Entwurf für 8i: Was genau nochmal ist also der Fehler der „Normalplanung“?

Vorbemerkung.
Als ich die Überlegungen zu „Normalität, oder die Begründung durchs hinreichend Bewährte“ schrieb, geschah das mit der Zielsetzung, jene Art und Weise darzustellen und zu rekonstruieren, in der Handlungen, Pläne, (Versuchs)Projekte aus je gegebner Erfahrung abgeleitet werden, die als die verbreitetste oder eben als „die normale schlechthin“ gilt – so verbreitet ist sie, dass sie oft mit allgemein-menschlichem Denken und Rationalität gleichgesetzt wird – als wäre sie die alternativlos einzig mögliche.
Als ich vor mehr als 12 Jahren das Nachdenken über dieses Thema unterbrach, war ich überzeugt, dass ich die grundlegendsten Eigenschaften dieser Begründungsweise erfasst hätte, derart dass der fundamentale Fehler bzw Mangel darin für die Leser erkennbar wird. Nur kurze Zeit später musste ich einsehen, dass ich mich getäuscht hatte: Eine erste Gelegenheit, diese Mängel meiner Theorie des „OPPortunismus“ (oder OPP, wie ich diesen Denk-Modus meist genannt habe) zu bemerken, ergab sich, als ich den Anschluss-Text über „Die kognitiven und affektiven Konsequenzen“ dieses von mir auch PLAN (Planen und Lernen Aufgrund von Normalerwartungen) genannten Lern-Modus zu beschreiben versuchte. und diese Erkenntnis vertiefte sich noch, als ich später drei oder vier mal ansetzte, um mir selbst den Kern meiner Theorie kurz und bündig klarzumachen, und mir das nicht gelingen wollte. Mittlerweile hatte ich einen weiteren solchen Modus des Planens und Lernens, den ich MODern nannte, in Texten behandelt, der sich meiner Meinung nach historisch aus einem dritten entwickelt hat, der zwischen den beiden genannten steht, der von mir so genannte „genuin RELigiöse“ oder „RELigiöse im eigentlichen Sinn“. Im Zusammenhang mit diesen Themen musste ich auch meine Vorstellungen klarer fassen davon, wie diese verschiedenen Weisen, sich zur Welt zu verhalten (bzw. zu der Gesamtheit an Erfahrungen, die jemand erwirbt, während er in ihr lebt), die je verschiedene zugehörige politische Einstellungen und Vergesellschaftungs-Konzepte erzeugen, nahelegen, motivieren (also grundlegende Einstellungen zu „den andern“ und der Gesamtheit an (möglicherweise in Konflikten zueinander stehenden) Gruppen, denen sich die jeweilige Einzelperson zugehörig fühlt. Es hat mir dann sehr geholfen, als ich im Zusammenhang damit genauer betrachtet habe, wie in OPP-begründeten Lebensformen die Reifung der politischen Begriffsbildung letztlich auch zu einer rationaleren und weniger primitiven Einstellung zur Welt führte, wenn auch nur in einem gewissen Mass: Meine Vermutung war und ist nämlich, dass der Mangel des OPP Denkens auf seinen eigenen Grundlagen nicht behoben werden kann, sondern allenfalls korrekt als solcher erkannt und beschrieben werden kann – und das allenfalls von den politisch fortgeschrittensten OPP Personen. Es zeigte sich nun in der Rekonstruktion dieser begrifflichen Fortschritte im Zuge zunehmender politischer Reifung, bei denen die OPP-artig Planenden und Lernenden immerhin die primitivsten Ausgangs-Formen ihrer Denkweise ablegten, dass diese Fortschritte ganz wesentlich bestehen in der immer genaueren Unterscheidung zwischen Subjekt-bezogenen und objekt-bezogenen Kategorien, was mich wiederum dazu brachte, mir genauer anzusehen, wie die Vermischung der beiden Kategoriensysteme von OPP Personen gehandhabt wird, bevor sie sich davon (zumindest teilweise) wegentwickeln. Genau dies war der Ausgangspunkt des hier gestarteten Unternehmens – das, genauer gesagt, motiviert wurde durch den Wunsch, einer mutmasslcih „genuin RELigiösen“ Person die Mängel des OPP denkens vorzustellen – und dadurch herauszufinden, ob sich meine Vermutung bewahrheiten würde: dass solche „REL“ Personen geeignet sind, eine Beschreibung des OPP Denkens problemlos nachzuvollziehen (wenn diese nicht zu kompliziert ausfällt). Das Folgende ist das, was dabei nach einigen Anläufen als Ergebnis herausgekommen ist. Ich hoffe, dass es dazu beiträgt, die Begründung, warum OPP Denken verkehrt ist, sehr viel klarer und zufreidenstellender als früher auszuführen.


1.
Ich muss zunächst einige sehr grundlegende (und zumindest zum Teil auch allgemein bekannte) Begriffe einführen, vorzugsweise Paare solcher Begriffe; in einem zweiten Schritt werde ich dann den Zusammenhang zwischen diesen Begriffen erörtern und dabei die möglichen Verwirrungen herausarbeiten, die entstehen, wenn Merkmale dieser Begriffe fälschlicherweise als gleiche behandelt werden. Diese Verwirrungen sind wiederum, wie ich glaube, verantwortlich für die Mängel dieser so überaus verbreiteten Art zu denken – jener, die ich OPPortunismus nenne. Mein Ziel ist folglich, die Begriffe, die an diesen verwirrenden Gleichsetzungen beteiligt sind, so präzise abzugrenzen, dass es unmöglich wird, in diese Gleichsetzungen zurückzufallen. Stattdessen sollten die Leser anschliessend in der Lage sein zu erkennen, dass ihnen die OPP Gleichsetzungen überall und ständig begegnen im Alltags-Denken (und entsprechendem handeln) von normalen Leuten. Vielleicht gehören sie sogar selbst dazu.
Meine Analysen müssen somit jedes Mal mit einem Appell beginnen – einem Appell, dass man etwas unterscheiden möge; und hier ist der erste:

Es gibt ZWEI ARTEN VON HYPOTHESEN, zwischen denen sorgfältig unterschieden werden muss: Die bekannten, also jene, die aus Erfahrung abgeleitet sind, einerseits, und solche, die ich Optimal-Hypothesen nennen möchte, andererseits (die häufigste und bestbekannte Version dieses letzteren Typs sind alle Arten von religiösem Glauben (auch wenn es sich dabei aus meiner Sicht in gewissen Hinsichten um eine beschädigte Version handelt – diese Sicht muss man aber nicht teilen; immerhin, so würde ich sagen, IST es eine Version dieses Typs, und das allein ist schon eine Errungenschaft….)

Das gemeinsame Merkmal beider Hypothesentypen ist die Möglichkeit, letztlich falsifiziert, widerlegt zu werden: Es KÖNNTE so sein wie in der Hypothese vermutet – aber sicher kann man nicht sein. (Und das bleibt so, selbst wenn eine Hypohtese immerfort weiter bestätigt wird oder wurde, und das über lange Zeit, in vielen Fällen usw)
Genauer betrachtet, hat dies gemeinsame Merkmal einige Unter-Kategorien, wie zB:
– es ist jeweils bezogen auf die Gesamtheit an Erfahrungswissen, das zu diesem Zeitpunkt dem Hypothesen-Prüfer verfügbar ist – daraus muss sich ergeben, dass es immer noch möglich ist, diese spezielle Hypothese zu prüfen – sie gehört nicht zu den „zu diesem Zeitpunkt bereits widerlegten“. Es muss somit einen gewissen „Überschuss“-inhalt geben angesichts der bereits verfügbaren Erfahrung, ein „es ist noch nicht bewiesen, dass dies nicht der Fall ist“ (worin mitenthalten ist eine Vorstellung davon, was dann der Fall sein müsste, wenn der bis auf weitres vermutete Inhalt „nicht der Fall ist“);
– aber dieser Überschuss ist definitionsgemäss NICHT in der gegenwärtigen Erfahrung enthalten – er muss vielmehr als Muster/Begriff/Vorstellung in der Phantasie vorweggenommen werden (das geschieht in der denkbar einfachsten Weise als Abfolge von Ereignissen oder Ereignis-Zusammenhängen, die sich wiederholen, zumindest dann, wenn bestimmte (möglicherweise bislang noch unbekannte) Bedingungen erfüllt sind).
– real kommt dieses „noch nicht wirklich (bewiesene) und möglicherweise niemals sich bestätigende“ nur vor in Gestalt eines „Tuns als ob“ es real wäre… (einmal mehr ist die einfachste Version dieses Tuns: aufmerksam sein, festzustellen versuchen, ob sich die betreffende Ereignisfolge oder Éreignis-Zusammehang wiederholt und fortsetzt);
– …wobei man hofft, dass die Welt bei diesem So-tun-als-ob ihre Rolle in dem „Spiel“ weiter spielt – solange, bis sich zeigt, dass die Welt nichts dergleichen tut, also nicht mitspielt, nicht der passende Partner und die Gegenseite für unsre Vermutung (und das entsprechende Handeln) ist – sodass die betreffende Hypothese aufgegeben wird und widerlegt ist. Diese Praxis des „Tuns als ob“ hat eine gut eingeführte Bezeichnung: EXPERIMENT (sollte darin nichts andres enthalten sein als Zuschauen und Abwarten, dann heisst das Experiment: BEOBACHTUNG.)
– Man sieht: Beim Hantieren mit Hypothesen ist eine ganze Menge Nachdenken erforderlich (der traditioelle „Empirismus“ – selbst in Gestalt von Theorien wie Kuhns Paradigma des „Pardigmas“ und der „Revolutionen“ in der Wissenschaftsgeschichte – ignoriert diesen Anteil eher): Definieren, worin das Handeln, das Tun-als-ob besteht – darin die eigne und die Rolle der Welt festlegen – definieren, wann das Spiel (das So tun als ob) vorbei nämlich wiederlegt ist – und vielleicht auch noch: Definieren oder sagen,welche Hypothese(n) anschliessend noch offen für eine Überprüfung sind (und auf die Weise eine ganze Abfolge von Hypothesen angeben, die in vernünftiger Reihenfolge überprüft werden sollten).

Und jetzt kommt der Unterschied.

Die eine der beiden Hypothesen ist die altbekannte „konventionelle“ – der technische oder (natur)wissenschaftliche Typ.
Das Muster für die Konstruktion der zugehörigen Experimente ist dabei abgeleitet aus einer Folge von Sachverhalten (die man beobachtet hat) – dabei ist gleichgültig, ob Handlungen unsererseits beteiligt sind oder nicht – das Experiment besteht dann darin, ein oder mehr bestimmte Elemente des objektiven Musters zu beeinflussen und es in solchen Zustand zu versetzen, dass dadurch die bestimmte Wirkung erzielt werden kann. Beides, sowohl die „Ursachen“ als auch die „Wirkungen“, kann dabei auch in einer Negativ-Variante definiert sein – indem man etwas NICHT tut oder versucht, um zu sehen, ob man dadurch machen kann, dass etwas NICHT geschieht usw
Normalerweise versuchen wir soweit Kontrolle zu bekommen (derart dass die Wirkung erzielt wird), dass wir uns darauf verlassen können und die nötige Wirkung unter allen Umständen, mit möglichst wenig aufwendigen Methoden erzielen usw – der ganze Kategorien-Katalog von Technologie lässt sich hier anschliessen.
Ich glaube, dass (Natur)Wissenschaft heutzutage ausschliesslich in diesen „technologischen“ Kategorien gedacht wird (ich nenne sie daher: technomorphe Wissenschaft; um sie von einem nicht-existierenden, aber vorstellbaren Gegenstück zu unterscheiden, das man „biomorphe“ Wissenschaft nennen könnte.)
Es wäre noch viel über diesen Typ zu sage, aber ich möchte zunächst den zweiten vorstellen.

Wie schon gesagt: Man wird nicht so schnell eingängiges Anschauungsmaterial finden, das ich als Beispiel für diesen Hypothesen-Typ anführne könnte – ausser eben religiösen Glauben (der allerdings wieder einige Eigenheiten aufweist, die ihn von andern Exemplaren desselben Typs unterscheiden – die Frage ist natürlich: was denn sonst noch für Exemplare existieren? Was im voraus nicht leicht zu beantworten ist…)

Erster Unterschied, verglichen mit den rein techn(olog)ischen Hypothesen: Die vom zweiten Typ sind NICHT aus Erfahrung abgeleitet – und zwar darum, weil sie geradezu eine Regel des Umgangs mit noch FEHLENDER Erfahrung darstellen („noch nicht wissen“) – die angibt, was man dann zu tun hat. Da man in diesem Fall sich nicht einfach auf „bestätigte Erwartungen“ dessen beziehen kann, was geschehen wird, muss man festlegen, mit welchen Arten von Ereignisverläufen man „bis auf weiteres“ rechnen (bzw auf welche sich „versuchsweise“ einrichten) will, Letztlich läuft das hinaus auf die Konstruktion geradezu eines Universums von Möglichkeiten – ausser jenen, die bereits ausgeschlossen sind, weil damit definitiv nicht mehr gerechnet werden kann – zumindest nicht, wenn die Welt, in der wir leben, weiter für uns Sinn machen soll, oder, was exakt das gleiche besagt, wenn die Welt weiterhin so sein soll, dass WIR in und mit und „aus“ ihr sollen Sinn machen können.

Tatsächlich besteht eine Hypothese dieser Art in beinah jeder Hinsicht aus einer Definition dessen, was wir unter „Sinn machen(d)“ verstehen – sie ist eine Art Übersicht darüber, welche Fortsetzung der Geschichte im allgemeinen und unserer Lebensläufe im besonderen mögliche Grundlage für eine Biographie (unsre eigene, oder die von jemand anderm) darstellen würde, die sinnvoll wäre (Sinn machen würde -für uns bzw diese Person) – und darüber, welche Ereignisverläufe jeder erdenklichen vernünftigen Praxis ein Ende bereiten und sie sinnlos machen würden.

Natürlich muss unsere Definition von „Sinn machen(d)“, um Inhalt bzw Teil einer „Hypothese“ zu sein, auch einen Unterschied machen im Handeln und seinen Folgen – nur so und nur dann kann ja eine bestimmte Handlungsweise (im Unterschied zu allen Alternativen) ausgezeichnet werden als das „Testen dieser Hypothese“ (als „Tun als ob sie wahr wäre“ – solang bis sie widerlegt ist). Und nur dann gibt es auch einen möglichen Ausgang dieses „Experiments“ derart dass „die Welt keinen Sinn mehr hat/macht“, sodass die übergreifende Hypothese über sie, dass sie Sinn hat/macht (bis das Gegenteil bewiesen ist) auch tatsächlich falsifiziert und widerlegt ist.
Das muss nun nicht gleich das Ende allen Versuchens und Hypothesentestens sein, vielmehr kann es einfach bedeuten, dass man zu „der“ nächsten Hypothese (oder einer der nächsten) übergeht; was wiederum die die Idee nahelegt einet möglichen Reihe solcher (nacheinander zu testender) Hypothesen mit einer Rangfolge – derart dass die höherrangigen als erstes erprobt werden sollten und die andern danach, die ganze Rangreihe hindurch abarbeitend.
Und genau das ist die Stelle, wo nun die die Kategorie eines möglichen OPTIMUMs ins Spiel kommt: Wenn unter allen Möglichkeiten, die überhaupt infragekommen, einige MEHR Sinn machen würden als andre (wenn sie sich bewähren bzw bewahrheiten würden), würden wir sie wohl als erstes testen, bevor wir zu den oder der nächst „schlechteren“ in der Rangfolge übergehen würden. (Diese Vorstellung mag einen in manchen Hinsichten an das erinnern, was man Pascals Wette genannt hat, die als Argument dafür gilt, warum es lohnen könnte den christlichen Glauben anzunehmen. Tatsächlich handeln viele „Argumente“ von Missionaren aller möglichen Konfessionen von der oder den Vorstellungen eines möglichen „Maximal-Optimums“ – genau wie auch die Auseinandersetzungen zwischen Konfessionen und religiösen (Ideal)Vorstellungen, die allesamt auf verschiedenen Ideen beruhen, worin ein solches Maximal- und Super-Denkbar-Bestes bestehen könnte. Sogar im Leben einzelner Gläubiger kann es „Zweifel“ daran geben, ob ihr gegenwärtiges Glaubenssystem DAS entwickeltste aller Optima enthält – oder ob sie lieber ihre Vorstellung davon wechseln sollten – was normalerweise bedeutet, das man sich in einer Glaubenskrise befindet, die aber meist (oder eigentlich immer) endet mit einer neuen Vorstellung von einer hypothetischen „Opimal-Verfasstheit“ der Welt als ganzer (und der Offenbarung usw, die solch eine Welt-Verfasstheit enthält oder nahelegt oder impliziert…)

Betrachten wir jetzt wieder das Verhältnis beider Arten von Hypothesen zueinander.

Der entscheidende Punkt dabei ist, dass diese beiden Konzepte nicht nur auf verschiedene Arten hinauslaufen, sich zu „Möglichkeiten“ zu verhalten – sie beziehen sich vielmehr sogar auf zwei völlig verschiedene Typen von Möglichkeiten.

In schlagender Weise kann man sich davon überzeugen, indem man sich folgendes klarmacht: Alles Testen und Erproben von Hypothesen des ersten Typs, jede Ausführung von Experimenten dieser Art, ist eingebettet in ein übergreifendes Experiment, mit dem man eine Hypothese der zweiten Art testet. Und das ist so, weil die beiden Unterschiede „aus Erfahrung abgeleitet – bzw nicht abgeleitet“ und „durch immer längere Folgen „positiver“ oder erfolgreicher Experimente bestätigbar – oder eben nicht“ einhergehen mit einem dritten: Das experimentelle oder versuchsweise „Tun als ob“ im ersten Fall kann wiederholt werden (und bestätigt durch „erfolgreiche“ Wiederholungen); das vom zweiten Typ hingegen kann nie bestätigt werden. Um es genauer zu sagen: Die zweite Hypothese bezieht sich auf ausgesprochen übergreifende, global alles einbegreifende Versuche – etwa: sein Leben zu führen, oder: eine Praxis des sich und andre (zusammen mit diesen) in einer gegebnen Umgebung Reproduzierens, oder sogar der Verfolgung eines Plans, wie man Fortschritte dabei macht, dies alles immer besser besser als zuvor zu tun – und dieser alles-in-sich- und-übergreifende Plan kann, oder besser: er wird ganz sicher etliche Experimente der ersten Sorte enthalten – also solcher, die wiederholt werden müssen um zu entscheiden, ob die vermeintliche Kausal-Relation sich bewährt, oder ob sie an (dann genau benennbare) Bedingungen gebunden ist (die dann wieder genauer zu erforschen sind) – oder ob die Relation zu unzuverlässig und flüchtig ist und nicht in dem Mass bestätigt werden kann, um für die Erzeugung einer bestimmten Wirkung in einer möglichen Praxis genutzt zu werden.

