Es gibt noch eine Fortsetzung unterm Strich s.u., die den Gedankengang vertieft, 18.11.2017

Vorspann bei keimform:

http://keimform.de/2017/zukunftsperspektiven-vorueberlegungen/#comment-1207882

Ich möchte einen Vorschlag für eine von mir sogenannte „metatheoretische Struktur“ machen, in die man dann uU auch die „sozialisierbaren Inhalte“ (als Konkretisierung) einarbeiten könnte.
Dies tue ich nicht mit dem Anspruch, Christians angekündigten Überlegungen vorab etwas Verbindliches entgegen- oder vorauszusetzen; sondern eher um meinen WUNSCH zu illustrieren, dass unsere Kontroversen begrifflich überschaubarer werden sollten, und um die Aufmerksamkeit auf die Frage zu richten, wie ein Begriffssystem aussehen könnte, in dem man die Gesamtheit der möglicherweise einnehmbaren Standpunkte darstellen kann. Ich hoffe, dass ich damit meinen guten Vorsatz, mich „strikter an die Artikel-Vorgaben zu halten“, nicht gleich im nächsten Schritt wieder aufgegeben habe.
Um hier nicht zuviel Platz zu beanspruchen, poste ich den Text wieder auf meiner Seite.

Meine Darstellung entspricht etwa den drei Punkten meines sog. „Trilemmas“, s.o., und um sie griffig und leicht merkbar zu machen, möchte ich die drei Haupt-Kategorien, um die es gehen könnte, mit Modalverben charaktersieren (beinah immer kann man vor das entsprechende Verb ein „(nicht“) setzen, manchmal habe ich das explizit getan, es ist aber an sich immer dazu zu denken):
1. was man will und möchte.: die Zwecke, Wünsche, „Bedürfnisse“, Hoffnungen, Ängste, (Versuchs)Ziele.
2. was man (nicht)kann/könnte bzw (nicht)muss/müsste: die Mittel, Zwänge+Notwendigkeiten, Möglichkeiten, Chancen, Risiken (bekannte wie unbekannte), mit denen man arbeiten und rechnen kann. Speziell zählt zum Können das „gesellschaftlich“ verfügbare Wissen-wie und -dass, oder auch praktische Qualifikationen, bei denen zu fragen ist, wie und in welchem Umfang sie (von denen, die darüber verfügen) an welche (anderen) Individuen gelangen bzw von diesen erarbeitet/erworben werden können (und noch spezieller die Erarbeitung und der Erwerb von Wissen und Qualifikation, die noch garnicht vorhanden sind: Forschung, Entwicklung; repräsentiert durch die „Potential/Irrealis“-Versionen von können und müssen: könnte/müsste).
3. was Einzelne tun soll(t)en, wenn 1. und 2., also Produktionsziele und die Art ihrer Verwirklichung, wie auch immer, festgelegt sind: hierunter fallen alle Formen von Können und Müssen, die sich auf die Notwendigkeiten gesellschaftlich-arbeitsteiliger Koordination (das „Produktionsverhältnis“) beziehen.

