direkt in sehr viele, spätestens indirekt aber in die Produktion ALLER anderen ein, sind mit sich selbst rückgekoppelt.
h) Für die ökonomische Betrachtung werden Flussgrössen und Kreisläufe wichtig, „Bestandsgrössen“ (erzeugte/verbrauchte Produktsumme in grösseren Zeiteinheiten) verlieren an Aussagekraft: Es macht keinen Sinn, wo ständig Produkte in anderen Produkten „verschwinden“, die erzeugte“Summe“ zu notieren, die davon nach einer bestimmten Frist übrig ist. Über die Konsequenz aus speziell diesem letzten Punkt möchte ich als nächstes nachdenken (den Sinn von Kategorien wie „das gesellschaftliche Gesamtprodukt während eines Jahres“ angesichts dessen, dass Kapital „umschlägt“, erst recht angesichts dessen, dass der „moralische Verschleiss“ im Vergleich zum physischen, ökonomisch als Abschreibung repräsentierten, immer schneller wird). Danach möchte ich, nachdem im thread „Arbeitswerttheorie“ die aus alldem resultierende unmittelbare Kritik der Marxschen Theorie vorgetragen wurde, mehr sagen dazu, welche theoretischen Aussagen stattdessen zum industriell voll entfalteten Kapitalismus zu machen sein könnten.
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Hallo Wal, danke für die freundliche Ermunterung. Wenn die Linke (und ich meine immer die radikale, die Linke im engeren Sinne) sich nicht ums Begreifen der Verhältnisse kümmert – um so schlimmer für sie. In dem Zusammenhang hab ich ja oben drei Fragen aufgeworfen. – In der Anordnung meiner Themen verfolge ich durchaus einen Plan – indem ich versuche, Wege aufzuzeigen, die von den bislang üblichen und eingeführten linken Denkweisen, die zu grossen Teilen aus der marxistischen Tradition (oder einer dieser Traditionen) stammen, überzuleiten zu den Alternativen (Fragestellungen und möglichen Antworten), die ich vorschlage. Das bedeutet – was, spätestens nach kurzem Nachdenken, nicht ganz unerwartet sein sollte – eine Rückkehr zu und Rückgriff auf jene Stellen der linken Theorie-Tradition, wo sich Lücken auftun, oder Ungereimtheiten zeigen. Marx mag widerlegt sein; aber wie muss die Theorie DANN lauten? Schaun wir mal, obs mir gelingt, den Weg zu finden von dem Grundproblem JEDER geldvermittelten modernen Produktionsweise zur Moderne, als einem Weltverhältnis – und jenen Weltverhältnissen, die ihr voraufgehen. Dann ist auch der begriffliche Ort bezeichnet, wo die „industrielle technologische Strategie“ angesiedelt ist. Und am Ende… ergibt sich womöglich die Einsicht, warum die regionalen, radikal kommunalistischen Ansätze in (Re)Produktion und Vergesellschaftung die einzig weiterführenden sind.
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Radikal links oder links im engeren Sinn verwende ich immer gemäss meiner hier schon öfter gegebenen Definition, die oben auch in Klammer nochmals wiederholt wird: Es handelt sich dabei um „Befürwortung gesellschaftsweit eigentumsfreier Vergesellschaftung bei Produktion auf mindestens modernen Grundlagen“. Das Kriterium „modern“ grenzt den Ausdruck ab gegen religiöse Entwürfe von Eigentumsfreiheit; das „mindestens“ lässt offen, ob die relativ fortgeschrittene Rationalität des modernen Weltverhältnisses uU noch überboten werden kann. Die Befürwortung von gesellschaftsweiter Eigentumsfreiheit schliesst NICHT NOTWENDIG die Befürwortung gewaltsamer oder gewaltfrei-unvermittelter Übergänge der Gesamtbevölkerung national oder weltweit ein; es ist nur der befürwortete Endzustand. Der Eigentumsbegriff schliesst Formen der Verfügunugsberechtigung durch Planer, Experten, Bürokraten oder andere Herrschende, also mit diesem Eigentumsbegriff auch alle Staatssozialisten, aus. Der Zusatz „im engeren Sinn“ soll reformistische und/oder sozialdemokratische Standpunkte ausschliessen, es sei denn, sie verbinden sich mit einer erklärtermassen damit verbundenen politischen Strategie mit Blick auf den genannten Endzweck. Man kann über die genauen Implkationen dieser Definition und die verschiedenen Standpunkte, die selbst in diesem allgemeinen Rahmen als gemeinsamen noch eingenommen werden können, weiter nachdenken.
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Kein Wunder, Wal – ich hatte an einer Stelle mich nicht präzise genug ausgedrückt: bei dem NICHT in Grossbuchstaben fehlte ein NOTWEDNIG: NICHT NOTWENDIG ist die Befürwortung solcher („revolutionsartiger“) Übergänge eingeschlossen im „Linkssein“. Darum zähle ich also auch die „Revolutionäre“ noch zu den Befürwortern dieser Sorte Endzweck. Sie machen sicherderzeit noch die grosse Mehrheit der „Linken ieS“ (oder Linken in meinem Sinne) aus – und nennen sich dann meist „Kommunisten“, „kommunistisch““, auch wenn sie KEINE Staatssozialisten sind (sondern den gesellschaftsweiten Produktionsprozess durch (räte)demokratische Kontrollgremien oder sogar auf Basis von Konsens (in den nötigen Prinzipien) reguliert sehen wollen). Diejenigen, die das Ziel befürworten, aber keine solchen plötzlichen Übergänge der Gesamtgesellschaft fordern und/oder befürworten und/oder erwarten, nenne ich („Kommunalisten“, „kommunalistisch“. Sie sind keineswegs so wenige, wie es den Anschein hat, Wal! Der Punkt ist vielmehr, dass das Kollektivistische bei vielen von ihnen derart selbstverständlich ist, dass sie es garnicht mehr hervorheben; und: dass es sich verbindet mit anderen Zielsetzungen, die womöglich noch grössere Unterschiede zu den bestehenden Verhältnissen darstellen, als das kollektivistisch-„Linke (ieS)“. Über diese Fragen, wenn bedarf besteht, sollte aber in einem eigenen thread nachgedacht werden. Wie es scheint, besteht Bedarf…
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Wal, in vielen gebe ich dir recht. Allerdings glaube ich, dass die Marxsche Kapitalismuskritik – gerade für Leute, die sie nicht so genau kennen; aber auch für theoretisch Fortgeschrittene – noch immer grosse Bedeutung hat, und keinesfalls angezweifelt wird. Selbst wenn es so wäre, und selbst wenn dein Urteil über eine grössere Fraktion eklektisch-kritischer Geister zutrifft, denke ich, dass die Leerstelle, wenn es denn eine ist, schnell wieder gefüllt werden sollte. Eines ist dabei, nach aussen zu wirken, mit Splittern, Grafiken, gut gemachten Übersichtsdarstellungen; ein andres aber, sich zur Abfassung solcher Darstellungen allererst zu befähigen, und unter den theoretisch Orientierten Einigkeit herzustellen. Das wäre ein Fortschritt. Denn die Arbeitskraft dieser Leute könnte statt auf interne Debatten endlich sich auf die Durcharbeitung des bürgerlichen Stoffs und eben die angestrebte Vermittlung des intern gemeinsam Festgestellten nach aussen richten. Man muss die Bedeutung dieser Arbeit nicht überschätzen; es ist eben EIN Strang, der verfolgt werden sollte; wenn Fragen kommen, sollten sie beantwortbar sein.
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Ich bin mir bei dir immer nicht so ganz sicher, Wal, wie das mit der Unempfänglichkeit für Marxkritik aufzufassen ist. Da gibt es die wiederholte Äusserung: schon tausendmal widerlegt… die höchst doppeldeutig ist und vielleicht soll sies auch sein, das kann nämlich heissen: wurde schon 1000x zu widerlegen VERSUCHT, ohne Erfolg, es kratzt garnicht an den Fundamenten dieses Theoriegebäudes. Oder aber: Ja sicher, es IST widerlegt und war höchst widerlegbar, und jetzt kann man dochmal zur Tagesordnung übergehen. Die aber hat als Grundlage die Tatsache, dass Marx, ob widerlegbar oder nicht, derzeit für niemand von Interesse ist (was ich nicht ganz nachvollziehen kann, aber es ist deine Meinung, um die es hier geht). – Ich habe allerdings ausdrücklich von den theoretisch Orientierten gesprochen; und… die sind, wenn sie nicht fertig sind, und wann wären sie das je, IMMER mit Selbstverständigung also Nachdenken beschäftigt. Die Frage ist, welchen Nutzen sie damit stiften. Das Theoretische und Begriffliche hat seine Stellung im Leben der Menschen noch nicht gefunden. Kein Wunder: So geht es, wenn man Wissenserwerb glaubt arbeitsteilig organisieren zu sollen. Das ist so unsinnig wie zu andern Zeiten die Arbeitsteilung beim Frommsein, Geniessen, Entscheiden. Wer glaubt, für andre mitdenken zu können, ist grundsätzlich auf dem Irrweg. Wer glaubt, sich das Selberdenken ersparen zu können, leider auch.
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„Inkommensurable“ Güter(eigenschaften)
Der globale Zusammenhang, in dem dieser und nachfolgende Beiträge stehen, könnte den Titel haben:
Güterflüsse und Güterberge: Das Problem mit Wert- und Preissummen-gestützten Begriffen im Zusammenhang mit Güter- bzw Kapital-„Zirkulation“ und -Reproduktion
Um auf dies Thema zu kommen, muss ich allerdings einige Vor-Überlegungen anstellen. Die Unterscheidung von drei extrem unterschiedlichen Eigenschaften, die am Markt gehandelte Güter haben können – derart unterschiedlich, dass es keine gemeinsame Hinsicht („gemeinames Drittes“) gibt, in der sie sich vergleichen lassen, sie sind vielmehr „inkommensurabel“ – , steht am Anfang. Für die Möglichkeit, über ihre Preise ALLE massgeblichen Güter einer Marktwirtschaft miteinander zu vergleichen (und über den Preis angemessene „Tausch“-Relationen zwischen ihnen darzustellen), lässt das nichts gutes erwarten. Meine These, vorweg angedeutet, lautet: Alle Waren haben mindestens eine, die meisten Waren zwei oder drei dieser Eigenschaften GLEICHZEITIG. Durch die genannten Eigenschaften wird ihre STELLUNG IN EINEM REPRODUKTIONSSYSTEM UND SEINEM FORTSCHRITTSPFAD angezeigt, und damit ihre produktive Beziehung zu anderen Gütern. Kein Preis der Welt kann zugleich diese drei fundamental verschiedenen Stellungen (und Relationen) konsistent abbilden. Maw Preise informieren auch bei wohlwollendster Betrachtung nicht über das, worüber sie informieren sollen – sie KÖNNEN es nicht. „Funktionieren“ und irgendwie weiterlaufen kann ein Markt trotzdem – das trotzdem ist zu betonen. Aber WIE katastrophal chaotisch er allenfalls verläuft.. das kann man nach dieser Vorüberlegung ahnen…
Anm. Die drei Hinsichten – jede unabhängig von den andern beiden – , in denen sich Güter vergleichen lassen, bilden Ausgangspunkte je zugehöriger Preistheorien, die allerdings beanspruchen, ALLE Preise bzw. relevanten Preiseinflüsse erklären zu können. Wenn die hier angedeutete These stimmt, MUSS ihnen das misslingen – oder gelingen nur um den Preis massivster begrifflicher Fehler. Der nicht endende Streit zwischen ökonomischen Schulen bzw Preistheorien ist also Ausdruck eines objektiv nicht schlichtbaren Widerspruchs in der Konstruktion von „Preisen“ selber – die Tatsache, dass so getan wird, als müsse der Streit der Schulen zu schlichten sein, könnte in gewissem Sinn somit als „ideologische“ Verschleierung dieser objektiven Absurdität eingeordnet werden. Dass Preise letztlich irgendetwas messen und objektive Verhältnisse halbwegs angemessen darstellen (sich durch sie zB – zumindest aus „subjektiven“ Gründen der Beteiligten (und ihrem Verhältnis zueinander) „berechtigte“ Tauschverhältnisse zwischen Gütersorten ermitteln lassen) – das denken nun schliesslich ALLE Ökonomen. Insofern ist der Beweis, der hier geführt werden soll, gegen JEDE ökonomische Theorie überhaupt gerichtet.
Das (Re)Produktionsmodell, das ich Marx im letzten Beitrag zugeordnet hatte (die „Sternfigur“), ist eigentlich mit allen theoretischen Einsichten zur Ökonomie vereinbar, die er gefunden hat.
Speziell gibt es da ein zentrales Argument von Marx/Engels gegen die Meinung, der Profit entstehe „erst in der Zirkulation“ (dem Markt, beim Kaufen und Verlaufen); dagegen sagen sie einfach: Alle Preisaufschläge für den Käufer einer Ware könne der seinerseits wiederholen oder „auf seine eigene Ware draufschlagen“, da er selbst in die Verkäufer-Position gelangt – „und so IM KREIS HERUM, WECHSELSEITIG“. Eine „willkürliche“ Preiserhöhung breitet sich demnach „am Markt“ (der Endprodukte) überall hin aus, lässt sich nicht begrenzen. Das liegt daran, wie die Verkaufs- und Kaufakte in dieser „Zirkulationssphäre“ (der des Handels, Güter-Austauschs, NACHDEM Güter produziert sind), „ringsum“ verknüpft sind. „Am Markt“ ist eben tatsächlich zum ersten Mal „alles mit allem verbunden“, gehen alle Waren (wie bei Sraffa) direkt oder spätestens indirekt in die Hände aller andern Warenbesitzer über, oder „tauschen sich mit allen (direkt oder indirekt)“.
Halten wir fest, dass DIESER Begriff von „Zirkulation“ (der vor allem auch Name einer Phase der Bewegung eines individuellen, aber auch immer eines Teils des gesamtgesellschaftlichen Kapitals ist, das sich da gerade „in der Zirkulationssphäre“ und durch sie hindurch bewegt) sehr stark mit dem Begriff des eigentlich erst von vielen andern nutzbaren Endprodukts verknüpft ist. Vor- und Zwischenprodukte (bei Rohprodukten ist es etwas anders) haben, wie im letzten Beitrag angedeutet, eigentlich garkeinen echten Markt – keine Verteilung an eine grosse Zahl von Abnehmern – bloss die Produzenten, die die nächsten Fertigungsschritte (vielleicht in Konkurrenz,nebeneinander) durchführen, kommen als Käufer infrage – kleine Zahlen, verglichen mit dem unübersehbar grossen Abnehmer-.Markt für „Endprodukte“ (die von individuellen und produktiven Konsumenten nachgefragt werden). Und das liegt hier wesentlich an der TECHNISCHEN Verknüpfung der Güter.
Wenn es in der Produktions- oder Wirtschaftsform vom Marx-Typ einen „Markt“ ausserhalb desjenigen für die „Endprodukte“ gibt, dann ist es der Rohstoff-Markt: Auch damals schon war ein und derselbe Rohstoff an vielen Stellen einsetzbar und ging in Produktionslinien der verschiedensten Branchen ein, uU aber (wie zB Edelmetall, Brennholz ua) auch direkt in die private Luxus-, die staatliche und einfache Konsumtion.
Aber die Rohstoff-Einspeisung erfolgte eben an den Anfangspunkten einer sich ab da selten noch verzweigenden ProduktionsLINIE, die erst wieder in ihrem Endpunkt sich mannigfaltig aufspaltete.
Wenn wir weiter über Rohstoffe sprechen wollen, müssen wir als nächstes an ihnen eine sehr wichtige Eigenschaft festhalten, die sie von allen andern Gütersorten des Produktionssystems unterscheidet. Üblicherweise wird diese Eigenschaft von denjenigen Preistheorien, die speziell diese für die wichtigste Ursache der (oder wichtigste Einflussgrösse auf die) Tauschwert-Proportionen halten, als „Knappheit (relativ-zu… einer Nachfrage)“ bezeichnet. Der Zusatz in Klammern deutet schon an, dass diese Preis-Theorien eine Fortentwicklung und Verfeinerung der plausiblen, zugleich aber auch nichtssagenden Erkenntnis darstellen, dass Nachfrage und Angebot die Preise bestimmen (bebildert in Mengen/Preis-Kurven und Geraden, die sich an einem Punkt „Marktpreis“ schneiden). Eine etwas differenziertere, auch mehr produktions-orientierte Sicht hingegen kündigt sich an mit dem Begriff: Kapazität. Da kommen neben der (zahlungsfähigen) Bereitschaft, sich auf einen Handel einzulassen, auch Grössen wie Bedarf und die Fähigkeit zu seiner Deckung und deren Erschöpfbarkeit ins Spiel; am Horizont dieser Betrachtungsweise taucht auf der Begriff einer möglichen Erweiterung von Kapazitäten und deren Geschwindigkeit, und der mögliche Grenzen solcher Vorgänge. Der Unterschied, auf den ich eingangs hinauswollte, lässt sich in diesem Zusammenhang andeutungsweise und noch sehr unklar formulieren als der zwischen Gütern, deren Produktion mit bestimmten Geschwindigkeiten innerhalb gegebner Kapazitätsgrenzen (im Verbund mit anderen Gütern) gesteigert werden kann, und solchen, für die das nicht gilt, und die somit für alle andern Güter die absoluten Grenzen für deren Erweiterungs-Kapazitäten setzen. Rohstoffe, Roh-Materialien und „Energie“ sind die bekannten Parade-Beispiele für diese Gütergruppe.
Wichtig ist das Merkmal: Mit sich, im Verbund mit anderen Gütern in Fristen und absoluten Grenzen „vermehrungsfähig“ – oder eben das nicht.
Obwohl da ein Unterschied ist, gibt es somit auch wieder einen gleitenden Übergang vom einen zum andern: Einmal können die Vorlauf-Fristen für die spürbare Vermehrung so lang werden, dass „relativ zum Bedarf“ eine absolute Grenze der pro Zeit verwendbaren Gütermenge gilt; zum andern können bestehende absolute Grenzen plötzlich erweitert oder eingeengt werden durch Naturvorgänge, oder aber gesteigerte Zahlungsbereitschaften und/oder aufwendigere Förderverfahren, mit denen bis dahin wrtschaftlich nicht nutzbare Naturvorkommen eines Rohstoffs erschlossen werden können.
Das Angebot an Arbeit oder Arbeitskraft steht sichtlich irgendwo zwischen den beiden Extrem-Polen dieser Übergangsreihe – und hat das mit vielen anderen Gütern, die bestehen in oder produziert werden von lebenden Organismen*), gemein: Sie IST, im Mass wie Standort- und Reproduktionsanforderungen gesichert sind, grundsätzlich „mit sich selbst, im Verbund mit anderen Gütern (Nahrung, Wohnung/Standort usw und deren (anderweitig produzierten) Voraussetzungen)“ vermehrbar; die Geschwindigkeit dieser Vermehrung (Kapazitätsausweitung) ist aber begrenzt; und zu gegebenen Ständen der technischen Entwicklung, speziell etwa der Nahrungsmittelproduktion, gibt es auch absolute Grenzen, bei deren Ausschöpfung die weitere Vermehrung stoppt (ein Thema, mit dem sich unter den für Marx massgeblichen Ökonomen bekanntlich Malthus obsessiv beschäftigt hat).
*) Dieser spezielle Zusammenhang wurde in einem frühen Stadium der ökonomischen Theorie dahingehend gedeutet, dass „realer“ Profit (also eben NICHT aus Kaufen und Verkaufen entstehender), also ein echtes MEHRPRODUKT, nur bei biologischen, eigentlich Agrargüter, geben könne. Von da ergab sich eine begriffliche Verwirrung durch weitere Ideen zur Preisbildung, etwa, dass der Erlös aus dem Absatz („was man mit dem Gut kaufen oder eintauschen kann“) die Kosten („was zur Wiedererzeugung des Produkts nötig ist“) decken müsse – verwirrend ist das, wenn nun gleichzeitig erklärt werden soll, warum Erlöse regelmässig höher ausfallen als die Kosten. Bei „Saatgut“ und „Ertrag“ war das augenfällig; bei „Arbeit(skraft“, deren geschickter („produktivitätserhöhender“) Einsatz etwa in der Landwirtschaft den Ertrag um ein Vielfaches steigern konnte, weniger: Ist sie „soviel wert wie die Lebensmittel (va Getreide), die man mit ihr kaufen kann“? Oder… „soviel wert wie die Lebensmittel, die zu ihrer (Re)Produktion nötig sind“? Oder eben (da liegt eben der klassische bzw. Marxsche Übergang in der Luft) „soviel wert wie DIE ARBEIT, die zu ihrer eignen Erzeugung nötig war“ (die nämlich auch für die produktive Verwendung des investierten Saatguts allererst sorgt)? – Die Kategorie „Mehrprodukt“ (erstmal als „ohne Beschädigung des zugrundeliegenden Reproduktionssystems entnehmbarer (uU in es wieder einspeisbarer) Überschuss“ wirft durchaus Fragen auf. Ich werde darauf zurückkommen müssen.
Mit der Einspeisung von Rohstoffen (Arbeitskraft und andere „kultivierte“ biologische, etwa Agrargüter einer Anbaufläche, sind ja in gewissem Sinn solche) in die Produktionslinien gehen auch ihre Kapazitätsgrenzen auf die Folgeprodukte über – was eingeschränkt wird im Mass, wie eine einmal eingespeiste Rohstoffmenge (vorzugsweise: ein Material) wiedergewonnen oder in dem so aufgebauten Produktionssystem ohne Inanspruchnahme weiterer Mengen reproduziert werden kann oder sich erhält (zB die vorhandene Anbaufläche muss nicht stänidg erweitert werden, reicht vielmehr aus, um den Vorgang beliebig zu wiederholen).
(Muster eines in diesem Sinn immerfort neu einzuspeisenden Gutes, das grundsätzlich „verlorengeht“, ist die ins Reproduktions-System eingehende und dort „verbrauchte“ Energie.)
Also „knappe Güter“ bzw Kapaziäten können, wenn genutzt, nur abnehmen oder sich „weiter“ erschöpfen, also der absoluten Grenze ihrer Nutzbarkeit bzw Vorhandenheit (ev. begrenzte Menge pro Zeit) sich annähern.
Die andern hingegen, zumindest im Verbund (und NUR in ihrem, technisch sinnvoll verknüpften! Verbund), erhalten sich durch ihre „produktive“ Nutzung selbst – oder sie vermehren sich sogar (innerhalb der Kapazitätsvorgaben).
Marx hätte zB anmerken können, dass die Ausweitung der Arbeiterbevölkerung (und nicht bloss ihre Reproduktion, deren Kost sich als Arbeitslohhn darstellt) eine der zahlreichen unbezahlten Zusatzleistungen darstellt, die sich aus der Grundkonstellation der Lohnarbeit ergibt. Aber nur mit dieser Leistung, die im System eigentlich keinen eigenen Ort hat (ausser der staatlichen Sorge darum – etwa wegen des Nachwuchses an verwendungsfähigen Rekruten), ist der Satz wahr, dass das Kapital akkumulieren kann, weil es die physischen Voraussetzungen dafür selber produziert hat, derart dass der in Geldform überführte Mehrwert auch schon die für Investitionen als Kapital benötigten Produktionsingredienzien kaufen kann.
Das ist kein Selbstverständlichkeit. In einer wesentlichen anderen Hinsicht limitiert sich, nach Marx, nämlich das Kapitalwachstum, gerade wenn es nach allen Regeln der Konkurrenz und der Produktivitäts- und Produktivkraftentwicklung erfolgreich ist, selbst: Durch Verschiebung des c-Anteils an der Gesamtauslage (was zum tendenziellen Fall der Profitrate für das Gesamtkapital führen soll).
Aber bevor ich auf diese Weiterung zu sprechen komme, soll erstmal der Normalfall betrachtet werden: Die sich im Verbund miteinander (bei intakten Randbedingungen, Wiedergewinnung oder unbegrenztem Zufluss aller benötigten Rohstoffe und Energie) ständig selbst reproduzierenden Güter können sich normalerweise auch vermehren, nicht beliebig, aber zu einer RATE. Diese Rate kann unterschiedlich sein bei einzelnen Gütersorten, was das Wachstum, also die proportionale Ausdehnung der „Stufenleiter“ des Reproduktionssystems, zu ständigen kleineren und grösseren Anpassungen der pro Zeit produzierten Menge der je involvierten Güter zwingt. Abgesehen von diesen erzwungenen Geschäfts-Reduktionen und lohnenden Geschäfts-Erweiterungen, darf sich JEDER beteiligte Produzent als Teilhaber an diesem gemeinsamen Wachstum sehen, und seine Preise zurecht kalkulieren als: Kost PLUS Wachstumsaufschlag, aka Profit.
Bei Marx gibt es bloss EIN solches Gut, nämlich die Arbeit (die einzig werterzeugende: selbst schon so monetär zurechtgedacht, dass Geld bloss noch Zeichen dafür ist; wenns doch so einfach wäre!), und ihr Mehrprodukt, die Mehrarbeit; Marx‘ relatives Desinteresse an den Produktionsanforderungen (das, was ich hier das (Re)produktionsmodell nenne) hat ihn (nicht wirklich, aber an entscheidenden Stellen) glatt übersehen lassen, was eben behauptet wurde: Dass die Mehrarbeit, um zB „akkumulierbar“ zu sein, auch auf entsprechende Mehrprodukte bei Produktions- und Lebensmitteln stossen muss. Und das kann sie natürlich nur im Mass, wie es Nachfrage nach diesen Mehrprodukten (für Akkumulation; daneben gibt es auch noch Luxus- und Staatskonsum) gibt, also Nachfrage nach Mehrarbeit(sprodukten) selbst (vor allem im Sinne der absoluten Mehrwertproduktion; das ist ein Begriff, der sich schon auf eine begrenzte Gesamtmenge von (durch das Reproduktionsniveau der Lebensmittelproduktion und Arbeiterklasse limitiertem) Arbeits(kraft)angebot bezieht!).
In der marktwirtschaftlich organisierten reifen Industrie-Produktion hingegen tritt die Arbeit, die hier nicht mehr so einfach wie im generalisierten mechanisierten Manufakturwesen „abstrakt“ von jedem Jobber verrichtet werden kann, als der alles entscheidende Produktionsfaktor zurück: Die Produktivität der ganzen „Wirtschaft“ hängt ab von der Reproduktion JEDES ihrer Produktionsfaktoren – Lieferengpässe irgendeines dieser Faktoren setzen sich schnell in die gesamte sonstige Produktion seiner Folgeprodukte hinein fort, ebenso aber auch „Stockungen“ (nach „rückwärts) – alles ist mit allem verbunden. Alles ist nötig, damit es weitergeht – und damit einiges aus dem ganzen System einfach rausgenommen werden kann (eben als Mehrprodukt, Überschuss), ohne dass das System kollabiert. Wieviel das ist, ist nicht ganz klar. Aber DASS es das gibt, und geben muss, ist offensichtlich: Es gibt jede Menge „unproduktive“ Güter, die von dem Riesenprozess einfach mit-erzeugt werden, und „konsumiert“, ohne im engeren Sinn „in ihn produktiv (als Produktionsfaktor) (wieder) eingespeist“ zu werden – allenfalls stellen sie so etwas wie Randbedingunegn dar – unspezifische Alles-oder-Nichts-Bedingungen, deren „Ausmass“ von der Grösse des Prozesses, den sie als ganzes ermöglichen, nicht direkt abhängen (eher schon von seiner „Komplexität“): Das Rechtssystem, oder die „Sicherheit“ nach innen und aussen, die Gewerbe- und Finanzaufsicht usw. Es gibt aber auch unmittelbar mit der Grössenordung des Prozesses verknüpfte solche „Randbedingungen“ für sein Funktionieren, die an ihm mit zunehmendem Wachstum „zehren“: Und das sind die Bedingungen, unter denen die Besitzer einer Rohstoffquelle oder überhaupt „knappen“ Kapazität die nächste Tranche ihres begrenzten Gutes freigeben. Mit jeder abgegebenen Tranche (anfangs wenig spürbar, später um so mehr) sehen sie ihr Mittel schrumpfen und weniger Mittel sein; das können sie früh ahnen oder später, jedenfalls gibt es eine ganz allgemeine Tendenz, die ihr Verlaufsverhalten aufweisen wird: Je mehr von ihrem Mittel im Reproduktionssystem verschwunden ist (dort (als Kapazität) genutzt wird, oder dort (als Material) produktiv zirkuliert (und recycelt wird)), desto mehr wollen sie für die nächst-abzugebende Tranche haben. Grenznutzentheorie in der Praxis: Der Reproduktionsprozess, mit dem sie da in Geschäftsbeziehungen stehen, wächst nur solange, wie von den Zuwächsen was bleibt – und nicht alles an die oder einige Eigentümer der für den Zuwachs nötigen Kapazitäts-Nutzungen abgegeben werden muss. – All das wäre abzuhandeln nach dem von Marx und Engels behandelten Muster „Preisaufschläge fallen auf ihre Urheber zurück“ – wenn da nicht WIRKLICH die Annäherung an eine Schranke „abgebildet“ würde – allerdings verzerrt durch den Blickwinkel der Eigentümer dieser beschränkten und durch nichts vermehrbaren Gütersorte. DIESE Warnung wird, wie verzerrt auch immer, TENDENZIELL an die Eigentümer-Produzenten im eigentlichen Reproduktionssystem weitergegeben. Und die… hören diese Botschaft (im Idealfall), und lassen sich etwas einfallen, um das beschränkte Gut entweder durch ein andres zu ersetzen oder einzusparen: Sie werden PRODUKTIVER in dieser Hinsicht, reduzieren also die Abzüge vom Mehrprodukt.
Und das ist nur ein Spezialfall einer ganz anderen Gütereigenschaft: Nämlich das Produkt von INNOVATIONEN zu sein.
Wie misst und vergleicht man eigentlich die?
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Thesen und Bemerkungen 3: Denkblockaden
Der nachfolgende Text ist eine Antwort auf diesen Beitrag im thread „Franziskas Fragen“. Obwohl ich mich in dieser Gedanken-„Schneise“ maximal kurz zu fassen versuche, ist das alles viel zu lang und umständlich, als dass ich es Lesern ausserhalb meines persönlichen Blogs hier zumuten möchte. Darum… steht es einstweilen hier.
Ich trete sonst nicht so schneidig-„Schneisen“-schlagend auf,sondern bemühe mich um Begründungen – oft genug ohne abschliessenden Erfolg. Die hier abgelieferte Übersichts-Darstellung soll bitte nicht so ausgelegt werden, als hielte ich die ausgesprochenen Thesen für ausgemacht und selbst-evident. Eher handelt es sich um einen Katalog von Arbeitshypothesen, die ich vorschlage einmal genauer in Betracht zu ziehen.
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Mario, danke erstmal für die ausführliche Antwort. Da ist viel angesprochen, was wir hier im Forum schon angefangen haben zu erörtern, ohne allerdings zu Ergebnissen vorgedrungen zu sein.
Ich versuch mal, sowas wie eine Schneise (mehr nicht) durchs Gedanken-Dickicht zu schlagen, um den Blick auf andere theoretische Möglichkeiten als die gewohnten zu öffnen (mehr geht hier nicht)…
Die Schwierigkeiten, die du nennst…
und ja keinesfalls nur du, ich glaube, dass da viele so oder so ähnlich denken wie du…
… sind aus meiner Warte Ausdruck eines zu den Verhältnissen nicht passenden „Kategoriensystems“.
Es sind „gesellschaftliche“ Verhältnisse, da geht es um HANDLUNGEN unübersehbar vieler Leute (dass diese Leute diese ihre Handlungen nicht übersehen, und dennoch wollen, dass die Handlungen sinnvoll zusammenhängen (und glauben, dafür sorgen zu können), hat viel mit „Kapitalismus“ und den damit verbundenen „Steuerbarkeits“-Illusionen zu tun…)
Wenn nun jemand Handeln wie einen Naturvorgang bespricht (Marx und viele seiner Leser waren geneigt, es (immer wieder) zu tun), dann kommen ihm ungut die dabei sich einstellenden Formulierungen in die Quere, die sich irgendwie mit „Prognose von Handlungen“ und „Handlungen anderer Leute (da kausal, determiniert) beeinflussend, kontrollierend, formend (manipulierend)“ verbinden. In den staatssozialistischen Doktrinen ist das, unter nicht nur missbräuchlicher Berufung auf MEW Zitate, genügend vorgeführt worden.
Die Reaktion darauf kann nur die sein, die du anführst: „negatorisch“.
Das führt dann zu dieser resignativen Position: Wir wissen nichts (oder nur sehr wenig), wir können nichts tun (oder nur sehr wenig), allenfalls abwarten.
(Wenn dies Warten eine „optimistische“ Färbung annimmt, geht es in genau das über, was ich oben eine politische Variante von Religion genannt habe… Wenn nicht, deprimiert es nur noch.)
Es gibt hier zwei Blockaden aufzulösen, die mit, aus meiner Warte, unzulänglichen Vorstellungen (oder eben „Kategorien“) im Zusammenhang mit „Handeln“ generell zu tun haben (und sich in der Tat verbinden mit der Unzulänglichkeit bisheriger „aufklärerischer Positionen“, man könnte sie „bewusstseinstheoretische“ nennen). Diese Auflösungen sehen grob so aus:
1. (zum Punkt „nicht prognostizierbar“):
Alles Erwarten, dass andre etwas (einer bestimmten Art) tun WERDEN, ist gebunden an die Voraussetzung, dass sie (halbwegs) „vernünftig“ sind – und somit „verstehbar“; WENN sie es sind, soweit sie es sind, können wir uns „an ihre Stelle setzen“ und überlegen, was wir, also jeder Vernünftige, dann tun würden. Unmittelbar anzuschliessen ist hier der Satz: Genau darum können wir sehr oft NICHT sagen, was andre tun werden, weil wir die „Stelle“, die sie einnehmen, garnicht kennen.
((Und was ist denn diese „Stelle“? Ein Erfahrungsstand. (Wobei darin sowohl eigne, als auch von andern übermittelte, oder gar tradierte historische Erfahrung oder deren Resultate vorkommen.) Neu hinzukommende Erfahrungen (all der genannten Arten) können ihn ERWEITERN, und, angemessen, eben vernünftig (wie wir alle sind), verarbeitet (man nennt das: LERNEN), das Handeln – „ändern“? naja, das ist so ziemlich das Unspezifischste, was man da sagen kann.
Ich kann nur andeuten (aber unmöglich es genauer ausführen), was man hier eher sagen könnte: Erfahrungs-Erweiterung motiviert dazu, das eigne Begriffssystem komplexer zu machen, auf mehr Fälle vorzubereiten („an mehr Möglichkeiten denken“, „mehr erwägen“ usw). Aber nicht beliebig. Sondern entlang der Bahnen, in denen man aus Erfahrenem überhaupt SINN machen, sinnvoll darauf reagieren, eben HANDELN kann. Und diese Bahnen… sind dieselben bei uns allen, als Fachausdruck dafür könnte genommen werden das Wort „Kategorie“… (An das gemeinsame Verständnis der „Kategorie“ „Handeln“ appelliere ich hier gerade…))
2. (zum Punkt: Handeln „beeinflussen“): Alle Verständigung mit Andern, alles „wechselseitige Beeinflussen“ Vernünftiger hat darum im Kern den Charakter des Übermittelns von Erfahrung – sinnvollerweise solcher, die der je Andre möglichst als NÄCHSTE erfahren muss, um zu gleichen Urteilen zu gelangen wie wir, auf gleiches aufmerksam zu werden wie wir es schon sind usw (und so umgekehrt, eben wechselweise). (Er funktioniert wie wir, er ist vernünftig, er benutzt die gleichen Kategorien, Sinn-Bedingungen, Lernregeln usw)
Wieder bedeutet das: Man muss oder müsste am besten die Stelle kennen, an der er steht. Die meisten überblicken das nichtmal für sich selbst. Also auch hier ist Vorsicht geboten, natürlich.
Was verhindert nun aber das Abrutschen in die negatorische Position?
Vielleicht… die Aufhebung zweier weiterer Blockaden:
3. die überwältigende Fülle und Vielfalt der Erfahrungen muss nicht unbedingt verweisen auf eine ebensolche Fülle und Vielfalt der grundlegenden und tatsächlich relevanten Standpunkte und Begriffssysteme.
Es könnte sein, dass gerade die UNDIFFERENZIERT, unerfahren Verarbeitenden auf zu vieles reagieren, sich von zuvielem anziehen, leiten, bestimmen lassen- statt, umgekehrt, aber dazu sind sie eben (noch) nicht motiviert, ihre eigenen, spezifischen Fragen an die Wirklichkeit heranzutragen; solches Herantragen nennt man: Experimentieren, (sinnvolle) Hypothesen testen. – Eine unübersehbare Fülle von Standpunkten, zB religiösen Glaubensformen, könnte sich somit am Ende auf ein ganz einfaches Muster des „zu wenig Unterschiede Machens“, zuwenig spezifisch formulierte Hypothesen Testens, reduzieren lassen.
Und man müsste… wenn man selber das bei andern (als deren Mangel) wahrnimmt (im Gegensatz zu einem selber) die MOTIVIERENDE ERFAHRUNG finden, die einen selbst von dieser unspezifischen zu einer spezifischeren Versuchspraxis gebracht hat.
4. Das klingt nicht gut, nicht wahr, warum?, es klingt nach AVANTGARDE- also autoritärem Prediger- Bewusstsein: Ich bin fortgeschrittener als andre, und das muss ihnen beigebogen werden (die „Aufklärer“-Pose und -Position, zündende Idee, die verbreitet werden muss, die Erleuchteten, die den trüben Tassen da draussen zeigen, wos lang geht). Also alles Dinge, wo unsereinem (mir auch) das Messer in der Tasche aufgeht.
Aber da ist wieder eine Blockade.
Denn… was hier blockiert und einen hilflos stehenlässt, ist die Tatsache, dass da eine ganze Riesen-Gesellschaft existiert, die scheinbar ein Projekt verfolgt, leider derzeit nicht das, dem du zustimmen möchtest, du möchtest „sie“ davon abbringen, aber oje, wer bist du kleiner Wicht denn, dass du dir das zutraust?
Es spricht aus diesem Gedanken die unspezifische, und, ich sage es geradeheraus: RELIGIÖSE Überschätzung der Gesellschaft („das (!) gesamtgesellschaftliche Bewusstsein“, vgl. Dutschke zitiert bei Mario oben) als einem riesigen, ALLweisen, ALLmächtigen Quasi-Subjekt, das nur leider derzeit sich im Zustand des Unheils und Irrtums befindet. Bloss vorübergehend natürlich (wie beruhigend; aber wie lange dauert das noch?)
Ich nenne es religiös, wenn auf „die Gesellschaft“ Eigenschaften übertragen werden, die bloss Einzelpersonen zukommen, spätestens dann, wenn zugleich nicht angegeben werden kann, ja dies geradezu (da vorwegnehmend usw) VERWEIGERT wird und verboten werden soll, wie sich das Grosse aus vielen kleinen Einzellebens-Vorgängen ergibt, und mit welchen – für uns, als solchen Einzelnen, in unserm Leben,nachvollziehbaren – Schritten – zumindest im Prinzip (also nicht in JEDEM Detail…), das geleistet werden soll. Solche Angaben macht heute überhaupt niemand. Ja sogar für sich selbst verweigern die meisten es – darum mein ewiges Fragen: Warum wir, und die andern nicht? Wie sollen die andern so werden, wenn wir nichtmal unser eignes Links-Werden (-Gewordensein) begreifen?
„Die Gesellschaft“ lernt, aber durch ihre einzelnen Angehörigen. In DEREN Leben entwickelt sich, was DIE Gesellschaft vorwärtsbringt. Aber nicht notwendig immer als Entwurf, Projekt, Versuch, geplantes Experiment: Lernen geschieht auch ungeplant, überraschend – es kommt anders als gedacht. (Gerade das soll ja dem Planen und Entwerfen politischer Umwälzungen entgegenstehen.)
Und das muss nicht einmal bemerkt werden – Lernprozesse können unabsichtlich verlaufen – Leute machen etwas, Beispiel: Eltern, Lehrer – und es kommt etwas ganz andres heraus. Das Leben der einen (zB Älteren) wird zum (uU abschreckenden) Vorbild für die Andern (Jüngeren, Nachkommenden). Auch so verläuft historisches Lernen, massenhaft, und erzeugt – ohne Entwurf, ohne Plan – womöglich Driften, relativ synchrone Änderungen, die plötzlich als massenhaft veränderte Mentalität und Änderungswille überraschend, unerwartet, sichtbar werden.
Das obsessive Beharren auf Vorgänge in der ÖFFENTLICHEN und „gesellschaftlichen“ Sphäre der bisherigen Linken lässt sie die unscheinbaren, und „epochal“, „systematisch“ unterschätzten Prozesse übersehen, die sich vor aller Augen, aber für unerheblich erklärt, in der PRIVATSPHÄRE abspielen. Von dort her, so die Standardmeinung links wie rechts, kann nie und nimmer irgendetwas Innovatives kommen.
Es ist aber (sage ich) bereits da, in kleinen Gruppen, vielleicht auch gefährdet (wie alle Fortschritte; die sich dann anderswo wiederholen müssen) – bloss nie reflektiert (aus dem genannten Vorurteil heraus), und es hat etwas mit den historischen Mentalitäten, die bislang allenfalls in Bildungsprozessen für Einzelne erreichbar waren, zu tun, dass darüber nicht nachgedacht wird: Das Normaldenken, oder das religiöse Denken – die kennen immer soviel Grösseres und Wichtigeres: die Gesellschaft, ihre Entwicklungen, die Chancen, die SIE verpassen könnte. Selbst die genuin modern ernüchterte Einstellung zu Welt und Andern noch hält den eignen Lebensentwurf für wichtiger als… den Alltag, das elementar Bedürfnis-Orientierte, die Lebenseinrichtng, das Nächstliegende und zu Tuende, und seine Erweiterung. Aber nimm Bedürfnisse ernst (dazu sich zu entschliessen, gehört einiges!) – und du stürzt alles um, was es gibt, das Produzieren, die Technologie, das Wohnen und Essen und Trinken, das Zusammenleben, Sich Verständigen, Wissen Speichern und Verbreiten,, Aufgabenlösen, Interessen Entfalten, Forschen, Sich zu Aussenstehenden Verhalten… Dass es kollektiv zwangfrei stattfindet, ist da fast Nebensache, so selbstverständlich ist es…. man hat da noch ganz andre Probleme.
Von diesem Standpunkt aus sage ich: Hier findet es statt, was die Gesellschaft heute vorwärtsbringt; hier zwischen uns, zumindest solchen WIE uns; oder es findet NICHT statt. Wenn schon unsre Verständigung misslingt, dann jede andre – wir sind prototypisch für viele.
Und da mag es sein, dass sich manche erstmal besser verständigen können als andre; sollen die doch anfangen; wenn sie ihre Stellung konsolidiert haben. können sie vielleicht auf die ihnen Nächststehenden unter den „Andern“ zugehen – so, wie sie dann sind, werden sie für diese Nächststehenden vermutlich hinreichend interessant sein. Und so weiter… Nicht tritt also, bei diesem Ansatz, eine kleine Minderheit herausfordernd-missionarisch der Riesen-Rest-„Gesellschaft“ gegenüber; sondern immer nur Einzelne Einzelnen; von denen die einen besser miteinander verständigt sind, die andern schlechter; aber nur über Verständigung, Vermittlung, Austausch des je gemeinsam für wichtig Gehaltenen findet die Ausräumung der Differenzen statt. Und… immer ausgehend von den (missachteten) Bedürfnissen. Dafür… interessiert sich am Ende jeder.
HIer müsste nun gleich ein weiterer Gedankenstrang angeschlossen werden, wenn der Beitrag dadurch nicht viel zu lang würde: Darin müsste es darum gehen, wie sehr das „gesellschaftliche“ und „historische“ Denken der radikalen Linken sich im Bann der Einzelperson-übergreifenden Kategorien bewegt – und wie sehr es sich damit im Dunstkreis jener Denkweise aufhält, die ich als politische Form religiösen Glaubens bezeichne.
Nebenbei: Auch der Kapitalismus (bzw die Gründe seiner theoretischen Befürworter; einer kleinen Minderheit, wie ich schon öfter behauptet habe) mit seiner bodenlosen Überschätzung dessen, was „der Markt“ tut und kann, ist solch ein Form.
Es wäre darum angebracht, sich einmal näher damit zu beschäftigen, was (aus meiner Sicht) für religiöses Denken, sei es auf dem Gebiet der Welt im allgemeinen, sei es eingeschränkt auf politische und soziale Verhältnisse, charakteristisch ist – bei aller Fülle und Vielfalt.
Da hier, wie ich glaube, eine Erklärung auch für das Denken der Ökonomen zu finden ist, werde ich unvermeidlich darauf im Rahmen meiner Überlegungen zur Frage, wie Kapitalismus funktioniert (und warum er befürwortet wird), zu sprechen kommen.
…..
Naja, @Wat, „sie“ waren durchaus öfter mal „mehr“ zusammen, einzelne von ihnen waren es, sind es heute noch immer… da ist das „warum“ nicht so unwichtig, denn wenn rauskam, dass es dauerhaft doch gegen einen selbst ging, stand wiedermal (einmal mehr) das Ende des jeweiligen „mehr (als heute) zusammen Seins“ an. Neonazis und Ultras und Zeugen Jehovas sind zusammen… nicht mehr so ganz kleine Gruppen, das alles… aber du, schau, in deinem Text: bist nach dem Aufbau von Vertrauen in den neben einem im nächsten Schritt bei DER KLASSE. Oje. Wie geht das? Durch ganz viel „gemeinsam“… aha, Auseinandersetzungen, die schweissen wohl besonders zusammen?… Aber die Gemeinsamkeit soll ja erst hergestellt werden… wie die alten Griechen schon tautologisch witzelten, durch Gitarrespielen lernt man Gitarrespielen… Da ist das Problem: Wie werden die zwei nebeneinander Stehenden mehr? Und wie geht, was DIE verbunden hat, dann nicht wieder verloren?
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Zur „Inkommensurabilität“ von „knappen“ und „wachstums-fähigen“ Gütern
Allen ökonomischen Transaktionen zugrunde und voraus liegt die von ihnen zu organisierende, zumindest zu beachtende, zu erhaltende gesellschaftsweit-arbeitsteilige (Re)Produktionsstruktur. (Das Verhältnis zwischen der „Struktur“ und ihrer Gestaltung und Steuerung durch die „Transaktionen“ ist damit nur sehr vage angedeutet, davon wird viel ausführlicher zu reden sein.)
Ich habe eine sehr wichtige Folge der fortgeschrittenen Industrialisierung für diese Struktur angedeutet:
Es verschwindet zunehmend die Trennung in eine Produktionssphäre einerseits, wo ganz klar technische Beziehungen die „Lieferbeziehungen“ regulieren, und eine Austausch-, Handels- oder Zirkulations- und Verteilungssphäre, also einen Markt, andererseits, wo es die Beziehungen von Anbietern und Nachfragern oder auch Besitzern von (unter üblichen Bedingungen ihrer Produktivität) unterschiedlich arbeits-aufwendig herzustellenden Waren gibt.
Viele Produkte gehen jetzt, so wie ursprünglich bloss die Rohprodukte, in produktive Schritte vieler anderer Branchen ein (als Waren; als solche machen sie einem kurzen Zwischenschritt in und durch die „Zirkulationssphäre“ hindurch) – die technisch notwendigen Lieferbeziehungen spalten sich auch jenseits der eigentlichen Rohprodukte immer wieder auf, und viele dieser produktiven Schritte irgendeiner Branche benötigen Produkte vieler anderer Branchen: Es entsteht ein in sich unendlich vielfältig verzweigter Güter-KREISLAUF.
Etliche Abzweige führen aus diesem Kreislauf HINAUS, ohne dass etwas Güterartiges, Gehandeltes, produktiv Verwertbares zurückfliessen muss: Diese ständigen Abflüsse, die den zugrundeliegenden Kreislauf nicht verarmen und schrumpfen, sondern intakt bestehen lassen, wurden MEHRPRODUKT genannt.
((Wahrscheinlich hat überhaupt JEDE Gütersorte eine mehr oder weniger grosse „Abfluss-“ oder Abschöpfungs-Portion dieser Art.))
Man muss, genauer, sagen: Die herausführenden Abzweige und Abflüsse des Mehrprodukts fliessen nicht in die BESTEHENDE Reproduktion zurück. Wohl aber können sie, entlang genau der Liefer-Linien und sich dabei mit genau denselben Proportionen aufteilend, in denen sich auch die „regulären“ oder REPRODUKT-Anteile eines Gesamtproduktflusses (weiter, wie zuvor) jeweils verzweigen, fliessen, und so eine neue kleine Zusatz-Reproduktion eröffnen – in allen bisherigen Branchen wird einfach proportional MEHR produziert – was nichts andres heisst als: dass das ursprüngliche Reproduktionssystem expandiert wurde und gewachsen ist. Es muss das als ganzes tun, oder garnicht; denn auch die neuen und Zusatz-Produktlinien stehen in exakt denselben technischen Beziehungen, spalten sich mit exakt denselben Proprotionen, wie die schon bestehenden. In gewissem Sinn kann dieser Vorgang ständig wiederhlt werden, an sich ist – vom Standpunkt des bestehenden Reproduktionssystems – einzig von Interesse die RATE p(rofit), mit der dies Wachstum geschieht: Die „Grösse“ des Ausgangssystems interessiert nicht, sie kann =1 gesetzt werden; die Rate, mit der es pro Zeiteinheit t wächst, ist dann ein Wert >1, mit dem man jede Grösse des Systems multiplizieren muss, da sie mitwächst, r hoch (Zeitdauer T/t) gibt die Grösse relativ zum Ausgangssystem nach Verstreichen der Frist T an. – Soweit wird das Wachstum des Systems also bloss an sich selbst gemessen, es wächst relativ.
Natürlich gibt es auch ein Wachstum des „outputs“ jeder Produktionsstätte in absoluten, in Stückzahlen usw. So wie das System bislang beschrieben wurde, gibt es aber keine privilegierte Warensorte vom Standpunkt des Systems, alle sind gleich gut, um in absoluten Zahlen das Wachstum des Systems auszudrücken.
Genau das gilt nun aber nicht für die Rohprodukte (Kapazitäten), von denen das System notgedrungen bei jedem solchen (wie unterstellt, proportionalen) Wachstumsschritt eine ensprechende Zusatzmenge/anteil in sich einsaugt (im besten Fall; dh. was drin zirkuliert, wird vollständig wiedergewonnen, es geht kein Rohprodukt durch die Produktion verloren, es wird nirgendwo von einer auf dem jeweiligen Niveau erschlossenen Kapazität an derzeit nicht vermehrbaren Prosuktionsfaktoren (zB Energie) etwas unproduktiv „vergeudet“, sodass schon durch blosses Weiterlaufen des Systems ein Schwund oder Abfluss, Verringerung der verfügbaren Kapazität usw stattfindet).
Das Systen vergrössert sich, kann sich vergrössern, aber nur mithilfe entsprechend mitwachsender Massen/Anteile der Rohprodukte bzw Kapazitäts-Nutzungs-Niveaus.
Ein wichtiger Teilschritt in der Industrialisierung ist die ungeheure Steigerung von Produktivität und Menge in der Erschliessung und Aufbereitung, also in dem Sinn der „Produktion“, Förderung, Erzeugung von Rohprodukten.
Statt der notdürftig ernährten Kinder mit ihren Spitzhacken gehen untertage Fräsmaschinen auf die Steinkohleflöze oder Riesenbagger auf die Braunkohle im Tagebau los, werden Bohrungen vorgetrieben, womöglich offshore, fahren Erntemaschinen gleichzeitig über tausende Hektar Getreide-Feld usw.
All diese Maschinerie gehört dem Reproduktionssystem an, wird von ihm in seiner Peripherie, an den Berührpunkten mit der auszubeutenden, zu erschliessenden „Natur“ (dem, was daran interessiert) in Stellung gebracht. Die Lizenz, dies zu tun, wird von Eigentümern dieser Berührpunkte vergeben (oft genug an sich selbst: die Betreiber der Erschliessungs-Industrie sind dann auch Eigentümer des bearbeiteten Natur-Areals); und wie immer sie ihre Konkurrenz untereinander regulieren, wie immer sie die aktuell ihnen verbliebenen Abbau-Spielräume nutzen (lassen) – die globale Tendenz ist, früher oder (aus politischen Gründen oft sehr viel) später, dass mit schrumpfender Nutzungs-Kapazität die Forderungen an die Abnehmer steigen.
Die auf Dauer zunehmenden Forderungen dieser Lizenzbesitzer können, wie schon früher behauptet, nur aus dem (seinerseits zunehmenden) Mehrprodukt erfüllt werden; im Mass, wie das Reprosystem und/oder sein Mehrprodukt wächst, steigt die Nachfrage nach den Lizenz-Kapazitäts- und Rohmaterialgütern. Ein wachsendes Reproduktionssystem verliert darum notwendig immer grössere Teile der Zuwächse seines Mehrprodukts an die Lizenzbesitzer, solange bis weiteres Wachstum erstmal nicht lohnt, weil der gesamte Zuwachs verlorengeht, und Stagnation eintritt.
Das Gegenstück freilich zur zunehmenden Einengung der Überschussbildung in einem wachsenden Reproduktionssystem ist die bei Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion eintretende nachträgliche Einsparung von Lizenz-gebundenen Rohmaterien und Kapazitäten: Skalenvorteile. Auf Anhieb ist nicht zu sagen, welcher der beiden Mechanismen sich bei zunehmendem Wachstum stärker bemerkbar macht.
Das Eigentum an einer Stelle im Reproduktionssystem kann seinerseits, in gewissem Sinn, als Lizenz einer Beteiligung am (wachsenden) Mehrprodukt aufgefasst werden. Die Analogie zu den „(Abbau- und Erschliessungs-)lizensierten“ geht sogar noch weiter: Die Stelle hat den Charakter einer begrenzten Kapazität: Das Gesamt-Wachstum des Reproduktionssystems und seines Mehrprodukts (von dem immer geringere Teile „akkumuliert“ werden können, da genau von diesen Fraktionen dann immer grössere Tranchen an die externen Rohstoff-Lizenz-Eigentümer fliessen) ist limitiert – ein erschöpfbares Potential – und das um so schneller, je schneller das Wachstum stattfindet (dies gilt für die Erschöpfbarkeit der Rohstoffquellen bei gesteigertem Abbau genauso). – Aber hier endet die Analogie.
