Überleitung 8f-8g (181-186): „Hoffen“

181.
Früher hatten wir von den Rahmenwerten gesprochen, die herauf- und heruntergesetzt werden; dann hatten wir das, ziemlich spät, durch die Rede vom erweiterten Selbst ersetzt, als das man sich bestimmt; hauptsächlich, um in den (nicht berechtigten) Erwartungen, die sich auf dies erweiterte Selbst richten, die Analogie zu den (berechtigten) auf das wirkliche Kernselbst bezogenen zu betonen. Aber seit wir diese Sprachregelung eingeführt haben, hat sich nicht viel Neues darüber hinaus ergeben, was sie soviel besser erscheinen liesse als die Rede von den Rahmenwerten. Vielleicht ergibt sich jetzt ein Grund:
Die Abstraktion über verschiedenste Entscheidungssituation hinweg, die die Erfahrung 5E und daran anknüpfende Maximen ermöglicht, nutzt erlebte und als solche vergleichbare Belastungssituationen, genauer: die darin erlebten Gefühle, als MASS; wie es sein kann, dass dies Mass zur Richtgrösse werden kann, ist die übergreifende Leit- und Rätselfrage, an deren Beantwortung wir uns seit 8/161 abarbeiten: „Wie kann eine „differente“, „gefühlte“ Enttäuschung, speziell, da sie rein quantitativen Charakter hat, zum Anlass einer mit ihr „begründeten“ Überführung einer Ausgangs-Normalpraxis in eine „den Tatsachen, so wie erfahren, besser angepasste“ dienen?
Wenn wir vom Fortschrittspfad aus einer Ausgangs-Normalpraxis (der zu ihr gehört) sprachen, dann meinten wir immer etwas Planbares, auf Erwartungen Beruhendes; das mag in vielen Fällen – vor allem auch statischer (oder „kalter“, mit Levi-Strauss zu reden) Lebensformen – spärlich genug sein. Davon zu unterscheiden ist der Zuwachs, sei es wie erwartet, oder überraschend, oder aber auch die überraschenden Einbussen, die ein ursprüngliches erweitertes Selbst erfährt: ES SELBST expandiert oder schrumpft ja dabei. Das aber heisst: Der Ausgangspunkt, nach solchen Selbst-Grössenänderungen, ist QUALITATIV verändert – es ist ein ANDERES Selbst, für das die Bedingungen seiner Reproduktion (also auch Überschüsse), oder das erreichbare Optimum und das daFÜR Wissenswerte (und die Dringlichkeit, mit der es gesucht werden soll: die im äussersten Fall dafür aufzuwendenden Ressourcen) bestimmt werden. Dennoch sollen Erfahrungen mit der erfahrenen Enttäuschbarkeit früherer Selbste hierbei verwertet werden.
Wie kann das sein? Was soll denn da gleichbleiben, bei all den Änderungen, die ein ursprüngliches Selbst im Durchlaufen sovieler Expansionen und Schrumpfungen (wenn daraus eine ganze Erfahrungsgeschichte, wie eben unterstellt, entstehen soll!) durchläuft – was soll da gleichbleiben können, derart dass Vergleichbarkeit all dieser erweiterten Selbste, falls im Umgang mit ihnen Überraschungen oder Anlässe auftauchen, garantiert, und der Rückgriff auf frühere solche Erfahrungen und ihre Verallgemeinerung zu Maximen, auf ihrer Grundlage, möglich sein soll? (=2.Teilfrage zur Beantwortung der Leit-Frage, vgl. die 1.Teilfrage 8/161).

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Auch ein erweitertes Selbst kann Rückschläge erleiden – Rückschläge, aus denen es sich zu einem ursprünglich bereits erreichten Stand SEINER Fortgeschrittenheit zurückarbeiten muss; die Grenze, bis zu der Misserfolge als blosse Rückschläge gelten, oder unerwartete Erfolge noch keine unerträgliche Zurückgebliebenheit aufdecken, DEFINIERT geradezu das erweiterte Selbst: jenseits davon fühlt es SEINE Grenzen überschritten; als Kernselbst drohte ihm dann Vernichtung (vgl. 8/97, Anfang); als erweitertem Selbst eine Neu-Definition.