Die 3 Punkte sind ineinander verschränkt (in der Art der Verschränkung bzw des Übergreifens auf einen oder beide andre Punkte deutet sich ein die drei Punkte verbindendes Muster an):
1′. Wollen kann sich auch auf (Noch)(Nicht)Können oder (Nichtmehr)Müssen beziehen, speziell auf das gesellschaftliche. Das kann soweit gehen, dass das Wollen vollständig von Angst vor Nichtkönnen und Sorge um das, was man muss (technisch und sozial), bestimmt wird: Es gibt dann angesichts der Inhalte von 2 und/oder 3 garkeine Wahl-Freiheit. (Das Umgekehrte, das „bewusst gewollte“ utopische Sich-Hinwegsetzen über mögliche Hindernisse technischer oder sozialer Art, gibt es auch.)
2′. Extrem viel von dem, was einzelne wollen und wichtig und richtig finden, ist bestimmt durch das, was sie (nicht)wissen (was sie erlebt, erfahren, bedacht haben, wozu Begriffe gebildet haben und worauf in der Folge sie aufmerksam sind): von sich, von Natur- und von Gesellschaftszusammenhängen. Utopische Hoffnungen oder Zielsetzungen knüpfen an technologische Entwicklungen die Erwartung, das Können Einzelner soweit zu stärken, dass sie zur Verwirklichung ihrer individuellen Präferenzen nicht mehr auf Gesellschaft angewiesen sind; speziell geschickt zu wählende Verfahren und Technologien sollen den Abstimmungs- und Verständigungsaufwand reduzieren und/oder automatisieren, mechanisieren.
3′. Das Muster ist schon erkennbar, und lässt sich analog zu 1’und 2′ als Notwendigkeit/Zwang/Determinierung vonseiten des 3.Punktes ODER als davon ausgehende utopische Entgrenzung und Befreiung wiederfinden: „Vergesellschaftbarkeit“ begrenzht dann, was man überhaupt wollen kann, und vom an sich technisch Möglichen tatsächlich als machbar ansieht; oder umgekehrt, erwartet man sich von der endlich (wie auch immer) hergestellten Gesellschaftlichkeit die Meisterung aller Begrenzungen durch Notwendigkeiten von 2. und 1. (Letzteres ist wahrscheinlich die traditionelle radikallinke Mainstream-Sichtweise seit Marx.)

Der „Übergriff“ von einer Kategorie auf eine oder beide andere ergibt sich so, weil dabei diese andre(n) entweder Restriktionen vonseiten dieser Kategorie unterworfen sind („Zwang, Notwendigkeit“), oder aber es werden Festlegungen in der/den andern beiden Kategorien überflüssig („(utopische) Freiheit“). Das ist das genannte „Muster“.

Speziell das „Trilemma“  ergibt sich aus einer Kombination aus Zwang (je zwei Standpunkte zusammen genommen restringieren den verbleibenden) als auch utopischem Überschwang („das macht aber nichts“):

1′ (in der Trilemma-Liste) „demarchische“ ua Beschlussfassung ist notwendig, wenn man moderne Produktion (2=Können) auf gegebnem Niveau steuern (3=Sollen) will – man kann dann individuelle Präferenzen nicht ausgeprägt zum Zuge kommen lassen, aber das macht nichts: das von Natur aus stärkste menschliche Motiv überhaupt ist: Kooperieren; wenn man ihm nur Raum schafft und die Hindernisse der Klassengesellschaft beseitigt, überwindet es alle kleinlichen Eigensinnigkeiten und Selbstbezogenheiten der Einzelnen. (Schema: 3 und 2 restringieren 1, aber 1 ist so, dass das nichts macht.)

2′ (dort): die Produktionsweise muss gegenüber dem heutigen überkomplexen Stand stark vereinfacht werden, um von Individuen (1=Wollen) überhaupt überschaut und dann auch ihren (dann hoffentlich übereinstimmenden) Zwecken gemäss steuerbar (3=Sollen) zu sein. Aber das macht nichts: Ökologisches Produzieren ist sowohl geboten als auch menschen- und bedürfnisgemäss, im Gegensatz zur heutigen Gross- und Hochtechnologie. Schema: 3 und 1 stellen Anforderungen an die Produktionsweise, aber das macht nichts: sie kommt (angemessen, nämlich „Natur-gemäss“ eingerichtet), dem entgegen. (Ev. andere Variante: Die Produktionsweise muss technisch soweit entwickelt werden, dass die Einzelnen individuell über Produktkionspotentiale auf industriellem Produktivitäts- bzw Automations-Niveau verfügen, und sich ihre Alltagsgegenstände autark herstellen können. Der verbliebene Arbeitsaufwand in den ebenfalls hoch-technisierten Industrien, die diese Heimfertigung ermöglichen, soll dann nur noch Bruchteile des heutigen betragen.)

3′ (dort): Man darf die Koordination also Steuerung einer modern-arbeitsteiligen oder gar globalen Produktion (2=Können) nicht einem so primitiven System wie der kapitalistischen Konkurrenz überlassen, sondern muss einen differenzierteren und die Anforderungen der Einzelnen (1=Wollen) besser besrücksichtigenden Mechanismus der Abstimmung finden (nicht-kapitalistsiches Geld und Märkte; Stigmergie). Aber das macht nichts, denn solch elegante Methoden sind denkbar und würden für alle eine ungeheure Entlastung vom Aufwand für Konsensbildung und Planung bedeuten. Schema: 1 und 2 stellen Anforderungen an den Steuerungsmechanismus, aber das macht nichts, wie eben festgestellt.