Denn, wo immer es für Kalkulation des Preises eines „knappen“, dauerhaft und „unabänderlich“ kapazitäts-begrenzten „Lizenz“-Produkts überhaupt eine Grundlage gibt, da besteht sie in der messbaren Annäherung an die bekannte Grenze. Wie und in welche Art von Preissteigerung man als Eigentümer diese Annäherung umsetzt, hängt im härtesten Fall (dem der „strategischen“ Rohstoffe) vom Willen der Eigentümer von Stellen im Reproduktionssystem ab, auf wachsende Anteile ihres Mehrprodukts zu verzichten. Es gibt hier aber letztlich keine Analogie zur Preisbildung bei Austausch-Vorgängen zwischen den Eigentümern endlicher Warenmengen (und das Nutzungsrecht zur Erschliessung eines endlichen Rohstofflagers oder einer nicht vermehrbaren Produktions-Kapazität hat diese Qualität), denn:
a) Die „Endlichkeit“ der „Wachstums-Kapazität“ hat keinerlei von ihren „Eigentümern“ von Anfang an bemerkbare Grundlage – sie gelangt einzig durch die Ansprüche der Besitzer von begrenzten Randbedingungen der wachsenden Reproduktion auf immer grössere Teile des Mehrprodukt-Zuwachses an deren ursprüngliche Produzenten und Eigentümer.
b) anders als beim „Vergleich“ des Austauschs zwischen „Knappheits-Gut“-Besitzern entscheidet über das Tauschverhältnis nicht der letztlich immer – relativ zum Angebot – ebenfalls limitierte Bedarf der Nachfrager (die ihr eigenes limitiertes Mittel zum Ausgangspunkt des Erwerbs weiterer, ebenso limitierter Tauschgüter benutzen müssen, und dabei die Nachfrage der diversen Abnehmer dieses als „Tauschmittel“ für seine Eigentümer fungierenden knappen Gutes ins Verhältnis setzen müssen zu dem, was sie damit ausser vom jeweiligen Anbieter je EINES gewünschten einzutauschenden Gutes sonst noch an andern Gütern eintauschen wollen: Ihr Tauschmittel ist einzige Grundlage zum Abarbeiten ihrer Präferenz- und Wunschliste).
Stattdessen steigert sich die Nachfrage des Reproduktionssystems genau im Mass, wie sie befriedigt wird (sieht man vom vorübergehend entgegenwirkenden Effekt der Skalenvorteile ab, der aber nie „global“ das tendenzielle „Knappheitsproblem“ der Reprodukrions-Produzenten beseitigen kann.). Während also zwischen Besitzern anderweitig „begehrter“ begrenzter und „mit sich“ nicht vermehrbarer Kapazitäts- und Gütermengen bei zunehmender Erschöpfung ihres als Tauschmittel einsetzbaren Vorrats (gewichtet mit seiner „Beliebtheit“ und „Präferiertheit“) grundsätzlich symmetrische Verhältnisse eintreten, gilt dies für die Gesamtheit der Reproduktions-System-Stelleninhaber nicht, im Gegenteil: IIHRE Knappheit entsteht (wie in a) eben vermerkt) ganz und gar aus den Forderungen der Knappheitsgut-Eigner, der sie keine vergleichbare „natürliche“ Begrenztheit ihres „Potentials“ entgegenzusetzen haben: Diese Eigenschaft „Begrenztheit“, und überhaupt der Quantität, kommt immer nur durch Anbindung an begrenzte und hinsichtlich ihres Quantums bestimmte Randbedingungen an das wachsende Reproduktionssystem. Die Tauschwerte der Waren innerhalb des Reproduktionssystems sind reine Verhältnis-Zahlen, das gilt auch für die Mehrpoduktrateen (und die Wachstumsrate p des Systems, die Korrekturfaktoren für die Angebots-Änderungen bei den Branchen mit von der „einheitlichen“ Wachstumsrate abweichenden Mehrprodukt-Raten bzw für die Entnahme-Produktion (Staats- und Luxus-Konsumtion sowie den Bedarf der Randbedingungs-Eigentümer, die sich Teile des Mehrprodukts aneignen). All diese Parameter bleiben – von weiteren Korrekturen durch vorübergehende Skalenvorteile abgesehen – unverändert entlang der proportionalen Ausdehnung des Reproduktionssystems pro Zeit – genauer, sie WÜRDEN unverändert bleiben, gäbe es nicht das schrumpfende Rest-Quantum an Randbedingungs-Fakroren, die mit Mitteln des Systems (im Gegensatz zu seinen eignen Bestandteilen) nicht vermehrbar sind, und den (aus ihrer Sicht, die auch die ihrer Vorstellung von Preisgestaltung entspricht) ständig wachsenden Zugriff auf die Mehrprodukt-Zuwächse, den die Eigentümer der Randbedingungs-Faktoren durch die drohende Verweigerung der nötigen Zusatz-Tranchen des jeweiligen Faktors zu erpressen versuchen.
Selbstverständlich gibt es für deren Käufer, also die im Reproduktionssystem agierenden Tausch-Partner der Rohstoff(lizenz)- und Begrenzte-Kapazitäten-Eigentümer Optionen, dem ihnen zunehmend abverlangten Verzicht auf Anteile der pro Zeit erzielbaren Mehrprodukt-Zuwächse (und derjenigen des zugrundeliegenden Reproduktionssystems, als Basis dieser Zuwächse) auszuweichen. All diesen Optionen ist gemeinsam, dass dabei das Reproduktionssystem UMGEBAUT wird, es hernach ein anderes ist als zuvor. Generell: Nachfrage verschiebt sich (man verzichtet darauf, das Wachstum auf eine bestimmte Weise zu erzielen – es herbeizuühren über ganz bestimmte Produktionslinien und Güter, die gerade dabei sind „zu teuer“ zu werden – darum muss Reproduktion oder p nicht gleich „schrumpfen“ (bloss die Nachfrage nach den „zu teuer“ und zu knapp gewordenen Gütern sinkt). Speziell aber: die Produktion wird technisch effizienter (gemacht) mit Blick auf diese Güter – die Ökonomie in der Verwendung dieser X-Güter wird gesteigert, die X-Produktivität steigt; oder aber, auch speziell: Die vorrangig mit X produzierten Güter werden nicht mehr nachgefragt, und ganz generell durch andere ersetzt.
Alle drei durchaus unterschiedlichen Vorgänge lassen sich, hinsichtlich ihrer Wirkung auf Reproduktion und Mehrprodukt, unter dem Begriff INNOVATION fassen.
Wir wirkt sich die auf die Tauschwerte aus? Wie misst und vergleicht man „Innovationseffekte“? (Also dieselbe Frage wie am Ende des vorhergehenen Beitrags…)
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Preiseinflüsse durch (nachgefragte) Innovationen und Produktivitäts-Erhöhungen
Das proportional mit einer (Profit)Rate p wachsende Reproduktionssystem existiert nirgendwo, es ist eine analytische Fiktion. Denn:. Ein modernes kapitalistisches System dieser Art ist eine permanente Baustelle – an allen Ecken und Enden sieht man Ersatz des Bisherigen (desselben Anbieters, oder vonseiten eines andern, der mit diesem ab jetzt konkurriert) durch anderes; man sieht „dasselbe, aber weniger aufwendig“, oder „dasselbe, aber in denundden Hinsichten verbessert“, oder „was Neues, das so bisher noch niemand gemacht hat“. All diese verschiedenen qualitativen Veränderungen des existierenden Reproduktionssystems fasse ich zusammen unter dem Begriff INNOVATION. Darunter fällt freilich mehr, nämlich jede Reaktion auf Verschlechterung von Reproduktions-Randbedingungen, angefangen bei der „Verteuerung“ von „immer knapper werdenden“ Kapazitäten.
Innovation, in diesem Sinn, kann somit bedeuten: Planmässig produktiver produzieren als zuvor, also gewollt; oder unter unabwendbar schwierigeren Bedingungen als zuvor „aufwendiger“ und „unproduktiver“, oder unter unerwartet „leichteren“ Bedingungen „weniger aufwendig“ und „produktiver“, Oder es kann heissen: teilweise GANZ andres und Neues herstellen, das bisher Mitreproduziertes ersetzt und verdrängt (das darum ab jetzt nicht mehr reproduziert werden muss). Das sind 2×2 Möglichkeiten, 1 schlechter, 3 (mutmasslich; warum sollten wir Neues machen, wenn es nicht besser ist als zuvor?) besser; 2 planmässig, 2 ungeplant und nicht gemacht.
Die Pointe bei dem allen ist: Der „Aufwand“ kann hier uU gleichbleiben; nichts muss „gewachsen“ sein, nichts sich an der „(Profit- oder Mehrprodukt-)Rate p“ geändert haben (obwohl so gut wie immer solche Änderungen AUCH stattfinden – sie MÜSSEN bloss nicht mit den genannten einhergehen); und doch… ist nach der „Innovation“ (der planmässigen wie ungeplanten) etliches im Reproduktionssystem anders geworden, anders gesagt: Es ist ein anderes (wenn auch nicht VLLIG anderes) Reproduktionssystem.
Die eben extra erwähnte Tatsache, dass ein solcher Weg von einem in ein anderes, neues Reproduktionssystem führen kann, während in den bisher erörterten Hinsichten alles gleichbleibt (auf Latein: „ceteris paribus“), weist darauf, dass man es hier mit einer dritten, von den andern beiden unabhängigen Einflussgrösse auf Preise, oder Hinsicht des Vergleichs von Waren vorher/nachher, zu tun haben könnte.
Die Besonderheit ist, dass die Einsätze (für Forschung, Entwicklung, Erprobung, tatsächliche Umsetzung und Investition) sich hier nicht wiederholen: Einmal in Gang gesetzt und „reproduzierbar“ gemacht, ist das Neue, die Innovation, eben Bestandteiil ihres Reproduktionssystems geworden und erhält sich von selbst, oder „wächst“ sogar (hat ein Mehrprodukt), wenn nicht äussere „Knappheiten“ ihr Schranken auferlegen; freilich ist durch sie dann auch das Reproduktionssystem in EINIGEN Hinsichten ein anderes und neues – da sind Änderungen in ihm, die sich nach allen Seiten hin ausbreiten (vorwärts auf die Abnehmer des oder der innovativen Produkte; rückwärts auf die Produzenten der Produktionsingredienzien – und mithin auf die ganze Strecke zwischen den beiden Gruppen).
Aus dem ursprünglichen Repro.system R1 führt ein mehr oder weniger langer Weg aus Umstellungen, Ansparen von Rückflüssen, Verausgabung von Ressourcen für fehlgeschlagene Versuche, schliesslich Neuerstellung von Produktionsanlagen, Einarbeitung von Personal etc zu dem neuen Repro.system R2. Ob das alles mit Mehrprodukt-Anteilen bestritten wird oder auch mit „zurückfliessenden“ Reprodukt-Gütern zum Ersatz verbrauchter Produktionsingredienzien, ist gleichgültig. Aber… wie sollen wir den erzielten Effekt messen? Wie und worin soll sich R1 mit R2 vergleichen lassen? Wir kennen zwar eine Vergleichsart für Reproduktionssysteme – nämlich proportionale Vergrösserung; da kann das spätere und aus einer Ausgangsform hervorgehende aufgefasst werden als mit einem Expansionsfaktor „gestreckte“ (oder auch gestauchte, im Fall der Schrumpfung) Version des ursprünglichen. Ein Vergleich dieser Art kann also nur gelingen, wenn wir einen von den zweien R1, R2 mit einer solchen Version des andern identifizieren können – genauer gesagt, wenn er sich aus einer solchen Version durch blosse Ver- und Umlagerung von exstierenden Produktionswegen, ohne zusätzliches „Wachstum“, herstellen liesse. Und genau so lassen sich die 4 Fälle von Innovation oben deuten:
1. „dasselbe produktiver herstellen“: Hier ist R2 – auf welche Weise auch immer – identifizierbar mit einem Teilsystem des früheren R1 – maW R1 ist irgendwie auf die Dimensionen dieses seines Teilsystems R1- „geschrumpft“ – und dennoch war das von den Betreibern des Reproduktionssystems „erwünscht“;
2. das Umgekehrte gilt im Fall des „gänzlich Neuen“, das ja aus Sicht der Betreiber etwas sein soll, das es „so“ davor nicht gab, das aber, sobald es verfügbar ist, sehr gerne genutzt wird: R2 enthält das R1 als Teilsystem, bzw. stellt eine Verbesserung gegenüber diesem Stand R1 dar, die von R1 aus bloss unter grossen Anstrengungen, dh durch Investition grosser Zuwächse (also Wachstum), hätte realisiert werden können: Wir identifizieren also das R2 mit einem imaginär gewachsenen R1+.
3. Mit 1. vergleichbar ist – nur aus umgekehrtem Blickwinkel, und verbunden mit „Unfreiwilligkeit oder Unerwartetheit“ – der Fall: Das System leidet unter Rückschlägen und verschlechterten Randbedingungen (die Anpassungsleistungen erzwingen; dh es wird irgendwie „aufwendiger“ betrieben und dabei auch umgebaut): R2 ist (wie in 2.) identifizierbar/äquivalent mit einer proportinalen Ausdehnung R1+ von R1.
4. Dasselbe für 1. ist der Fall der unerwartet besseren Randbedingungen, die es – nach Modifikationen – erlauben, auf einem Reproduktions-Niveau zu produzieren, das von R1 aus gesehen abgesenkt ist (anders ausgedrückt: in R1 „mitreproduziert“ wurde).
Oder kurz als Tabelle:
absichtlich: unabsichtlich: alternative Darstellung:
R2 in R1: produktiver (1) bessere Randbed. (4) R2<=>R1-
R1 in R2: Innovation ieS (2) schlechtere Randbed. (3) R2<=>R1+
Wir haben hier offensichtlich zwei völlig neue Vergleichskategorien, nämlich:
a) die Relation des „(gleichen/geringeren/höheren) Reproduktionsniveaus (wie)“, und
b) die Relation des „mindestens dasselbe Leistens wie, aber/oder noch etwas zusätzlich“.
Beide Relationen werden je zugleich benötigt, um die beiden Fall-Paare 1/4 bzw 2/3 zu charakterisieren:
1: R2 leistet oder würde leisten dasselbe wie R1 (=Relation a), aber auf einem gegenüber R1 abgesenkten Reproduktionsniveau R1- (=Relation b).
4: R1 leistet dasselbe wie zuvor auf einem gegenüber dem ursprünglichen abgesenkten Niveau R1-
2: R2 leistet oder würde leisten dasselbe auf dem gegenwärtigen Reproduktionsniveau von R1 (=Relation a), was R1 allenfalls auf einem gegenüber dem gegenwärtigen stark gewachsenen Reproduktionsniveau (=Relation b).
3: R1 könnte dasselbe wie bisher nur noch auf einem deutlich angehobenen Reproduktiosniveau leisten.
Anmerkungen und Erläuterungen hierzu:
i) Es fällt sofort auf, dass im ersten Fall 1/4 das Reproduktionsniveau als faktisch gesunken unterstellt ist, im zweiten Fall 2/3 hingegen als faktisch erstmal gleichgeblieben. In den Fällen 3 und 4 wird das Ausgangs-Reproduktionssystem „mit sich selbst“ verglichen (obwohl „es“ sich durch die unkontrollierten Einwirkungen geändert hat), bei 1 und 2 steht ein späteres (und in jedem falle „besseres“) Reproduktionssystem R2 im Mittelpunkt, es ist es, das durch den Vergleich mit Parametern des Ausgangssystems R1, aus dem es hervorgegangen ist, charakterisiert wird.
ii) Die Relation a benötigt zunächst keinen Massbegriff – es muss nicht gesagt werden, „wieviel“ mehr oder weniger geleistet wird; bloss, dass die Leistung eine „selbe“ ist wie eine andere.
iii) Diese (andere) Vergleichsleistung ist die eines Ausgangsreproduktionssystems, bei dem Wachstum und Schrumpfung in bekannten Massen dargestellt werden können; deren (Aus)Mass dient zur (indirekten) Darstellung des „Masses der Verbesserung“.
iv) Die Überführung von R1 in R2 soll möglich sein durch Umwandlung und Neuanordnung von Produktionszweigen OHNE dauerhafte Mehrprodukt-Akkumulation (obwohl vorübergehend zur Bestreitung des Umwandlungsprozesses Mehrprodukt des Ausgangs-Reproduktionssystems (R1) verwendet werden kann) dh ohne Wachstum, und auch ohne Schrumpfung dh übermässige Entnahme von Mehrpodukt auf Dauer, also unter Wahrung des Reproduktionsnievaus.
v) Unter Reproduktionskosten-Vorgaben (also denen eines gegebnen Reproduktionssystems) sind als einzige Änderung das proportionale Wachsen oder Schrumpfen, also Änderungen des Niveaus DIESES Reproduktionssystems, darstellbar. Dabei geht man davon aus, dass die proportionale Änderung auch mit entsprechendem Zusatz-Nutzen oder Nutzen-Verlust verbunden ist; auch wenn DER sich nicht wirklich beziffern lässt. Hier hingegen werden die beiden Dimensionen: „gleiches leisten wie“ (eine „Nutzen“-Kategorie) und „gleiches Reproduktionsniveau haben wie“ (eine „Kosten“-Kategorie) unterschieden – sogar für ein und dasselbe Reproduktionssystem (R1 in 2 und 4). Über die Relation des „selben Reproduktions-Niveaus“ bekommt der Nutzen-Zuwachs durch Änderung eines Reproduktionssystems in ein anderes zugleich ein MASS zugeordnet (vgl. iii eben), der DIESE Nutzen-Änderung unterscheidet von dem durch Wachstum.
Und genau da beginnt auch das Problem. Denn…
Das „Inkommensurable“ in diesem Fall ist: Es soll etwas dargestellt werden ALS OB es gewachsen und/oder geschrumpft (oder beides, womöglich zugleich: Innovation und Produktivitätserhöhung) wäre, was aber zugleich in der Definition dieser Art des Nutzenzuwachses ausdrücklich ausgeschlossen ist. Wie, wenn gleichzeitig tatsächlich auch noch Wachstum stattgefunden hat? Wie soll EINE Masszahl beiden oder allen diesen Vorgängen gerecht werden?
Vor allem aber: Der oder die Urheber, so die übliche Meinung, soll für die EINMALIGE und irreguläre Investition in Innovation und Produktivität „belohnt“ werden, der Nutzen, den er gestiftet hat, diesem Nutzen angemessen entgolten werden. Tatsächlich dehnt dieser Nutzen (an irgendeiner Stelle) sich (durch die zirkuläre Verbundenheit aller Stellen miteinander) auf das gesamte Reproduktionssystem aus. Das Entgelt wird also zurecht dem Mehrprodukt des neuen Reproduktionssystems entnommen, aber nicht auf Dauer. Die Frage ist, wie lange (eine Frage nach der Dauer von Patentschutz usw), und/oder wie der „Dämpfungsfaktor“ durch allmähliche Brechung eines relativen Monopols (das immer auch rechtlichen Schutz des „geistigen Eigentums“, Betriebsgeheimnissen usw voraussetzt) oder die Zinszahlung an einen Gläubiger/Investor sich gestalten soll – wie sich DIESE vorübergehende Privatisierung des Innovations- und Produktivitätsgewinns auf Preise auf diesen Grundlagen auswirkt. Wo immer einem ZINS (und seiner Einberechnung in Preise) etwas real neu zu Verteiilendes und Zugewachsenes zugrundeliegt, ist dieser Innovations-Preisbildungs-Mechanismus im Spiel. Es ist jetzt zu sehen, wie er mit den andern (Produktionspreis: Kost und Profit (aufgrund realen Wachstums) und „Knappheitsprämie“ (infolge zunehmender Aus- und Erschöpfung von Kapazitäten) interferiert.
…
Wal, dass Marx darüber nachgedacht hat, ist mir natürlich klar – auf seine Analysen zu diesen Themen möchte ich unbedingt später noch zu sprechen kommen. – Das mit dem Einzelkapitalisten ist insofern missverstanden, als ich ja gerade die GESAMTWIRTSCHAFTLICHEN Rückwirkungen SELBST isolierter Ereignisse der beschriebenen Art in Betracht ziehe, wieviel mehr, wenn sie flächendeckend ständig stattfinden (Wirkungen setzen sich in einem „Reproduktionssystem“ „vorwärts“ wie „rückwärts“ in die gesamte Rest-Produktionhineinfort…) . Und das neben und zusätzlich zu dem, was in den Beiträgen zuvor als Wachstum besprochen wurde. (Da deutet sich die angekündigte Abschweifung zum Thema BIP an). Und… die Schwierigkeit ist, dass die Folgen der Fälle 1-4 aus meiner Sicht keineswegs so eindeutig sind, wie es sich bei dir darstellt – zumindest in kapitalistischen Verhältnissen. Gerade WEIL jede Bewegung in dieser „Innovations“-Dimension mit beinah BELIEBIGEN Bewegungen in den anderen Dimensionen vereinbar ist, sagt der Preis, der durch all diese Momente gebildet wird, nichts Eindeutiges über sie aus. Und wenn man Summen solcher Preise,.etwa als BIP, bildet… dann kannst du dir vorstellen, was die Folgen sind, wenn ich recht habe. Aber ich stehe mit meinen Beiträgen zu dem allen noch ganz am Anfang. Lass mir noch ein wenig Zeit und Text, um die Gedanken genauer auszuführen. Ich hoffe, es ergibt sich etwas von allgemeinem Interesse…
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Preis-Kalkulation: Objektive Vorgaben, subjektive Schätzungen…
Es war die Rede von drei preis-bestimmenden Eigenschaften von Gütern bzw.Waren. Die wurden vorgestellt, und es zeichnen sich Widersprüche zwischen ihnen ab. Darüber möchte ich genauer nachdenken.
Zunächst: Es ist nicht gleichgültig, in welcher Reihenfolge die drei Preiseinflüsse behandelt werden. Sie bauen aufeinander auf, der zweite (Reproduktionskost und Wachstum) auf dem ersten (begrenzte Kapazität), der dritte (Innovation) auf dem zweiten. Allerdings ist dies Aufbauen nicht verbunden mit einer Integration dieses je andern Preisbildungs-Mechanismus:
Wachstum und auch nur Reproduktion setzen das Weiterfliessen der benötigten Rohstoffe und überhaupt Nutzbarkeit der begrenzten Kapazitäten voraus, und müssen das auch tun. Bloss: Nichts in der Preisgestaltung, die von ihnen abhängt, sieht Berücksichtigung von Begrenztheit oder Darstellung der Annäherung an diese Grenze vor. Ebenso: Nichts in den technischen Parametern, die durch diese Art der Preisbildung angeblich abgebildet werden Kost, Mehrprodukt), nimmt tatsächlich Einfluss auf die Verfügbarkeit der begrenzten Kapazitäten – ausser, dass sie eben immer weiter in Anspruch genommen und gebraucht werden. Im Grund gibts da nur eine Richtung, nämlich die auf die völlige Erschöpfung der jeweiligen Kapazität zulaufende. Der Kost+Profit-Preis („Produktionspreis“) aber lässt davon erstmal nichts erkennen.
Ähnlich für den Innovations-Mechanismus:
Der gesamte Reichtum, der in der Reproduktionssphäre zirkuliert und wächst, wird hier einzig unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass er Quelle potentieller Erträge ist – solcher, die in ein „lohnendes“ (mindestens Durchschnitts)Verhältnis zur mobilisierten Investition treten müssen. Und für solche Investitionen stehen alle Abteilungen des Reproduktionssystems bereit – mobilisierbar durch „Liquidierung“, Verwandlung in ein an beliebigen Stellen verwendbares Stück Fortschrittspotential, das nur eben am Ende sich „auszahlen“ muss – nämlich so, dass alles Verbrauchte (oder ein Äquivalent dafür, im neuen Reproduktionssystem) wieder hergestellt ist und erneut verfügbar; zum andern aber so, dass ein angemessen hoher Ertrag (bezogen auf die Zeit bis zu dieser Wiederherstellung und erneuten Verfügbarkeit des Investierten) dem Investor zufliesst.
„Ertragsfreies“ „blosses Tauschen“ oder „Zirkulieren“ hingegen sieht, verglichen damit, so aus: Man muss dafür immer schon was haben und weggeben, und bekommt ein „Äquivalent“ dafür – „Einkommen“ lässt sich so nicht erzielen. Der gesamte Reichtum (zu grossen Teilen Eigentum von „Privatsubjekten“ (das können auch mal Eigentümergemeinschaften sein: Erben, Teilhaber, Aktionäre ua) der Gesellschaft scheint somit zustandegekommen auf Grundlage von früherem Einkommen, im einzig mglichen Sinn, nämlich: Solch einmalig-innovativen und/oder riskanten Investitionen, bei denen die Wiederherstellung des Investierten (hoffentlich) erfolgreich ablief, und die die vorgestellte Rendite, die das Risiko, den Verzicht und/oder die Anstrengung rechtfertigen würde, tatsächlich eingebracht haben.
((Mit anderen Worten: In dieser Vorstellung vom Grund der Preise wird ausgeblendet, dass es verwertbaren Überschuss, das also, was hier Mehrprodukt genannt wurde, jemals geben könne. Die Vertreter der Theorien, die diese Art der Preis-Beeinflussung für grundlegend erklären zur Bildung ALLER Preise, kennen eigentlich überhaupt keinen produktiven oder sachlichen Grund für „Gewinn“ – ausser: dass jemand ihn bezahlen kann, indem er sich „verschuldet“. Warum man mit den kreditierten Schulden später überhaupt etwas, nämlich mehr kaufen kann, als vorher dawar, interessiert sie kein bisschen. So zB der unsägliche Paul C.Martin mit seinem „Debitismus“…))
Dabei besteht zwischen dem gesellschaftlichen Effekt der Innovation, und dem Versuch des Investors, der ihn erzeugt, daran befristet zu partizipieren, ein gewisses Spannungsverhältnis; das unvermeidbar bleibt in einer Form der Vergesellschaftung, wo die für Fortschritt nötigen Ressourcen allesamt in Privathand sind und es – trotz des (so zumindest die legitimatorischen Formeln) Allgemeinnutzens, der damit erzielt wird – eines Anreizes für Investoren bedarf, ihren Besitz der Entwicklung und dem Aufbau neuer Produktionszweige befristet zur Verfügung zu stellen. Mit dem Risiko schlimmstenfalls eines Verlustes, bestenfalls zumindest dem der Nichtverfügung bis zur Rückerstattung.
Die Kalkulation des Ertrages…
(der als Zins (als immer wieder vorübergehender Aufschlag pro Zeit auf die Kosten) oder Zins-Äquivalent („entgangener Zins“ infolge Nicht-Beteiligung an innovativen Unternehmungen) in jede Preisberechnung eingeht, die die Eigenschaft der „Innovativität“ einer so „bepreisten“ Gütersorte – oder spätestens anderer, mit denen sie verglichen wird, berücksichtigt)
…muss sich somit an das Ausmass halten, in dem ein Privatinvestor seinen realen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt als Mittel nutzen kann, um von diesem Fortschritt, bezogen auf Fristen (in denen er bereits zu Buche schlägt) möglichst viel zu profitieren – bevor dieses sein exklsuives (und eben als „Anreiz“ dienendes) Sondernutzungsrecht seine Wirkung verliert, und die Privatheit der Ausbeutung des Fortschrittseffekts zugunsten der Allgemeinheit verschwindet. Ob ein Kredit oder Investment „lohnt“, bemisst sich also keineswegs nur an den realen Vorteilen, die im Prinzip (nämlich als „auf gleichem Reproduktionsniveau mehr leisten als zuvor“ oder „gleiches leistend wie zuvor, aber auf niedrigerem Reproduktionsniveau“) durch den Fortschritt, und das auch noch in „messbarer“ Form, zugunsten des gesamten Reproduktionssystems erzielt werden. Sondern mindestens ebensosehr, wenn nicht stärker am Ausmass und Befristung der Chance auf exklusive Ausbeutung dieses Vorteils.
((Dazu muss der Vorteil selbst, als Grenze für diese seine private Ausbeutbarkeit, natürlich irgendwie bekannt sein, zumindest abgeschätzt werden können.))
Die Beobachtung, die sich hier ergibt beim Zustandekommen eines (vergangenen, noch nicht „abgeklungenen“) Innovations- (bzw. darauf bezogenen Investitions-)begründeten Preiseinflusses – sie lässt sich auf die andern beiden Preisbestimmungen ausweiten. Auch in diesen beiden Preis-Bestimmungen gibt es…
1… eine allgemeine, auf gesellschaftliche und technische Realitäten bezogene QUALITATIVE Überlegung, zB.
– „eine produktiv verwertete Kapazität ist begrenzt und nicht im Zusammenwirken mit anderem vermehrbar oder vermehrt erschliessbar“;
– „es gibt in jeder Branche unter modernen Produktionsbedingungen ein Mehrprodukt (über dessen Grundlagen wird zu reden sein)“;
– „ohne Erweiterung kann ein grösserer oder bei Schrumpfung kann derselbe oder ein grösserer Effekt erzielt werden durch Produktivitäts-steigernde blosse Neuanordnung und vorübergehende Nutzung von Teilen dieses Mehrprodukts (die anschliessend zurückgewonnen werden können)“.
2. Diese Qualitäten finden grundsätzlich ihren Niederschlag in der Zuschreibung einer – bei allen (in dieser Hinsicht vergleichbaren) Gütern messbaren – QUANTITÄT, die es erlaubt, im Prinzip aus den Verhältnissen von Quanten dieser Art die Tausch-Proportionen (oder Korridore, in denen sie schwanken) zwischen Waren der betreffenden beiden Arten zu berechnen, und diese Tauschproportionen somit als durch diese messbaren Eigenschaften bestimmt zu erklären.
3. Es ist aufgrund der vorausgehenden Sachverhalte angeblich gesichert, dass Preise korrekte Masszahlen für die betreffenden quantitativen Eigenschaften sind. Dabei bestimmt allerdings die Art der quantitativen Bestimmung, die zu jeder der drei möglichen „messbaren“ Eigenschaften einer Ware(nsorte) gehört, eine solche Masszahl wie ihren Preis leider nur sehr „tendenziell“:
a) Bei nicht vermehrungsfähigen Gütern (Kapazitäten) steht einzig fest, dass weitere Ausweitung ihrer Inanspruchnahme eine entsprechende Annäherung an den Punkt ihrer völligen Ausschöpfung bzw. Aufgebrauchtheit bedeutet: der Preis muss mit steigender Nachfrage IRGENDWIE steigen, um diese Annäherung abzubilden – wenn es ganz korrekt zugeht, müsste er das Gut kurz vor Erreichen des Erschöpfungspunktes unerschwinglich machen. Es steht aber nun überhaupt nicht fest, wie dieser grundsätzlich „monotone“ Anstieg des Preises in Abhängigkeit von steigenden Nachfragemengen gestaltet werden soll: Um „unerschwinglich“ zu werden, müsste der Anstieg irgendwann „maximal“ sein – aber was soll vorher sein – soll dieser unvermeidliche Schlussanstieg als „Knick“ ganz zuletzt kommen? Soll er möglichst früh möglichst weitgehend vorweggenommen werden? Soll er stetig oder diskret, in Stufen stattfinden? – Antworten auf diese Fragen finden in dem der Kalkulation zugrundegelegten Prinzip keinen Anhaltspunkt: Sie sind ganz und gar der Willkür überlassen, in dem Fall also: der Vorsicht, Bedürftigkeit ua der Eigentümer dieser Kapazitäten, die anderen ihresgleichen oder auch Reproduktions-System-Stellen-Inhabern die Nutzung dieser Kapazitäten gegen Entgelt anbieten.
b) Bei den Produzenten von Waren, die an einer „wachstums-fähigen“ Stelle im Reproduktionssystem entstehen, stellt sich die Sache vergleichbar dar: Zwar wissen sie, dass, wenn alles nach Plan läuft, sie bei Berechnung ihrer Preise berechtigt (und, in Anbetracht allfälliger Nachrüstung ihrer Produktionsmittel, auch genötigt) sind, ihren Kosten einen Gewinnbetrag aufzuschlagen – einen möglichst grossen sogar; und, dass im Erfolgsfall, sie dieses ihr Geschäft fortsetzen und den Vorgang (spätestens, wenn sie – eben dank der angemessenen Nachrüstung ihrer Produktionsmittel – in ihrer Branche „konkurrenzfähig“ bleiben) immerfort weiter wiederholen können – zumindest solange es Nachfrage nach Gütern ihrer Branche, im erwarteten Umfang, weiter gibt… Mit anderen Worten: Sie wissen GARNICHTS, nichts genaues – sie kennen die Parameter, mit denen sie die Kalkulation ihrer Preise erstellen müssen, nicht. Gerade eben mal sind ihnen ihre Kosten bekannt, auf die sie (falls sie mit dem Produzieren schon mal angefangen haben) in jedem Fall mindestens kommen müssen – oft nicht mal die, denn sie hängen stark vom erwarteten Umfang ihrer Geschäfte ab. So müssen sie mit einem blind geratenen Preis-Angebot ins Rennen gehen – an dem können sie dann unterwegs noch einiges verändern – die Investitionen sind dann aber getätigt, und lassen sich nicht mehr (das ist dann eben mal das „unternehmerische Risiko“) zurückholen. Erfolg oder Misserfolg ihrer Bemühung wird ihnen erst angezeigt im Zuge des Absatzes, der hoffentlich wenigstens die Kosten immer wieder einbringt, hoffentlich aber auch mehr… oder gar sehr viel mehr. Was an Bewegungen am Markt, für den sie produzieren, dahintersteckt, können sie oft genug nur ahnen – oder konnten es, allenfalls, wenn eine für sie drohende Entwicklung sich tatsächlicih in Gang setzt. Eine gewisse Sicherheit verschafft ihnen die Beobachtung der Markt-Lage ihrer nächsten Abnehmer – was sich dann bei DEREN Kunden abspielt, können sie nicht auch noch wissen. So ist Unternehmensführung ein permanentes Blindflugunternehmen.
((Wer aber allen Ernstes glaubt, daran ein Mittel zu haben und die Dinge beeinflussen zu können, der wird sich für jeden Erfolg wie Misserfolg verantwortlich fühlen, also sich seine „Fehler“ im zweiten Fall vorwerfen und seine Schläue im andern zugutehalten. Dabei klammert er sich an die wenigen Kontrollmöglichkeiten, die er tatsächlich hat (spätestens nach dem Misserfolg wird er die von ihm dafür verantwortlich gemachten Faktoren für solche erklären, die selbstverständlich unbedingt hätten beachtet werden müssen: Man KANN (konnte, hätte können, und wie!) erfolgreich sein…! Hinterher… konnte man alles vorher wissen…))
c) Der höchst indirekte Bezug des Motivs zur Beteiligung an innovativen Unternehmungen zu deren Effekten auf das Reproduktionssystem war oben Ausgangspunkt dieser Überlegung: Auch hier, nochmals kurz gesagt, tritt die ALLGEMEINE („kategoriale“) Erwartung, dass aufgrund der Innovation ein produktiv nutzbarer Kostenvorteil entsteht (was freilich auch nie GANZ feststeht, vor allem, wenn es um den Geschmack von Konsumenten, oder eben wieder die Kostenkalkulation der Abnehmer geht) in Verbindung mit der höchst unsicheren Berechnung, wie sich die eigene – immer bloss vorübergehende – Beteiligung an diesem Vorteil auswirken könnte.
Die Eigenschaften der Güter, die grundsätzlich ihren Preis und dessen Kalkulation bestimmen, machen somit nur eine Vorgabe – sie liefern die Kategorien, quasi das Formular, in das dann der Kalkulierende seine Schätzungen einzutragen hat – naja, sagen wir: wie in einen Lottoschein. Mehr als solche Schätzungen (und seine mehr oder weniger guten subjektiven Gründe, darauf zu vertrauen) hat er schliesslich nicht.
Dabei, so sagen die Ökonomen, die dieses „Wirtschaftssystem“ so grossartig finden, verfügt er über ein unschlagbares Informationsmittel, das ihm der Markt ganz unentgeltlich zur Verfügung stellt: die PREISE. Also das, an dem er selber (sofern Eigentümer, naja hoffentlich nicht grade bloss von Arbeitskraft; in dem Zusammenhang dann höchstens als Gewerkschafter vor Lohnverhandlungen) ständig herumbastelt, ohne recht zu wissen, wieviel wann wo von wem jenseits der Kostendeckung verlangt werden kann und soll. Also das, was ALLE mehr schlecht als recht zu erraten versuchen, soll, wenn sie nicht selbst die Hintergründe seiner Entstehung und Kalkulation kennen, um so objektivere Hinweise zur Mraktsituation geben? So gefragt, klingt es natürlich albern. Es soll das ja auch bloss IM PRINZIP sein – also auf Ebene der (durch die Bestimmer ihrer eigenen Preise näher zu kalkulierenden) preisbestimmenden Vorgaben. Wenigstens DARÜBER soll man, wenigstens IM PRINZIP, aufgrund der Preise von Gütern informiert werden: über die Knappheit der Kapazitäten, die bei Herstellung der Ware genutzt werden, über die angemessenen Tauschproportionen zweier beliebiger Paare von Waren; über Kostendeckung und Profitabilität, Erfolg oder Erfolgsträchtigkeit einer vorfinanzierten und so in die Wege geleiteten Innovation.
Das dumme an diesem Prinzip ist bloss: Es soll EIN UND DERSELBE Preis sein, der zugleich über alle drei Eigenschaften einer Ware Aufschluss gibt. Kann er das denn? Ist also „im Prinzip“ wenigstens alles Ordnung? Darüber will ich als nächstes reden.
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Die drei Preiseinflüsse: Wie sie zusammenarbeiten…
Ich hatte ausdrücklich gesagt, dass ich über drei Güter-EIGENSCHAFTEN spreche und die Art, wie sie sich im Preis der jeweiligen Güter niederschlagen – und nicht über drei Güter-ARTEN.
Denn… nichtmal der Preis von Rohstoffen und Energie, Naturprodukten, die nur durch Naturvorgänge entstehen und deren Vermehrbarkeit (etwa als Nutztiere und Feldfrüchte usw) natürlichen Schranken unterliegt – nicht einmal dieser Preis ist frei vom Einfluss der andern beiden Eigenschaften, die an diesen Güterarten eben sosehr anzutreffen sind wie an allen andern: Auch ihre Produktion oder Förderung ist Teil des gesamten Industrie-, also Reproduktionssystems (das nur, wie ich andernorts es ausdrückte, an die von ihm nicht hervorgebrachten Naturgüter „heranrückt“, um sie zu erschliessen, formen, rein darzustellen, aufzubewahren, und eben ggf. im Rahmen der naturgegebenen Schranken, zur Vermehrung zu bringen). In den Preis dieser „von Natur aus nicht, nicht beliebig, oder nicht aus dem Stand heraus vermehrbaren“ Güter gehen also auch Produktionskosten ein; so, wie die Anlagen zu ihrer Erschliessung und Nutzbarmachung auf vergangenen Innovationen beruhen können – mit Konsequenzen für den Preis. – So ist also ersteinmal JEDE überhaupt zum Verkauf stehende Einzelware, oder auch Kontingente pro Zeit der Warensorte, von der sie ein Exemplar darstellt, beurteilbar in allen drei Hinsichten – und aufgrunddessen in drei passenden Hinsichten bewertbar: Für ihre (Re)Produktion wurde zugegriffen auf erschöpfbare Ressourcen – deren Besitzer/Produzenten aufgrund des Wissens um die mutmasslich verfügbaren Restbestände den Preis ihres Naturgutes (oder für die fremd- oder selbstgenutzte Lizenz zu dessen Abbau) auf einen ihnen angemessen erscheinenden Stand angehoben haben – dieser Stand spiegelt also – in dieser „subjektiven“ Perspektive zumindest – wider, wie weit sich der Verbrauch durch das aktuelle industrielle Reproduktionssystem dem Punkt der Erschöpfung DIESER Ressource, von der es abhängt, genähert hat. Und das geht in den Preis JEDER Warenart ein, in deren (Re)Produktion zu diesem Verbrauch beigetragen wird – dadurch aber auch in den aller andern.
Es gibt also ein Zusammenspiel von Produktionspreisen (Kost+geschätzter Durchschnitts-Profit) und Knappheitsprämien oder -renten. Die SUMME aus beiden ermöglicht sehr naheliegende Überformungen der ursprünglichen Zusammenhänge von Nachfragemengen-Steigerungen und Angebotspreis-Erhöhungen – Zusammenhänge also wie diesem: dass bei anschliessend gleichbleibenden oder veränderten Abgabemengen: das Gesamtumsatzvolumen (Preis mal Menge) trotz Preiseröhung gesteigert, oder aber die Menge angepasst werden kann, sodass der Gesamtumsatz gleichbleibt; die Frage bleibt, was das für das Reproduktionssystem an Rückwirkungen bringt.
Der erste Zusammenhang dieser Art ist das Lohnendwerden kostenintensiverer Abbauverfahren bzw schwerer erschliessbarer Lagerstätten; zum neuen, relativ hohen Summenpreis kann die Angebotsmenge auf einmal wieder steigen (mit womöglich Skalenvorteilen für ALLE Rohstoffproduzenten; dieser Einfluss dämpft grundsätzlich den Preisauftrieb bei Nachfragesteigerungen), den Preissenkungen nach unten sind allerdings durch die Beteiligung der teuren Abbaukosten, die in jedem Falle anfallen, Grenzen gezogen. Investitionen in diese Lagerstättenerschliessung werden wahrscheinlich erst getätigt, wenn halbwegs sicher ist, dass diese untere Preisgrenze langfristig gehalten werden kann. (Würde die Angebotsmenge wegen einer Vielzahl von Wettbewerbern plötzlich steigen, könnte sich ein zyklisches Pendeln um die untere Grenze herum ergeben, dann auch scharfe Konkurrenz der neuen kostenintensiven Zweige dieser Rohstoffbranche – vermutlich bis relativ stabile Oligopole solcher Anbieter entstanden sind, die die untere Preis-Grenze durch bewusste Regulierung der Absatzmenge verteidigen.)
Ein noch komplexeres Zusammenspiel ergibt sich aus der Option, durch Entwicklung innovativer Abbau- und Verwertungsverfahren den Preisanstieg von Rohstoffen aufzufangen. Dabei wird es nun erst richtig komplex: Die Innovation soll einerseits Knappheitsprämien wieder reduzieren, also Mehrprodukt freisetzen und Profite (wieder) vergrössern. Andererseits soll der Lohn für die Innovation und Rückzahlung der Investition (Zins und Tilgung) aus der gesenkten Kost erwirtschaftet werden. Die Folge ist eine Art der Preisbewegung, die ziemlich genau dieselben Motive aufweist wie die Bewegung der Knappheitsprämie als Preisbestandteil. Der Unterschied ist einzig, dass in der innovations-begründeten Abwärtsbewegung der veränderte Angebotspreis den Anfang macht; in der wachstums-begründeten Aufwärtsbewegung hingegen die Nachfragemenge. Verwirrend daran ist, dass Abwärtsbewegungen natürlich AUCH durch Nachfragereduzierungen aufgrund von anderweitigen Innovationen im Reproduktionssystem möglich sind… und ebenso Aufwärtsbewegungen durch ebenso anderweitige Verschlechterung von Reproduktionsbedingungen (der Produktionsfaktoren des Rohstoffs), also Preisänderungen. Aus Preisbewegungen (der faktischen Transaktionen; die womöglich noch Durchschnittspreise sind, um die Einzelverkaufspreise herum oszillieren) lässt sich somit nicht eindeutig auf die Ursache schliessen, sofern die nicht anderweitig bekannt ist. Dasselbe gilt aber auch für die Veränderungen von Angebots- und Nachfragemengen, wie die Möglichkeit der kostenintensiveren Gewinnungsverfahren zeigt. Der je angebots- und nachfrage-begründete Preis-Mengen-Zusammenhang (die Kurven und ihr Schnittpunkt) ist von Faktoren überlagert, die jede berechenbare Beziehung zwischen beidem unmöglich machen.
An dem genannten Widerspruch von generalisiertem Innovations-Gewinn (dasselbe produktiver, oder zuvor bzw ohne die betreffende Investition Unerschwingliches mit gegebnen Mitteln überhaupt herstellbar) und seiner privat „lohnend“ zu gestaltenden Verwertung laboriert, unabhängig vom Einfluss auf Knappheitsprämien (einem Spezialfall) die gesamte Gruppe der Innovations-begründeten Preiseinflüsse. Der Widerspruch beginnt bereits mit der ganz anderen Art, wie dieser Preisnestimmungs-Grund seinen Einfluss entfaltet, nämlich als einen doppelten: hier wird die investierte Kost grundsätzlich nicht reproduziert, denn das erarbeitete „Gut“ in Gestalt eines installierten (Re)Produktionsverfahrens erhält sich (spätestens als Wissen von ihm, meist aber eben als fest etablierter Produktionsbetrieb und Anbieter am Markt) selbst – als ab dann (im Erfolgsfall) stabiler Bestandteil des (neuen, eben innovativ veränderten) Reproduktionssystems. Der Lohn des Investors zusammen mit der Rückzahlung seiner ausserordentlichen (einmaligen, sich nicht wiederholenden) Aufwendungen für Forschung, Entwicklung, Neu-Einrichtung von Produktion und Vertrieb (oder Abänderug eines bestehenden) bildet einen befristeten Dämpfungsfaktor für den letztlich zu erzielenden Vorteil – er macht sich bemerkbar als unausgeloteter Preissenkungs-Spielraum. Der erstreckt sich zwischen dem (auch fiktiven: für die im alten Repr.Niv. „unerschwingliche“ oder sehr hohe Aufwendung) Status quo, der unterboten werden muss, und dem letztlich aufgrund der Innovation gesellschaftlich möglichen Reproduktionsniveau für das innovative oder produktivere, schliesslich auch einmal das unter verschlechterten Bedingungen aufrechterhaltene oder wiedergewonnene RN.
Es ergibt sich eine lange Reihe aus möglichen Investments mit je unterschiedlicher Fristigkeit, abschätzbarer Lukrativität (übersetzt in erwartbare Tilgungs- und Zins-Zahlungsfähigkeit der Schuldner aufgrund ihres erwartbaren Innovationserfolgs) und Ungewissheit (im Zins repräsentiert als Risikopämie). Diese „Präferenzen“ (aus Sicht der Kapitalgeber) werden in dem einzigen „Preis des Kredits“ namens Zins (und Tilgungsvereinbarungen) zusammengefasst. Die entfernte Ähnlichkeit mit der „Knappheitsprämie“ bzw dem Tausch zwischen Besitzern knapper Güter UNTEREINANDER (der schon bei der Ausweitung auf die Besitzer von absolut wachsendem Mehrprodukt im Rahmen eines Reproduktionssystems ihre Grundlage verliert) legt es auch hier nahe, „Anbieter“ und „Nachfrager“ von „Kapital pro Zeit“ am Werk zu sehen; nur, dass es sich bei den Nachfragern um Schuldner handelt, der ihnen ausgehändigte Betrag ist ausgegeben, und der Erfolg der Anlage ist ungewiss. Nicht einmal der „Preis“ für die „zeitweilige Überlassung“ von Kapital ist zu dem Zeitpunkt verfügbar. Noch eine Stufe verrückter wird die Analogie, wenn der Kreditgeber als innovativer Unternehmer bei einer innovativen Investition dieses aparte Handelsverhältnis zu sich selbst eingeht.
Richtig ist aber, dass es von der Bereitschaft vorhandener Kapitalbesitzer (Rückflüsse, Mehrprodukt) abhängt, inwiefern die imaginäre Reihe der abnehmend lukrativen/sicheren/kurzfristigen Anlagen realisiert wird, also „Kreditnachfrage“ mit gegebnem Zinsniveau befriedigt wird, umgekehrt auch von der Menge der so bewertbaren Innovationen aller Art, ob Kapital in dieser Weise überhaupt „angelegt“ werden kann – beides kann gegen das andre schrumpfen oder wachsen, und das in Reaktion auf Schrumpfen und Wachsen des (von einer der beiden Seiten angebotenen) Zinses. Der Zins mag in Abhängigkeit von diesen Bereitschaften und Innovations-Optionen ebenfalls steigen oder fallen, aufgrund der mehr oder weniger sinnvollen subjektiven Kalkulationen der Beteiligten an Kreditverhältnissen – der objektive Erfolg einer Innovation wird dadurch leider nicht beeinflusst (sie wird zB nicht erfolgreicher, wenn die Risikoprämie steigt).
Der Begriff „Reproduktion“ suggeriert einen in sich stabilen Zustand (sogar, wenn es dabei, paradox genug, um ein stabiles Wachstum mit konstanter Zuwachrate handelt), dessen Bestand allein durch äussere Einflüsse gefährdet, zumindest verändert werden kann (günstig, ungünstig; mit der Zuwachsrate als dem entscheidenden Angriffspunkt für Einflüsse). Die Einführung der Möglichkeit von Innovationen verändert dieses Bild dramatisch.
Vor allem, weil sich nun über mehr oder weniger lange Fristen mehr oder weniger viele Branchen des Systems in einer Verfassung befinden, die dem einen Reproduktionssystem nicht mehr und dem andern noch nicht angehört: Es sind ja nicht nur Bestandteile des Mehrprodukts, die investiert werden (wenn auch sie im besonderen Mass zu Neu-Investitionen herangezogen werden; was sich aber bei bisherigen Verwendungen des Mehrprodukts bemerkbar macht, Ungleichgewichte schafft usw); sondern Ressourcen des Ursprungs-Systems werden von ihren bisherigen Verwendungen abgezogen (die für die bisherige Variante angesparten Rückflüsse werden für andres ausgegeben), und in hoffentlich erfolgreiche neue eingespeist – die zugehörigen Zirkel haben sich aber noch nicht geschlossen, die „Reproduzierbarkeit“ und dauerhafte Zusammenarbeit mit den andern reproduktiven Anteilen des neuen Systems müssen sich erst noch zeigen. Als ob quasi ein Zweig herauswächst und eine Anschluss-Stelle im System sucht, die iihn zu einer Schleife des Systems macht.
Solange diese Schleife nicht geschlsosen, und die Teilhabe am (neuen) Reproduktionssystem nicht gesichert ist, ist der Abfluss, sei es aus dem Mehrprodukt, sei es aus Reprodukt-Rückflüssen des Ursprüngssystems, wie eine Entnahme; findet sie nicht den erhofften Anschluss, ist es eine Fehlinvestition, uU grösseren Ausmasses, die das System sogar schrumpfen lässt, zumindest sein Mehrprodukt. Die Frage ist, wie ein Produktionssystem sich ändert, in dem eigentlich überhaupt kein Zweig, keine Branche mehr existieren, die nicht in diese „Suche“ nach Anschluss und Stabilisierung einbezogen wären (so, wie zuvor in ein „Reproduktionssystem“) – und das gilt sowohl für die Nachfrage, auf die ein Produkt bzw seine Produktionsstätte (Betrieb, Unternehmen) trifft – denn wie soll unterschieden werden, welchen Zwecken die Abnehmer das Produkt zuführen, und woher ihre Zahlungsfähigkeit rührt? oder wie und wodurch ihre Zahlungsbereitschaft abgelenkt und verändert ist? – , als auch für das Angebot, das es selbst darstellt: In ihm mögen innovative Produktionsweisen realisiert sein, deren Fehler sich noch nicht gezeigt haben, oder deren Überlegenheit sich erst nach einiger Zeit (und bei erfolgreich vergrösserter Absatzmenge, unter Verdrängung von Konkurrenten) auszahlt; ebensogut kann es ein durch dieselben Mechanismen, von denen es profitieren will, unter Druck gesetztes (verdrängtes) sein.
Das Reproduktionsniveau sinkt im Fall von Innovation und erhöhter Produktivität – eigentlich würde es schlagartig auf sein neues, niedrigeres Niveau fallen (vorausgesetzt, dass ausgehend von dem innovativen Produkt bzw. Branche der Kreislauf (meist unter Verdrängung anderer Produkte, Nachfrage-Verschiebungen) sich schliesst), wenn nicht – sei es durch Konkurrenz, sei es im eignen Interesse des Anbieters der veränderten Produkte – sich die anfangs „überhöhten“ Preise („Extraprofit“) anpassen würden; aus dieser Differenz werden Zins und Tilgung (falls nötig) bestritten. Es wird damit vollends unübersichtlich, in welche Abteilungen ein Preis (der Produktfluss pro Zeit, gemessen in Preisen; der Preis der Einzelware – beides als Mittel, Kost, Profit und Zins zu erwirtschaften) zerfällt bzw welche Einflüsse darin rationellerweise zu berücksichtigen sind- aufbauend auf den drei verschiedenen Rollen, die das jeweilige Produkt im Reproduktionsssystem oder aufgrund seiner Vorgeschichte spielt. Produktivitätserhöhungen betreffen Re- und Mehrprodukt in gleicher Weise, lassen also erstmal die Profitrate unberührt; Innovationen führen fast immer zu mehr oder weniger grossen Nachfrageverschiebungen (neue Produktionsfaktren werden gebraucht, andere Anbieter vom Markt verdrängt oder zu Reduzierungen gezwungen).
(Die Frage, was überhaupt Einfluss auf die (gesellschaftliche oder individuelle) Profitrate hat, sollte noch genauer erörtert werden – eigentlich die Frage: Wieso es ein Mehrpodukt gibt?) Den ständigen Preiseinflüssen durch Innovation (meist in Richtung Absenkung; aber es gab ja auch den Fall der „Verschlechterung“ der Reproduktionssituation) überlagert sich die „Wachstumsbewegung“ des Systems, die sich allerdings selbst limitiert – wenn ihr nicht produktivere oder auch teurere Weisen der Rohstofferschliessung und -produktion entgegenwirken. Wie sollen die, die als Verkäufer Preise zu kalkulieren und als Käufer sie zu bewerten haben, in all dem den Überblick behalten? Das einzige, woran sie sich, kurzfristig genaug, orientieren können, ist der Absatz – stockt er oder beschleunigt er sich? Die nächste Frage ist dann schon: Sollen sie, können sie (noch) den Preis verändern, sollen (oder können) sie die Produktion ausweiten (dadurch Skalenvorteile nutzen), oder in teure, aber langfristig kostengünstigere Produktionsanlagen investieren? Sie wissen es nicht, und sie können es nicht wissen. Unzählige Fehlallokationen, sowohl individuell, als auch gesellschaftlich, sind der Preis dafür, dass hier eine modern-arbeitsteilige Gesellschaft ihre Riesenreproduktion, und sogar noch deren Fortschritt, bewältigen will ohne Abstimmung ihrer Einzel-Produktionen. Das „funktioniert“, weil es alternativlos ist. Aber WIE „funktioniert“ es?
Vor allem sorgt es für die (von der Erfahrung her nicht bestreitbare) Tatsache, dass ganz generell Kosten oder Investitionen in gegebnen Fristen sich „bezahlt machen“ – dass erwartet werden darf, dass die Einsätze nicht etwa aufgezehrt werden, sondern in kalkulierbaren Fristen, womöglich geteilt in Tranchen, aber zuletzt mit einem Aufschlag, zum Investor zurückkehren. Und das ganz unabhängig davon, ob er durch sein Investment Besitzer (von Anteilen) eines exklusiven Nutzungsrechts von nutzbaren und benötigten Naturprodukten (und der Industrie zu ihrer Herstellung oder Förderung) wird, oder einer Produktionsstätte im Rahmen des ständig „wachsenden“ industriell-arbeitsteiligen Reproduktionssystems der Gesellschaft, oder (auch indirekt, als Kreditgeber, Aktionär usw) einer erfolgreichen „(Geschäfts)Idee“ und ihrer produktiven Umsetzung. Die Frage, wie der Gewinn zustandekommt, ist angesichts dieser Vergleichbarkeit der Investments ein Rätsel. Aber… SIND sie denn tatsächlich in dieser Hinsicht vergleichbar?
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Die drei Preiseinflüsse: … wie sie sich dabei nicht in EINER Preisgrösse fassen lassen (Teil 1)
Der Gedanke, dass eine Geldsumme, in gleich welcher der drei ertrags-trächtigen Anlageformen investiert, pro Zeit bestimmten Gewinn abwerfen müsse, scheint ein bei allen Unterschieden Gemeinsames der drei Formen zu sein – und somit eine Hinsicht, in der sie vergleichbar sind. Vorausgesetzt ist, dass das mit der angelegten Geldsumme gekaufte „Geschäftsmodell“ ein am Markt erfolgreiches ist: Verfügbarmachen eines „knappen“ Roh- oder Hilfsstoffs, Produktion einer für Erhalt und Ausweitung der gesellschaftlichen Reproduktion benötigten Warensorte (in marktüblicher Qualität), Produktion und Umsetzung einer gefragten innovativen oder produktivitäts-steigernden Erfindung. Voraussetzung scheint immer ein Warenlager, dessen Erwerb oder Herstellung mit Kosten verbunden war; der erfolgreiche Verkauf der Waren Stück für Stück zu einem Preis, der über den Kosten (umgerechnet auf die Einzelware) liegt, bringt nicht nur die Auslagen für die Kosten zurück, sondern noch einen Aufschlag. Das ganze kann dann immerzu wiederholt werden – womöglich (aber das kann der Eigentümer frei entscheiden) unter Einbeziehung des Aufschlags: Das nächste Warenlager ist dann grösser, zumindest werthaltiger als das vorhergehende.