Auch die Reproduktion des Kernselbst kann unter Druck geraten, derart, dass die Reserven zum Ertragen der unerwarteten Belastung mobilisiert werden müssen; aber dahinter steckt Existenz-Angst, oder zumindest Sorge; und als entscheidendes Ingredienz die HOFFNUNG, dass noch etwas zu tun ist. Wenn in dieser hoffnungs-getriebenen Reserven-Mobilisierung plötzlich etwas deutlich LEICHTER wird, oder SCHNELLER aus der Belastung heraus- und zur Normalverfassung zurückführt, als es jene Einschätzung nahelegte, aufgrund deren man überhaupt an ein Gelingenkönnen, eine Chance zum Erfolg der belastenden Abwehr-Reaktion gegen die Bedrohung glauben (also noch Hoffnung sehen) konnte: Dann empfindet man FREUDE, oder gar Euphorie – als sichtbaren Ausdruck „positiver Überraschung“.
Diese euphorische Erwartung eines schneller, als URSPRÜNGLICH erwartet, zum Ziel führenden Ausgangs gibt es auch in der Reproduktion des erweiterten Selbst; ebenso wie die unerwartete Erschwerung, die dennoch im Rahmen dessen bleibt, was im Rahmen DIESES Selbst (noch) als lohnend empfunden wird; der Rahmen wird dabei nicht verlassen.
Diese kurze Einschub-Überlegung war nötig, um klarzumachen, dass der eigentliche und grundlegende „Überraschungs“-Affekt bei der Reproduktion erweiterter Selbste die ENTTÄUSCHUNG ist; und nur sie steht in strikter Analogie zur Belastungs-Situation der Kernselbst-Reproduktion, mit ihrer sorge- oder gar angstvollen Hoffnung, es werde sich noch etwas gegen die drohende Vernichtung des Kernselbst ausrichten lassen (auch diese Sorge kann durch Rückschläge und „unerwartete Erschwerung“ noch grösser werden: bis zu dem Punkt, wo man keine Hoffnung mehr sieht, und endgültig resigniert).
Wir haben somit das unerwartet erschwerte Hoffen (soweit es noch was zu hoffen gibt), sowohl im Fall der Fortsetzung unter Belastung einer bedrohten Kernselbst-Reproduktion, als auch derjenigen einer sich als belastet erweisenden erweiterten Selbst-Reproduktion; und wollen das unterscheiden von der eigentlichen Enttäuschung einer erweiterten Selbst-Reproduktion, die ihr Pendant hat in der ohne Reserven-Mobilisierung nicht mehr abwendbaren Drohung des Unterschreitens der Grenze der (Kernselbst-)Reproduktivität.

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Wenn wir noch feiner unterscheiden wollen, können wir auch noch die Fälle (in der Praxis nicht unbedingt ungewöhnlich, vor allem besonders eindrücklich, darum gut erinnert!) abtrennen, in denen, es handle sich um Kernselbst- oder erweitertes Selbst, eine eingetretene Euphorie ins Gegenteil umschlägt, und man auf den Ausgangszustand oder sogar noch dahinter zurückfällt.