Die Schwierigkeit oder gar Unmöglichkeit, „Wollen, Können, Sollen“ ohne wenigstens EINE Restriktion (und utopische Perspektive, angesichts der je gewählten Restriktion) zu denken, könnte Folgefragen aufwerfen, warum das so ist; ich beantworte sie unter Umständen später weiter unten. In diesem Zusammenhang könnte eine weitere Liste von Interesse sein, nämlich die Liste mit den Bezeichnungen i.-iii. hier: Menüpunkt hier auf der Seite: https://selbstbestimmung-als-aufgabe.de/untersuchungen-und-bemerkungen-zu/kommunismus-und-kommunalismus/beitraege-zu-neoprene-und-keimform-incl-fragment-2015/ , dort unter:   franziska (02.06.2015. 12:57 Uhr. Oder gleich im Original: http://keimform.de/2015/eine-idee-fuer-den-uebergang/#comment-554110 ) Der Absatz oben drüber gehört unbedingt dazu: „Jeder Einzelne ist heutzutage und auch in Zukunft konfrontiert damit, dass sein Lebensentwurf eingewoben ist in den arbeitsteiligen Zusammenhang, beinah möchte man im Globalisierungs-Zeitalter sagen: der gesamten Menschheit. Was in SEINEM Leben zusammenhängt, wird durch den Zusammenhang mit andern zerrissen: Seine Lebenstätigkeit ist AUCH eine Leistung, ein Beitrag, und wird so aufgegriffen; seine Lebens- und Erlebens-Möglichkeiten hingegen hängen ab vom Zugang zu Leistungen anderer. Es ist offenkundig das gemeinsame Anliegen aller hier Schreibenden, einen Zustand herzustellen, wo dieser Zusammenhang Zwang- und speziell Eigentumsfrei eingerichtet ist.“ – Was das eigentlich heisst – Eigentums-frei, Zwang-frei – worin also eigentlich das radikallinke Projekt oder Programmziel besteht, dazu unten gleich mehr.       

Die durch alle kontroversen Vorschläge hindurch sich abzeichnende und ihnen allen in gleicher Weise gestellte Aufgabe lässt sich, nach dem Gesagten, nun besser begreifen:
ALLE genannten Kategorien: Zweck, Können/Wissen (auch im Sinne von: über Produktionsmittel verfügen und mit und an ihnen arbeiten (lassen), Übereinstimmen/Widersprechen gehören ZUNÄCHST Individuen an. Die bürgerliche „Vergesellschaftung“ verfällt der radikallinken Kritik, weil sie diese ursprüngliche, historische vorgefundene und weiter verfestigte Vereinzelung von Zwecken, Können/Wissen, Fordern/Ablehnen für unhintergehbar erklärt, und die dennoch notwendige Koordination von arbeitsteiligen Einzeltätigkeiten beim gegebnen global-modernen Stand der Produktivkräfte angeblich von (einmal installiert) von selbst wirkenden und wesentlich formell bestimmten Prinzipien bzw, Mechanismen (Medien, Institutionen, Normen) wie Märkten, parlamentarisch-demokratischer Rechtstaatlichkeit, bürgerlicher Kultur (öffentlichkeit, Bildung/Erziehung, Lebensform) und schliesslich Moral (Gerechtigkeit, Empathie) überlässt. Radikallinke (im Unterschied zu radikaldemokratischen) Positionen hingegen wollen in dieser Reihenfolge mindestens den ersten oder mehr darauffolgende Mechanismen durch etwas ersetzen, das „authentischere“ Formen von Vergesellschaftung („Sozialisierung“) ermöglicht, und die Differenzen (Gefälle, Widersprüche, wechselseitigen Ausschlüsse) infolge der genannten Ausgangs-Vereinzelung von Zwecken, Können/Wissen, Fordern/Ablehnen in einem gewissen Mass überwunden sind zugunsten eines Zustands, worin (wenigstens in diesem Mass) „die Entwicklung jedes Einzelnen die Bedingung der Entwicklung aller ist“, also dass der „gesellschaftlich“ vorhandene Reichtum an „Wünschbarkeiten“ und Verfügbarkeit von Können/Wissen soweit wie möglich in die von den realen Individuen verfolgten Zwecke und ihre in ihrem Leben tatsächlich dafür verfügbaren Mittel eingeht, und sie der Art, wie das geschieht, zwangfrei zustimmen (und sie sich mithin überhaupt darauf, als Entscheider, Stellung-nehmend, beziehen) können.
(Die Gewundenheit der Formel führt unmittelbar vor Augen, wie wenig begriffliche Souveränität über diese radikallinken Werte und Ziele bisher erarbeitet worden ist.)