Nach diesen ersten Klärungen möchte ich nun genauer untersuchen, was es mit diesem grundlegenden Unterschied auf sich hat. Dazu möchte einige weitere Begriffe einführen, die jeweils eng mit den beiden Hypothesen-Typen verbunden sind, und zwar darum, weil sie quasi die Gegenteile oder Gegenstücke darstellen zu den Begriffen, mit denen jeder der beiden Hypothesen-Typen definiert wurde (auch die beiden Typen bilden ja ihrerseits ein Paar von eng miteinander verbundenen oder aufeinander bezogenen Begriffen: Denn, um daran zu erinnern: Ich möchte ja eine Darstellung von möglichen Verwechslungen liefern, und hier sind nun mögliche Paare von Begriffen, die eventuell anfällig dafür sind, quasi ineinanderzufliessen, oder eben nicht hinlänglich auseinandergehalten zu werden.)
A. Das Gegenstück zu „Widerlegung“ wäre „Bestätigung“ (das war ja in einer der Definitionen das Kriterium: Der erste Typ Hypothese kann widerlegt UND bestätigt werden, der zweite hingegen kann „wenn, dann nur widerlegt werden“; und das war schlicht Folge der Tatsache, dass Experimente zum Test von Hypothesen der ersten Art immer Teil sind von solchen der zweiten Art.)
B. Ganz ähnlich enthält jedes „Tun als ob“ ein „Tun“ als Teil.
C. Und ich könnte noch einen dritten „Partner-“ oder „Gegen-“ Begriff nennen für einen von denen, die bereits eingeführt wurden: Man kann Hypothesen testen – aber man hat auch durchgehend Erwartungen. Erwartung (oder Prognose, Vorhersage) – ist das ebenso ein Gegenstück zu „Hypothese“ (so wie Bestätigung es für Widerlegung ist) – oder eher irgendwie in Hypothesen als Moment enthalten (so wie „Tun“ im „Tun als ob“): Erwartungen sind hier unterstellt als aus dem abgeleitet, was der Fall wäre, wenn sich die Hypothese als haltbar oder wahr herausstellt, mit den Fakten übereinstimmt usw).
Man sieht: Es gibt hier eine ganze Menge an möglichen Konfusionen, zu denen wir verführt werden könnten – und, wie noch zu zeigen sein wird; das Denken der OPPortunisten nutzt sie alle ausnahmslos. Aber selbst wenn die betreffenden Begriffe in den Paaren mit noch soviel Sorgfalt unterschieden werden – so bleibt dennoch die Tatsache, dass die Begriffspaare unter- und miteinander eng verwoben sind und miteinander in Beziehung stehen. (Und genau das ist ja der Ausgangspunkt für die Möglichkeit, sie ineinanderfliessen zu lassen und die Unterschiede zu verwischen.)

Eine sehr fundamentale Begriffs-Beziehung im Rahmen der angeführten drei Begriffspaare liesse sich als erste angehen, nämlich die Beziehung zwischen „Tun“ und „Tun als ob“. (Das „Tun als ob“ soll hier natürlich nicht Fälle bezeichnen, in denen jemand absichtlich vorgibt etwas zu sein oder zu tun, um andre (oder sogar sich selbst) zu betrügen und glauben zu machen dass..)
((Mein Gebrauch von „tun als ob“ war Teil meines Versuchs, den Ausdruck „eine Hypothese testen“ zu definieren – und da bekommt er nun fast etwas Künstliches – denn: Im tatsächlichen Alltagsgebrauch wird der Ausdruck eigentlich nur verwendet, wo eine andere sehr übliche und gut eingeführte Formulierung bereits existiert: „…tun, wobei man sich nicht sicher ist oder Zweifel hat ob… oder ob nicht.“ Die „Hypothesen-Test“-Handlungsweise könnte demnach angesehen werden als die extremste Variante unter allen Arten des Handelns („Tuns“) unter „ungewissen und riskanten Randbedingungen. (Tatsächlich nehme ich diesen Anflug von Künstlichkeit inkauf, weil ich auf diese Weise immer daran erinnert werde, dass „tun“ immer ein Teil ist von „tun als ob“.) ))
Natürlich hat dieser Unterschied (zwischen Tun und Tun-als-ob) auch Konsequenzen für das erste Begriffspaar:
Bestätigung ist nämlich verbunden mit „sich immer sicherer sein, dass…“, wohngegen Widerlegung, Nichtbestätigung zusammengeht mit (nicht beseitigtem, anhaltendem) zweifeln-ob (überhaupt).
Aber genau diese Parallele führt uns auf einen weiteren Unterschied: Bestätigung ebenso wie Zweifel-bekommen gehören zu Fällen, wo schon mehrerere Versuche stattgefunden haben, und einige davon erfolgreich waren, andere nicht: Die Ausmasse von Zweifel und Gewissheit hängen dann ab vom Verhältnis der beiden Anzahlen.
Und das verweist wieder zurück auf „tun“ und „tun-als-ob“: Während man nämlich „eine Hypothese testen“ (also das betreffende Tun-als-ob) ansehen könnte als Maximalform von „Handeln (tun) während man noch nicht sicher ist ob…“, kann „tun“ als das Pendant dazu aufgefast werden auf der Seite der „Gewissheit“ (des Sich-sicher-Seins).

An dieser Stelle möchte ich ein paar Details klären mit bezug auf „Erwartung“ und dabei zurückkommen auf das zuvor Gesagte.
Das Verhältnis zwischen „Hypothese“ und „Erwartung“ scheint irgendwie ähnlich zu sein wie das zwischen „Muster, Typ, Regel“ und „Einzelfall, Exemplar vom Typ…, Realisierung des Musters“. Hypothesen scheinen sich zu beziehen auf eine Abfolge möglicher Ereignisse oder Ereignisverläufe (die Handlungen enthalten können, oder auch nicht), die erwartet oder prognostiziert werden können (als Konsequenz von Handlungen, oder auch nur Ereignissen) – wohingegen jede Einzel-Erwartung sich jeweils nur auf den je nächsten Fall dieser Art beziehen.
Sicherlich hat der Leser die doppelte Formulierung „Typ, Regel“ bemerkt.
„Typ“ bezieht sich im allgemeinen auf eine Abfolge von Sachverhalten, Ereignissen, Ereignisfolgen vielleicht auch Dispositionen zu solchen (und überhaupt allem, was darin involviert sein kann), und das unabhängig davon, ob darin Handlungen beteiligt sind doer nicht; wohingegen das Wort „Regel“ anzeigt, dass es sich um ein Muster handelt, in dem Handlungen (Handlungsmuster) beteiligt sind – die Einzelrealisierung des Musters oder Typs „eine Regel befolgen“ ist eine einzelne Handlung oder eben ein „Tun“.
Wenn man nun wiederholt dieselbe Hypothese testet und erprobt (wie es ja nötig ist, um sie zu „bestätigen“), dann ist das eine spezielle Art des Befolgens einer Regel.
Der Vorgang des „Bestätigens“ besteht nun vor allem darin, eine bestimmte Erwartung zu bilden und sie zu festigen, die mit der Versuchshandlung verbunden ist: Nämlich dass immer wieder (zumindest oft genug, für unser Bedürfnis) die Welt ihre „Rolle“ in dem „Spiel“ oder „Tun-als-ob“ spielt, worin das Testen der Hypothese besteht (die Gesamtheit der Effekte kann Nebenwirkungen mit einschliessen, die mehr oder weniger ähnlich häufig auftreten – sie mögen nützlich sein in irgendeiner Hinsicht, oder nicht, oder auch schädlich, aber hinnehmbar usw). Infolgedessen mag das Tun-als-ob zunehmend mehr in ein „Tun“ übergehen – also die Anwendung einer technischen Vorrrichtung oder eines Verfahrens, oder die Ausnutzung eines vorhersagbaren objektiven Sachverhalts bzw des Wissens davon (genauer eines solchen Sachverhalts, dessen Auftreten oder Qualität oder Beendigung von uns gegenwärtig nicht kontrolliert wird: weshalb ich das Wissen davon (das auch Vor- und Anzeichen, Messinstrumente und Beobachtungen entsprechender Fakten einschliessen mag) eine „prognostische Vorrichtung“ oder „Prognostik“ (in Analogie zu Technik) nennen möchte). Und diese Art des Benutzens kann sich als so zuverlässig (oder sogar zuverlässiger) erweisen wie sonst nur unsere Körperfunktionen.

((Normalerweise haben wir eine Menge Erwartungen (die enttäuscht werden könnten, normalerweise aber nicht enttäuscht werden) – in gewissem Sinn machen wir in jedwedem Augenblick, ganz gleich was wir tun, Gebrauch von der Gesamtheit aller Erwartungen, die relevant und eben gültig sind in diesem Augenblick. In jedem Augenblick (noch mehr in der Abfolge von Augenblicken, wenn wir uns durch die Punkte unseres Reproduktions-Alltags hindurcharbeiten) befolgen wir zugleich eine Unmasse an Regeln (oder sogar „die Gesamtheit all unserer Regeln“, unser Regelsystem) und testen dabei zugleich Hypothesen, die weiterhin bis zum Erreichen voller Gewissheit noch zu bestätigen sind.))

Die Frage ist nun: Welche Art Erwartungen oder Regeln oder Hypothesen könnten mit jenem maximal sicheren Handlungstyp verknüpft sein – dem Kern an „reinem Handeln“ in allem und jedem Tun?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir jetzt sehr genau sein; denn in gewissem Sinn gibt es überhaupt keine Erwartungen, die sich mit diesem „Tun“ verbinden: Nicht jedenfalls in dem Sinn, dass dabei abgewartet werden muss, ob und dass etwas erst noch geschieht, und das erst noch erforscht und erprobt werden muss, bevor man sich auf eine solchen Zusammenhang mit dem Handeln verlässt. Anstelle dessen haben wir Gefühle, die – oft genug in mehr oder weniger gewaltsamer, uns überwältigender Weise – uns den gegenwärtigen Stand unseres Handlungsspielraums anzeigen: Keinerlei Hypothese im allgemeinen und keine „Erwartung“ irgendwelcher Art vermittelt oder tritt zwischen diese beiden Kategoriensorten (das Handeln und sein verbleibender Spielraum, und die Gefühle, die ihn anzeigen).Gefühle sind nun mal so, ja sie können sogar geradezu als dadurch DEFINIERT angesehen werden, dass sie diese ihre Anzeigefunktion für unsere (verbliebenen, manchmal auch erweiterten, oder auch verminderten) Handlungsspielräume (die körperlichen wie die geistigen) ausüben.
Allerdings ist das noch nicht die ganze Wahrheit.
In jeder erfolgreichen, also fortsetzbaren und andauernden Reproduktionspraxis gibt es eine Vorstellung davon, was getan werden muss, um den Bedürfnissen, so wie sie sich fühlbar machen, zu genügen – es handelt sich da um Empfindungen, von denen her man ganz unmittelbar WEISS; welche Umgebungsbedingungen unangenehm sind und darum möglichst zu meiden sind bzw deren Eintreten gleich ganz verhindert werden sollte; oder durch die man ganz unmittelbar WEISS, was nötig ist um Hunger, Durst und die anderen (An)Triebe zu befriedigen, die sich durch entsprechende Gefühle/Empfindungen anzeigen. All das ist eine Art „Normalität“, die einen tatsächlich zu der Erwartung berechtigt, dass das, was über so lange Zeit so funktioniert hat, nämlich eben jene zuverlässige Verbindung von „Bedürfnisbefriedigung“ und Wiederherstellung der Handlungsbereitschaften (die in gewissem Ausmass im Verlauf und infolge der Bereitstellung von Mitteln für diese Bedürfnisbefriedigung verbraucht wurden), sich auch weiter so verhalten wird – zumindest im Rahmen der bekannten Grenzen, die sich aus der normalen Dauer des menschliche Lebens und der dabei absolvierten Altersstufen ergeben.
Genau diese Tatsache nun, nämlich: dass die „Normalverfassung“ unseres Körpers (soweit sie sich uns in Gefühlen/Empfindungen unmittelbar erschliesst) abhängt von den „normalen“ und gut gekannten Mitteln (Nahrung, Ruhen, erträgliche Umgebungsbedingungen etc) – sie lässt diese leiblichen Funktionen (Handlungsspielräume, Anforderungen für ihren Erhalt bzw Wiederherstellung, Bedürftigkeiten, sowie die all das anzeigenden Gefühls- und Empfindungsverläufe) ganz ähnlich aussehen wie technische Vorrichtungen, die ihrerseits ihren leiblichen Gegenstücken insofern vergleichbar sind, als auch sie der Wartung und Pflege bedürfen und womöglich bisweilen etwas zugeführt bekommen müssen, um weiter zu funktionieren – womit ihre „Bedürfnisse“ ähnlich abgedeckt und befriedigt werden wie unsere eignen.

Während wir nun aber anhand unserer Gefühle ausgesprochen rasch und unmittelbar lernen, was für unseren Körper (als Träger der Handlungsspielräume) gut oder schlecht sein mag, liefern uns im Gegensatz dazu die Welt-Fragmente, deren wir uns in unserer Praxis als technische und prognostischeWerkzeuge bedienen, keine solche einfachen Gebrauchsanweisungen, wie mit ihnen umzugehen ist: Um die Handhabung auch nur jener ihnen innewohnenden und möglicherweise sehr verborgenen Eigenschaften und Dispositionen zu erlernen, die sich letztlich als brauchbar erweisen in zweckmässigen Aktivitäten aller Art und speziell in den Routinen einer Reproduktionspraxis (derart dass sie unsere natürlichen Handlungsspielräume „aufrüsten“ und auf die Weise erweitern, wodurch diese sich zu einem realen „(Wirken)Können“ (Fähigkeiten) entwickeln – um also, so sage ich, diese Eigenschaften vorkommender Tatsachen, Dinge, Materialien, Anzeichen, Bedingungen, Zyklen, Dispositionen usw kennenzulernen, müssen wir beständig achten auf die beiläufig sich ergebenden Verknüpfungsmuster in Ereignisverläufen – „kausal-artige“ solche Verknüpfuingen, „Korrelationen“ usw – oft genug müssen wir dann die Azusgangsbedingungen („Ursachen“) künstlich erzeugen, um herauszufinden, ob, und wenn, wie zuverlässig der nachfolgende Effekt, die „Wirkung“ auftritt – genau darin besteht ja das Durchführen eines Experiments oder (falls die „Ursachen“ ausserhalb unserer Einflussmöglichkeiten liegen) sorgfältige und systematische Beobachtung – mit dem Ziel, Mittel zu finden, mit denen wir unsere leiblichen Handlungsspielräume „auf/ausrüsten und dadurch erweitern“ können.
Keinerlei Gefühl freilich leitet diese Forschungsarbeit an, erst recht nicht wird uns je auf eine solche Weise angezeigt, wie weit wir noch von einem erreichbaren Wirkoptimum entfernt sind. (Das wäre allerdings auch erst von Nutzen, wenn wir anfangen mögliche Werkzeuge oder Verfahren auf unsere physischen und mentalen Spielräume für ihre Handhabung hin einzurichten und sie für den Gebrauch zu „optimieren“ – umgekehrt passen wir unsere allgemeinen Handlungsspielräum an durch „Einüben“ der zweckmässigen Handhabung, um sie in „Fähigkeiten zur angemessenen Benutzung“ der betreffenden Werkzeug-Dinge oder Verfahrens-Zusammenhänge zu überführen.)

Dieser Unterschied zwischen dem „technischen“ Anteil unseres realen Praxis-Könnens und den leiblichen (physischen, mentalen) Handlugsspielräumen (einschleiesslich der durch „Gefühle“ erschliessbaren Bedingungen ihrer Erhaltung und Wiederherstellung) betrifft also die Art und Weise, wie wir jeweils das betreffende Wissen erwerben bzw wie danach suchen; ein weiterer Unterschied zwischen beiden bezieht sich mehr auf die Art und Weise, wie wir die jeweiligen „Anteile“ in einer Praxis einsetzen, nachdem wir sie jeweils hinlänglich erprobt und optimiert haben (auch optimal aneinander angepasst): Für die technischen und prognostischen Geräte und Verfahren gilt, wenn sie nur einmal entdeckt, entwickelt, optimiert wurden, dass sich ihre Eigenschaften oder Funktion nicht mehr sehr häufig ändern, und selbst wenn sie es tun, liegt das meist an irgendwelchen Einflüssen („etwas war anders als sonst“), die dann auch mehr oder weniger leicht ermittelt werden können. Die Körperfunktionen wiederum reagieren nicht nur relativ empfindlich auf Änderungen der Umweltbedingungen (zB das Wetter), veränderte Nahrung, oder „Fehl- und Übernutzung“ (Schlafmangel, Überarbeit etc), sondern davon abgesehen, haben sie obendrein gewisse „innere“ Störquellen und weisen viel mehr Schwankungen im Leistungsprofil, den Einsatzreserven, Bedingungen für Erholung und Wiederherstellung nach starkem Gebrauch usw auf als jede technische Vorrichtung; tatsächlich würden wir eine ähnlich anfällige Technologie für mehr oder weniger unbrauchbar erklären, es sei denn, ihr Einsatz für spezielle Zwecke würde sich derart lohnen (oder wir wären derart ausschliesslich auf sie angewiesen), dass diese Unzuverlässigkeit inkaufzunehmen ist. Es gibt dabei einen fliessenden Übergang von „normalen“ Schwankungen der Stimmung und Handlungsspielräume hin zu mehr oder weniger ausgeprägten Krankheitszuständen. Und natürlich möchten wir dieses Schwanken unserer Fähigkeiten verringern, und suchen nach den möglichen Quellen für deren Steigerung oder Verschlechterung – die Optimierungsversuche hinsichtlich dieses speziellen „Werkzeugs“ (unseres Körpers nämlich) hören eigentlich nie auf – schliesslich ist es unser wichtigstes und vielseitigst einsetzbares überhaupt.

Ausgehend von dieser letzteren Unterscheidung, können wir leicht den Einfluss abschätzen, den diese beiden Momente jeder „Praxis“ (die ja nichts andres ist als eine Abfolge einfacher Arbeitsschritte, in denen wir technische und prognostische Verfahren einsetzen im Rahmen von Handlungen, die unsere je aktuellen Handlungsspielräume erschöpfen) auf die dabei jeweils massgeblichen Erwartungen ausüben: Solange alles weitergeht wie bisher, ist die grundlegende Erwartung diese: Alles ist normal und bleibt auch so – es ist jene Erwartung, die an das stabile Sich-selber-Gleichbleiben der technischen und prognostischen Funktionen und Verfahren erinnert.
Hingegen immer wenn wir mit überraschend anderen als den erwarteten Ereignissen und Ereignis-Verläufen konfrontiert sind, werden die Gefühle, die wir dabei haben, wichtig – sie bestimmen dann, worauf wir uns ab jetzt einrichten (müssen) und worauf nicht – und dieser formende, bestimmende Einfluss bezieht sich dann sowohl auf technische Experimente (mit denen wir technische Verfahren suchen und erproben, die solche ersetzen, die sich als untauglich erwiesen haben) als auch darauf, wie wir ab da unsere (begrenzten) Handlungsspielräume und reproduktiven Aufgaben neu einrichten müssen, derart dass sie zueinander passen; oder wie wir Chancen und Risiken und überhaupt „das Normale“, „die Normalität“ einschätzen müssen, mit denen wir ab jetzt rechnen müssen und dürfen, mit anderen Worten: Worauf wir uns ab jetzt emotional einstellen sollen, und worauf nicht.