All das mag irgendwie auch enttäuschend, schmerzlich sein; aber es ist nicht jene Enttäuschung und Enttäuschbarkeit, die wir mit der erweiterten Selbst-Reproduktion in Zusammenhang bringen, und der Kernselbst-Reproduktion absprachen. So, wie wir sie, nochmals, von dem zu unterscheiden haben, was wir Bestürzung (und damit einhergehende Ratlosigkeit, als „Bestürzungs“-Pendant des rein kognitiven Erstaunens) genannt haben: Denn das ist die affektive Reaktion auf einen unerwarteten Rückschlag für die Mittel der reinen Kernselbst-Reproduktion. – Alle erweiterte Selbst-Reproduktion erfüllt, wie wir immer wieder sagten, die absolute Randbedingung: das Kernselbst wenigstens mitzureproduzieren, sich nach bestem Wissen und Gewissen, möglichst weit von der Grenze von DESSEN Reproduktivität (also DER Grenze der Reproduktivität schlechthin) entfernt zu reproduzieren; noch genauer müssten wir sagen: ALLE Erweiterung, alle Ausrüstung unseres Kernselbst mit Mitteln, Kenntnissen, Fähigkeiten usw., aller Fortschritt, alle Chancen-Nutzung, auch durch ein erweitertes Selbst, zielt letztlich immer auf die unter den gegebnen Umständen optimale Sicherung dieses Kernselbst (durch aktive und passive Robustheit, und mehr oder weniger gezielte Produktivitätserhöhung). Sodass man umgekehrt schliessen muss: JEDER Rückschlag eines erweiterten Selbst (selbst wenn es zuunrecht dafür gehalten wurde, und zuunrecht in DIESE Form einer Erweiterung investiert wurde; auch diese Einsicht offenbart ja einen Rückschlag!) muss auch, durch damit unvermeidlich mitgegebene Rückwirkungen auf die Kernselbst-Reproduktion, Bestürzung auslösen – soweit die in der betreffenden Reproduktion und ihrem Fortschrittspfad enthaltenen Elemente von Kernselbst-Reproduktion dabei einen Rückschlag erleiden (alle Rückschläge in einer eigentlichen Kernselbst-Reproduktion, also NUR diese Reproduktion verfolgenden Reproduktion und ihres Fortschrittspfades, lösen Bestürzung aus).
Ich sage: darin enthaltene Elemente – denn jede erweiterte Selbst-Reproduktion unter Normalplanungs-Maximen enthält ja, nach dem Gesagten, weitere Elemente, nämlich Voraussetzungen beschleunigten Fortschritts, Mittel zur Erreichung SICHER erwartbarer regionaler Optima etc. – die so reproduziert und gesichert werden, und um die sich so gesorgt wird, als WÄREN sie Teile des Kernselbst; obwohl sie es nicht sind (und das gewusst wird). So darf man sagen: In jeder Enttäuschung ist Bestürzung so, und „soweit“ enthalten, wie in der enttäuschten Erweiterten-Selbst-Reproduktion Elemente einer fortgeschrittenen Reproduktion des Kernselbst (bei gegebnem Wissensstand) enthalten waren, der im selben Schritt Mittel genommen und Chancen zerstört wurden, und die somit auf einen niedrigeren Stand zurückgeworfen wird, auch wenn ihr das vielleicht nicht passiert wäre, wenn in der gegebnen Situation und ihrer Vorgeschichte auf die viel anspruchsvolleren Fortschritts-beschleunigenden Zusatz-Ziele, die mit DIESEM erweiterten Selbst verfolgt werden sollten, verzichtet worden wäre.

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Und damit kommen wir zum wichtigsten Punkt. Gegenüber JEDER Erweiterten-Selbst-Reproduktion ist die jeweils beim gegebnen Stand des Erfahrungswissens denkbare REINE Kernselbst-Reproduktion, die immer vorsichtig, experimentell ist, nichts erwartet, nur versucht, VIEL zu bescheiden, VIEL zu langsam, VIEL zu vorsichtig. Das erweiterte Selbst ist vor allem eine Selbst-Überredung, Selbst-Ermächtigung: dass grundsätzlich MEHR als das muss erwartet werden dürfen (das ist die epistemische Grund-Erwartung des Normalplaner-Lernens: es will herausfinden, WIEVIEL mehr, und WAS; am DASS – dass es da etwas zu versäumen gibt – zweifelt es keinen Augenblick.)