FORTSETZUNG

Man kann das Trilemma auch anders lesen; je nachdem, an welchem der drei Ziele (Präferenzen der Einzelnen zur Geltung kommen lassen; modern-global-arbeitsteilig produzieren; Produktion überhaupt steuern) man als „unumgänglich“ festhält, ergibt sich (laut Trilemma) die Entscheidung ENTWEDER für das eine, ODER das andre der beiden verbleibenden, und das heisst: Verzicht auf eins der beiden andern.
Stellt man es so dar, kürzen sich die möglichen drei Dilemmata schnell zusammen; das Unverzichtbarste überhaupt scheint nämlich die modern-arbeitsteilige, globale, industrielle Basis jeder „vernünftigen“ Reproduktion zu sein; und dann wird das ganze im Mass unsteuerbar, wie man Präferenzen der Einzelnen zum Zuge kommen (und sich möglicherweise gegeneinander auswirken) lässt; oder, je mehr überhaupt gesteuert wird, desto mehr bleiben die Lebensentwürfe und Wünsche etc der Einzelnen unberücksichtigt. Beides zugleich, nämlich eine Steuerung der gemeinsamen Produktion unter Berücksichtigung der Lebensführung und Lebenssituation der Beteiligten ist nur möglich, wenn die gegenwärtige Stufenleiter der industriellen Produktion zurückgefahren wird – was ohnehin geschehen muss, wenn naturverträglich produziert wird. – So in etwa Resultat dieser Lesart der Trilemma-Formel. Aber sie selbst ist ja noch garnicht begründet; eigentlich ist sie gegenwärtig nur eine Verallgemeinerung dem Anschein nach bestehender unvereinbarer Kontroversen in einer Kontroverse um „eigentumsfreie kollektive Produktionsweisen“, deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, eine bevormundende Planung nach Art der staatssozialistischen Ostblock-Systeme abzulehnen. (Die möglichen wechselseitig beschränkenden Restriktions- und die utopischen Überflüssigmachungs-Beziehungen sollten nicht ganz vergessen werden.)