Die Tatsache freilich, das man überhauüt überrascht werden konnte, zeigt auch, dass man nicht darauf vorbereitet war, derartiges nicht erwartete, und die Frage könnte dann sein: Warum nicht? Die überaus triviale aber nichtsdestotrotz zutreffende Antwort darauf lautet: Weil man nun mal nicht alles vorhersagen, voraussehen, nicht auf alles vorbereitet und eingestellt sein kann, das grundsätzlich in der Welt passieren kann und möglich ist.
Schon weniger trivial hört es sich an, wenn man das etwas genauer zu fassen versucht, nämlich so: Nicht nur hat man da etwas „von der Art“ nicht erwartet – nicht nur hat man vielmehr erwartet, dass es NICHT stattfinden würde (oder jedenfalls nicht so schnell, nicht mit so weitreichenden Konsequenzen ect); sondern fast immer könnte man hinzusetzen: Man hatte das Gefühl, damit auch nicht rechnen zu müssen – man hat es zurecht nicht erwartet – einmal aufgrund allgemeiner Lebenserwartung (der gesamten bis zum jetzigen Zeitpunkt), die einen etwas darüber lehrt, in welchem Ausmass ausserordentliche Ereignisse unser Leben überhaupt und generell beeinträchtigen können oder umgekehrt es erleichtern können; aufgrund derselben Erfahrung sehen wir uns, zum andern, auch durchaus darüber unterrichtet, wo die schlimmsten Schadursachen zu erwarten sind oder eben umgekehrt die Ursachen für glückliche und problem-lösende Entwicklungen (derart dass wir Regeln haben, wann wir vorsichtig sein müssen und wann zuversichtlich sein und hoffen dürfen); schliesslich hat, drittens, womöglich einfach nichts ausserorentliches im Vorfeld des betreffenden Zwischenfalls darauf hingedeutet, es gab keine An- oder Vorzeichen – wie also hätten wir darauf vorbereitet sein, wieso etwas erwarten sollen? – Aber vielleicht macht man ja gerade den (vorerst) allerletzten Schritt in der Präzisierung der eigenen Regeln, wann wo was von Bedeutung für unsere Praxis zu erwarten ist (und wann und wo nicht) – sodass man von nun an (endlich) aber auch WIRKLICH zurecht sich auf diese Regeln verlässt (man dazu berechtigt ist).

Für diese „subjektive“ Gewissheit gab es ein „objektives“ Gegenstück, nämlich: Bewährtheit, Bestätigtheit – ein Begriff, der eng verknüpft war in den Überlegungen oben mit „Erfahrung“ – der Lern- und Erfahrungsgewinnungsprozess sollte demnach von rein probeweisem „Tun als ob“ führen zu einem immer besser bestätigten und schliesslich zur Routine gewordenen reinen „Tun“ – zumindest im Fall von Experimenten, die leicht wiederholt werden können, und somit bestimmt sind durch Hypothesen der ersten Art (jene, die widerlegt, aber auch bestätigt werden können). Auch das Routine-Leben und die Routine-Reproduktionspraxis unterliegt einem Lernprozess – in gewissem Sinn ist es, ist auch sie ein Experiment. Nur: Hypothesen welcher der beiden Arten passen dazu? Gibt es in unseren Leben etwas, das wiederholt werden kann? Im Moment sieht es ganz danach aus – weil wir ja sonst aus Überraschungen nicht so lernen könnten, wie es eben beschrieben wurde (nämlich so, dass man zu präziseren/differenzierteren Regeln der Erwartungsbildung kommt). Aber – ist das schon die endgültige Antwort?

Es gibt noch eine weitere Frage, die sich bezieht auf die spezielle Beschaffenheit der Gefühle, die uns in überraschenden Ereignissen und Ereignisverläufen leiten – Gefühle, die im jeweiligen Fall mit dem „auf diese Ereignisse Eingestellt(gewesen)sein, sie (nicht) Erwartethaben“ verbunden sind (heisst das eigentlich, dass diese Gefühle auch noch solche sind im Fall, dass man das jeweils überraschende Ereignis garnicht vorhersehen KONNTE?) Welche Art Denken liegt eigentlich der „Berechtigung, mit etwas nicht rechnen, es nicht erwarten zu müssen“ zugrunde?


2. (3.Version)
Die drei Fragen von oben
– mit welchem Ausmass an Schaden/Entgegenkommen der Welt müssen/dürfen wir rechnen?
– wie müssen wir unsere Handlungsspielräume auf Aufgaben verteilen und wie weit können wir sie aufbrauchen, um (darauf) vorbereitet zu sein?
– welche An- und Vorzeichen zeigen uns die relevanten Änderungen an, derart dass wir rechtzeitig dafür Vorsorge treffen können?

drücken aus, worüber OPP Personen etwas „aus Erfahrung“ lernen wollen. Dieses ihr Interesse freilich stammt seinerseits nicht wieder aus Erfahrung und Beobachtung – vielmehr erwächst es aus einer ganz grundsätzlichen Überzeugung von OPP Personen, was und worüber etwas zu erfahren ihr massgebliches Wissen vemehren würde – weil es eben das ist, was zu wissen für ihr Leben wirklich von Bedeutung ist und in diesem Leben einen Unterschied macht. Das wiederun ist nur eine weitere Umschreibung dessen, was am Beginn von Teil I eine Hypothese 2.Art genannt wurde – also eine, die „nur widerlegt/falsifiziert werden kann“ und die „definiert, was es heisst, dass etwas (zu tun) sinnvoll ist“. Wie sich jetzt zeigt, gibt es, dieser Umschreibung oder Definition zufolge, eine weitere mögliche Bezeichnung für diese 2.Art Hypothesen, nämlich: Lernregel – sie definieren, worin Lernen aus Erfahrung dessen, was wirklich wichtig wäre, besteht. Um Angaben darüber zu machen, was es heisst, in dieser Hinsicht dazuzulernen, kann man sich nicht nochmals auf Erfahrung berufen – die Lernregel kann nicht aus vergangener Erfahrung hergeleitet werden, darum, weil sie in hohem Mass sich darauf bezieht, wie man Experimente gestaltet und durchführt oder worauf seine Wahrnehmung und Aufmerksamkeit richtet – sie sagt, was zu beoachten und worauf zu achten sinnvoll wäre (bei gegebnem Stand der Erfahrung). Nochmal anders könnte man diese Regel fürs Lernen so umschreiben: Es ist eine Art, wie man sich zum noch Unbekannten, Nichtgewussten in der eignen Zukunft verhält – demjenigen also, dessen man sich nicht gewiss sein kann, sogar dann, wenn es Sinn machen (den Sinn-Anforderungen genügen) würde – weil man im voraus bereits weiss, dass man (selbst in diesem Fall) noch nicht genug weiss, und bestenfalls erst in der Zukunft hinlänglich gut bescheid wissen wird.
Indem OPP Personen ihre drei Fragen stellen, sprechen sie zugleich aus, wovon die übergreifende Hypothese, die sie testen (oder die Lernregel, der sie folgen) handelt, anders gesagt: sie sagen, worin „Mehr-Wissen oder Dazu-Gelernthaben in relevanten Hinsichten“ aus ihrer Warte bestehen würde.
Nun – worin besteht es denn?
Sie möchten eine bestimmte Form von Erwartungen ausbilden können – wie fein ausdifferenziert auch immer die sein mögen – , die es ihnen gestatten, jederzeit auf alles vorbereitet zu sein mit ihren Handlungsspielräumen einschliesslich des nötigen technischen und prognostischen Mittelapparats – jederzeit soll all dies zur rechten Zeit am richtigen Ort sein, wo etwas von Interesse für sie, genauer gesagt: das, was jeweils am meisten in ihrem Interesse liegt, zu just diesem Zeitpunkt stattfindet (und dann praktisch zu ihren Gunsten verwendet oder, im Negativfall, abgewendet werden kann). Eingeschlossen in diese Erwartungsmenge ist die Menge an „berechtigten“ Erwartungen, dass nicht etwas Wichtiger an einem falschen Platz zur falschen Zeit stattfindet, derart dass man etwas versäumen kann, weil man darauf nicht vorbereitet ist und es eben nicht erwartet hat. (Dieses sind also Erwartungen der zweiten Art. dass, wo, wann man berechtigt ist, mit etwas NICHT rechnen zu müssen) – jedenfalls nicht, wenn es dafür zuvor nicht ein hinreichend deutliches An- oder Vorzeichen gab.)
Natürlich kann diese Erwartungsmenge oder das Erwartungsmuster, nach dem hier gesucht wird, recht komplex ausfallen; sie/es kann sich knüpfen an eine Unmenge an speziellen Bedingungen und komplexen Details hinsichtlich der Situationen und ihren Eigenschaften, die hinsichtlich der nachfolgend auszuführenden Handlungen einen relevanten Unterschied machen; aber immer gilt, wenn ein solches Erwartungssystem einmal entlang von Erfahrungen (durch deren angemessene Berarbeitung: indem man die passenden Gruppen von Vorzeichen und Bedingungen zusammenfasst, angesichts deren man vorbereitet sein und dafür handeln sollte in einer bestimmten Weise) ausgebildet wurde, darf man sich auch darauf verlassen. Obwohl man weiterhin gefasst sein muss auf weitergehende Verfeinerungen und Differenzierungen des Systems.
Dabei handelt es sich geradezu um ein Musterexemplar einer Typ-2-Hypothese – die Hypothese spricht mit maximalem Allgemeinheitsgrad aus, wie die Welt sein müsste (und wie es anzunehmen ist bis zum Beweis des Gegenteils), damit der optimale Umgang mit ihr gelernt werden kann – zumindest wenn diese Welt (oder anwachsende Erfahrung im praktischen Umgang mit ihr) weiterhin Sinn für uns machen soll, und wir in ihr für uns Sinnvolles sollen machen können; zumindest nach dieser speziellen Vorstellung davon, worin das Sinnvolle bestehen würde. Nicht nur steht das Muster, nach dessen konkreter Realisierung man suchen würde, vor aller realen Erfahrung fest; es reguliert ja sogar im vorhinein die Art und Weise, wie man beliebige aktuelle Erfahrungen zu interpretieren und worauf in ihnen man zu achten hat, um mögliche Realisierungen des Musters zu erkennen. Anders gesagt, das Muster legt im vorhinein fest, was zu einem gegebnen Stand ein relevanter Wissensinhalt ist und was nicht.
Als Resultat der Anwendung einer Typ-2-Hypothese liegt das Muster (oder die Erwartung, dass man etwas ihm Entsprechendes in der Welt finden wird – zumindest bis zum endgültigen Beweis des Gegenteils) vor aller Erfahrung fest und bedarf nicht etwa erst éiner „Bestätigung“. Es kann höchstens „falsifiziert“ oder widerlegt werden: Das Handeln unter dem hypothetisch unrestellten Muster (nach dem die Welt funktionieren soll) ist ein „Tun-als-ob“ die Welt tatsächlich entsprechend dem Muster funktioniert und die ihr unterstellte Rolle in dem zugehörigen (experimentellen, die Hypothese testenden) Handeln tatsächlich spielt. Was wiederum voraussetzt, dass man sich zumindest vorstellen kann, dass die Welt dieser Aufgabe gerecht werden kann – dass es ganz grundsätzlich für die Welt möglich ist, eine solche zu sein, wie es in der Hypothese angenommen wird, und dass es ja auch noch nichtt durch eine endgültig widerlegende Erfahrung auszuschliessen ist (obschon klarsein muss, was für Erfahrungen eine solch widerlegende Funktion haben würden). Schliesslich muss das Muster auch das vorstellbar (denkbar, definierbar) best-mögliche „Entgegenkommen“ der Welt unterstellen, soweit und so wie wir sie bis zum gegebnen Zeitpunkt dann jeweils kennengelernt haben.

Um den Inhalt dieser Hypothese präzise beschreiben zu können, müssen wir genauer untersuchen, was es mit den drei Fragen oben auf sich hat.
Genau genommen beziehen sie sich (abgesehen von den „Anzeichen“, von denen in der 3.Frage die Rede ist) nicht nur auf „Gefühle“ (in denen sich Handlungs-Spielräume und -Dispositionen darstellen, wie sie sich regelmässig in einer reproduktiven Praxis immer wieder neu herstellen), sondern vielmehr auf die Gesamtheit dieser Praxis, unter Einschluss aller technischen und prognostischen Mittel, die in ihr genutzt werden. Das utopische Fernziel, von dem die Hypothese einstweilen ausgeht (bis zur Widerlegung) lautet: Ausgehend von einer (wie am Grad der erreichten Regularität und „Normalität“ abzulesen ist, die man im Vollzug erreicht hat) ihrerseits bereits relativ gut angepassten Praxis gibt es eine Reihe von (Fort)Schritten hin zu einer immer perfekteren Versionen dieser Praxis, die der aktuellen Umgebung gemäss sind und gestatten, mit ihr zurechtzukommen – sie sind perfekter in einem solchen Mass, dass es, wenn überhaupt, immer weniger Überraschungen (zum guten oder schlechten) gibt. Das Endziel, dem wir uns auf diesem Weg durch empirisches Probieren und immer weitergehendes Optimieren der betreffenden Praxis annähern, ist dann erreicht, wenn in dieser Umgebung (im Verlauf unseres Lebens) wir durch nichts mehr überrascht werden können, auf das wir nicht vorbereitet waren.

Um hier ganz genau zu sein: Wer solch eine Hypothese seinem Handeln zugrundelegt (und bis auf weiteres „so tut, als würde ihr Inhalt zutreffen“). glaubt allen Ernstes, dass es eine alle Einzelverläufe übergreifende Eigenschaft (wenn auch eine uU sehr komplex gebaute) der Welt (zumindest soweit wir mit ihr zu tun haben) gibt, die eine dauerhafte und zuverlässige Beziehung hat zu seinem ganz bestimmten Profil an „Vorbereitet-Sein-auf“ bestimmte Ereignisse (oder Ereignisarten) und ebenso auf sein „Nicht-vorbereitet-Sein“ auf andre.
Das Vorbereitetsein besteht dabei nicht nur in Vorhaltung von Reserve-Ressourcen (einschliesslich dafür vorgesehenen Reserve-handlungsspielräumen), sowie aus Präventiv-, Verhinderungs- oder Ausweich- und Flucht-Massnahmen bezüglich erwarteter Schadereignisse, oder auch darin, dass man aufmerksam ist auf warnende An- und Vorzeichen (oder auch günstige solche). Sondern jede aktuelle Version einer solchen Vorsorge- und Vorbereitetheits-Praxis soll ihrerseits Resultat sein eines bis dahin bereits relativ erfolgreich absolvierten Prozesses, in dessen Verlauf man gelernt hat, sich durch Versuch und Irrtum den An- und Herausforderungen der Umgebung zu stellen, in der man gerade lebt – also IHREM speziellen Niveau an genereller Kontrollierbarkeit, der Aufwendigkeit einzelner Praxis-Schritte gemessen an der Gesamtheit der Fähigkeiten, über die man, realistisch betrachtet, verfügt (derart dass man die verfügbaren Ressourcen weder überfordert noch ungenutzt liegen lässt); schliesslich der erwiesenen Zuverlässigkeit der Regularitäten, mit denen all diese Praktiken begründet sind.

In vielen Hinsichten ist diese Vorstellung, wie eine maximal optimierte Praxis zu einer (an sich unbekannten und unkontrollierbaren) Umgebung passen könnte, nach einem bestimmten Vorbild gefertigt, nämlich dem der Benutzung einer mehr oder weniger komplexen technischen (oder prognostischen) Vorrichtung bzw Methode unter Umständen, die ihre Verwendung einschränken oder auch verbessern könnten – derart dass man diese Verwendung diesen speziellen Umständen optimal anpassen kann in der Hoffnung, alle möglichen Einflussgrössen berücksichtigt zu haben – zumindest alle, die „unter Normalbedingungen“ auftreten können. Genau diese „Normalität“ der Randbedingungen für Anwendbarkeit und Zweckmässigkeit ist immer unterstellt. Und indem man diesen Aspekt der Verfertigung bzw Nutzung von Werkzeugen (nämlich ihr optimales Funktionieren in einer gegebnen Umgebung) ins Inventar der „Gebrauchsanweisungen bzw Benutzungs-Regeln“ für die gegenwärtige Gesamtpraxis aufnimmt, tilgt man jede Möglichkeit ihres „Nicht-zur-Umgebung-Passens“ (als ob dieses sich, wie bei einem technischen Gerät, in einer „Fehlfunktion“ zeigen würde), indem man schlicht die Ansprüche an die Anforderungen senkt, denen die Praxis (verstanden als Methode bzw als Instrument) genügen muss – so dass nach einem Wechselprozess des Hin- und Herschaltens zwischen Anpassung (Adaption) der „Technik“ an Umgebungsbedingungen bzw umgekehrt der „Assimilation“ dieser Bedingungen an die Praxis (einer jener sehr abstrakten biologischen Begriffe, die Piaget in die Sozialwissenschaft übernahm), zuletzt, wenn das Optimalniveau erreicht ist, jede Fehlfunktion der Technik – zumindest wenn sie unter genau definierten Normalbedingungen, worin sie aber üblicherweise angewendet wird – ausgeschlossen werden kann.
Nach diesen Vorerwägungen kann man sagen: Das eigentliche Kernstück der Hypothese besteht darin, dass man berechtigt ist zu erwarten, es existiere tatsächlich eine umschriebene Menge an regulären Bedingungen, die (adaptive, präventive, oder auch Vermeidungs-) Massnahmen erfordert (vielleicht auch, im entgegengesetzten Fall, Chancen-nutzende) – und dass zugleich eine riesige Masse an Tatsachen existiert, die man getrost ignorieren kann, ohne Gefahr, irgendetwas zu versäumen.

Nun ist eine Reproduktions-Praxis kein simples Werkzeug (Gerät, Methode) in prognostischen bzw technischen Hinsichten – diese Praxis zu realisieren, mithin das komplexe Werkzeug, das sie angeblich ist, zu benutzen, in genau dieser Umgebung, ist sehr verschieden von jedem Gebrauch einzelner Werkzeuge und Methoden IN dieser Praxis. Die entscheidenden Unterschiede ergeben sich
1. …aus der Verbundenheit jedes, oder zumindest der meisten Einzelschritte mit allen (oder den Meisten) andern. Das gilt zwar bereits in rein technischen Zusammenhängen (Nebenwirkungen absolvierter erster Schritte können die Ausgangs- und Durchführungs-Bedingungen der Folgeschritte beeinflussen), um so mehr aber, wenn es um unsere Handlungsspielräume und Ressourcen geht, die nicht beliebig (oder nicht in beliebigen Fristen) vermehrt werden können, stattdessen erschöpfbar sind;
2. …aus der Notwendigkeit, zeitlich zu planen: „zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Nötige getan haben“. Es zählt nicht, dass man erfolgreich probiert und experimentiert hat und so herausgefunden hat, dass ein Effekt zuverlässig „an dieser Stelle unter denundden Bedingungen“ zustandegebracht werden kann, wenn man nicht dort ist, sobald die Bedingungen erfüllt sind. Und man kann auch nicht Arbeitskräfte und MIttel derart vervielfachen, derart dass wirklich JEDE Chance und jedes Risiko und jede Notwendigkeit angegangen werden können (stattdessen muss man Prioritäten setzen, sowohl hinsichtlich der Zeitpunkte als auch hinsichtlich der Ressourcen);
3. man mag darüberhinaus sich noch so sicher sein, dass man Effekte bei gegebner Technik (re)produzieren kann (oder auch Erkenntnisse, Wissen, bei entsprechenden prognostischen Mitteln). Aber die Bedingungen, um solch eine Technik selbst reproduzieren zu können, sind dann doch erheblich komplexer als dieser Effekt selbst. Indem man Effekte erzeugt, bei denen man das „im Prinzip“ zuverlässig kann (weil man deren Zuverlässigkeit in zahllosen Experimenten und wiederholten Durchläufen bestätigt hat), ist man in Wahrheit von erheblich mehr „günstigen“ Randbedingungen abhängig (und mithin von noch mehr technischen Verfahren und Geräten, einschliesslich Umweltbedingungen, Rohmaterialien usw);
4. und das trifft ganz besonders auf das universellst einsetzbare, das meist-genutzte und -gebrauchte „Gerät“ von allen, unsern Körper, zu, genauer gesagt: unsere Handlungsspielräume. Obwohl deren Zustand nämlich durch Empfindungen angezeigt werden,, unterliegen sie von sich aus äusserst unterschiedlichen Einflüssen innerhalb des Körpers als auch ausserhalb – oft genug solchen, die im verborgenen wirken und sich zB langsam verstärken, um dann zu plötzlichen Ausbrüchen mit verminderter Kraft und andern Wirkungen zu führen, die sich negativ hinsichtlich unseres Arbeits- und Leistungsvermögens bemerkbar machen.