((Eben diese virtuell, solang alles gut geht, in jeder Reproduktion eines durch Beschleunigbarkeits-Erwartungen ERWEITERTEN Selbst enthaltene Reproduktions-Stufe des unter maximal-vorsichtiger Ausnutzung des gegebnen, fortgeschrittenen Wissensstands (in Gestalt von „bestätigten“ Regularitäten) erweiterten Kernselbst (eines sich in dieser seiner maximal vorsichtigen Erweiterung und experimentell-versuchsweisen Selbst-Ausrüstung und -Aufrüstung der vorgegebenen elementaren Überlebensfähigkeit als jederzeit rückschlags-gefährdet ansehenden, und sich so, mit maximal gezügeltem (aber darum auch nicht vernichteten) Optimismus sich ins Rest-Unbekannte vorwagenden) ist, durch den Rückschlag, den auch sie durch den Rückschlag des sie in sich bergenden erweiterten Selbst erfährt, Quelle der Bestürzung, wie im vorigen Abs. ausgeführt.))
Angesichts dieser Überlegung nun kann man fortfahren: Jedes in seinen Erfolgsansprüchen über diese maximal-vorsichtige, mit dem gegebnen Wissenstand vereinbare momentane experimentelle (und jederzeit zurücknehmbare) Erweiterungsstufe des Kernselbst hinauszielende erweiterte Selbst geht, im Mass, wie an seine Erwartungen tatsächlich geglaubt wird, und man meint sie haben zu dürfen, ja zu sollen (und andernfalls etwas zu versäumen), mit HOFFNUNGEN einher: Hoffnungen, dass der maximal-vorsichtige Fortschrittspfad, der aus der zu diesem Wissensstand gehörenden experimentellen Kernselbst-Erweiterungsstufe heraus konstruiert werden kann, auf irgendeine Weise ÜBERBOTEN und ÜBERHOLT werden kann, dergestalt dass Ziele, die (wenn sie überhaupt für auf dieser Grundlage bereits realisierbar gehalten werden) in diesem experimentellen Kernselbst-Fortschrittspfad  später, oder viel später erreichbar gedacht werden, als schneller, leichter, nachhaltiger erreichbar gedacht werden – sodass man gegenüber diesem maximal-vorsichtigen Fortschrittspfad eine BESCHLEUNIGUNG erzielt, und sich unvorsichtiger, aufwendiger, riskanter, berechnender gegenüber dem Wissenserwerb (vor allem zu Suchen und Versuchen) verhält, als in dem Fortschreiten aus der vergleichbaren Kernselbst-Erweiterungsstufe, die diesem Wissensstand angemessen wäre.
(DESHALB heissen die nachhaltigen Rückschläge hier wohl zurecht: „Enttäuschung“.)

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Von daher ist man natürlich anfälliger (verglichen mit dem maximal vorsichtigen Vorgehen) für Rückschläge: erstens, für ENTTÄUSCHENDE Rückschläge für die eigentlichen Erweiterungen dieses Selbst, die meist mehr oder weniger riskant und knapp kalkuliert sind; zweitens, anfälliger für BESTÜRZENDE Rückschläge für die virtuellen Optionen der IN diesem Wissens- und Produktivitätsstand an sich möglichen (und virtuell in der Beschleunigung und Erweiterung irgendwie mit implementierten) maximal-vorsichtigen Kernselbst-Reproduktionsform; drittens, nicht zu vergessen: anfällig für durch allzu waghalsige Fortschritts- und Reproduktionsformen (Überschuss-Definition) provozierte BEÄNGSTIGENDE Gefährdungen sogar des eigentlichen Kernselbst.
Die Beängstigung würde hier nicht anders als in einer Kernselbst-Erweiterungsstufe mit einer belastenden und zeitlich befristeten Reserven-Mobilisierung beantwortet werden müssen (um die sonst unaufhaltsame Annäherung an die Grenze der Reproduktivität, oder die Gefahr ihrer Überschreitung, zu vermeiden); die Bestürzung würde, von seiten einer ruhig-erweiterten Kernselbst-Reproduktion, zum Versuch eines Wiederaufstiegs zum vorher erreichten Stand führen – unter Berücksichtigung der möglichen, hypothetischen Erklärungen für den Rückschlag.