Aber auch die Vorstellung, dass jede Ware etwas nicht beliebig Vermehrbares, jedenfalls nicht von jedem, nicht von dem potentiell daran Interessierten, nicht jetzt, nicht mit seinen Mitteln usw Vermehrbares oder auch nur Reproduzierbares (vom potentiell Interessierten ohne weiteres mit eigenen Mitteln Produzierbares) an und in sich hat, hat ihre Berechtigung – sie, und die Idee, dass ein anderes, das wiederum dem Anbieter dieser Warensorte nicht oder nicht ohne weiteres zugänglich ist, aber dem potentiell Interessierten gehört, zum Erwerb der angebotenen Ware weggegeben werden muss, und auf die Weise beide Interessenten unter Weggabe von etwas für sie weniger Interessantem zu ihrem Vorteil kommen: Die Kombination aus Noch-nicht-Weggegebenem und Neuerworbenem nach dem Tauschakt ist für beide vorteilhafter als der ursprüngliche ausschliessliche Besitz des kompletten Ausgangswarenbestands, unter Einschluss des hernach Abgegebenen.
Schliesslich das spekulative Element könnte auch überall mit am Werk sein: Dass wir gerade das Richtige, für einen nächsten und höchst produktiven, gewinnträchtigen Schritt Benötigte besitzen und zur Verfügung stellen können – und so den erzielten Erfolg für uns optimieren, indem wir von allen solchen Schritten die je weitestreichenden zu unterstützen versuchen – mit den entsprechenden Rückwirkungen für uns. Falls es gelingt…
(Dahinter steht die Idee, dass, wer riskant und schlau genug ist, die eingekauften Geschäfte wechselt – und eben immer nur zu den lukrativsten – wobei es dann quasi immer auch um eine Wettsumme geht – eine Wette etwa mit den Käufern der Geschäfte, die man loswerden will – und den Verkäufern derjenigen, die man haben möchte, WIEVIEL lukrativer das eine verglichen mit dem andern sein wird… Ob man da selbst was sieht, was die andern nicht sehen, ist also eine Art Wette… und die geht über den Preis, den das gekaufte oder verkaufte „Geschäft“ kosten soll – in (möglicherweise irrtümlicher) Erwartung weiterlaufender oder demnächst sich (für die Normal-Marktteilnehmer unerwartet) einstellender Erfolge.
Aber zunächst soll das Verhältnis der ersten beiden Preiseinflüsse genauer betrachtet werden (es ist ja immer schon vorhanden, wenn der dritte seine Wirkung zu wirken beginnt – oder etwa doch nicht?).
Was würde eigentlich geschehen, wenn die Produzenten des Repro-Systems sich schrankenlos an den nicht vermehrbaren Ressourcen für ihr Wachstum bedienen könnten?
Was würde geschehen, wenn obendrein es aus dem System keinerlei Entnahme gäbe, also das Mehrprodukt als ganzes im System verwertet werden könnte?
Das grösste Problem, das sie dann haben – und es ist ein kein geringes! – wäre die Umstellung und Anpassung der System-Einzelbranchen (bzw Gütersorten) an die Tatsache, dass die Mehrprodukt-Raten in jeder einzelnen dieser Branchen anders sind als in den andern. Wobei… die Definition von Reproduktivität und damit dessen, was „ihm dauerhaft entnommen werden kann, ohne den zugrundeliegenden Produktionsprozess zu beschädigen“, ein weites Feld ist; denn es ist verbunden mit dem Begriff RISIKO oder seinem Komplement, SICHERHEIT – also Reservenbildung, Vorsorge, Vorbeugung, Nachhaltigkeit, Haltbarkeit, Robustheit von Produkten und Produktionsprozessen (dem stehen andere Qualitäten entgegen, die „kurze Lebensdauern“ und „suboptimale“ Lösungen bei eher geringer „Sorgfalt“ nahelegen wie: Flexibilität, leichte Herstellbarkeit aus Billigmaterialien, Einmalgebrauch für sehr spezielle Fälle (das gilt oft auch für Verpackung, Transport ua). Fast immer verweist „Verfügbarkeit zu niedrigen Preisen“ auf leichten (eben billigen) Zugang zu Ressourcen (auch der Abfallentsorgung) und/oder leicht verarbeitbaren Ausgangsmaterialien – das legt Inkaufnahme hoher Durchsatz- und Ausschussraten, Anfälligkeit wegen der leichten Ersetzbarkeit, „Einmalprodukte“ statt wiederverwendbarer nahe. Der Zusammenhang zum Ausmass der „Entnahme“ aus dem Reproduktionsprozess besteht hier insofern, als hier auch die nicht-reproduktiv wirksamen Verwendungen von (Mehr)produkt zugreifen auf die leichtverfügbaren Ressourcen, die grundsätzlich ausserhalb des Systems liegen, und dadurch indirekt zu ihnen ein Verhältnis einnehmen; das System fungiert hier mit Bezug auf diese Ressourcen als blosse Durchfluss-Station. Hingegen werden die system-eigenen Produktionskapazitäten und Ressourcen für die Herstellung der aus ihm abfliessenden Güter ebenfalls in Anspruch genommen, und stehen insofern weder der Systemerweiterung noch eben der Sicherung der System-Reproduktivität zur Verfügung. (Die Reduktion dieser „inneren“ Reibungsverluste und nötigen Aufwände im System, womglich sogar bei vermehrtem Verbrauch externer (Natur)Ressourcen, ist auch der Kern von Produktivitäts-Steigerungen und Innovationen generell.)
Jedenfalls: Dass es Branchen-Mehrprodukte und, nach allfälligen Anpassungen der Beiträge der Einzelbranchen zu diesem Mehrprodukt, auch ein das System pro Zeit ca. in den bestehenden Proportionen („ca.“ wegen Skalenvorteilen, die die Proportionen wiederum verschieben) erweiterndes Gesamt-Mehrprodukt gibt, ist der Produktivität des GESAMTEN Reproduktionssystems zu verdanken – dem Abbau „innerer“ Reibungsverluste in der Re-Produktion seiner selbst. Um das Mehrprodukt (letztlich sogar seine „Definition“) kämpfen/konkurrieren freilich nicht nur die Optionen auf System-Erweiterung, sondern auch der Bedarf, der aus Innovations-Experimenten entsteht (die sich auch aus aktuell nicht gebrauchten, sofern sich aufstauenden Produkt-Rückflüssen speisen können), die „konsumtiven“ Abflüsse (vor allem: Luxus, Staat) sowie die mit der Absolutgrösse des Systems (also seinen Erweiterungen) und speziell der der Abflüsse anwachsenden Entgelte für Inanspruchname von nicht im System vermehrbaren Ressourcen-Kapazitäten (abgesehen von den technologisch anspruchsvollen „teureren“ Erschliessungen solcher Kapazitäten bei Erreichen einer Kostenschwelle, vgl. den Anfang des letzten Beitrags).
Also das Reproduktionssystem und sein Mehrprodukt WÄCHST. Allerdings nur solange, wie die nicht oder nicht schnell genug mitwachsenden Randbedingungen seiner Aufrechterhaltung bzw. Erweiterung (Rohmaterial, Energie, verfügbare Fläche für bestimmte Zwecke, speziell zB Abfallentsorgung) ihm den nötigen Expansionsraum gewähren. Nichts in der Preisgestaltung des Systems selbst weist auf die Annäherung an eine solche Grenze hin. Das wurde schon gesagt, so wie auch schon gesagt wurde, dass die Wachstumsverlangsamung (Akkumulationsbeschränkung) durch die externen Preiserhöhungen für knapper werdende Randbedingungs-Kapazitäten sich als veränderte Wachstums- alias Profitrate niederschlagen; im Rahmen von NUR wachstumsbezogenen ökonomischen Kategorien und ihrer „Repräsentanz“ im Preis (Kost+Durchschnittsprofit) gibt es aber keinerlei Möglichkeit, auf diese Wachstumsbremse, die schliesslich in Stillstand mündet, zu reagieren. (Ausser… Innovationen. Dazu gleich mehr.)
Das proportionale Ausweiten der bestehenden reproduktiven Anteile ALLER einzelnen Warenproduktionen – entlang der für Reproduktion des Bestandes nötigen technischen (Kreislauf)Beziehungen – , also das „Akkumulieren“ ohne Innovation, einfache Wachsen, ist noch der simpelste Akt in dem ganzen Wachstumsgeschehen. Nichtmal ER ist (wie eben schon gesagt) ganz einfach, weil die einzelnen Branchen unterschiedliche Überschussraten haben, sodass es allein schon darum zu unübersichtlichen Mengen- und Preisanpassungen kommen muss (ähnlich jenen, die Marx bei der Bildung der Durchschnittsprofitrate am Werk sah). Das wird dann noch verwirrt und gestört durch die „Skalenvorteile: dazu gehörende Anpassungsprozesse überlagern und komplizieren die weiter ablaufenden ursprünglichen.
Aber dazu kommen nun die mit verschiedensten Motiven und Zielsetzungen ausgeübten Nachfrage-Profile derer, die als Staat oder Rendite- und Renten-Bezieher, als Sparer und/oder Innovations-umsetzende Investoren auf Tranchen der Mehrprodukte einzelner Branchen zugreifen und dadurch das Nachfragebild für das Einzelunternehmen völlig undurchschaubar und unberechenbar machen. Wer kann denn wissen, wieviel vom im vorhinein kalkulierten Kost+Profit-Preis, den er mit seinem Warenausstoss erwirtschaften muss bzw möchte, so, wie er ihn ausgelegt hat, um konkurrenzfähig zu sein, auch wirklich abgenommen wird? Jedenfalls üben all diese Eigner von Anteilen des Mehrprodukts Nachfrage nach den oder jenen Gütersorten (und damit immer auf die dahinterstehenden Produktionsmittel- und Vorprodukt-Branchen) aus – und eröffnen oberhalb der (ihrerseits schon schwankenden, siehe eben) „reproduktiven“ Nachfrage eine zweite, davon völlig verschiedene Markt-Ebene, auf der durch Abverkauf eigener Überschüsse (Mehrpoduktanteile) Zahlungsfähigkeit zum Erwerb anderer solcher Anteile entsteht – zu welchen Zwecken das, was damit eingekauft wird, auch immer verwendet wird: Akkumulation, Staat, Luxus, Innovation.
((Merke: Mehrprodukt-Handel findet also primär erstmal statt zwischen Eigentümern von Einzel-Mehrprodukten 8egal, wieviel sie ansonsten bereits an Waren der je selben Sorte im rahmen der zugrundeliegenden Reprodukt-Nachfrage verkauft haben. Allein die völlig irregulären und nicht unbedingt langfristigen Lieferverhältnisse und ständig wechselnden Nachfragen verbieten es, die Kriterien der „Wert“-Zuschreibung ohne weiteres auf die MEHR-„Wert“-Abteilung auszuweiten…))
In diese Gruppe der Mehrprodukt-Eigner stossen die Besitzer nicht vermehrbarer Randbedingungen der Produktion (der Lizenz, sie zu nutzen) im Mass vor, wie die von ihnen freizugebenden begrenzten Kapazittäen schrumpfen. Der Staat schöpft auch ihre Steuern ab, sein Zugriff auf das Mehrprodukt ändert sich nicht; aber die Einkommen der sonstigen Mehrprodukt-Nutzer steigen ab da nicht mehr so schnell wie das Mehrprodukt selbst – selbst wenn sie absolut noch immer sehr viel weiter steigen. Denn die ABSOLUTE Grösse des pro Frist erzeugten Mehrprodukts (also der Reichtum der Gesellschaft) ist ja angesichts der geometrischen Progression, mit der das System durch Akkumulation wächst, gigantisch gegenüber den Anfängen gewachsen. Würde das System einfach nur proportional wachsen, wäre die fortlaufende Aneignung von immer grösseren Anteilen des (rasant wachsenden) – Mehrprodukts – in gleich welcher seiner Verwendungsformen – durch Knappheitsprämien-Bezieher“ dramatisch: Die Tendenz ginge dahin, dass die Besitzer von Produktionsstätten innerhalb des Reproduktionssystems das gesamte Mehrprodukt als Knappheitsprämie abtreten müssen. Akkumulation fände dann zwar immer noch statt – aber als immer weitergehende Enteignung der ursprünglichen Reproduktions-System-Anteilseigner – zugunsten von Randbedingungs-Besitzern. Die durch diese Übernahme-Bewegung selber ihre Einkommensquelle trockenlegen: Wenn nämlich das Mehrprodukt nicht mehr ausreicht, um die auf gegebnem Reproduktions-Niveau nötigen Rohstoff- und Energiepreise bzw. Mieten bzw. sonstigen Nutzungsgebühren zu zahlen: Sie sind dann unerschwinglich geworden – das System hat ökonomisch seinen Expansionsspielraum ausgeschöpft (selbst wenn da physisch noch was ginge; was den Vorgang aber nur für kurze Zeit verlängert).
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Die Gruppierung der Preiseinflüsse beruht darauf, dass es sich hier um Hinsichten handelt, in denen Waren überhaupt verglichen werden können – aber auch müssen. Wie aber vergleicht man wiederum die Eigenschaften der drei verschiedenen Typen? Zur „Inkommensurabilität“ von „knappen“ und „wachstums-fähigen“ Gütern hatte ich mich bereits im gleichnamigen Beitrag oben geäussert. Das würde ich jetzt gern präzisieren.
((Warum ist das eigentlich so wichtig? Ich sage: Weil im Geld als Mass (und Preisen als gemessenen Grössen) die universelle Vergleichbarkeit in allen drei Hinsichten ZUGLEICH behauptet wird – wir haben ja keine drei Geldsorten und nicht aufeinander reduzierbare Preise, sondern für jede Waren nur EINEN. Und dieser Preis… soll obendrein eine logisch-mathematische Qualität haben, nämlich METRISCH zu sein – die Preisskala ist eine mit einem Nullpunkt, und mit Differenzen zwischen und Summen von Preisen, die sich sinnvoll zB als deren Bruchteile oder Vielfache, auf Preise beziehen lassen. Tatsächlich wird sogar noch mehr behauptet: Dass nämlich im Geld Wertquanten sich abbilden, und eine objektive Einheit theoretisch bestimmt werden kann, die für die faktische Preisentwicklung bestimmend wird (etwa als Mittelpunkt einer Verteilung, um die sie streuen usw).))
Es ist in gewissem Umfang möglich, die Förderreserven oder überhaupt verfügbare Kapazität (also vor allem deren Grenze) eines Rohstoffs, einer Energiequelle oder sonstigen Naturbedingung, die „stückweise“ oder „portioniert“ ausgeliefert werden kann, in den jeweils passenden Masseinheiten als Zahl anzugeben. Die verschiedenen Arten verfügbarer Maximal-Fördermengen lassen sich dann „vergleichen“ hinsichtlich des Grades, in dem ein vorhandener Ge- bzw. bereits stattgefundener Verbrauch sich an diese Grenze heranbewegt hat – normalerweise geschieht dies als Prozentangabe, bezogen auf das Förder- oder Rohstofflager-Maximum.
„Tauschverhältnisse“ zwischen Besitzern zweier „knapper Güter“ A, B unterstellen, dass es je bei gegebnem Verhältnis (also „Tauschverhältnissen“, indirekt Preisen: xA tauscht sich mit yB) eine Grenze gibt, wo einer der beiden aufhört, für eine zusätzliche Einheit des einzutauschenden Gutes die bis dahin geforderte Menge des eigenen herzugeben – soll er mehr als diese Menge tauschen, muss der andere sich mit weniger Entgelt zufriedengeben bzw mehr hergeben pro Einheit. Wird dem andern das zuviel, hört bei der so erreichten Menge der Tausch auf. – Dies Modell unterstellt Eigentümer eines Bestands knapper Güter, die sie zum Eintauschen von allem und jedem nutzen, das sie benötigen – es ist also auch aufzuteilen, als Budget, und auf verschiedene Zwecke zu verteilen, die damit verfolgt werden. Dabei ist üblicherweise unterstellt, dass ALLE an diesem Handel Beteiligte mit dem Eintauschen des ihnen je Fehlenden durch Weggabe de Eignen zwar nicht unbedingt vollständig, aber doch immerhin zunehmend, in gewisem Mass, ihre Wünsche und Bedürfnisse befriedigen, ihr Bedarf nach dem Einzutauschenden, im Mass, wie er bereits durch das Eingetauschte auch befriedigt wurde, ABNIMMT.
Die erste Paradoxie im Handel zwischen Eignern knapper, aber für das wachsende Reproduktionssystem unerlässlicher Güter wurde bereits in der ersten Darstellung des Verhältnisses beider angesprochen: Der Bedarf eines wachsenden Reproduktionssystems nach den knappen Gütern WÄCHST im Mass, wie er befriedigt wird.
Die zweite Paradoxie (noch nicht angesprochen) ergibt sich aus folgender Überlegung:
Der Zweck eines Eigentümers reiner Nutzungsrechte an knappen Ressourcen (also ohne noch das Kapital zur Erschliessung und Bereitstellung in Betracht zu ziehen) muss es sein, die Weggabe seines Tausch- und einzigen Bereicherungs-Mittels und das mit jeder abgegebenen Tranche (die eben nicht zurückkommt) fortschreitende Schrumpfen des verbliebeneen Restbestandes zu kompensieren, und daraus das Beste für sich zu machen, das er bekommen kann. Im Angebot ist der Einstieg in das Reproduktionssystem auf dem jeweils erreichten Stand der Reproduktion, der die neue Tranche an Rohprodukt erforderlich macht. Ein solcher Einstieg ist normalerweise bloss möglich als Teilhabe am ZUWACHS de Reproduktionssystems – also seine Akkumulations-„Auflagerung“.
Das Reproduktionssystem belegt bei den Lieferanten jedes seiner Rohstoffe (bzw Besitzer anderer, nicht vermehrbarer und von ihm benötigter Kapazitäten) im Ausgangspunkt also einen gewissen Prozentsatz ihrer Gesamtreserve, und gewährt ihnen (durch Erstattung der Lizenzgebühr zu Erschliessung, Abbau, Nutzung usw) dafür Zugriff auf (tauscht die Belegung der Kapazität ein gegen) einen kleinen Bruchteil des Mehrprodukts – den diese Lieferanten und Besitzer rationellerweise als Beitrag zur aktuellen proportionalen Erweiterung des bestehenden Systems nutzen, also zum Akkumulieren. (Die für nicht-akkumulierten Bestandteile des (ständig mit dem Gesamtsystem mitwachsenden) Mehrprodukts verwendeten Bruchteile knapper Kapazitäten, die für Luxus usw verwendet werden, sollen ebenso wie die akkumulierten als vollständig recyclebar bzw nicht in abshebaren Dauern zu verbrauchende Grösse betrachtet werden.)
Im Mass, wie nun durch Akkumulation (Innovatioon dabei noch nicht in Betracht gezogen) das Reproduktionssystem wächst – und es wächst ja uU tendenziell in geometrischer Progression – wächst der Bedarf an zusätzlich dafür freizugebenden Anteilen der noch nicht genutzten Kapazitätsreserven.
Der Bedarf mit zunehmender Nutzung wird GRÖSSER statt abzunehmen – das war oben bereits als Anomalie gegenüber dem Tausch zwischen Besitzern knapper Güter vermerkt.
Aber das hat zugleich die Wirkung, dass der Restbestand an Reserven, also des Bestands an Mitteln der „Kapazitätsbesitzer“ immer schnneler SCHRUMPFT – die gleiche Menge zusätzlicher Kapazität wie ursprünglich, die bei wachsendem Reproduktionssystem (einzig gebremst durch Skalenvorteile) bei ihnen nachgefragt werden, stellt zugleich einen immer grösseren Bruchteil der verbliebenen Reserve dar; und dieser relativ vergrösserte Bruchteil vervielfacht sich auch noch im mass, wie die nachgefragte Menge grösser wird.
Wenn die Tausch-Relation „Prozentsatz je zuletzt zur Nutzung frei-, also weggegebener Reservekapazität“ zu „dafür eingetauschtem Bruchteil des bzw Anteil an der durch „Akkumulation von Mehrprodukt“ entstehenden proportionalen Ausweitung des je bestehenden Reproduktionssystems“ weiter so gehandhabt wird wie zu Beginn für die ersten Deals dieser Art – dann wächst auf Dauer der Zugriff der Besitzer knapper Kapazitäten auf die akkumulierbaren Anteile des Mehrprodukts stärker als diese Anteile bzw das Mehrprodukt selbst; solange bis sich für die schon vorhandenen Betreiber des Reproduktionssystems (Besitzer von Produktionsstätten in ihm) weiteres Akkumulieren nicht lohnt: Das System wächst dann nicht mehr. Was freilich, wie oben mehrfach ausgeführt, nur den Zustand vorwegnimmt bzw dessen ökonomischer Ausdruck sind, dass seine Zuwächse die dafür nötigen Kapazitätsreserven erschöpft haben.
Angesichts des sprunghaft sich erhöhenden Wertes ein und derselben Kapazitäts-Einheit (naheliegend als Vergleichsglied: die Abnahmemenge im Ausgang – also des Anfangs-Kapazitätsnutzungsbedarfs, ausgedrückt zB als Prozentsatz der DAMALIGEN Gesamtreserve) ergeben sich entsprechend ständig höhere Bewertungen der verbliebenen Reserven als „Kapital“: Obwohl ständig etwas weggegeben wird, ERHÄLT sich der Wert dieser Reserven; obwohl sie SELBST in Wahrheit verschwinden. Das ist die zweite Paradoxie.
Aber nicht nur, dass DIESER Wertausdruck auf ganz rationalen Grundlagen der Preisbildung (etwa für den Verkauf einer teil-ausgebeuteten Rohstoff-Lagerstätte) etwas Wesentliches verschleiert – dasselbe spielt sich auf der anderen Seite dieses Tauschhandels ab: Der Preis der Güter (Kostpreis plus Profit), die da in immer grösseren Massen in einem bei Erhalt der Proportionen der Lieferbeziehungen all seiner Einzelproduktionsstationen wachsenden Reproduktionssystem entstehen, ändert sich nicht – bloss muss ein wachsender Teil der pro Ware anfallenden Gewinne an die Rohstoff usw Reservenbesitzer – als Prämie für Verknappung – abgegeben werden. (Diese Abnahme der tatsächlich durch Unternehmen und Unternehmer verwertbaren Gewinn-Grösse trifft die sich in die (durch Akkumulation) hinzukommenden Produktionskapazitäten „einkaufenden bzw. ihre Reichtums- und Einkoommensquelle dorthin verlagernden Rohstoff-Besitzer genauso.)
Und das ist die dritte Paradoxie.
Tatsächlich ist diese Einbusse im Prinzip verkraftbar; denn die ABSOLUTEN Gewinne und Überschüsse reichen nach wie vor, zumal die Menge der Bezieher und Anspruchsberechtigten normalerweise nicht mitwächst, um die nicht-akkumulative Nutzung dieser Gewinne für die Beteiligten befriedigend zu gestalten. Auch hier verschleiert das Gleichbleiben der für alle Beteiligten massgeblichen Preis-Parameter systematisch, dass die GRÖSSE DES GESAMTSYSTEMS, in dem die Einzelware zirkuliert, eine Grenze hat, und sich durch sein „Wachstum“ dieser Grenze nähert.
Aber – gibt es für die Grösse dieses Systems ÜBERHAUPT irgendeinen rationellen Geldausdruck – eine „Preissumme“, wie etwa das BIP, in der sie abgeschätzt werden kann?
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Thesen und Bemerkungen 4: Denkblockaden II
Dies ist wieder eine „Auskoppelung“ aus einer Debatte, die mit Mario geführt wurde, und aus Gründen, die dort und auch hier gegen Ende kurz erläutert werden, von mir erst einmal durch die nachfolgende Betrachtung unterbrochen wird.
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Ich konzentriere mich bei meiner Erwiderung auf zwei Themen, die auf den ersten Blick nicht zusammenhängen; der Zusammenhang zwischen beiden ist mein drittes Thema.
Thema 1: Produktivkräfte.
Ich arbeite das jetzt mal etwas deutlicher heraus, was ich dazu bislang, oft mehr in kurzen Abschnitten und Halbsätzen, anzumerken hatte.
Es gibt da seit Marx in der marxistisch geprägten Linken eine UNEINDEUTIGKEIT hinsichtlich des Zusammenhangs von Produktivkraftentwicklung und Epochenübergang.
In der EINEN Version STAGNIEREN die Produktivkräfte und ihr Fortschritt, weil das mit ihnen zusammenarbeitende und ursprünglich förderliche Prod.verhältnis den ANSTEHENDEN Schritt be- wenn nicht verhindert und schon garnicht förderlich dafür ist. Dies Stagnieren macht sich bemerkbar in einer zunehmenden Unfähigkeit der alten Gesellschaftsformation (Prod.weise), mit den sich gerade aus dem erreichten Grad ihrer Reifung hervorgehenden Herausforderungen fertigzuwerden.
Für diese Version gibt es Lesarten wenn nicht Belegstellen in den Arbeitshypothesen von Marx und Engels. Allerdings war sie stets die schwächere und weniger beachtete. Dazu wäre es nämlich erforderlich gewesen, wenigstens einmal in ähnlicher Weise andeutend die Entwicklungsstufen der Produktivkräfte zu benennen, auf denen die allgemein behaupteten „Widersprüche“ zum veralteten Prod.verhältnis sich bemerkbar machen, wie Marx/Engels dies für die Entwicklungsreihe der Prod.verhältnisse getan haben.
Die ANDERE Version war darum höchstwahrscheinlich diejenige, die sich auch in den Köpfen der beiden Autoren ebenso wie ihrer Leser durchsetzte – sie entspricht dem relativ simplen Mainstream-Bild von Entwicklungslinien der materiellen Kultur, das seit der Aufklärung bis heute zum allgemeinen Bildungsgut gehört: Prod.kraft-Fortschritt besteht in der Anhäufung zahlreicher Erfindungen und Verbesserungen von technischen Instrumenten und Verfahren (know how), deren Umsetzung und Verbreitung, schliesslich Kombination in immer mehr spezialisiert-arbeitsteilig funktionierenden Prod.linien. Also eigentlich der typisch moderne Vorgang, als historisch-anthropologische Konstante nach rückwärts verlängert bis in die Steinzeit. Qualitative Sprünge sind da an sich kaum zu erwarten, stattdessen eben das immer mehr, immer ausgebreiteter, immer schneller, vielfältiger, komplexer usw Produzieren – also kontinuierlich quantitative Steigerung von universellen Leistungs- und Anspruchs-Parametern. Allenfalls die beiden klassischen „Revolutionen“ auf technischem Gebiet, die neolithische (Kombination von Anbau und Viehzucht) und die industrielle, treten als erkennbare Beschleunigungen des Vorgangs hervor. Weitere Ereignisse dieser Art sind nicht benannt, geschweige denn, dass die eben angeführte Version-1-Figur vom Stagnieren und Scheitern einer Prod.weise an den Aufgabenlösungen der nächsten Stufe durch die Geschichte durchgeführt worden wäre.
Insgesamt ist ohnehin der gesamte marxistische „Diskurs“ etwas schwach auf der Brust, wenn es um Technik und Prod.kräfte im eigentlichen Sinn geht.
Warum auch anders – das „Gesellschaftliche“ steht eben eindeutig im Vordergrund.
Dementsprechend ist die etwas komplexere Lesart der Histomat-Hypothese von notwendigen Entwicklungsstadien BANALISIERT zu einem Nebeneinanderherlaufen von Entwicklungslinien, einer technischen und einer historischen, wo „Entwicklungsgrade“ sich halbwegs „entsprechen“ müssen, und nicht eins von beiden gegen das andre zurückbleiben darf. Zurückbleiben oder „Vorauseilen“ können dabei beschrieben werden als etwas wie „anwachsend wechselseitige Unangepasstheit“, die zu Reibungsverlusten führt bis hin zu einer „gewaltsamen“ und krisenhaften Re-Synchronisation. Von qualitativen Missverhältnissen wie in Version 1 behauptet ist darin nichts mehr zu sehen.
Und nur die Gesellschafts-Entwicklung verläuft noch wirklich dis-kontinuierlich, ruckartig, über „Revolutionen“ – die lassen sich dann wesentlich als solche Re-Synchronisations-Vorgänge deuten.
Mit zunehmender Ausreifung der linksradikalen Kritik, die sich dann posthum an die ökonomische Theorie des in seiner theoretischen Entwicklung fortgeschrittenen Marx anschloss, verschwand das Prod.kräfte-Thema aus dem Blickfeld. Dass es eine Vorgeschichte des Kapitalismus gab, wurde reichlich uninteressant (alles Wesentliche dazu stand in der Theorie der urspr.Akkumulation), die Prod.kräfte krebsten davor auf so niedrigem Niveau, dass man in vielen (nämlich eben modernen) Hinsichten nichtmal von „Gesellschaften“ sprechen konnte, die „historische“ Aufgabe oder der Nebeneffekt des Kapitals, die Prod.kräfte explodieren zu lassen, hat es mittlerweile mehr als genug (mehr als gut ist?) erfüllt – Mangel an Prod.kraft ist demnach das letzte, was die Emanzipation derzeit behindert. (Prod.kraft verstanden als Technik-Potential, tatsächliches Machenkönnen usw).
Die eindeutig auf diese hochgelobte Technologie zielende ökologische Kritik wird von DIESER linken Richtung genommen als ideologische Ablenkung bzw. Täuschung: Es seien doch bloss die kapitalistischen ZWECKE, für die diese Technologie benutzt wird. Die Technik selbst ist damit für neutral erklärt, sie könnte auch „ökologisch“, naja ökologisch verträglich, in jedem Falle „rationell“ (also jedenfalls nicht so wie heute) eingesetzt werden (ungefähr die Verlängerung eines sorgsamen Arbeitsschutzes in die „Umwelt“ hinein, der Ausdruck „UmweltSCHUTZ“ spricht dies ja auch aus.)
(Von „bedürfnisgerecht“ oder gar „Ungleichzeitigkeiten beseitigend“ würden diese Linken erst recht so sprechen: Nach „Abschaffung“ des Kapitals sollte es da überhaupt keine Schwierigkeiten mehr geben – der Schalter wird da einfach umgelegt, nämlich auf die richtige Seite, und die Gesellschafts-Maschine funktioniert – zu jedermanns Zufriedenheit.)
Ich hatte es oben in diesem thread schon mal angedeutet: Die Fokussierung aufs „Gesellschaftlich-Strukturelle“ (den „System-Charakter) ist heute bestimmend für alle massgeblichen „Diskurse“ der verbliebenen radikalen Rest-Linken. Dabei lässt sich allenfalls noch EINE Hauptdifferenz beobachten, die diese Restlinke in (mindestens) zwei Lager teilt: In jenes, das „Krise“ für ein Struktur-Merkmal hält, also dem Kapitalismus „strukturelle Instabilität“ bescheinigt – diese Aufassung teilt sich dann nochmal in die derer, die eine ZUNAHME dieser „Krisentendenz“ erwarten, und die der andern, die die „strukturelle“ Labilität des Systems für stabil und aus sich unveränderlich erklären; das andere linke Lager behauptet von „den Krisen“ IM Kapitalismus ebenfalls, sie seien strukturell unvermeidlich, halten sie aber für nichts weniger als „sprengend“ oder gar für Anzeichen einer (zunehmenden) Krise DES Kapitalismus. Stattdessen soll es sich hier um die ganz normale, ruckartige „Verlaufsform“ der (va. kredit-finanzierten) Kapital-Akkumulation selbst handeln.
Beide linken Lager greifen theoretisch nicht mehr zurück auf historische „Mechanismen“, die sich aus dem Verlauf der Geschichte im allgemeinen extrapolieren lassen. Stattdessen ist die Reaktion der massenhaften Opfer einer sei es chronischen Zunahme oder auch bloss unbefristet andauernden strukturellen Instabilität des Kapitalismus eine unabhängige Grösse. Irgendwie stellen müssen sich „die Massen“ ja. Aber ausser dem Schritt über Histomat-artige Automatismen und nutzbare „Gesetzmässigkeiten“ hinaus haben beide linke Lager theoretisch wenig mehr zu sagen zur Frage: Wie eigentlich der „Bruch“ vonstatten gehen soll. Oder wie sein derzeitiges (Noch)-NICHT-Stattfinden zu erklären ist.
Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt.
Das von Mario zitierte Keimform-Konzept ist die Ausgestaltung einer „Verlaufsform“, die theoretisch ungefähr so fundiert ist wie die „Revolutionstheorien“ der alten Leninisten. Es werden die Bestimmungen der gemeinten Sache entfaltet, also ihre Definition nebst Erläuterungen, für den, der darunter sich erstmal garnichts vorstellen kann, ist das auch hilfreich. Bloss – an ERKENNTNIS oder begrifflicher Differenzierung steckt darin so gut wie nichts.
Ich komme darum zu meinem zweiten Punkt, weil auch sonst darüber nie nachgedacht wird, nämlich:
Thema 2: Linkswerden.
Es gibt dazu viele PRIVATMEINUNGEN von Linken. Ausserdem gibt es die, wie soll ich sagen, Platzhalter-Gedankenfiguren für ein entsprechendes Theoriestück in den System-Analysen der genannten 2 bzw 3 Lager der Restlinken: Das eine sieht vor eine quasi objektive ERZWINGUNG von Radikalisierung (ungefähr in der Art, wie es, vom sehr frühen Marx genommen, als Motto dem Marxforum vorgegeben wurde, s.o.) im Rahmen der zunehmenden („sich zuspitzenden“) oder auch bloss Dauer-KRISE DES Kapitals; die andere, fast spiegelbildlich, muss eine grundlos-„freie“ ENTSCHEIDUNG fürs radikale Dagegensein (und in diese Richtung Denken und Erwägen) unterstellen. Beide Konzepte knüpfen an an die Marxsche ökonomische Theorie – die erste NUR an diese, die andre ebenso, aber ergänzt durch Theoriestücke, die jenseits der ökonomischen auch mehr oder weniger eigenständige, womöglich sogar massgebliche politische Insttanzen (den Staat) in die Betrachtung des „Systems (der Ausbeutung)“ miteinbeziehen.
Die Erklärung für massenhafte Zustimmung zum System ergibt sich als schlicht tautologische Umkehrung des für den „Bruch“ erforderlich gehaltenen Vorgangs: Die Verhältnisse sind noch nicht so schlimm (aber demnächst…); der Wille ist noch aufs Mitmachen und Zurechtkommen mit ihnen fixiert (könnte aber jederzeit…).
Mit anderen Worten: Die theoretisch vom „Kapital“ zehrenden radikalen Linken haben dazu so wenig zu sagen wie zu den Prod.kräften.
Beide Bereiche sind theoretisch VÖLLIG undurchsichtig, stattdessen Gegenstand von mehr oder weniger reflexionslosen Alltagsurteilen.
Damit bin ich bei Thema 3:
Wie hängt das eine mit dem andern zusammen?
Ich sage: Die Produktivkraft-Entwicklung HAT eine qualitative Untergliederung; die ursprünglicheren Marxschen Intuitionen zu diesem Thema SIND die richtigeren (sonst gäbs ja auch keinen Grund, sie hier penetrant in Erinnerung zu rufen); und die Theorie des „Bruchs“ muss sich an zentraler Stelle mit der Stellung von Leuten nicht nur zur Art ihrer Vergesellschaftung, sondern zu ihrer (Re)Produktion befassen – weil letztere Auffassungen entscheidend sind auch für die Art der von ihnen befürworteten (für einzig rational gehaltenen) Vergesellschaftungsformen.
In diese These ist nun etwas eingeflossen, das bei Marxisten auf der Stelle negative Assoziationen freisetzt: Stellung der Leute zu? ist bekanntlich Überbau und ideologisch. Ihre Prod.kräfte und .verhältnisse entwickeln „sich“ doch bekanntlich ohne ihr Zutun und Willen geschweige dennWissen („sie wissen es nicht aber sie tun es“). Und das Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt, muss ja wohl erstmal dasein.
Wie können sie sich DAVON je emanzipieren?
Ausser…
…das Sein selbst entbindet sie von diesem Determinismus, schafft zumindest Freiräume für Bewusstseins-Befreiung.
Aber welche Seins-Dynamik dieser Art wird denn von den aktuellen Systemtheorien behauptet? Nichts als Krise, Zunahme des Drucks, oder hermetischer struktureller Zwang.
Wo käme in diesem hermetischen System die Ur-Emanzipation, die Emanzipation von der Seins-Bestimmtheit des Bewusstseins, je vor? Es gibt sie nicht. Oder höchstens… als völlig anlasslose, unvermittelt-plötzliche Willkürentscheidung.
Für ein Linkswerden, seis der das eigne, seis anderer, vieler, aller, haben diese Theorien keine Erklärung.
Und darum hat es keinen Sinn, länger über „Praxis“ und Praxis-Vorschläge zu reden, solang man sich über die Lage-Beschreibung so uneins oder eben auch unklar ist.
Zwar denke ich, die aus meiner Sicht fehlenden Theoriestücke im Ansatz spätestens auf meiner website, andeutungsweise zT auch hier, skizziert zu haben. Genau diese Theorie verweist aber auf die Schwierigkeit zu ihrer eigenen Vermittlung: Es müsste Bedarf nach ihr bestehen. Der blosse Vortrag der Theorie oder ihre Veröffentlichung erzeugt diesen Bedarf nicht. (Das ist, nebenbei, eine erste Formel für die von mir vertretene „Kritik des Kritiserens“).
Darum muss ich mir an dieser Stelle selbst ins Wort fallen. Das Gespräch… endet hier womöglich.
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Nicht vermehrbare Kapazitäten im Reproduktionssystem
Die Zerlegung des Mehrprodukts in Besteuerung (Staatskonsum incl. Subventionen und Sozialstaats-Finanzierung) Luxus, Innovation und schliesslich Akkumulation ist keine gesellschaftlich geplante Tat, sondern ergibt sich aus unendlich vielfältigen Entscheidungen der beteiligten Akteure, also vor allem Staat, Einzel-Unternehmen, und schliesslich der Rohstoffbesitzer. Wie so oft in ökonomischen Theorien, sind daher die bisherigen Aussagen „nur tendenziell gültig“ – und die den Rohstoff- und Kapazitäts-Besitzern also Knappheitsprämien-Einnehmern zugeschriebene Einflussnahme in der Verteilung des Mehrprodukts wirkt sich nur so aus, wie diese ihre verlorene Einkommensquelle in Gestalt abgetretener und verlaufter Kapazitäten-Nutzung durch eine dauerhafte andere im Reproduktionssystem ersetzen wollen – auf Dauer gelingt das eben nur durch Einstieg in die „wachsenden“ Anteile des Systems (von spekulativen Anlagen wie Investition in Kredite aller Art und/oder „lohnendere“ Rohstoffvorkommen als die eigenen, eben aufgezehrten einmal abgesehen). Verzichten sie auf diese Strategie, und lassen sich mit Luxuswaren abspeisen, ist ihr Gewinn bzw Einkommen als Ersatz für das verlorene nicht auf Dauer gestellt. Nur im Mass, wie sich Rohstoffbesitzer unter Ausnutzung ihrer wachsenden Einkommen und Erpressungsmöglichkeit die akkumulutions-fähigen Zuwächse des Mehrprodukts aneignen – nur in dem Mass ist diese Aneignung dann eine Abbildung der Ausschöpfung des verbliebenen Wachstums-Spielraums für das System (sofern keine Produktivitäts-steigernden Innovationen dazwischenkommen – oder unproduktivere Kapazitätserschliessung bei wachsenden Knappheitsprämien lohnend werden und die Verknappung aufhalten usw).
Soweit es einen abschätzbaren Bezug zur GRENZE einer knappen Ressource gibt, soweit auch die Abschätzung der Grössenordnung ihres Verbrauchs durch Abtretung des betreffenden Bruchteils an das Reproduktionssystem. In genau dieser Hinsicht lassen sich die verschiedenen knappen Kapazitäten also erst einmal vergleichen.
Würden die Besitzer dieser Kapazitäten diese UNTEREINANDER handeln bzw „tauschen“ (das mag man sich über Geld und Preise vermittelt denken oder auch ohne), so würden die im vorigen Beitrag kurz skizzierten wechselseitigen Erpressungsmethoden der Art „(noch) mehr vom meinigen kostet dich mehr (pro Einheit) vom deinigen“ oder auch „vom Wenigstfordernden zuerst“ und „dem Meistbietenden zuerst“ greifen, und je nach der Intensität des Bedarfs zu entsprechender „Zahlungs-“ also Verzichtsbereitschaft bei einem Abnehmer einer Ressource führen, der dafür mit entsprechenden Verlusten hinsichtlich seiner eigenen – als des einzigen Mittels, über das er verfügt, um an andres zu kommen – zu bezahlen hat. Er verzichtet dabei weniger auf Eigennutzung seines Handelsgutes, als vielmehr auf zusätzliche „Einkäufe“ und Tauschgüter, die er erwerben könnte, wenn das eine, so stark benötigte ihn nicht bereits soviel von seinem Gesamtbudget kosten würde. Würden Besitzer nicht vermehrbarer Ressourcen-Kapazitäten je miteinander auf diese Weise Handel treiben, so wie es vielleicht einmal irgendwann in sehr lang vergangener vormoderner Zeit der Fall gewesen sein mag – dann würden diese relativen Intensitäten ihrer „Bedürfnisse“ bzw. „Präferenzen“ zu entsprechenden Abweichungen der tatsächlichen Tausch-Relationen von der „rechnerischen Äquivalenz“ führen – bei der immer genau gleiche Bruchteile einer Gesamt-Kapazität K1 gegen solche einer Kapazität K2 getauscht würden. Das Ziel dieses Handeltreibens wäre eine „Bedürfnis- oder Bedarfs(intensitäts)gerechte“ Verteilung „knapper“ Ressourcen an die „Meist-Interessierten“ unter den je überhaupt (noch) Zahlungsfähigen, und Ausstattung aller mit Gütern aus Ressourcen, von denen sie aus welchem Grund immer, angefangen beim trivialsten: nicht von vorneherein deren Eigentümer zu sein, ohne Weggabe von angemessen Nutzbarem für Andere, ausgeschlossen bleiben. So die in der Tat uralte Tausch- und Marktsituation, wo ein allgemeines Tauschmittel nützliche Dienste beim reibungslosen Händewechsel der diversen Handelsgüter leistet.
Anm. Vergleiche diese Tauschsituation der Weggabe eines für seinen Besitzer nicht, für andre aber mehr oder weniger gut brauchbaren Gutes als „Tauschmittel“ seines Besitzers, womit er das nicht 8oder schlechter) zu brauchende gegen überhaupt oder mehr nutzbare Güter anderer Eigentümer, seiner Tausch-Handelspartner, eintauscht, mit derjenigen eines Warenproduzenten, der eine Stelle im Reproduktionssystem besetzt hält, und mit seinem Produkt wenigstens die zu dessen Reproduktion nötigen Produktions-Ingredienzien eintauschen können muss, und in zweiter Linie als Eigner seines eigenen Mehrprodukts gegenüber anderen solchen Mehrprodukt-Gütern in Handel tritt (ua zur Erweiterung seines Geschäfts im Mass der Durchschnittsprofitrate). Auf diesen Vergleich wird später noch zurückzukommen sein. Anm.Ende.
Diese Situation verändert sich, wie sich bereits in Gestalt der Paradoxien andeutete, grundlegend, sobald die Betreiber eines Reproduktionssystems, also Besitzer von Mehrprodukten der verschiedenen Branchen, mit den verkaufsbereiten Eigentümern von Kapazitäten zur Ausweitung des Systems in Verhandlungen über die Bedingungen der Abtretung der nächsten Tranche solcher Kapazitäten eintreten.
Entsprechend der Aufteilung des Mehrprodukts und der Verwendungsmöglichkeiten für seine Zuwächse spaltet sich die Nachfrage nach zusätzlichen Anteilen knapper Kapazitäten in ganz unterschiedliche Zahlungsberetschaften und -fähigkeiten.
Für alle gilt der oben bereits aufgestellte Satz: Bei schrumpfenden Reserven stellen gleiche Mengen wie zuvor steigende Anteile am verfügbaren Restvolumen dar. Das Umgekehrte gilt, wie ebenfalls bereits festgestellt, für die Bedarfe des sich ausweitenden Mehrprodukts: Gleiche Anteile stellen bei wachsender Mehrprodukt-„Masse“ entsprechend grössere Gütermengen dar. Beide Rechnungsweisen, wenn sie denn von den Käufern und Verkäufern der Kapazitäts- bzw dagegen abzutretenden Mehrprodukt-Tranchen angewandt werden, wirken in dieselbe Richtung, nämlich mehr oder weniger schnelle Preiserhöhugen für die Zusatz-Kapazitäten.
Es gibt dann eigentlich keinen Grund, warum sich die Relation zwischen einem Kapazitäts-Bruchteil und dem dafür abzugebenden Mehrprodukt-Bruchteil, speziell dem des jeweiligen Akkumulationsanteils, ändern sollte.
Allerdings gibt es auch keinen irgend objektivierbaren Anfangs-Bestimmungsgrund für diese Relation – sie ist willkürlich. Einige Feststellungen lassen sich nichtsdestotrotz treffen:
Die Konkurrenz der Reproduktionsbetriebs-Eigentümer gegenüber den Eigentümern von Kapazitäten, was die Aufteilung des „Akkumulationsfonds“ zwischen ihnen betrifft, bemisst sich ua. an ihrer beider Willen, überhaupt „wachsen“ und ihre Einkommensquelle erweitern zu wollen, darüberhinaus an den Möglichkeiten, dem unaufhaltsamen (wenn auch oft langsamen) Anwachsen der Kapazitäts-Preise durch Mengen-Ausweitungen (die Variante: teurere Erschliessungs- und Fördermethoden kommen zur Anwendung an bislang nicht genutzten Rohstoff- und Energiequellen usw) bzw (bekannte) Innovationen auszuweichen – am einfachsten durch Verbrauchssenkungen, wo das ohne Folgen für „strategische“ Schlüsselbranchen des Gesamt-Reproduktionssystems möglich ist – am ehesten also im Luxus-Segment des Mehrprodukts (in dem sich die vormalige Abtrennung der „Endprodukte“ von ihren Vorprodukten noch am ehesten erhält, wo maW noch am ehesten „Endprodukte“ gegeneinander (geldvermittelt) „getauscht“ werden.)
Der Verbrauch bzw die Belegung nicht vermehrbarer Kapazitäten wächst ebenso wie das Reproduktionssystem – mit jedem „Akkumulationsschritt“ (oder A.Rate pro Zeit) werden vom (uU langsam) schrumpfenden Bestand jeder Sorte die gleichen ZUSATZ-MENGEN entnommen…
(abgesehen von Skalenvorteilen und (eventuell sogar dadurch bedingten!) möglichen „Skalennachteilen“ im Sinne von Sättigungseffekten; und sofern der Ausweitung nicht durch die soeben genannten Massnahmen – Mengenausweitung, Innovation, Verzicht – entgegengewirkt wird)
…die eben wegen der schrumpfenden Bestandsgrösse immer grössere ANTEILE verkörpern, und (bei gleichbleibender Relation „weggegebener Kapazitätsanteil in Prozent“ gegen „eingetauschter Akkumulationsfondsanteil in Prozent“ – die (willkürliche) Anfangsrelation wie zu Beginn wird durch den Verknappungsprozess der Kapazität hinduch beibehalten) somit als Gegenleistung Abtretung immer grösserer Anteile des damit bewirkten „Akkumulationsfonds“ oder Systemzuwachses an Kapazitäts-Eigentümer erzwingen.
Die Forderungen der Kapazitätsbesitzer an den Akkumulationsanteil des Mehrprodukts treten nun nicht vereinzelt auf, sondern immer als Summe; übrigens treten sie (das ist auch schon vorher gesagt worden) so auch dem einzelnen Kapazitätsbesitzer gegenüber, der sich mit den Erlösen aus Systemzuwächsen in eben diese einkauft. An sich sind alle unverzichtbaren Rohstoffe usw gleich wichtig – auch wenn der Verbrauch pro Zuwachs-Prozent oder -Promill bei allen von ihnen je unterschiedlich sein dürfte. Grundsätzlich sollte wegen der „Gleich(ge)wichtigkeit“ des Beitrags jedes benötigten Kapazitäts-Elements zum Gelingen des „Akkumulations-Zuwachses“ des Reproduktionssystems die Bezahlung gleicher Anteile weggegebener Kapazitätsreserve unabhängig von der Sorte und dem Ausmass des Verbrauchs für alle Sorten dieselbe sein. Aufsummiert, ergibt sich daraus die Belastung der Systemzuwächse durch knapper werdende Rohstoffe insgesamt. Die meist-beanspruchten und schnellst-erschöpften Sorten allerdings scheren aus dem „Gleichgewichtetheits“-Verbund aus – insofern sie uU durch an sich angemessene, weil verbrauchs-abbildende Preiserhöhungen die Systemzuwächse „vorschnell“ belasten und unmöglich machen würden. Dem wirken aber die Gegenmassnahmen vonseiten des Reproduktonssystems oft hinreichend effizient entgegen. Die wirkliche physische wie preisliche Reduktion der Entgelte für sich überdurchschnittlich schnell verbrauchende Kapazitäten haben eine gewisse ausgleichende Tendenz (das Unterlassen von „Gegenmassnahmen“ bei den langsamer als der Durchschnitt sich verbrauchenden Kapazitätsreserven stellt das Gegenstück dar) -die Gesamttendenz des Umgangs mit Systemzuwächsen und dem dadurch hervorgerufenen Aufbrauchen der Kapazitätsreserven dürfte also hinauslaufen auf eine Art Durchschnitts-Abnahme der Kapazitätsreserven und damit zugleich Durchschnitts-Steigerung des Preisniveaus bei ALLEN involvierten „strategischen“ Kapazitäten. Die behauptete Schutzwirkung steigender Kapazitätspreise gilt somit – wenn überhaupt – nur für die Gessamtheit der strategischen Kapazitätsreserven aller Sorten. Und auch diese Wirkung wird durch die Langsamkeit des Vorgangs noch einmal reduziert – und dadurch, dass es im wesentlichen die Besitzer der schwindenden Reserven selber sind, die sich durch Preissteigerungen ihren Einstieg ins Reproduktionssystem und seine Zuwächse verbauen – wenn nichts mehr wächst, sind die so kostbaren Lagerstätten und Quellen für Kapazitäten der Zuwächse entwertet. Der Mechanismus, der anfangs bloss die schnellst sich verbrauchenden Sorten-Reserven betraf, dehnt sich mit zunehmendem Wachstum somit auf das gesamte System der Rohstoff- und sonstigen Kapazitätsreserven aus.
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Das Ganze läuft auf diee Prognose hinaus: Soweit es überhaupt zu einer relevanten Einbeziehung der „Kapazitätsbesitzer“ in die ökonomischen Beziehungen der Reproduktions-Stelleninhaber untereinander kommt, findet mit zunehmendem Wachstum eine ebenso zunehmende Aneignung der neu hinzukommenden Anteile des Akkumulationsfonds durch die Kapazitätsbesitzer statt – die dafür ihre Kapazitäten sukzessive ins (akkumulierend, unter grosso modo beibehaltenen Proportionen in der Aufteilung der Produktflüsse) wachsende Reproduktionssystem einbringen.
Als Resultat all dieser Überlegungen bleibt etwas sehr wichtiges festzuhalten: Die Voraussetzungen, die die AUSSCHLIESSLICH „Knappheit“ zum Inhalt und Grund von Eigentumsüberträgen und Tauschproportionen erklärende Theorie (neoklassisch, Grenznutzen, subjektive Wert-Theorie) macht, blenden die Binnen-Beziehungen innerhalb eines Reproduktionssystems völlig aus – sie ÜBERSEHEN geradezu, dass moderne Industriegesellschaften längst solche Systeme sind. Damit übersehen sie und erfassen somit theoretisch nicht das Spezifische etwa der Einbeziehung der für das Reproduktionssystem ÜBERHAUPT verwertbaren knappen Kapazitäten in dies System. Tatsächlich sind die Überlegungen dieser viel zu primitiven Theorie angebracht bei Betrachtung der Handelsbeziehungen und dem Austausch von Überschüssen ZWISCHEN Reproduktionssystemen und sich ansonsten im Rahmen einer Binnenreproduktion vollständig selbst versorgenden ökonomischen Einheiten. Sobald Arbeitsteilung und „Inter-Dependenz“ hereinkommt, ändert sich der Charakter der Tausch-Beziehungen so grundlegend, dass man versucht ist zu sagen, dass das Wort nur noch metaphorische Geltung hat…. Fast. Denn… es gibt ja einen dem ganzen aufgelagerten Bereich, jenseits von Reproduktion und Akkumulation, wo tatsächlich so etwas wie Überschuss-Verteilung zwischen den Branchen stattfindet, und sich darauf sogar noch eigenständige, nicht ins Reproduktionssystem eingegliederte Produktionszweige draufbauen: Da nämlich, wo es um die Verwertung der nicht-(proportional) akkumulierten Mehrprodukt-Anteile geht. Nur, dass JEDER dieser aus dem „Körper“ der weiterlaufenden Basis-Reproduktion herausragenden Arme, so vielzahlig diese Hydra an Branchen-Mehrprodukten und ihrer sekundären Verschlingung zu „Luxusproduktionszweigen“ auch sein mag, mit jeder Ausdehnung oder Schrumpfung, die sie „nachfragebedingt“ durchmacht, auch ins Reproduktionssystem, seine Kapazitätsverwertung und Akkumulation, urückwirkt. Und darauf setzt sich nochmal drauf: Die schlichte ersatzlose Abschöpfung von Reichtum (und Bestimmung über seine auch produktive Verwendung, für Konsumtion der Funktionsträger und die Mittel, etwa Kriegsgerät, Verwaltungsgebäude und -Infrastruktur) durch den Statt. Die schränkt die absolute Ausdehnung der Restproduktion und ihrer Abteilungen ein – und nimmt damit Einfluss auf deren Proprotionen (wenn da angesichts bestimmter Schranken Prioritäten für einzelne Verwendungszwecke gesetzt werden; verschärft das Ganze, wenn der Staat selbst in seiner Besteuerung die einzelnen Abteilungen des Systems unterschiedlich „belastet“ (das Mehrprodukt generell; den Akkumulationsfonds und die Knappe-Kapazitäts-Beanspruchung; die Luxuskonsumtion).
