1.
„Der Fehler“ des Planens und Lernens aufgrund von Normalerwartungen ist noch kaum begriffen. Von den drei Ingredienzien der „Hybrid-Normalität“ haben wir (vgl. 8/279) allenfalls das „Kernselbst-artige“ in Betracht gezogen – es fehlt, was von der Art eines ES und RU (oder des Sich-Beziehens auf RU) darin vorkommt. Dabei haben wir in 8/279 auf 5/19 verwiesen, wo dies Fehlende erstmals angeführt wird: Das ES-artige Ingredienz der Hybrid-Normalität ist die Ausgangspraxis, die dem Normalplaner von Anfang an eine intakte Relevanzstruktur liefert; das RU-artige darin, oder eben besser, das, was darin einer Bezugnahme auf ein RU ähnelt, ist die Art und Weise, wie Normalplaner – allerdings nur aus gegebenem Anlass – Erfahrungswissen verwerten: Wie sie es interpretieren (experimentell klassifizieren, 8/61) und in versuchsweisen, schliesslich auch „bestätigten“ (Routinen) Abwandlungen der ursprünglichen Praxis umsetzen.
Wir wollen diese beiden Abteilungen im Zusammenhang mit den Konsequenzen besprechen, die sie im manifesten Handeln von Normalplanern haben. Anders als die „Kernselbst-artigkeit“, welche mehr die „Tiefenstruktur“, die „Logik“ ihrer Praxis betrifft – oder die Art, wie sie diese Praxis sich und andern erklären – lassen sich ES- und RU-artige Anteile der Normalpraxis unmittelbar für bestimmte auffällige Oberflächen-Phänomene darin verantwortlich machen, auf die wir bereits mehrfach im voraufgehenden Text hingedeutet haben:
9.1. Ihr Umgang mit anwachsender Erfahrung (aus dem RU), soweit Normalplaner sie zur Kenntnis nehmen, und von diesen Kenntnissen (aus gegebnen Anlässen) Gebrauch machen, begründet die KOGNITIV-EPISTEMISCHEN KONSEQUENZEN des Planens und Lernens aufgrund von Normalerwartungen: Aberglaube – Magie – Kategorienchaos;
9.2. die Fixierung auf eine „durch Erfahrung bestätigte“ Ausgangspraxis (ES), die allenfalls noch aus gegebnen Anlässen, und auch dann nur entlang von vorgegebenen Strukturen und Rahmenwerten („Masse und Marken“, „Stellen“, Ähnlichkeitsbeziehungen, Dringlichkeitsvorgaben usw.) abgewandelt wird, begründet die AFFEKTIV-ÖKONOMISCHEN KONSEQUENZEN des Planens und Lernens aufgrund von Normalerwartungen: Sucht – Angst – Depression;
9.3. spätestens dieser letzte Punkt legt die Frage nahe, woher eigentlich diese „immer schon“ vorhandenene Ausgangspraxis, und die sich mit ihr verbindende affektive und kognitive Sicherheit stammt – und das betrifft nur den Inhalt; noch grundsätzlicher aber muss die Frage gestellt werden, wo das Lernen und Planen aufgrund von Normalerwartungen eigentlich seinen Ausgang nimmt: Ist es unumgänglich, alternativlos, „angeboren“? Oder eine Art „Entwicklungsstadium“, in dem man steckenbleiben kann? Und wenn: Durch welche Entwicklungen würde es überwunden? Worin, dies alles am Ende zusammen betrachtet, besteht der Mangel dieses Verhältnisses zur Welt – lässt er sich in EINER Formel zusammengezogen auf den Begriff bringen? Davon soll in der dritten Abteilung dieses Kap. die Rede sein – sie handelt VOM URSPRUNG des Planens und Lernens aufgrund von Normalerwartungen.
Am Ende werden wir – hoffentlich – die von Kap. 8 her noch unerledigten Punkte abgearbeitet, und „den Fehler“ der Normalplanung vollständig geklärt haben; es bleibt dann aber die Frage, die sich ja auch schon in Kap.8 massiv aufdrängte: Inwiefern dieses Verständnis sich in eine KRITIK derjenigen umsetzen lässt, die diesen Fehler tagtäglich praktizieren; wir wollen diesen Gesichtspunkt aus Kap.8 weiter im Auge behalten und schauen, ob die hier zu besprechenden Anteile „des“ Fehlers der Normalplaner ihnen besser begreiflich zu machen sind, als die in Kap. 8 angesprochenen. – Das ist das Programm dieses Kapitels.
((10a Die Art, wie PLAN sein Selbst bestimmt 10b Wie PLAN auf seinen eigenen Grundlagen daran scheitert. 10c Was von PLAN auch nach seinem Scheitern bleibt – was daran vernünftig ist.))