Auf Enttäuschung wiederum könnte man natürlich ebenso wie auf eine Bestürzung reagieren – ruhig, zumindest ruhiger als zuvor, die Wiederannäherung an das schon sicher geglaubte Niveau der Erweiterten-Selbst-Reproduktion versuchen, von der aus einen der Rückschlag hat abstürzen lassen. Aber selbst wenn die betreffende Ausgangsstufe völlig identisch wäre mit einer der Kernselbst-Erweiterungsstufen – mit anderen Worten: wenn in ihr keinerlei Elemente einer schrillen, schon wieder viel höher hinauf und weiter zielenden, auch auf dieser Stufe „hoffenden“ Erweiterten-Selbst-Reproduktion enthalten wären: Dann waren solche Elemente doch in dem ursprünglichen Fortschritt auf diese Stufe zu enthalten; und der erlittene Rückschlag KÖNNTE als eine Warnung fungieren, wie gefährdet dieser Fortschritt eben doch war, sodass man ihn in der Wiederholung langsamer und vorsichtiger unternimmt – eben mehr in der Art, wie man es täte, wenn man den Versuch nur zur maximal vorsichtigen, erweiterten Kernselbst-Reproduktion unternähme (wenn auch immer noch schneller, und „optimistischer“, als dort). Aber im Normalfall wollten die produktiven Reproduzenten eines erweiterten Selbst meist noch wesentlich höher hinaus; jede erreichte Stufe ist für sie oft nur Sprungbrett für ein noch höheres Niveau, stellt womöglich ein neues, noch weitergehend erweitertes Selbst dar, von dem aus es nun noch produktiver, noch schneller weitergehen kann; und der Rückschlag hält sie nur auf, verringert womöglich ihre ohnehin allzu knapp kalkulierten Chancen; und von daher ist ebensogut oder sogar viel wahrscheinlicher zu erwarten, dass die Rückkehr auf das Ausgangsniveau nach dem Rückschlag noch hektischer unternommen wird, als der ursprüngliche Aufstiegsversuch mit einem erweiterten Selbst dorthin.

186.
Und es kann noch schlimmer kommen.
Denn die hoffnungs- und erwartungsvollen Normalplaner-Reproduzenten eines erweiterten Selbst können zwar ihr erweitertes Selbst, ausgehend von einer Ausgangsstufe, mehr oder weniger vorsichtig produktiv, entlang eines maximal vorsichtigen Fortschrittspfades, erweitern – so, wie es auch reine Kernselbst-Reproduzenten täten; dann wäre der einzige Unterschied, dass die Erweiterte-Selbst-Reproduzenten zusätzlich zu den „sicheren“ Mitteln einer fortgeschrittenen, von Anfang an ausschliesslichen Kernselbst-Reproduktion noch irgendeine Erwartung auf „sichere“ (und direkte, also auch schnelle) Erreichbarkeit eines Zwischen- oder Fernziels haben, auf das sie aus dieser Situation (neben anderm) hinauswollen; weshalb sie bereits Teile ihres Ressourcen-Spielraums in diese Aussicht investieren (und auch investieren müssen); diese Investition stellt eben gerade (wenn es nicht noch mehr gibt) ihre „Selbst-Erweiterung“ dar, jenen Überschuss an „Optimismus“, mit dem sie über den minimalen Optimismus der mit diesem Wissensstand und Ressourcenvorrat noch vereinbaren fortgeschrittenen reinen Kernselbst-Reproduktion hinausgehen; und die Anteile des Gesamt-Produkts, die sie (im Unterschied zu den auf diese Stufe fortgeschrittenen reinen Kernselbst-Reproduzenten) in die Reproduktion und Erweiterung dieser Investition fliessen lassen, fehlen eben für jene Absicherungen oder produktiven Erweiterungen, die fortgeschrittene reine Kernselbst-Reproduzenten als nächstes (in ihrer maximal vorsichtigen Vorgehensweise) in Angriff nehmen würden.