Wo immer irgendwo an „diesem Ende“ der Gesamtproduktion ein „Zug“ durch Nachfrage oder aber eine Schrumpfung (oder Stau) von Produkten entsteht, wirkt es zurück auf die reproduktive Basis, und (zunächst) die Mehrprodukte und ihre Verwertbarkeit (für Luxus-Konsumtion vorweg). „Angebote“ und ihre „elastische“ Reaktion auf tauschbereite Nachfrage sind hier somit nicht einfach unabhängig nebeneinander, wie in einer Reihe von Marktständen oder Ladenpassagen (einzelner Branchen und ihrer Anbieter) aufgereiht, sondern kommuizieren ununterbrochen durch ihre Verwurzelung im einen, gemeinsamen Reproduktionssystem. Die Gesamtnachfrage nach einem Branchenprodukt – die sich rasend schnell aufzweigt in die hintereinandergeschalteten Nachfrage der Abnehmer, DEREN Abnehmer usw… – ist sicherlich zum grössten Teil bestimmt durch die relativ statische Reproduktions-Abteilung Gesamtproduktion; darauf setzt sich die Akkumulation – das proportionale Wachstum (dessen Rate ist auf keinen Fall identisch mit der Gesamt-Mehrpodukt-Rate). Noch einmal obendrüber erscheinen die Nachfrage-Anteile aus Staat- und Luxus-Konsum. Der Angebots-Preis, der auf dieser Basis aus der Notwendigkeit zur Kostendeckung und dem mutmasslichem Anteil an der System-Akkumulation errechnet werden kann, ist dann ersteinmal ein Rohentwurf – anschliessend müssen die Produktflüsse analysiert und nach möglichen Einflüssen vonseiten der verschiedenen Grossabteilungen der (auch indirekten) Nachfrage analysiert werden.
Die Produktflüsse zwischen den Stationen des Systems regulieren zunächst streng die notwendigen Preisrelationen (Tauschwerte), sofern die Reproduktion in den Ausgangsproportionen aufrechterhalten werden soll. Das ist geradezu trivial. Leider ändern sich diese Proportionen, wie öfter bereits festgestellt, mit der Ausdehnung des Systems STÄNDIG: Skalenvor- und nachteile (durch Sättigungseffekte; letztere teilweise sogar direkte Folge der ersteren). Allein das bewirkt ein ständiges Oszillieren der Abnahmeflüsse (zu gegebnen Preisen) – eine Oszillation, auf die sich dann die langsame Verschiebung der Anteile bereits im System beheimateter Stationsbesitzer am Akkumulations-Wachstum der Produktion zugunsten der hereindrängenden Kapazitätsbesitzer auflagert (sichtbar für die ersteren in Gestalt „steigender Rohstoff- und Energiepreise“, die ihre eigene Akkumulationsoption einschränkt, und eventuell Geschäftsbeteiligungen der Besitzer aufgelöster bzw abgegebener Kapazitäten an den akkumulierend weiterwachsenden Reproduktonsstationen nach sich ziehen). Auf dieser Ebene finden dann aber auch die inneren Umlagerungen und Neu-Proportionierungen wesentlich statt, die das System sich an Nachfrage-Disparitäten im noch darüber liegenden Staats- und Luxusbereich anpassen lassen. Zuwächse oder Schrumpfungen an IRGENDEINER Einzelstation (Branche) des Systems, etwa in der Akkumulationszone seines Gesamtumsatzes, bleiben ja nicht ohne Folgen für die Akkumulationszone aller andern: Das Wachstum ist dysproportional, es verschiebt ständig die Proportionen der (Gesamt)Flüsse zwischen den Systemstationen; die setzen sich nach „rückwärts“ fort und wirken auf sich selbst zurück; das System ist ständig auf der Suche nach dem proprotionierten Gesamtzustand, in dem es endlich so bleiben könnte, wie es ist – oder allenfalls wachsen. Aber es gibt keine Ebene, in der nicht starke Kräfte jede einzelne Station (und ihre Besitzer und Entscheider) zwingt, ununterbrochen Preise und/oder Absatzgeschwindigkeiten zu ändern sowie Akkumulationsoptionen beschleunigt odre verlangsamt umzusetzen. Woher die Nachfragesteigerungen oder -einbussen kommen, woher die schwankenden Tauschrelationen der Vorprodukte, mit denen sie arbeiten – sie wissen es nicht.
Das System ist vollkommen unberechenbar.
Die einzige quasi kategoriale Vorgabe, die sie haben, ist enthalten in der Formel: dass ihre Preise kostendeckend sein müssen (die interne Rück-Übersetzung des abgesetzten Produkts in seine Produktionsfaktoren, den Eintausch der letzteren gegen die ersteren, erlauben muss – mindestens), und dass in der Regel ein Überschuss bleibt (mit dem dieelbe Rückübersetzung gemacht werden könnte=Akkumulation; oder aber anderes=anderes eingetauscht als die ursprünglichen Produktionsfaktoren; einen Teil nimmt sich ohnehin der Staat). Dass sie diese Grössen und Relationen bestimmen müssen, ist ihnen klar; alles andre bleibt offen.
Letzte aber wichtige Feststellung: ALLE Grössen in diesem System sind relational, bilden Tauschrelationen oder Proportionen ab. Absolute Mengen oder Grössen gibt es nicht. Selbst die Annäherung des Systems an die Grenze seines Wachstums kann nur sehr indirekt, WENN ÜBERHAUPT; über eine dieser Grössen (Ausmass des Anteils ehemaliger Kapazitätsbesitzer an Zuwächsen des Akkumulationsfonds) bestimmt werden: Es gibt keine „Substanz“, die die „Grösse“ des Systems abbildet. So, wie es auch keine Repräsentanz in IRGENDEINER Systemgrösse gibt, die eine verfügbare Wachstums-„Reserve“ des Systems misst, die sich aufbraucht und in absoluten Masszahlen oder Einheiten (etwa: noch mobilisierbare Arbeitszeit) darzustellen wäre.
Für die Abbildung der relevanten Beziehungen in diesem System durch Geld, Gold, quasi-monetäre numéraires wie ges.notw.abstr.Arbeit(szeit), Standardware ua ist das wichtig: Ein Reproduktionssystem wird durch die Profitrate oder Akkumulationsrate bzw die Rate Mehrprodukt pro Reprodukt und dergleichen immer ur an sich selbst gemessen. Das wird wichtig für die Preisbildung im (Aussen)Handel ZWISCHEN zwei solchen Systemen SOFERN SIE DADURCH NICHT ZU EINEM VERSCHMELZEN: Nur dort, wo „freiwillig“ Überschussquanten einer heimischen Reproduktion aussen zum Tausch angeboten werden, gelten noch die Verhältnisse, die für den einfachsten Preisbildungs-Mechanismus als wechselseitige Erpressung der Besitzer begehrter Güter formuliert wurden. Dort kann man (selbst wenn die Anbieter angesichts hoher Nachfrage oder eigenen Bedarfs „nachlegen“) IMMER von absoluten Güter-Mengen sprechen, die zum Tausch am (internatonalen) Markt angeboten werden. Falls Anbieter solcher Güter Mengenänderungen vornehmen, betrifft es die Reproduktionssysteme ihrer Handelspartner nicht – die unterirdische KOmmunikation via Reproduktionssystem, aus dem sie beide ihre Überschüsse entnehmen, findet nicht statt. Es sei denn… ihre Reproduktionssysteme wären auf dieser Basis eben doch zu EINEM erbunden und in Wahrheit unselbständige Teile eines übergreifend ganzen – derart, dass Eingrisse an einer Stelle sofort sich an alle andern STellen mit Zeitverzögerung fortsetzen.
Es ist ein grundlegender Fehler, die Preisbildung zwischen Reproduktionssystemen oder Anbietern von Überschussmengen aus heimischer (Re)Produktion, die für diee Anbieter nicht reproduktionswirksam sind, auszudehnen auf die Preisbildung INNERHALB eines solchen Systems, einschliesslich der von ihm im Zuge seiner Ausdehnung vermehrt in Anspruch genommenen und in ihm nicht vermehrbaren Kapazitäten; auch das Umgekehrte ist nicht statthaft.
Es bleibt dann die Frage, wie (abgesehen von der chaotisch sich ändernden Tausch-Ordnung innerhalb des arbeitsteilig aufgebauten Reproduktionssystems) überhaupt ein und dasselbe Geld BEIDE Arten von Tauschrelationen soll messen können. Natürlich kann es das nicht. – Das bedeutet aber auch, dass die Idee, die „Grösse“ einer Volkswirtschaft in Geldgrössen messen zu wollen, speziell durch Addition von Güterpreisen, irgendwie auf tönernen Füssen steht. Diesem Gedanken werde ich später wohl noch weiter nachgehen müssen.
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Thesen und Bemerkungen 5: Denkblockaden III
((Dieser Beitrag muss weiter bearbeitet werden, weil er aber einen relativ aktuellen Anlass hatte, wollte ich mit dem Posten nicht zu lange warten. Vielleicht muss ich ihn auch ganz zurücknehmen. Es gibt Grenzen der Komprimierbarkeit und Kurz-Darstellung von (zu) weit ausgreifenden Gedanken. Diese Grenzen sind hier womöglich endgültig überschritten. Vielleicht gilt das für meine zuletzt veröffentlichten Blog-Beiträge generell. Immerhin wird auch im Beitrag selbst von solchen Grenzen gesprochen.))
Das, worüber sich Wat als meine „Ja-aber“-Position im thread „Repräsentation“ geärgert hat, möchte ich noch ein bisschen besser ausführen.
Ich möchte es vor allem darum tun, weil mein „Ja“ in allen anzuführenden Fällen eher Zustimmung zu einer zugespitzten Minderheiten-Position (etwa der Wats) enthält – und das „Aber“ Widerspruch gegen sonst einleuchtende Mehrheitsvoten.
Beides ist erläuterungsbedürftig, im Zusammenhang des genannten threads „(Linke Solidarität und) Repräsentation“ in mindestens vier Fällen einer derart zwiespältigen Stellungnahme:
1. gegen das falsche und vorzeitige „wir“ – lieber zur Not ganz alleine stehen und auf sich zurückgeworfen sein;
2. gegen das falsche und vorzeitige Verstehen(können) und Verständigtsein(wollen) als Grund für Parteinahmen für und gegen („zu nah dran“);
3. gegen das falsche und vorzeitige Ermittelnwollen („Kopfguckerei“) von „Tatsachen“, die solchem Verstehen auf die Sprünge helfen sollen;
4. gegen das falsche und vorzeitige Vorhersagen von abzuwartenden Entwicklungsverläufen und daran anknüpfende Planungen.
(Man könnte grob sagen, dass diese 4 Positionen solchen ähneln, die hier von Wat (die 1.), mir selbst (die 2.), Wal (die 3.) und Mario (die 4.) vorgetragen wurden.)
zu 1.
JA:
Der Rückgang auf sich selbst ist eigentlich die Besinnung auf das, was man wirklich mit eigenen Mitteln, aus eigener Einsicht, vertreten kann. Es ist damit auch ein Ausgang aus dem selbstverantworteten autoritären Zutrauen in fremde Urteile und Aufmerksamkeits-Organisationen (Begriffe).
((Es geht, unter anderm, auch einher mit einer VIEL grösseren Skepsis hinsichtlich „Information“ – die Frage: wie konnte, wie kann ein Berichterstatter das überhaupt selber wissen? ist da jedesmal neu zu beantworten.))
Die Kehrseite des nichtmehr-autoritären Vertrauens auf fremdes Urteilen, Denken, Wissen ist: das erneute besonnene Nachdenken darüber, was von dem, das ursprünglich eigen sein könnte oder faktisch derzeit ist,
a) an andre (mit denen man dann aber wirklich verständigt ist) delegiert werden kann – weil es tatsächlich keinen (unguten) Unterschied macht, wer die Aufgabe erledigt;
b) was wiederum mit andern geteilt werden kann und auch muss („gemeinsam“ (arbeitsteilig, im ersten Sinn) ausführbare Pläne; Gründe, die über mögliche Pläne entscheiden; Gesichtspunkte, was dabei zu beachten ist und was nicht); und
c) was das unvertretbar Eigene ist, das andre schlechterdigs nicht für einen mit oder stellvertretend tun und vollziehen können (leben und erleben; urteilen, denken…).
Anm. Der Rückgang auf sich selbst (der immer wieder wiederholte) ist etwas viel weiter reichendes, als es hier zum Ausdruck kommt. Denn… das autoritäre Zutrauen, dass es mit bestimmten Erwartungen und Plänen schon seine Richtigkeit haben wird, macht nicht vor einem selber halt: Wir glauben uns gewissermassen selber viel zu schnell, vertrauen voreilig, auch ohne dass andre daran mitgewirkt haben müssen – wir sind unvorsichtig in eigener Sache. Nicht nur die Verbundenheit zu andern, der gemeinsame Bestand, schrumpft da auf einmal auf ein nie gekanntes Minimum – vielmehr die Masse dessen, worauf überhaupt Verlass ist, das Vertrauen in irgendetwas schwindet.
So etwas muss man erst einmal verkraften…
ABER:
Allein kann man nicht bestehen. Bloss… es ist nicht darum schon jeder endlich da angekommen, wo ich (etwa nach einer Rückbesinnung auf mich selbst) stehe, nur weil ICH das so vollzogen habe. Ich war früher anders, andre sind es noch – mit solchen Gefälle-Situationen ist ab jetzt zu rechnen. Bei der Rückbesinnung auf sich kann man also nicht stehenbleiben – sie muss ergänzt werden durch die Rückwendung, Rücksicht auf die andern, und möglichst zur (zur Not einseitigen) Beurteilung führen, in welchem Verhältnis die widersprechenden Positionen von mir und den andern stehen. Dazu muss man sich und die andern freilich auch VERSTEHEN: vgl. Punkt 2.
Anm. Das blosse Sich-auf-sich-Besinnen mag zu einer Neu-Orientierung führen, was die eigne Stellung in und zur Welt anlangt; im Verhältnis zu Andern und der Fähigkeit zur Vermittlung des Eignen ist man damit keinen Schritt weiter. Im Gegenteil – die, die aus einem unvermittelt autoritär akzeptierten Verband mit andern ausgestiegen sind, kommen so gut wie nie aus Eignem wieder dorthin zurück; und in fortgeschrittenen Verhältnissen findet sich auch immer seltener ein neuer Verband, dem sie sich anschliessen könnten. So bleibt dann jeder bei seinen ganz besonderen Meinungen und Weltsichten stehen, die Berührpunkte mit dem oder jenem andern sind zufällige, wachsen keineswegs zu einem neuen System zusammen. Als übergreifende Tendenz mag die „Individualisierung“ sogar ein feststellbares Faktum sein. Sie bedeutet nur überhaupt nicht: dass die sich auf sich und dann neu Orientierenden damit schon aufeinander zu bewegen. Dazu sind noch ganz andre Entwicklungen nötig (von denen später vielleicht noch die Rede sein wird)
zu 2.
JA:
Etwas verstehen heisst, grob: Es als bei sich oder andern vernünftig aus einem gegebnen Erfahrungsstand ableitbar, zumindest als damit vereinbar beurteilen.
(Zunächst bezieht sich „(Nicht-)Verstehen(-Können)“ und „(un)verständlich“ nur auf (Versuchs)Absichten und sie umsetzende (Versuchs)Handlungen; im übertragenen Sinn aber auch auf Sachverhalte, Dinge, Eigenschaften, Ereignisse und Ereignisverläufe sowie Dispositionen von Dingen, angesichts deren bzw bezogen auf die solche (Versuchs)Absichten gebildet werden können bzw ihnen entsprechende Handlungen möglich sind).
Anm. „Das Verstehbare“ an und in der Welt (das, was Gegenstand verständlichen Handelns werden kann) heisst auch: sinnvoll, „das Sinnvolle“.
Dass etwas (im Handeln von jemand, oder in der Welt) verständlich ist, kann auch so ausgedrückt werden: es macht Sinn oder hat Sinn, ist zumindest nicht verrückt, absurd, unverständlich, unsinnig, ratlos machend usw
Der Begriff der meisten Erwachsenen von dem, was vernünftig, nachvollziehbar, also verständlich und aus ihrer Warte somit zu erklären und zu begreifen ist (und was nicht), ist, wer kann es ihnen verdenken, sowohl beschränkt, als auch konventionell, und geprägt von dem, was eben ungefähr in ihrer Bezugsgruppe allgemein für normal und anerkennenswert gehalten wird. Nur sehr wenige haben die Zeit und dazu das Motiv, ihren Begriff von „vernünftig“ soweit zu bestimmen, dass damit aus ihrer Sicht sehr fremde Erfahrungsstände einbezogen werden können.
In jedem Fall aber ist massgeblich, was jemand selber und – dazu motiviert durch das von ihm Gewusste (Erlebte, Gehörte, Gelesene usw) – überhaupt für erwägenswert gehalten hat. Erst dann hat er auch Alternativen zu seinem eignen Horizont, die er auf Gleich- oder (relevante) Andersartigkeit hin, und dann auch hinsichtlich ihrer Verständlichkeit und Verstehbarkeit für ihn beurteilen kann. Dabei ergibt sich, ganz allgemein, die Möglichkeit, dass das Fremde tatsächlich eine Alternative zum eignen ist; oder etwas „indifferent andres“, aber in wesentlichen Hinsichten Gleiches wie bei einem selber. Oder es ist ein Selbes wie bei einem, das freilich noch nicht so weit gediehen ist, um nur noch „indifferent anders“ zu sein. Der letzte mögliche Fall wäre dann der, dass solche Vorstufen zu späteren Entwicklungen, die endgültig ANDERS verlaufen als meine eigne, auch bei andern festgestellt werden: Also ein Gefälle von denen, die in ihrer (mir verständlichen, aber eben nicht geteilten) Fremdheit fortgeschritten sind, zu solchen, die IHNEN gegenüber zurück geblieben, aber mutmasslich nachfolgen werden. Auch das Fremde hat eine Entwicklungsgeschichte, und Stufen… in diesem Fall bloss eben erstmal nicht solche, die im weiteren (Entwicklungs)Fortgang unmittelbar schon auf meinen Standpunkt zu führen.
Fremdes VERSTEHEN heisst also, grob: So wäre ich auch eingestellt, oder hätte gedacht, gewollt, gehandelt, wenn es mir so ergangen wäre – das ist vernünftig und unter diesen Umständen nachvollziehbar.
Anm. Daraus ergibt sich unmittelbar die Frage: Inwiefern ist es mir so anders ergangen, dass ich das Fremde mir nicht zueigen mache, es mir nicht egal („indifferent anders“) erscheint, ob ich es annehme oder bei meinem bleibe? Und aus der Antwort DARAUF lässt sich zumindest ansatzweise erschliessen: Was die andern erfahren müssten, um zu begreifen warum ich ihnen NICHT zustimmen kann und darf, vielmehr sie mein für SIE Fremdes übernehmen müssten – wenn sie für mich verständlich bleiben sollen.
Anm. zur Anm. Wir benehmen uns zwar oft genug gegenüber Andern so, als wüssten wir die genannten Antworten, und hätten unsere Forderungen und Erwartungen, was andre jetzt, hier, auf der Stelle einzusehen hätten, daraus abgeleitet. In Wahrheit sind wir fast immer unendlich weit davon entfernt. Das macht all dies Drängen auf Zustimmung und unvermittelte Erzwingenwollen von Konsens, das man bei soviel öffentlichen Debatten beobachten kann, so grundlos, uferlos, und leider auch aussichtslos. Ich bin also etwa engagiert, hab ein „Anliegen“, es geht, mir zumindest, um ausserordentlich Wichtiges, drum werd ich heftig, dränge die andern sich anzustrengen, um endlich zu begreifen, was doch (für mich zumindest) mit Händen zu greifen ist… In Wirklichkeit ist da ein Graben; und ich überbrücke ihn nicht. Ich sehe ihn nicht mal; denn ich sehe nicht und bin ausserstande, nüchtern zu beurteilen, was die andern (derzeit noch, vielleicht auf lange Zeit) daran hindern wird, meine Einsichten zu teilen.
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Es wäre für die meisten schon eine ausserordentliche Leistung, die Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer eigenen Ansichten durchgehend sicherzustellen und aus ihrer anwachsenden Erfahrung immer wieder rationale Konsequenzen zu ziehen; selten genug schaffen sie das, punktuell, auch für Leute, mit denen sie zu tun haben (und deren Handlungen und Motive sie dann „verstehen können“ oder Dritten entsprechend deuten oder erklären können – bisweilen auch den Betroffenen selber, wenn die „sich selbst nicht verstehen“…).
Das ganz allgemeine systematische Nachdenken hingegen über die PRINZIPIEN und Schlussregeln, die der Erfahrungsverwertung aller Menschen (womöglich zu allen Zeiten) überhaupt zugrundeliegen, ist dann Professionellen, Psychologen, Kulturwissenschaftlern, Historikern, Philosophen und andern „Experten“ vorbehalten – im Zweifel sind sie da, um dem Publikum zu erklären, was als vordergründig Unverständliches, Verrücktes, oder eben Fremdes und Befremdliches auffällt – oder eben es mit der Autorität der dazu Befugten als endgültig „uneinfühlbar“ zu verwerfen und unter einschlägig bereitstehende, etwa klinische Diagnosen zu subsumieren.
„Der/die spinnt doch…!“ ist als Kategorie freilich auch dem Normalmenschen geläufig. Er versteht zu viel viel zu gut, nämlich als erwiesenermassen UNVERSTÄNDLICH, oder wenigstens SCHLECHT, DUMM, SACHICH UNBEGRÜNDET, aber auch durchsichtig ANDERS MOTIVIERT als behauptet. In jedem Fall ist er fertig damit – zumal in Kontroversen weiss er bescheid – zu begreifen und vermitteln gibts da nichts mehr. Was erstmal kein Schaden ist – denn es gibt ja eleganteres – Gewalt, Macht, Zwang, und den Rückzug auf sich selbst (sofern die Andern einem da nicht hinterher und zu Leibe rücken können.. was meist auch Gewalt voraussetzt; vor der schützt, soweit sie geschützt ist, unsere „Privatsphäre“). Zumal wenn man mit der eignen Meinung bei der Mehrheit bleibt (solang es noch Mehrheiten gibt.)
Nichtverstehenkönnen und dabei bleiben, im Sinn von: es offenlassen müssen, ist verglichen damit ein Fortschritt.
ABER:
Auch eingestandenes N(ochn)ichtverstehenkönnen bleibt ein Mangel, und leider einer, der nur schwer zu beheben ist. Selbst die offiziell Zuständigen leisten Unzulängliches; wie soll es dem Nichtspezialisten ergehen, der noch andres zu tun hat?
Und doch: Gruppen (jedweder Grösse), die in sich verständigt sein wollen, dürfen die zynisch-autoritäre Frage nicht aufkommen lassen: „Wo lassen Sie denken?“
Im Zweifel muss das wesentliche der gesamten Menschheit (wenn sie verständigt wäre) in EINEM nämlich dem Kopf eines JEDEN Platz haben.
Wesentlich aber sind vor allem: die BEGRIFFE*) von dem, was wesentlich ist (und darum Aufmerksamkeit in bestimmten Situationen verdient), und was nicht, oder kurz: die Begriffe und ihr System sind das Wesentliche, das bei gegebnem Erfahrungsstand gemeinsam aus- und fortgebildet werden müsste (und worüber Verständigung hergestellt werden müsste).
Vorneweg also die Begriffe des Vernünftigen und Nachvollziehbaren (also die allgemeinsten). Jene Begriffe also, die dem Verstehen zugrundeliegen.
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*) zB die massgeblichen also „wesentlichen“ und forschungsleitenden Begriffe der wirklich modernen Naturwissenschaft (ohne die sie nicht als Wissenschaft in Angriff genommen worden wäre; vor allem die Chemie) hatten zum Gegenstand das, was an dem Untersuchungsgegenstand, etwa den Stoffen, wirklich wesentlich und darum das an ihnen vor allem und zuerst zu Suchende und Aufzusuchende sei: Etwa ihr Gewicht (bzw. Masse; auch kein ganz einfacher Begriff) pro Volumeneinheit (Dichte). Daraus ergibt sich der Begriff des REINEN Stoffs oder der Art eines solchen Stoffs. (Eng damit verbunden die Praktiken der Herstellung solcher reinen Stoffe – der Entmischung. Von da gehts weiter zum Begriff der chemischen Verbindung – und des Elements…) Darauf muss man erstmal kommen. ((Die endgültige Bildung dieser Begriffe hatte eine Vorlaufzeit von über 2000 Jahren.))
Damit war nicht gesichert, dass man sicher „reine Stoffe“ oder gar „Elemente“ finden würde (oder welche unter den bekanten Materialien diese Eigenschaften aufweisen würden) – bloss, dass es vorrangig Sinn machen (! s.o.) würde, danach zu suchen (bzw. die bekannten Stoffe nach Kandidaten zu durchsuchen oder aus ihnen solche herzustellen). – Der Begriff des reinen Stoffs bzw des Elements war also handlungsleitend, in diesem Fall bestand das Handeln aus Forschen, darum „forschungsleitend“ (auf griechisch: heuristisch, das Suchen/Finden und Beurteilen von Forschungsresultaten anleitend, organisierend, ihm eine sinnvolle (! s.o) Richtung vorgebend).
Solche VOR möglichen Resultaten dem Handeln vorgegebenen Begriffe, die möglichen Erfahrungserwerb und Versuchs-Handlungen auf dem Weg dorthin anleiten, organisieren, und helfen überhaupt eine Reihenfolge ins (ua experimentelle oder) (Versuchs)Handeln zu bringen, nannte man früher (und sollte man heute immer noch nennen) „KATEGORIEN“.
Ich denke: Über die „Kategorien“ des Verstehens ist derzeit lang nicht soviel nachgedacht worden wie über die für den Umgang mit „Stoffen“ (und überhaupt Materiellem).
Darum sind hier sowohl viele „Fachleute“ als erst recht die Laien eher noch in vor-modernen, vor-aufgeklärten, vor-wissenschaftlichen Entwicklugsstadien.
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Ich sage: Der Mangel ist schwer zu beheben, weil die Aufgaben, die sich dabei stellen, allem Anschein nach fast nur von Experten angegangen werden können
Das Nachdenken und Herausgehenwollen aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ scheint hier tief in einer Sackgasse zu stecken (es ist die, in der – wie ich glaube – auch die „emanzipatorischen“ Vergesellschaftungsprojekte stillstehen und nicht weiterkommen).
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Anm.Dieser Punkt wird, in verschiedenen Formulierungen, von mir hier im Marxforum wieder und wieder angesprochen: Dass Vergesellschaftung derzeit darum nicht weitergehen kann, weil die Organisation des gemeinsamen Wissenserwerbs (erst recht der darauf beruhenden Entscheidungen) alle Beteiligte völlig überfordert. „Die Organisation des gemeinsamen Wissenserwerbs“ könnte, nach dem gesagten, auch als „gemeinsames Kategoriensystem“, oder auch als „gemeinsame Verstehens-Grundlagen“ (gemeinsamer Begriff von dem, was vernünftig ist und vernünftigerweise bei je gegebnem Erfahrungsstand getan (versucht, gesucht/gefragt) werden sollte) bezeichnet werden.)
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Der Rückgang auf sich selbst (Punkt 1.), wirklich ernstgenommen, bedeutet aber nicht nur Vereinzelung, sondern auch Herauslösung aus allen autoritären und bloss unbedacht übernommenen Bindungen, Verbindungen, Glaubens- und Überzeugungssystemen (eben das IST ja der „Herausgang aus der ’selbstverschuldeten‘ Unmündigkeit“).
Derartiges unternimmt man, wenn Zugehörigkeit entweder überfordernd wird, oder unerträglich beschränkend (bornierend). Wenn Leute ab da die Kriterien „Überforderung“ und „Unerträglichkeit (der erzwungenen eigenen Bornierung)“ zum Masstab dessen machen, womit sie sich (nicht mehr) beschäftigen, ist der Weg SOLCHER Leute zueinander auf einmal offen: Von EINANDER werden sie wohl kaum verlangen, was sie sich selbst nicht mehr abverlangen. Sie sind darum, mit diesem Kriterium, die ersten, die wirklich verständigungs- und vergesellschaftungsfähig sind. Zwar haben sie ZUNÄCHST wenig gemeinsamen INHALT, aber dafür ist das wenige, über das sie verfügen, ein gemeinsames. Und wenn sie von ihren mühsam erkämpften Kriterien nicht abgehen – dann wird sich daran auch nichts ändern, wenn ihr Bestand an Begriffen und (damit geordneten, begriffenen) ausgetauschten relevanten Erfahrungen und Verständnissen reicher wird. Nicht gemeinsam arm bleiben, ist ja die Zielsetzung, sondern durch gemeinsames Lernen reicher werden. (Das kann beim Wissenserwerb durchaus arbeitsteilig sein, wenn nur die wichtigen Resultate anschliessend wirklich von allen für solche gehalten und gemeinsam verarbeitet werden. Wesentlichstes Resultat ist der durch Erfahrungszuwächse veränderte, reichere Begriff aller von wichtig und unwichtig; der sollte davor wie danach derselbe sein bei allen.)
zu 3.
JA:
Im psychologischen und „psychologisierenden“ Wissenwollen „wie Menschen sind“ (um sie dementsprechend gemäss eignen Vorstellungen oder gar für eigne Zwecke behandeln und benutzen zu können), und das OHNE mit ihnen zu reden, erst recht OHNE sich mit ihnen zu verständigen (oder es zwar zu versuchen, aber ohne das Dafür-nicht-Bereitsein der Angesprochenen zu achten und beachten), steckt ein schweres Fehlurteil.
Anm. Das Schlimmste am psychologisierenden Wissenwollen (das ist AUCH eine Wissenserwerbs- oder „Forschungs“-Weise, selbst auf ganz privater Ebene), sind die viel zu einfachen Kategorien (schon wieder die), mit denen dabei gearbeitet wird, und mit denen vor allem schnell und unaufwendig „erklärt“ (also angeblich verstanden) werden soll, warum jemand dem ihm Angetragenen, Vorgeschlagenen, „legitim“ Geforderten und von ihm Erwarteten nicht zustimmt, nicht folgt, nicht entspricht. Oben wurden solche psychologisierenden Alltagskategorien andeutungsweise aufgezählt: dumm, schlecht, in Wirklichkeit anders (als behauptet) motiviert usw. Vorausgesetzt in solchen dem Andern gegenüber kritischen Zuschreibungen ist immer: ICH habe recht, und EIGENTLICH hat er dem nichts mehr entgegenzusetzen, müsste mir also (mit den Gründen, die MICH überzeugen) doch zustimmen (folgen, entsprechen), und wenn ers nicht tut, dann bloss weil… (dumm oder schlecht oder sich und andern was vormachend usw)
((Am unverhohlensten wird diese Sichtweise ausgesprochen in dem an sich widersinnigen Satz: DU WILLST NICHT EINSEHEN (iSV zugeben), DASS… (als seien Einsichten wesentlich Willensakte, das Einsehen(können) ein Sich-Entschliessen und „es so sehen WOLLEN“. Eigenartigerweise benutzen diejenigen, die so von Andern sprechen, zugleich ohne weiteres den Begriff „objektiv“, den sie jedenfalls in ihrer psychologischen Rede vom Andern (bisweilen sogar von sich selbst) offenbar völlig vergessen.))
Die psychologisierenden Zuschreibungen im einzelnen:
„Dumm“ soll sein die Unfähigkeit, meine Gründe (die MICH überzeugen) zu übernehmen; „schlecht“ soll sein der mangelnde Wille dazu, der sich aus (aus meiner Warte) stark nachrangigen Motiven speist. Schliesslich bemänteln die andern dann noch angeblich diese eigentlichen Ursachen ihres Nichtzustimmens vor sich und andern mit vorgeschobenen Motiven, die garnicht ihre wirklichen sind (würden sie dies zugeben, läge ihre Unfähigkeit bzw Unwille offen zutage uswusw). (…) (Diese Anm. wird in der nachfolgenden unten fortgesetzt.)
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Das Interesse am psychologisierenden „Wissenwollens wie die andern SIND“ ignoriert systematisch und im Ansatz, dass Menschen, weil biologisch zur Vernunft (ausgewiesen durch ihre Sprachlichkeit) disponiert*), eben dadurch auch zum universellen (auf alles Relevante bezogenen) LERNEN disponiert sind, also nicht bleiben, „wie sie sind“. Jede Behauptung einer Einschränkung, jedes Absprechen der Fähigkeit, sich – gute Gründe vorausgesetzt – von jedem erreichten Stand wieder loszusagen und die (mögliche) Fehlerhaftigkeit oder nur bedingte Geltung des zuvor unbedingt Geglaubten (bzw vernünftigerweise bis zur Widerlegung Unterstellten) einzusehen – ist eine Form von RASSISMUS und BIOLOGISMUS. Diese Ausdrücke stehen hier nicht als starke Schimpf- und (politische oder intellektuelle) Fluch- und Bannwörter, sondern als vorläufige Platzhalter für den Nachweis der Unsinnigkeit aller so benannter Einstellungen. (Erinnere hier den Zusammenhang unsinnig=unverständlich, nicht unter den Begriff „vernünftig“, so wie man ihn auf sich selbst anwendet, subsumierbar (nicht als Ausgangspunkt und Angriffspunkt für solches (Handeln), das unter diesen Begriff fällt, geeignet usw).
*) hierin sind unentfaltet einige Behauptungen unterstellt, auf die zwar jeder im Umgang mit sich und (oft auch mit) andern zurückgreift, deren er sich aber nicht sicher bewusst ist, weshalb er sie auch öfter (vor allem, wenn es um andre, seinesgleichen, leider auch in dieser Hinsicht, geht) vergessen und praktisch missachten kann.
Die einfachste Form der Widerlegung ist dabei die Anwendung auf den Rassisten und Biologisten selbst: Denn entweder schreibt er sich überlegene Einsichten zu, dann muss er die Gründe der Überlegenheit darlegen, also den Weg, den man zurücklegen muss (von welcher Ausgangsposition auch immer), um zu dieser Einsicht zu gelangen. Dann bleibt bloss, andern die Fähigkeit zu dieser Einsicht abzusprechen – sie WOLLEN sie also haben (können bloss nicht, schaffen es nicht) – was paradoxerweise die Einsicht selbst voraussetzt, nämlich in der Beschreibung des Ziels, das man aber (so lautet ja das absprechende Urteil) beim besten Willen, es zu tun, nicht erreichen kann. Genau das gilt für die Selbstzuschreibung einer mangelhaften Einsicht: Kann man den Mangel benennen, ist man darüber hinaus gelangt. Kann man ihn nicht benennen, kann man ihn sich auch nicht zuschreiben.
In Wirklichkeit ist psychologisches, rassistisches und biologistisches Denken Ausdruck einer durchgehenden Verwechslung von „Einsichthaben, Wissen“ mit „Erfolg (bzw Risiko) abschätzen können“; „höhere“ Einsicht ist da die andern nicht zugängliche „erfolgreichere“ Art, zu Wissen darüber zu gelangen, welche Versuche gelingen werden und welche nicht. Auch wenn dies primitives (im Sinn von: ursprüngliches, ohne weitere Erfahrungs- und Bildungselemente bei allen Menschen, speziell auch jüngeren, am Anfang stehendes) MAGISCH-ABERGLÄUBISCHES Denken ist, so ist es doch Denken; und die es ausüben, können darüber hinauskomen wie alle, die den betreffenden Mangel schon eingesehen haben.
Anm. (…) (Forts von oben) Von dieser sehr speziellen Art, etwas einschätzen zu können, war bislang indirekt schon mehrfach die Rede. Sie liegt nämlich zugrunde, wenn wir, wie es oben hiess
– „uns .. oft genug gegenüber Andern so benehmen, als wüssten wir die genannten Antworten“, nämlich was sie an der Zustimmung zu unseren Begründungen bzw. Einsichten und Schlussfolgerungen (Anträgen, Vorschlägen, Forderungen, Erwartungen an die andern) hindert; nämlich ziemlich genau diese:
– „dumm, schlecht, anders motiviert als behauptet“ – also das psychologisierend Zuzuschreibende, das ihre Einstellung zum meinigen an dieser Stelle erklären soll. So – mit diesen Kstegorien also – verstehe“ ich sie gegenwärtig, oder deute ihr Verhalten.
Das Schlimme daran ist… und auch das wurde oben schon angesprochen, an dieser Stelle nämlich: –
– „Wir glauben uns gewissermassen selber viel zu schnell, vertrauen voreilig, auch ohne dass andre daran mitgewirkt haben müssen – wir sind unvorsichtig in eigener Sache.“
…, dass in die typisch abergläubisch-magischen Beurteilungen von Sachverhalten (Erwartungs)AFFEKTE eingehen – wie stark ICH zumindest hoffnungs- und erwartungsvoll gestimmt bin, oder aber enttäuscht, verbissen-durchhaltend, besorgt bis panisch, oder verärgert-ungeduldig. Es ist meist dieser mehr oder weniger aktuell bis chronisch mein Denken „formende“ Affektanteil (zumindest wenn es sich auf der abergläubisch-magisch genannten Denkebene bewegt), dessen Anerkennung (als auf überlegener Einsicht, nämlich (angeblicher, eigentlich vor allem: MEINER, und der Leute, denen ICH vertraue, beruhender) von den andern verweigert wird, wenn ich anfange, nachdem ich ihnen doch „alles Nötige“ gesagt habe, psychologisierend über und vor allem auch MIT ihnen zu reden, und von da ausgehend dann schnell auch in der ein oder anderen Form druckvoll und gewalttätig werde…
Und leider stimmt es: In den meisten Auseinandersetzungen steht ein (Aber)Glaube dieser, nämlich (erwartungs)affektiven Art, gegen einen andern, wird darum gestritten (ohne dass die den Glauben begründenden Lebenserfahrungen je auch nur annähernd noch vermittelt werden könnten), welche (angebliche) Erfahrung, was Erfolg haben wird (man darf es „legitimerweise erwarten“) und was nicht,… die erfolgsträchtigere ist: Denn selbst im Kampf, im Streiten „beweisen“, zeigen (vgl. „dir werd ichs zeigen!“) die Kontrahenten einander, dass sie eben grundsätzlich eher als andre dazu befähigt sind, recht zu behalten und abschätzen zu können, wann (und wo, wobei) etwas Erfolg hat und wann nicht.
Anm zur Anm. Dieses magisch-abergläubische Denken habe ich für mich selbst „Normaldenken“ oder „Opportunismus“ (kurz: OPP) genannt. Es ist und war das zu allen Zeiten das Denken und Handeln fast aller Menschen beherrschende, es ausmachende. Es ist nirgendwo in irgendeiner bekannten Theorie bislang berücksichtigt, und daher komplett unanalysiert gebieben. Es ist das Nächstliegende, das darum nicht bemerkt wird… (Es macht nur Sinn, diesen Begriff zu bilden, wenn es zu dieser Art des Umgangs mit (neu hinzukommender) Erfahrung, also des Lernens und Wissenserwerbs, alternative Formen gibt, die auch historisch wie gegenwärtig, wenn auch von sehr wenig Leuten, betätigt werden: Dazu zähle ich das genuin religiöse Denken (REL) und das genuin moderne (MOD). Im Unterschied zum OPP-Denken, wo Erwartungsaffekte (und die Suche nach dem erfahrungsbegründet richtigen Mass (der Erfogsträchtigkeit, spätestens bei angemessener Anstrengung) für sie (je passend zu bestimmten Themen)) wesentlich das (Versuchs)Handeln bestimmen, fehlen sie in diesen andern beiden Denkweisen, oder besser, die emotionale Verfassung ist dort fest eingestellt auf EINE einzige Ausprägung: maximal-vorsichtig versuchen, was als nächst-mögliches ansteht. Daher nennen ich solche nicht- oder besser- NACH-OPPortunistischen Einstellungen: EXPERIMENTELL. Das ist leider keine akademische Nebensache. Denn, meine Hauptthese in dieem Zusammenhang HIER, im Marxforum, lautet: Ausschliesslich Menschen mit einem experimentellen Verhältnis zur Welt und Praxis sind kollektiv- oder vergesellschaftungsfähig. Mit andern Worten, ich behaupte: Das Weltverhältnis ist auch für das Verhältnis zu andern entscheidend. Und das… ist nichts weniger als trivial, wenn es sich bewahrheiten sollte…
ABER:
Nun ist man zwar selbst kein „Kopfgucker“ mehr, aber die andern sind es derzeit leider um so mehr. Das Unterlassen der „kopfguckerischen“ Weise, sich zu diesen Andern zu stellen, enthebt einen ja nicht der Notwendigkeit, es überhaupt irgendwie auf vernünftige Weise zu tun. Was also ist die Alternative zum Kopfgucken? Sie ist schon genannt worden: Es ist das VERSTEHEN des Unterschieds – warum lassen oder tun wir (bereits) etwas, das uns nicht nur für uns, sondern auch andre zu lassen oder zu tun vernünftig erscheint? Wir müssen begreifen, was sie an der Einsicht, zu der wir gelangt sind, hindert – warum wir sie haben, und sie (notgedrungen, möglicherweise) noch nicht. Im vollständigen Verstehen ist dann zweierlei enthalten: Die Vorstellung der möglichen Wege, auf denen andre von IHREN Ausgangspunkten (die kennen wir oft nicht genau genug!) zu der Einsicht gelangen; und, als Grenzbegriff, die Möglichkeit, dass sie uns UNVERSTÄNDLICH erscheinen, wenn KEINER dser Wege (wann wären sie vollständig erfasst?) von ihnen begangen wird, die WIR in IHRER Situation (die aber dann auch vollständig ihre sein muss – ein weites (und auf weite Strecken rein hypothetisches) Feld!) begehen würden. Von (wenn sie es wären) erwiesenermassen Unverständlichen kann man aber nicht dasselbe erwarten wie von Verstehbaren, in dieser Hinsicht uns Gleichen.
Anm. Ich kann andre nicht besser verstehen, als ich mich selbst verstehe und die Prinzipien meiner Art, zu begründen und (Versuchs)Absichten aus gegebnen Erfahungsständen zu erschliessen, überschaue. Wo Erwartungsaffekte im Spiel sind (eigentlich: affekt-begründete statt rational (mit rationalen „Kategorien“!) konstruierte und ausgewählte (Versuchsleitende) HYPOTHESEN), da gibt es nicht nur keine Übersicht über das Gesamt der eigenen Ableitungs- und Begründungsregeln – auf die hat man sich da nämlich garnicht besonnen. Es gibt vielmehr, dementsprechend, auch keine Besinnung auf die langfristig anders als meine zustandegekommenen Erwartungsaffekte der Andern – nur eben das ganz kurzatmige „Psychologisieren“.
Da, wo eine solche Besinnung (wie du dich fühlst, und wie ich mich fühle, wenn du etwas verlangst und wenn ich…; und woran das eventuell in deinem Fall, und in meinem Fall, liegt) stattfindet, nämlich als sog. EMPATHIE und in diesem Sinn „Verstehen, wie dem andern zumute ist angesichts von…“ – da findet, wenn wirklich ernsthaft der Weg durch die sämtlichen überhaupt möglichen Erwartungsaffekt-Verhältnisse zwischen Leuten „einfühlend“-nachvollziehend durchlaufen wird (sie werden allmählich reduziert; wie, das ist ein eigenes Thema), zuletzt eine Rückbesinnung statt auf die eigene Weise, zu solchen Affekten zu gelangen; und die Einsicht, dass vernünftiges Handeln so nicht begründet werden kann. Aus dieser verzweifelten Feststellung der mit ihrer Einfühlung Gescheiterten finden sie selbst, mit ihren Mitteln, nicht heraus; es hat dann meist eine ganz andere Entwicklung stattgefunden, die nämlich, wie ich glaube zeigen zu können, vom OPP- zum REL-Denken, die ihnen weiterhilft.
Genuin RELigiös Denkende sind die ersten, die über alle Erwartungsaffekte hinaus sind, ausgedrückt etwa als: Wir sind in Gottes Hand. Sie haben bloss eine HYPOTHESE, und zwar eine, die vor allen andern bis zum Beweis des Gegenteils zu verfolgen ist (weil sie das Bestmögliche unter dem noch nicht Widerlegten unterstellt: OPTIMAL-HYPOTHESE); das ist ihr GLAUBE. Der hat leider fundamentale Mängel (er unterstellt Eigenschaften von Personen (eigentlich: ihres Entscheidens, Handlungsableitens aus je gegebner Erfahrung) als beliebiger, „optimaler“ aber völlig unbestimmter Steigerungen fähig: ALLMacht, ALLWissen, ALLZweckhaftigkeit, die Welt soll demnach (bis auf weiteres ist es zu unterstellen) so gedacht werden, dass sie ist, wie sie ist, WEIL sie das Produkt entsprechender Optimal-Einstellungen ist. Wodurch garantiert ist, dass sie (unbestimmt wie) auch für uns Sinn machen wird (bis zum Beweis des Gegenteils)…). Aber das nur als Andeutung.)
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Das wirkliche Verstehenwollen ist nun freilich ein Projekt, das den gegenwärtigen Einzelmenschen auf der Stelle, jeden von uns, KOMPLETT überfordert. Es ist ähnlich, als sollte er in seinem Leben, als Einzelner, die gesamte Wissenschaft oder Technik erfinden. Das ist Unsinn.
Anm. Und das selbst dann, wenn er allen OPPortunismus und sogar das genuin RELigiös Denken hinter sich gelassen hat, also MODern denkt, wie es dem kulturell erreichten Stand der „Gesellschaften“, in denen wir leben, entspricht.
Ganz anders, wenn das Verstehenwollen (umgesetzt als Verständigung) ein kollektives Projekt wird. Da würde gleich klar: Die meisten verstehen ja nichtmal sich selber, können sich sich selbst nicht erklären, ihr Handeln nicht vernünftig mit dem begründen und dazu ins Verhältnis setzen, was sie wissen. Es aus dem Stand heraus prüfen wollen, wozu alles man hierzuland Stellung nehmen soll (das war schon in Punkt 2 klar) überfordert die Wissenschaften, wieviel mehr Einzelne. Der Rückgang auf sich selbst bedeutet also auch: Das Verstehen- und Einordnenwollen von extrem vielem erstmal aufschieben müssen, es SUSPENDIEREN; aber eben auch das praktisch davon etwas abhängig Machen: Man muss extrem viel Geglaubtes und voreilig dem Handeln Zugrundegelegtes ab dann OFFENLASSEN, und sich aufs Wesentlichste konzentrieren.
Anm. Das machen bloss Leute, die zumindest OPP und REL-Denkweisen hinter sich gelassen haben, also ihr (Versuchs)Handeln genuin MODern begründen und aus gegebnen Erfahrungsständen erschliessen. Alle andern sind dazu nicht motiviert, dh sie sehen überhaupt keinen Grund, solche Schritte zu unternehmen. Ihr Projekt ist ein andres als das, was MODern Denkende von Anfang an zueinander führt: Naturwissenschaft (von den Elementen und den Komplexen, zu denen sie zusammentreten) in Technologie (prinzipelles Ausloten der Kontrollfähigkeiten, die sich daraus ergeben) umzusetzen, damit eine vorläufige UND STÄNDIG REVOLUTIONIERTE Reproduktion organisieren als Basis für deren eigene Verbesserung – entsprechend (Versuchs) Entwürfen, die aus dem gegebnen Stand des „technologisch bereits Möglichen“ abzuleiten sind. Das zwangfrei-gemeinsame Vorantreiben dieses Projekts überfordert die Teilhabe-Möglichkeiten des Einzelnen in grotesker Weise. DAS ist das Problem (in seiner fortgechrittensten Form), mit dem die radikale Linke (sofern sie MODern denkt) konfrontiert ist, und das sie lösen muss.
zu 4:
JA: Aber was ist das Wesentliche? Wer will es vorwegnehmen? Er muss ERST den Rückgang auf sich vollziehen, und bestenfalls noch auf andre, die dasselbe machen. Und dann… kann man weitersehen.
ABER: Das muss man dann auch wohl (weitersehen, weitergehen). Aber eben erst – DANN…
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Reproduktion, Wachstum/Akkumulation, Luxus: Die verschiedenen Motive für Nachfrage nach Produkten des Reproduktionssystems
In der vorangehenden Untersuchung zeigte sich: (zumindest verstehe ich das Ergebnis so): Nicht einmal die nicht mit sich selbst vermehrbaren Güter und Kapazitäten entgehen ihrer Einbeziehung in das Reproduktionssystem. Dieses System hat schlechterdings kein ihm „Äusseres“, zu dem es sich (oder in ihm entstehende Güter) in ein irgend „messbares“ Verhältnis setzen könnte. Es ist nur an sich selbst messbar, und auch da nur als Proportion des Wachsens und Schrumpfens (bezogen auf einen Ausgangswert/Index). Was deutlich schlechter zu erfassen ist, ist die Beschleunigung oder Verlangsamung des Umsatzes; die VWL nimmt hier „Kapazitätsauslastung“ als Mass.
Allerdings relativiert sich die Messbarkeit des Wachstums (Akkumulation ohne Einbeziehung von Innovation), sobald realistischerweise die mit JEDER Ausweitung irgendwo verbundenen Skalenvorteile und -nachteile berücksichtigt werden. Skalenvorteile machen sich vor allem „rückwärts“ bemerkbar: Auf Basis derselben Anlage-Kapitalgüter („Kapazitäten“ aller Art) können zusätzliche Umlauf-Kapitalgüter eingesetzt werden (zB Zusatzschichten gefahren werden etc) – Anlagegüter-Investitionen hingegen wachsen zwar letztlich auch proportional mit, aber DISKONTINUIERLICH. Je breitere Anwendung ein Anlagegut hat, desto geringer wirkt sich diese Diskontiuität auf seinen Absatz aus. Diskontinuitäten im Zusammenhang mit Wachstum eines Reproduktionssystems aber prägen dem ganzen einen „konjunkturellen“ Charakter auf (der sich den Jahreszeit-abhängigen Verbrauchs- und Produktionszyklen auflagert). Von mir so genannte Skalennachteile beziehen sich auf unproportionale Wechsel in der Nachfrage im Zuge von Wachstumsprozessen: Den Erweiterungen von Nachfrage UND der sie befriedigenden Produktion mögen sprunghafte Erweiterungsinvestitionen, auch in verfügbare, aber vorher nicht lohnende produktivere Technologien in einer Branche folgen (hier ist auch die vorherrschende Betriebsgrösse der Branche ein Faktor; die wiederum hat mit Logistik und „Rohstoffquellen-“ oder „Markt-naher“ Verarbeitung zu tun, insgesamt auch mit der Art der Transport-Infrastruktur insgesamt); dieser plötzlichen Erweiterung ALLEIN durch Wachstumsschritte folgt eine ebensolche Schrumpfung der Nachfrage nach solchen Investitionsgütern infolge Sättigung – der ausserordentliche Bedarf wird auf die „normale“ und Durchschnitts-Lebensdauer-abhängige Ersatzbeschaffung reduziert – die allenfalls, mit einer gewissen Streuung, synchronisiert ist durch die Synchronizität der Ursprungsinvestition. Solche Sättigungseffekte treten nun freilich nicht nur bei Produktionsmitteln auf, auch „die Haushalte“ können durch schlichte Steigerungen des Durchschnittseinkommens pötzlich und massenhaft langlebige Zusatzgüter anschaffen, die nach dieser Ausstattungswelle nur noch in regelmässigen Abständen ersetzt werden. Die betreffenden Branchen-Konjunkturen setzen sich dann natürlich auch in die Umsätze der vorgeschalteten Zwischen- und Rohprodukt-Produktionsstätten fort, einschliesslich Arbeit und Konsum.
Ein synchrones proportionales Wachstum ALLER Branchen existiert somit nicht; Wachstum des Reproduktionssystems ist vielmehr mit ständigen Umverteilungen von Nachfrage und schwer abschätzbaren Missverhältnissen zum augenblicklichen Angebot nachgefragter Güter bzw deren Produktionsfaktoren verbunden. Die daraus resultierenden güter-bezogenen Konjunkturwellen können sich in ihrer Wirkung auf einzelne Branchen oder Anbieter sowohl neutralisieren als auch aufaddieren.
Da aber in einem Reproduktionssystem grundsätzlich alle Branchen mit allen in Verbindung stehen, addieren sich diese Teilwirkungen zu einer Resultierenden, die sich vor allem als Beschleunigung oder Verlangsamung von Absatz und Durchsatz an Produkten synchron bemerkbar macht, also als Gesamt-Geschwindigkeit, mit der die Reproduktion im System überhaupt stattfindet.
Aber all diese beachtlichen Konsequenzen eines vermeintlich „proportionalen“ Wachstums und der Ausdehnung der „Stufenleiter“ von Reproduktion bei gegebner Technologie (also noch ohne echte Innovationsprozesse mit ihren Vorläufen ud Durchsetzungsphasen einzubeziehen) werden noch einmal massiv überlagert von den nicht-akkumulativen Verwendungsformen des Mehrprodukts. Dort sind Sättigungseffekte in noch ganz anderem Ausmass ZEIT-abhängig, schwankt Nachfrage tatsächlich entlang subjektiver Präferenzen (im Falle der Staatsnachfrage ist das so subjektiv freilich nicht…), oder ist durch Preisnachlässe oder -aufschläge zu beeinflussen.
Zwei Besonderheitn mindestens zeichnen dieses gegenüber dem reproduktiven und akkumulativen Anteil der Produktion völlig anderen Markt- bzw. Produktionssegment aus:
1. Auch ohne Wachstumsprozesse kommt es hier, einzig durch die zeitliche Abfolge von Anschaffungen (bei gleichbleibendem Zufluss von verwertbarem Mehrprodukt (seiner Erträge) zu den immer gleichen Personen), zu Nachfrageänderungen. Das Mehrprodukt, soweit es konsumtiv im weitesten Sinne, also in Luxusproduktion, verausgabt wird, hat somit seine eigenen Konjunkturen. Die Struktur der Luxusnachfrager – gleichbleibend oder wechselnd; Masse oder wenige – spielt dafür eine grosse Rolle.
(Durch Wohltätigkeit und Sponsorentum, ebenso Umverteilungstätigkeit des Staats, kann sich der Charakter von „Luxus“ (iSv nichtreproduktiv, nichtakkumulativ) KOMPLETT ändern. Und, immer zu erinnern: Verwendung für Innovation (+/- kreditgestützt) ist da noch immer nicht berücksichtigt!)
2. Den Überschuss-Abteilungen sämtlicher Branchen des Reproduktionssystems lagern sich auf einmal gänzlich andere Produktions-Ketten an und auf; und zwar solche, die in erheblich geringerem Mass, ja oft überhaupt nicht, und ganz gewiss nicht so, dass es für ihre ökonomische Form bedeutsam wird, VERFLECHTUNGEN untereinander aufweisen. Vielmehr entsprechen die Tauschbeziehungen in diesem Segment der gesellschaftlichen Produktion sehr viel stärker dem (Re)Produktionsmodell, das der Arbeitswerttheorie zugrundelag: Mehr oder weniger lange Fertigungsketten laufen von Roh- über Zwischen- zu Fertigprodukten – unter permanentem „Zusatz“ von „Arbeit“; Zwischenprodukte sind relativ wenig vielseitig verwendbar (allenfalls Abfallprodukte noch weiterverwendbar); erst Endprodukte treten einander auf dem eigentlichen Markt gegenüber, die gegen Abgabe des Endprodukts „eingetauschten“ Güter fliessen „rückwärts“ an die Produktionsstätten der Vorprodukte. Speziell ein grosser Teil der Gesamt-Endprodukte fliesst als „Lebensmittel“, zu deren Reproduktion, an die allenthalben in jeden Produktionsakt eingehende Arbeit. Im Luxussystem (wie man diese Produktonsabteilung provisorisch nennen könte; später wird ihre gar nicht mehr so luxuriöse zweite Funktion zu betrachten sein, nämlich permanenter Haupt-Ausgangspunkt für Innovationen zu sein) tritt an die Stelle von „Arbeit“ als „universellem“ Produktionsingredienz der Beitrag der nichtakkumulierten Überschüsse des Reproduktionssystems. nur, dass er sich, statt sich aus dem Reservoir einer „homogenen“ Substanz namens „abstrakte Verausgabung von Arbeitskraft“ (naja, das kann man schon für die Arbeit fragwürdig finden) zu speisen, zerlegt in die zahllosen Beiträge von Lebensmittel- und Produktionsmittelbranchen, die zur Reproduktion der Arbeiter der Luxusindustrien sowie vor allem auch zu ihrer Belieferung mit allseits benötigten Produktionsmitteln (Materialien, Energie, Arbeitsinstrumente und Hilfsmittel, Maschinen) benötigt werden.