Ganz ähnlich, wie in einer aktuellen Praxis Handlungsspielräume und technische Verfahren und Geräte (deren Verwendung darauf beruht, dass über lange Zeit Regelmässigkeiten beobachtet wurden, sodass die Unterstellung gerechtfertigt ist, dass diese auch weiter gelten und man sich auf sie verlassen kann) präzise zusammenarbeiten und zueinander passen – so scheinen doch auch „die Bedingungen“ für beider (Handlungsspielräume und Verfahren/Geräte) korrektes Funktionieren, „so wie erwartet“, eine einheitliche Gruppe von Sachverhalten, Dispositionen usw darzustellen, sodass kein grundsätzlicher Unterschied ist zwischen „Bedingungen für eine nachhaltige Verwendbarkeit unserer Handlungsspielräume“ und den „Bedingungen für eine dauerhafte Benutzbarkeit technischer und prognostischer Regelmässigkeiten, Geräte, Verfahren, Anzeichen etc“. Zumindest ist da kein Unterschied, der sich irgendwie bemerkbar machen würde, solange „alles normal läuft, gut funktioniert, wie erwartet usw“.
Die unzähligen Einflüsse und möglichen Bedingungen, auf die zu achten ist, und die sich genau aus den zahllosen Regelmässigkeiten und zufälligen Prozessen in unserem Lebensraum ergeben, über die wir KEINE Kontrolle haben (oder keine zureichende), mit andern Worten: das Rest-Unbekannte (RU) – die machen sich einzig in „überraschenden“ Ereignissen bemerkbar. Die Typ-2-Hypothesen von OPP Personen schreiben dann vor, angesichts solcher Ereignisse „so zu tun als ob“ es nur folgende Möglichkeiten gäbe:
1. Es muss sich um eine absolute Ausnahme handeln, die zu keiner existierenden Regel passt, aber auch keine neue begründet, anders gesagt, man kann in Ruhe warten, dass es vorbeigeht, und ab da nicht mehr dran denken; ODER…
2. auf das Ereignis kann im Rahmen der aktuellen Systems an praktischen Rezepten reagiert werden: indem man Lösungen für das Problem, das es darstellt, sucht, die in irgendeiner Hinsicht eine Nähe oder Verwandtschaft aufweisen zu technischen und prognostischen Methoden, die gegenwärtig benutzt werden: „etwas Hilfreiches tun, ähnlich dem, was wir ohnehin grade machen“;
3. im Rahmen dieser Suche können wir die Aufteilung von Handlungsspielräumen auf Ziele verändern, oder auch gleich den ganzen Ressourcen-Spielraum (einschliesslich der Handlungsspielräume), den wir für unser „Reproduktions- und Fortschritts-Experiment“ einsetzen wollen (nämlich indem wir uns deutlich pessimistisch-vorsichtiger, oder optimistisch-sorgloser verhalten als davor) – und das entweder als Ausnahme von unserer sonstigen Praxis, nur jetzt einmal; oder über eine gewisse Frist weg (über die unser konsequentes Festhalten an der neuen Handlungs-Maxime oder -Regel sich langsam wieder der alten Praxis annähert, wenn und weil das überraschende Ereignis sich nicht wiederholt), oder aber als unsere neue und durchgängig praktizierte Regel (nachdem uns eine solche Überraschung widerfahren ist, die uns entsprechend beeindruckt hat – vor allem dann, wenn diese sich „in der ein oder andern Weise“ in „hinreichend kurzen Zeiträumen“ wiederholt (dafür ist freilich mehr oder weniger eine Klassifikation aufgrund von Vergleichen „in einer Hinsicht“ der sich angeblich wiederholenden Fälle erforderlich, sodass sie eine Reihe bilden, und der Einzelfall oder die Fälle uns eindrücklich genug erscheinen; oder aber
4. unsere gesamte Praxis muss von nun an neu eingerichtet werden, weil die überraschende Erfahrung uns vor Augen geführt hat, dass etwas sehr Grundlegendes in jenem der Teil der Welt, der in unserer Praxis eine Rolle spielt: ein Sachverhalt, der uns zuvor unbekannt war, oder eine plötzliche Änderung, die nicht vorherzusehen war und auf die wir bis jetzt nicht eingerichtet waren – wobei die Änderung als endgültige angesehen wird, oder aber als Folge-Ereignis zu einem Tatbestand, der als Vorzeichen für dieses Ereignis oder sogar (hypothetisch) als „seine Ursache“ – was dann alles wiederum auf zahllose Weisen verallgemeinert werden kann zu einer Regel und Deutungen von „Zeichen/Ursachen dieser Art“, sodass wir zukünftig auf „Ereignisse dieser Art“ vorbereitet sein können (und auch dafür sind jeweils Vergleichs-Reihen und mehr oder weniger einschlägige Klassifikationen erforderlich).

Soweit nun diese Deutungen (Vergleichsreihen-Bildung, Klassifikationen, Generalisierungen) sich ausschliesslich beziehen auf unsern Umgang mit unsern Handlungsspielräumen, oder aber den Umgang mit technischen und prognostischen Methoden – nämlich als Analyse einer Verschlechterung oder unerwartet deutlichen Verbesserungen von deren Leistungsfähigkeit, oder indem sie Reflexionen hinsichtlich einer sinnvollen Neuverteilung unserer Ressourcen enthalten – soweit also diese Deutungen sich auf diese Themen beziehen, können wir diese Art, aus praktischer (Lebens)Erfahrung zu lernen, durchaus als reif und rational ansehen (was es freilich, unter einem weiteren Blickwinkel, am Ende dann doch nicht ist). Sobald aber der Affekt-Anteil der „Überraschung“ auf die eigentlich technischen und prognostischen Überlegungen abfärbt, sehen wir das als Symptom dafür an, dass wir es mit einer unreifen Persönlichkeit zu tun haben, die leicht zu beeindrucken ist und sich von ihren Gefühlen und Affekten mitreissen lässt. Und das um so mehr, je mehr dies die vorherrschende Reaktionsweise einer Person auf Überraschend-Anderes-als-erwartet ist, speziell dann, wenn sich die „verallgemeinerten Regeln, Maximen, Rezepte“ sich erweisen als „(bedingte) Erwartungen“ bezüglich Fehlschlägen, Unfällen, oder aber glücklichen Zufällen und günstigen Entwicklungen oder Chancen – und überdies diese Erwartungen sich auswirken auf das generelle Mass oder Niveau unserer „Hoffnungen“ oder „Ängste“, generell, oder aber bezogen auf Fälle, die mit bestimmten „An- oder Vorzeichen“ kombiniert auftreten, oder aber sogar als Wirkungen gewisser Ursachen, die dann Gegenstand von Versuchen werden können, sie in einer für uns günstigen Wirkung zu beeinflussen (zu unterdrücken, wenn es sich um Schadursachen für uns oder nahestehende Personen handfelt, umgeekhrt sie fördern, wenn um günstige, oder Schadursachen für Feinde). Was dann einer ungehemmten Neigung zu Aberglauben und magischem Denken entsprechen würde.

Wir sehen hier also eine Reihe von immer stärker ausgebildeten Formen von abergläubischem und magischem Denken nach der einen Seite hin, die aber nach der anderen Seite ausläuft in äusserst „unschuldige“ oder unauffällige schwache Ausprägungen desselben. Die Gemeinsamkeit aller Glieder der Reihe (die nur unterschiedlich stark ausgeprägt ist) besteht darin, dass man dabei generell auf die ein oder andere Art überrascht werden kann (und darauf nicht vorbereitet ist): Eine bestimmte Art der Lebenseinrichtung funktioniert lange Zeit, und man erwartet, dass es so weitergeht, was umgekehrt einfliesst in die Bestimmung des Raums an Möglichkeiten, mit denen man billigerweise zu rechnen hat, und – weit wichtiger – womit man nicht rechnen braucht. Für die „Lernregel“ bedeutet das: Einerseits gibt es da die sehr allgemeine Typ-2-Hypothese, die davon handelt, was jedem Experiment jederzeit, unser ganzes Leben hindurch, als Annahme (bis auf weiteres, nämlich bis zur Widerlegung; was lange dauern kann) zugrundegelegt werden sollte; andererseits ist da eine jeweils sehr spezifische Ausgangslage, die eine je ganz andere Umgebung schafft für jeden, der „so tut als ob“ die allgemeine Hypothese wahr wäre (solang bis sie widerlegt ist), nämlich: die ganz spezielle Sammlung praktischer Rezepte einschliesslich der „legitimen“ Erwartungen (die wiederum speziell jene legitimen Erwartungen enthalten, womit man NICHT rechnen muss); eine Rezept-Sammlung, die dann in ihrer Gesamtheit unsere gegenwärtige Reproduktionspraxis und das Experiument, das sie darstellt, ausmachen. Allerdings kann das noch nicht alles sein, was zum Ausgangspunkt für unser Experiment gehört: Denn nach jeder Überraschung wird man diese Regel-Sammlung und dieses Fundament unseres Reproduktionsversuchs (oder -experiments) wieder ändern – entlang den Gefühlen und Affekten (die noch dazu beeinflusst sein mögen von allen möglichen momentanen physischen Zuständen, in denen wir uns zufällig gerade befunden haben), und abhängig von der Gesamtdauer der vorausgehenden Erfahrung mit der etablierten „Normalität“ und dem „erwiesenen“ (erlebten) Grad an Zuverlässigkeit der sie ausmachenden Rezepte.
Als selbstbewusste OPP-Person wird man das vielleicht in folgender Weise als die eigne fundamentale Typ-2–Hypothese beschreiben (wenn man den Begriff ausgebildet bzw sich angeeignet hätte): An welchen Anfangspunkten man startet, ist letztlich egal – die (das Experiment als OPP-Person bestimmende) leitende Hypothese, als Regel, wie man ihr entsprechend „tut als ob“, bis auf weiteres, lässt einen sich einfach in wachsendem Mass an die „Realität“ anpassen, in der man lebt – wobei man sich „anleiten“ und führen lässt durch überraschende (unerwartete) Erfahrungen und die „empfundene“ Intensität der durch sie ausgelösten Gefühle und Affekte. Die Rahmen-Hypothese lässt einen (bis auf weiteres) folgende Entwicklung erwarten als Resultat der von Mal zud Mal immer besseren Angepasstheit (an die Umgebung): Dass man das „korrekte“ Ausmass an generellem Pessimismus und Optimismus (das in der gegebnen Umgebung angebracht ist) immer besser einschätzen lernt, womöglich aufgegliedert nach bestimmten Ereignis- und Verlaufs-Mustern (denen gemäss dieses Ausmass jeweils unterschiedlich ausfallen sollte); und: dass man lernt, die Gesamtheit seiner Ressourcen immer besser auf Ziele zu verteilen, sodass immer seltener die gewählten Herausforderungen – Zusammenbruch von Routinen, oder zu ergreifende Gelegenheiten – nicht zu den Fähigkeiten passen, die man zu ihrer Bewältigung vorgesehen hat: In beiden Typen von (überraschender) Herausforderung werden somit die jeweils vorgehaltenen Reserven irgendwann nicht mehr an immer neue Umstände angepasst werden müssen, weil das „richtige“ Verteilungmuster“ gefunden ist. Die Widerlegung dieser Hypothese würde somit darin bestehen, dass diese Erwartung (die ja aus der grundlegenden Hypothese abgeleitet sind) sich niemals erfüllt, man also wieder und wieder zu optimistisch oder pessimistisch war in Situationen, „wo eigentlich alles darauf hinzudeuten schien, dass man richtig lag“; und man selbst auf einem gegebnen Niveau an Optimismus/Pessimismus (wo man dachte zuversichtlich sein zu dürfen, dass die vorgehaltenen Reserven für jeden möglichen Notfall oder auch glücklichen Zufall ausreichen würden) immer wieder überrascht wird durch Ereignisse, an denen sich zeigt, dass die aktuell gültige Regel der Zuteilung von Ressourcen an reproduktive Ziele verkehrt war, und man eben nicht zur rechten Zeit mit den nötigen Ressourcen am richtigen Ort war; und dass, selbst wenn einem das gelingen sollte, man dennoch immer wieder konfrontiert wird mit überraschenden (günstigen wie ungünstigen) Ereignissen, die gänzlich ausserhalb der bisherigen Planung liegen – weil man die betreffenden Entwicklungen in der Umgebung, wo man sich aufhält, nicht kannte, nicht die Umschwünge, und Vorzeichen, die sie ankündigen, nicht die Kombinationen aus Sachverhalten, die irgendetwas von Bedeutung für die eigne Reproduktion herbeiführen. Anders gesagt, man hat nicht nur keine Kontrolle über jenen riesigen Bereich der Umgebung, von dem man noch nichts weiss (vom „Rest-Ubekannten“), man hat nicht einmal eine hinlängliche Wissensbasis, um Ressourcen „korrekt“ Zielen zuzuordnen. Angesichts all dessen kann man überhaupt nie generell das „nötige“ Ausmass an Reserven bestimmen, das man bereithalten muss, um günstigen wie ungünstigen Gelegenheiten in der von einem bewohnten Umgebung gerecht zu werden – nicht einmal, wenn man versucht speziellen Anforderungen unter speziellen Bedingungen gerecht zu werden – es gibt nichts, worauf man sich da verlassen dürfte, egal wie fein man sein System der „Regeln zur Unterscheidung zwischen… und…“ auszubauen versucht – nicht jedenfalls, solange man sich in seinem Forschungsprozess und beim Verwerten anwachsender Erfahrung orientiert an den Bedingungen von „Erfolgen“ und „Fehlschlägen“, oder daran, dass man „überrascht wurde, und nicht vorbereitet war“ durch wichtige Ereignisse, für deren Stattfinden man zuverlässige Vor- und Anzeichen sucht, oder Ursachen, von denen sie hervorgerufen oder verhindert werden.


3. (2.Version)
An dieser Stelle steht fest: dass OPP Menschen ihr Lernen organisieren in Begriffen (und Kategorien), die mit „Normalität“ zu tun haben – von der sie eine immer „geeignetere“ Version suchen – wobei das geeignet(er) sein oder sogar „optimal“ definiert ist als: eine Reproduktionspraxis ausgebildet haben, in der man nicht mehr überrascht werden kann – was gleichbedeutend sein soll damit, dass „diese Praxis am besten zu der Welt, die mich umgibt (dem Rest-Unbekannten RU) passt – zumindest demjenigen Teil von ihr, der für mich wichtig ist (und praktisch einen Unterschied macht)“. Die Vorstellung einer Annäherung an solch einen optimalen Endzustand ist Produkt einer Art Optimalhypothese (oder Definition dessen, was allenfalls Sinn machen würde) mit etwa folgendem Inhalt: Es muss eine Abfolge von Zwischenschritten (oder -stadien) geben, derart dass man, nachdem man den ausschlaggebenden Schritt gemacht hat, nie mehr mit einer Überraschung konfrontiert sein wird, deren Ausmass (im Guten oder Schlechten) gewisse Grenzen bzw Schwankungsspielräume überschreitet (hinsichtlich der Anstrengungen, die nötig sind für einen angemessenen Umgang mit den Folgen dieser Überraschung) – und auch schon beim Durchlaufen dieser Abfolge von Zwischenschritten muss das Ausmass an „Überraschbarkeit“ (bzw Überfordertheit durch Überraschungen) abnehmen – stattdessen, müssen wir immer besser auf welche Art unvorhergesehener Ereignisse auch immer vorbereitet sein, die dann noch im Rahmen unseres andauernden Dazulernens (bezüglich der Spielräume und ihren Bedingungen) stattfinden können. Genau darum auch werden die drei Fragen oben gestellt, wenn wider Erwarten auch dann noch solch ein Ereignis stattfindet, das durch die mit seiner Bewältigung verbundenen Anstrengungen die vermeintlich bereits sicher ermittelten Grenzen für solche Anstrengungen überschreitet.
Das Ausmass, in dem diese Art (dazu) zu lernen Betrachtern vertraut und vernünftig, oder aber fremd und verrückt vorkommt, hängt vom Gegenstand bzw der Situation ab, auf die sie angewendet wird: Solange alles normal verläuft, ist das einzige Anzeichen, dass diese Lernregel angewendet wird, die wiederholte Beteuerung der OPP Person, ihre Praxis beruhe vollständig auf Erfahrung (was in gewissem Sinn ja auch nicht zu bestreiten ist) – was, so wie diese Aussage gemeint ist, einschliesst, dass diese Praxis durch Erfahrung auch korrigiert und verbessert werden kann. Es wird dabei aber nichts gesagt über jene Teile der Praxis, die angesichts „widerlegender“ Erfahrung abgewandelt werden könnten. Solche kommen eigentlich garnicht vor: Jede Kategorie oder Begriff, die in dieser Lernweise (oder ihrer Beschreibung) benutzt wird, ist immer schon bezogen auf eine geregelte (Routine)Praxis oder Normalität (zumindest, wenn man zurückblickt auf jene gemütliche Zeiten, in denen alles gut war und wie erwartet funktionierte) – es scheint von daher auch komplett vernünftig und, nun ja, eben „normal“, auf der Grundlage einer solchen Einstellung sein Leben zu führen. Sobald aber ein überraschendes, so nicht vorhergesehenes Ereignis den normalen Verlauf der Alltagspraxis stört und erschüttert, ist auf einmal alles ganz anders – auch wenn dann zuletzt (wenn man die Herausforderung auf die ein oder andere Weise bewältigt hat) sich hoffentlich nichts verändert hat – ausser einem mehr oder weniger eng begrenzten und gut abgegrenzten Anteil der vormaligen Praxis – anders ausgedrückt: Normalität, der Normalablauf der Ereignisse und der täglichen Praxis sind wieder hergestellt. Was aber hat zwischen diesen beiden gut regulierten Zuständen und Episoden der „Normalexistenz“ stattgefunden? Folgendes:
Erstens: Es ist der OPP Person etwas widerfahren, zugestossen – sie hat sich nicht darum bemüht, das betreffende zu erleben (es quasi aktiv gesucht), und sie hat auch nicht damit gerechnet, so wie zum Beispiel in einer Situation der Erforschung von Unbekanntem (eine Situation, in der sie sich eigentlich zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens befindet – auch wenn das in der OPP Weise sein Leben einzurichten, vergessen wird). Das nicht vorhergesehene Ereignis bestimmt, es formt jeden praktischen Schritt, den sie unternimmt, um mit ihm zurechtzukommen (zumindest, wenn es nicht so unwichtig ist, dass man es ignorieren kann; es zu ignorieren, ist, zugegeben, eine mögliche alternative Umgangsweise mit Unerwartetem, und kann sogar eine bequeme Grundsatzposition oder -Strategie angesichts bestimmter Sorten von Erfahrung sein, wenn man einen OPP Standpunkt zur Welt bzw dem RU einnimmt). Genauer gesagt, ist es auch nicht das Ereignis selbst, das den Umgang mit ihm prägt, sondern die Art der Beziehung, in der es zur gegenwärtigen Normalpraxis steht – und die ist wesentlich dafurch gekennzeichnet, dass es in dieser Praxis nicht eingeplant war, und zugleich dadurch, dass es einen Unterschied in dieser Praxis macht, ob man vorbereitet ist oder nicht (dh man wäre es lieber gewesen, und hätte dann vorberéitet sein können): Indem man dann nämlich eine Chance tatsächlich vollumfänglich hätte wahrnehmen können, oder etwas für die Praxis Schädliches hätte vermeiden und seine Schad-Folgen hätte reparieren können.
((Nebenbei: Vorbereitet sein, ohne dass das erwartete Ereignis eintrifft, ist bei OPP Personen deutlich seltener; es ist aber durchaus ein weiterer Fall in der Serie, und folgt dem Muster der möglichen Frustrationen und Lernschritte hin zu einer angepassteren und „besser vorbereiteten“ Version der gegenwärtigen Praxis.))