Die Lesart des Trilemmas, die es an einer primären Festlegung auf die materiellen Grundlagen der gesellschaftlichen Produktion festmacht, hat ein starkes Vorurteil, oder sagen wir: eine Arbeitshypothese auf ihrer Seite. Und das ist die historisch-materialistische, dass es genau diese materiellen Grundlagen sind, die das Produktionsverhältnis bestimmen – und genau dieser Kategorie wiederum lassen sich ja die beiden andern Alternativen, um die es im Trilemma geht, zuordnen. Nämlich so: „Vergesellschaftetes“ Wollen (Punkt 1) – das sind Willens-Verhältnisse (Einschluss/Ausschluss/Indifferenz-Verhältnisse von Ängsten Hoffnungen etc); vergesellschaftetes Anerkennen: Fordern/Ablehnen besteht in (Einschluss- usw)Verhältnissen von Prinzipien des Entscheidens über die Einsätze „gesellschaftlich“ verfügbarer Ressourcen (incl. kooperativ aggregierbarer „gesellschaftlicher“ Handlungsspielräume). Solche Prinzipien können speziell die anerkannten Regeln des Gebrauchs von Geld, Verteilungsregeln, solche für politische Prozeduren und „gültige“  moralische und andere Umgangsregeln umfassen – alles, was man (man selbst aber auch andre) (nach eignem Dafürhalten) soll oder sollte (auch wenn man andres will). Zentral für all diese Verhältnisse ist: ob das in ihnen jeweils aufeinander Stossende passt – zB was der andre will genau das ist, was ich mir wünsche dass er will und umgekehrt; oder zumindest indifferent ist, einander nicht stört; oder ob es sich widerspricht.
Wollen, Können, Sollen verteilen sich unterschiedlich auf Einzelne und „Gesellschaft“.
Normalerweise schreibt man das Wollen und die Zwecke ausschliesslich Individuen zu, und Gruppen oder eben Gesellschaften nur in einem übertragenen Sinn (WIE diese „Übertragung“ stattfindet, dazu gleich mehr).
Können (Wissen verstanden als Teil davon) ist doppeldeutig: Als „Qualifikation“ gehört es zwar den Einzelnen an; es ist freilich meist von „der Gesellschaft“ bereitgestellt – erworben werden muss es dann aber wieder von Einzelnen. Und von Einzelnen wird es auch erarbeitet, genutzt und andern verfügbar gemacht: Wissen und Produktionsmittel („Produktivkräfte“), oder auch die Resultate ihrer produktiven Verwendung (die dann von Nutzern bedient werden und dadurch deren „Können“ (vermittels ihrer aber auch das „der Gesellschaft“) vermehrt).
Während Können irgendwie zwischen „Gesellschaft“ und „Einzelnen“ zu schweben scheint, ist „Sollen“ auf Anhieb erstmal das Gesellschaftliche, sofern es dem individuell Gewollten entgegensteht. Aber so ist es nicht unbedingt: Der Einzelne kann den Konflikt in sich selbst tragen und austragen, er kann unterscheiden zwischen dem eigentlich Gewünschten und insofern Gewollten, und dem, was er als vernünftig, etwa vernünftigen Kompromiss, funktionierend-stabile Einrichtung von moderner Arbeitsteilung usw beurteilt: Er will dann, was er (aus seiner eignenWarte geurteilt) soll, und sein Wille ist die Zustimmung, dass er (wieder ist es SEIN Urteil) soll. Die Frage stellt sich dann: Was eigentlich von seinem Wollen bleibt, sofern es nicht in solchem Zustimmen aufgeht. Ist da ein unverfügbarer Rest, der allem „Sollen“ entzogen ist? – Davon abgesehen, könnte auch beim Wollen die Anhiebsdiagnose „individuell“ sich relativieren: Es könnte ja einer seine Zwecke von vorneherein bereits auf „gesellschaftlicher“ Ebene formulieren – wollen, dass andre bestimmtes tun, er selbst aber auch, und so überhaupt immer vorgehen – nach einer Regel des Ableitens von ihm vernünftig erscheinenden „gesellschaftlichen“ Praxis-Entwürfen (Kollektivplänen) – je angesichts gegebner Sachlagen. Also er wäre Urheber einer komplett ausgebildeten Vorstellung von kollektivem Sollen (sogar einer allgemeinen und ausdifferenzierten Regel, die sagt, wie alle zusammen verfahren sollen bei gegebnem Erfahrungsstand und Können). Womit er nun aber noch keineswegs etwas Gültiges formuliert hat, denn es kann an vielen Stellen den Vorstellungen anderer von dem, was getan werden soll, widersprechen, vielleicht auch nur ihrem Wollen. Er kann dann seine Regel komplettieren um einen Bestandteil, der genau für solche Fälle eine Verfahrensweise vorschlägt, aber die andern können das auch (etwa indem sie dies Verfahren nicht anerkennen oder beachten, und auf ihrem Wollen beharren), und der Widerspruch wiederholt sich auf höherer Stufe: Hier ist womöglich ein unreduzierbar Gesellschaftliches, jenseits allen Regel-Vorschlägen und Forderungs-Grundlagen aller Einzelner, und das ist das FAKTUM ihrer Übereinstimmung – oder eben Nicht-Übereinstimmung. Dazu können sie sich stellen, wie sie wollen oder nach ihren Vorstellungen sollen – ändern werden sie es dadurch nicht (all diese ihre Vorstellungen zusammen KONSTITUIEREN vielmehr dieses Faktum; was nun die Einzelnen angesichts dessen machen, ist eigenartigerweise schon wieder IHRE Sache; auch wie sie dies „dann Machen“ begründen; also einmal „Gesellschaft“ und wieder zurück…)