Das nicht-akumulierte Mehrprodukt des Basis-Reproduktionssystems und SEINER Industrien fliesst also an zahllosen Stellen in die Produktionsschritte der einzelnen Luxusindustrien ein, als ganzes tritt es somit im Tausch auf gegen einen Teil der Luxusproduktion (dieser Teil fungiert als Analogon zum „Lebensmittel“ des Marxschen Modells für die Gesamtwirtschaft), der vom Luxussystem abgegeben wird zur Aufrechterhaltung des Zuflusses jener Produktionsingredienzien, die es aus eigener Kraft nicht produzieren kann.
Allerdings darf das zugrudeliegende Reproduktionssystem durch Einspeisung dieser seiner Überschüsse nicht beschädigt werden, sodass es anfängt unreproduktiv zu sein und zu schrumpfen; es können also nur ÜBERSCHÜSSE, Mehrprodukte der einzelnen Branchen des Reproduktionssystems, sein, die an das Luxussystem abgegeben werden. Es ist schwer vorstellbar, dass das Luxussystem grössere Anteile seines eigenen Produkts behält; sie könnten ja, wenn überhaupt, bloss den Luxusbedarf der Luxusproduzenten befriedigen. (Das gilt nicht für Produktionsmittel, die AUSSCHLIESSLICH für Luxusproduktion Verwendung finden. Für solche gäbe es dann, ironischerweise, immer noch eine Analogie in den Marxschen Reproduktionsschemata: nämlich die jener Produktionsmittel, die nicht an die Reproduktionsabteilung abfliessen (also an die Lebensmittelproduktion; im Austausch gegen Lebensmittel für die gesamte PM-Branche (in diesem Schema). Kein Pendant hat bisher die verbleibende Menge an Produktionsmitteln, die an die Lebensmittelbranche, in Analogie: das Reproduktionssystem, abfliessen – das wird sich mit Einbeziehung von Innovationsprozessen ändern.)
Man könnte diese Analogie zum Marxschen Reproduktionsschema so deuten: Zu den Zeiten, als Arbeit die einzige originäre Produktivkraft war – die gesamte Reproduktion ausschliesslich mit Arbeit, die auf Natur losging, und DEREN Produkten, bestritten wurde – da war (arbeitsteilig abgetrennte) Produktionsmittel-Produktion ein Luxus, der sich dem ursprünglichen Reproduktionsprozess der Arbeit „auflagerte“ unter Aufnahme derjenigen Überschüsse DIESES Reproduktionsprozesses, die er nicht zu seiner eigenen Aufrechterhaltung (Lebensmittel für die Produzenten der Lebensmittel) benötigte: Das waren eben die Lebensmittel, die erübrigt werden konnten für Arbeiter im Produktionsmittelsektor. Also eine von langer Hand geschichtlich aufgebaute und erweiterte erste Überschuss-Stufe. (Dieser Überschuss konkurrierte mit den Bedürfnissen der unproduktiven Verbraucher: das war damals Luxus im ökonomischen Sinn, Staat, Kirche, Wohlfahrt, nichtarbeitende (Grund)Renten-Empfänger aller Art).
In dem Moment, wo der Produktionsmittel-Produktion nicht mehr generell Eingangsprodukte vorausgehen, die ausschliesslich auf Arbeitskraft-Verausgabung und genutzten Natur-Voraussetzungen beruhen, sondern auch – anfangend bei den allerersten Produktions-Stufen (so wie auch allen weiteren) industriell, unter Verwendung von Produktionsmitteln gefertigte Produktionsmittel zur Arbeit hinzutreten, verliert die Arbeit die Eigenschaft, im Verbund mit Naturreichtum einzige Reproduktionsgrundlage zu sein, an ihre Stelle tritt „das (modern-industrielle)Reproduktionssystem“. Es ist SEIN Mehrprdukt, das Basis für SEINE Erweiterung ebenso wird wie für die eben angesprochene Luxusproduktion.
Akkumulation (mit der im letzten Beitag erörterten Komplikation der Umverteilung wachsender Anteile von ihm an Besitzer knapper Kapazitäten) und „Luxus“ begründen, nach dem gesagten, Nachfrage-Formen nach bestimmten „Tranchen“ des Gesamtprodukts einer Branche, die von der „reproduktiv“ begründeten Nachfrage und den aus ihr sich begründenden Anforderungen an den Preis (in Gestalt des „Kostanteils“) deutlich unterschiedene Preiseinflüsse schafft. Daraus ergibt sich eine etwas andere Art der Preis- und vor allem Gewinn-Kalkulation, als es die Arbeitswerttheorie unterstellt – nämlich eine, die sehr viel mit dem Zusammenhang von Mindest- oder kostendeckendem Preis sowie dafür nötiger Mindestabsatzmenge einerseits, sowie „minimal noch lohnenden“ Absatz-Grössen bei Preis-Senkungen von Produktionspreisen (also einkalkulierten Gewinnen) und „preis-elastisch reagierender Nachfrage“ arbeitet (diese zweite Kalkulationsart betrifft hauptsächlich das Mehrprodukt des Produzenten, also seine Gewinnquelle; hingegen die Kostendeckung setzt eine „nachhaltige“ Nachfrage zu eben wenigstens dem kostendeckenden Preis als Grundlage für Aufrechterhaltung des Produktionsbetriebs voraus. Das ganze wird dann nochmal überformt durch die Einbeziehung von Zeit – Absatz pro Zeit, Verlangsamung, Beschleunigung wird zum Mass für erwartbare Nachfrage und gibt (hoffentlich) Hinweise für Ausweitung und Beschränkung (Verlangsamung) von Produktion. Das alles ist extrem schwer berechenbar – Preis- und damit verbunden Produktionsmengenkalkulation (Einkäufe von Produktionsfaktoren usw) wird zur Lotterie. Die Besitzer von einzelnen Reproduktions-System-Betrieben können froh sein, wenn sie halbwegs ihre Kosten decken mithilfe des Absatzes an zuverlässige, eben reproduktive Nachfrager, die alle zusammen das solide Fundament für die eher dynamischen Prozesse in diesem System liefern, Wachstum und dadurch provozierte Ungleichgewichte, sowie die unwägbaren Verläufe der Luxusnachfrage. Dort liegen dann die undurchschaubaren Ursachen für stark variierende Gewinne der Einzelbranchen.
Das alles wird dann endgültig chaotisch durch allgegenwärtige Innovationen der verwendeten Technologie.
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Die „Reproduktivität“ als Eigenschaft – und ihr Gegenstück
Im letzten Beitrag ist eine Gestalt ins Blickfeld gerückt, die näher zu betrachten lohnen könnte: Ich meine die Art, wie sich die Luxus-Produktion dem eigentlich Reproduktiven auflagert.
Daran scheint sich nämlich etwas zu wiederholen, was aus früheren Stadien der Modernisierung und Entwicklung zu und in Industriegesellschaften (wenn nicht sogar bereits in vormodernen Perioden) zu bemerken war: Dass nämlich dem „linearen Fertigungsmodell“, das auf einen Markt-Austausch „nach Angebot und Nachfrage“ zuläuft, ein reproduktives Substrat zugrundeliegt, aus dem die Fertigungslinien quasi erst hervorgetrieben werden. Die reproduktive Zone nahm dabei immer mehr von dem Material der handelbaren Güter in sich auf – Reproduktivität erweist sich damit ganz allgemein als ein Bündel von RESTRIKTIONEN, denen das vermeintlich allzu freie „Tauschen“ am Markt unterliegt – und das zunehmend mit der Zunahme der Arbeitsteilung und Produktivität in der Moderne.
Dabei verbindet sich diese Beschränkung der Handels- und Handlungsfreiheit von Marktakteuren durch reproduktive Notwendigkeiten eng mit der Frage der Quelle ihres Profits – nämlich dann, wenn „Knappheit“ nicht mehr absolut darin besteht, dass am Markt der schwindende (also immer knapper werdende) Vorrat eines kostbaren Handelsgutes gegen entsprechende Gegenleistung abzugeben ist, sondern die Möglichkeit (spätestens für Konkurrenten) besteht, das Angebot auszuweiten, und auf die beobachtete Nachfrage auch „mengenelastisch“ zu reagieren. Vorausgesetzt ist dabei, dass die dabei genutzten und grundsätzlich nicht vermehrbaren Natur-Ressourcen dem Entschluss zur produktiven Ausweitung der angebotenen Gütermenge keine Grenze ziehen. (Sie sind die nicht hintergehbaren Randbedingungen der bloss „relativen“, weil durch Produktionsausweitung behebbaren Knappheit – definitiv nicht und mit keinen erschwinglichen Mitteln vermehrbare oder vermehrt erschliessbare Naturressourcen sind (neben historischen Unikaten (Sammlerstücke) und in ihrer Exzellenz „einmaligen“ Kostbarkeiten (zB Kunstwerken) ) die exemplarisch „absolut knappen“ Güter).
Mit anderen Worten: Die Unterscheidung von Reprodukt und (entnehmbarem, im Sinne der linearen Fertigungslinien „veredelbarem“ und am Markt lohnend verwertbarem) Mehrprodukt kommt ins Spiel.
In letzter Instanz aber die Erklärung der Preise und Tauschverhältnisse der Waren und dessen, was das Geld vermittelt und misst.
Dabei wiederholen sich die Schritte der Theorieentwicklung auf jeder Stufe der Entfaltung der modern-industriellen Arbeitsteilung.
Es beginnt mit einer Reflexion auf die agrartechnischen Voraussetzungen für ein Anwachsen städtischer Erwerbsbevölkerungen: Handelbare Mehrprodukte im Gewerbe beruhen auf einem (durchaus gelenkten, wenn nicht erzwungenen) Zuwachs an Arbeitenden, die mit anderem als Selbstversorgung und Produktion der Lebensmittel für andere beschäftigt sind. Deren wachsende Zahl muss erstmal unterhalten werden können. „Wachstum“ in diesem Sinn kann nicht einfach durch Handelsgewinne und „relative Knappheiten“ und Monopole auf einem lokalen Markt erklärt werden – letztlich also durch Umverteilungseffekte hinsichtlich vorhandenen Einkommens. Vielmehr scheint hier die (Re)Produktivität des Bodens, seine naturwüchsige Fruchtbarkeit, das Fundament und Ausgangspunkt – in Gestalt der freigestellten beschäftigten Manufakturarbeiter – aller aus ihm hervorgehenden Fertigungslinien zu sein. Hier wird also auf einmal die Grösse und der Zuwachs des gesamten für mögliche Verteilungen infragekommenden Reichtums und seine Quelle thematisiert.
Es zeigt sich dann wenig später, im Zuge der europäischen Agrarrevolution, dass mithilfe fortschrittlicher Anbaumethoden produktiv gemachte und vermehrt eingesetzte Handarbeit bei gegebner Ausgangsfruchtbarkeit und Eignung des Bodens die Erträge um Grössenordnungen steigern kann. Durch geschickte Anwendung ihrer selbst produktiv gemachte Lebensmittel-produzierende Arbeit ist somit Quelle sowohl ihrer eigenen Erhaltung als auch der Überschüsse; das Verhältnis von selbst-reproduzierender und Mehr-Arbeit – für andere Zwecke – erscheint jetzt als reproduktives Fundament.
Aber diese produktive Arbeit wird nun ihrerseits Ziel für leistungssteigernde Massnahmen – aus der Haupt-Fertigungslinie, die aus ihr hervorgeht, treibt ein Seitenzweig aus, der sich auf die Verbilligung der Lebensmittel (nicht einmal in erster Linie mehr der Nahrungsmittel allein), also Steigerung der Produktivität ihrer Herstellung (etwa von Textilien) richtet – ein Teil der Lebensmittelproduktion muss dafür abgezweigt werden, ein anwachsender Strom an produktivitäts-steigernden, von Spezialisten gefertigten Produktionsmitteln fliesst zurück – die entstehende Spirale aus Verbilligung der Lebensführung der Arbeiter in beiden Branchen, Ausweitung der Kapazitäten, Steigerung der Leistungsfähigkeit der Produktionsmittel wird zur reproduktiven Voraussetzung auch für die sprunghaft erweiterten Optionen der nicht primär oder sekundär (als Produktionsmittel) dem Arbeiter-Lebensunterhalt dienenden Gewerbe.
Dort ensteht die nächste Stufe: Ungleich leistungsfähigere Produktionsmittel, die die Krafteinsätze der kombinierten Manufakturarbeiter bei weitem übersteigen, Maschinen, werden in ihrer eigenen Herstellung eingesetzt, und in dieser Rolle unentbehrlich.
Also nicht nur die mit Produktionsmitteln aufgerüstete*) Arbeit ist auf solche fortgeschrittenen Produktionsmittel angewiesen – die den ganzen Stand der Produktivität garantierende Ausrüstung der gesamten Produktionskette selbst ist es – Produktionsmittel dieser Art und Grössenordung bzw Zahl können nur noch mit Produktionsmitteln dieser Art und Grössenordnung hergestellt werden – die Produktionsmittelproduktion ist damit Teil der reproduktiven Basis geworden. Und das ist der Augenblick, in dem die ArbeitsWERTtheorie als Beschreibung der realen ökonomischen Vorgänge, etwa zur Erklärung der Tauschwerte, ihre Berechtigung verliert (was Marx, nebenbei, zu einem Zeitpunkt, als diese Entwicklung nur erst von ferne sich ankündigte, bereits als ökonomischer Theoretiker vorhergesehen hat: „Sobald die Arbeit in unmittelbarer Form aufgehört hat, die große Quelle des Reichtums zu sein, hört und muß aufhören die Arbeitszeit sein Maß zu sein…“ – bloss, dass der links-utopistische Visionär in ihm auf der Stelle die Oberhand gewann und ihn zwang fortzufahren bzw zu schliessen: „…und daher (sc. hört und muß aufhören) der Tauschwert [das Maß] des Gebrauchswerts.“ (MEW 42 (Grundrisse), S. 601).
*) etwa Maschinen, die in der ersten Phase der Industrialisierung immer noch aus von vor-industriell ausgerüsteten Arbeitskräften erschlossenen, mithilfe einfacher, ebenfalls von solchen Arbeitskräften aus Naturprodukten gefertigter Werkzeuge hergestellt wurden – und das unter Aufbietung höchstentwickelter Handwerker-Leistungen etwa in der Metallbearbeitung
Der letzte Schritt dieser Entwicklungsreihe wäre die Selbstbezüglichkeit des Fortschritts – Innovation in Permanenz zur Vergrösserung der Produktivität des vorhandenen Reproduktionssystems (auf der zuvor erreichten Stufenleiter) wird ihre eigene Voraussetzung – indem nur durch sie jene Massen an Überschüssen freigesetzt werden, welche für qualitatives Wachstum, also noch weitergehende Innovation, benötigt werden: Innovation produziert Innovation.
Bevor die Untersuchung sich, wie geplant, diesem Thema zuwenden kann, ist aber erst einmal zu betrachten, welche Änderungen die genannten epochalen Stufen der materiellen Produktion bewirken an der ökonomischen Form, in der sie sich in neueren Zeiten organisiert haben, nämlich Eigentum und geldvermitteltem Warenhandel zwischen Eigentümern (die zugleich als unmittelbare Produzenten oder – durch ursprüngliche oder übertragene Kommandogewalt über Teile des gesellschaftlichen Produktionsapparats dazu befugte – Organisatoren von Produktion wirken) – und wie diese Änderungen sich im Reden und Denken der Akteure über ihre Produktionsweise niederschlagen.
Von speziellem Interesse ist hier das Modell der gesamtgesellschaftlichen Produktion, das der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und ihrer Zentralkategorie, dem Bruttoinlandsprodukt BIP und seinen drei Berechnungsweisen, zugrundeliegt.
In diesem Modell ist – anders als in der ökonomischen Klassik mit ihrer Arbeitswerttheorie AWT, als deren theoretisch reifste Leistung das „Kapital“ von Marx angesehen werden kann – die Einbeziehung der Produktionsmittel-Produktion in die reproduktive Basis nachvollzogen. Es gibt hier, nicht anders als in den früheren Epochen der Modernisierung, neben dem wissenschaftlichem ein ganz praktisches staatliches Interesse, sich über die Grenzen der Ressourcen, die der laufenden gesellschaftlichen Produktion (als Steuern und Abgaben) für politische Zwecke entnommen werden können, ohne diese zu schädigen, Rechenschaft zu geben (bzw in Steuer- und Zollerklärungen geben zu lassen), und dafür relevante Kenngrössen und Masse zu entwickeln.
((Das ist nicht das einzige Interesse – die Feinstruktur des Produktionsorganismus zu kennen, um Schranken für seine Leistungsfähigkeit und derjenigen der Gesellschaft als ganzer durch wirtschafts- und sozialplitische Massnahmen beiseitezuräumen – ist in modernen Industriestaaten entscheidende Voraussetzung für Effizienz der Staatstätigkeit. Daher gibt es ein Europäisches wie Statististisches Bundesamt…))
Zentrale Frage hier wie im Stadium davor ist die, wie man „Stromgrössen“ misst – und welche: Produktion stellt sich ja nicht dar als Anhäufung riesiger Warenhaufen, die dann bei einem einzigen Markttermin (etwa einer „Messe“ oder einem „Jahrmarkt“, wie in vormodernen Zeiten) den Besitzer wechseln, sondern als eine unübersehbare Vielfalt sich verzweigender, teilweise in sich selbst zurückmündender, teilweise aber auch aus dem zyklischen Reproduktionssystem als dessen Mehrprodukt abfliessender Güter- bzw Warenflüsse. Trivialerweise stellt man solche Stromgrössen dar bzw misst sie, indem man an einer Mess-Station über eine Zeitperiode (üblicherweise ein Jahr) die dort zu- durch- oder wegfliessenden „strömenden“ Einheiten zählt.
Besonders interessiert hier der Begriff des konsumier- oder investierbaren Endprodukts – eine Vorstellung, von der in der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts BIP Gebrauch gemacht wird.
Solche „Endprodukte“ tauchten bereits im Zusammenhang mit der Arbeitswerttheorie AWT auf: lineare Fertigungslinien laufen da bekanntlich – unter permanenter „Zusetzung“ weiterer Arbeitsquanten (toter und lebendiger) von Roh- über Zwischen- zu „konsumierbaren“ und/oder „investierbaren“ Fertigprodukten, es gibt relativ wenig „seitliche“ Verflechtungen (Weiter-Nutzung von Abfällen/Überschüssen der „Zwischenproduktion“ oder Mehrfachnutzung von Vor- und Fertigprodukten (zB Produktionsmitteln) in verschiedenen Branchen)), im wesentlichen treten am Markt ausschliesslich Fertigprodukte der genannten Art auf, die sich miteinander austauschen, derart, dass vermittelt über das Zurückfliessen der Erlöse für das Fertigprodukt an die Vor-Produzenten (nämlich je in Gestalt der Bezahlung der „Kosten“ für Einkauf des jeweiligen Vorprodukts) auch die Vorproduzenten in den Genuss aller nötigen Fertig- oder Endprodukte anderer Branchen kommen – va. Lebensmittel und Produktionsmittel.
Speziell wichtig bei der AWT ist ja: dass anfangend bei den Rohprodukten, jeder Fertigungsschritt bestritten wird ausschliesslich mit lebendiger aktueller Arbeit oder Produkten, in deren Herstellung ausschliesslich (angefangen bei den Rohprodukten) solche Arbeit eingeflossen und sich in ihnen „vergegenständlicht“ hat. Derart, dass die in der sich verzweigenden Produktions-Vorgeschichte für jedes Produkt (Produktsorte) (im Durchschnitt, unter Mindestbedingnugen ihrer Produktivität) verausgabte Arbeitsmenge exakt bestimmt und zu der für andre solche Produkte benötigten in ein quantitatives Verhältnis gesetzt werden kann; Geld G vermittelt dann Warentausch-Vorgänge der Art W-G-(W1, W2,…Wn) eines W-Produzenten, worin die Summe der in der Produktion von W1-n verausgabten Arbeit und der in W verausgabten gleich ist.
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Eine wichtige Anmerkung ist hier zu machen:
Die Grossbuchstaben Wi bzw G stehen hier nicht für Einzelexemplare, sondern für Stromgrössen, „Absatzmengen pro Zeit“. Dabei SPALTEN sich diese Grössen in jenen Teil des Produkts, der abfliesst in den reproduktiven Basis-Sektor der gesellschaftlichen Reproduktion, und einen andern, der in dem, dem letzteren „aufgesetzten“ Mehrprodukt- (Luxusprodukt jeder Art) Sektor Verwendung findet. Da sämtliche Produktion hier direkt oder indirekt durch Verausgabung von menschlicher Arbeit (unter Mindestbedingungen ihrer Produktivität, als Voraussetzung für Marktgängigkeit der Produkte) bestritten wird (abgesehn von der Nutzung von Naturressourcen, die sich in Privatbesitz befinden und nur gegen Entgelt (Grundrente) ihrer agrar- oder sonstigen Nutzung überlassen werden), ist diese Teilung gleichbedeutend mit dem Beitrag der für speziell diese Güterklasse verbrauchten Anteile der gesamtgesellschaftlich verausgabten reproduktions-notwendigen, und der Gesamt-Mehrarbeit. Dieser Aufteilung entsprechen zT sehr unterschiedliche Arten der Weiternutzung – speziell im Mehrprodukt/Mehrarbeits-Segment der gesellschaftlichen Gesamtproduktion.
Dabei unterscheidet sich die Produktions-Architektur eines ausschliesslich arbeits-reproduktiven Reproduktionssystems nicht von derjenigen eines arbeits/produktionsmittel/innovations-reproduktiven in DEM Sinn: dass alle nicht-reproduktiven Fertigungslinien ihren Ausgang nehmen von Überschüssen der eigentlich reproduktiven Abteilung, aber von dort dann auch wegführen und eigene Produktlinien mit eigenen Märkten und Austauschverhältnissen eröffnen. Der Begriff des „verwertbaren“ Endprodukts ist – ähnlich wie die Vorstellung, dass alle Produktion irgendwie im Konsum (oder bestenfalls dafür nötigen Investitionsgütern) endet – wesentlich mit DIESER Eigenschaft der Emanzipation von unmittelbar reproduktiv erzwungenen technischen Verknüpfungen (die Gestaltungsfreiheit von Produzenten und Warenanbietern einschränken) begründet. Die Tatsache, dass diese „freien“ Fertigungslinien von den Mehrprodukt-Kapazitäten des Basis-Reproduktionssystems abhängen wie von einer Quasi-Natur-Ressource, bleibt davon unberührt.
Auch in einer arbeits-reproduktiven Basis ergibt sich aber: Dass die Teilung in notwendige und Mehrarbeit bzw Grösse des Mehrprodukts stark von der Nachfrage nach Weiterverwendung des betreffenden Gute in den Fertigunugslinien der Luxusproduktion (im weitesten Sinn: Das können auch innovative Güterentwicklungen sein!) abhängt; genauer gesagt, der von Marx „absolute Mehrwertbildung“ genannte Einfluss auf die Grösse des erzielbaren Mehrprodukt-Anteils wird von dieser Nachfrage wesentlich bestimmt.
Auch der „relative Mehrwert“ wird nicht unabhängig von der Art seiner Verwendung gebildet: nur solche Anteile jeder Güterproduktion der reproduktiven Basis sind mehrproduktfähig, die über den Beitrag der betreffenden Branche zur Reproduktion der Arbeitskraft (direkt oder indirekt, als Lebensmittel oder Produktionsmittel) hinausgehen.)
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Wichtig ist für das Mass „(ges.notw.) (durchschnittl.produktive) (abstrakte) (einfache) Arbeit(szeit)“ als „Wertsubstanz“, die in den Fertigungslinien der endgültig ausgetauschten Endprodukte „angehäuft“ wird: Dass es durchgängig Arbeit ist, die bereits die Rohstoffe fördert, die weiterverarbeitet werden, und ab da in jedem Fertigungsschritt weiter bloss Arbeit „zugesetzt wird“, bis Produktionsmittel entstehen, die zur Produktion anderer Produktionsmittel verwendet werden können. Spätestens die RE-Produktion jedes solchen Produktionsmittels würde mit denselben Arbeitsschritten bei denselben Rohprodukten beginnen.
Aber selbst wenn man die (irreführende) Idee einer vorwiegend linearen Produktionsstruktur beibehält, ist in der Geschichte der modernen Industriegesellschaften schon früh ein Stadium erreicht worden, wo eben, angefangen bei der Förderung der Rohstoffe und ihrer Verarbeitung zu ersten Vorprodukten, bereits Produktionsmittel zum Einsatz kamen, die industriell hergestellt waren, also mit ihrerseits industriell hergestellten und ebenso auch reproduzierten Produktionsmitteln: Jeder Schritt rückwärts in der Produktionskette führte wieder auf die selben, auf hohem technischem Niveau hergestellten Produktionsmittel, die in der sich ständig wiederholenden Herstellung, also Reproduktion, sowohl anderer als ihrer selbst Einsatz von Produktionsmitteln eben derselben Art voraussetzten.
Das bedeutete: Dass die „Anfangs-Zone“ in der Produktions-Vorgeschichte JEDER Ware, sei es Konsum- oder Investitions- oder Luxusgut, in der ausschliesslich durch Arbeit erstmal handelbare Ausgangsprodukte hergetellt wurden (einschliesslich der Produktionsmittel für solche einfachen Tätigkeiten), verschwunden war – ALLE Güter ohne Ausnahme wurden stattdessen mithilfe industrieller Produktionsmittel hergestellt – einschliesslich dieser Produktionsmittel selbst.
Ab da wurde somit der Kostpreis jeder Ware durch zwei Gütersorten bestimmt – Löhne für die zu ihrer Produktion aufgewandte Arbeit bzw. übliche Reproduktionskosten eines Arbeiterhaushaltes in Gestalt eines Konsumgüter-Korbs (bezogen auf Zeit); und auf die Einzelware entfallende Kosten der zu ihrer unmittelbaren Herstellung verwendeten Produktionsmittel. Roh- oder Zwischenprodukte unterschieden sich da in nichts von anderen Produkten.
Aber eine Betrachtungsweise blieb dabei unverändert: Am „Markt“ wurden Produkte angeboten, die industriellen Fertigungsprozessen, innerbetrieblichen Fertigungslinien entstammten; in den Fabriken standen langlebige und weniger langlebige Güter, die sich langsam verbrauchten und ersetzt werden mussten, die Fabrik selbst war ja solch ein Gut. Am Liefereingang der Fabrik wurden Roh- und Zwischenwaren entgegengenommen, am Werkseingang kamen die Arbeiter herein und gingen an ihre Arbeitsplätze; am Ausgang stapelte sich die fertige Ware am Lager – von wo aus sie der Handel ihren Abnehmern verkaufen würde. Diese Vorstellung von einem (abzählbaren, messbaren: Bestandsgrösse) HAUFEN von Endprodukten, vielleicht auch einem, in den städig Zuflüsse und aus dem Abflüsse stattfinden (insofern: „Stromgrösse“), wäre – eben in der Gestalt der BIP-Entstehungsrechnung, eine gute Grundlage, um die Grösse oder Leistungsfähigkeit eines Reproduktionssystems auch unter den neuen industriellen Kreislaufverhältnissen zu messen: als Gesamtheit aller mit ihren Preisen bewerteten, in einer Frist (üblicherweise Jahr) produzierten Güter. Ein die Geldflüsse erklärender „numeraire“ wie die ges.notw.Arbeitszeit steht nun nicht mehr zur Verfügung, vielmehr ein durchaus prekäres Mass, dessen Aussagekraft mit allerlei Hilfsannahmen (Kettenindizes für Deflatoren, Rausrechnen der Rohstoffpreis-Anstiege infolge Verknappung usw) allererst, und dann doch sehr hypothetisch, hergestellt werden muss.
Aber die Vorstellung eines mit seinen „Preisen“ „bewerteten“ Haufens an in einem Jahr verkauften und vorher produzierten Gütern bleibt.
Nochmal: In den Frühzeiten der Industrialisierung, als die AWT durchaus angemessen war, entstammten auch die industriellen Produktionsmittel, welche zur industriellen Produktion von Vorprodukten anderer Industriegüter dienten, allesamt einer „Randzone“ aus Rohstoff-Förderung und Ausgangsprodukten, wo alles entweder selbst manufaktur-mässig und in Handarbeit hergestellt wurde oder aber mithilfe von Produkten, die ausschliesslich aus solcher Produktion herrührten. Genau das war die Bedingung dafür, dass die in einer innersten Zone marktnah, städtisch usw gehandelten Waren, selbst da, wo sie als industriell gefertigte Produktionsmittel in die Produktion anderer solcher einflossen, zu ihrer (bzw ihrer Vorprodukte) Reproduktion auf die Produktion der Manufaktur- und Handarbeits-„Aussenzone“ weiter angewiesen waren. Erst in dem Moment, wo im Agrar- und Rohstoffbereich Maschinerie zum Einsatz kam, und – etwa in der Schwerindustrie, bei der Herstellung grosser Maschinenteile, ihrerseits schon so gefertigt Maschinen benötigt wurden – erst da begann die universelle Reproduktion ALLER Waren mithilfe von Arbeit UND Produktionsmitteln, von denen beide dann wieder und wieder in den (zu reproduzierenden) Ausgangsvoraussetzung der Produktion beider vorkamen, – egal, wie weit man zurückging in den Fertigungskreisläufen (die irgendwann, selbst an ihren „Rändern“, wo sie in Gestalt extraktiver Industrien (Agrar, Rohstoff) sich an die Ergiebigkeit natürlicher Güterquellen anlehnten, abgesehen von letzteren, immerzu in sich selbst zurückmündeten) – Produktionsmittel waren hier eben nicht mehr „in letzter Instanz“ ausschliesslich in die (Manufaktur- oder Hand-)Arbeit aufzulösen, mit der ihre Vorprodukte irgendwann reproduziert wurden.
Der alten „Randzone“ entsprach nun ein neue – aber eine, die in beliebig viele und durchaus relevante Beiträge zur Produktion JEDER überhaupt erzeugten Ware aufzuspalten war – was in der BIP-Berechnung auch seinen Niederschlag findet – freilich nicht in der Entstehungs- sondern der Verwendungsrechnung. Denn die Produktionsmittel oder Investitionsgüter, die in fortgeschrittenen Industriegesellschaften direkt oder indirekt in die Produktion JEDER Warenart eingehen, teilen sich, gerade unter dem Gesichtspunkt der Fristen, in den sie zu ersetzen sind: in Abschreibungs- oder Anlagekapital-Güter, also hauptsächlich Maschinen; und in kurzlebige, deren Reproduktion noch vor Ende der jeweiligen „Rechnungsperiode“ (des BIP; also 1 Jahr) ansteht.
Und damit beginnt die Analyse der irreführenden Konsequenzen der Vorstellung einer wesentlich nicht-zyklischen Produktionsarchitektur.
Jedem leuchtet ja der Grundgedanke der ENTSTEHUNGSRECHNUNG des BIP unmittelbar ein: Wir ermitteln, was in einer Frist, etwa einem Jahr alles produziert und verkauft wurde, zumindest dem „Wert“ nach, indem wir Betrieb für Betrieb und Branche für Branche abzählen lassen, wieviel Güter sie in der Zeit abgesetzt haben – multipliziert mit den Markt-Preisen, ergibt das ihren Umsatz oder „Produktionswert“; ziehen wir davon jeweils die Kosten dessen ab, was bereits gezählt ist, weil es das verkaufte PRODUKT einer anderen Branche A war, das als Vorprodukt in der Erzeugung der Produkte einer Branche (oder eines Betriebs) B verbraucht oder in deren Produkt als Vor- oder Zwischenstufe eingegangen ist – dann haben wir den tatsächlichen Beitrag (in Preisen) von Betrieb oder Branche B zum Gesamtprodukt bzw der Preissumme aller Güter, die darin vorkommen: die sog. „Wertschöpfung“.
(Produkte von Betrieb oder Branche A wurde ja bereits im Produktionswert von A erfasst, dürfen also nicht nochmal gezählt werden in allen Produkten, in deren Produktion sie als „Vorleistung“ verbraucht werden.)
Sofort fällt auf, dass da bestimmte Bestandteile des „Produktionswerts“ NICHT als „Vorleistung“ zählen – also nicht als dem Betrieb verkaufte Ware, die bei Erzeugung seines Produkts vollständig verbraucht wird oder darin verbaut oder sonstwie darin „aufgeht“.
Das eine ist das Anlagekapital, Gebäude und Maschinen, die ja „stehenbleiben“ – wenn auch nach Jahresfrist nicht mehr so ganz frisch wie zu Beginn – der Zeitpunkt ihres Verfalls (oder Nichtmehr-konkurrenzfähig-Seins) und ihrer (darum) absehbar notwendigen Erneuerung ist um ein Jahr, also den Bruchteil ihrer mutmasslichen Gesamtlebensdauer, den dies Jahr darstellt, nähergerückt.
Das andre ist der Arbeiter, der ja, nach Ablieferung seiner Arbeitsleistung, Tag für Tag, den Betrieb wieder verlässt.
Das Zusammengehen ihrer sie jeweils nicht verbrauchenden „Leistung“ begründet die „Bruttowertschöpfung“ – den spezifisch durch den Betrieb den Vorprodukten „zugesetzten“ „Wert“.
Ab da ist alles unklar: Üblicherweise („moralisch-historisches Element“) wird bei beiden ein pro Zeit von ihnen Eingebrachtes als „verschlissen“ und ersetzungsbedürftig betrachtet – schon aus Gründen der angemessenen Kalkulation des „Produktwerts“: Löhne und Abschreibung gelten als Kostenbestandteil. Dann gibt es noch die Tatsache zu beachten, dass erlöste Preise beinah aller Güter noch einen Aufschlag enthalten, um den dann vor allem bei Lohnverhandlungen gestritten wird. Aber die aus meiner Sicht geradezu aberwitzige Rolle, die Konstrukte wie „Kapital-“ und „Arbeitsproduktivtität“ dabei spielen, soll hier im Moment nicht Thema sein, sondern die Frage, welchen Unterschied das „Aufaddieren“ des „Gesamt-Outputs“ zyklisch mit sich selbst reproduzierter Gütersorten macht.
Dieses Thema hat Bezug zu Feststellungen von Marx über das zirkulierende bzw. Zirkulationskapital als Teil des gesamten angelegten Kapitals: Die Steigerung der Geschwindigkeit seiner Umschläge (also seiner Reproduktion) ermöglicht es, dass man mit Kapitalanlagen Gewinne erzielen kann, wie sie bei niedrigeren Umschlagszahlen nur bei erheblich höheren Auslagen möglich gewesen wären.
Ich behaupte: Diese Tatsache wird im BIP durch das unterschiedslose „Aufsummieren“ von Nicht-Lohn-Einkommen, Arbeitsentgelten, Vorleistungen, Abschreibungen usw äusserst irreführend abgebildet. Der theoretische Fehler dahinter ist, kurz gesagt: Das Zurückmünden „reproduktiver“ Güterströme in ihre Produktionsstätten nicht angemessen darzustellen – wohin sie „in verwandelter Gestalt“ „zurückkehren“ können, weil ein Geldfluss in genau der umgekehrten Richtung geflossen ist, der nun als „Einkommen“ darauf wartet, durch Kauf die nächste Umlauf-Bewegung dieser Art für die gleiche Gütermenge zu eröffnen.
Von den Preissummen, in die sich das BIP zerlegt, sind gerade mal diese beiden einigermassen „real“, weil tatsächlich mit einem Gesamtaggregat gedanklich verbunden:
1. die Abschreibungen und Netto-Neuinvestitionen in Anlagekapital: denn hier muss im Lauf des Jahres tatsächlich ein „Haufen“ Produkte hingestellt werden, die die in derselben Frist ausrangierten ersetzen – und am Ende des Jahres immer noch dastehen, und womöglich noch einige Jahre danach.
2. die ständig zufliessenden Staatseinnahmen, die den Verfügungsrahmen bilden dessen, was erwartungsgemäss defizitfrei im Staatshaushalt in Jahresfrist alles für Ausgaben verplant werden kann.
Löhne und Vorräte/Vorleistungen hingegen sind Durchlaufsposten (zirkulierendes Kapital): Von dem „Einkommen“ der Betriebe, das für sie in der Summe aufgewandt werden muss, ist bloss ein Bruchteil erforderlich, genau gesagt: 1/(365/Tage bis zum Rückfluss des betreffenden Kostenfaktors). Anders gesagt: Ein Betrieb, der am Anfang des Jahres mit einem „Vorrat“ an Vorprodukten und Vorschüssen für Löhne in Produktion geht, kann zwar x-mal Löhne auszahlen und neue Vorprodukte kaufen (und entsprechend den aufsummierten „Produktionswert“ der Lebensmittelproduzenten und Vorprodukt-Produzenten tatsächlich erhöhen); er fliesst ihm aber ebenso x-mal wieder zu und kann erneut ausgegeben werden. Es gibt keinen diesem aufsummierten „Haufen“ entsprechend zu „erwirtschaftenden“ Extra-Erlös: Die „Vorleistungsgüter-Vorräte“ (Produktionsmittel mit <1Jahr Lebensdauer, va auch Hilfsstoffe: Energie, industrielle Verbrauchsgüter) der „Vorleistungsgut-Branche“ zu Beginn des Jahres genügen, um im Verbund mit dem Gesamt-Kaitalstock und den Anfangsvorräten an Lebensmitteln SICH zu erhalten. Ebenso der Anfangsvorrat an Lebensmitteln. Ebenso… naja eben NICHT bloss der anfangs noch vorhandene, aber im Jahresverlauf verschlissene Anteil des Kapitalstocks – sondern natürlich der GESAMTE Kapitalstock, im Verbund mit Anfangs-Lebensmitteln/Arbeitsbereitschaft und Anfangs-Vorräten, uU auch kleinen „Liquiditäts“-Reserven.
Also: NICHT wird aus Null-und-Nichts (abgesehen von ein paar lumpigen Restkrumen des Vorjahres, die noch nicht aufgebraucht wurden) zu Jahresbeginn durch beständiges Zusammenführen der „Produktiosfaktoren“ Arbeit und Maschinerie ein anwachsender (Jahr für Jahr etwas grösserer) Produkthaufen hergestellt, aus dem, leider, fortlaufend „Konsumenten“ immer wieder was entnehmen (einige MÜSSEN es, weil sie ja weiter ihre Maschinerie zur Verfügung stellen können müssen), sodass er am Ende des Jahres zu kümmerlichen Restvorräten geschrumpft ist (abgesehen von dem neu hingestellten Maschinenpark und Neubauten, die alte, im Jahr verschlissene ersetzten). Sondern die genannten Güterklassen Vorleistungsgüter, Kapitalstock, Lebensmittel/Arbeiter stellen (durchaus in der Version des „Stichtages“ am Jahresbeginn) die REPRODUKTIVE BASIS des Systems dar, die sich – angemessene Proportionen ihrer Teile und fortbestehender Nutzbarkeit der aus ihr selbst nicht herstellbaren Kapazitäten an nötigen Natur-Bedingungen unterstellt – im Weiterbetrieb durch sich selbst erhält. Aus dieser reproduktiven Basis führen Fertigungslinien heraus, deren Anfangs-Produkte Abzweige aus der zirkulierenden Basis-Reproduktion darstellen, denen kein entsprechend „reproduktiver“ Zufluss entspricht; es sei den, man wollte die Staatsleistungen, die durch Beteiligung des Staats an „Konsum“ und Investition“ ermöglicht werden, als solchen Zufluss verstehen. „Nötig“ sind sie freilich doch irgendwie…. aber eben in einem anderen Sinn als eine Maschine oder eine Stunde Arbeit an ihr zur Erstellung eines Stundenprodukts. Das wirft die Frage auf, was eigentlich „notwendiges“, und was das Mehrprodukt eigentlich ausmacht…
Aber nicht nur der Staat konsumiert und investiert „Mehrprodukt“.
Wenn die „Fertigungslinien, die aus dem Basis-Reproduktionssystem herausführen“, und auf „Endprodukte“ zulaufen (die tatsächlich GEGENEINANDER getauscht werden, ohne WECHSELSEITIG eins in der Produktion des jeweils andern „verschwinden“, um genau durch dieses allgemeine Verschwinden ständig reproduziert zu werden – wenn also irgendwie die „lineare“ Produktions- und „Verteilungs“-Architektur für das gesamte Mehrprodukt gilt) – dann bleibt meine Behauptung zwar wahr, dass die „Reproduktivität“ bzw der reproduktive Anteil der Gesamtproduktion (das „Reprodukt“) nicht durch Kategorien dieser nicht-reproduktiven Produktionsanteile adäquat erfasst werden kann; wohl aber trifft es zu, dass eben ein Teil des gesamten Güterausstosses, einschliesslich der „reproduktiven“ Gütersorten, nämlich als Teil des Mehrprodukts, diesem Muster der gegeeinander „austauschbaren“ ud auszutauschenden Produkthaufen genügt. Und das… sollte man sich dann doch nochmal genauer ansehen; vor allem im Verbund mit der Frage, wo das Reprodukt endet – und das Mehrprodukt beginnt.
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Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wenn der Arbeitswerttheorie AWT als Grundlage der Erklärung realer aktueller ökonomischer Vorgänge im Kapitalismus widersprochen wird, dann heisst das nicht, dass darum die Ausbeutung (Bestimmung von Ausmass, Art/Ort der Verausgabung und Grössenordnung der Mehrarbeit), Anstieg der Lohnarbeitslosigkeit und Ausnutzung der nationalen wie internationalen Konkurrenz von Lohnarbeitern geleugnet werden müsste. Zum BIP als Indikator fallender Profitraten oder Kapitalproduktivität wurde bereits mehrfach angemerkt, dass das sog. qualitative Wachstum, bei Marx: gleiche Wertquanten stellen sich in mehr und qualitativ hochwertigeren (zB produktiveren, bei Prod.mitteln) Gebrauchswerten dar, dadurch nicht erfasst wird. Den „Profit“ in auch nur irgendeinem dem Marxschen Begriff verwandten Sinn stellt nicht eine einzige der statistischen Grössen dar, die in die BIP-Summe eingehen. Profitrate ist ein Quotient; das Wachstum der Grösse, die durch das BIP gemessen werden soll, steht damit in keinem erkennbaren mathematischen Zusammenhang. Richtig ist, dass die sog. Kapitalproduktivität (BIP/Kapitalstock) auch gem.bürgerlicher Ökonomie abnimmt. (Zuletzt war auch hier die Rede davon: marx-forum.de/Forum/index.php/…ziffern-der-VWL-und-Marx/). – Angesichts der Rolle, die diese Grösse grade auch aus Sicht von Gewerkschafts-Ökonomen bei Lohnverhandlungen spielt (als „Grenze“), verdient sie in der Tat Aufmerksamkeit – nämlich als ideologische und die wahren Verhältnisse entstellende.
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Mein Text, Wal, benennt vor allem wieder und wieder – mit oder ohne Marx-Zitat – den Grund, warum im Zuge der Industrialisierung, die natürlich Marx sehr präsent war, die ÖKONOMISCHE Theorie von Marx und den bürgerlich-ökonomischen „Klassikern“ ihre Anwendbarkeit verliert, die sie vorher durchaus hatte. Der Begriff der durchschn.notw. Arbeitszeit, die auf die Herstellung hochentwickelter Industrieanlagen und Maschinerie verwendet wird, lässt sich nicht mehr definieren, weil in die Produktion solcher Anlagen ebensolche Anlagen „eingegangen“ sind (und so immer weiter zurück) – und wieviel (ARbeits)WERT im Marxschen Sinne wird dabei übertragen? In der Zeit, als schlecht ausgerüstete Handarbeit in Landwirtschaft und Bergbau eingesetzt wurde (Marx‘ Ableitung der Grundrente beruht auf dieser zeitgenössischen Tatsache – heute ist das völlig absurd), und hochentwickelte Maschinen in Handarbeit hergestellt wurden, war das anders: Die gesamte Produkt-Hierarchie wurde aus Handarbeit und „Zusatz“ solcher Arbeit zu Produkten von Handarbeit aufgebaut. Der Begriff der im Produkt „aufgehäuften“ (durchschn.ges.notw.abstrakten usw) Arbeit(szeit)“ machte Sinn.
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Wal, es geht mir hier um ökonomische Theorien, und deren Grundlagen – Theorien, die im Diskussionsteil des Forums wieder und wieder vorgebracht und erörtert werden. Da würde ich gerne einmal zu einer Klärung kommen. In den Debatten spielen offenkundig (ich denke etwa an die Fragen von Konkordanz, aber auch von andern) die Marxsche Theorie vom „tendenziellen Fall der Profitrate“ eine Rolle, aber auch statistische Belege, worin auf die Entwicklung ua des Bruttoinlandsprodukts BIP und damit verknüpfte Kennziffern wie die „Kapitalproduktivität“ zurückgegrifen wird. Schliesslich wird den empirischen Daten, die im BIP erscheinen, eine bestimmte Bedeutung im Sinne von Kategorien der Marxschen Theorie beigelegt. Das wollte ich gern mal im Zusammenhang und eingehender erörtern, an einem Platz, wo es nicht zuviel von der Aufmerksamkeit der Besucher des Forums von aktuelleren und für die Emanzipation insgesamt vielleicht wichtigeren Themen ablenkt. Nach dem, was da oben erörtert wurde, kommt zB im BIP nicht nur v+m+cfixErsatz vor, sondern auch noch jede Menge aufaddiertes umschlagendes zirkulierendes c – wenn man mal die Marxschen Kategorien auf die Gütergruppen mit Marktpreisen der staatlichen Statistik bzw die sie bezahlenden „Einkommensarten“ übertragen will… Wäre gut, wenn man darüber mal Einigkeit herstellen könnte und darüber, inwiefern die „Belege“ zu Marxschen Theorien oder zur Theorie der Emanzipation etwas beitragen. Robert Schlosser hat in seinem von dir, Wal, verlinkten Skript die sehr berechtigte Grundsatzfrage aufgeworfen, wie aussagekräftig angesichts der steuersparenden Gewinn-Ausweisungspraxis durch die international operierenden Unternehmen nationale Statistiken noch sind – und inwiefern dann noch von Belang (konkret: ob es sowas wie eine „nationale“ Profitrate überhaupt noch gibt). Und.. dafür, dass den Lohnarbeitern der alten Industrieländer der Wind ins Gesicht weht, braucht man erstmal nicht den „Fall der Profitrate“ bemühen – die internationale „Standort“-Konkurrenz reicht da erstmal völlig.
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Wal, weil du mich fragst: Die ökonomische Theorie der radikalen Linken hat aus meiner Warte das Ziel, die derzeit drei Verteidigungs- oder Legitimationslinien als nichtig zu erweisen, die zugunsten des Kaptalismus aufgebaut werden: 1. „Es gibt kein Privileg – jeder hat die Chance, durch harte Arbeit und gute Ideen Kapitalist zu werden.“ Dagegen: Die Klassenverhältnisse sind zementiert, die wenigen „Erfolgreichen“ können es nur sein durch Ausbeutung der Masse der Lohnabhängigen. 2. „Ja mag sein, aber Kapitalismus bedeutet Fortschritt für alle, wenn auch ungleich verteilt.“ Dagegen: Das kapitalistische Fortschrittsmass lässt die ungeheuerlichsten Abweichungen von rationalen Fortschritspfaden zu, Naturzerstörung, Rohstoffverschleuderung, von „Humanressourcen“ ganz zu schweigen. Fortschrittsoptionen werden in allergrösstem Stil eingeengt, missachtet, viel zu aufwendig umgesetzt, oder auch schon mal vorgetäuscht, wenn sie garnicht bestehen. 3. „Aber es ist nunmal das einzige Steuerungsinstrument für die weltweite Rieenarbeitsteilung!“ Dagegen: Hinter der Fassade aus intakten Bilanzen und „volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen“ taucht das Chaos auf – und das vor allem in Gestalt des Kredits (und der Finanzmärkte), also des Umgangs mit „erwartbarem Erfolg durch Innovation“. Kapitalismus ist brutal und ausbeuterisch – destruktiv und ressourcenvergeudend – aber vor allem ist er als „Planungs- und Koordinationsinstrument“ WAHNWITZ. Warum gibt es ihn trotzdem? Warum werden die Fehler übersehen? Und… warum erscheint Kaüitalismus so alternativlos? Das hat, wie ich glaube, nach der kritischen Bestandsaufnahme durch ökonomische Theorie, eine ganz andere Überlegung zu zeigen. Bei alldem tauchen ununterbrochen Marxsche Theorien in angemessen abgewandelter (vielleicht auch komplexerer, als in der Ursprungsversion) Form wieder auf. Es ist also nicht richtig, Wal, wenn du mir unterstellst, ich würde Marx bloss kritisieren. Da oben (und in früheren Blog-Beiträgen) steht, warum zB nach meiner Einschätzung Marx‘ ökonomischeTheorie weder 1:1 zu übernehmen noch warum sie in ihren Grundzügen zu verwerfen ist.
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Reproduktivität, Produktivität, Robustheit als Verallgemeinerungen von Kategorien des von Marx betrachteten historischen Spezialfalls
Die im vorhergehenden Beitrag angesprochene Eigenschaft der „Reproduktivität“ eines Teils der Gesamtproduktion gehört nicht zum Kernbestand der etablierten volkswirtschaftlichen Vorstellungen davon, wie eine moderne kapitalistische Ökonomie, oder gar die Welt-Ökonomie, funktioniert. Nicht, dass nicht auch dort das Bewusstsein vielfältig sich verzweigender Produktioonszusammenhänge bestünde – es kennt bloss immerzu nur EINE Richtung, in der Produktflüsse fliessen: Von Roh- und Hilfsprodukten über Zwischenprodukte zu Fertigprodukten und deren Kombination. Diese Richtung ist die „Produktion“ – was mit den (End)Produkten GESCHIEHT, heisst „Konsumtion“.
Und obwohl es so etwas wie „produktive Konsumtion“ gibt, und jeder weiss, dass auch Unternehmen „einkaufen“ müssen, das sie nicht selbst herstellen – Anlagegüter, kurzfristig verbrauchte Vor- und Hilfsprodukte, Arbeitsleistungen von Lohnarbeitern (die sich ihrerseits von ihren Löhnen Lebensmitel aller Art kaufen) wird – abgesehen von dieser ganz abstrakten Erkenntnis – der Fluss von Produkten zwischen den Stationen der hocharbeitsteiligem modernen Industrieproduktion für ein Detailproblem gehalten (etwa von „Input/Output“-Analysen), aus dem keine für das Funktionieren der „Volkswirtschaft“ als ganzer unentbehrliche Voraussetzungen abzuleiten wären.
Aber im letzten Beitrag (und auch schon früher) wurde deutlich, warum das eine zu abstrakte Sichtweise ist. Denn da gab es jene Form der Konsumtion, die in den äussersten „Randzonen“ der Produktion stattfindet – und sofern da Endprodukte einfliessen, und sich ein Kreislauf ergibt, gehören diese Endprodukte zur „reproduktiven Basis“. ALLE Produkte gehören dazu, von denen gesagt werden kann: Mit ihnen, aber eben nur mit ALLEN von ihnen, NUR mit ihnen und keinen andern (ausser nutzbaren Naturdingen, -materien, -sachverhalten usw.) werden diese Produkte hergestellt. Anders ausgedrückt, es handelt sich um die Produkte, die sich (im Rahmen der gegebnen Natur-Randbedingunugen ihrer Produktion) dauerhaft ausschliesslich mit SICH SELBST produzieren, oder eben immer wieder aufs neue, nämlich RE- produzieren lassen.
((Das Vorbild für die nachfolgenden Verallgemeinerungen ist die Marxsche Darstellung des arbeitsteiligen Verhältnisses von Lebensmittel- und Produktionsmittel-Produktion; wobei – wie ungefähr es zu der Zeit, als Marx über politische Ökonomie nachdachte – tatsächlich der Fall war, vorausgesetzt ist, dass die entscheidenden Anfangsschritte in der Produktion allesamt mit Handarbeit gemacht werden, die ihrerseits – etwa in der Textilindustrie – in der Herstellung ihrer eigenen Reproduktionsmittel, nämlich Lebensmittel, hier SToffe für Bekleidung eines städtisch-proletarischen Massenmarktes – produktiver, aber keineswegs überflüssig gemacht ist. Zu dieser Zeit, und in diesem Modell, „fliessen“ also produktivitäts-steigernde Produtionsmittel sehr wohl „zurück“ auch in die Lebensmittelroduktion, etwa von Textilien; aber nicht in den „Aussenbezirk“, wo relativ unmechanisierte Hand-Arbeit (durch fortgeschrittene Methoden in der Landwirtschaft dennoch produktiv gemacht!) in den extraktiven Industrien (Agrar- und Minenindustrie) Naturressourcen erschliesst und über immer weiter durch solche, ev. Manufaktur-mässig organisierte Handarbeit produzierte Zwischenprodukte dann auch zB die Maschinen erzeugt, mit denen Teile der Lebensmittelproduktion produtiver gemacht werden. Es gilt hier: „Alle Produte sind letztlich durch (diese) Art lebendiger Arbeit erzeugt, und lassen sich bewerten nach der Menge der für ihre (Re)Produktion durchschnittlich (unter Durchschnittsbedingugen der Produktivität) aufgewandten Arbeit(szeit).“
Diese Rolle der sich mit sich reproduzierenden Arbeit ist seit langem, und so bis heute, übergegangen auf das Industriesystem als ganzes; die Stufung in einen Basis-Prozess, und aus ihm und nur mit ihm erzeugten Gütern, die ihn in einigen Hinsichten produktiver machen, aber nicht das „sich reproduzierende Basis-Substrat“ ändern, wird im folgenden besprochen.))
Dabei werden sie – spätestens in modernen Zeiten, es gab das aber auch schon vormodern – nicht vollständig verbraucht – zur Reproduktion einer gewissen Zahl dieser Güter wird nicht die ganze Menge dieser Güter verbraucht. Nötig ist aber eine gewisse Mindestmenge, und das eben von ALLEN diesen Gütern, und normalerweise auch fest einzuhaltende Proportionen zwischen ihnen, um ihre Reproduzierbarkeit aufrechtzuerhalten.
Wichtig ist: Dass jenseits der Mindestmenge, bei Einhaltung von Proportionen (oder gar unter Ausnutzung von „Skalenvorteilen“) das Stromvolumen des Basis-Kreislaufsystem an Produkten ausgeweitet werden kann und denoch reproduktiv bleibt. Vorausgesetzt, die Natur-Randbedingungen ziehen dem keine Grenze. Umgekehrt kann das System auch schrumpfen, und reproduktiv bleiben – solang es nicht an irgendeiner Stelle unter den Mindestumfang seiner Produktflüsse absinkt, wo der Strom abreisst und versiegt.
Es gibt also einen gewissen Überschuss. Entweder einen, der in jedem Fall entsteht – quasi als Abfallprodukt der für eine erfolgreiche Reproduktion überhaupt nötigen Mindestproduktion. Oder einen, der – ohne die „Reproduktivität“ der Gesamt-Produktion zu beeinträchtigen – bei Ausweitung des Stromvolumens der minimal-reproduktiven Produktionskreisläufe entsteht; immer vorausgesetzt, die ausgeweiteten Produktionskreisläufe sind nach wie vor reproduktiv (im Rahmen ihrer Naturvoraussetzungen; die ihrerseits nicht geschädigt werden dürfen).
