148.
Jetzt haben wir auf einmal ein völlig verändertes Bild: Es treten nämlich, so wie wir es jetzt sehen, quasi drei Kolumnen nebeneinander (und zwar mit drei verschiedenen Verknüpfungs-Modi!):
a) Die Kolumne der drei Masse und Marken, ineinander „von oben nach unten“ fundiert und so untereinander zu einem System verbunden;
b) die Kolumne der drei „Inhalts“-Ebenen der momentanen Reproduktion, wobei die beiden äusseren wesentlich auf die mittlere bezogen sind – die „untere“ Ebene ist die des FÜR und IN dieser Form der Reproduktion tatsächlich genutzten Wissens-wie (in seinen mehr oder weniger „gewissen“ und vorläufig als FÜR diese Reproduktion für zureichend befundenen Stadien und Gewissheitsgraden); die „mittlere“ Ebene ist die der momentanen, faktischen Reproduktion des soundso bestimmten Kernselbst (des unerlässlichen, das sich in JEDEM Fall erhalten muss; dazu zählen auch die dafür gehaltenen Basis-Ressourcen), das innerhalb des dafür überhaupt bestehenden Spielraums als „erweitertes“ bestimmt ist im Mass, wie dies FÜR den momentan noch für lohnend befundenen Abschnitt des tatsächlich gewählten und beschrittenen Fortschrittspfades nötig ist (es müssen Ressourcen, Fähigkeiten, Kräfte, Wissen mit-reproduziert werden, die für die momentane Erhaltung des eigentlichen Kernselbst nicht erforderlich sind, wohl aber zu seiner weitergehenden Absicherung auf Dauer (Risiko-Minimierung, Produktivitätssteigerung etc.); schliesslich die „obere“ Ebene (die sich bereits in der Bestimmung des erweiterten Selbst geltend machte) besteht aus der Menge aller überhaupt nach gegenwärtigem Wissen sinnvollerweise noch in dieser momentanen Reproduktion beschreitbaren und erprobbaren Fortschrittspfade.
c) Als dritte Kolumne wiederum haben wir die drei Sorten Erfahrung, aus der der Normalplaner sein Wissen schöpft. (Würde er „suchen“, so wäre dies das Roh-Material, das dabei erweitert würde; wenn nicht als Resultat aktiver Suche, stellen sich spätestens durch Zufalls- und unerwartete Beobachtungen innerhalb dieser Kolumne Erfahrungen ein, welche von dem Normalplaner, aus der Perspektive der Gehalte der beiden andern Kolumnen gesehen, „Anlässe“ darstellen.)
Das Verhältnis dieser drei Kolumnen zueinander lässt sich dann zunächst zwanglos so beschreiben:
Das Roh-Material (im Moment, wo es erlebt wird, oder nachträglich, so wie es erinnert wird) wird auf in ihm vorfindliche Regularitäten hin beurteilt – so entsteht Wissen-dass; dieses wird wiederum auf mögliche Verwertbarkeit hin bewertet, dabei können auch Konstruktionen entstehen, die Verbünde aus an sich unverbundenen Regularitäten (Randbedingungen, An- und Vorzeichen, Wirk-Bedingungen) mit zweckmässigen Handlungsweisen darstellen, so dass reproduktiv oder produktiv möglicherweise oder tatsächlich verwertbare (reproduzierbare) Effekte entstehen (Verfahren, Mittel usw.); solche technischen Konstruktionen können auf ihre Anforderungen, Risiko-Anfälligkeit, Effizienz, Verlässlichkeit hin geprüft, erprobt und womöglich verbessert werden, und dabei gleich oder nach einer Anzahl Probedurchläufen auch in passenden Abschnitten der faktischen Reproduktion eingesetzt werden – selbst wenn dies sofort geschieht, handelt es sich nichtsdestotrotz um einen Versuch, und so bleibt es, wie sehr sich die betreffende Technik auch – und das womöglich von Anfang an – in ihrem reproduktiven Zusammenhang bewährt und als zuverlässig erweist. Die – angeblich oder tatsächlich – aus Erfahrung gewonnenen Masse und Marken der Kolumne a) wiederum helfen, die vielfältigen Alternativen, die sich aus dem Schatz an vorhandenen und ständigen Zustrom an neuen Erfahrung und somit Anlässen zu denkbaren Konstruktionen und Abänderungen ergeben, einzuschränken auf das mit gegenwärtigen Mitteln zu erproben „lohnendste“ aller Reproduktions-Versuchs-Konstrukte.
149.