So eben hinterlässt eine gegenüber einem reinen, maximal-vorsichtig fortschreitenden, ausschliesslichen Kernselbst-Reproduktions-VERSUCH (wie wir uns korrekterweise ausdrücken müssen!) erweiterte, und mit irgendeiner darüberhinausgehenden ErfolgsERWARTUNG einhergehende Vorstellung von einer sicheren Erweiterbarkeit oder Erweitertheit des eigentlichen Kernselbst ihre Spur im anschliessend verfolgten Fortschrittspfad; selbst dann, wenn der FÜR dies (gegenüber dem fortgeschrittenen Kernselbst einer früheren Stufe optimistischer und weiter bestimmte, eben „erweiterte“) Selbst dann wieder maximal vorsichtig verfolgt würde – so als wäre es das Kernselbst.
Das wäre freilich der allerharmloseste Fall; der Normalfall bei Normalplanern rechtfertigt hingegen die eben gebrauchte Formulierung, dass es noch schlimmer kommt – in zwei Hinsichten, die beide (ein Unglück kommt selten allein) meist zusammen auftreten, und sich wechselseitig zur Entfaltung ihrer vernichtenden Konsequenzen verstärken:
Erstens, der Schritt der Selbst-Erweiterung, der Einbeziehung immer neuer Ziel-Erreichbarkeits-Erwartungen (früher nannten wir das „Optima“), und der bereits jetzt stattfindenden Festlegung mehr oder weniger grosser Anteile des Ressourcenbudgets (entsprechend der Risiko-Bereitschaft, in der sich die Hoffnung auf auch noch SCHNELLE Erreichbarkeit des überhaupt erwarteten Erfolgs niederschlägt) kann sich auf jeder Fortschritts-Stufe wiederholen; das heisst, wir verhalten uns NICHT irgendwann einmal so, als wäre ein erweitertes Selbst (das wir als solches in der genannten Art bestimmt haben) so vorsichtig zu behandeln, wie reine Kernselbst-Reproduzenten das Kernselbst im Fortschreiten behandeln, nämlich jederzeit auf Rückschläge in diesem Fortschreiten gefasst; sondern jede erreichte Fortschrittsstufe eines Original-erweiterten Selbst, mit ihren Potentialen einer NOCH besseren und produktiveren Absicherung des Kern- und des ursprünglichen, bis dahin erweiterten Selbst (Potentialen zur Sicherung der auf Ziel-Erreichbarkeits-Erwartungen beruhenden produktiven Optionen des bis dahin gelangten, urspürnglichen erweiterten Selbst) gilt als mögliche Grundlage einer NOCH weiter zielenden Planung, eines NOCH weiter zu erweiternden Selbst: Das heisst, der ursprüngliche Schritt der Selbst-Erweiterung und erweiterten, beschleunigenden, hoffnungsvollen und sich von der Erreichbarkeit bestimmter Ziele mit bestimmten Ressourcen und Wissensvorräten Abhängig-Machens kann immer wieder aufs neue wiederholt werden, so oft nur der Zuwachs an Produktivität und Kenntnissen es erlaubt.
Und zweitens, um jedes erweiterte Selbst, im Mass, wie man es dem Kernselbst ernsthaft GLEICHSETZT, kann man genauso FÜRCHTEN wie um das Kernselbst; und den Wahn soweit treiben, dass man ernsthaft um die Erreichbarkeit der Ziele, auf deren Erwartbarkeit man sich festgelegt und von deren Erreichung man sich in seinem Vorgehen ABHÄNGIG gemacht hat, ebenso kämpft, und belastende Selbst-Behauptungsversuche unternimmt, als ginge es um die eigene Existenz, und das eigene Kernselbst – als wäre die Grenze der Reproduktivität dieser Optionen DIE Grenze der Reproduktivität. Und oft genug kommt man dann auch in diesem „Kampf“ der WIRKLICHEN Grenze der Reproduktivität näher, als einem lieb ist.