Was eben das FAKTUM hiess, scheint Gesellschaftlichkeit oder Vergesellschaftung zu begründen: Gesellschaftlich ist Handeln soweit, wie es auf übereinstimmenden Vorstellungen von dem beruht, was die Vergesellschafteten tun sollen – wobei Gesellschaft unterstellt, dass die so Vergesellschafteten viele sind, oder eigentlich so gut wie alle, in einem Gebiet, wo sie sich nicht nur nicht aus dem Weg gehen können, sondern vielmehr auf kooperativ-arbeitsteilig koordiniertes Produzieren dauerhaft angewiesen sind, und ihre „vergesellschaftende“ Übereinstimmung, weie dabei zu verfahren ist, der zur Aufrechterhaltung dieser („gesellschaftlichen“) Produktion hinreichend zuverlässig eintretende Normalfall ist. Unberührt ist die faktische Gesellschaftlichkeit auf dieser Stufenleiter durch die besondere Art der Begründung, warum Einzelne dem zustimmen, dass sie „sollen“ bzw das Faktum der GELTUNG dieser Sollens-Forderung nicht bestreiten (sogar dann, wenn sie sich nicht daran halten und dann ganz bewusst Gesolltes (von dem sie wissen, dass es „gilt“)  nicht tun oder umgekehrt tun, was sie, wie sie wissen, „gültig“  unterlassen sollen). Die Stellung einer unmittelbaren Bejahung der gültigen Regel als derjenigen, die man befürwortet, ist diejenige einer Nicht-Distanz, Differenzen zwischen solchen im bezug auf den Inhalt übereinstimmenden Regel-Befürwortern kann es dennoch geben, wenn sie unterschiedliche Rechtfertigungen haben, warum diese Regel die gültige sein soll. Etwas mehr Distanz weisen jene auf, die die Rechtfertigungen nur ungefähr kennen, aber einer von ihnen oder deren Vertretern soweit vertrauen, dass sie denken, dass es damit seine Richtigkeit hat: autoritäres Regel-Befürworten. Der Übergang ist dann fliessend zu solchen, für die die Zustimmung zum geltenden Regelapparat nicht auf einer, und sei es auch nur ungefähr verstandenen, Legitimation beruht, sondern die sich mit der Geltung einfach abfinden (und die Legitimation vielleicht ohne Einsicht nachreden): konformistische Zustimmung. Die Konformität, also der Regel-Gehorsam, kann an Bedingugen geknüpft sein, die keiner Gegenregel folgen, sondern einfach den eignen Wünschen und der für hinreichend hoch gehaltenen Chance, unsanktioniert ihnen unter Regelbruch nachzugeben, bestehen: berechnende Konformität. Noch weiter entfernt sind jene, die den Regelapparat garnicht zur Gänze kennen bzw die Begründung von im Einzelfall Gefordertem durch dei Regel nicht selbst zustandebringen, die sich also immer wieder sagen lassen müssen, was denn jetzt das Geforderte ist: Sie vollziehen nicht einmal die Regel-Gemässheit von Forderungen nach. Sie verstossen also auch mal aus Unwissen gegen Geltendes, oder lassen sich zu Verstössen aus Unkenntnis verführen: unbedarfte, unzuverlässige Konformität. Schliesslich gibt es Befürworter alternativer Regeln, einzelner oder ganzer Regelsysteme (die wiederum besser oder schlechter Auskunft geben können über die Gründe ihrer Befürwortung), die sich nur aufgrund der ihnen angedrohten Sanktionen regel-konform verhalten, sei es, weil sie keine wirkliche Chance zur Durchsetzung sehen, sei es, weil es ihnen an Entschlossenheit fehlt; auch sie kann man berechnend nennen, nur dass für sie sich (im Gegensatz zur erst genannten Sorte) die Frage immer so stellt, wie lange sie die von ihnen eigentlich gewünschte Nicht-Konformität unterlassen: ihre Konformität ist erzwungen. Aktive Kämpfer (auch sie mit mehr oder weniger Bewusstheit) gegen die geltende Regel stehen in gewissem Sinn ausserhalb der Gesellschaft, ihre Regel-Konformität ist bestenfalls Verstellung als Kriegslist.
((Das Stichwort „Krieg“ wirft die Frage auf, wie weit „Gesellschaften“ gegenüber „andern“ solchen durch abgeschwächte Regelsysteme verbunden sind – und seien es auch Regeln des „zivilisierten“ Verhaltens im Krieg. Jenseits solcher Regelbeschränkungen geht es um die Fähigkeit, der unterlegenen Partei durch Androhung glaubwürdiger Sanktionen und Vernichtung von Chancen zu deren Durchsetzung Konformität gegenüber dem eignen Willen und Regelapparat, soweit er auf sie Anwendung hat, aufzuzwingen. Die sich nicht zwingen lassen, müssen gänzlich handlungsunfähig gemacht werden. Für beides gilt, dass man sich die Möglichkeit zutraut, solche Resultate erzielen zu können.))