Die einfachste Form der Nutzung von spontanen oder aus realisierten Überschuss-Potentialen entstandenen Überschüssen ist die Vergrösserung des Systems innerhalb seiner natürlichen Grenzen, unter Erhalt seiner Proportionen – oder gar unter Nutzung von Skalenvorteilen, die bei Ausweitung sogar Zusatz-Überschüsse entstehen lassen und in gewissem Umfang die Ausweitung sogar „selbsttragend“ werden lassen. (Irgendwann werden dann aber auch Skalennachteile an erreichten Grenz-Linien der Ausweitbarkeit fühlbar – etwa, weil „Sprungkosten“ fällig werden, oder weil die erreichte Grösse des Reproduktionssystems eigene Zusatz-Anstrengungen zB für Abfallentsorgung oder Platz-Ausnutzung nötig macht.)
Und dann gibt es natürlich eine Nutzung von Überschüssen für andere produktive Effekte, als sie im eigentlich reproduktiven Kreislauf benötigt werden.
Eine erste solche Nutzungs-Form eines Überschusses ist uns bereits begegnet: In Gestalt der Überschüsse, die eine sich selbst reproduzierende Lebensmittelproduktion abgeben konnte, um Arbeiter zu ernähren, die Produktionsmittel für sich selbst und die Lebensmittelproduzenten herzustellen. (Dass sie Produktionsmittel nur für die Lebensmittelproduktion herstellen, ist ein erster Fall; der zweite, dass sie auch für sich welche herstellen, oder gar herstellen müssen, und das auch können, ist bereits eine Erweiterung.)
Eine mögliche Fortsetzung dieser inner-gesellschaftlichen Arbeitsteilung ist dann die zwischen zwei getrennt reproduktiven Produktionssystemen, die von ihren „Überschuss“-Produkten je Portionen gegen ebensolche eines anderen tauschen bzw für die Produzenten des oder der anderen Systeme mitproduzieren. („internationale Arbeitsteilung“, „komparative Vorteile“ usw… ein (Kritik)Thema für sich.)
Eine andere Fortsetzung aber ist, dass das Basissystem sich mehrere solche Überschuss-Produktionen auflagert, die von ihm mithilfe seiner Überschüsse unterhalten werden und ihm Produkte zuliefern – eventuell zusätzlich auch je sich selbst (vgl. die sich selbst beliefernden Produktionsmitelproduzenten, die zugleich Produktionsmittel gegen Lebensmittel lieferten). Schliesslich können diese dem reproduktiven Kern (zB Lebensmittelproduktion) „aufgesetzten“ Produktionen ihrerseits anfangen, weil sie eben welche haben, ihre jeweiligen Überschüsse untereinander zu tauschen bzw sich wechselseitig damit zu beliefern.
((Dabei kann es (noch eine Komplikation) dahin kommen, dass solche Überschussproduktionen garnichtmehr direkt vom Basissystem beliefert werden und ihm zuliefern, sondern ihrerseits von Überschussprodukt-Abteilungen Anteile von zB deren Lebensmittel-Zufluss abgetreten bekommen – das wäre die interne Arbeitsteilung und Ausdifferenzierung innerhalb einer oder zwischen mehreren Überschussproduktions-Abteilungen.))
Die „Rückflüsse“ aus den Überschussproduktionen ins Basissystem kommen nun aber immer an bei Stationen des Basissystems, die
a) nicht die ersten Schritte in der Produktion von Produkten des Basissystems absolvieren (also nicht zB in der „Aussenzone“ der Erschliessung von Naturprodukten und deren Erstverarbeitung zu weiter verwendbaren Vor- und Zwischenprodukten)
b) auch ohne die „Unterstützung“ durch die Überschussprodukte möglich wären, dh. die „Reproduktivität“ des Systems hängt nicht davon ab.
((Die „Station“ wird allerdings produktiver durch das Überschussprodukt (zB ein Teil der Lebensmittelproduktion wird durch zufliessende Produktionsmittel produktiver) – und das heisst: entweder werden bislang für Reproduktion benötigte Ressourcen frei (ob sie nutzbar sind, ist eine andere Frage) – oder der Gesamtüberschuss der reproduktiven Basis wird grösser.
(Natürlich gilt das alles dann auch für die wechselseitigen Lieferungen und Arbeitsteilungs-Ausdifferenzierungen zwischen den Abteilungen des „Überschuss-Produktions-Sektors“ der Gesamtproduktion.) ))
Wäre eine der beiden Bedingungen nicht erfüllt, hätte das Basissystem seinen Charakter geändert – es hätte sich um die betreffenden „Überschussproduktionen“ erweitert, sie wären garnicht mehr überschüssig, sondern eben notwendige Bestandteile des reproduktiven Produktionsfundaments.
Natürlich ändert dies Fundament (bei Marx: die sich selbst reproduzierende Handarbeit in der Landwirtschaft und weiterverarbeitenden Lebensmittelindustrie: Baumwollspinnen, industrielle Schlachthöfe, Konserven usw) auch durch die Überschuss-Nutzungsabteilungen seinen Charakter – einige seiner Stationen, und letztlich es selbst, wird dadurch dauerhaft produktiver. Wie und ob die so erzeugte Produktivität einzelner Abschnitte des Kreislaufsystems relevante Überschüsse freimacht oder Ressourcen einspart, die anderweitig verwendet werden können, ist nicht allgemein zu beantworten. Wahrscheinlich ist, dass sich Proportionen des Systems verschieben, und der Gesamtüberschuss steigt. Sonst wäre die Einspeisung der jeweiligen Überschuss-Produkte kaum „produktiv“ zu nennen.
Zur Eigenschaft der „Reproduktivität“ eines Produktionskreislaufs hinzu tritt also seine Fähigkeit, aus seinen Überschüssen Mittel zu erstellen, die den „produktiv nutzbaren“ Gesamt-Überschuss vergrössern.
Überschüsse, von denen die Reproduktivität des sie hervorbringenden Systems nicht abhängt, „produktiv“ verwendet“, erzeugen also noch mehr solche Überschüsse – ein Prozess nicht nur der einfachen Erweiterung oder des „Wachstums“ des reproduktiven Systems wird hier in Gang gesetzt, unter Ausnutzung seiner „potentiellen“ Überschüsse (die sich durch ihre Nutzung allmählich selbst vergrössern), sondern der Zunahme seiner Überschussproduktions-Fähigkeit, seines Überschuss-Potentials selbst.
So wie Stufe für Stufe die Pyramide aus Überschuss-Nutzung und daraus entstehendem Zusatz-Überschuss hochwächst – so kann sie auch wieder abgebaut werden – in umgekehrter Richtung.
Dabei ist, nicht anders als in der Architektur von Gebäuden, auch in der Produktionsarchitektur eine gewisse „Statik“ erforderlich, wenn bei einem solchen Abbau von „oben her“ nicht gleich tragende Teile weggenommen werden müssen und das System dann auf WESENTLICH tiefere Stufen seiner „Produktivität“ zurückfällt – wenn auch (hoffentlich) dann nach wie vor reproduktive.
Das setzt voraus, dass „frühere“ Überschuss-Nutzungen in ihrer Produktivität nicht derart von „späteren“ abhängig werden (die „späteren“ werden ermöglicht durch eine Nutzung des durch die „frühere“ Überschussnutzung freigesetzten Potentials), dass sie mit den späteren zusammenbrechen: Es hat sich dann eine Art „reproduktive“ Enklave in der „produktiven Überschussnutzungsabteilung“ der Gesamt(re)produktion gebildet – „fundamentale“ Bedingungen der Produktivität der Reproduktion werden abhängig von aus ihr ursprünglich hervorgegangenen und ihrerseits abhängigen Überschussnutzungen: Solche Rück-Koppelungen innerhalb der Stufenreihe der Produktivitäts-erhöhenden Massnahmen machen die gesamte Stufenreihe anfällig oder gefährden ihre ROBUSTHEIT.
Ein reproduktives Produktions-System ist daher zu jedem Zeitpunkt charakterisiert durch Wege oder Stufenreihen der Zurücknahme von produktivitäts-seigernden Überschuss-Nutzungen, die den Gesamtüberschuss jenseits des minimal noch mit den bisherigen Reproduktionsweien reproduktiven Niveaus reduzieren, und auf ein stabil abgesenktes Niveau absenken würden (von dem aus der Neuaufstieg zu einem dem bisherigen Überschuss-Niveau vergleichbaren Niveau möglich ist).
Das reproduktive System ist aber zu jedem Zeitpunkt auch charakterisiert durch Wege oder Stufenreihen der Erweiterung bisher bestehender Überschüsse.
Die vormals beschrittenen Wege der Erweiterung müssen, nach einem „Rückschritt“, nicht wieder beschritten werden – zumal uU das bei Rückschritten oder Schrumpfen des Produktivitätsniveaus ausgebildete tiefere Produktivitätsniveau so zuvor womöglich garnicht bestanden hat.
((Das einfache „proportionale“ Schrumpfen oder Wachsen ist, wie oben schon angedeutet, die einfachste Weise, Rückschritt oder Fortschritt der Produktivität des Systems umzusetzen; wobei die „Proportionalität“ wegen der bei fast jedem Schritt auftauchenden Skalen-Vor- wie Nachteile kaum je zu erreichen sein wird.))
Wir haben also soweit bis hierher unterschieden: Ein Kern-Reproduktionssystem, das auch für sich schon dauerhaft funktonsfähig wäre, dem sich aber aus ihm selbst durch Nutzung seiner potentiellen oder schon bei Normalbetrieb anfallenden Überschüsse entstandene produktive Erweiterungen auflagern, die zwar die „Aussenzone“ des Kernsystems, also seine Fundamentalprodukte, nicht betreffen, wohl aber dort entstandene Rohmaterialien, Vor- und Zischenprodukte produktiver zu verwerten gestatten, sodass die potentiellen Überschüse des Kernsystems sich vervielfachen.
„Reproduktivität“ des Kernsystems ist eigentlich nichts anderes als seine Robustheit gegen alle möglichen Gefahren, die seine spontanen oder potentiellen Überschüsse aufzehren oder gleich garnicht erst zustandekommen lassen, und es zum Schrumpfen bringen: Ob die reproduktive Basis dann in diesem Schrumpfungsprozess irgendwann eine abgesenkte Stufe der Reproduktivität erreicht, deren Robustheit den Schadeinwirkungen standhält, ist offen.
Robustheit im engeren Sinn bezieht sich als Eigenschaft auf die produktiven Erweiterungen des Kernsstems und ihre Fähigkeit, gegen Schäden immun zu sein oder sich angesichts eingetretener Schadwirkungen mehr oder weniger schnell wieder zu regenerieren.
Kernsystem und dessen Reproduktivität sowie „Produkivitä“ und deren abgestufte Robustheit charakterisieren demnach ein Produktionssystem (eine „Volks“- oder auch „Weltwirtschaft“ als ganzes.)
Nochmals: Mit diesen ganzen öde-umständlichen terminologischen Regelungen versuche ich, das Kategoriensystem, das Marx am Spezialfall der sich mit sich selbst reproduzierenden und durch Agrarrevolution reproduzierbar-produktiv gemachten Handarbeit(skraft) darzustellen versuchte, anzuwenden auf die komplexe Verhältnisse einer High-tech-industriellen Reproduktion.
Es war im letzten Beitrag die Rede von den (reproduktiven) „Anforderungen“, denen das vermeintlich freie Handeln und Konkurrieren am Markt unterliegt – spätestens in hocharbeitsteiligen modernen Industriegesellschaften. Der Unterschied zwischen Theorien, die solche Anforderungen für die (mögliche) Preisbildung bzw eben theoretische Erklärung von Tausch-Proportionen und Marktpreisen für ausschlaggebend und zu beachten erklären, und solchen, die das für überflüssig halten, hat einen Namen: Objektive vs. subjektive Werttheorie.
Die Überlegunugen, die ich hier im Blog anstelle, können als Versuch angeehen werden, das Vorbild einer objektiven Werttheorie, das Marx an einem historischen Spezialfall (wie im vorhergehenden Abs. beschrieben) geliefert hat, auf die gegenwärtigen Verhältnisse zu übertragen.))
Die Schwierigkeit, die eben auch zu der Sichtweise mit den „Fertigungslinien“ verführt, ist: Dass – ähnlich wie bei der Handarbeit – sich die eigentlich reprodutiven Kern-Aktivitäten des Systems und die elementaren Anforderungen, denen es (gerade auch als High-Tech- und hoch-ausdifferenziertes Industriesystem) zu genügen hat, nurmehr rein theoretisch von den „produktiven“ Erweiterungen trennen lassen; tatsächlich ist die Frage, ob man in diesem System rein technisch eine reproduktive „Basis“ bestimmen könnte, die von ihren produktiven Auflagerungen im Notfall abgelöst werden kann. Wahrscheinlich ist das nicht der Fall.
Und das… lässt für die Reproduktivität des Systems nichts Gutes ahnen..
((Zum Beispiel: Die angeblich extrem produktive aktuelle Landwirtschaft ist auf Zulieferungen von zig hoch-komplexen Industriebranchen abhängig – Engpässe an wenigen Stellen könnten da bedeuten, dass die Industriegesellschaften flächendeckend anfangen zu HUNGERN. Umgekehrt die enorme Abhängigkeit der gesamten Produktion von Systemen der Verteilung extrem zentral produzierter und angelieferter Basis-Produktionsfaktoren bzw. Dienstleistungen: Öl, Strom, Transportlogistik, Kommunikation. „Robustheit“ sieht anders aus… Und da war von ständigsinkender Bodenfruchtbarkeit, steigenden Herbizid- und Pestizid-Bedarfen. ständig schlechterer Pflanzengesundheit, Nährstoff-Mangel ua noch garnicht die Rede…)))
Aber es gibt noch eine weitere wichtige Konsequenz: Aus Gründen der Produktonsarchitektur gibt es in diesem Reproduktionssystem im Grund keine Produkt-Hierarchie oder -Ebenen mehr – ALLE wesentlichen Gütersorten gehen in die (Re)Produktion aller anderen ein. Zwar sind die Zeiten lang vorbei, wo ein einziges universelles Produktionsmittel die gesamte Produkt-HIerarchie aufbaute, und geradezu als „numeraire“ sämtliche Tausch-Proportionen zwischen allen Gütern begründete. Aber was die Vorstellung von den „Fertigungslinien“ ignoriert, it, dass heute die fortgeschrittensten Industriegüter (Anlagen, Automaten) auf ALLEN Stufen, angefangen von den „extrativen“ oder Rohstoff-(Erschliessungs)-Industrien, in der Produktion ihrer eigenen Voraussetzungen eingehen. Es ist – anders als zu Zeiten der Anwendbarkeit etwa der Arbeitswerttheorie – heute schlichtweg unmöglich, irgendeine Teilstrecke dieser riesigen, in sich verzweigten industriellen Produktkreisläufe produktiver zu machen, ohne nicht DAS GESAMTE SYSTEM produktiver zu machen.
Über die Konsequenzen, die diese Tatsache für die ökonomische Form hat, in der dieses System sich organisiert, wenn es seine Produktionsbeziehungen zugleich als „Marktwirtschaft“ privater Eigentümer“ regelt, wird demnächst nachzudenken sein.
….
Stimmt, Wal – hier ist von Akkumulation die Rede, also der Rück-Einspeisung von Überschüssen in das sich reproduzierende Basis-System, zum Zweck seiner Ausweitung und/oder Produktivitätssteigerung – – aber an der tut sich ein entscheidender Unterschied auf: Man kann über Resultate erfolgreicher vergangener Akkumulation sprechen (und den Ort, wo diese erfolgreichen Änderungen in die vorbestehende Produktions-Architektur eingebaut wurden) – da ist also klar, dass etwas so funktioniert hat und funktionieren KANN. Auf solches Wissen kann dann im Falle von vorübergehenden Einbrüchen der Geschäftstätigkeit zurückgegriffen werden – der frühere Umfang der Gesamt-Wirtschaft wird dann einfach wieder hergestellt. Nicht so im anderen Fall: Da wird dasselbe unterstellt, aber als Projekt – Ressourcen werden eingesetzt und verbraucht (für Forschung, auch Marktforschung, und Entwicklung), oft mit einem Vielfachen dessen, was die spätere erfolgreiche Umsetzung des Projekts (nach erfolgreicher Markteinführung) an regelmässig anfallenden Reprodutionskosten erfordert. Im ersten Fall, dem der vergangenen erfolgreich verwirklichten Projekte dieser Art, sprechen wir also über den strukturellen Aufbau der gegenwärtigen Re-Produktion (ua auch, allein schon dass sie „reproduktiv“ ist, und nicht durch Erschöpfung ihrer Voraussetzungen oder missachtete Risiken gefährdet, ist solch ein „strukturelles“Merkmal dieses Re-Produktions-Gebildes, dieser „Wirtschaft“ oder Produktionsweise). Im zweiten Fall über etwas, das versucht wird, und dessen Gelingen im Ungewissen liegt. Natürlicih denkt man auch in diesem zweiten Fall – etwa als strategisch denkender Investor – darüber nach, wie sich eine Innovation, ein innovatives Produkt in die jetzige oder zukünftige Produktions-Struktur, den Markt, einfügt – ob die Kosten, die seine Produktion mutmasslich verursacht, den mutmasslich erzielbaren Preis decken und womöglich Gewinne zu erwarten sind – die übliche triviale, im einzelnen aber schwer abschätzbare Risiko-Bewertung für ein Investment. Der entwickelte Kapitalismus zeichnet sich dadurch aus, dass in ihm so gut wie jede produktive Teilstrecke permanenter Revision und potentieller Erneuerung unterliegt – da ist im Grund überhaupt nichts, oder eben nur als Ausnahme, dauerhaft RE-produktiv. Und DAS… macht einen noch viel grösseren Unterschied zur klassischen WERTtheorie, als der Übergang von der subjektiven zur objektiven, oder der von der objektiven Arbeits- zur Industriesystem-Werttheorie. Der Ausdruck „RE-Produktion“ verliert da zunehmend seine Bedeutung… Ich möchte das in späteren Beiträgen sorgfältiger untersuchen – bis jetzt gibt es dazu bloss die Überlegungen in den ersten Beiträgen, soweit sie „Innovation“ zum Thema hatten.
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„Mehrprodukt – was ist DAS denn?“ Die Eigenschaft der „Mehrproduktivität“ als Gegenstück der „Reproduktivität“
Im letzten Beitrag wurde ausdrücklich bloss „die EINE“ von zwei Formen der Verwendung sogenannter „Überschüsse“ beschrieben, solcher nämlich, die „ins reproduktive System zurückmünden“. Die andere wäre dann folgerichtig wohl die, für die das nicht gilt: Entnahmen, Abflüsse aus dem System; die immerhin darin der „produktivitätssteigernden“ Überflussnutzung gleichen, dass sie nicht zugleich mit Schrumpfung des Systems einhergehen, also reproduktive Potentiale aufzehren, derart dass das „Niveau der Reproduktion“ (noch so ein Ausdruck, der erklärungsbedürftig ist) einmalig oder fortlaufend sinkt.
Die Annahme, dass es in einer gesellschaftlich-arbeitsteiligen Produktionsstruktur dauerhaft „Entbehrliches“ gibt, das, etwa, ihre Kernstruktur dauerhaft produktiver gemacht hat (und bereits stabil und auf Dauer in Umbauten und Ergänzungen dieser Kernstruktur installiert ist), oder auch die, dass solches Entbehrliches oder Überschüssiges in einmaligen (innovativen, Entwicklungs- und Forschungs-) Schritten zur Vorbereitung eines solchen Umbaus eingesetzt werden kann – diese Annahme ist einerseits nicht unbedingt ungewöhnlich. Sie ist, andererseits, aber auch nichts weniger als selbstverständlich.
Als vor etwas weniger als einem Jahr ein Teilnehmer des Marxforums im rechtslibertären „Gelben Forum“ die dort vorherrschende Theorie des „Debitismus“ kritsierte, wurde unter anderm seine Behauptung, es gäbe ein „Mehrprodukt“ zu verteilen (und alle Kapitalisten hätten Anteil daran, und könnten damit untereinander Handel treiben) ihm als evident „schwachsinnig“ um die Ohren gehauen: „Mehrprodukt?“, wurde entgeistert-ratlos gefragt – was soll DAS denn sein?
Debitisten sind nun ihrerseits Kritiker des aus ihrer Sicht prinzipien-widrig gehandhabten etablierten Kapitalismus, den sie durch einen in ihrem Sinne richtigen (oder richtig verstandenen, nicht durch hindernde Eingriffe zu beschädigenden) ersetzt sehen wollen.
(In der Kontroverse mit ihnen offenbarte sich ein in der Tat eigenartiges Argumente-Patt: Während der von Marx her argumentierende Kritiker bemängelte, Debitismus könne nicht erklären, warum aus dem Nichts (durch Verschuldung und (Rück)Zahlungsversprechen) geschaffenes Geld ausserhalb der bereits etablierten „Zirkulation“ (wo blosse Tausch-artige Eigentumswechsel stattfinden; sie entspricht in etwa der „Reproduktionsabteilung“ der Gesamtwirtschaft im Sinne der hier verwendeten Terminologie) überhaupt Produkte zum Kaufen verfinde, erwiderten die Kritiker dasselbe andersherum: Wo denn das Geld zum Kauf der Überschüsse, selbst wenn es sie denn gäbe, herkommen solle – aus der gewöhnlichen Zirkulation jedenfalls nicht… Was der etwas überdreht auftretende theoretische Begründer des Debitismus, Paul C. Martin, in seinem Buch „Kapitalismus – ein System, das funktioniert“) ausgerechnet mithilfe eines Arguments aus dem Marxschen Kapital belegen will…)
Sehen wir uns nach „offizielleren“ Darstellungen um: Das BIP-Wachstum scheint auf den ersten Blick etwas wie ein „Überschuss“ zu sein. Auf den zweiten Blick wird die Lage allerdings verwirrend. Der Staat schöpft ja innerhalb dieses BIP nicht gerade kleine Portionen für sich ab, entzieht sie also offensichtlich „der Wirtschaft“ und der Verwendung zu den dort üblichen Zwecksetzungen (Konsumieren, Produzieren). Andererseits scheinen etliche Staatsfunktionen sehr eng mit produktiven Leistungen verknüpft, die andernfalls „privat“ in Angriff genommen werden müssten – Bau und Unterhalt von Verkehrswegen zT auch Transportmitteln, Kommunikationsinfrastruktur, Ver- und Entsorgung, Bildung, Forschung, Versicherung und Gesundheitswesen (soweit öffentlich) all das sind staatliche Leistungen, die zwar, liberalen Kritikern zufolge, bei der „Privatwirtschaft“ besser aufgehoben wären (der Staat solle statt solche „produktiven“ Aufgaben lösen zu wollen, sich auf seine Kernkompetenz der „hoheitlichen“ Setzung von allgemeinwohl-dienlichen Regeln des Wirtschaftes und der Kontrolle und Durchsetzung ihrer Ausführung konzentrieren) – aber unleugbar dem Muster entsprechen der entnommenen Überschüsse, die wieder als produktive Leistung ins System zurückfliessen, um es funktionstüchtig zu machen oder als funktionstüchtiges zu erhalten.
Was am BIP verwirrt, ist aber vor allem: Dass, was immer man dort an Überschüssig-Überflüssigem und Nicht-Reproduktions-Notwendigem, insofern „Verteilbarem“, ausmachen könnte, sowohl vor wie nach einem Zuwachs existiert – es wächst seinerseits eben mit. Es sei denn…
wie es die Interpretation der Zuwäche nahelegt, die da lautet: Nur was erarbeitet wird (BIP-Überschuss), kann verteilt werden
… das Verteilbare ist bereits verteilt, und zwar so, dass man dabei lauter Notwendigkeiten genügte. Das BIP spiegelt demnach nur wider, was eben aus Sicht von IRGENDJEMAND produziert werden musste, um ein Einkommen zu erzielen, und sich (als Unternehmen, Staat oder Privathaushalt) leisten zu können, was man braucht und möchte. Die Gegenfrage an der Stelle lautet dann auch gern: Wer legt denn für Einzelne oder gar alle fest, was für sie „Reproduktion“ bedeutet? Wer – wenn nicht sie? Allerdings eben… in markt-gemässer Abstimmung mit andern ihresgleichen…
Bei Marx wiederum scheint, ebenfalls auf den erste Blick, sich die Sache gerade umgekehrt, aber ebenso eindeutig darzustellen: die Konkurrenz der Lohnarbeiter erzwingt es, dass der Preis ihrer Ware, der Arbeitskraft, mit dem Wert zusammenfällt – den Reproduktionskosten. Und die… gemessen in der Verausgabung bzw. Verbrauch eben der Ware, um deren (Re)Produktion es geht… – erlauben es, regelmässig, seit diese Ware eben derart produktiv produziert werden kann, von ihr in gesellschaftlichem Masstab eine gewisse Portion für andere Zwecke als ihre Reproduktion zu entnhmen – ohne dass diese Reproduktion dadurch gefährdet wäre. Und da diese Ware zu dem Zeitpunkt, als Marx schrieb, die fundamentale Produktivkraft schlechthin war – auch wenn sie imstande war, sich durch Anwendung von Technologie (vorneweg Agrartechnologie, die ihre Produktivität, vorneweg die der Arbeit zu ihrer Reproduktion, steigerte) selbst zu ertüchtigen und um Grössenordnungen von ihren „naturwüchsigen“ Potentialen weg sich ganz andre und neue zu erschliessen – weil sie also trotzdem die einzige „fundamentale“ Produktivkraft war – darum war sie auch die einzige, die Wert schuf; ihr Überschuss über das für sie Reproduktionsnotwendige in ihrer eigenen Verwendung schuf somit Mehrwert, und Marx durfte mit Fug und Recht über sie schreiben, dass sie nicht nur die einzige Ware ist, die Wert schafft oder in ihrem Verbrauch neuen „zusetzt“, statt bloss welchen zu übertragen (sie beerkstelligt, nebenbei, sogar den „Übertrag“ der Vorprodukte auf die Folgeprodukte); sondern dass sie auch mehr Wert schafft, als sie selbst wert ist.
Auf den zweiten Blick ist es dann bei Marx auch wieder nicht so eindeutig… es gibt ein „historisch-moralisches“ Element in der Lohnfestsetzung… und es gibt den Klassenkampf, die gewerkschaftliche Kartellbildung der Lohnarbeiter – die später politisch beaufsichtigt und allgemeinwohl-dienlich reguliert werden würde.
(Man kann sich fragen, ob diese Elemente in der Bildung des Preises der Arbeitskraft, jenseits ihres Wertes im engeren Sinn, nicht auch in die Preisbildung anderer Waren eingehen… und dann etliches mit in Betracht gezogen werden müsste, das für bürgerliche Ökonomen – bei ihnen dann wieder unter Vernachlässigung des „objektiv-reproduktionsnotwendigen“ Elements – den selbstverständlichen Ausgangspunkt jeder theoretischen Behandlung von Preisen bildet…)
Und es gibt noch einen anderen Strang in Marx‘ Betrachtung. Reproduziert wird ein POTENTIAL, die ArbeitsKRAFT (bzw. ihre „notwendigen“ Reproduktionskosten werden bezahlt). Dies Potential hat eine physiologische Frist, in der es genutzt werden muss, oder es verfällt (man kann es nicht einfach so aufbewahren) – etwa den Arbeitstag. Die gesamte Arbeiterklasse (umgerechnet, gilt der Satz dann auch für jedes ihrer Mitglieder) muss dann einen Teil des Arbeitstages damit zubringen, erstmal ihre Reproduktion, an welcher Stelle der gesellschaftlich-arbeitsteiligen Durchführung dieser Aufgabe auch immer, zustandezubringen. Sie KANN aber mehr arbeiten, und durch die Erpressung, in der die Lohnarbeit nun mal besteht, kann sie auch dazu gezwungen werden, es zu tun – der Arbeitstag wird, und das nicht zu knapp, über seine notwendig-reproduktive Phase hinaus verlängert. Es wird somit Mehrarbeit geleistet, es entsteht ein Mehrprodukt – und wenn es erfolgreich „zu seinem Wert“ verkauft werden kann, entsteht Mehrwert und ein Profit.
Man kann nun nicht sagen, dass Marx das folgende Thema ignoriert hat – aber so richtig gewürdigt hat ers auch nicht:
Das Tagesprodukt spaltet sich dem von Marx Gesagten zufolge nämlich in zwei ganz verschiedene Abteilungen auf – es sind zwei ganz verschiedene Nachfragen, die sich auf die jeweilige Portion richten – und zwei ganz verschiedene Gründe dafür, dass die unter je aktuell üblichen Bedingungen ihrer Produktivität produzierten Portionen dieses Produkts sich als Teil des tatsächlich verkauften Gesamtprodukt, die auf sie (und ihre Vorprodukte) verwendete Arbeit sich als Teil der tatsächlich gegen andre austauschbaren gesellschaftlichen Gesamtarbeit erwiesen haben. Im einen Fall geht das Produkt nämlich in die Arbeiterreproduktion ein; im andern Fall in die Produktion von allem, was die Mehrwertaneigner an Zielen verfolgen und wofür sie ihre Mehrprodukte untereinander handeln. Luxuskonsumtion, Staatsaufgaben, Akkumulation. und was sonst noch alles, was durch Arbeiterkonsum nicht abgedeckt ist, aber bezahlt wird.
Wichtig ist mir an dieser Stelle noch nicht, den Begriff der (Reproduktions)Notwendigkeit weiter zu erörtern, den Marx hier umstandslos mit dem Bedarf zum Erhalt der Lohnarbeiterklasse als der unmittelbaren Produzenten identifiziert.
Es geht mir um eine zweite Dimension von „notwendig“ und „reproduktiv“, nämlich: Nachhaltigkeit (oder mit dem Ausdruck des letzten Beitrags: ROBUSTHEIT). Man kann Leute natürlich tagelang bis zur Erschöpfung arbeiten lassen, und sie grad soviel essen trinken schlafen lassen, dass sie nicht gleich vor Entkräftung schlappmachen. Aber wie nachhaltig ist das? Also.. wie reproduktiv? (Eine vergleichbare Frage kann man stellen für die Unfallträchtigkeit, ökonlogische Rücksichtslosigkeit usw). Reproduktion hat nicht einfach bloss die Seite der Wiederherstellung eines unmittelbar nutzbaren „Dasselbe-Machenkönnens“; es gehört dazu auch, Bedrohungen für dies Können abzuhalten, Reserven für den Fall anzulegen, dass sie sich dennoch realisieren; und das gilt speziell für die fraglos vorhandenen natürlichen Randbedingungen des Könnens, die im Zuge seiner permanenten zyklsichen Wiederherstellung ersatzlos aufgebraucht oder beschädigt werden. Und dasselbe gilt für die Ressource Mensch, ihre (historischen ebenso wie individuell-biographischen) Anforderungen, die ein „Dasselbe-.immer-weiter-machen (wollen)-können“ stellt.
Mehr- und „Re“-Produkt(ion) sind korrelative Begriffe. Wobei… die ganze Unterteilung im Grenzfall (der unter den Voraussetzungen des BIP womöglich der Normalfall ist) auch entfallen kann, und es eben bloss „Notwendiges“ gibt, weil alles Produzierte halt für irgendwen – weil der was wollte, und zugleich was hatte, das ein anderer wollte usw – „notwendig“ produziert werden musste – und es vom Notwendigen in diesem Sinn garnicht genug geben kann – und Überflüssiges nicht produziert werden würde.
Wie auch immer das entschieden wird – die „Nachhaltigkeit“ jedenfalls ist eine Dimension, die durchaus die Frage aufkommen lässt, wo das „Mehrprodukt“ wirklich beginnt?
Die Antwort hängt offenkundig davon ab, inwiefern ein Kern-Reproduktionssystem SICH auf einem gegebnen Stand seiner Produktivität mit einem gegebnen Mass an Robustheit REPRODUZIERT (vgl. den letzten Beitrag: Es kann durch „übermässige“ Entnahmen an Produktivität verlieren, ebenso an Robustheit, schliesslich kann das Volumen des Kern-Reproduktionssystems schrumpfen, bis es seine Qualität verliert und in ein bloss noch auf niedrigerer Stufe reproduktives übergeht).
An allen „outputs“ der zu diesem System gehörenden Produktionsstätten spielt sich nun dieselbe unsichtbare Teilung ab – genau wie beim Marxschen Warenprodukt eines Tages: Eine Portion dieses outputs fliesst ins System; eine andere fliesst aus dem System ab. Wichtig ist dabei: Was immer auch aus dem System abfliesst an Gütern – es handelt sich ausschliesslich um solche Güter zw Güter derselben Art, wie sie auch notwendig im reproduktiven Basisteil der Gesamtproduktion „zirkulieren“. Nur von ihnen gibt es „Überschüsse“ – und mit denen muss sich dann produzieren lassen, was sonst noch in dieser „Wirtschaft“ an Gütern zustandekommen soll. Dabei macht es erstmal keinen Unterschied, ob Teile der aus dem Reproduktionssystem regelmässig abfliessenden Güter portionsweise, nacheinander zur Produktion von Gütern immer wieder andrer, immer neuer Arten verwendet werden – oder aber für immer dieselben, die verbraucht und ersetzt werden.
EINE Verwendung dieser Überschuss-Portion ist vorab relativ einfach zu beschreiben: Es ist die, die einfach eine ungefähr proportionale Vergrösserung des Basis-Systems (und seiner outputs) zur Folge hat, ohne an ihm irgendetwas zu verändern – ein „rein quantitatives“ Anwachsen seiner Güterströme – und das einfach dadurch, dass ein mehr-als-bloss-reproduktiver Rückfluss ins System selbst stattfindet. Dabei sollen die nicht unerheblichen Veränderungen in der Zusammensetzung von Produktionszweigen, ihren Anforderungen und ihren Produkt-Ausstössen, durch Skalenvor- wie Nachteile, Sprungkosten usw, die die „Proportionalität“ des nicht-innovativen Wachstums ziemlich stark infragestellen, nicht weiter in Betracht gezogen werden. Die Proportionen der einfach-reproduktiven Güter-Rückflüsse ins System (Produktivität und Robustheit gegeben) wie auch die der „nicht-innovativ-akkumulierenden“, die diesen einfachen im grossen ganzen gleich sein dürften – diese Proportionen ändern sich gewaltig, wenn die Abzweige in Richtung der ausser-reproduktiven Verwendungen mitbetrachtet werden. Das ursprüngliche (sich mit sich reproduzierende) Re- wie (entnehmbare) Mehr-Produkt des früh-industriellen Systems war der durch seine Sekundärtugenden qualifizierte, leistungsfähige aber ungelernte Arbeiter an den Maschinen dieses Zeitalters – genauer: seine dauerhaft sich erhaltende, universelle einsetzbare Arbeitskraft; das Produkt des aktuellen globalisierten Industriesystems ist eine sich selbst auf höchstem Niveau reproduzierende Technologie, mit ihr eingefügten Experten, Fach- und Hilfskräften, die eine Unendlichkeit an Problemlösungen für alles mögliche zustandebringen, dabei unter anderm eben auch Rüstungsgüter, Grundlagenwissenschaft, Luxusyachten und Hochkultur. Von den „produktionsnäheren“ oder -ähnlicheren Leistungen des Staats, die eben auch Verwaltungen, also Bürogebäude und PCs benötigen, zu schweigen. Und noch garnicht erwähnt: die Zentralfunktion der Überschussproduktion in modern-kapitalistischen Gesellschaften: (technologische) Forschung, Entwicklung, Innovation. – Genauer muss man, wie zuvor im Zusammenhang mit dem Arbeiter und seiner Arbeitskraft, auch hier sagen: Dies System hat ein Überschuss-POTENTIAL in Gestalt seiner Basis(re)produktion, das in alle möglichen prodktiven Verwendungen weiter- und abfliessen kann.
Die verschiedenen Zwecke der Überschuss-Verwendung üben natürlich unterschiedliche Nachfrage nach Überschuss-Portionen des Basis-Systems aus – entsprechend unterschiedlich fallen die Mehrprodukt-Abflüsse, jenseits der reproduktiven, aus; wobei die Betriebe des Reproduktionssystems innerhalb gewisser Grenzen flexibel genug sind, Schwankungen durch wechselnde Anforderungen von seiten des Mehrprodukt-Sektors durch Nutzung von Kapazitätsreserven auszugleichen – andernfalls kommts zu kurzfristigen Preissteigerungen, Lieferengpässen (Warteschlangen), oder auch mal Produktionserweiterungen, falls der Nachfrageboom für ein Produkt anhält. Was sich dann meist nach „rückwärts“ fortsetzt (wenn auch der Effekt abklingen mag) und zu Proportionsverschiebungen im Basissystem führt (die hoffentlich seine Reproduktivität, Produktivität, Robustheit nicht beschädigen wie zB im Kriegsfall, wo dann auf einmal alle möglichen zivilen Güter nicht mehr produziert werden und womöglich Zerstörungen hinzukommen).
Also nochmal gefragt: Mehrprodukt – was ist DAS denn? – Der „ideologische“ oder wertende Charakter des Begriffs ist ihm kaum zu nehmen. Darum, weil es eben von der Bewertung der Nutzens der aus dem Mehrprodukt erstellten Leistung abhängt, ob sie als reproduktion-NOTWENDIG anerkannt wird – als Teil dessen also, das SICH MIT SICH REPRODUZIERT (und darum, spätestens über seine „(Dienst)Leistung“ für das System, in es zurückfliesst – so wie etwa die Arbeitsleistungen der Arbeitsentgelt-beziehenden Lebensmittelverbraucher): Ist der Aufwand für die staatlichen Leistungen zur Gewährung der „Rahmenbedingungen“ des Produzierens in der Sache begründet? Ist innere und äussere Sicherheit etwas Produktions-„Notwendiges“? Ist es die „Belohnung“ der Eigentümer hoher Vermögen, die dabei wie aristokratische Grundbesitzer Anspruch auf eine Pfründe geltend machen (die man ihnen allerdings leicht durch Besteuerung wegnehmen könnte, wenn man wollte; und… wenn man das „unproduktive“ „Coupon-Schneiden“ vom Investieren und „Sparen“ und „Kreditgeben“ so ohne weiteres trennen könnte – also die Verwendung der Geldanlagen als Grund für Innovations-Tätigkeit).
Ist Werbung oder eine mit 200 Euro subventionierte Theaterkarte Luxus? sind es öffentlich-rechtliche Medien? oder private?
Wer darauf verweist, dass für die Robustheit des Basissystems VIEL mehr aufgewandt werden müsste, als es geschieht (viel mehr Risiken versichert; viel mehr Schadensprophylaxe betrieben) – der sieht sich meist mit der Erwiderung konfrontiert: dass er die Mittel dafür bloss abziehen könne von Massnahmen, die (wie eben die staatlichen) beinah vollständig denselben Zwecken dienten – bloss eben NOCH dringlicheren Prioritäten.
Und wer das ganze Rechnungs- und Buchhaltungswesen für entbehrlich hält, muss sich fragen lassen, welche Schlamperei und Planungsunsicherheit eintreten mag, wenn man darauf verzichtet… (ausser vielleicht in einer statischen Wirtschaft, wo jahrein jahraus im grossen ganzen, incl. Reserven, Produktflüsse in der immer gleichen Weise aufgeteilt werden; da ist dann nur noch wenig zu rechnen…)
Auch das System der Kategorien „Reproduktivität, Produktivität, Robustheit, Mehrproduktivität“ hat offenkundig ein „historisch-moralisches“ Element – da, wo diese Begriffe zur Formulierung von Kritik verwendet werden (etwa: „die Arbeiter verfügen nicht über das Mehrprodukt“ (wogegen Gegner dieser Kritik einwenden: Könnten sie, würden sie nicht vieles anders machen (können)). Oder: „Die Missachtung von Umweltstandards ist eine Einbusse an Robustheit (Nachhaltigkeit) für das Industriesystem selbst – es untergräbt seine eigenen Grundlagen.“ Oder: „Ohne Recycling von Industriemetallen und Rationalisierug ihrer Verwendung (ev Suche nach Ersatz wo möglich) ist das derzeitige Weltindustriesystem nicht reproduktiv.“ (Ähnlich natürlich für „fossile Brennstoffe“.).
Darüber sollte man aber die neutral-wertfreie DESKRIPTIVE Rolle dieser Kategorien nicht vergessen. Man muss ja keine ENTSCHEIDUNG darüber treffen, um feststellen zu können: Wieviel an Überschuss entnommen werden (oder fehlen) darf, bis sich Mängel in denundden Industriezweigen bemerkbar machen (die sich dann soundso fortsetzen, oder eingrenzen lassen – durch (reproduzierbare, also dauerhaft-robuste) Kapazitätserweiterungen). Oder… um mögliche Wachstums- im Sinne von: Produktivitäts-Erhöhungs- und Fortschritts- oder auch Schrumpfungspfade vorhersehen zu können.
In theoretischer Hinsicht aber haben die vier Kategorien noch eine ganz andere Rolle: Sie helfen den Begriffsrahmen zu erstellen, mit dessen Hilfe man versucht die ökonomischen Formen zu durchschauen, in denen sich in kapitalistischen Gesellschaften INNOVATION organisiert. Und das ist im wesentlichen der KREDIT.
PS: Ich erinnere nebenbei mal an das Phänomen der „reproduktiven Enklave“, der Rückbindung eines späteren Produkt als (deren Produktivität erhöhende) Voraussetzung seiner eigenen Vorprodukte. Derlei Rückkoppelungen und „reproduktive Einschlüsse“ (Schleifen) können auch in den Mehrprodukt-Fertigungslinien vorkommen. Bloss hängen sie vom permanenten Zufluss von Überschüssen aus dem Basis-System ab. Dieses reproduziert SICH also nicht DURCH SIE oder MIT IHNEN (als unentbehrlichem Teil). Und auch die Schleife „REPRODUZIERT SICH“ nur mithilfe des Zuflusses – reproduziert sich also nicht komplett mit sich – und ist somit nicht im strengen, absoluten Sinn „reproduktiv“. Also nicht so, wie es eben einzig das Basissystem (im Rahmen seiner Natur- imd Humanvoraussetzungen) ist.
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Thesen und Bemerkungen 6: Produktivkräfte, Produktionsarchitektur, Welt- und (Re)Produktionsverhältnisse
((Ich improvisiere mal ein paar Thesen aus Anlass der Debatten im thread „Arbeiterforderungen von 1848“, wobei die eigentliche Debatte, zu der die hier notierten Thesen einen Beitrag darstellen, etwa hier losging…))
1. Worum immer es sich dabei handelt: Prod.kräfte und Prod.verhältnisse enwickeln nicht SICH, sondern allenfalls Leute enwickeln sich, und bauen ihre produktiven Fähigkeiten aus. Die Frage ist: Wie und auf welchem Anspruchsniveau sie dabei ihre arbeitsteiligen Prod.Zusammenhänge organisieren – ihr Prod.verhältnis. Dass da etwas „sich“ „hinter ihrem Rücken entwickelt, bedeutet meist eher nichts gutes – weder, wenn es schädlich ist und man es vermieden hätte, wenn man es beachtet hätte; noch, wenn es nützlich ist: dann dauert es wahrscheinlich länger als an sich nötig; und ist somit auch schädlich.
(Dass beiderlei „Entwicklungen“ möglicherweise unvermeidlich sind, steht auf einem andern Blatt.)
Man kann den Gedanken „es sind die Leute“ betonen, indem man sagt: Sie SIND die Prod.kräfte; aber nicht, wenn damit zugleich vergessen werden soll, dass sie dabei auf Leistungen anderer vor und neben ihnen angewiesen sind, die zu ihrer Erhaltung eigene, organisierte Arbeit benötigen: Tradieren (und Sortieren) von Kenntnissen, Erhalt und Ersatz von Geräten, Materialien, Bauten. Wenn ihnen das allen zusammen missllingt, oder überhaupt von vornherein fehlt, sind sie leider keine „Kräfte“ (oder keine sehr leistungsfähigen)…
2. Der Begriff Prod.kräfte ist umfassender als der der (real verfügbaren wie potentiell einsetzbaren) Technologie und des Wissens um praktisch relevante Naturtatsachen: zu beachtende Risiken, nutzbare Chancen. Zwischen beidem vermittelt das, was ich vorschlage „Prod.architektur“ zu nennen: Der Aufbau einer mehr oder weniger arbeitsteiligen (Re)Produktion aus Einzelarbeiten.*)
*) Einzelarbeiten, in denen Leute, unterstützt von einer Technik (ein Verfahren mit bestimmten Geräten, Materialien, Bauten) in einem gegebnen Rahmen ihrer Anwendung (bekannten Naturbedingungen), einen mit ihr erreichbaren Zweck realisieren – meist sogar, aber nicht immer, regelmässig wiederholt (daher: REproduktion).
Durch eine „Prod.architektur“ werden die beschränkten Zwecke der Einzelarbeiten derart verknüpft, und arbeiten mit der Gesamtheit an vorhandenen bekannten Naturbedingungen in der Form zusammen, dass Reproduktion der Beteiligten dauerhaft gelingt, und sich sogar Mittel für eine planmässige Verbesserung der gegebnen Prod.architektur ergeben – ein „Fortschrittspfad“ nach Regeln einer „technologischen Strategie“, worin bekannte Naturbedingungen in Gestalt von Risiken besser abgewehrt und Chancen ergriffen werden, sowie unbekante Naturtatsachen kennengelernt und erforscht. Die vorhandenen Einzelarbeiten (oder Optionen) werden also in einer Prod.architektur auf eine bestimmte Weise kombiniert, um „Reproduktivität“ (Nachhaltigkeit) und „Progredienz“ (Verbesserbarkeit) der Gesamtproduktion zu ermöglichen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen – es gibt verschiedene Anforderungen, denen eine „Prod.architektur“ unter gegebenen Bedingungen genügt – oder eben leider nicht.
3. In antiken Grossreichen sind die wichtigsten Anforderungen dieser Art zB Nutzung von lokal überlegenen Chancen zu einer Überschussproduktion (zB Bewässerung), Speicherung, Transport und Verteilung (Strassen Kanäle, Schiffahrts-Infrastruktur), als wichtige Randbedingung: Grenzsicherung (Militärorganisation, Waffentechnologie).
In mittelalterlichen Territorien (meist in einem wesentlich durch die vorherrschende(n) Hochreligionen charakteriserten „Kulturraum“ gelegen ohne politisch einheitliche Verfasstheit) werden dieselben Ziele ergänzt durch die Suche nach schwerer entdeckbaren, dennoch produktiv nutzbaren Chancen zu einer lokalen Überschussproduktion – wenn man so will: die Errungenschaften des antiken Grossreichs auf einem dafür auf den ersten Blick nicht geeigneten Teritorium realisieren. Die Erschliessung der lokalen Chancen (und ihre Stabilisierung durch Abwehr der je gegebnen Risiken) führt zu einer ungeheuren Vielzahl an lokalen Produkten und Überschüssen, die in den Fernhandel der Regionen eingebracht werden. Dadurch breiten sich lokal entwickelte Techniken – dazu zählen auch zB Kulturpflanzen – weiträumig aus und gelangen in andre Regionen, wo sie abgewandelt und weiterentwickelt werden und in andere Prod.architekturen eingebaut werden. Es entwickelt sich auf diese Weise eine Vorstellung von Technik als System systematisch abgewandelter Wirkmöglichkeiten, nach denen man in den Lücken bestehender Techniken suchen könnte; dazu ein Bewusstsein von Bedingungen und Bedingungsreihen (Komplexe und ihre Zusammensetzung aus Elementen) für Wirkmöglichkeitn, die zu kontrollieren sind, um den Raum möglicher Wirkungen in jeder erdenklichen Hinsicht abwandeln und an mögliche Zwecke anpassen zu können. Das ist der Startpunkt der Moderne.
4. „Moderne“ ist der Name eines kulturell etablierten WELTVERHÄLTNISSES. In der traditionellen marxistischen Terminologie ist dieser Begriff – was symptomatisch ist – nicht ohne weiteres unterzubringen; Wissen und die Art, sich darauf zu beziehen, vor allem auch die Stellung zum gewussten und nicht gewussten Unwissen, aktiven und passiven Wissenserwerb – dies alles zusammengefasst unter dem Oberbegriff LERNEN – bildet natürlich einerseits ein entscheidendes Fundament der Prod.kräfte (neben vorfindlichen nützlichen und schädlichen Naturvoraussetzungen, incl. Bevölkerung, Ernährungsweise usw); andererseits ist allein die Aufgabe seines Erhalts in Tradierung und Ausbildung, geschweige seine Ausweitung, eine gesellschaftlich zu organisierende Aufgabe – eng verknüpft natürlich mit der Frage: Wer kompetent Entscheidungen trifft und treffen kann.
Da klingt es eher nach Prod.verhältnis.
„Arbeitsteilig“ begründeter unterschiedlicher Zugang zu Wissen begründet dann in ähnlicher Weise Herrschafts-, Erpressungs- und Zwangsverhältnisse durch Ausschluss und Abhängigkeit, wie Zugang zu militärischen Wirkmöglichkeiten oder, wo geglaubt wird, zu „spirituellen“.
Arbeitsteilung“ ist hier ein Schlüsselwort – auch für Kritik; es geht um Arbeitsteilung, die Ungleichheit in der Verteilung von Lebenschancen und „Glücksgütern“ zur Folge hat.
5. Wir haben uns mit diesen wenigen Erwägungen zwei Kategorien erschlossen, für die eben, bezeichnenderweise, bloss je EINE Ausprägung, als Beispiel, vorgelegt werden konnte:
a) „Weltverhältnis“ zB die Moderne – welche anderen gibt es?
b) „(Ungute)Arbeitsteilung mit Ungleichverteilung von Lebenschancen“(soll man sagen: Klassenunterschieden?) als Folge zB ungleicherVerteilung von Chancen zu Lernen, oder (naja, ein zweites Beispiel immerhin) mit Gewalt drohen zu können, und je aufgrunddessen für andre und über andre entscheiden zu können – welche andere solche schmerzlichen Ungleichverteilungen gibt es?
Im Fall der Weltverhältnisse ist die Sache kompliziert: Denn ein Grossreich, ein Territorium, eine „Gesellschaft“ oder Gruppe mag „als ganze“ über bestimmte arbeitsteilig umgesetzte Lernformen verfügen; meist heisst das: eine „Elite“. Aber auch die einzelnen haben ein Weltverhältnis (so wie sie auch Gewalt anwenden, Entscheidungen treffen und befürworten können – es gilt bloss nicht soviel oder wirkt nicht so wie bei Elten-Angehörigen, die auf „gesellschaftliche“ Kooperation von Mehrheiten zählen können – sie haben DIE MACHT – zB auch über Aufmerksamkeit und Begriffsbildung ihrer Gefolgschaft).
Die Frage ist also: Wie das „gültige“ oder eben „kulturell etablierte, durchgesetzte“ Weltverhältnis der Eliten sich verhält zu den ebenfalls vorhandenen Weltverhältnissen der weniger oder garnicht massgeblichen Rest-Mitglieder der Gesellschaft, denen die Inhalte (autoritär, machtvoll, sanktions- und gewaltdrohend) vorgegeben werden – wie diese „andern“ diese Inhalte in IHR Weltverhältnis aufnehmen (nachvollziehend, gläubig, gewohnheitsmässig, versteckt-missachtend, oppositionell aber ohnmächtig) – und umgekehrt: Zu welchen Anpassungsmassnahmen die Eliten durch dieses ihr kulturell-(autoritär) -arbeitsteilige (und nicht Verständigungs-basierte) Verhältnis zu den andern gezwungen sind.
Die Komplikation besteht hier darin, dass – wie ich behaupte – Weltverhältnisse eine Entwicklungsreihe aufweisen, wo die einzelnen Stufen nicht übersprungen, stattdessen in individuellen Bildungsgängen nachvollzogen werden müssen, damit der kulturell erreichte Inhalt von Einzelnen angemessen angeeignet und umgesetzt werden kann. Hier – so behaupte ich, ohne das jetzt so schnell zeigen zu können; über Weltverhältnisse gibt es keine bekannte Theorie, auf die man verweisen könnte (Andeutungen stehen in „Denkblockaden III“) – ist ein fundamentaler historischer Mangel zu konstatieren: Alle bisher kulturell erreichten Weltverhältnisse (in etwa zuordenbar zu den drei „fortgeschritten“ historischen Grossperioden Antike, Mittelalter, Moderne (mit mehr oder weniger komplexen Übergangsepochen)) erzeugen Inhalte, die von den Angehörigen der betreffenden Gesellschaften, ja sogar meist der Eliten, nicht auf der Grundlage angeeignet werden, auf der sie ausgebildet wurden, sondern im Rahmen eines primitiveren, in den Inhalten eigentlich überwundenen Weltverhältnisses (einer Lernform).
Beispiel: Die meisten Leute, die heutzutage „modern“ zu denken glauben, tun dies dies in einer Form, die fundamentale Ähnlichkeit mit religiösen Denkstrukturen, oder sogar magisch-abergläubischen haben – also in einem Rahmen (einer Lernregel), der (und die) eigentlich überwunden sind (ohne diese punktuelle, zeitweilige Überwindung wäre die kulturelle Praxis, zB Naturwissenschaft, nie zustandegekommen).
Anders ausgedrückt: Die kulturellen Errungenschaften der Moderne werden nicht massenhaft auf den eigenen Grundlagen der Moderne tradiert.
Die logische Voraussetzung dafür ist: Dass der Fortschritt der Lernformen ein Differenzierngsprozess ist (sinnvolle Lernmöglichkeiten werden zunehmend von auf Dauer nicht sinnvollen unterschieden); die Aneignung fortgeschritten-sinnvoller Inhalte im Rahmen eines weiteren, mehr (aber eben nicht wirklich dauerhaft) sinnvolle Möglichkeiten für Lernen zulassenden ist also zugleich ein ENTDIFFERENZIERUNGSPROZESS – ein Unterschied wird (wieder) nicht mehr gemacht und/oder praktisch beachtet, der die betreffenden Inhalte allererst in diesem Masstab hervorgebracht hat. Langfristig bedeutet das, dass der Umgang mit den Inhalten zunehmend abgleitet und bestimmt wird durch den (vermeintlich zulässigen) weiteren Rahmen: Forschung wird dann zB immer unwissenschaftlicher (erstarrt in tradierte Methoden; unterliegt quasi-religiösen, Subjekt-artige Eigenschaften in der Welt unterstellenden Vorstellungen von „bestmöglichen“ Fällen, nach denen zu suchen wäre (bis zum Beweis, dass es sie nicht gibt) usw
Anm. So gut wie alle radikalen Linken, denen ich begegne, haben ein aus meiner Sicht religiös-degeneriert modernes Weltverhältnis. Gewiss, es gibt erheblich schlimmeres; aber gut ist das nicht. Symptom dieser ihrer Einstellung zur Welt ist für mich: dass Forschung und Wissenschaft (und eben deren Verwertung in einer nach Zwecken einzurichtenden Prod.architektur) von ihnen keineswegs für das Zentrum und Ausgangspunkt der gesellschaftlichen Reproduktion genommn werden – derart dass etwa der Ausschluss von Leuten, sie selbst eingeschlossen, von Wissenschaft und deren Fortschritten, Ausschluss auch von Bestimmung darüber, wonach geforscht werden sollte und könnte, für sie kein Problem darstellt: Wissenschaft ist doch beinah fertig, hat doch schon soviel gefunden.. Produktion funktioniert doch, was will man mehr. Für mich ist diese Gleichgültigkeit gegenüber der (Natur)Wissenschaft und das relative Desinteresse daran (auch Desinteresse an hren mutmasslichen Fehlorientierungen) kaum zu fassen.