Somit haben wir jetzt in unserer Rekonstruktion ZWEI Drei-Ebenen-Systeme: Zu unserem „horizontalen“, bisherigen (Fortschritts-bezogen, reproduktions-bezogen, wissens-bezogen) kommt jetzt das „vertikale“, mit Bezug zu Wissenserwerbsarten: a) (Zu optimierendes) System der Masse und Marken; b) aktuelle (Versuchs)Praxis mit dem zu ihr gehörenden Wissen und Fortschrittsoptionen (letztere beiden als „Ausfaltungen“ AUS ihr, FÜR sie, VON IHR gedacht); c) die eigentlichen Erfahrungs-INHALTE, als Resultate von Suchen, passivem Erlebthaben und zufälligem Beobachten, (Noch-)Wissen und Erinnern, unerwarteten Neben-Ergebnissen planmässigen Handelns, Versuchens, Wissenserwerbens. Die Verhältnisse zwischen diesen drei vertikalen Ebenen wollen wir jetzt genauer betrachten. – Zunächst erinnern wir uns, wie wir die beiden zusätzlichen Dreier-Gruppen gefunden haben: Durch unsere „horizonale“ Analyse 69-110 nämlich; Masse und Marken (als Erfahrungs-Ergebnis) einerseits, Erfahrungsinhalte andererseits flankieren gewissermassen, seit wir sie erarbeitet haben, die bis dahin massgebliche, horizontal drei-gliedrige Normalpraxis, mit ihren beiden (wie wir zwischenzeitlich zu sagen gelernt haben) „Ausfaltungen“ aus dem reproduktiven Zentrum. Auch Masse/Marken bzw. Erfahrungen weisen die horizontale Gliederung auf; speziell für Masse/Marken gilt freilich, dass sie alle aus EINEM Guss sind: Sie legen gleichzeitig am Fortschrittspfad ein bestimmtes Optimum fest, FÜR das im gegenwärtigen Reproduktionszirkel bereits, vorausschauend, präparativ, Ressourcen aufgebaut und mitreproduziert werden müssen; für sämtliche Zwischenschritte bis zum angezielten Optimum muss Reproduktivität des Kernselbst gewährleistet bleiben; das für den gesamten Plan benötigte Wissen muss in jedem Durchgangsstadium mit den dort anfallenden Mitteln und Reserven umsetzbar, und in diesem Sinn „gewiss“ sein.
Die Marken und Masse sind nun freilich ganz und gar bezogen auf die „mittlere“ Kolumne, sind FÜR sie und AN ihr, als eigentlichem Inhalt, entlang formuliert; getrennt davon verlieren sie erst einmal jede Bedeutung. (Nicht nur der Forschrittspfad mag dabei Alternativen aufweisen, auch die Reproduktion mag eine gewählte Variante unter mehreren sein, mit je zu ihnen (und den aus ihnen herauswachsenden, alternativen Fortschrittspfaden) gehörendem Wissen, das verschieden sein mag FÜR die verschiedenen Reproduktions-Alternativen; alle Alternativen sind konstruiert (auch wenn sie die Gesamtheit aller erwägbaren Gruppierungs-, Klassifizierungs-, technische Wirkeffekt- und (Re)Produktions-Zweig-Konstruktions-Möglichkeiten bei weitem nicht erschöpfen müssen) aus dem Erfahrungsmaterial der rechts stehenden Kolumne. Die rechte äussere Kolumne liefert, wie in 69-110 dargestellt, das Erfahrungsmaterial, das durch – auf die jeweilige horizontale Ebene passende – Anwendung des epistemisch-optimalhypothetischen Schemas, „fortgeschrieben werden“ kann. – Wieder steht die mittlere Kolumne, die Normalpraxis, zwischen den beiden andern; und wie im horizontalen Beispiel, wo wir sagen konnten: Die untere und obere Ebene sind auf die mittlere bezogen, ist es auch hier: Die linke und rechte Kolumne sind auf die mittlere bezogen, tragen beide zu ihrer Konstruktion die Inhalte (die rechte Kolumne) und prioritäre Auswahl aus den möglichen (Versuchs)Konstruktionen (die linke) bei.
Und damit sind, nochmals, die beiden Modi der Verbindung benannt: Von rechts zur Mitte ist es ein (Versuchs)Konstruktionzusammenhang (auch dafür wird Material GEWÄHLT, andres ignoriert; man ist AUFMERKSAM auf mögliche oder denkbare Regularitäten, auf andre nicht); von links zur Mitte ist es eine Wahl (Prioritätensetzung, Setzen der Grenzmarken) entlang von bewertenden Kriterien (die Masse). – Normalplaner geben vor (oder besser: fingieren), die Inhalte beider äusserer Kolumnen aus Erfahrung zu haben (zugleich: an diesen Inhalten das zu haben, was in ihrer Erfahrung massgeblich ist); was in beiden Fällen höchst problematisch ist.