Die Feststellung, dass die Beziehung des unerwarteten Ereignisses zur bestehenden Normalpraxis der ausschlaggebende Einfluss ist, nach dem sich die Reaktion der betroffenen Person auf das Ereignis richtet – diese Feststellung läuft keineswegs darauf hinaus zu sagen, dass der Effekt (angenehm/nützlich; leidvoll/schädlich) selbst, den das Ereignis hat, vernachlässigbar ist (obwohl, wie gesagt, es über die Reaktion auf den unmittelbaren Effekt hinaus nicht zu beachten, sondern das Erlebnis zu verdrängen, und keine Konsequenzen aus ihm zu ziehen, eine durchaus häufige Art ist, auf störende oder gar verstörende Ereignisse zu reagieren). Vielmehr IST ja geradezu die Beziehung des Ereignisses auf die Praxis, seine praktische Bedeutung, präsent im (Erwartungs- bzw. (Nicht-Erwartetheits-) begründeten) AFFEKT und seiner Färbung, den das Ereignis auslöst: Und der kann tatsächlich dazu führen, dass man in einer dramatisch zugespitzten Weise nach Lösungen sucht, um die Kontrolle zurückzugewinnen: Indem man nämlich nach „Randumständen“ Ausschau hält, die womöglich – angemessen abgewandelt und verallgemeinert – bei künftigen Wiederholungen dazu dienen, Ereignisse „dieser Art“ anzukündigen, oder gar Ansätze liefern, um je nachdem zu versuchen, sie günstig zu beeinflussen oder zu verhindern, und dann eben jene Art Erlebnis, wie man es hatte, herbeizuführen oder sein Auftreten zu verhindern – wobei es nicht einmal um das auslösende Ereignis (oder Ereignisse DIESER Art) geht, sondern vor allem um die (emotionale) Wirkung, die sie auf die betreffende Art Praxis haben; wobei es ganz verschiedene Klassen und Begriffe sein können, mit denen man versucht zu beschreiben, welche ART Ereignis, Wirkung in der Praxis, und Praxis selbst man hier versucht in einen gesetzmässigen Zsammenhang miteinander zu bringen. Der Affekt wiederum kann jederzeit auch in Resignation und Selbst-Beschränkung führen, also zu neuen Regeln des Umgangs mit glücklichen Zufällen, Risiken, Chancen, Unglück… wobei man auch jede Form von Experimenten abbricht, in denen man die Reichweite von Regeln erprobte, die anders lauteten als diese neuen (wie „verführerisch“ viel-versprechend solches Experimentieren sich auch angeboten haben mag).
Aber diese Beschreibung: dass das Verhältnis des Ereignisses zur gegenwärtigen Normalpraxis die Reaktion darauf prägt, nämlich den Affekt, den das Ereignis auslöst – diese Bescheibung trifft ganz genauso auch auf das „Objektive“ am und im unvorhergesehenen Ereignis zu: Es wird nämlich eingeordnet als „etwas, das in einer bestimmten Hinsicht vergleichbar ist mit (oder ähnlich wie) etwas, das uns bereits bekannt und vertraut ist“ – sodass man es auch in ähnlicher Weise behandeln kann, wie wir die betreffende vertraute Sorte Ding, Sachverhalt, Verlauf und Disposition gewohnt sind zu handhaben. Und das bestimmt nicht nur die Art und Weise, wie wir in plötzlich auftretenden und uns überraschenden Situationen (von Belang) versuchen sinnvoll darauf zu reagieren (zumindest solange versuchen wir es, wie der in der und durch die Situation ausgelöste Affekt solch eine Bemühung antreibt und motiviert) – vielmehr dehnen wir dieses Unternehmen noch viel weiter aus, als bloss bis zur Umsetzung solcher ansprechenden und naheliegenden Ideen, die das unerwartet neue Problem mithilfe von Praktiken angehen, die mehr oder weniger starke Abwandlungen darstellen unserer gegenwärtigen Alltags-Handlungsweisen – wir können nämlich für das betreffende Ereignis auf immer mehr und immer gewagteren Begriffe von „Ähnlichkeit in einer gewissen Hinsicht“ bzw Klassifizierbarkeit-als-Fall-von… zurückgreifen (nämlich auf „mögliche“ Vor- und Anzeichen, die sein Eintreffen oder Bestehen anzeigen; mögliche Bedingungen, die es beeinflussen, verursachen usw) und daraus entsprechende Versuchsanordnungen ableiten. Anders als im Falle echter Experimente sind DIESE Versuche bei erfolgreichem Ausgangs dazu bestimmt, unmittelbar einen Ausfall in unserer Praxis zu reparieren – sodass wir uns ab da auf sie als Bestandteil dieser Praxis ganz genauso verlassen, wie wir es zuvor bei dem ausgefallenen und durch den neuen ersetzten getan hatten.

Das Experiment der Ersetzung durch „etwas irgendwie Ähnliches“ beruht hier also garnicht auf vorausgehenden Beobachtungen, und es wird auch nicht unternommen in Musse-Zeiten unseres Alltags, in Situationen, wo vom Ausgang nichts praktisch Wichtiges abhängt.
((Solche Experimente mögen im Leben von OPP Personen vorkommen, oder auch nicht – es ist nicht im geringsten ausgeschlossen, bloss haben sie meistens besseres zu tun, als nicht unmittelbar zweck- und nutzen-bezogene Experimente und Versuche durchzuführen, oder ungewisse Hypothesen zu erproben.))
Das Versuchsweise-Ersetzende besetzt hier vielmehr eine Stelle in einem System von Handlungen, die in ihrer Gesamtheit bewertet sind als „das Normale, worauf man sich verlassen darf – das hinreichend und lang Bewährte“. Wenn also nun die neue Praktik (die die ausgefallene ersetzt) sich erweist als „in gewissem Mass funktionierend“, nämlich so, dass die Gesamtpraxis weitergeführt werden kann – dann trägt sie keineswegs zur Verlässlichkeit (Bewährtheit) der Gesamtpraxis dadurch bei, dass sie in entsprechend vielen Durchgängen (unabhängig vom Zusammenhang mit der gegenwärtigen Praxis) angemessenes Zutrauen in ihre Zuverlässigkeit erzeugt hätte – sie fügt sich nur einfach ein ins System der Ewartungen, das gerechtfertigt erscheint im Zusammenhang mit dem bestehenden Gesamt-System an zusammenhängenden Routine-Handlungsweisen – derart dass der Grad an Zutrauen in dieses Gesamtsystem diese Stelle mit einschliesst. Und dieses Vorgehen wird auch dann angewandt, wenn grössere Anteile technischen Wissens oder Könnens und/oder von Handlungsspielräumen und/oder gegenwärtig verfügbarer Umwelt-Bedingungen (die zur Fortführung der gegenwärtigen Gesamtpraxis benötigt werden) ausfallen und ersetzt werden müssen. Es gibt also immer einen (umfangreichen) Rest der an einer Stelle unhaltbar gewordenen Praxis, der stehenbleibt, sodass die in der ursprünglichen Praxis gültigen Ausprägungen von Erwartungen übertragen werden können auf alles, was ein misslungenes Praxisteil konkret ersetzt; Wenn die Praxis mit den Ersetzungen weitergeht wie zuvor, ist die Übertragung gelungen, und der durchgehend zugrundegelegte emotionale Erwartungswert hat sich sogar ein weiteres Mal bestätigt. Wenn aber nicht, dann muss der Wert zur Not abgeändert werden: Der gesamte Rahmen des Bildens von Erwartungen (einschliesslich möglicher „Experimente“, die zu ihnen passen könnten) in diesem Teil der Gesamtpraxis, oder sogar der der Gesamtpraxis, muss dann der neuen „Weltsicht“ angepasst werden, die ersteinmal auch weiterhin vor allem in der grundlegendsten aller Erwartungen besteht, nämlich der Antwort auf die Fragen: Wie erfolgreich oder misserfolgs-anfällig wird die Gesamtheit meiner Handlungen ab jetzt sein? – wie optimistisch oder pessimistisch muss ich darum ganz allgemein sein? oder wie sehr das eine oder andre unter bestimmten Bedingungen? Der Inhalt einer „fortgeschrittenen“ Einsicht dieser Art wird durch „Erfahrung“ geliefert (vielleicht auch durch eine ganz besonders wertvolle Version solcher Erfahrung, die dann „Lebenserfahrung“ oder „Weisheit“ heisst). Der gesamte Vorrat an bekannten Übergängen dieser Art in der Vergangenheit ( auch bei anderen Personen) wird dann herangezogen, um Regularitäten zu finden sowie Regeln zu bestimmen, mit denen man Chancen und Risiken neu einschätzen kann – sie, und das Ausmass, in dem man „legitimerweise“ Erwartungen haben darf; ebenso wird mit genau derselben Logik das gegebne Inventar an Kausalrelationen, von denen man Kenntnis hat, durchsucht, um Regularitäten und mögliche praktische Ansätze zu finden für technische Verfahren, die dann hoffentlich Probleme lösen – zumindest solche, die man experimentell erproben könnte, weil sie erfolgversprechend erscheinen und wert, es einmal mit ihnen zu versuchen (bevor man endgültig aufgibt). Betrachten wir die Reihe der vier möglichen Problemlöse-Strategien (1-) 2-4, die von OPP Personen angewandt werden, dann sehen wir, dass sie sich von einem anscheinend rein technischen Ansatz (2) bis zu einem anscheinend rein emotionalen (4) erstrecken, und dieser Eindruck wird durch das zuletzt Festgestellte noch einmal bestätigt, nämlich dass das Inventar sämtlicher möglicher Regularitäten der Vergangenheit immer in BEIDEN Hinsichten durchsucht und genutzt wird, der technischen und der affektiven – wenn auch nie in beiden Hinsichten zugleich, sondern nur je einer der beiden – je nachdem, wie das betreffende „Problem“ aufgefasst wird, das immer gleich lautet: finde eine technische Ersatzlösung für das, was nicht funktioniert; oder aber: bringe eine Entscheidung zustande (anhand eines hinlänglichen Präzedenzfalles oder einer Reihe von ihnen in der Vergangenheit), wie deine allgemeine Lebenssituation generell einzuschätzen ist und der Spielraum an Möglichkeiten, an dem sich deine Erwartungen zu orientieren haben.

Tatsächlich bleibt die Verbindung zwischen der „Art wie man vorgeht“ im technischen Sinn, und der „Anstrengung, die man aufwenden sollte, weil es sich (noch) lohnt“ immer erhalten; in jeder rein sachbezogenen Versuchsanordnung spielt durchgehend die affektive Einschätzung eine Rolle, wie lang wieviel Aufwand an Mühe und Zeit dafür geopfert werden soll (auf Basis „legitimer Erwartungen“), so wie die Gesamtheit an (gekannten) „Möglichkeiten, Fähigkeiten, Chancen, Risiken“ und der Eindruck, dass man den Anforderungen im Umgang mit dem allen genügen kann, bei jeder Neu-Orientierung und Neu-Einschätzung der eigenen Lebens-Bedingungen. und -Aussichten. Von dieser Seite her gesehen, fällt die milde Form von Irrsinn in den nur zu vertrauten Formen des Planens von OPP Personen kaum auf; wohingegen das Wahnsinnige oder geradezu Kindische überall da offensichtlich erscheint, wo der Gefühls-Anteil (in diesen speziellen Situationen würde man wohl eher vom „Affekt“ oder „Aufregung“ sprechen) im nach wie vor kombinierten Vorgehen überwiegt, oder der „Verzweiflungs“-Charakter der Versuche in einer „offensichtlich“ aussichtslosen und vergeblichen Situation augenfällig ist. Allerdings sind diese Beurteilungen auf Seiten der Beobachter des Verhaltens der angeblich kindischen oder verrückten Person meist garnicht so anders: Ihre „gutgemeinten“ Ratschläge laufen meist auf eine alternative OPP Strategie des Umgangs mit der Situation hinaus, sei es, dass empfohlen wird, „doch vernünftiger und mit besseren Informationen“ vorzugehen und dabei auf fremde technische Kenntnisse zurückzugreifen (die sich in der Vergangenheit bewährt habe), oder aber die eigene aktuelle Situation in einem anderen Licht zu sehen: „An deiner Stelle würde ich…“ oder „Ich weiss genau, wie du dich fühlst, und deswegen rate ich dir…“ usw
Die Aussenstehenden verhalten sich in beiden Fällen so, als reagierten sie auf eine Art Überschuss an OPPortunismus bei den zu Beratenden: Die scheinen es entweder mit dem „sich von Gefühlen lenken und leiten Lassen“ zu übertreiben, oder aber die Suche nach möglicherweise verwertbaren Gesetzmässigkeiten und Anzeichens- oder Kausalverbindungen wird von ihnen „offensichtlich“ ins Absurde getrieben; der Rat lautet daher im ersten Fall, man solle sich beruhigen und „die Dinge so hinnehmen, wie sie sind“, oder aber, man solle sich zusammenreissen und weiter nach technischen Lösungen suchen (mit mehr Geduld, Ausdauer, weniger hektisch usw); im zweiten Fall wird geraten: man solle sich das Scheitern eingestehen und entweder einen komplett anderen Lösungsansatz suchen, oder aber eine affektiv erträgliche Sicht des Ereignisses entwickeln. Im ersten Fall war also aus Sicht der Beobachter (die natürlich genauso OPP-mässig denken wie ihre Adressaten) ein „vernünftiges“ Mass des „sich von seinen Gefühlen leiten Lassens“ überschritten (dass es ein solches gibt, und es Anlässe für „vernünftige“ Gefühlsreaktionen nach OPP-Art gibt, bezweifeln sie nicht – nur eben solche, die zu IHREM Erfahrungshorizont passen); im zweiten Fall hingegen sehen sie „ihren Glauben an das erwartete Mass an Kontrolle über die Situation“ erschüttert – weshalb diese Kontroll-Erwartung, zumindest situationsgebunden, zu „pessimistischeren“ Werten hin verschoben werden sollte. (Der Ausdruck in Anführungszeichen bringt das gesamte Verhalten von OPP Personen zu Kausalrelationen und Wissen davon auf den Punkt: Was sie daran nämlich einzig interessiert ist: Wie kann man das nutzen bei der Lösung des aktuellen Problems (oder eines, das erwartbar demnächst zur Lösung ansteht)? beziehunsgweise, welche Aussichten auf deutlich bessere Lebensniveaus öffnen sich, wenn ich dieses technische Verfahren einsetze?)

Nun mag man vielleicht einwenden, dass dies alles auf unreife, naive, unverständige Persönlichkeiten zutreffen mag. Bloss: Die erwachsenen, aufgeklärten, einsichtigen Einstellungen sind keineswegs besser: Sie sind immer noch und allesamt gegründet auf und konstruiert mit demselben Inventar an Kategorien wie ihre minderwertigen Gegenstücke (was besonders gut sichtbar wird, wenn zwei Parteien sich exakt dieselbe Art Vorwürfe um die Ohren hauen: du bist zu sehr dies… und du hast zuwenig…). – Wenn wir hier versuchen, uns diese Kategorien klarzumachen, können wir erneut zurückgreifen auf die Reaktionen von OPP Personen auf für sie überraschend günstige oder ungünstige Entwicklungen (oder Zufälle) in ihrem Leben, wie sie in ihren Fragen (vgl. II) zum Ausdruck kommen: Warum überhaupt? Warum war ich nicht darauf vorbereitet? Wie hätte ich es kommen sehen können? Oder ganz allgemein: Was ist falsch an meinen Erwartungen, derart dass sowas Unvorhergesehenes hat passieren können, und mich in solch einem Ausmass überraschen konnte? Wie in Teil II bereits gezeigt wurde, folgen Fragen mit Bezug auf eine aktuelle Praxis den begrifflichen Ebenen, in denen diese Praxis sich gliedert: die erste Ebene bildet die Handhabung der technischen und prognostischen Instrumente, Verfahren usw die in ihr angewendet werden; auf der zweiten Ebene liegt die Anordnung bzw Reihenfolge der Einzel-Handlungen in Zeit und Raum; auf der dritten das Sich-Verhalten zu praktisch bedeutsamen Umgebungs-Bedingungen (möglichen Konsequenzen), über die man keine Kontrolle entsprechend Ebene 1 oder 2 hat.
Aber diese drei Ebenen kommen zweimal vor: Einmal im „normalen“ Leben und Arbeiten – zum andern aber eben auch im Fall von praktisch bedeutsamen Überraschungen – dem Fall, wo man „(um- und dazu-)lernt“.

Und – wie ebenfalls bereits gezeigt wurde – dem entsprechen auch unterschiedliche Vorstellungen davon, was da jedesmal die Leitidee ist: im Normalleben und seinen Verläufen ist es „das Technische“, hingegen das „sich von Gefühlen leiten lassen“ im Fall der Überraschung. Allerdings beruht (wie in diesem gesamten Absatz III darsgestellt) jeder der beiden Fälle zugleich auf einer äusserst festen Verbindung der beiden Problemlöse-Strategien – nämlich jener, bei der das Problem behandelt wird, als habe man es zu tun mit einem akuten Fall der Nichtbenutzbarkeit einer technischen Vorrichtung/Anlage (sodass das Anliegen darin besteht, sie zu „reparieren“) – oder aber jener, bei der das Problem so angegangen wird wie eine akute Fehlfunktion oder ein Funktionsausfall einer leiblichen Dispositon unseres Körpers, also wie eine Beschränkung (seltener auch eine Steigerung) der Bandbreite unserer physischen und mentalen Handlungsspielräume (iSv -fähigkeiten). Die Aufspaltung in diese beiden Problemlöse-Möglichkeiten scheint sich dann auch auf die Machart der Typ-2-Hypothesen von OPP Personen auszuwirken: Das Tun-als-ob kommt zweimal vor, je nachdem, ob wir unsre Praxis (und ihren Verlauf) noch als sich im Normalrahmen bewegend ansehen, sodass wir sie behandeln „als würden wir eine technische Vorrichtung benutzen, wenn auch eine sehr komplizierte; und das in einer gegebnen Umgebung (die sich auf die Nutzbarkeit der Vorrichtung auswirken kann)“; oder aber, ob es sich um etwas handelt, das wir so nicht erwartet haben (egal, ob günstig oder ungünstig), was zur Folge hat, dass wir damit verfahren, „als ob es sich um eine fühlbare Änderung in unseren Körperfunktionen und Handlungsspielräumen handeln (die sich generall auswirken auf unsere Fähigkeit, unsere Arbeit und unsern Alltag wie bisher fortzusetzen)“. Die übermässige oder einseitige Verwendung der einen oder der andern Problemlösestrategie, von der oben gesprochen wurde, ist also ein hervorstechender und sehr durchgehender Zug der OPP Weise zu lernen, indem der „Gefühls-geleitete“ Ansatz leitend wird im Sich-Verhalten-zu Überraschendem, der „technische“ hingegen gegenüber solchem, das (noch) als Normalfall/verlauf interpretiert wird. Trotz dieser Aufteilung bleiben die beiden Problemlöse-Strategien aufs engste miteinander verbunden – was wiederum durch die Tatsache sehr nahegelegt wird, dass sie beide gemeinsame Elemente aufzuweisen scheinen, nämlich einerseits generalisierende Regeln oder Maximen entlang von Klassifikationen, denen zufolge man in (in gewissen Hinsichten) ähnlichen/vergleichbaren Situatonen gleich oder zumindest ähnlich/vergleichbar handeln kann, und andererseits die Möglichkeit zu Differenzierungen entlang von Bedingungen, unter denen je unterschiedliche Massnahmen in der Situation anzuwenden sind, zu der sie passen.
Nun ist aber nur das, was wir über Bedingungen und Ursachen eingeschränkter oder gesteigerter Körperfunktionen lernen können (die zugleich sich zeigen als Sich-Gut- oder Schlecht-Fühlen), mit Gefühlen verbunden; hingegen das zunehmende Wissen über Bedingungen von Fehlfunktionen oder Funktionsausfällen (seltener auch: die verbesserte Handhabbarkeit) unserer Geräte, in Gestalt von einwirkenden Umweltfaktoren, ist daran gebunden, dass wir sie benutzen und und mit ihnen arbeiten etc – In beiden Fällen (das ist das Gemeinsame) aber müssen die möglichen relevanten „Ursachen“ oder wenigstens „(An/Vor-)Zeichen“ erfahren und registriert werden, dann auch gemerkt, vor allem aber interpretiert und klassifiziert werden als solche.