In der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaft wird im Zusammenhang mit den hier angesprochenen Themen viel Gebrauch gemacht vom Begriff der ERWARTUNG. In gewissem Sinn ist diese Verknüpfung trivial, wenn man in Betracht zieht, dass „normalerweise“ die Träger nicht-erzwungener Konformität ausreichen, um die Grundlage für wirksame Sanktionsdrohungen und Unterbindung von Chancen für Konformitäts-kritiker und -Gegner zu schaffen -auch wenn keineswegs alle Konformitäts-Typen in gleicher Weise an dieser Unterdrückung von Alternativen-Befürwortern (die ihrerseits nicht dieselben Alternativen vertreten müssen) beteiligt sind. Insofern ist die Erwartung aller, der Oppositionellen wie der Nichtoppositionellen, dass in hohem Masse Regel-Konformität zu erwarten ist (und von einem erwartet wird), nur zu berechtigt. Interessanter als dieser Trivialfall ist jener, wo ein subjektiv legitim Gefordertes mit der Erwartung einhergeht, dass (ähnlich legitimerweise, „verständlicherweise“) bestimmte Adressaten der Forderung dieser nicht genügen können: Die Legitimation der Forderung ist dann „an sich“ richtig, es ist aber ebenso richtig, dass die betreffende Gruppe dies auf ihren Grundlagen nicht einsehen kann. Nicht immer, aber oft genug tritt ein drittes hinzu, nämlich dass den Adressaten das zur Einsicht Fehlende vermittelt werden, oder sie bestimmte Schritte machen werden (in Abhängigkeit von zu machenden Erfahrungen, die von aussen nicht un bedingt zu beschleunigen sind), derart dass DANN von ihnen die Übernahme der Forderung erwartet werden kann. Wenn all dies versehen ist mit dem (behaupteten, eventuell zu rechtfertigenden) Prädikat „vernünftig“, dann bedeutet die Nichterfüllung der Forderung trotz glaubwüdig/nachweislich erfolgreicher Vermittlung, dass die Adressaten für den Vermittler nicht mehr zu verstehen sind.

Was vernünftigerweise zu tun (oder wenigstens zu versuchen) ist angesichts dessen, was alle von sich aus erstmal wollen (wünschen usw) und können/wissen – das war genau das, was oben „Sollen“ hiess: was alle angesichts dessen vernünftigerweise fordern-UND-erwarten dürfen.
Aber was aus ihrer Sicht überhaupt vernünftig ist, darauf müssen sie sich erstmal besinnen.
Und was vom auf Anhieb Geforderten (oder eben „an sich Vernünftigen“) auch von Einzelnen ebenso eingesehen umgesetzt wird (soweit sie betroffen sind), ist nicht klar.
(Letztlich sollte wohl nichts fordern, dessen Umsetzung nicht auch erwartet werden kann.)
Was man fordert, selbst wenn man sich besonnen hat darauf, was man insgesamt vernünftig findet, ist wohl irgendwie, was man will; angesichts dessen, was gekonnt und gewusst wird.
Aber genau das muss einem dann auch bekannt sein.