150.
Denn im Fall der Masse und Marken hätte dafür eine höchst problematische Abstraktion über verschiedenste Fälle von mehr oder weniger Gewissheit, Sicherheit, Lohnendheit stattfinden müssen (vgl. Ende 8/141) – die so wahrscheinlich nie stattfinden konnte; im Fall der möglicherweise zu verwendenden, daher zu erprobenden Regularitäten wird der gesamte Bereich des nur denkbaren Möglichen (des ohne Anlass zu Erprobenden; die Optimal- und Suboptimalhypothesenreihe – Reihe des eben darum noch nicht Bekannten und Entschiedenen) ausgeblendet.
Aber das wichtigste Element im Vorgehen der Normalplaner, das sie aus Erfahrung schöpfen, sind die ANLÄSSE, die so nicht zu erwartenden ZUWÄCHSE an Erfahrungen dieser Art, bei denen sie überhaupt (um)konstruierend (vgl. 8/146 b), (anders) prioritäten-setzend (Prioritäten verändernd, mit all den dazu gehörenden Konsequenzen) (8/146 c), und (wenn auch allenfalls aus gegebenem Anlass, und möglichst darauf bezogen) (8/146 a) -suchend tätig werden.
Diese Anlässe können, wie wir bereits sahen, grundsätzlich zweierlei Form annehmen:
1. Eine neue, FÜR die gegenwärtige Reproduktion und ihre denkbaren Fortschritte möglicherweise verwertbare Regularität wird erlebt, oder fällt auf (spätestens so, dass man darauf aufmerksam wird; in der Normalplaner-Praxis kommt derartiges ohne Anlass nicht vor);
sie wirft die Frage auf, OB man sie überhaupt verwerten soll, wie weit zunächst man sie erproben soll, bevor man sich auf sie verlässt, und wo überall man sie noch einsetzen könnte (eventuell abgewandelt, im Verbund mit andrem).
2. Eine Wissens-Erwerbs-Aufgabe, ein Problem im Sinn der Abss. 8/145 und vor allem 8/146 bricht auf; dann stellt sich vor allem die Frage, WAS dafür geeignet sein könnte, wo man es findet, um die Lücke (und sei es auch versuchsweise, in Gestalt eines Experiments) zu schliessen, wie lang man sich damit aufhält, und wieviel dafür opfert.
Beides sind Problem-Stellungen (können als solche bezeichnet werden, es ist ihnen gemeinsam, Problemstellung zu sein, vgl. 8/145); aber eben völlig verschiedene; einmal ist ein Inhalt da, es werden Modalitäts-bezogene OB-Fragen gestellt; im andern Fall fehlen Inhalte, vorhanden ist nur eine Stelle, die mit ihnen gefüllt werden soll. – Dass, mit Bezug auf noch fehlende Inhalte, bloss eine Stelle, eine isolierte Lücke aufklafft, verdankt sich bekanntlich der Bornierung des Normalplaners auf SEINE Praxis; die „Stelle“ ist gewissermassen die kleine Dosis, in der er die nächste Portion des riesigen Rest-Unbekannten in der Welt, mit dem er eigentlich konfrontiert ist, in seine Praxis einlässt; gegen das Übrige schottet er sich ab mit seinem vermeintlichen Genug-Wissen und Weiter-so, so gut und solang es eben geht, und die isolierten „Stellen“ und Lücken sich nicht zu einem Einbruch seiner gesamten Reproduktion ausweiten, bei dem ihm dann mit den Mitteln seines Weiterexistierens zugleich die seines Wissenserwerbs genommen sind.
151.