Als ich oben von den beiden Drei-Ebenen-Listen sprach, war die Unterscheidung, die ich dort zwischen dem Normalfall und dem „Lern“-Fall gemacht habe, vielleicht etwas zu strikt: Dass man den andauernden Fortgang eines normalen Alltags erlebt, ist nämlich in gewissem Sinn selbst ein „Lern“-Vorgang (es wird dabei wieder und wieder und wieder erfahren iSv bestätigt, dass „es“ tatsächlich funktioniert!), wohingegen das gesamte Verhalten von OPP Personen gegenüber „Überraschung“ und somit „Dazulernen“ auf der Annahme beruht, dass der grössere Teil, wenn nicht sogar die Gesamtheit der vormaligen Normalpraxis bleiben kann wie sie ist, und nur etwas sehr isoliertes, ein technisches Detail zu ändern, oder eine Neu-Verteilung von Ressourcen und Kräften, eine Anpassung fundamentaler Einstellungen und Erwartungen im allgemeinen oder in speziellen Hinsichten vorzunehmen ist. (Und sogar dann dient die frühere Erfahrung mit mehr oder weniger „bewährten“ (in verzweifelten Fällen auch: immer noch möglichen, nicht ganz unwahrscheinlichen) Kausal- oder zumindest Vor- und Anzeichen-Zusammenhängen dazu, die Praxis auf den Umgang mit „neuen Bedingungen“ einzustellen – wobei man auf frühere Erfahrungen mit „grundlegenden Einstellungen“ im allgemeinen und in speziellen Fällen zurückgreifen (und sie durch aktuelle verlängert finden) kann. In der eigenen Vergangenheit findet die OPP Person da ein ganzes Universum an ihr zugänglichem Erfahrungswissen vor – man muss es nur aktiv nutzen, es durchsuchen und die Regelmässigkeiten darin erkennen (durch angemessene Klassifikationen!).

Mit dieser Auffassung dessen, was es bedeutet, voraufgehende Erfahrung zu verarbeiten (und damit sich eine Lernregel zu bestimmen, und somit eine Typ-2-Hypothese bzw Sinn-Definition zu erstellen), ist also niemals ausgeschlossen, dass man Misserfolg und/oder glückliche Einzelereignisse, -Verläufe usw erklärt als Zustandekommen durch das Zusammenwirken von
1. physischen und mentalen Handlungsspielräumen/fähigkeiten und Randbedingungen, die sich günstig oder schädlich auf Erweiterung oder auch nur das „Normal“-Funktionieren („nicht krank sein“) dieser Spielräume auswirken, oder auch auf ihr Fortbestehen in bestimmten Umgebungsbedingungen, mit
2. speziellen Anforderungen, die eingehalten werden müssen beim Einsatz technischer und prognostischer Vorrichtungen, Methoden, Regeln unter speziellen Umgebungsbedingungen, sowie
3. speziellen Reihenfolgen/Anordnungen der einzelnen technisch zu absolvierenden Schritte, die nötig sind, um den Anforderungen der ohysischen und mentalen Reproduktion in speziellen Umgebungsbedingungen zu genügen, und
4. von aussen unbeeinflusst und von selbst eintretenden Entwicklungen in massgeblichen Teilen der Umgebung, die Konsequenzen haben für 1-3.
All das wiederum verbunden mit einer mehr oder weniger präzisen Abschätzung des Ausmasses, in dem jedes der genannten Elemente zum Gesamteffekt (nämlich: „wie man sich Erfolg und Misserfolg erklärt?“) in einer speziellen Situation, oder als generelle Regel beitragen.
Aber OPP Personen kennen nun noch eine weitere, und von den bisher genannten verschiedene Weise, normale und davon abweichend, überraschende (Misserfolgs- oder Glücks-)Erlebnisse einzuordnen,
5. und das ist:
– dass etwas „normal“ verlaufen ist (in der seit langem erprobten und bewährten Weise; bzw als Variante davon ausgefasst werden kann);
oder
– dass da etwas „ungewöhnliches, nicht normales“ stattfand, und das in einem solchen Ausmass, dass es einmalig ist und sich nicht wiederholen wird (weshalb man in Zukunft nicht drauf zurückkommen muss, zumindest, soweit es sich um ein Unglück handelt; im Fall von Glückserlebnissen hingegen mag es eine Suche nach Bedingungen anstossen, unter denen man es – gegen alle Wahrscheinlichkeit – womöglich doch noch wiederholen könnte – darum, weil es sich so überwältigend gut anfühlte, dass man es unbedingt noch einmal erleben will, womöglich sogar… zuverlässig herbeiführen); oder
– dass da etwas nicht situationsgemäss korrekt getan wurde (anders gesagt: eine Regel wurde falsch angewandt bzw nicht korrekt ausgeführt, ein Verfahren versagte), bzw nicht das nötige Mass an Ressourcen investiert wurde (oder des Guten bereits zuviel, zu lang… aber wann ist es Zeit aufzuhören?); oder schliesslich,
– dass der gesamte von einem gepflegte Umgang mit Ressourcen verkehrt ist, man somit bis jetzt immer zu vorsichtig oder umgekehrt zu risikofreudig operierte – mit der Konsequenz, dass man eine komplette Neu-Einschätzung vornehmen muss der Einsätze, die man in einzelnen Abteilungen oder Dimensionen der eigenen Praxis sich leisten kann, oder stattdessen reduzieren muss (was dann Konsequenzen anderswo nach sich ziehen mag).
All das kann dann nochmal in gewissem Mass zutreffen (im Verbund mit anderem), und das unterschiedlich je nach der Gruppe an Situationen, die man zu beurteilen versucht – oder es gilt generell für alles, womit überhaupt zu rechnen ist.

Was ist nun der Unterschied zwischen den Optionen der Liste 5. und den zuvor aufgezählten Punkten – schliesslich haben mindestens die letzten drei der Optionen in 5. Pendants in der voraufgehenden Liste:
– die sich von selbst ändernden, unbeeinflussbaren Umgebungsbedingungen und unseren mehr oder weniger risiko-bereiten/bewussten Gesamt-Umgang mit Ressourcen (=4.);
– die „ökonomisch planende“ räumliche und zeitliche Aufteilung der Ressourcen auf Ziele und Aufgaben, und die Frage nach dem „richtigen“ Mass des Ressourcen-Einsatzes in speziellen Fällen (=3.);
– die Benutzung von technischen und prognostischen Vorrichtungen (Verfahren, Geräten, Regeln, Methoden usw), und die Frage, ob damit etwas gemacht wurde, das in der betreffenden Situation zweckmässig und den Bedingungen angemessen war (=2).

Die zur Auswahl stehenden Optionen in 5. handeln allerdings immer von einer bestimmten Praxis als ganzer, die bis zu dem Moment, wo die Fragen auftauchen, „normal funktionierte und keinen Anlass für solche Fragen bot“; die Fragen drehen sich um die Tatsache, dass in dieser Gesamtpraxis etwas anders war als zuvor bzw anders als erwartet.
Wohingegen die Punkte 2.-4. je für sich abzuhandelnde Fragestellungen darstellen, bei denen die zugehörige Untersuchung jederzeit angestellt werden kann, und der Inhalt der anschliessenden Experimente und die Art, wie man über das Problem nachdenkt, nicht abhängt davon, dass man davor ein bestimmtes Motiv hatte, und/oder eine lange Geschichte erlebt hat. Experiment und Problem-Analyse müssen nur einfach sachgerecht angestellt werden, und das wird eben durch die betreffende Sache definiert, nicht durch weit abliegende Zusammenhänge, in denen sie stehen könnte. Das Problem ist „objektiv“, in dem Sinn, dass es von „Beobachtungen abgeleitet ist von Ereignissen, die sich in der Welt oder in unserem Körper, in Gestalt von auf seinen Zustand bezogenen Empfindungen abspielen“. Alles wiederum, was zu Punkt 5. gehört, geschieht unter Bezugnahme auf eine bestimmte Praxis, und wird ausgelöst durch eine „überraschende“ Unterbrechung oder Bruch im Fortgang dieser Praxis.
Aber – ist es denn sinnvoll, sich Experimente auszudenken und auszuführen, obendrein auch wieder damit aufzuhören, einzig auf der Grundlage von Gefühlen des Inhalts, „dass sich das zu versuchen (noch) lohnt“, und/oder auf der Grundlage davon, „dass etwas vergleichbar ist in einer bestimmten (entscheidenden) Hinsicht und Grad mit etwas, das früher einmal nützlich war“?
Oder – ist es etwa sinnvoll, die Schätzung des Aufwands, der nötig ist, um eine Aufgabe unter gewissen Randbedingungen zu lösen, als zu gross oder zu klein, oder, ähnliche Fragestellung, des Ressourcen-Einsatzes, der sich ganz allgemein und überhaupt, oder in bestimmten Situationen als lohnend erweist – vom Ausmass abhängig zu machen, in dem dieser Aufwand bzw Einsatz sich in einer gewissen Anzahl von Fällen als überraschend höher oder zu gering erweist, verglichen mit einer langdauernden Praxis davor?

Sich von Gefühlen leiten zu lassen, scheint angebracht in allen Angelegenheiten, wo es exakt um unsere physischen und psychischen Handlungsspielräume geht; auch wenn dadurch festgestellt werden soll, wann und durch was sie sich erweitert oder, in der Mehrzahl der Fälle, verringert haben, oder gar beschädigt sind, im Sinn von: wir sind krank; sodass wir in der Folge nach den Umständen Ausschau halten können, die dafür verantwortlich sein könnten, zumindest nach warnenden Vor- und Anzeichen, sodass man seine Praxis entsprechend ändern kann, um solche Verschlechterung künftig zu vermeiden.
Es scheint korrekt zu sein anzunehmen, dass Dinge, Materialien, Eigenschaften, sich an einem Ort Befinden, Ereignisse, Zyklen und Ereignisverläufe, Dispositionen usw die sich in einem gewissen Umfang bzw Hinsicht als gesetzmässig erwiesen haben, sich auch weiter so verhalten werden – zumindest, solang man nichts erlebt, was das Gegenteil nahelegt – , und dann ist es auch angebracht, nach möglichen Ursachen für diese Gesetzmässigkeit zu suchen, zumindest in dem Minimal-Sinn von Randumständen, an die sie gebunden sind, oder durch die sie angezeigt werden; es scheint angebracht beim Umgang mit allem ausserhalb unserer Handlungsspielräume – deren aktueller Zustand wiederum sich in unseren Gefühlen zeigt.

Hingegen mit unsern Handlungsspielräumen (und den Gefühlen, die ihren aktuellen Zustand anzeigen) verfahren wie mit feststehenden Kausalrelationen, wäre verrückt; und um so verrückter ist es: ..
„so zu tun als ob“ diese Spielräume immerzu so weiter funktionieren, wie sie es taten in der Vergangenheit und einer Praxis, die gut eingerichtet war und sich über eine lange Zeit hin als haltbar erwies;
„so zu tun als ob“ ´dies unabänderliche Dispositionen seien, die wir benutzen wie beliebige andere technische oder prognostische Vorrichtungen, derart dass ihr „Versagen“ angesichts unerwarteter Anforderungen ungefähr so zu behandeln ist wie der Bruch in einem Werkzeug, das wir darum reparieren müssen,…
(also als eine spezielle Variante des Krankseins – so als ob da der gesamte Handlungsspielraum beschädigt wäre, und nicht diese spezielle Teilmenge an Fähigkeiten und Handlungsbereitschaften, das sich in einem bestimmten Funktionszustand befindet, nachdem es in einer ganz bestimmten Weise benutzt wurde, nämlich derjenigen, die in der Gesamtpraxis betätigt wird, die mit etwas Unerwartetem konfrontiert ist…; wo es sich tatsächlich um nichts andres handelt als eine spezielle Form von Überforderung, weil man sich fahrlässigerweise verlassen hat auf die Fortsetzbarkeit eines bestimmten Gebrauchs, den man von der Gesamtheit seiner Handlungsspielräume gemacht hat, nämlich einem, der sie anfällig machte für diese Überforderung – mit der man dann nicht gerechnet hat, obwohl man hätte sollen…)
…und falls das nicht gelingt, austauschen müssen, was in diesem speziellen Fall bedeuten würde: ein anderes Bündel an Handlungsspielräumen usw auszusuchen, das in derselben Weise wirken kann: eben wie eine neue technische Einrichtung, die mit andern solchen zusammenarbeiten soll und vor allem mit den gegenwärtigen Umgebungsbedingungen;
„so zu tun als ob“ diese spezielle Art Spielräume – in genau dem Zustand, in den sie geraten sind, nachdem sie in einer speziellen (und anfälligen, nichts weniger als stabilen) Praxis genutzt wurden – und solang man versucht sie noch zu reparieren wie ein Werkzeug – DIE verfügbaren Handlungsspielräume überhaupt wären, sodass ihre Fehlfunktion in überraschenden Situationen (ihr Unvermögen, den neuen Anfordetrungen zu genügen, weil sie bereits in Kräfte-zehrenden Routinehandlungen der früheren Praxis erschöpft wurden) behandelt wird wie eine Krankheit – und die wiederum wie der Ausfall einer technischen Vorrichtung…

Und, ganz anlog:

Hingegen mit Handlungen und Handlungsspielräumen in speziellen Situationen (wo sie mit Einrichtungen und bestimmten Methoden ausgeführt werden, und das in einer unbekannten und in vielerlei Hinsichten höchst veränderlichen Umgebung) verfahren wie mit Handlungen und Handlungsspielräumen generell, deren aktueller Zustand durch entsprechende Empfindungen bzw Gefühle angezeigt wird… – das wäre genauso verrückt; und umso verrückter ist es somit auch…
„so zu tun als ob“ Gefühle/Empfindungen, durch die allenfalls die noch vorhandenen Reserven an Handlungsspielräumen angezeigt werden, auch die „realen“ Chancen und Risiken widerspiegeln könnten, was technische Optionen bzw Ausfälle angeht, oder das wieder auf ein früheres Funktionsniveau (oder darüberhinaus) zurückgeführt werden Können, oder Umbrüche in den Umgebungsbedingungen mit Rückwirkungen auf die Umsetzbarkeit der ursprünglichen Alltagsroutinen usw;
„so zu tun als ob“ eine aktuelle Überforderung der Handlungsspielräume zurückzuführen ist auf eine Gefahr für den Kern der Handlungsfähigkeit schlechthin, also eine Art Körper- oder Leben-bedrohender Schadeinwirkung, als ob die fehlenden Kraftreserven ausschliesslich durch diese überwältigend neuen und unerwarteten Umstände verursacht worden wären (wie es in „wirklichen“ Katastrophen, Unfällen, Krankheiten tatsächlich der Fall wäre) – während sie in Wirklichkeit Folge sind ihrer sorglosen und fahrlässigen Überbeanspruchung zugunsten von Zielen, die begründet war durch die „legitime“ Erwartung, dass „etwas von der Art nicht passieren kann, und wird“.

Auch wenn unter „Normalbedingugen“ das „technische“ Paradigma überwiegt, hingegen in „Überraschungssituationen“ der „Erwartungsaffekt“ die Führung übernimmt, sind die beiden perfekt einander ergänzenden Konzepte niemals wirklich getrennt – das eine steuert den Aspekt der „Durchgängigkeit und Unveränderlichkeit (in bestimmten Grenzen der Ähnlichkeit und Abwandelbarkeit-in-bestimmten-Hinsichten)“ bei, das andre den Aspekt des „Abschätzens und Messens, wie lang man an einer aktuellen Praxis festhalten und sie weiterverfolgen soll, einschliesslich der Versuche, sie durch Abwandlung wiederherzustellen und zu reparieren – und wann aufgeben und übergehen soll zu einer grundlegenderen Änderung, und im Falle, dass auch die scheitert, immer grundlegenderen Änderungen zentraler Teile der Praxis (wie: eine Neuverteilung von Ressourcen auf Ziele, oder sogar eine komplette Neuorientierung der Art Entscheidungen zu treffen, auf Basis einer Neufestlegung der fundamentalen Erwartungen hinsichtlich dessen, was lohnend sein könnte und was nicht“. Oder kurz: das eine liefert die regel, WAS zu tun ist (einschliesslich wie das abzuwandeln wäre; oder was die möglichen Alternativen sind, wenn Reserven und fundamentale Perspektiv-Schätzungen neu festgelegt werden); und das andre die Regel des WANN, WIE LANG, und WESHALB. Und genau darum ist der erstgenannte Aspekt der bestimmende in Routine-Situationen (einschliesslich der nötigen Anpassungs-Massnahmen und -experimente), und der andre ausschlaggebend in mutmasslichen Neuorientierungs-Situationen, die zugleich Gelegenheiten darstellen, in denen zu „lernen“ ist, wann und weshalb diese Situationen überhaupt eingetreten sind.