Und dann ist die Frage: Ob ein Rest im „wollen“ steckt, der nicht eliminierbar ist: Etwas wie ein (nicht) wollen können – Grenezn unserer Spielräume und Handlungsbereitschaften – „bei allem guten Willen“.
Und das wäre bei sich wie andern zu beachten.

Aber wie, wenn mans nicht beachtet (weil andres immer schon so bedrohlich und/oder lohnend (aber gefährdet) ist, dass man selbst wie andre ständig ans Limit gehen muss? Und das beginnt früh, wenn „ans Limit gehen“ zur Gewohnheit geworden ist. Schliesslich KANN man dann immer auch soviel mehr. Vorübergehend zumindest…)
Und wie, wenn man zum Gekonnten und Gewussten nicht mal ansatzweise sich ein Urteil bilden kann, weil es VIEL, vielmal-zuviel zu umfangreich ist, um es sich zum Gegenstand irgendwelcher Beurteilungen zu machen? Wie, wenn das auch schon nur für die Grenzen der Spielräume der Andern gilt? (Ganz abgesehen von der Frage, ob auf ihre Bekundungen verlass ist; ob si esich selbst korrekt einschätzen; ob man erstmal ihren ganzen Lebensstil ändern müsste (aber wie?), bevor man anfangen kann, mit ihnen zu „rechnen“…
Und wie, wenn man sich garnicht auf sovieles besonnen hat? Wenn man garnicht weiss, wie man vernünftigerweise zu entscheiden, zu reagieren, umzugehen hätte mit all solchem (von sovielen, aber je nur für sich) Gewussten und Gekonnten?

Solange Grenzen für Leistungs- und Handlungsspielräume und Bedingungen von deren Reproduzierbarkeit („Bedürfnisse“) prinzipiell missachtet werden (weil „lohnende“ Anstrengungen anstehen, um Chancen zu nutzen und allgegenwärtige Gefahren, nun ja, nicht zu reduzieren, aber Vorbereitungen dafür zu treffen, dass man es irgendwann kann)….
solange Wissen einzelner Experten auf ihrem Feld so dimensioniert ist, dass es sie (also alle) vom Wissen aller andern Experten ausschliesst, und man sich beim Zwecke setzen überhaupt nicht auf ein einheitliches Wissen je noch beziehen kann…
solange die vernünftigen Prinzipien, wie mit Wissen (und daraus entwickeltem oder entwickelbarem Können) umzugehen ist (bei gegebnen Speilraumgrenzen und Bedürfnissen aller Beteiligter) von niemandem gedacht, geschweige denn allgemein sich darüber verständigt wurde;
und solange selbst dann nicht mal im Ansatz von Einzelnen erarbeitetes Wissen nach gemeinsamen Relevanzkriterien im Rahmen der Aufmerksamkeits-Spielräume ALLER Beteiligter existiert, auf das solche Prinzipien (wenn man denn sich drauf besonnen und sie ausgetauscht hätte) angewandt werden könnten,
und Spielraumgrenzen und Spirelraum-Reproduktions-Bedingungen flächendeckend um „produktiver“ und Fortschrittsziele missachtet werden –
solange ist die unendliche Vielfalt individueller Unvernunft und Unreflektiertheit, die gegenwärtig anzutreffen ist (niemand ist schuld daran; darum geht es nicht), nicht in irgendeine gesellschaftliche Version davon zu transformieren. Wozu auch. Es wäre immer noch der blanke Wahnsinn, der es ja jetzt im Einzelleben schon ist.

Und Unsinn bleibt Unsinn; egal, ob es der ganz eigne einer Einzelperson und der ihrer Befürwortungen und Ablehnungen ist, oder der aller, irgendwie (nach irgendwelchen Regelsystemen, irgendeinem Sollen, zB Kapitalismus, demokratischer Rechtsstaat, „Staatengemeinschaft“, Moral, bürgerliche Öffentlichkeit und Kultur national und international) vergesellschaftet.