An dem „Anlass“ vom Typ 1. fällt nun folgendes auf: Würde es sich um einen gewöhnlichen Wissens-Zuwachs handeln, der je nachdem, einem der bekannten epistemischen Fächer einen Inhalt hinzufügt – eine Vermehrung des Wissens-dass, Reserve-Wissens-wie usw. – dann würde dies den Normalplaner so kalt lassen, wie der gesamte Bestand an Inhalten in diesen Fächern, die er unbedacht, unerforscht, unerprobt, ungenutzt liegen lässt – vorläufig (womöglich aber auch irgendwann vergisst); zum „Anlass“ wird eine solche Erfahrung nur, wenn sich DURCH und MIT ihrem Eintreffen die Erwartungsstruktur ändert – sie schafft sich, gewissermassen, die Stelle im Erwartungssystem, zu der sie passt, auf der sie verwertet werden kann – und unser (meist nur sehr kurzfristiges) Problem, im Zusammenhang mit solchen Erfahrungen, die „einen Unterschied machen“, ist allenfalls, ihnen die GENAUE Stelle und Weise ihrer Verwertung in unserem gegenwärtigen System von zyklisch-reproduktiven und progredient-produktiven Erwartungen zu verschaffen. Der „Anlass“ vom Typ 1. kann nun die Form annehmen, die wir bereits öfter so beschrieben haben: Mit dem Aufklaffen eines praktischen Problems zugleich wird seine Lösung gefunden; und wenn sich „sonst“ dann nichts ändert (zB. im Verbrauch von Ressourcen), ist es dann auch schon wieder gut: Es ist genau jene Art kleiner, extrem eingegrenzter „Störfälle“, die bewältigt und in die Normalpraxis ab dann integriert sind, ohne in der eigentlichen, umfassenden Erwartungsstruktur irgendwelche Spuren zu hinterlassen; in der Sprache der früheren Kapp.: Sie „schlagen nicht nach oben durch“. Wie aber, wenn doch – was geschieht dann?
152.
Ich meine, es geschieht etwas, das genau den Charakter eines Anlasses vom Typ 2. hat: Es klaffen Folgeprobleme auf, „Stellen“ in der Erwartungsstruktur sind auf einmal nicht oder nicht mehr durch ausführbare Praktiken besetzt, und es wird nach solchen Praktiken auf „untergeordneten“ oder Ausführungsebenen (DADURCH DASS) gesucht – zunächst einmal durch Rückgriffe auf die vorhandenen Wissens-Reserven. Je dringlicher und verzweifelter diese Suche nach praktisch Verwert- und Brauchbarem ist,…
((auch jetzt noch ist an WIRKLICHES Suchen nicht zu denken – gerade jetzt gibt es für den Normalplaner wahrhaftig Wichtigeres zu tun (für wirkliches Suchen und Forschen ist somit in der Normalpraxis kaum je Zeit: Entweder, weil ein hinreichender Anlass fehlt, oder weil der gegebne Anlass zu dringlich ist))
…desto marginaler sind die Wissens-Bestände und Wissensformen, die für dieses Durchmustern herangezogen werden. Ähnliches geschieht ja, wenn wir Ressourcen gleich welcher Form plötzlich im Überschuss freibekommen, derart dass wir die „Stellen“, auf denen sie, gekoppelt mit einer angemessenen Erwartung, zum Einsatz kommen können, erst konstruieren, und den Fortschrittspfad oder die laufende Reproduktion erst um solche Abteilungen erweitern müssen. (In der ursprünglichen Terminologie formuliert (vgl. zB. 8/6): Für von anderswoher und vorab feststehende Ziele werden die Mittel gesucht; für vorhandene, als solche feststehende Mittel werden Ziele gesucht; eins von beiden muss jedenfalls dasein – es wird nicht BEIDES zugleich variiert oder ausgeweitet – DAS wäre nämlich der Übergang zum echten (Optimal)Versuchen…)
153.
Wir müssen es also, deutlicher als früher, so zuspitzen: Das eigentliche Lernen – das gestaltete, bedachte, gezielte – des Normalplaners zielt ausschliesslich auf die Ausbildung von Erwartungen; es beginnt damit und hat grundsätzlich zum „Anlass“ die von aussen, also „unerwartet“ und ungeplant, stattfindende Beeinträchtigung seiner Erwartungsstruktur, mit dem Resultat, dass „Stellen“ in dieser vorbestehenden Struktur nicht mit ausführbaren Praktiken, sondern nur noch und bestenfalls mit Praktik-Fragmenten besetzt sind. Wobei „Praktik“ immer auch bedeutet: Ein konkretes Verfahren, Budget (Ressourcen-Anforderungen), konkrete Risiko-Erwartungen (Bewältigbarkeit), ein Grad der Priorität für den Fall veränderter Ressourcen-Situationen (eher als andres zu entwickeln im Rahmen des Fortschrittspfads, später als andres aufzugeben; „(Vor)Dringlichkeit“); oder, die Struktur erweist sich als ausweitungsbedürftig und suboptimal angesichts neuer Möglichkeiten – denkbare Praktiken müssen dann zu einem Stellensystem gereiht werden, das entweder die bestehende Reproduktion ergänzt, oder einen alternativen Fortschrittspfad darstellt. Was wir hier „StellenSYSTEM“ nennen, wurde früher (v.a. in Kap. 5) bereits angesprochen mit dem Wort „Integriertheit“: wiederholbare oder ständig verfügbare Techniken, Mittel, Verfahren und Praktiken im eigentlichen Sinn benötigen zur rechten Zeit, am rechten Ort zweckmässig bereitgestellte Ressourcen, die nicht ständig verfügbar sind, und Transporte (zum „rechten Ort“) und „rechtzeitigen“ Beginn ihrer Produktion, in angemessenen Mengen – dies alles synchronisiert mit erwarteten Umgebungs-Randbedingungen, und mit erwartbaren Resultaten, die Eingangs-Grössen darstellen für Folge-Stellen dieser Art, derart, dass sich alle zusammen zum Kreis schliessen, sofern es sich um Reproduktion handelt, und Erweiterungen daraus sich abzweigen, die immer wieder zu stabilen produktivitäts- und robustheitssteigernden Fortschritten FÜR den jeweiligen Kreis führen – in der „richtigen“ Reihenfolge, und mehr oder weniger langfristig, über Vorstadien, vorbereitet.