Allein dass man davon ausgeschlossen bleiben soll, ist für moderne Menschen Grund für Revolution. (Es gibt soviel andre, ich will nur sagen: der alleine würde Menschen mit eiem modernen Weltverhältnis völlig reichen.) Wissenschaft ist kein Luxus; schlechte, nachlässig betriebene Wissenschaft und technische Forschung richtet unsagbare Schäden an. (So, wie auch eine Prod.architektur, die die Ergebnisse der Wissenschaft suboptimal verwertet.) Nur Kriege kommen dem gleich – aber das Destruktivpotential, das in ihnen heute entfaltet wird, ist das Resultat von Wissenschaft und Forschung.
6. Wissen bestimmt die gesamte Reproduktion als deren Fundament; entsprechend bestimmt das kulturell etablierte Weltverhältnis (die Lernregel) und das Ausmass, in dem es in individuellen Bildungsgängen eingeholt ist, alle darauf aufbauenden anderen Bestandteile des Prod.verhältnisses. Für die Stellung einzelner in dieser „Kultur“ ist nicht nur der kulturell erreichte Stand, und ihr Zugang zu seinen Inhalten, entscheidend, sondern auch der kognitive oder Lernregel- Rahmen, in dem sie diese Inhalte sich aneignen (im Rahmen dessen, wie ihnen durch ihre gesellschaftliche Stellung überhaupt Bildungsmotive und Bildungschancen zugänglich sind).
Die Vorstellungen der Leute davon, wie Wissen in praktische Entscheidungen für alle umgesetzt werden sollen (Vorschläge Anträge Forderungen Anordnungen wer was machen oder unterlassen soll, sowie Erwartungen an andre: ob sie dem zustimmen und wie reagieren, wenn nicht), bestimmen aber darum auch deren subjektive Stellung zu den Prod.verhältnissen – ihre Zustimmung oder Ablehnung dessen was „eingerichtet“ ist und „gilt“ – und der Art wie das begründet (legitimiert) ist (soweit sie das kennen und nachvollziehen).
Anm. Hier ist also der Punkt, wo Weltverhältnis und Prod.verhältnis („Vergesellschaftungskonzept“ und Stellung zur realen Vergesellschaftung) im Einzel-Individuum zuaenhängen.
Da ist nun ähnlich wie bei den Weltverhältnissen ein wichtiger Sachverhalt festzuhalten: Auch die Stellungen zum Prod.verhältnis weisen eine Entwicklungsreihe auf – auch sie hat den Charakter einer zunehmenden Differenzierung, die sich vor allem orientiert an dem ZEITRAHMEN, für den Stabilität eines Prod.verhältnisses (einer Form der Vergesellschaftung) gewährleistet bleiben soll. „Unreifere“ Konzepte der Vergesellschaftung (auf Basis des jeweils eingenommenen Weltverhältnisses) sind relativ kurzfristig angelegt (die Reihe lautet: situationsbezogen; lebensentwurfs-bezogen; biographien-übergreifend; historisch-universell; in diesem (universellen) Rahmen Entwicklungsgefälle-beachtend und überwinden wollend („den eignen Standpunkt jedem vermitteln(wollen)d“).
Und auch hier geschieht es, dass „fortgeschrittenere“ Inhalte aufgegriffen und verarbeitet werden (zu Vorschlägen usw), ohne dass den Ansprüchen des „höheren“ und weitsichtigeren Niveaus dabei genügt wird. (Man kann zB eine berechnende Stellung zur eigenen Position in einer Klassengesellschaft einnehmen, und sie ausnützen wie ein Eigentum, mit dem man eigene Ziele durchsetzt (und die Verfasstheit der Gesellschaft immerzu nur berechnend auf diese beziehen), ohne sich „Sorge“ zu machen um die Stabilität der Klassengesellschaft als ganzer – anders also, als es ein „mitdenkender“ Staatsbürger und potentieller Angehöriger der „Eliten“ es täte.)
Und: Zusammen mit den Weltverhältnissen werden auch die zu ihnen gehörenden Vergesellschaftungsformen in einem primitivere Rahmen angeeignet. Beide fallen also parallel nebeneinander auf entdifferenzierte Vorstufen „zurück“.
Das alles hilft, wie ich glaube, beim Versuch, wichtige Aspekte der gegenwärtigen (und auch früherer) historischer Situation(en) zu begreifen, die bislang sich dem Verstehen entziehen.
7. Die Hypothese, die ich auf diesem Hintergrund zur Prod.architektur des Kapitalismus aufstelle, lautet:
Massgeblich dafür ist ein in primitiveren Rahmen (nämlich religiös bis abergläubisch/magisch.modern) angeeignetes modernes Forschungsprogramm, das im Rahmen dieser Aneignung zu dem Wunsch führt, unbeschränkt und „systematisch“ alles technisch Machbare zu entdecken und zu entwickeln – „jederzeit alles zu können, was geht“. Letzte Ursache DAFÜR ist das moderne Weltverhältnis – aber eben angeeignet in den primitiveren Rahmenkonzepten.
Die zweite Einflussquelle stammt aus dem Prod.verhältnis Kapitalismus, und lautet: Die „Produktivität“ (aller Produktionsfaktoren; nicht nur der Arbeitsproduktivität) zu steigern dh die unmittelbar nötigen Aufwände für das Machen und Reproduzieren des Machbaren auf ein Minimum zu senken, um Prod.ressourcen für die Entwicklung von noch mehr „Machbarkeit“ zu entwickeln; und dies als einzigen „Erfolgsparameter“ anzusehen: Steigerung des „abstrakten Reichtums“ (Messbar mit Preisen, Geld usw)
Es arbeiten also ein Motiv aus einem (degenerierten) Weltverhältnis und ein (ebenso degeneriertes, aus seinem ursprünglichen Entstehungs-Zusammenhang heraus in primitivere Versionen seiner selbst zurückgefallenes) Prod-verhältnis zusammen. (Den genau das ist der Kapitalismus: Ein in primitivere Versionen seiner selbst zurückgefallenes relativ fortschrittenes Vergsellschaftungskonzept; Anzeige dieses Rückfalls ist das Zutrauen in die Fähigkeiten des Geldes, qualitative Prod.beziehungen in EINER Messgrösse zu fassen. Wie sich meines Erachtens zeigen lässt, entspringt diese Denkweise exakt dem Kategorien-Apparat, der dem magisch-abergläubischen, also dem Weltverhältis aller Normalmenschen zugrundeliegt, die keinen Zugang zu weitergehenden (Begriffs)Bildungs-Motiven und Chancen zu ihrer Nutzung hatten. Das ist heute die erdrückende Mehrheit dr Bevölkerung – auch ihrer gut ausgebildeten Schichten, speziell auch der „Eliten“.).
Das ist damit aber bloss vage agedeutet und wäre viel genauer zu erklären.
Zum Abschluss dieses Beitrags will ich noch eine „kritische“ Aussage machen: Kapitalismus (und der zu ihm gehörende „bürgerliche“ Staat) ist nicht imstand, anderen Anforderungen an eine moderne Prod.architektur gerecht zu werden als eben deren „Produktivität“. Die ist deshalb „kulturell“ zum einzigen „Erfolgs“-Masstab avanciert. Derart dass man garkeine ebenbürtigen weiteren mehr kennt, gegen die dieser Masstab gewichtet und relativiert werden müsste – etwa jene, die ich schon im Forum mal aufgezählt hatte (ohne Vollständigkei zu erzielen; wann wäre die erreicht?): Robustheit, Nachhaltigkeit, Bedürfnis-Gerechtheit, Freizeit-trächtigkeit (um zB Bildung, Klärunug und Verständigung zu ermöglichen), leichte Steuerbarkeit und Übersichtlichkeit, leichte Bedien- und Erlernbarkeit, und, ja, auch Dezentralität, „Redundanz“, Modularität, überhaupt das durchdachte, Synergien-nutzende Aufbauen der Produktion, Sorgfalt in der Entwicklung und Verwendung nur von ausgereiften Produkten…
Prod.architektur bedeutet: Einrichtung der Gesamt(re)produktion nach Zwecken, denen sie genügen soll, mit vorhandenen oder absehbar entwickelbaren Techniken, angesichts („gesellschaftlich“) verfügbaren Wissens um Naturzusammenhänge von praktischem Interesse: Risiken, Chancen; die jeweils bekämpfbar (vorhersehbar usw) / nutzbar mit je gegebnem Aufwand.
Der „Zweck“ der gegenwärtigen kap.Gesellschaften – SOWEIT ihnen überhaupt (etwa in Legitimationen) Zwecke, denen sie dienen (wofür sie gut sind) zugeschrieben werden – wird im Kern bezeichnet als „Fortschritt“ und meint genau dies Paar an Zwecksetzungen, auf die die gesamte Gesellschaft ungefragt verpflichtet wird: Technikentwicklung als Selbstzweck, und Steigerung der Produktivität verwendeter Technik, um den ersten Zweck schneller und weiter führend verfolgen zu können. (Der Erfolg mesbar in Geldgrössen.)
Selbst wenn sich das langfristig als falsch herausstellen sollte, moderner Kapitalismus diesem Zweck also garnicht gerecht wird und werden kann, ist es von Interesse, dass immerhin die Behauptung seiner Zweckmässigkeit in diesen Hinsichten als hinreichende Legitimation dienen konnte. Und genau darauf, das zu verstehen, liefe eine „Erklärung“ der oben genannten zwei zusammenwirkenden Motive für eine typisch kap. Prod.architektur hinaus.
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Ergänzung zum letzten Beitrag: System, Charaktermaske/Interesse, Ideologie
Vorbemerkung aus Anlass von Wals Verärgerung über unzutreffende Zuschreibungen von Gedanken und Theorien bei Marx:
Die Überlegungen beziehen sich auf mir bekannte, so oder so ähnlich häufig von radikalen Linken geäusserte Gedankengebilde.
Wenn jemand der Meinung ist, dass sie eigentlich eher von marginaler Bedeutung sind, und nicht zum Kernbestand der Überzeugungen dieser Linken gehören, dann ist mein Text (unabhängig von der Berechtigung oder Nichtberechtigung der vorgetragene Einwände) schlichtweg ÜBERFLÜSSIG. Im andern Fall… ist mir nicht Marx wichtig, denn mit dem kann ich leider nicht reden, sondern Leute, die entweder selbst so, wie dargestellt, denken oder denen ihrerseits Gedankengebilde der beschriebenen Art begegnen. Falls es sich hier um Falschwiedergaben Marxscher Gedanken handelt, sind sie das Werk der Vertreter der hier behandelten Gedankengebilde, nicht meins. Ich kenne es halt, dass sich auf Marx berufen wird. Ob zurecht, ist mir HIER, in diesem Zusammenhang, nicht so schrecklich wichtig.)
Die radikal-linke Theorie von Gesellschaft und deren (Vor)Geschichte ist nicht imstand, die von ihr behauptete Wechselwirkung („Dialektik“) zwischen dem Wissen, Denken, Wollen Einzelner und dem, was sich „gesellschaftlich“ durch das massenhafte Zusammenwirken vieler solcher Einzelner ergibt, wirklich zu betrachten. Sie verstellt sich mit einem, die wirklichen Verhältnisse stark vereinfachenden Vorurteil den Blick auf diese Wechselwirkung und verweigert genauere Auskünfte: weil die subjektiven Verhältnisse immer schon blosse Anhängsel des Gesellschaftlichen (präzisiert als: der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und deren ökonomischer Organisation) sein sollen. Damit sind nicht die Individuen die Träger von Prozessen, sondern überindividuelle Gebilde: DIE Produktivkräfte; DIE Produktionsverhältnisse, DAS Kapital, DER Staat, und insgesamt DAS gesellschaftliche Sein, das das Bewusstein bestimmt. (Allein die Verwendung des Begriffs „Bewusstsein“, keineswegs ein unschuldiges Alltagswort, sondern Zentralkategorie einer nichtmaterialistischen Theorie-Tradition) zeigt, wie sehr diese ganze Welt voller Gross-Subjekte mit eigenen Zielen und Zwecken den vielversprechenden programmatischen echt-materialistische Ansätzen im Denken etwa von Marx und Engels widerspricht: Stünde da, wie man von den Feuerbachthesen her ganz natürlich erwarten könnte, statt Bewusstsein: PRAXIS (womöglich noch – um das Veränderliche und Lern-abhängige darin zu betonen – „(Versuchs)Praxis“ mit der Implikation: Es wird ein ganzes System von Hypothesen erwogen und verworfen – manche leichter verwerfbar, andre, grundlegendere schwerer) – dann würde der Satz seinen Charakter komplett ändern – bis hin zur Tautologie, oder Banalisierung – er würde nämlich lauten: Die individuelle Praxis ist durch bewusste wie nicht bewusst gestaltetes Zusammenwirken mit anderen wesentlich mit bestimmt; die Leute leben nicht allein. Mehr steckt in diesem Satz für Materialisten nicht drin; genauer, das MEHR, das eben doch behauptet sein soll, ist der Verweis auf das idealistische Konstrukt einer „Gesellschaft“, die (hinter ihrem Rücken) ein von den ihr Angehörigen nicht beeinflussbares Eigenleben führt, und sie mit der „List der Vernunft“ zwingt, ihr sich anzubequemen und noch ihre Zustimmung zu sich ohne Zutun der so übertölpelten Betroffenen formt: Sie wissen es nicht, aber sie tun es. Also nicht einfach ÜBERSEHEN Leute Nebenfolgen ihrer (bewusst und nicht-gesteuert, nicht-abgestimmt mit derjenigen anderer zusamenwirkenden Praxis nicht, bemerken sie nicht, wollen sie nicht wahrhaben usw – das kommt ja alles vor; sondern: etwas von der Art, das sonst von IHREN Einsichten, Erfahrungen und Begründungsregeln abhängt, ist ihrer Verfügung entzogen, und hängt ab von ANDEREN Ereignisverläufen und Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (also eigentlich: Kausalmechanismen), in die das vermeintlich bewusste Handeln der Leute BLOSS eingeschaltet ist. Kapitalismus ist nicht Ergebnis ihrer aller Einzelentscheidungen, weder sein Entstehen war es, noch seine Fortdauer: Nicht ihre Einschätzungen und Arten, Konsequenzen daraus zu ziehen, ihr Tun und vor allem auch ihr (Unter)Lassen entwickelt sich womöglich, nicht SIE lernen; sondern der Kapitalismus und „die Gesellschaft“ entwickeln SICH – und entwickeln dadurch SIE immer mit. Vielleicht im Sinn eines Bewusstwerdungsprozesses; einer Emanzpation von solcher Passivität und Ausgeliefertheit an „die Verhältnisse“. Aber es sind nach dieser Darstellung wesentlich die Verhältnise, und nicht die Leute, die SICH entwickeln; erst wenn die Verhältnisse die Leute irgendwie freigeben, entstehen für die Freiräume zu Schritten, die dann authentisch IHNEN zugeschrieben werden können.
In dieser Darstellung wird etwas Wahres sehr verschlüsselt wenn nicht verballhornt ausgesprochen: Dass Leute sich um ihre Verhältnisse nicht kümmern, weil sie an diese – dann allerdings nicht als schädliche sondern nützliche aufgefasste – Eigenmacht und Eigendynamik ihrer Verhältnisse glauben, etwa an DEN MARKT und seine wundersamen, alle menschlichen Planungskünste weit übertreffende Selbst-Steuerungs-Mechanik. Da ist derselbe Gedanke wie der der Kritiker – bloss mit konträrer Bewertung. Es ist dann aber so: dass genau dieser Gedanke jenes massenhafte Verhalten erzeugt, das dann auch, als von hinlänglich vielen bewusst mit dieser Begründung, praktiziert (andere wiederum folgen dem in autoritärem Zutrauen, aus Gewohnheit,berechnend, oder in ohnmächtiger Widerstandshaltung), genau die Verhältnisse zwischen ihnen hervorbringt, über das die Kritiker dann als eine ebensolche Mechanik, wie der Markt eine sein soll, sprechen.
Die Verhältnisse sind das Werk der Leute, selbst da, wo sie sie eben gerade, in bodenlosem Zutrauen in von ihnen (oder von andern, denen sie vertrauen, oder die ihnen egal sind ua) installierte Mechanismen, nicht kontrollieren und gestalten wollen. Und nicht sind die Verhältnisse ihr eigenes (der Verhältnisse) Werk, ausser eben soweit, wie das „bodenlose Zutrauen“, wenigstens derer, die dies Zutrauen bewusst hegen, reicht (und abgestuft das der andern: der autoritär den „bewusst“ Zurauenden Vertrauenden; der bewusstlos sich an Gewohnheit und Normalität Orientierenden; der ohnmächtig Alternativen Befürwortenden (Alternativen, die nicht notwendig besser oder besser begründet sind)).
Die Aussagen über Zwänge, und das systemreproduzierende, system-konforme Handeln als „Charaktermaske“ treffen insofern selten zu:
Zwang ist nur da im Spiel, wo ein Gegenwille existiert, der angesicht überlegner Gewalt oder Gewaltdrohung sich aktuell oder dauerhaft nicht mehr zu verwirklichen sucht. Ein Gegenwille gegen das System ist aber ausser bei den Ohnmächtig-Unwilligen nicht zu sehen – deren Ohnmacht (und ihr Sich-Fügen, äusserliches Mitwirken, ohne sich was anmerken zu lassen) ist sogar Teil der System-Macht; die wird zunächst entfaltet von den drei andern Gruppen, wobei die Autoritären und Berechnenden den „bewussten“ Befürwortern auch die Gefolgschaft aufkündigen können, und sich, auf vergleichbaren Grundlagen, anderen Befürwortern anderer Programme anschliessen können.
All diese nicht ganz unmassgeblichen Vorgänge können im Rahmen der Rede von den Verhältnissen, die sich selbst hervorbringen und „entwickeln“, nicht ausgedrückt werden.
System-Befürworter können gegen einzelne Entscheidungen, Entwicklungen, Einrichtungen des Systems eingestellt sein, sie ablehnen und für revisionsbedürftig halten, ohne das System, das sie befürworten, als ganzes infragezustellen. (Ähnliches gilt für ihre Gefolgschaften, oder den Widerstand der an sich Ohnmächtigen, der sich an einzelnen unerträglichen Punkten zu echtem Verhinderungswillen steigern kann, ohne system-sprengend werden zu wollen).
In diesem Sinn können eingefleischte System-Befürworter sogar einzelne sie betreffende Schicksale als systemwidrig, Anomalie, illegitim empfinden, dagegen opponieren – oder eben auch als etwas verstehen, das ihnen im Rahmen der Systemlogik zurecht widerfährt.
Richtig an der Rede von der Charaktermaske ist: dass es zur Ausführung der System-konformen Interaktionen nicht nötig ist, eine systembefürwortende Gesinnung an den Tag zu legen oder sogar zu haben; wer am Kaufen und Verkaufen teilnimmt, kann sich dazu denken, was er will, uU auch es aussprechen. Der Vollzug der im Sinne des Systems entscheidenden Schritte ist davon nicht betroffen; Gegner, Gleichgültige, Unwissende hinsichtlich der System-Legitimation und -Begründung können in völlig gleicher Weise regelkonform handeln: Eben dies lässt sie einander als blosse Akteure im Sinne des Systems gegenübertreten, die einander nicht nach der Stellung zum System, und somit nach dem GANZEN ihrer Handlungsmotive fragen müssen oder können.
Ähnliches wie für die Rede von der Charaktermaske gilt für das linke Ideologie-Konzept. Darin werden einige Unterschiede getilgt und bezeichnenderweise für unerheblich erklärt, die.für die Art der Stellung von Einzelpersonen zum System in Wahrheit durchaus ausschlaggebend sind (und damit, wenn die Einzelpersonen in ihrer Gesamtheit und durch das Zusammenwirken ihrer (unterschiedlich begründeten) Systemkonformität die Systemverhältnisse allererst hervorbringen, sind diese Unterschiede auch für Stabilität und Fortsetzbarkeit des Systems Voraussetzung):
a) Die bewusste, wenn auch aus Sicht von Kritikern argumentativ mangelhafte Begründung der System-Konformität der System-Befürworter kann man schlecht Ideologie nennen – es sei denn, man bezweifelt, dass es sich um eine aus Sicht ihrer Vertreter tatsächlich korrekte Begründung handelt. Da beginnt dann schon das „Autistisch-Undiziplinierte“ im Denken von Kritikern: Meist wird die legitimatorische „Ideologie“ nicht so wiedergegeben, wie sie auf ihre Vertreter überzeugend wirkt – in ihrer stärksten Form also. Oft bedeutet das: sie wird nicht mit dem gesamten System an Überzeugungen der Systembefürworter in Verbindung gebracht.
Tatsächlich steht ja aus Sicht der „Geschichts-Mechanik“ von vorneherein fest, dass die Legitimation des Systems nicht der Grund seiner Befürwortung sein kann; das System bringt gewissermassen eine ganze Klasse von der Art der betrügerischen, heuchlerischen, selbst garnicht gläubigen Priester (wie in der „Priester(be)trugs-Theorie“ der radikalen Aufklärer) hervor, die von ihm profitieren. Die Stellung im System (zB als Ökonom) erst begründet die Suche nach Lügen und Entschuldigungen, die das nackte Interesse an Erhalt des eigenen Privilegs verschleiern und verdecken helfen.
b) Mit dieser Interesse-Theorie ist eine zweite system-unabhängige Quelle für „Ideologie“ ausgeschaltet: Dass nämlich aufgrund allgemeiner Vorurteile und speziell auch der vielfältigen Eindrücke, die das System auf den ersten Blick vorteilhaft erscheinen lassen, sich Fehlbeurteilungen ergeben können von beachtlicher Plausibilität für Leute, die (hier kommt wieder das Motiv ins Spiel) keinen Anlass haben, dieser Plausibilität zu misstrauen. Der Ideologie-Verdacht richtet sich dann systematisch gegen die Profiteure: SIE sind nie Getäuschte und sich Täischende; nur die Geschädigten (die aber womöglich mit derselben kognitiven Enstellung auf Sachverhalt losgehen) sind es: zumindest „objektiv“ täuschen die sich nämlich über ihr „Interesse“, und darunter kann man ihre (für ihre eigene Sicht ihres „Interesses“ konstitutiven) Fehl-Beurteilungen der vermeintlich günstigen Systemeigenschaften fassen. Erkenntnis- und Einschätzungs-Fehler hinsichtlich der Systemeigenschaften im eigentlichen Sinne kämen demnach so gut wie nicht vor. Und das sogar im Fall des „objektiv“ bestehenden Motivs („Interesse“), seine Lage richtig einzuschätzen: Zur Not wird da eher ein Gegenmotiv erfunden, für dessen Geltenlassen die Leute sich bewusst entschieden haben – wobei es, abgesehen von dieser bodenlosen „Pro“-Entscheidung, gänzlich das Produkt der Verhältnisse sein soll, die es stabilisieren hilft – das Motiv des Zurechtkommen-WOLLENS und aus seiner Lage „das Beste Machens“, nachdem man in ihr zurechtkommen MUSS. (Als könnte nicht jeder, der einem Zwang unterliegt, sich grundsätzlich theoretisch darüber stellen und fragen, wie nötig und/oder unvermeidbar der ist; wobei er vielleicht nicht weiterkommt, ratlos wird, oder zu fehlerhaften, aber „plausiblen“ Ergebnissen gelangt. Da aber wäre er an einer sehr fundamentalen Stelle als Beurteiler, Einschätzender unterwegs gewesen. Was ihm ja die Theoretiker des „Willens zum Mitmachen“ nie zutrauen: Mitmachen beruht ihnen zufolge auf Entscheiden, nicht auf (Fehl)Beurteilen. – Den Kennern einschlägiger Texte wird bewusst sein, dass dies ein Exkurs zum „Nationalismus“-Konzept von MG/GSP war…
Die Art (besser: die unendliche Vielfalt an Arten) freilich, wie in den Köpfen von Normalmenschen „entscheiden“ und „beurteilen“ ineinander gemengt sein können, ist bislang von Linksradikalen wenig entschlüsselt worden. Die Neigung zu grob vereinfachenden Globalformeln (für die man sich offenbar, wie auch sonst für Glaubenssätze, entscheiden muss, und die man sich anschliessend wechselseitig vermittlungslos um die Ohren haut) beweist es…
c) Schliesslich hat die Rede von der Ideologie einen durchaus realen Kern, der aber gleich wieder einschlägig missdeutet wird: Leute, die „sowieso“ von etwas überzeugt sind, können ad-hoc-Begründungen erfinden, meist um für sie lästige, ihre Überzeugung und deren Begründung nicht wirklich tangierende Einwände abzuwehren – teils, um nicht selbst „blöd“ dazustehen; teils, um weniger Überzeugte als sie es sind, denen aber die ganze Begründung nicht zugänglich ist (stattdessen sind es Autoritär- oder Gewohnheitsmässig Vertrauende – ihre Gefolgschaft also), nicht in unnötige Zweifel geraten zu lassen. Wobei Leute sich durchaus gern in die Pose der „ganz Überzeugten“ begeben, um wiederum nicht als solche dazustehen, die „die ganze Begründung“ dann doch nicht so gut überblicken – wozu auch? – sie glauben ja, dass sie auch so recht haben…). (All diese Verhaltensweisen, sowohl auf seiten der Kritiker, wie der Kritisierten , setzen autoritäres, nicht inhaltsbezogenes Sich-wechselseitig-Übertrumpfen-, Rechtbekommen-Wollen und entsprechendes Reden über die tatsächlichen eigenen Gründe voraus.)
Das Sowieso-Überzeugt-sein ist aber, nach dieser Variante des Ideologie-Konzepts, keine kognitive (also auch vielleicht autoritär, anhand von „Plausibilität“ gewonnene und bewusst nicht ganz vollständig durchdachte) Position, sondern eine vom System dem Betreffenden direkt eingegebene Denkweise, die erst mit dem System auch verschwinden wird. Die Feinheiten der Wechselwirkung zwischen dem Denken verschiedener Leute, ihren mehr oder weniger guten oder auch (gewusst) nicht so gut durchdachten Begründungen, und den Verhältnissen, werden hier nicht für erwägenswert gehalten. Die Beeinflussungsrichtung ist klar: Das System selbst bringt seine eigene Beurteilung durch die Leute hervor; sogar noch seine eigene spätere VERurteilung. Erst die mechanisch, zwangsweise systemfrei Gewordenen werden anfangen, selbständig zu denken; erst dann werden ihre Fehler IHRE sein…
….
Der Satz, dass „sie“ die Gebilde sind, wird von garniemand aufgestellt. – Zu Marx meine nachgetragene Vorbemerkung, die du vielleicht noch nicht gesehen hattest. Falls ihr im Rahmen eurer Marx-Kenntnis die Antworten auf hier, keineswegs immer bloss von mir, aufgeworfene Fragen habt – immer her damit. Ansonsten kenne ich das Marx-Forum bislang nicht als Text-Seminar oder gar Heiligen-Verehrungsstätte, sondern als einen Ort der Debatte über genau das Thema, das da oben im Header geschrieben steht. Wesentlich sind mir nicht meine meist nicht wörtlichen Marxzitate ode besser -Umschreibugen (die gleich MEIN Verständnis ausdrücken, wie es sich mir aus meiner Marx-Lektüre ergeben hat), sondern Gedanken und Argumente, die im Zusammenhang mit dem Thema weiterhelfen. Ich nehm sie, wenn sie brauchbar erscheinen, von jedem. Falls ich Fehler mache oder unsinnige, unnötige Probleme stelle, die man nicht haben muss: zeigt das auf, nur zu. Es kann nur hilfreich sein, wenn sie sich in Luft auflösen. Da bin ich ehrlich dankbar für Hinweise.
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Nochmal „lineares“ („Einbahnstrassen“-) vs. „zyklisches“ („Reproduktions“-) Produktionsmodell: Am Beispiel des Bruttoinlandsprodukts BIP
Wikipedia bringt im Eintrag „Piero Sraffa“ im Unterabschnitt „Arbeitswerttheorie“ folgende Notiz über die zwei alternativen Theoriemodelle:
„Adam Smith übernahm, als The Wealth of Nations schon halb geschrieben war, von den Économistes in Paris das Denken in Kreisläufen. Es bestimmt den Anfang der Wealth, den Ricardo wortwörtlich in den Principles wiederholt. Diese späten Ergänzungen durch Smith führten zu Inkonsistenzen in der Wealth, die Ricardo durch ein logisches Kreislaufmodell ersetzen wollte. Ein Kreislaufmodell braucht eine Recheneinheit, einen numéraire. Ricardos erster Versuch – von Sraffa rekonstruiert – war das Korn-Korn-Modell mit Korn als Kapital und Lohn. In den Principles gebrauchte Ricardo wie Smith und viele andere die Arbeit als numéraire, weil der Wert jedes Produktes durch die im Produkt und seinen Vorprodukten enthaltene Arbeit ausgedrückt werden kann. Seine Versuche, auch die Verzinsung früher geleisteter Arbeit mit dem Preis zu verbinden, fand er unbefriedigend bis in seine letzten Tage. Sraffas Arbeitswerttheorie steht in dieser Tradition.
Nach Marx‘ Veröffentlichung 1867 beeilten sich Walras, Jevons und Menger zu zeigen, dass auch Kapital und Boden produktiv sind. Dies war ein Meilenstein zur Formulierung der neoklassischen Theorie, die eine „Einbahnstrasse“*) (Sraffa) von Ressourcen über Produktionsfaktoren zur Endstation Verbrauchernutzen behauptet.
Sraffa wie Ricardo wählen für ihre Sicht der „Wirtschaft als Kreislauf“ (Leontief 1929) als numéraire „Arbeit“. Zwar kann man in einer mathematischen Gleichung Arbeit beliebig durch Kohle oder Stahl ersetzen (Leontief 1929), aber nicht im Produktionsprozess.“
*) Das hatte ich in früheren Beiträgen hier als „lineares Produktionsmodell“ bezeichnet
Man kann hier gleich anfügen: Das Umgekehrte gilt auch – im Produktionsprozess ist auch nicht alles durch Arbeit zu ersetzen – nicht jedenfalls, ohne beim Produktivitätsniveau um 150 Jahre zurückzufallen.
Der Wikipedia-Autor spart es sich, Marx in dieses sein grob entworfene theoriegeschichtliche Tableau einzufügen.
Tatsächlich wäre das Resultat… zumindest uneindeutig; denn: Marx scheint als Theoretiker das Schicksal von Smith zu teilen: Soweit ich weiss, sind die Manuskripte über den Zirkulationsprozess (abgesehen von frühen Entwürfen), die dem 2.Band des Kapitals zugeordnet wurden, sehr spät in Marx‘ eigenet Entwicklung geschrieben. In das grosse Manuskript, das Engels zur Redaktion des 3.Bandes des Kapital vorlag, der doch eigentlich die „Einheit“ des Prodktions- und Zirkulationsprozesses darstellen sollte, ist das Zirkulieren, etwa als Einbeziehen von Kapitalumschlägen in die Bildung der Profitrate (und als deren Fall entgegenwirkendes Moment) nur sehr margial eingegangen. Dies Manuskript wurde – soweit ich weiss – deutlich vor der Präzisierung von Marx‘ eigenen Auffassungen zu „Zirkulationsprozessen“ geschrieben. Aber ohne weitere Recherche ist das Spekulation. Folgendes hingegen scheint mir festzustehen:
1. Tatsächlich gibt es einen fundamentalen Kreislauf in Marx‘ Theorie, und das ist der, in dem sich die Arbeit selbst reproduziert – ja sogar die sie in ihrer Selbst-Reproduktion produktiv machenden Produktionsmittel (und die Produktionsmittel DAFÜR) reproduziert sie. Dieses System entlässt einen Überschuss, der durch die im Rahmen der Reproduktivität des Basissystems mögliche Mehrarbeit geschaffen wird. Im Beitrag „Reproduktivität, Produktivität, Robustheit als Verallgemeinerungen von Kategorien des von Marx betrachteten historischen Spezialfalls“ wurde, Marx zusammenfassend, angedeutet, wie eine Kernbasis aus nicht-mechanisierter, aber durch fortschrittliche Anbaumethoden agrar-produktiv gemachte Handarbeit aus sich selbst heraus die Mittel schafft, um den Aufwand ihrer selbst, der für ihre unmittelbare Reproduktion getrieben werden muss, zu verringern, indem sie eine aus der Kernbasis (also ihrerseits mit Handarbeit bewirkt) herauswachsende, aber in sie zurückmündende Produktionsmittel-Produktion erzeugt und sich (bzw. ihren „Anwendern“) damit noch einmal weitergehende Freiräume (für Mehr-Produktion) schafft. Unter den genannten, hochspeziellen Voraussetzungen war es möglich, den „Kreislauf“ in der „Aussenzone“ des Systems zu sehen:, nämlich in Gestalt der nicht-mechanisiert-landwirtschaftlich-produktiven Selbst-Reproduktion der Handarbeit (die Mechanisierung der Lebensmittelproduktion (etwa in der Textilindustrie) kann, muss man aber nicht in diesen Basiszirkel integriert denken). Hingegen der Rest an „zirkulierenden“ Gütern tauschte sich demnach über einen Markt von Fertigprodukten, deren Fertigung, von welchen Rohstoffen auch immer sie ihren Ausgang nahmen, jedesmal mit Handarbeit begann und über – mit aus Handarbeit gefertigten Maschinen betriebene – Zwischenstufen unter fortlaufender „Zusetzung“ solcher (abstrakter) Handarbeit (oder ebenso entstandenen Produkten) verlief. Wie in meinen Beiträgen zuvor immer wieder argumentiert wurde, verliert dieses (Re)Produktionsmodell seine Grundlage, sobald die Mechanisierung die „Aussenzone“ erreicht, und Landwirtschaft, Bergwerke, schwerindustrielle Stahl- und Gross-Maschinenteil-Produktion ihrerseits auf dem fortgeschrittenen Produktivitätsniveau der schwerindustriellen Phase, bloss noch mit Maschinen betrieben werden können.
2. Auch bei Marx erscheint damit die Gesamtproduktion auf weite Strecken „Einbahnstrassen-„mässig. Wären da nicht die akribischen Analysen des Zirkulationsprozesses im 2.Band, wo die wesentlich aus der „Betriebswirtschaftslehre“ bzw Prinzipien auch schon der damaligen Unternehmensführung stammenden Aussagen auf die „Umschläge“ des gesellschaftlichen Kapitals übertragen wurden. Hier ist für das Gesamtkapital unterstellt, dass je grösser die in Betracht gezogene Frist, desto grössere Portionen seiner selbst, im Zuge des gesamtgesellschaftlichen („volkswirtschaftlichen“) Re-Produktionsprozesses, auch produktiv (und eben nicht bloss buchhalterisch!) „in sich selbst zurückmünden“. Was für das Einzelkapital der Abschluss eines Verwertungs-Kreislaufes und „Zirkulation“ im Sinne der „Metamorphosen“, ist gesamtgesellschaftlch eine PRODUKTIVE Zirkulation, deren Ausgangsprodukte SICH MIT SICH REPRODUZIEREN. – Das ist in den Reproduktionsschemata dann auch ungefähr so ausgesprochen.
In DEM Sinne also bei Marx auch keine „Einbahnstrasse“!
3. In einem anderen Sinn muss Marx aber (durchaus realitäts-gerecht!) genau eine solche Einbahnstrassen-Produktion unterstellen, nämlich in Form der ständigen Ströme an Überschüssen, die das Basis.System aus Arbeiter-Lebensmittel- und deren Produktivtät steigernde Produktionsmittel-Produktion (sogar noch die Produktivität der Produktionsmittelproduktion kann gesteigert werden) aus sich entlässt – überschüssige Lebens- und Produktionsmittel, die ihrerseits Ausgangsressourcen für die Produktion von „Luxusprodukten“ aller Art blden. DIESE Produktion HAT aber genau den „Einbahnstrassen-“ oder linearen Charakter, der der Basis-Reproduktion abzusprechen ist – hier WERDEN Endprodukte getauscht (vermittelt über Preise und Geld), über deren Tauschproportionen vor allem entschieden wird durch „Angebot und Nachfrage“, die Kombination aus Zahlungsfähigkeit ( Rahmen des Gesamtbudgets eines Nachfragers) wie auch Zahlungsbereitschaft (Prioritäten, Präferenzen) aller potentiellen Nachfrager, gemessen an der Fähigkeit von Anbietern, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen. Notwendige, reproduktions-bedingte Proportionen wiederum sind einzuhalten in den „akkumulierten“ Anteilen der Basis-System-Überschüsse; wobei ein nicht geringer Teil der ins Basis-System zurückfliessenden Überschüsse sich nicht einfach dem Entschluss verdankt, grundsätzlich diese Basis-Produktion auszuweiten und zu expandieren (den man sich dann noch als kollektiven Plan aller denken muss, mit gleicher Akkumulationsrate für alle) – sondern auch als ständige Korrektur der Proportionen des Basis-Systems angesichts der Sonder-Bedarfe, etwa nach speziellen Produktionsmittel-Sorten, die für besonders gefragte Luxuswaren benötigt werden. Dieser Bedarf setzt sich nach rückwärts ins Basis-System fort, und begründet es, dass einige Zweige in diesem System profitabler sind als andre (profitabler – oder weniger reproduktiv und anfällig für riskante und/oder qualitäts-mindernde Produktionserweiterungen= „Kapazitätsaus/belastungen“?).
Die Proportionen, die sich aus der Eigenschaft der Reproduktivität ebenso wie aus der selbst-erzeugten Produktivität des Gesamtsystems ergeben, und diejenigen, die aus der speziellen Qualität und Zusammensetzung seines (von Mehrprodukt-Profiteuren nachgefragten, zwischen ihnen gehandelten) Mehrprodukts und eben seiner Mehrproduktivität herrühren – sie überlagern sich, ohne dass die Einflüsse genau auseinanderzuhalten sind.
Nur soviel kann gesagt werden: Die Proportionen des Basis-Systems, im Mass, wie die Überschüsse klein bleiben, bilden das „Gravitationszentrum“, um das die Zusatz-Nachfrage vonseiten des Mehrprodukt-Handels die Branchen-Produktion schwanken lässt – wobei die „Störgrössen“ das System wellenartig (nach „rückwärts“) durchlaufen, und kleinere und grössere Anpassungen in der „Kapazitäts-Auslastung“ und Umsatzgeschwindigkeit von Einzelkapitalen und -Branchen erzwingen.
Mit anderen Worten: Die beden Produktions-Modelle sind garnicht alternativ, sondern treffen BEIDE gleichzeitig auf verschiedene Branchen des Gesamtsystems zu; ihre Einflüsse überlagern sich speziell in den Überschuss-Portionen der Branchen des Basis-Systems (mit freilich zunächst stark unterschiedlichem Gewicht – die Mehr- und Luxus-Produktionsabteilungen üben natürlich wenig „verzerrenden“ Nachfragesog aus, wenn ihr Anteil an der Gesamt-Produktion klein ist, und obendrein noch verringert wird durch Abzweigung eines Anteils der Gesamt-Überschüsse in Gestalt der proportionsgleichen Akkumulation – vorausgesetzt, dass deren Rate von allen beteiligten „Wirtschaftssubjekten“ etwa gleich angesetzt wird; was natürlich kaum der Fall sein dürfte.)
4. Sowohl im Marxschen Spezialfall, als auch seiner von mir formulierten „Verallgemeinerung“ (wo zur reproduktiven, erst recht produktiv-reproduktiven Basis nicht mehr unmechanisierte Handarbeit, stattdessen unbestimmt viele Industriegüter neben der (dann auch nicht mehr unbedingt derart homogen zu sehenden) Arbeit gehören), ergibt sich ein wichtiger weiterer Störeinfluss aus der unterschiedlichen Profitabilität unterschiedlicher Branchen, und der Leichtigkeit, mit der relative Monopole gebrochen werden können, oder Schwierigkeiten des Marktzugangs umgangen, wie etwa die absolute Grösse des für einen Produktonsstart nötigen Kapitals: In Branchen mit niedrigem Kaptaleinsatz ist der Markteintritt selbstverständlich leichter, die Konkurrenz grösser, der Profit verteilt sich auf mehr Marktteilnehmer und fällt niedriger aus, umgekehrt (aber nicht sicher) ziehen die niedrigen Preise einen Überschuss an Nachfragern an, die es sonst nicht gegeben hätte.
(Die Idee, dass bestimmte Produktionsfaktoren mehr als andre oder sogar ausschliesslich zur Bildung des Mehrprodukts und seiner Rate beitragen, kommt sowohl bei Marx als auch seinen neoklassischen Gegnern vor. Das Motiv für diese Theorie-Abteilung ist regelmässig: den Anspruch der Eigner des betreffenden Faktors auf eine spezielle „Entlohnung“ aus Anteilen des Mehrprodukts, oder sogar auf das gesamte Mehrprodukt zu begründen. Sachlich ist dieser besondere Faktor-Beitrag durch nichts gerechtfertigt: Alles Produktions-notwendige ist nun mal – notwendig; und abgesehen von Maschinenlaufzeiten und Durchschnitts-Verschleisszeiten, ist die Zusammensetzung der Produktionsfaktoren und ihr Zugriff auf Teile der Gesamtauslage der betreffenden Unternehmung technisch bedingt – dadurch, und allenfalls noch durch die Preisbildung (also Konkurrenz) an den jeweiligen „Faktor“-Märkten. Die Zurückweisung der einschlägigen ÖKONOMISCHEN Überlegungen (Mehrarbeit als einzige Quelle des Mehrprodukts) bzw. „variable“ Einflüsse von Faktor-Anteil-Variationen auf die Grösse des betrieblichen oder Branchen-Mehrprodukts („Faktor-Produktivitäten“; eine, wie ich finde, unsinnige Begriffsbildung) wären Themen für eigene Beiträge, hier führt das im Augenblick zu weit vom Haupt-Gedankengang weg.)
Nach der einleitenden Überlegung möchte ich mir anschauen, welche (durchaus „ideologisch“ erwünschten) Folgen die Vernachlässigung der „Überlagerung“ in den beiden eingangs unterschiedenen Theoriemodellen hat. Ich beginne mit der neoklassischen „Einbahnstrasse“, so wie sie etwa als Produktionsmodell der BIP-Berechnung zugrundeliegt.
Da stehen also unzählige „Fertigungsstrassen“ nebeneinander, an deren Endstation sich quasi Haufen aus „Endprodukten“ bilden, deren Menge von Anfang bis Ende der Rechnungsperiode gezählt werden kann.
Erstes Zugeständnis an „reproduktive“ Notwendigkeiten ist die Beachtung der Eigenschaft vieler dieser Endprodukte, ihrerseits wieder „Vorprodukte“ zu sein: Zur Berechnung des Beitrags zur „Wertschöpfung“, den die betreffende Fertigungslinie leistet, sind die Kosten aller Vorprodukte abzuziehen – Vorprodukte (gewichtet bzw. multipliziert mit ihren Marktpreisen) wurden ja bereits je an den Endstationen IHRER „Fertigungslinien“ gezählt bzw. registriert.
Von etlichen Fertigungslinien verschwinden die Endprodukte somit komplett in den Fertigungslinien anderer Produkte – wobei (eben reproduktiv) einige quasi in ihrer eigenen Produktionsvorgeschichte auftauchen.
Aber das gilt eben nicht für alle Endprodukte, und man weiss gemäss der BIP-Berechnungsvariante namens „Verwendungsrechnung“ auch, für welche: einmal Konsumgüter – zum andern Produktionsmittel, die in der Rechnungsperiode nicht verbraucht werden („Bruttoinvestitionen“ bzw. die zugehörigen Güter). – Die Unterscheidung nach Konsum und Investition ist die, die dieser BIP-Berechnung zugrundeliegt (da sie das GESAMTE BIP unterteilt, ist sie also eine grundlegende, das Gesamtprodukt der Rechnungsperiode komplett in die betreffenden Teile zerlegende.)
Die Gemeinsamkeit „Konsum“ verdeckt dabei einen wichtigen Unterschied: Der Grossteil des „Konsums“ ist nämlich in Wahrheit Reproduktion von Lohnarbeitern – und die bringen ihre Arbeit(skraft) als „Produktionsfaktor“ in all die Fertigungs- und Dienstleistungs-Wege ein, die zu Vor- Zwischen- und Endprodukten führen. Das Zurückmünden dieser Endprodukt-Sorte der „privat konsumierten Lebensmittel“ (als Gegenstück zu den „Arbeitnehmer-Entgelten“) in die Produktion wird also durch die Einbahnstrassen-Form der Darstellung unterschlagen.
Gleiches gilt für die „Abschreibungen“ im engeren, und die (Brutto-)Investitionen im weiteren Sinn. Hier schaut es so aus, als wäre es vor allem die Frist, in der etwas verbraucht wird, was Konsumieren und Investieren trennt (zu letzterem zählt ja auch das „Sparen“ der Empfänger von „Arbeitsentgelten“ – oder des Staats). Dass die gesamte „Einbahnstrassen“-Produktion einen riesigen und ständig im Umbau befindlichen Produktionsapparat namens „(Anlage)Kapital“ (Betriebe, Unternehmen) voraussetzt, wird diskret verschwiegen; nur der (Anlage-)Kapitalersatz, eben die Abschreibungen, in der „Rechnungsperiode“, erinnert daran. Aber sind „Abschreibungen“ (die durch diese Geld/Preissumme repräsentierten Güter) „Endprodukte“? Natürlich nicht, vielmehr gehen auch sie an allen möglichen Stellen in die Fertigungswege der Einbahnstrassen, die zu verkäuflichen Waren führen, ein. Und… sie sind Träger von Innovationen: Als ob die Produktionsmittel immer bloss 1:1 ersetzt würden und bloss die Netto-Investitionen etwas über das Mass der ständigen Umrüstung und Neu-Ausrichtung von Betrieben aussagen würden. Von der gesamten Dynamik im Sinne von Neugründung, Aufkauf, Fusion usw zu schweigen – von der weiss die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung für sich rein garnichts zu berichten
Ein weiterer Posten in der Bilanz der Unternehmen verschwindet dann gleich ganz vom Bildschirm. Ein wenig sichtbarer würde er, wenn man die Rechnungsperiode kürzer machen würde.
Die Tatsache, dass wir in der BIP-Berechnung keine fristneutralen, also „Flussgrössen“ zugrundeliegen haben, macht sich nämlich so bemerkbar, dass bei Verschiebungen zu extrem kurzen bzw extrem langen Rechnungsperioden die Tranchen bzw. Kategorien etwa der Verwendungsrechnung notwendig komplementär ab- bzw. zunehmen: Bei maximal kurzen Rechnungsperioden, wenn wir uns beispielsweise die Tranchen des Brutto-Tages-Inlandsprodukts ansehen, würden „Vorratsänderungen“ und „Investitionen“ deutlich mehr Anteile des Tagesprodukts als beim Jahresprodukt oder gar Langzeitprodukt in Anspruch nehmen, während die „Konsum-Abteilung“, seis der Unternehmen, seis der Lohnabhängigen deutlich sinken würden.
Es würde ja weiterhin immer nur gezählt, was am ENDE der Rechnungsperiode an momentan nötiger Ersatz-Investition „angespart“ bzw. eben abgeschrieben, ersetzt und noch nicht verbraucht ist. Umgekehrt würden, bei stark verlängerter Rechnungsperiode, immer mehr Anlagegüter IN der Rechnungsperiode ein- oder gar mehrmal verbraucht (und somit in den „Unternehmenskonsum“ eingehen). Also genau so, wie es in der Jahres-Rechnungsperiode mit den Gütern geschieht, die das Umlaufkapital bilden.
Dieses kleine Gedankenexperiment beruht auf der Annahme, dass (abgesehen von saisonalen Schwankungen) durch die Art der Berechnung des BIP die zyklisch-reproduktive Hintereinanderschaltung von Güterproduktionen und vor allem die ihr entgegenlaufenden, sie vermittelnden Geld- und Einnahme-, Einkommens-Ströme nicht angemessen dargestellt werden. Präzise gesagt: Der Kapitalumlauf wird verschleiert.
Um es noch genauer zu sagen: Das Ausmass der Profite wird verschleiert, und man liegt vielleicht nicht ganz falsch, wenn man annimmt, dass dies sogar eine der wichtigsten Funktionen dieser irreführenden, verschleiernden und somit auch ideologie-verdächtigen Darstellungsform ist.
Um das klarzumachen, müssen wir auf die Kategorie „Innovation“ vorgreifen – allerdings zunächst noch ohne alle Bezugnahme auf ökonomische Formen, die damit verbunden sind, also Kredit, Zins, seine Ableitung aus dem (veränderten) Mehrprodukt usw.
Betrachten wir die Produktions-Sphären, in denen die typischen Umlaufkapital-Güter, Produktionsmittel mit Lebensdauern, die kürzer sind als die Rechnungsperiode (also regulärerweise 1 Jahr) produziert werden.
Es ist das Ziel beinah jeder produktivitäts-erhöhenden Massnahme, spätestens bei der Erneuerung des Maschinenparks der Unternehmen, in diesem Bereich der Umlaufkapital-Güter Einsparungen vorzunehmen.
Sollte dies der Fall sein, müsste der messbare Jahres-Ausstoss der Hersteller dieser Güter (dazu zählen so wichtige wie Energie) zurückgehen. Vielleicht tut er das auch, in geringem Mass. Meist aber nicht. Eher… nimmt er proprotional am „Wirtschaftswachstum“ teil. Vielleicht unterproportional. Aber das ist nicht der Punkt. Denn hinter gleichbleibenden Werten für den riesigen Pauschal-Posten „Unternehmenskonsum“ können sich Verschiebungen in der Zusammensetzung verstecken, die das BIP nicht auf der Rechnung hat: Akkumuliertes, also auf Gewinnen und mit ihnen finanzierten Kapazitätsauslastungs- und Kapazitätsgrössen-Erweiterungen (erst bei Lebensdauern 1 Jahr sichtbar in Netto-Investitionen) beruhende AUSWEITUNGEN der Masse angewandter „kurzlebiger“ also Umlaufs-Kapital-Produktionsmittel wird nicht dargestellt, wenn und soweit der Bestand an URSPRÜNGLICH zirkulierenden Umlaufsgütern schrumpft (und das tut er – eben wegen „Ökonomie in deren Verwendung“). Die Einsparungen an Umlaufkapitalgütern verdecken deren gleichzeitige Erweiterung und Akkumulation.
In genau diesem Zusammenhang darf man sich den Satz noch einmal vor Augen halten, in dem der Sachverhalt, wenn auch indirekt, wohl auf den Punkt gebracht wird, und der im BIP-Artikel der Wikipedia so lautet:
„Das Statistische Bundesamt weist darauf hin, dass in Deutschland keine eigenständige Berechnung des BIP über die Verteilungsseite vorgenommen wird, weil keine ausreichenden Angaben über die Unternehmensgewinne vorliegen.“
Das BIP-WACHSTUM jedenfalls und seine Raten gibt keine Auskunft darüber – wenn solch wichtige Parameter wie die genannte Verschiebung in der Zuammensetzung des „Unternehmensknsums“ nicht berücksichtigt werden können.
((Eine wichtige Fehlerquelle in der Einschätzung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit fortgeschrittener westlicher Industrienationen ist – ich hatte es oben schon gesagt – die Annahme, innovative Technologie könne nur ZUSÄTZLICH zur bestehenden installiert werden, und müsse somit als Extraposten in der Ausgabensumme, und dann etwa in den Nettoinvestitionen, ausgewiesen sein. Natürlich werden innovative neue Anlagegüter ebenso und hauptsächlich aus den Abschreibungen und Ersatz-Investitionen bezahlt. Und das darf man sich fortgesetzt denken in den Bereich der ständigen Innovation bei kurzlebigeren Produktionsmitteln – permanente Innovation wird aus dem laufenden Geschäft heraus finanziert, führt zu Kostensenkung und öffnet eben damit Erweiterungsspielräume innerhalb bestehender Gesamtsummen an Unternehmenskonsum und -Investition, die durch gleichbleibende oder mit geringeren Raten wachsende BIP-Gesamtsummen nichtmal im Ansatz erfasst werden.))
Die „Einbahnstrasse“ zeigt uns also Endprodukte, die keine sind, sondern eigentlich in der „produktiven Konsumtion“ (die milde Paradoxie des Ausdrucks zeigt das Irreführende des Wortes „Konsum“) verschwinden bzw sich ständig reproduzieren.
Aber nicht nur das. Die WIRKLICHEN Endprodukte, nämlich diejenigen, die zusammen das Mehrprodukt ausmachen, werden zugleich als solche nicht kenntlich gemacht: Nämlich die nicht reproduktiv (oder, speziell Basis-Reproduktions-produktivitätssteigernd) verwendeten Güter. Re- und Mehr-Produktion sind schliesslich BEIDE keine Kategorien der „Verwendungsrechnung“. Eins lässt sich aber mit Sicherheit sagen: Der Zuwachs des BIP kann, seis proportional, seis asymmetrisch, ALLE seine Portionen betreffen. Aus dem Zuwachs allein und Verschiebungen der Anteile der „Verwendungs/Verteilungsrechnung“ können wir nicht auf die Quelle der Zuwächse schliessen. Preissenkungen aus Produktivitätsgewinnen werden von den aufaddierten Preisen ohnehin gerade falsch herum dargestellt. Im Staats- und Unternehmens“konsum“ ist also eine Menge Mehrprodukt versteckt. Die Wachstumszahlen des BIP sind als Mass für Erfolg wie Misserfolg reichlich absurd. (zu Misserfolg: Eine Standardkritik am BIP, darum nicht unberechtigt: Schadensreparatur, die eigentlich als Verlust verbucht werden muss, wird als Produktionsleistung. im Zweifel also Teil der Steigerung des verfügbaren Reichtums, aufgeführt.)
Zur Irreführung, die durch „Preissummenbildung“ gefördert wird, trägt eine weitere BI-Kategorie bei: das „Einkommen“. Auch hier hilft das Marxsche (oder auch nur ursprünglich klassische) Konzept des Zirkulationskapitals weiter. Denn: Die aufsummierten „Einkommen“, mit denen Unternehmen ihren „Konsum“ finanzieren – sie erfordern nur einen Bruchteil der Summe, die da aufaddiert wird. Das wirklich anzulegende Kapital zur Erzielung dieses Einkommens ist das angewandte zirkulierende Kapital (deutsch-VWL-mässig ausgedrückt: das Umlaufkapital); es ist keine weitere „Leistung“ erforderlich, damit es als Einkommensquelle „arbeitet“ – es reproduziert sich, erfolgreiche Marktteilnahme (und Eigentum an entsprechend produktivem Anlagevermögen, AN dem als „Produktionskapazität“ das zirkulierende Kapital, diese mehr oder wniger „auslastend“, verbraucht wird) vorausgesetzt, ganz von selbst. Vom Lohnabhängigen-Einkommen scheint fast dasselbe zu gelten; mit dem kleinen Unterschied, dass es Tag für Tag, Monat für Monat WEG ist und erstmal durch Ablieferung tatsächlicher Arbeitsleistung wieder verdient werden muss. Also das Gegenteil von „Sich-(ohne Zusatzleistung)-von-selbst-Reproduzieren“. Den Umlaufgüter-Vorrat, mit dem in jede kurze Produktionsfrist gestartet wird, zu konsumieren HEISST schon ihn reproduzieren in Gestalt eines absetzbaren Warenlagers, des Erlöses dafür, und des damit wieder einkaufbaren ursprünglichen Vorrats (in längeren Fristen wiederholt sich das auh mit den Anlagekapital-Gütern.) Den Lebensmittelvorrat des Lohnabhängigen hingegen zu konsumieren, heisst ihn aufzehren, statt ihn in eine andere Gestalt zu überführen, die nach einigen blossen Handels (!) -Transaktionen („Metamorphosen“) dem Lohnabhängigen denselben Vorrat wieder hinstellt Aber beides heisst: Konsum; und beides wird mit „Einkommen“ bezahlt.