4. (2.Version)
Die grösste Schwierigkeit in der theoretischen Auseinandersetzung mit OPP ist, dass man nicht voreilig sein Wissen über „den“ grundlegenden Mangel im OPP Denken bereits einbringt, wenn man dies Denken erst einmal versucht korrekt zu beschreiben. Wenn man nämlich OPP Personen Einstellungen zuschreibt, die zu formulieren sind als „sie verwechseln ständig dies und jenes“ usw, dann muss man sehr aufpassen, dass man ihnen nicht Einsichten und Begrifflichkeiten und das Arbeiten damit unterstellt, die das OPP Denken geradezu unmöglich oder verrückt erscheinen lassen. Die Beschreibung und Rekonstruktion dessen, was OPP Personen tatsächlich selber über sich sagen würden (zumindest bestätigen würden, wenn sie damit als einer Deutung und Beschreibung konfrontiert werden), ist etwas anderes, als die Angabe dessen, „was sie nicht sehen, versäumen sich bewusst zu machen, als Begriff nicht ausgebildet haben“ usw.
Unzweifelhaft ist die grundlegendste Kategorie von OPP, wenn es drum geht zu sagen „wonach man angesichts anwachsenden Erfahrungswissens suchen soll“: Die beständige Verbesserung einer Ausgangspraxis, die sich bewährt hat, aufgrund deren eine bestimmte Verteilung der verfügbaren Ressourcen auf Aufgaben nud Zielsetzungen naheliegt, und die immer wieder in ihrer Gesamtheit zu vervollkommnen (mit mehr oder weniger absehbaren Abänderungen in gewissen Sondersituationen, mit denen man rechnet) bedeutet: dass dieses Routineleben irgendwie weitergeht, also die Erhaltung seiner selbst und der dafür benötigten Mittel, zumindest auf einem gewissen Niveau an Fähigkeiten und Optionen (das müssen auf Dauer nicht die ursprünglichen sein), unter Einschluss bekannter, mehr oder weniger begrenzter Risiken, auf die man auch vorbereitet ist (auch sie können mit der Zeit grösser oder geringer erscheinen als zu Beginn).
Dieser Vervollkommnungsprozess ist, was OPP Personen als ihre Lernstrategie ansehen (wenn sie diesen Begriff kennen) – es ist die Art und Weise, wie sie vermutlich selbst beschreiben würden, was sie lernen (und auch lernen wollen) als Konsequenz dessen, was sie erleben und erfahren.
Wie in früheren Teilen dieser Untersuchung gezeigt wurde, zerfällt dieser Lernprozess in zwei grosse getrennte Abteilungen:
– ein (normalerweise) langdauerndes und erfolgreich absolviertes Routineleben, das in vielen Hinsichten abgeändert wird zur Anpassung an sich wandelnde Randumstände, ohne dass irgendein grundlegendes Prinzip, das die ganze Praxis begründet, infragegestellt werden müsste; und:
– gewisse Umbrüche, die in der Konsequenz solche Infragestellung um so mehr nach sich ziehen.
Die Hauptfragen, die da gestellt werden, wurden bereits mehr als einmal angeführt, sie drehen sich um drei Themen, nämlich:
– die Beschaffenheit des Gesamt-Budgets an Ressourcen (Ressourcen, die in vielerlei Hinsicht wichtig sind für die gegenwärtige Routineptraxis, im Kern sind es aber die Handlungsspielräume), mit denen wir rechnen können, um Wirkungen zu erzielen (im Rahmen der gegenwärtigen Praxis), derart dass es die Aufwände und Opfer lohnt;
– die Verteilung von Reserve-Ressourcen auf sinnvolle Ziele in den Grenzen, die dieses Budget setzt;
– die mögliche Kontrolle, die wir mithilfe bestimmter Mittel ausüben können wie zB Anzeichen, mithilfe deren wir einschätzen können, wann und wie wir uns zu noch unbekannten, aber für uns bedeutsamen Ereignissen in Zukunft verhalten sollen, mit denen wir genau dann zurechtkommen können, wenn wir sie früh genug erwarten.
Der entscheidende Punkt in all diesen Fragen kann ungefähr so umschrieben werden: Sie legen es darauf an, eine Methode zu finden (durch Erfahrung), um Pläne zu entwerfen, mit deren Hilfe man mit allem noch Unbekannten in unserer Umgebung so umgehen kann, ALS OB es bereits gewusst und gekannt wäre (in dem Sinn ist es also ein „Tun als ob“ oder praktisches Experiment, das einer bestimmten übergeordneten Hypothese folgt – einer vom Typ 2). Dieses Tun-als-ob man wüsste, wo es tatsächlich noch nicht der Fall ist, ergibt dann diese eigenartige Aufspaltung entlang einer Trennlinie, von der angenommen wird, dass sie durch diese zwei Kategorien gebildet wird: gewusst sein, und wichtig sein; die darauf sich beziehende Hypothese lautet: Beides ist (bis zum Beweis des Gegenteils) dasselbe – was wichtig ist, ist auch schon bekannt, was noch nicht gewusst wird, ist auch nicht wichtig für unsere Lebenseinrichtung und kann ignoriert werden. Genau darum also beginnt dann für OPP Personen jeder „Lernprozess“ mit einer Überraschung, anders gesagt: einer (vorläufigen) Nicht-Bestätigung oder Widerlegung der Hypothese, aber er endet mit einer neuen Version derselben Hypothese, indem dann ein Teil des Inhalts abgeändert ist: Aber von JETZT an wird es sich so verhalten! Und genau das ist wiederum die Rechtfertigung dafür, dass man meint, mit anderm nicht rechnen zu müssen, und quasi das „Recht“ zu haben, seine Reserven exakt so einzusetzen „als ob“ da keine anderen Drohungen und Chancen wären als jene, von denen man bereits Kenntnis hat, und die sich als hinreichend zuverlässig und zugleich praktisch wichtig erwiesen haben.

Nun möchte ich fragen: Ist das nun eine Beschreibung ihres Denkens und Handelns, der OPP Personen zustimmen könnten? – Ich denke, in einem gewissen Sinn wohl schon, und das betrifft den Teil der Rekonstruktion, wo ihre Praxis als Lernprozess bezeichnet wird, dem eine Hypothese zugrundeliegt. Sogar, dass das Angegebene tatsächlich der Inhalt ihrer übergreifenden und all ihr Handeln anleitenden (Typ-2-)Hypothese ist, könnten sie zugeben. Falsch wird die Beschreibung jedoch, wenn dabei unterstellt wird, dass OPP Personen sich selbst so verstehen, als hätten sie eine Wahl: Als gäbe es zu ihrer Art des Lernens und Erfahrungsverwertens eine Alternative. Tatsächlich gibt es keine solche – es ist eine Typ-2-Hypothese auch in dieser Hinsicht, nämlich dass in ihr definiert wird, was (aus Sicht dessen, der sie seinem Handeln zugrundelegt) überhaupt Sinn ergibt, mit dem Zusatz: …angesichts anwachender Erfahrung.) – Fragen wir also nochmals, unter Beachtung der eingangs erwähnten Mahnung: Welche Eigenschaften des OPP Denkens sind es, die von OPP Personen selbst als solche bestätigt werden können?

Aus ihrer Innensicht ist kein Fehler zu erkennen, weder bei der einen, noch der andern Seite, die in typischen OPP „Anpassungs-Strategien“ beteiligt sind: Weder wenn sie „die ausschlaggebenden Umstände“ suchen, aufgrund deren man sich (und sei es auch vorläufig, „experimentell“, bis auf weiteres) erklären kann, warum etwas Überraschendes geschehen ist, und somit auch, wie man in Zukunft darauf vorbereitet sein muss (falls die Auslösebedingung (oder eine, die mit ihr „hinreichend ähnlich“ ist) noch einmal auftaucht) – noch, wenn sie Gefühle (die durch Fehlschläge oder plötzlich sich ergebende Chancen ausgelöst werden – vor allem, wenn man dabei mitberücksichtigt, WIE dauerhaft die plötzlich und überraschend anders sich darstellende Praxis bislang bewährt hatte) als Grundlage nehmen, um abzuschätzen, wie lange es lohnen könnte mögliche technische Alternativen zur bisherigen Praxis zu probieren (die in gewissen Hinsichten denen, die bei Erfüllung der Aufgabe versagt haben, ähneln), oder wie viele Änderungen und Neu-Verteilungen von Anteilen des Gesamt-Ressourcen-Budgets auf Reproduktions-Aufgaben noch angemessen sind bei der Suche nach der günstigsten, oder überhaupt einer Lösung, und wann der Zeitpunkt gekommen ist, wo man das gesamte System der Erwartungen hinsichtlich Chancen und Risiken neu einzustellen hat. All diese „Anpassungs“-Massnahmen werden dabei vollkommen getrennt voneinander, eine nach der (misslungenen) andern ergriffen; jeder Schritt in der Gesamtprozedur wird begleitet und eingefärbt von einer entsprechenden Änderung der emotionalen Gesamt-Befindlichkeit (es wird immer frustrierender, man wird immer ungeduldiger/wütender, nervös-ängstlicher, deprimierter…).
Aber im Endergebnis wird der innere Aufbau der gegenwärtigen Normalpraxis (jener, die ihrerseits bislang den Umgebungsbedingungen, da wo wir leben, optimal angepasst zu sein schien) nie ernsthaft beeinträchtigt: Immer bleibt da ein mehr oder weniger grosser Anteil der bisherigen Praxis stehen und wird unverändert in die nächste Phase des andauernden „Änderungs-Experiments“ übernommen – das hauptsächlich mithilfe von Interpretationen oder genauer gesagt, Klassifikationen konstruiert wird, mithilfe deren „Ähnlichkeiten“ festgestellt und erprobt werden. Ausgangspunkt für jedwede Suche nach einer besser angepasten Praxis ist somit – die ursprüngliche; sie – zusammen mit dem mehr oder weniger beeindruckenden Ausmass ihrer „Bewährtheit“ und „erwiesenen Zuverlässigkeit in der Vergangenheit“ (das seinerseits Grundlage ist für den Grad unseres Überraschtseins und der Intensität des jeweiligen (Erwartungs)Affekts (entsprechend den genannten vier Färbungen, die er annehmen kann – in Fällen von plötzlichem Glück könnte man auch noch „Hoffnung“ oder „Überschwang, Eusphorie“ dazunehmen, in andern Zusammenhängen könnte es auch die Färbung annehmen von „Erleichterung“…).
Für OPP Personen ist nichts wichtiger, als die innere Struktur ihrer Praxis zu erhalten, sodass jede Entscheidung, die angesichts einer überraschend neuen Situation zu fällen ist, immer darauf hinausläuft, die gewohnte Praxis entweder in irgendeiner Hinsicht zu reduzieren oder auszudehnen, also durch Neuverteilung von Ressourcen die Proportionen zu verändern (man hat schliesslich keine andere – es verhält sich mit ihr wie mit dem eignen Körper, und darum auch dienen Gefühle der Orientierung) – im günstigsten Fall beschränkt sich die Änderung darauf (falls es gelingt), die gestörte bisherige Praxis einfach nur zu reparieren, indem man misslingende technische Schritte durch solche ersetzt, die ihnen in irgendeiner Hinsicht ähnlich sind. Wenn man nach dem OPP Muster denkt, dann bedeutet, diese Art Werkzeug (die Ausgangs-Normalpraxis und die Strategien ihrer Veränderung) zu verlieren, zugleich, aus Erfahrungen nichts mehr lernen zu können. es ist dann so, als würde das Leben enden, zumindest das aktiv gestaltete Leben. Man kann dann eigentlich nur noch von vorne anfangen, indem man etwa sich einer anderen Kultur und Lebensgemeinschaft anschliesst, und ein komplett neues Wertesystem, neue Ziele, Lebenseinrichtung, Gewohnheiten und eben die gesamte Praxis annimmt (wie ein Kind, das in eine solche Praxis hineinwächst) – vorausgesetzt, diese Gruppe akzeptiert einen im Rahmen ihres „Normallebens“, an das man sich ab dann zu gewöhnen hat.

Es ist offensichtlich, dass OPP Personen mit drei entscheidenden Nachteilen ihres Denkens rechnen müssen:
– erstens, ihrer kaum zu vermeidenden Tendenz zu Aberglauben und magischem Denken, anders gesagt, ihrer Anfälligkeit dafür, in emotional aufwühlenden Situationen, auf die sie nicht vorbereitet sind, immer wieder auch auf unsinnige Erklärungen zurückzugreifen;
– zweitens zeigt es sich, dass der Raum möglicher Experimente, der ohnehin schon beschränkt ist (es sei denn, er geht über die Grenzen des vernünftigerweise zu Erprobenden hinaus) durch eben dieses Kriterium des „in gewissem Grad in relevanten Hinsichten Etwas-Ähneln, das sich in der bisherigen Praxis als nützlich bewährt hat“ noch viel mehr und grundlegender auf bestimmte Lösungswege eingeengt ist durch die Fixierung auf die Ausgangspraxis, und das Ausmass, in dem sich Elemente in ihr als zuverlässig und stabil erwiesen haben; beides wird als Leitlinie und Mass genommen für das, was zu erforschen und erproben überhaupt lohnt. Infolgedessen gibt es eine schier unendliche Menge an Erfahrungen und Experimenten, die schlicht übergangen und nicht in Betracht gezogen werden als Gelegenheit, etwas über Dinge und Kausalrelationen herauszufinden (auch lang bevor irgendein Nutzen aus diesem Wissen gezogen werden kann).
– Der dritte massive Nachteil aber besteht darin, dass man Chancen und Risiken mit der Intensität der Gefühle bemisst, die sich daran entzünden (und herleiten vom Ausmass des Missverhältnisses zwischen dem, worauf man sich von langer Hand eingestellt hat und demgemäss erwartet, und was sich überraschend anders entwickelt) – und speziell beim Versuch abzuschätzen, was sich auszuprobieren und erforschen lohnt (Chance?), und was nicht (Risiko des vergeblichen Versuchens…).

Natürlich ist all das Gegenstand von Kritik auch aufseiten von OPP Personen: Die Empfänglichkeit für Aberglauben wird in Schach gehalten durch das Wissen von realen Kausalrelationen – sobald man einige Lektionen dazu erhalten hat durch praktische Erfahrungen mit diesen Relationen. Unbestreitbar gibt es mit der Zeit auch ein beständiges Anwachsen dieses Wissens, was denn auch die Exzesse des abergläubisch-magischen Denkens in beachtlichem Ausmass zurückgedrängt hat.
Ebensowenig ist zu bestreiten, dass OPP Personen von den Lebensläufen anderer lernen können, als einem Vorbild – zumindest, wenn ihnen diese in einer Weise präsentiert werden, dass „emotionale“ Identifikation möglich ist, und sie „dieselben Gefühle“ durchleben können, in gewissem Umfang – vor allem, wenn es da (wieder mal!) eine gewisse „Ähnlichkeit in relevanten Hinsichten“ (dh entsprechende Klassifikation ist nötig!) zur Praxis und Lebenserfahrung der Betrachter gibt.
„Ähnlichkeit“ ist dabei der Schlüsselbegriff, sodass die Übertragung der Fremd-Erfahrung (die ja aus einer fremden Normalpraxis stammt) erfolgreich stattfinden kann, wenn die Vergleichbarkeit der Ausgangssituation hinlänglich vom Betrachter (an)erkannt wird. Genausogut kann das aber auch zurückgewiesen werden als „in der mich angehenden Hinsicht genau nicht vergeichbar und daher uninteressant“. Das Klassifizieren hört ja nicht auf, auch wenn es mehr mögliche Vorbilder und Anschauungen gibt; insgesamt mag sich die Chance, dass man daraus etwas für sich mitnimmt, grundsätzlich erhöhen. Man sollte nicht vergessen, dass diese Ähnlichkeits-Orientierung eine von drei möglichen Stellungnahmen von OPP Personen angesichts von Erfahrungsverläufen darstellt, die andern beiden sind: „das hat keine Bedeutung, kann von allen ignoriert werden“ und “ ich bin stark beeindruckt (4 Färbungen); das wirft neues Licht auf meine (und womöglich auc anderer Leute) Praxis, mein Leben, etwas darin muss ich dringend ändern!“
Aber am meisten bezeichnend für die Art, wie OPP Personen sich auf ihr Handeln und die Umgebung, in der sie sich bewegen, beziehen, ist das Fehlen jeglichen aktiven Versuchs, an Wissen zu gelangen, ohne unmittelbar praktischen Zweck, für den das gut sein könnte.

Das schliesst die Möglichkeit keineswegs aus – wie es der Fall ist in „modernen“ Gesellschaften – , dass „Forschung und Experimente vorantreiben“ als Praxis von Nicht-OPP Personen in der Vergangenheit ausgebildet wurde, und von da aus den Weg ins „Alltagsleben“ vieler gebildeter OPP Personen hinein gefunden hat, als ein „gut bewährtes Element“ ihrer Lebensführung, oder als „kulturelle“ Routine-Praxis im Rahmen der Reproduktion durchaus grosser Gemeinwesen. Die Beschränkungen für diese Aufnahme des wissenschaftlichen Denkens in einen komplett anders gelagerten (OPP) Rahmen müssen allerdings in anderem Zusammenhang beschrieben und untersucht werden.