Die ganze „Rechnung“ mitsamt der dahinterstehenden Theorie ist eben Ausdruck des Bemühens, die einfache Tatsache zu leugen, dass Eigentümer von Produktionsmitteln die würdigen Nachfahren der aristokratischen Grundbesitzer sind (nun ja – aristokratisch oder nicht – auch das Eigentum an Grund und Boden ist ja nicht etwa abgeschafft). Das pure Recht, andre von der Nutzung der Mittel zu ihrer Reproduktion auszuschliessen, ermöglicht die Erpressung von Zusatzleistungen und garnichtmal sichtbaren Abgaben, von denen die privilegierten Klassen nicht nur flott leben können, ohne arbeiten zu müssen (oh – natürlich DÜRFEN sie arbeiten, wenn sie wollen, vor allem zur Mehrung ihres eignen Nutzens; sie, im Unterschied zu den andern, haben die Option); ihr Reichtum erhält sich dabei nicht nur, und wirft periodisch ein Einkommen ab – er vermehrt sich zu alledem auch noch. WIE schnell er sich vermehrt, sollte besser nicht an die grosse Glocke gehängt werden. Den Kapitalisten gehts darum IMMER schlecht…
Das jenseits der Verschleierungsabsichten theoretisch tatsächlich Vertrackte an dem hier verhandelten Tatbestand ist: Dass WEDER das lineare Einbahnstrassen- NOCH das rein zyklisch-reproduktive Produktionsmodell die realen Verhältnisse korrekt beschreiben. Abgesehen von den „echten“ End- nämlich „Luxusprodukten“, sieht man es den Waren der reproduktiven Basis (und das sind die meisten) leider nicht an, welcher Teil des Gesamt-„Outputs“ pro Zeit sich der einen, und welcher der anderen Nachfragesorte verdankt. Zumal deren Grösse (schon wegen der Instabilität der „Luxus“-Nachfragen) ständig wechselt; spätestens aber, wenn das reproduktive System wächst, und die Skalen-Vor- wie Nachteile in der Reproduktionssphäre sich als veränderte Proportion der ihr zugeordneten Güterflüsse äussern – aber auch als möglicherweise sich ändernde Grösse des Mehrprodukts (auf Kosten der „Reproduktivtät“ des Systems: Etwa wegen „steigender Rohstoffpreise“ und zunehmender Aneignung des Mehrprodukts durch Eigentümer von Rohstoffquellen und anderen nicht vermehrbaren „Kapazitäten“). Und erst recht ändert sich alles, wenn dem sich die dank Konkurrenz in Permanenz stattfindende Innovation und Produktivitätssteigerung in der Produktion von allem und jedem auflagert.
All das macht die Kalkulation von Preisen für die Anbieter zur Lotterie. Es GIBT eine halbwegs verlässliche Ausgangsgrösse – die „reproduktive“ Nachfrage und das „reproduktive“ Angebot an Produktionsfaktoren – an dem freilich auch alle möglichen Konkurrenten zerren. Zugleich muss jedes Angebot mit jederzeit möglichem Nachfrage-Schwund rechnen. Dazu gibt es eben die Nachfrage-Schwankungen aus unerklärlichen Ursachen – Zahlungsbereitschaften, Zahlungsfähigkeiten kommen und gehen; der Absatz verlagsamt oder beschleunigt sich.. und man weiss nie, ob am Preis zu drehen (und wenn, wieviel) daran etwas ändern würde. Wer soll je wissen, woher der bilanzmässig auszuweisende Gewinn am Ende tatsächlich stammt? Aus Knappheit, aus echter Einsparung, aus Nachfrage anderer (oder neuer! vgl. Kapazitäts-Eigentümer) Mehrprodukt-Eigner, die durch ihre Nachfrage einen Sog auf die Produktions-Voraussetzungen der von ihnen nachgefragten Produkte ausüben? Oder aus Akkumulation und „echter“ Expansion? Niemand weiss es.
Ein letzter Mangel des „Einbahnstrassen“-Konzepts: Die beiden massgeblichen Expansions-Richtungen eines reproduktiven Systems jedenfalls kann das BIP nicht oder nur sehr indirekt unterscheiden und darstellen: Steigerung der Umlaufgeschwindigkeit („Kapazitätsauslastung“), und Ausweitung des Produktfluss-Volumens selbst (Kapazitäts-Erweiterung). Im zweiten Fall wären vermutlich Zusatz-Investitionen erforderlich (wenn nicht produktive Produktionsmittel-Herstellung die Kosten für technische Kapazitäts-Erweiterungen gesenkt hat), im ersten Fall macht sich die „Ökonomie in der Anwendung des fixen Kapitals“ (also vermehrter Durchsatz bei gleichem Fix-Kapitalvorschuss) womöglich garnicht als Wachstum bemerkbar.
Wie überhaupt die Effekte von Produktivitätssteigerungen und „Ökonomie in der Kapitalverwendung“ (Verwendung sowohl von fixem wie zirkulierendem Kapital) paradoxerweise als Wachstums-Minderung, zumindest Wachstums-Verlangsamung in Erscheinung treten.
Also wie misst man die „Grösse“ oder „Grössenwechsel“ eines reproduktiven Systems?
Wie seinen „Erfolg“ – etwa den durch Innovation erzielten?
Kann die Marxsche ökonomische Theorie (oder eine angemessen abgewandelte, wenn – wie hier behauptet wurde – die Marxsche nur einen Spezialfall darstellt) weiterhelfen?
…
Das was bei Strahl oder Zirkel, je nachdem (ich behaupte ja: beide Darstelungen treffen je auf Anteile des Outpts vieler (nämlich der reproduktiven Basis)Branchen zu), unterschiedlich ausfällt, ist der GRUND DER NACHFRAGE, und die Quelle der Zahlungsfähigkeit sowie das Motiv der Zahlungsbereitschaft. Eine Frage der Darstellung ist das nicht wegen der Anschaulichkeit der entstehenden Theoriebrocken, sondern es geht um deren Angemessenheit an die realen Verhältnisse, also Richtigkeit.
…
Ich wollte „Grösse“ und „Erfolg“ ausdrücklich auseinanderhalten Im Begriff des „Wachstums“ wird das (wie ich finde fahrlässigerweise) unterlassen. Aber… die Frage nach dem „Reproduktionsniveau“ ist eine theoretisch nicht ganz unwichtige. In dem Zusammenhang ist ja die „Entstehungsrechnung“ des BIP (auch wenn sie nicht nach Umsatzgeschwindigkeit und -Volumen unterscheidet) ein durchaus ernsthafter Kandidat für ein „Grössenmass“ (so wie man die Marxschen Wert- und Preissummen in Arbeitswerten nochmal daraufhin betrachten sollte: Gibt es eine Abwandlung, worin der veränderten reproduktiven Basis Rechnung getragen wird?) Warum ist dieses Mass uU trotzdem zu verwerfen? Und welche Möglichkeiten zur Bildung einer aussagefähigen INDEX-Grösse gibt es? Darauf werde ich sicher noch zurückkommen müssen.. (weil ich den Begriff „Reprodtionsniveau“ benötige, um den der (erfolgreichen) „Innovation“ zu definieren…)
….
NACHTRAG Als erster ganz grober Hinweis, wie eine Reproduktions-(Wert)Theorie Zeitvergleiche begründet: Zwei zeitlich aufeinanderfolgende Reproduktionssysteme (übrigens auch: zwei zeigleiche, sofern sie nicht durch Lieferbeziehungen verbunden sind – Nationalökonomien vor dem Beginn von Handelsbeziehungen) können „grössenordnungsmässig verglichen erden, indem die „grössere“ die „kleinere“ „in sich enthält“, dh. die Güter der letzteren durch blosse Umlagerung ihrer Branchen mitreproduzieren könnte. Das setzt allerdings in der Tat eine verallgemeinerte Version dessen voraus, was der Warenkorb versucht abzubilden – einen qualitativen Vergleich von Gebrauchswerten zwischen verschiedenen Reproduktionssystemen in Form der Relation: „…(erbringt) die gleiche Leistung wie…“. Genau diese Relation muss zur Erklärung der Wirkungen von „Innovation“ herangezogen werden können.
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„Lineares“ („Einbahnstrassen“-) vs. „zyklisches“ („Reproduktions“-) Produktionsmodell: Am Beispiel der Reproduktions-Werttheorie in Marx‘ Kapital und ihrer Anpassung an die Verhältnisse entwickelter Industriegesellschaften
Dem „Einbahnstrassenmodell“ gehören alle Vorstellungen an von Gesamtproduktion und ihren Parametern als Summe aufaddierbarer Parameter von Einzelproduktionen, ebenso alle Vorstellungen von Produktionslinien (die die Produktionsstätten immer „reiferer“ Vor- und Zwischenprodukte verbinden), die auf (dann erstmals am Markt breit gehandelte) Endprodukte zulaufen. Was diese Vorstellungen von Produktion und Markt tendenziell ausblenden, ist die wechselseitige Abhängigkeit (Interdependenz) von Produktionen – das beginnt mit dem Einfliessen von Roh- und Hilfsstoffen (die ja auch ihre „Produktionslinien“ haben) in unterschiedlichste Produktionszweige, und das oft auf unterschiedlichsten Stufen der Fertigung; aber im Mass, wie Technik-Komponenten und/oder Industrie-Materialien an unterschiedlichsten Stellen der Gesamtproduktion einsetzbar sind, gilt für sie dasselbe; und speziell wiederum für die mit Lebensmitteln „(re)produzierte“ Arbeitskraft, die in so gut wie alle Produktionsschritte (angefangen bei denen zu ihrer eigenen Reproduktion) eingeht.
Es gibt insofern eine grundsätzlich „strukturelle“ Verwandtschaft zwischen Theorien oder Theorieteilen, die mit linearen, und jenen, die mit „Interdependenz“-, speziell zyklischen und zyklisch-reproduktiven Prozessen in der Realproduktion rechnen.
Die strukturelle Verwandtschaft ertreckt sich dann auch auf die Kritik, die speziell an den linearen Theoriemodellen vonseiten der Vertreter von „Interdependenz“-Theorien geübt werden.
Speziell in der Theorie von Marx gibt es einen wunden Punkt, der sehr viel mit (möglicherweise dabei nicht beachteter) „Interdependenz“ von Produkten verschiedener Branchen zu tun hat, deren Produkte in die Fertigungslinien anderer Branchen eingehen: das sog. Transformationsproblem, das sich an der Frage entzündet, wie die von Werten tendenziell abweichenden Produktionspreise von Vorprodukten wiederum die Produktionspreise von Gütern beeinflussen, in deren Fertigung diese Vorprodukte eingehen.
Und es ist charakteristisch, dass auch im Fall von Marx die implizit unterstellte Nicht-Verknüpfung von Produktionsprozessen über Preise, die anderswo als Kost fungieren, sich verbindet mit der unbefangenen Aufsummierung der Beiträge von Einzelbetrieben und -branchen zu „gesellschaftlichen“ Gesamtprodukten und wichtigen Teil-Summen darin, etwa dem Gesamtprodukt und Gesamt-Mehrwert, dem Gesamtkapital und der auf ES bezogenen gesellschaftlichen Profitrate, die zugleich die durchschnittliche aus allen Einzelkapitalen sein soll (der Gesamtmehrwert eine feststehende Summe, die nur je unterschiedlich verteilt werden kann).
In ähnlicher Weise wurden in der Kapital- (oder Cambridge)-Kontroverse die aggregierten neoklassischen Produktionsfunktionen angezweifelt; das gesamte (sog „neoricardianische“) Sraffa-Paradigma arbeitet mE mit Konzepten, die sich in der Bearbeitung der Probleme marxistischer Theoretiker mit dem Transformationsproblem, eben dem strukturell verwandten Problem auf ihrer Seite, ausgebildet hatten. Die Attacken auf die neoklassischen „Summen“ wurden dabei von Ökonomen geführt, die (angefangen bei Sraffa) die marxistischen Debatten kannten. – Auch das BIP ist eine vergleichbare Summenbildung, und unterliegt, wie ich im vorigen Beitrag ansatzweise versucht habe zu zeigen, Einwänden aus einer reproduktionstheretischen Perspektive
Man kann im Berücksichtigen von „Interdependenz“ selbst bereits eine anti-kapitalistische Orientierung sehen; hier wird nämich tendenziell theoretisch hinter die Ebene (man könnte auch sagen: die Oberfläche) zurückgegangen, auf und in der sich die Entscheidungen der kapitalistischen Einzelbetriebe abspielen – die ihr Betriebsergebnis optimieren, und angeblich GERADE DADURCH ihren gesellschaftlichen Zusammenhang ZUGLEICH mit organisieren – und das auch noch optimal. Das wird angeblich bewerkstelligt durch „Marktmechanismen“, die grundsätzlich sich der Ein- und Voraussicht der Entscheider entziehen. Diese Behauptung kann aber bewiesen werden bloss, indem der Ökonom dann eben doch hinter die Ebene der Erscheinung und Entscheidung blickt und schaut, was sich dort, „hinter dem Rücken“ der Einzelnen, in ihrem Verbund ergibt – und zwar gesetzmässig. Das Programm der Ökonomie ist also: Der Markt ist unerklärlich-überlegen – und genau das soll nun erklärt und bewiesen werden. Verrückt – wie alle theologischen Programme.
Man kann, des weiteren, in der Konstruktion von allzu einfachen Weisen des Verbundenseins der Einzelbetriebe (deren Entscheidungsprinzipien noch so ungefähr bekannt sind) als Grundlage für Rückschlüsse auf das, was sie alle zusammen im Ergebnis, „gesellschaftlich“, zustandebringen, ein Symptom sehen für genau jenen Marktglauben, jene Marktzuversicht, jenes Marktvertrauen, der die das überhaupt den ganzen Kapitalismus hervorbringt (nämlich als Handeln all der Einzelnen auf Basis solchen Vertrauens in die Verbundenheit von ihnen allen durch den Markt – und in das Gelingen und die Dauerhaftigkeit dieser Verbindung, obwohl sie nicht kontrolliert und überschaut wird – Musterbeispiel eines Glaubenssatzes, der schon vom Inhalt her aus Prinzip nicht widerlegbar ist)
Das Summieren unterstellter Eizelresultate ist dabei wahrscheinlich wirklich die simpelste aller (Re)Konstruktionen des „Verbunds“: Alle Einzelnen liefern in einen riesigen Produkthaufen, bekommen für das Abgelieferte jeweils ein Einkommen, das dann ihr Budget bildet für das, was sie sich aus dem Haufen nehmen dürfen. Geben und Nehmen sind in den Einzelbetrieben und -Haushalten verknüpft, die werden schon wissen, ob es sich für sie lohnt; ansonsten können sie ja ihre Entscheidungen ändern. Was ausser ihnen liegt, ist nichts als der riesige Warenhaufen (namens Markt (vgl. den ersten Satz des Marxschen Kapital Bd 1)); über den sind sie, ist ihre Produktion vergesellschaftet.
Und was sie als einzelne tun und lassen, wirkt sich dann einzig aus auf die Summe dieses Tuns und Lassens.
Solch eine Vorstellung, die vor allem dem Theoretiker das Leben leicht macht (und der Gesellschaft das Glauben), gibt es leider auch bei Marx, in Gestalt der Behauptung, die Summe der (tatsächlich realisierten) Produktionspreise sei dieselbe wie die der Werte derselben Warenmasse, die Summe der so erzielten Profite könne nicht anders sein als die der Mehrwerte, die in den betreffenden Waren „steckt“. Dahinter steht die dafür notwendig zu machende Annahme, dass die Nachfragemenge vom (gegenüber dem Wert abgesenkten bzw erhöhten) Angebotspreis unbeeinflussbar ist. Gleichzeitig soll dann noch ein gegenüber der „Wert“-Situation bzw. aus ihr heraus entwickelter Investitionsboom (woraus finanziert?) in die hochprofitablen Branchen keine Rückwirkungen auf die Preise der genau IHNEN vorgelagerten Branchen haben, die deren Produktionsfaktoren herstellen. Und selbstverständlich beeinflusst diese verzerrte Preisstruktur (wovon und von wem werden die Extraprofite der hoch-kapitalintensiven Branchen bezahlt?) nicht die Höhe des Gesamtmehrwerts, spätestens indirekt, in Gestalt von veränderten Mehrwertraten der unter Druck geratenen Branchen. Und… die Frage der organischen Zusammensetzung kann angeblich unabhängig behandelt werden von der: Ob diese Zusammensetzung womöglich korreliert mit Marktzugangsschranken (sind womöglich hoch-kapitalintensive auch zugleich besonders grosse Kapitale?)
Marx hat in dieser Abteilung seines Nachdenkens aus den frühen 1860er Jahren (da wurden die Manuskripte für den 3.Band geschrieben) seine eigene Wert-Definition vergessen, die ja wohl auch der Mehrwert-Definition zugrundeliegt: dass Wert nur soweit gebildet wurde, wie die zu „seiner“ (also der Gebrauchswerte, die ihn tragen) Produktion nötige (Mehr)Arbeitsmenge nicht nur unter den (wie sich nachträglich herausstellt) „aktuell gültigen Durchschnittsbedingunugen ihrer Produktivität“ verausgabt wurde, sondern sich „als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit“ betätigt hat, will sagen: auf Besitzer der Produkte unter gleicher Bedingungen verausgabter gleich grosser Arbeitsmengen trifft. die bereit (und in der Lage) waren, ihre Produkte herzugeben an ebensolche Besitzer, die ihrerseits bereit (und in der Lage waren)…an ebensolche.., die ihrerseits… bis sich der Zirkel schliesst..
Ich frage mich seit langem, warum Marx überhaupt den Ehrgeiz entwickelte, eine EINHEITLICHE (durchschnittlich ist was andres) Profitrate annehmen zu müssen und eine Tendenz dazu… War das empirische Realität zu seiner Zeit?? – oder eine theoretische und zeitübliche Marotte..?? oder Systemzwang, um aus dem derart „gesamtgesellschaftlich“ standardisierten (und wegen der Vereinheitlichungstendenz als eben tendenziell ökonomische Realität behauptbaren) Profit Gewinn, Zins und Rente ableiten zu können? (Könnte man das nicht auch ohne diese Annahme?)
Tatsächlich stellt sich das Problem der unterschiedlichen Profitraten nur, wenn die Branchen-Profitraten aufgrund unterschiedlicher org.Zusammensetzung als unterschiedlich angenommen werden. Und… warum DAS nun wieder? Weil – ohne Angabe von Gründen – Marx von einer Einheits-Mehrwertrate ausgeht. Aber wie soll denn die zustandekommen? Die Antwort könnte wahrscheinlich so lauten: Weil die Reproduktions-notwendige Arbeitszeit (notwendig zur Herstellung der Arbeitskraft für einen Tag) festliegt; und weil die Länge des Arbeitstages für den Einzelarbeiter branchenübergreifend reguliert ist. – Dagegen ist zu sagen, dass die Stückelung dieser Verhältnisse von „notwendig“ und „gesamt“ sich nicht auf beliebige Bruchteile eines Tages beziehen kann – es muss ja mindestens jeder Arbeiter (um nicht zu sagen: die gesamte Lohnarbeiter-Klasse) seine notwendige Arbeitszeit absolvieren; man stellt eben nicht durch Ableisten von einer Stnnde Arbeit bei einem Exploitationsgrad von 100% in einer halben Stunde das Äquivalent der Arbeitszeit zur Herstellung einer „Stundenarbeitsfähigkeit“ her. Die gibt es nicht. Sondern es gibt Mindestbeschäftigungsdauern der Einzelarbeiter, die nicht unterschritten werden dürfen. Bloss.. gibt es eben bei gegebnem Arbeitstag auch Maximalgrenzen für die Gesamt- und Mehrarbeit von Lohnabhängigen in einer Branche – weil die zusammen eben genau den Beitrag der Branche zum notwendigen und Mehrprodukt leisten, den die Branche überhaupt absetzen kann. Daraus ergibt sich ein Branchen-Exploitationsgrad, der sich vom (rein rechnerisch resultierenden) Durchschnitts-Exploitationsgrad unterscheidet. Mit anderen Worten: Die Berechnung eines speziellen bzw. „reellen“ Exploitationsgrades macht frühestens auf Branchen-Niveau Sinn.
Die Exploitationsgrade der Branchen, die Vorprodukte für andre herstellen, ergeben sich aus den individuellen Abnahmemengen für ihre Mehrprodukte, die sich aus der Nachfrage nach den Folgeprodukten ergibt – also etwa Luxus- oder Rüstungsgüter.
Wir haben also etwa die beiden Hauptbranchen Lebens- und Prod.mittel-Produktion, die jeweils sich in einen selbstversorgenden und einen Zweig zur je anderen Branche aufspalten. Beide entlassen einen Strom von Mehrprodukten – aber es ist die org.Zusammensetzung der Luxusproduktion, die darüber entscheidet, wie gross das Mehrprodukt der einen und wie das der andern sein wird – im Rahmen von deren Kapazitäten. Denn: Mehrprodukt-fähig (und das ist ein neuer Gedanke, der bereits in den Überlegungen zum Mehrprodukt selbst hätte auftauchen können) sind ja bloss die „kapazitiven“ oder „Potential“-Anteile der Produktion – also vor allem Arbeits- und, wenn man so will, sachliche Produktionskraft, nämlich Produktionskapazität und ihre Auslastung. Hingegen alle direkt oder auch kurz- und mittelfristig aufgebrauchten Prozessbestandteile in der Produktion des Mehrprodukts verlangen eine entsprechende Ausweitung und Aufstockung der Basis(re)produktions-Kapazitäten – und zwar so, dass sie sich reproduzieren und zugleich ihr Mehrprodukt-Potential dauerhaft behalten. Das gilt gleich zu Beginn jeder Produktionskette für die Natur-Kapazitäten, die in dieser Kette und durch sie in Anspruch genommen, bzw. ihrer Erschöpfung nähergebracht werden. Und es gilt für die mithilfe des Basis(re)produktionssystems unterhaltenen Branchen (Produktionsmittel!), die es (noch) produktiver machen – auch sie müssen reproduziert werden, und zugleich einen Überschuss erzeugen, wenn auch die Produktion des Mehrprodukts (oder die Kapazitäten zur Erzeugung eines Mehrprodukts) so produktiv sein soll, wie die Basis-Reproduktion sich selbst gemacht hat.
Dabei ist keineswegs von vorneherein klar, dass all diese (Re)Produktions-Sektoren, von denen (überschüssige) Kapazitäten zur Erzeugung des Mehrprodukts mobilisiert werden sollen, sich in denselben Proportionen zueinander ausdehnen werden, die sie im Rahmen der Basisreproduktion einnehmen. Das heisst, es kann sein, dass Natur-Kapazitäten, Basisreproduktions-Kapazitäten (im Marx-Modell: Lebensmittel-Produktion; von denen Teile zu ihrer eigenen Produktivitäts-Erhöhung abzuzweigen sind) sowie Produktivitäts-Erhöhungskapazitäten (bei Marx: Produktionsmittelerzeugung) sich plötzlich als limitiert erweisen, sobald ihre Inanspruchnahme über den Unterhalt des Basissystems (sich selbst reproduzierende Handarbeit) hinausgeht – Komponenten der Gesamt-Kapazität kommen dann früher als andre an ihre Grenzen, sobald sie alle zusammen in der Erzeugung des Mehrprodukts benutzt und ausgeschöpft werden. Die höhere oder geringere Annäherung an die Erschöpfungsgrenze in der Auslastung der Kapazitäten kann dabei auf einzelne Branchen beschränkt bleiben, es müssten dann also gezielt deren Kapazitäten erweitert werden – was wiederum nur durch vorübergehenden Einsatz von Mehrprodukt möglich ist, also Abzug von ihm darstellen würde.
Die bisher angesprochene Dysproportionalität der Mehrprodukt-Potentiale bezog sich bloss auf das mögliche ANGEBOT an Mehrprodukten einzelner Branchen; erst recht mögen solche Missverhältnisse sich zeigen, wenn die Erzeugung von Luxusprodukten usw. gezielt auf bestimmte Mehr-Ressourcen des Basissystems zugreift, also die NACHFRAGE nach Mehrprodukten einzelner Branchen andere Zusammensetzungen hat als die Branchenprodukte im Basissystem.
Woran würde man denn merken, dass sich das Mehrprodukt einer Branche durch Nachfrage aus dem Mehrprodukt- und Luxussektor „erschöpft“? Allenfalls daran, dass hier die Lxusnachfrage anfängt, mit der reproduktiven zu konkurrieren; der Preis des Branchen-Produkts steigt, damit die Kost dieses Produkts als Produktionsfaktor für die Folge-Produkte, in deren Erzeugung es eingeht. Das „zerrt“ vielleicht dann am Mehrprodukt (der angebotenen Menge) dieser Folge-Branchen, da ihr Kostanteil am Gesamtprodukt steigt – vor allem, wenn das vom Luxussektor stark nachgefragte Produkt auch in ihrer Produktion einen wichtigen Kostenanteil darstellt. Die Bewegung setzt sich also mehr oder weniger weit in das gesamte Reproduktionssystem fort, sofern die Kostenerhöhung der Einzelbranche sich in den Gesamtkosten der Folgebranchen massgeblich bemerkbar macht. Ihr Mehrprodukt sinkt dann entweder, oder die Kostensteigerung wird weitergegeben, und dehnt sich ins gesamte Reproduktionssystem aus. Man könnte das geradezu so ausdrücken, dass man sagt: das Reproduktionssystem konkurriert mit dem Mehrprodukt- bzw. Luxussystem um die sich erschöpfende Produktionsressource. Es sinkt damit auch die Möglichkeit zumindest eines Teils der Mehrproduktbesitzer, sich an der asymmetrischen Nachfrage zu beteiligen; das gesamte Mehrprodukt-Angebot wird in einem gewissen Mass verkleinert. Allerdings werden auch Branchen-Mehrprodukte reduziert; insofern „formt“ sich die Mehrprodukt-Nachfrage, angesichts der verfügbaren Branchenmehrprodukte, das ihr entsprechende Überschussprofil – durch die tatsächlich abgenommenen und zum angemessen kalkulierten Preis absetzbaren Mengen der einzelnen Branchen-Mehrprodukte. Dem ganzen Prozess entgegen wirken dann noch, wenn auch mit Zeitverzögerung: die Optionen, auf alternative Produktionsverfahren auszuweichen, in denen das begehrte Produkt nicht benötigt wird; und Vergrösserung der Kapazität zur Produktion des begehrten Produkts, was aber in geringem Mass Änderung der Verhältnisse im gesamten Reproduktionssystem nach sich zieht.
Also: Anbieter von Branchen-Mehrprodukt treten sich auf dem Markt gegenüber; die genannten Dysproportionalitäten in Angebot wie Nachfrage verzerren dann die Tauschwert-Relationen, wie sie sich im sich selbst, ohne Dazwischenkommen von Mehr-Verhältnissen, entwickelnden und regulierenden Basissystem einstellen würden. Gleichzeitig ändern die Preis-Entwicklungen in den Mehrprodukt-Abteilungen einer Branche auch deren Basissegment – die unterschiedlichen Beiträge der Branchen zum Mehrprodukt stören ihren Beitrag zum Reprodukt. Mit anderen Worten: Das Gesamtprodukt einer Branche tritt an zwei völlig unterschiedlichen Märkten als Angebot auf – zwei ganz unterschiedlich motivierte Formen der zahlungsfähigen Nachfrage greifen darauf zu und beeinflussen den Preis – was höchstwahrscheinlich Massnahmen zur Anpassung der involvierten Produktionskapazitäten nach sich zieht – die freilich ihrerseits störend und Ungleichgewichte erzeugend in das Gesamtsystem eingreifen und die chaotische Nachfragesituation weiter komplizieren.
Zugunsten von Marx kann man freilich anführen, dass in dem von ihm betrachteten Spezialfall als einzige zu mobilisierende Ressource die Mehrarbeit im Lebensmittelsektor (mitsamt dranhängenden, seine Produktivität steigernden Produktionsmittel-Erzeugungen) infragekam, zusammen mit damals wohl eher wenig begrenzten Natur-Ressourcen – jene Mehrarbeit und Naturressourcen, die nötig waren, um mit ihnen Luxusprodukte der verschiedensten Art herzstellen. Die unterschiedliche Grösse der Mehrprodukte von Einzelbranchen war dann kaum je angebots-beschränkenden Kapazitätsgrenzen geschuldet; der Zugriff vonseiten der Arbeiter der Luxusproduktion auf Lebensmittel unterschied sich mit Sicherheit nicht von dem der Arbeiter der anderen Sektoren. Es gab damit auch keinen Grund, warum die Luxus-Nachfrage einen Einfluss auf die qualitative Zusammensetzung des Gesamtprodukts haben sollte. Zu Marx Zeiten scheint mir die Annahme einer Einheits-Mehrproduktrate (unter den weiteren oben genannten Voraussetzungen: regulierter Arbeitstag für alle Branchen; in etwa gleiche Reproduktionskosten für jede Art von (unqualifierter, angelernter) Handarbeit) in allen Branchen daher berechtigt.
Ganz anders stellt es sich dar, wenn das Mehrprodukt eben nicht mehr bloss die Form von Mehrarbeit hat (die sich ihre eigenen Produktionsmittel, zur Not durch „mehr“ Erschliessung von Naturprodukten, schafft), und die notwendige Arbeit als einzige für das „Mehr“ erforderliche „Kapazität“ sich je vor Verausgabung dieser Mehrarbeit bereits reproduziert haben muss. An die Stelle der einfach sich mit sich reproduzierenden (und sich selbst durch Auslagerung von Produktionsmittel-Arbeit ertüchtigenden (etwa in der Textilproduktion)) Lebensmittel-produzierenden Arbeit tritt jetzt ein riesiger Reproduktions-Organismus, der auf sinnvolle Produktflüsse zwischen allen seinen Teilen existenziell angewiesen ist; und der um so empfindlicher auf Störungen reagiert, wie seine Produktivitäts-Steigerungs-Potentiale technologisch immer subtiler ausgeschöpft werden (was notgedrungen auf Kosten anderer Anforderungen geht, etwa Robustheit, Dezentralität, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit usw).
Die Produktflüsse zwischen diesen Teil-Kapazitäten des gesamten industriellen Basis-Reproduktionssystems, die allein zu seinem Erhalt nötig sind, bilden grosse Teile der Gesamtnachfrage. Dabei ist Preis-Stabilität oder eben das Schwanken von Preisen innerhalb relativ enger Grenzen auch Grundlage für Reproduktivität des Systems: Was „notwendig“ ist, muss kalkulierbar bleiben – Kosten müssen kontrollierbar sein.
Und dann wiederholt sich auch das Szenario, das dem sog. Transformationsproblem zugrundeliegt, in angemessen abgewandelter Form: Denn jede Nachfrage, die sich aus dem Handel mit System-Überschüssen (bzw. deren Einspeisung in nichtreproduktive, einzig nachfrage-abhängige Produktionszweige), also dem Mehrprodukt, verdankt, zerrt – wie oben bereits besprochen – an den Preisgefügen, die die Basis-Produktion regulieren, und VERzerrt sie – denn sie konkurriert mit dem Teil der Nachfrage, die diesem letzteren Zweck dient – zumindest dann, wenn die Proportionen der Mehrprodukt-Produktion nicht mehr dieselben sind wie die der Basis. Das läuft also tatsächlich auf den von Marx für den Fall unterschiedlicher organischer Zusammensetzung und darum Profitabilität der Einzel- und Brachenkapitale erwogenen Fall hinaus; bloss dass bei ihm die nachfolgenden Schwankungen vom Kapital-ANGEBOT ausgingen (wobei er die Folgen der Angebotspreis-Senkungen für die Mengennachfrage ignorierte), während sie im vorliegenden Fall nachfragebedingt wären (und die Angebotsmenge der überdurchschnittlich vonseiten der „Mehrproduktion“-nachgefragten Branchenprodukte mehr oder weniger massiv beeinflussen).
Was aber, nochmal gefragt, passiert da eigentlich in den so vielfältig verzweigten Branchen des Reproduktionssystems, wenn an einzelnen von ihnen die vermehrte Nachfrage von seiten von Mehrprodukt-Besitzern zu „zerren“ beginnt?
Der Normalfall ist… dass die Branche ihren Umsatz erhöhen kann, was meist bereits bedeutet: das zirkulierende Kapital zirkuliert schneller, die Umlaufgeschwindikeit steigert sich – „die Kapazitäten werden stärker ausgelastet“.
Als „Kapazität“ wird dabei etwas betrachtet im Mass, wie es gerade NICHT einfach „ausgeweitet“ werden kann – obwohl im Prinzip und auf Dauer kein beteiligter Produktionsfaktor nicht irgendwann vermehrt hergestellt, und seine Kapazität ERWEITERT werden kann. Das geschieht aber normalerweise kaum je nur in der sich erweiternden Branche selbst – mit andern Worten: die Erweiterng zieht Kreise, das ganze System ist betroffen. Und natürlich kann die Erweiterung auf Kosten von Branchen mit weniger nachgefragten Produkten gehen… und mit UMLAGERUNGEN einhergehen; es kann aber auch sein, dass die vermehrte Nachfrage, die ja schliesslich aus dem Mehrprodukt-Sektor stammt, zu vermehrten Aufträgen in den Branchen führt, die die zu erweiternden Kapazitäten – meist aus Anlagegütern: Maschinen, Anlagen, Fabrik- und Büro-Gebäuden – erstellen sollen. Also auch Kapazitätsausweitung – oder irgendwann auch mal: Akkumulation – der bestimmten Branchen überproportional angebotene Mehrproduktertrag wandert „akkumuliert“ in die dauerhafte Erweiterung von deren Produktionskapazitäten.
Ich finde allerdings die Unterteilung nach Kapazität und sie auslastendem Durchfluss willkürlich; auch die langfristigen Anlagegüter müssen ersetzt werden und „fliessen“ – auch die an ihnen vorbei, durch sie hindurchfliessenden RohVorZwischenprodukte, auch die Arbeit, die an ihnen geleistet wird, fliesst ständig nach und wird durch begrenzte Produktionskapazitäten reproduziert. Was hier die entscheidende Rolle bei der Betrachtung all dieser Produktionskapazitäten spielt, ist doch: die Flexibilität, mit der auf „unausgewogene“ Nachfragesteigerungen reagiert werden kann. Dabei sind die hier, für gesamtwirtschaftliche Verhältnisse massgeblichen (und hypothetisch postulieren) Kategorien Reprodukt und Mehrprodukt in jeder Einzel-Betriebs-Bilanz präsent, nämlich als die beiden Posten, um die sich dort alles dreht: Kost und Gewinn; und die zwischen beidem vermittelnden Grössen: (erzielbarer) (Markt)Preis des Produkts, (erzielbarer) Umsatz (in Abhängigkeit vom geforderten Preis), Preise der Produktionsfaktoren (in Abhängigkeit von der Stufenleiter der Produktion, also Umsatz). In der Unterscheidung dieser Grössen wenigstens in der innerbetrieblichen Kalkulation ist ausgesprochen, dass es die Grenze der Reproduktion dort, im Einzelbetrieb, sehr wohl gibt. Was nun aus Prinzip niemand nachvollziehen kann, ist: Wie sich diese Grenze im Einzelbetrieb (die innere Reproduktionsbedingung: der Absatz(preis) muss auf Dauer kostendeckend sein) objektiv tatsächlich darstellt und ergibt aus der Einbettung des Betriebs, mit seinem Durchsatz an Produktionsfaktoren und seinem Ausstoss an Produkt, in den Umlauf dieser Faktoren, ihre Reproduktion ihrer selbst mit sich selbst (das allein garantiert die Kosten-Deckung der daran Beteiligten auf Dauer: äussere Reproduktionsbedingung); aber eben auch seiner Teilhabe am verwendeten Mehrprodukt, in Gestalt des pro Zeit erlösbaren Profits – also der Mehrprodukt-Portion im eigenen Produkt-Ausstoss. DASS er am Mehrprodukt teilhat, und da etwas zum Tausch gegen andre Mehrprodukt-Anteile zu bieten haben muss, umgekehrt nicht alles für Reproduktion, also Kostenzahlung draufgehen darf – das ist in einer ständig innovativen Produktivitäts-maximierenden Konkurrenz-Wirtschaft klar. Aber das MASS ist nicht klar; der Absatzpreis kann zu hoch und zu niedrig kalkuliert sein; die Nachfrage bezüglich der Absatzmenge falsch geschätzt worden, die Geschwindigkeiten (auch die wechselnden) des Absatzes zu hoch oder zu niedrig, entsprechend die Kapazitäten – deren Kosten wieder vom geschätzten Produktions-Volumen und Zeitverlauf abhängen – fehl-angelegt. Der Warenproduzent hat eigentlich garnichts, woran er sich halten kann. Er kalkuliert seine Investitionen, Preise, Produktdurch- und -absätze BLIND. Nichts von dem, was er an Durchfluss- und Preisänderungen teils selbst entscheidet, teils was ihm an solchen widerfährt, gibt ihm einen Hinweis, wie nun weiter zu verfahren wäre. Der Markt redet nicht zu ihm – so wie Gott nicht zu den Gäubigen. (Und wenn… wärs ein Wahn…)
Diese Verworrenheit der Lage des Einzel-Betriebs ist schon schlimm genug – die völlige Unklarheit seiner Position in einer Wirtschaft, wo Fortschritt aber auch schon blosse Reproduktion (incl. Mehrprodukt, verwendet für wechselnde Zwecke derer, die mit ihren Anteilen daran Handel treiben) als Konkurrenz über Preise, Abgabemengen, Profite um weitere Teilhabe an einem hocharbeitsteiligen, obendrein ständig umgewälzten gesellschaftlichen Produktionsprozess gestaltet wird – und das von Einzelbetrieben, die ihre Stellung im Gesamtprozess und deren weitere Entwicklung nichtmal im Ansatz erkennen und erraten können: Ihre Kalkulationen sind in jeder Hinsicht eine Lotterie – alles kann jederzeit falsch gewesen sein. Aber WIE verworren wird das erst, wenn nicht nur die Profit- und Mehrprodukt-Portionen der Produktflüsse auf ständig wechselnde Nachfragen stossen – sondern auch noch die Kost-Bestandteile, das Reproduktive, ständig umgewälzt wird – durch Investitions- und Kredit-getriebene Innovation: Reproduktion und Fortschritt, „die Wirtschaft“ als ganzes – wird zum Irrenhaus.
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Denkblockaden IV: Autoritäres und moralisches Vermitteln bzw. Legitimieren als Basis von „Kultur“-Bildung
Der Satz: „nicht ‚Gesellschaften‘ lernen, sondern Einzelpersonen“ hat einige bemerkenswerte Konsequenzen.
1. Der Stoff, um den es geht, muss grundsätzlich in ein Einzelleben passen. Und nicht nur die fördernden, vor allem die hemmenden Elemente müssen sich dort finden – jene also, die erklären, warum Lernen so oft ausbleibt, lange dauert, mit Rückfällen einhergeht.
2. Die Tatsache, dass irgendjemand über „Lernstoff“ verfügt, also aus seiner Sicht fortgeschrittene Einsichten (solche zu haben, glaube ja viele!), ist für sich genommen erstmal bloss Ausgangspunkt einer Frage: Warum ich – und die andern nicht? Was ist meine Besonderheit, derart dass ich dahin gekommen bin – und was hält die andern ab?
3. Wer sich dann ehrlich selber Rechenschaft ablegt über die Art und Weise, wie er auf die für seine Verhältnisse fortgeschrittenen Einsichten gekommen ist, wird am Ende auf Lernmotive stossen, die nicht in seiner Verfügung lagen: passives, ungezieltes, zufälliges, ungeplantes und ungesucht-ungewolltes Kennenlernen und Konfrontiertsein mit Neuem.
(Und nicht immer bloss Chancen Eröffnendem, sondern oft genug Chancen Bedrohendem, oder sie Vernichtendem.)
Zum „Lernmotiv“ gehört also zweierlei: Das Äussere, das einem widerfuhr; und: Die vorfindliche (ihrerseits nicht in jeder Hinsicht GEMACHTE) innere Ausgangssituation (zB Enttäuschbarkeit, Erwartungshaltung), in der das Widerfahrende zum Anlass einer Begriffsbildung, Frage- oder Problemstellung oder einer Suche nach Lösungen wurde.
4. Die Antwort auf die Frage, wie man selbst auf etwas aufmerksam wurde (passiv), ist dann massgeblich auch für die: Wie und ob man nun dafür sorgen kann, diesen Prozess bei andern in Gang zu bringen. Zur Einschätzung der Möglichkeiten oder auch Grenzen, das zu tun, gehört wesentlich die: Inwiefern man bei andern (oder bei welchen) ähnliche Ausgangssituationen wie seinerzeit bei einem selbst antrifft (die eigene Besonderheit sich abgewandelt oder generell bei andern wiederfindet); zum andern, ob man imstand ist, das massgeblich Anlass-bildende, passend zu den Ausgangssituationen der andern, ihnen irgendwie zugänglich, für sie nachvollziehbar zu machen, sodass es tatsächlich zu einer ähnlichen Konfrontation“ mit diesem „Widerfahrenden“ kommt, wie man sie selbst erlebte.
Man muss sich nur die öde Umständlichkeit dieser (banal erscheinenden) 4 Punkte vor Augen halten, um sich darüber klarzuwerden, wie selten heutzutage Menschen diese Bedingungen beachten, wenn sie andern etwas aus ihrer Sicht Fortgeschrittenes, das sie verbreitet sehen und mit andern teilen wollen, vermitteln wollen. Man kann Versuche des Vermittelns, die sich über diese 4 Punkte hinwegsetzen, allesamt unter einen kritischen Titel bringen: Sie sind UNVERMITTELT – sie vermitteln etwas Wesentliches nicht an dem, was den Vermittler selbst zur Übernahme oder Ausbildung einer Einsicht, Begriffsbildung, Frage, Problemlösung brachte.
Die Formen des unvermittelten Vermitteln-Wollens folgen dann in etwa den angegebenen 4 Punkten:
1′: Es scheint sich der Tatsache, dass ich Andern etwas beibringen will, rein garnichts in den Weg zu stellen – ich muss das zu Vermittelnde bloss einfach aussprechen, darstellen, mitteilen, in einer physischen Form reproduziert in ihre Nähe bringen, als Druckerzeugnis, (Werbe)Sendung, Ansprache oder Anrede. Das blosse Sagen trägt bereits die Überzeugungskraft in sich, die jeden, der es hört, ergreifen muss. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Botschaft…
Fast alles, was heute an unvermittelten Botschaften auf die Leute einprasselt, ist unter dieser naiven Voraussetzung konzipiert: Als Hemmendes fällt dann gerade mal noch das Nicht-Aufmerksamsein der Adressaten (ihre Abgelenktheit durch andre Botschaften derselben Art) ein – etwas, dem man durch Anbringen entsprechender „eye-catcher“ abhelfen zu können glaubt.
2′: Die Besinnung darauf, wie man selbst zu etwas gekommen ist, fällt meist unvollständig aus und enthüllt keineswegs das Ganze der eigenen Voraussetzungen; aber selbst wenn sie es täte, käme doch nichts andres heraus als die Hinwendung zu Adressaten, die in einer unbestimmt „ähnlichen“ Ausgangssituation wie man selbst „damals“ stecken – und die Gestaltung der Botschaft in einer Weise, die derjenigen, die mich überzeugte, „hinlänglich“ ähnelt.
Je konkreter man sich auf die eignen Bedingungen also Besonderheit zurückbesinnt, desto grosszügiger muss man anschliessend die „hinlängliche Ähnlichkeit“ mit sich selbst als Vorbild definieren, um überhaupt denkbare Adressaten zu finden. Oder… man findet eben keine.
3′: Diesem Dilemma wäre abgeholfen, wenn der eigene Fall eingeordnet würde als spezieller eines allgemeinen Musters, worin VERSTÄNDLICHERWEISE Voraussetzungen einer bestimmten ART gegeben sein müssen, damit Widerfahrendes einer bestimmten ART den Anstoss bilden kann zu Übernahme oder Ausbildung einer Einsicht, Begriffsbildung, Frage, Problemlösung. Von einer unbestimmten Ähnlichkeit, bei der man nicht recht begreift, was denn das für den erwünschten Anstoss Massgebliche darin war, ist diese präzise Bestimmung weit entfernt: Sie begründet eine vernünftige Erwartung, von Personen in welcher Lage man angesichts welcher zu vermittelnder Erlebnisse oder Erfahrungen den entsprechenden Schritt erwarten kann.
4′: Aber genau das könnte speziell zu der Einsicht führen, warum ganz viele Adressaten am Ende eben doch nicht empfänglich sein werden; oder, warum man die Mittel nicht hat, das, was sie erfahren müssten, ihnen zugänglich und erlebbar zu machen.
Aus dem, was hier über das Lernen von Leuten (banal genaug, ich wiederhole es) ausgesagt ist, wird aber auch einiges zu folgern sein für das Verstehen von GESCHICHTE – als Neben- und Nacheinander unendlich vieler Lernprozesse unendlich vieler neben- und nacheinander, gleichzeitig und aufeinander folgend lebender Einzelmenschen.
Es kommt dabei vielleicht eins der grossen Versäumnisse in den Blick, mit dessen Folgen wir weltweit, unter „Globalisierungsbedingungen“, zu kämpfen haben: Das Ausbleiben der Vermittlung historisch von Einzelnen oder Gruppen erarbeiteten Fortschritten, die KULTURELL zwar sich etablieren konnten; also autoritär geglaubt, übernommen und vermittelt; aber ohne MIt-Vermittlung der zugehörigen Begründungen; oder gar der Motive, um sich diese Begründungen bzw die sich aus ihnen ergebenden Fortschritte zueigen zu machen.
Die Folge ist MASSIVE GLEICHZEITIGKEIT VON UNGLEICHZEITIGEM in den Köpfen.
Das Versäumnis im Vermitteln macht sich dramatisch fühlbar in der Unfähigkeit beinah aller, auch professionell mit Vermittlung Befasster, sich über das zu Vermittelnde, also was eigentlich die eigene Fortgeschrittenheit ausmacht, hinlänglich Rechenschaft abzulegen – geschweige denn über die andern genannten Elemente erfolgreicher Ausbreitung fortgeschrittener Einsichten.
Anm. Ergänzend muss freilich darauf hingewiesen werden, dass historische Zurückgebliebenheit und Naivität (etwa von Einwanderern, Migranten) eine gewaltige „Humanressource“ darstellen kann für die Aufrechterhaltung ansonsten bereits erheblich in Zweifel gezogener Verhältnisse; und das gilt vorneweg für die Eliten, die in Spätphasen oft nur noch von zwei Gruppen aus besetzt werden: aus dem eigenen Nachwuchs (der entsprechend abgeschottet von fortgeschrittenen Lernerfahrungen instruiert ist), und von Menschen aus der „Provinz“ und Peripherie der Kultur-Metropolen (heute zunehmend nicht mehr räumlich definiert…). Die vormals Oppositionellen hingegen erscheinen abgetaucht, verschwunden, konkurrieren garnicht mehr (wenn sie es denn je versucht haben) um die Macht… weil sie mit der Lösung von Problemen angesichts einer anstehenden Epochenschwelle befasst sind, die sich um Grössenordnungen schwieriger darstellen, als es im ersten Anlauf schien.. Daher das eigenartige Phänomen einer Art Rückzug der Gegenkräfte in einer an sich aussichtslosen Lage der Vertreter des überholten Epochenstandpunkts. Anm.Ende
Diese Ungleichzeitigkeit und die komplette Unfähigkeit, sie zu beheben, kann, einmal bemerkt, für nicht weniger einschneidend gehalten werden als zB das Fehlen einer Naturwissenschaft und darauf beruhenden Technologie.
Das Ausmass an Zurückgebliebenheit historischer Zustände mit einem solchen Mangel hinter Anforderungen, die vernünftigerweise für ein gutes Leben und Zusammenleben zu erfüllen wären, kann man nur EPOCHAL nennen.
Es gibt zwei sichere Symptome für Vermittlungs- und Verstehens-Ausfälle, nämlich das Auftreten der beiden Formen UNVERMITTELTEN FORDERNS: einmal der Übernahme eigener Gesichtspunkte, was wichtig und unwichtig ist, der aufgrund dessen für massgeblich gehaltenenen Informationen und was immer daraus an möglichen Begründungen zu erschliessen ist: das ist das AUTORITÄRE Fordern der Übernahme von Einsicht ohne Einsicht.
Und: Das unvermittelte Fordern bestimmter Handlungen oder Handlungsweisen, das Teilen und Mit-Übernehmen von Zielen, Werten, Normen usw – das ist das MORALISCHE Fordern des Ziehens von praktischen Konsequenzen, ohne die Voraussetzungen (Begründungen) eingesehen zu haben. Die werden vielmehr als entweder sich von selbst verstehend vorausgesetzt, oder ihre Anerkennung zusätzlich gefordert: Du sollst… weil…(diesunddies gilt). Wenn die Begründung für ein gefordertes Handeln einhergeht mit der autoritären Forderung nach ihrer Anerkennung (als einer hinreichenden), dann heisst sie speziell LEGITIMATION. Legitime (also aus Sicht ihrer Träger korrekt legitimierte) Forderungen sind also solche nach Handlungen, die man von jemand fordert, ZUSAMMEN mit der Anerkennung ihrer Begründetheit – letzteres also autoritär.
Man kann sich nun fragen, welche Konsequenzen es für eine Vergesellschaftungsform hat, wenn das wesentlich Gemeinsame der unter sie Subsumierten…
(das also, was sie wenigstens teilen müssen, damit diese Form stabil reproduzierbar bleibt)
…autoritär oder moralisch (im angegebenen Sinn) vermittelt und in irgendeiner Weise von ihren Befürwortern als „legitiniert“ (legitimierbar: man „darf“ ihre Anerkennung und Befolgung fordern und erwarten), und somit als „legitim“) behandelt wird.
Es bedeutet, dass an mehr oder weniger wesentlichen Stellen die Begründung der Befürwortung der Form aufseiten der tatsächlich „Überzeugten“, der bewussten Vertreter dieses Vergesellschaftsungskonzepts, nicht an den Rest der Vergesellschafteten gelangt. Stattdessen wird zwischen Befürwortern und Rest ein von beiden Seiten unterhaltenes Verhältnis mehr oder weniger starken autoritären Vertrauens (in die Begründbarkeit der Befürwortung; in die Haltbarkeit des unvollständig begründeten Zustimmens) und von Gefolgschaft ohne Einsicht (bis hin zu geheuchelter, berechnender, ohnmächtig-widerständiger und entgegen der Kritik erzwungener) etabliert. Von diesem Verhältnis äusserlicher Regelbefolgung ohne wirkliche (wenn auch womöglich autoritär oder entlang von unüberprüfen „Plausibilitäten“ übernommener) Einsicht hängt dann die Gemeinsamkeit der Teilung von Prinzipien und Basisregeln dieser Vergesellschaftungsform durch hinreichend grosse Teile der ihnen Subsumierten ab.
In dem, was bis hierher beschrieben wurde, wird man bekannte, ja geradezu banale Züge des derzeit bestehenden Gesellschaftszustands wiedererkennen – und auch vieler historische Vorgänger-Varianten.
Anm. 1: Es ist dabei nicht die Rede gewesen von dem, was man traditionell marxistisch als Verhältnis von produktiver Basis und ihr angemessenem Überbau angesprochen hat. Dazu wäre freilich viel weiter auszuholen. Die von mir vorgetragene Beschreibung eröffnet aber, soviel sei vorwegnehmend dazu gesagt, die Möglichkeit, die „Einrichtung“ von Überbau-Regelungen herrschenden Eliten oder zumindest Teilen von ihnen als durchaus bewusste Tat zuzuschreiben (wie sonst käme denn die Zweckmässigkeit zustande? Sie wissen garnichts – und tun es irgendwann trotzdem? So blind sollte agiert werden können?), die aber ebensosehr die Möglichkeit der Selbst- und vor allem Fremdtäuschung (in „bester“ Absicht) und der ideologischen „Übersetzung“ für die „Massen“ einschliesst, mit der die betreffenden Regelungen dem Grossteil der von ihnen Betroffenen vermittelt und vor ihnen „legitimiert“ werden.
Anm. 2 Dabei bitte ich zu beachten, dass in meiner Darstellung der Begriff des BEGRÜNDENS (und der nicht vollständig weitergegebenen Begründung) eine zentrale Rolle spielt. Zu dieser Relation des Begründetseins einer beabsichtigten (vorgeschlagenen, geforderten, erwarteten) (Versuchs)Handlung H mit einer begründenden Erfahrung E und einem System von (Lern)Regeln R gibt es deren Umkehrung, nämlich die SCHLUSSFOLGERUNG oder ERSCHLIESSUNG von H mit E und R. Die ist der eigentliche und ursprüngliche Akt, der in der Begründung bloss für andre explizit und nachvollziehbar gemacht wird.
Autoritäres und moralisches Vermitteln von an sich differenzierter begründeten Vergesellschaftungsprinzipien tritt aber nicht nur unter Zeitgenossen („synchron“) in Erscheinung, sondern als wesentliches Defizit in der Vermittlung de Prinzipien einer bestehenden Form an Nachkommende, also deren „Tradierung“ („diachron“). Dass solche, die ihrerseits bereits ein Gefordertes bloss autoritär oder moralischen Forderungen sich fügend übernommen haben, es Nachwachsenden bestenfalls so und meist in noch rudimentäreren Formen übermitteln können, ist ja nicht anders zu erwarten. Es kann andererseits sein, dass sich andre als die ursprünglichen Befürworter, die zunächst bloss autoritär und gefügig Gefolgshaft leisten, sich eigene Begründungen dafür zurechtlegen, warum es damit seine Ordnung hat. Umgekehrt ist nicht ausgeschlossen, dass die reife Form einer Begründung bei Einführung einer Form beim Versuch ihrer Tradierung an Nachkommende, ja selbst Nachfolger in den Eliten, nicht vollständig mehr übermttelt wird, sondern Einbussen an Inhalt und Differenziertheit erleidet, die autoritär und moralisch überbrückt werden. Dies Nebeneinander von kreativer Nach- und Neuerfindung von Legitimationen bzw. Begründungen und Abgleiten eines an sich rational (bei gegebnem Erfahrungsstand E und Regeln R) begründeten Prinzipienkatalogs in eine bloss noch auf autoritärem Lehrvortrag und Gewohnheit beruhenden Rahmen treten nebeneinander auf. Sie machen wesentlich das Phänomen der KULTURELLEN Reproduktion eines in individuellen Bidungsgängen von Pionieren erarbeiteten historischen Fortschritts aus. Dieser Begriff einer Kultur (der Vergesellschaftung und Tradierung einschliesst) ist bei mir also grossenteils kritisch gemeint; eine Kultur, worin das Gelehrte und Gewohnte zugleich von allen damit Lebenden und es Umsetzenden in gleicher Weise hinsichtlich seiner Begründetheit durchschaut und nachvollzogen ist, etwa derart, dass neue Erfahrung E‘ von allen sofort in veränderte gemeinsame Praxis übersetzt werden kann und somit die Gesellschaft als ganzes LERNT – eine solche Kultur hat bis auf den heutigen Tag noch nicht existiert. Und das… hat fürchterliche Folgen.
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