Es gibt aber durchaus eine OPP gemässere Lern-Methode des Lernens (iSv Wissenserwerb) mithilfe von Erfahrungen, die nicht durch aktives Forschen zustandekamen, sondern durch unbeabsichtigte Fehlschläge und/oder andre Arten von Überraschungen, die die Aufmerksamkeit derer, die von ihnen betroffen waren, auf sich zogen: was unter anderm die Konsequenz hatte, dass der Bestand an realem Wissen über Kausalrelationen zunahm, und der Raum für abergläubische Deutungen und magische Experimente immer weiter schrumpfte. Der Anreiz bzw Anlass für diese Art Lernprozess ist freilich ein eher trauriger, nämlich der einzige Grund, aus dem OPP Personen Interesse entwickeln daran, sich Kontrolle über einige wichtige Arten von Ursachen in ihrem Umfeld zu verschaffen (Materialien, Dispositionen, Umstände…), und der liegt weit jenseits jeder „normalen“ Routinepraxis, nämlich in gewaltsamen Konflikten und Kriegen, wenn jedes Mittel recht ist, um zu siegen – und das müssen eben reale und offenkundig wirksame sein. In diesen Fällen suchen OPP Personen – ganz anders als was man sonst von ihnen gewöhnt ist – Erklärungen in Gestalt „objektiver“ Ursachen für Fehlschläge; abergläubische Deutungen sind dabei keineswegs ausgeschlossen, aber das Ursachen-bezogene Denken ist immerhin der vermutlich am meisten von „Objektivem“ geleitete kognitive Realitätszugang, den es unter OPP Voraussetzungen in einer dynamischen und permanent sich ändernden Situation geben kann. Soweit OPP Personen tatsächlich einen gewissen Grad an rein Objekt-bezogenem (und insofern „objektivem“) Denken entwickelt haben, können sie die andere Dimension ihrer Beschränktheit angehen, nämlich ihre falschen Hoffnungen, übertriebenes Selbstbewusstsein, Mangel an Selbstkontrolle, Unsonnenheit, und viele andere Laster, gegen die sie angehen müssen, um deren Konsequenzen in Form des Verfehlens vernünftiger Eigeninteressen vorzubeugen (im bezug auf die sie nicht einmal ansatzweise je darüber nachgedacht haben, wie sie sie vor- und umsichtig zu bestimmen hätten – sowohl die eigenen als auch die von andern, also möglichen Partnern, Verbündeten, aber auch ihrer Gegenspieler in Verhandlungen, in Konflikten, beim Abschluss von Verträgen, beim Bilden von Zusammenschlüssen usw).
Es kann daher selbst unter OPP Voraussetzungen dieser zweite beschränkende Faktor (der sonst die Reduktion der typischen OPP „Erwartungsaffekte“ verhindert) seinerseits durchaus erfolgreich abgebaut werden – vorausgesetzt, dass sich eine gewisse Tradition gebildet hat, in der etwa die nachwachsenen Mitglieder einer herrschenden oder politischen Klasse (zum Beispiel indem sie Unterricht in der Geschichte ihrer Klasse oder Staats erhalten) entsprechend erzogen werden (nämlich, auf „Interessen“ und deren Verhältnisse bei sich und andern zu achten).
Leider wird das bestimmndste Element des OPP Denkens durch Entfernen dieser beiden Beschränktheits-Faktoren nicht im geringsten angetastet, und das ist die Fixierung der OPP Personen auf die höchst beschränkte Perspektive ihrer derzeitigen Vorstellung bzw Begriffs dessen, was „normal“ ist bzw eine Normalpraxis ausmacht (die natürlich in gewissen Grenzen variieren kann), was mithin aus IHRER Warte auch von andern erwartet werden kann als Grundlage „rationalen Argumentierens“ – etwa bei der Formulierung moralisch legitimer Forderungen. Während nämlich jeder, zumindest jeder, der sich bis zu dieser Ebene intellektueller „Reife“ auf OPP Grundlagen vorgearbeitet hat, den abstrakten moralischen Prinzipien zustimmt, es ist tatsächlich eigentlich nur eines, noch dazu sehr einfaches (alle Personen sollen gleich weit fortgeschritten sein in ihren Plänen, entsprechend sollen Mittel dafür zwischen ihnen übertragen werden), wird er sofort anfangen Einwände zu erheben, wenn es darum geht zu beurteilen, was der oder jener Tatbestand für die oder jene Lebenssituation eines Beteiligten bedeutet, wobei er seine Vorstellung davon zugrundelegen wird, was ER für vernünftig hält im Rahmen dessen, was für ihn „normal“ ist – und was somit von andern gefordert und erwartet werden kann – was unterstellt, dass diese Vorstellung von Normalität dieselbe bei allen sein muss. Sobald man begriffen hat, dass das nicht der Fall ist, aber dennoch an der Idee festhält vom Recht jeder Person, in ihrem jeweiligen Plan (Lebensentwurf usw; auf Grundlage dessen, IHRER Vorstellung davon, was normal ist, die sie mit niemand anderm komplett teilt) gleich weit fortgeschritten zu sein wie jede andre, wird man ein allgemeines Mass finden müssen, um den Stand der Fortgeschrittenheit einer Person abschätzen zu können, und die einzige Grundlage für einen solchen Vergleich, der von allen Personen geteilt wird, sind nun mal ihre Gefühle, die mit ihrer jeweiligen „Fortgeschrittenheit“ verbunden sind – im Sinne einer gefühls-gefärbten „Erfahrung“ von Erfolg und Misserfolg, Glück und Leid, Stagnation, Mühen ohne Ende mit häufigen Rückschlägen usw. Es sind allerdings unzählige weitere Hintergedanken und Bedingungen zu berücksichtigen, bevor echte Empathie, Mitleid, Solidarität aufkommen können: Zunächst nämlich müssen ja all jene Regeln des „vernünftigen“ Umgangs mit Wissen ersteinmal bestimmt sein – Regeln des Umgangs mit Wissen von Handlungsspielräumen und ihren Erhaltungs-, Wiederherstellungs-, Gedeih- und Steigerungsbedingungen, derjenigen der planenden Personen selbst als auch derjenigen derer, die von ihren Planungen mitbetroffen (miteinbezogen) sind; dann auch Regeln des vernünftigen Umgangs mit Wissen von relevanten Tatsachen in den je bedeutsamen Teilen der Umgebung. Nachdem diese Randbedingungen erst einmal festgelegt sind, haben die fortgeschrittenen moralischen und empathischen Friedensstifter bereits ein Problem: indem sie nämlich verlangen können, und auch müssen, dass man so vernünftig wie sie ist, und auch von ihren Gegenübern (den streitenden Parteien) fordern, dass die alles auf ihren Fall sachlich-physisch und mental-psychisch Bezogene kennen und zur Kenntnis nehmen, und im selben Moment bereits begreifen, dass diese Personen der Forderung nicht entsprechen werden, weil sie im Rahmen IHRER Erfahrung und Normalitäts-Vorstellungen keinerlei Anreiz oder Grund dafür haben. Nachdem sie also zunächst Gefühle als ein hinreichendes Mass angesehen hatten, um „legitime“ Prioritätensetzungen vorzunehmen (um das schlimmere Leid muss man sich zuerst kümmern und es lindern), entdecken sie nun dieses extrem bedeutsame Element in den Planungen aller, das eben auch als Quelle von Erwartungsaffekten fungiert, und das ist das (Nicht) Dazu-Motiviertsein von Einzelpersonen, Tatsachen auch nur zur Kenntnis zu nehmen, die aus ihrem speziellen Bickwinkel für sie keine Bedeutung haben können. Und kein Bitten oder Fordern wird an dieser schädlichen (da relevante Fakten ignorierenden) Einstellung etwas ändern. Das bestürzt Personen, die andre auf Einfühlungs-Grundlagen zu verstehen versuchen, um so mehr, wenn sie sich eingestehen müssen, dass sie in der Situation der andern sich genauso verhalten würden (dh mit deren Biographie, Aufwachsen, Bildung, Erfahrungen usw). Sie erkennen also, dass es keinen Begriff von Rationalität gibt, der das weite Feld der persönlichen Vergangenheit und Erfahrung einschliesst, derart dass man damit über ein unbedingt und durchgängig gütliges Prinzip oder Regel verfügt, wie man sich zu jedem erdenklichen Inhalt dieser Erfahrung verhalten soll. Und damit verlieren sie auch jede Grundlage, aufgrund deren sie erwarten dürften, dass es Forderungen und Vorschläge geben müsse, denen jeder Teilnehmer der betreffenden Debatte zustimmen kann und darum auch wird. Sie selbst würden ja nicht einmal zustimmen – nicht einmal, wenn alles „rational“ sich auf Wissen über Handlungsspielräume und innerweltliche Tatsachen Beziehende berücksichtigt und in Rechnung gestellt wäre. Wenn man so weitermacht, hört man zuletzt auf, von andern überhaupt etwas zu erwarten, geschweige denn zu fordern – zumindest wird man es nicht mehr tun mit einer Rechtfertigung dafür, warum man „das von ihnen erwarten kann, wenn sie noch länger für einen verstehbar sein sollen“. Das, nebenbei, könnte einen erinnern an eine ähnliche Formulierung, die bereits verschiedentlich weiter oben vorkam: dass man (durch hinreichend viel Erfahrung) berechtigt ist, auf etwas nicht vorbereitet sein zu müssen, damit nicht rechnen zu müssen. Dieser Hinweis macht darauf aufmerksam, dass „sich nicht (mehr) dazu berechtigt fühlen, noch irgendetwas von irgendjemand zu erwarten“, nicht die schlimmste Konsequenz dessen ist, was die einfühlsamen OPP Personen da einsehen müssen: weil exakt diese Einsicht, auf sie selbst angewendet, in die andre Formulierung übergeht, die nämlich, die von jemandes (nicht) Berechtigtsein mit etwas NICHT rechnen zu müssen handelt (und zwar auch dann, wenn es an sich unter rationalen Gesichtspunkten absolut möglich ist, und darum mit jenen rationalen Prinzipien des Umgangs mit Handlungsspielräumen oder Faktenwissen nicht ausgeschlossen werden kann): Ob man nämlich überrascht werden kann oder nicht, hängt davon ab, ob man im Vorfeld zufällig einen Grund hatte (der aus der früheren Normalpraxis bzw Erfahrung stammte), sich rechtzeitig mit dem Effekt, der einen ohne das vorhergehende Erleben eben auch überraschen kann, vertraut zu machen (so dass man mit ihm rechnen und ihn erwarten konnte). Anders gesagt: Das einzige in der gegenwärtigen oder vormaligen Praxis, das sicherstellen kann, dass man nicht überrascht werden kann, ist, dass man ein Motiv hatte, auf den betreffenden Effekt zu achten; aber nichts in dieser Praxis, von dem man durch Erfahrung Wissen haben könnte (indem es sich bewährte, erprobt wurde, lang genug andauerte usw), steht zu diesem Tatbestand des Ein-Motiv-gehabt-Habens (oder Nicht-Habens) in irgendeinem berechenbaren Verhältnis, geschweige denn, dass es diesen Tatbestand (des Motiv habens zur Kenntnis zu nehmen und darum SO nicht mehr überraschbar zu sein) in einem gewisen Ausmass ersetzen könnte. Und da dies für alle Effekte (die einen überraschen könnten) gilt, lautet die eher tautologische Schlussfolgerung: Da ist nichts, mit dem NICHT zu rechnen man guten Grund hätte oder berechtigt wäre – mit allem „rational“ Möglichen (das man spätestens im Verlauf des eignen „Reifungs-“ und Bildungsprozesses gelernt hat als solches anzuerkennen, s.o.) muss auch gerechnet werden – es gibt nichts, bei dem man sich darauf verlassen könnte, dass es nie eintritt, und es gibt nichts, auf das man „berechtigterweise“ oder „mit gutem Grund“ nicht vorbereitet sein muss, ausser einer einzigen Art von Ereignissen: die rational unmöglichen und absurd-sinnlosen Ereignisse – nicht, weil sie nicht eintreten könnten (natürlich können sie), sondern weil sie einfach keinen Anknüpfungspunkt bieten, um sich sinnvoll ihnen gegenüber zu verhalten (sie machen uns handlungsunfähig – auch bei bestehender physisch-mentaler Handlungsfähigkeit). Diese Kategorie des Sinnlosen und Absurden hatte durchaus ihre Bedeutung in dem genannten Reifungs- und Bildungsprozess: Weil die Affekte überschiessender Hoffnung und/oder Verzweiflung ( einschliesslich verzweifelten Zorns, Ungeduld, Sucht usw) zur Folge hatten, dass man Dinge erwartete und versuchte (solche, die etwas Wirksamem ähnelten, von dem man aus seiner Vergangenheit wusste), die nüchtern und vernünftig betrachtet, keinerlei Sinn ergaben; was in vielen Fällen dann auch noch äusserst dumme Entscheidungen und finstere Entschlossenheit sie umzusetzen nach sich zog, bei denen man nur leider sein Interesse komplett verfehlte – also das, was zu versuchen und zu verfolgen einfach auf lange Sicht das beste gewesen wäre (und den Einsatz auch gelohnt hätte). So, also interessegemäss, vorzugehen führte wiederum dazu, dass Leute, die das taten, einander immer besser verstanden und einzuschätzen wussten – im Rahmen ihrer beschränkten Perspektiven (verglichen mit unseren fortgeschrittenen – die sich inzwischen als nicht ganz so überlegen erwiesen…). Aber soviel man auch wissen mag über realistische Einschätzung von Personen und objektiven Kausalrelationen – in einem zentralen Punkt besteht da weiter ein Mangel: Wenn man nämlich all das weiss und in Betracht zieht – wie soll man für sich dann ein Leben (eine Reproduktion und ihren möglichen Fortschritt) entwerfen und einrichten – wenigstens den Versuch ein solches zu führen? Nach welchen Prinzipien sollte solch ein Entwurf/Experiment gestaltet werden? Anders gesagt: Ihre Typ-2-Hypothese hat sich als absurd und unsinnig erwiesen – sie IST garkeine Lernregel, und bestimmt keine Bedingungen, unter denen etwas „sinnvoll“ ist. Die Frage ist: Wie weit reichen die Schlussfolgerungen derjenigen, die zuletzt an diesem Punkt angelangt sind? Können sie einen Begriff von dem bilden, was ihnen fehlt, oder was an dem falsch gewesen war, was sie die ganze Zeit vorher getan haben? Der einzige Ansatz und Startpunkt für eine solche Überlegung, den sie haben, ist das, womit sie konfrontiert worden sind (und wovon sie einräumen mussten, dass es sich bei ihnen ganz genauso verhielt): Nämlich die Tatsache, dass jedermann darauf bestand, seine eigene „bewährte“ (also Normal-)Praxis als Grund dafür zu nehmen, sich NICHT anstrengen zu müssen, um etwas über möglicherweise (spätestens in Zukunft irgendwann) relevante Tatbestände zu lernen, und auch als Grund, sich NICHT etwas anhören zu müssen, das mit der Ankündigung ihm vorgetragen wird, dass es sein Urteil ändern könne, und für ihn bedeutsam sein könnte usw. Mit dieser Einsicht, wie sich eben alle einschliesslich man selbst verhalten, ist man freilich keinen Deut über das übliche OPP Denken hinausgekommen. Nach wie vor lautet die einzige Frage, die man sich stellt: Wie man die relevanten Anlässe für Lern-Bemühungen erkennt, oder wie man sein Wissen von solchen Anlässen andern zugänglich machen könnte? Das Problem dabei ist: Das einzige Mittel, das man hat, bei andern irgendeine Lern-Aktivität auszulösen, ist der Verweis auf das Wissen, das man selbst bereits besitzt – sie hingegen haben es ja noch nicht, es ist vielmehr genau das Thema, für das sie erst Interesse aufbringen sollen, und kann nicht davor bereits der Anreiz dafür sein. Und auch das ist wieder ein Zirkel, den die einfühlsamen Vermittler an sich selbst bemerken können: Sie suchen jenes Wissen, das allem Wissen (das erst noch erlangt werden soll durch Forschen usw) vorgreift – ein Wissen, das die Relevanz möglicher Forschungsziele ermittelt. Relevant für was? Wenn man dabei nicht Bezug auf eine vorab definierte Normalpraxis nimmt, wird man nicht leicht alternative Kriterien für „Relevanz“ finden. Das Haften an Anfangs- und Ausgangs-Vorbild-Fällen (der Normalpraxis, an die man sich gewöhnt hat) hat sich als das bedeutendste Hindernis oder Grenze erwiesen dafür, an fortgeschrittene Wissensinhalte zu kommen. Wenn sie das (bei andern) erkennen, könnten die fortgeschrittenen OPP Personen bemerken, dass sie auch selbst nie ein unbedingtes/ bedingungsloses (universelles, darum allen in gleicher Weise vermittelbares) Kriterium dafür hatten, wann etwas wissenswerter wäre als andres – auch bei ihnen war das immer gekoppelt an eine bewährte und zuverlässige Praxis, an positiv und negativ überraschende Erlebnisse (die sie abzuwarten hatten) und die Affekte bzw Gefühle (als ein Mass), die sie hervorriefen.
Die Frage bezüglich
Wie und mit welchen thematischen Prioritäten?
unter Einsatz wievieler Ressourcen, wie lang?
um welches relevante Wissen worüber zu erlangen –
diese Frage verbindet sich dann (als Hintergrund) mit all den Erkenntnissen des „Reifungsprozesses“, nämlich EINERSEITS fortgeschrittener Menschenkenntnis über die gefühlsmässigen subjektiven Voraussetzungen mutmasslich haltbarer Pläne, Absichten, Projekte, sowie die für ihre mehr oder weniger kollektive Akzeptanz – darum, weil Handlungsspielräume und ihre Erhaltungsbedingungen darin angemessen berücksichtigt sind – und ANDERERSEITS mit dem Wissen von Dingen, Eigenschaften, Tatbeständen, Ereignissen und Ereignisverläufen (Zyklen, Perioden und Zeitpunkten zB), Materialien, Anordnungen und Verteilungen von all dem in Raum und Zeit, Dispositionen – sowie allem technisch zuverlässig verwertbaren „Wissen-wie“, das sich aus gediegenem Wissen über all diese Entitäten und Regularitäten ergibt. Zwar KÖNNTE diese Unmenge an Informationen in ihrer gesamtheit ein mögliches Ausgangsmaterial für Anwendung einer denkbaren Regel bilden, wie man davon ausgehend etwas entwerfen könnte wie „die optimale Reproduktionspraxis, in der gegebnen oder sogar beliebiger Umgebung“. Leider existiert eine solche Regel nicht, und sie würde auch so ziemlich jenseits von allem liegen, was eine OPP Person braucht, um aus ihrer Sicht sinnvoll handeln zu können: Es gäbe dort keine lang erprobte und bewährte Reproduktionspraxis, und Überraschungen und die dabei empfundenen Gefühle würden dort offenbar auch nicht dazu dienen, sich auf den Optimal-Zustand dieser Praxis zuzubewegen. Stattdessen soll es einzig eine Regel für Konstruktion und Entwurf geben, noch vor allem Versuchen und Erproben, und es soll sogar einzig diese Regel sein, die festlegt, worin ein mögliches „Optimum“ bestehen soll , und wie man sich zum mehr oder weniger gut Gewussten verhalten soll (also dem möglichen Ausgangsmaterial, s.o.), ja sogar zum weniger gut bekannten Teil der Umgebung. Keine Erfahrung ist da, die den vormaligen Optimierern ihrer Alltagspraxis und ihres Verständnisses dieser Praxis (abgeleitet aus affektiv interpretierter Erfahrung damit) sagen würde, wie sie das alles zustandebringen sollen. Sie wissen, dass eine solche Regel zu benennen eigentlich ihre Aufgabe wäre, sie kennen die (eben nochmal aufgeführten) Anforderungen, die sie dafür erfüllen müssten. Aber sie wissen nicht, wie sie ihnen genügen könnten.

Dass die OPP Vorstellung von sinnvoller Erfahrungsverarbeitung zusammenbricht, verdankte sich dem Scheitern der einfühlsamen OPP Vermittler an der Aufgabe, streitende Parteien zur Kenntnisnahme von Gründen und empirischen Daten zu bewegen, die ihre jeweilige Position erschüttern konnte; diese Gründe zu haben setzt allerdings eine Einstellung voraus, die ausser den einfühlsamen Vermittlern selbst niemand hat, nämlich: Sich auf das „echte und gültige“ Wissen (und daraus abgeleitete Begründungen) anderer zu beziehen also Wissen um Kausalrelationen und/oder Handlungsspielräume von Beteiligten an gemeinsamen kooperativen und/oder kontroversen Projekten) – einfach darum, weil mit bezug darauf Differenzen bestehen, die beigelegt werden sollen. Die Vermittler also HABEN ein Motiv, sich auf diese Differenzen zu konzentrieren, um zu sehen, in welchem Verhältnis die gültigen Argumente auf beiden Seiten stehen, und um den Beteiligten dabei behilflich zu sein, die Gründe der andern zur Kenntnis zu nehmen. Die Parteien selbst aber haben dieses Motiv nicht, und dieser Graben kann nicht überbrückt werden. Diese Asymmetrie ist dann vielmehr Ausgangspunkt für eine umfassende Selbstreflektion der Vermittler – denn ihr spezielles Merkmal, eben dies besondre Motiv, ist nicht abgeleitet mit einer allgemeinen Regel, die sie mit den andern teilen (die also „verbindlich“ die Forderung, das Motiv auszubilden, „legitimiert“) – einer Regel, die festlegt, wann man vernünftigerweise (also grundsätzlich, generell) aufmerksam sein sollte auf mögliche Erweiterungen des eigenen Wissens (in diesem Fall: wann man sich von anderen Leuten deren „Begründung für die Relevanz (eines Gesichtspunkts, einer Information usw)“ anhören sollte. Stattdessen haben sie nur ihre spezielle Sichtweise, die derjenigen ihrer Adressaten gegenübertritt, beide ringen um die Aufmerksamkeit der je anderen. Wie sich eben herausstellte, ist dies nur der Auftakt einer Reihe weiterer höchst schmerzlicher Erkenntisse aufeiten der Vermittler, die ihr ganzes Vorhaben untergraben und ihre ganze Fragerichtung auf sie selber um- und zurücklenken: Es ist ihr eigner Umgang mit möglichem neuem Wissen (von relevanten Fakten), der schwerwiegende Mängel aufweist, die zu extremen Fehlschlägen und verpassten Chancen führen können – rein zufällig (und ohne Not). Und diese Mängel (solange sie nicht beseitigt sind) machen sich weiterhin störend bemerkbar beim Angehen der Aufgabe, all die Fetzen und Stücke von Wissen sorgfältig zusammenzusetzen hinsichtlich (Handlungs)Spielräumen, verwendbarer technischer und prognostischer Methoden, und, als drittem Element, Wissen von den nicht so gut kontrollierbaren Aspekten der Umgebung (was als eine Art Randsaum zu den „prognostischen Methoden“ angesehen werden könnte) – dieser Aufgabe also, das alles zusammenzusetzen, um eine vorsichtig betriebene, immer gefährdete und unsichere Reproduktionspraxis zustandezubringen, wo im Prinzip jeden Moment jeder erdenkliche Schaden eintreten kann – oder auch nicht; die Praxis ist eben nur ein Experiment. Aber wenn sie ein solches ist – was wäre denn dann die alles übergreifende und leitende Hypothese? Nachdem die OPP Konzeption von sinn-vollem Handeln in der Welt zusammengebrochen ist – welche neue solche kann sie ersetzen? Gibt es da überhaupt etwas?