154.
Jede „Stelle“ (gleich, ob existierend, oder erst vollständig zu kreierend) ist somit durch mehrere Aspekte charakterisiert, die sich auf zwei Dreier-Gruppen reduzieren lassen, nämlich den Unterschied, den ihr Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein für die Bewertung der Gesamt-Praxis (des Gesamt-Stellensystems, von dem sie ein Teil ist) macht – in den bekannten drei Wert-Massen: Gewissheit (objektive und subjektive Unzuverlässigkeit der Verfahren und Mittel), Sicherheit (Bewältigbarkeit), (optimale) Lohnendheit, bezogen auf die inkaufgenommen Risiken und Chancen (verglichen mit allen Alternativen); und: die konkreten Formen des Könnens (Wissens-wie, inclusive Arbeits-Kraft oder -Kräfte, ausgebildete, eingeübte Spezial-Fähigkeiten, tatsächlich gebaute und benötigte Vorrichtungen, Anlagen, Instrumente (Maschinen, Werkzeuge etc.), Materialien, objektiv benötigte, zu kennende (an Vor- und Anzeichen zu erkennende oder eigens zu ermittelnde oder innerhalb gewisser Schwankungsbreiten an bestimmten Orten, zu bestimmten Zeiten zu erwartende) Randbedingungen (inclusive das Ausbleiben schädigender Einflüsse); sowie die Integration der Stelle in einen reproduktiven Zirkel, derart dass ihr zu reproduzierend Nötiges zur rechten Zeit, am rechten Ort in der benötigten Menge und Qualität angeliefert wird, und sie ihren Beitrag für Reproduktion und Fortschritt ebenso rechtzeitig usw. erbringt: Die FÜR ihre plan-gemässe Ausführung zu erwartenden Voraussetzungen erfüllen sich – die VON ihr zu erwartenden Leistungen werden erbracht, ohne andre als die erwarteten Nebenfolgen (Verbrauch von Ressourcen, zu beseitigende Abfälle usw.).
Die „Stelle“ hat somit ihre eigenen Anteile am Gesamt-Wissen-wie als einer „Ausfaltung“ der Normalpraxis, deren Teil die Stelle ist, ebenso wie ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein die Fortschrittsoptionen der Gesamtpraxis beeinflusst, oder sogar den Sicherheitsgrad der reproduktiven Basis dieser Praxis. Mit andern Worten: die Praxis, ihrer praktischen Realisierung nach, würde verändert, wenn die Stelle ausfallen oder mit Verfahren usw. mit anderen funktionellen Parametern, vor allem, was den Ressourcenverbrauch betrifft, realisiert würde.
Und dem korrespondiert der Einfluss der Stelle und ihrer Besetzungen auf die „Bewertung“ der Praxis als ganzer (verglichen mit denkbaren Alternativen).
155.
Wir müssen es noch pointierter sagen.
Die beiden Einfluss-Formen, die sich mit einer „Stelle“ verbinden, sind im Kern identisch mit der Gesamtheit an qualitativen Anforderungen (die vor allem zu KENNEN sind!), deren Erfüllung fungiert als „conditio sine qua non“ für Erreichbarkeit des angestrebten Optimums der betreffenden Normalpraxis, oder sogar für ihr Sicherheitsniveau ab einem bestimmten Zeitpunkt, vor Erreichen dieses Optimums; und, andererseits, identisch mit der Gesamtheit an qualitativen oder quantitativen Anforderungen (sofern das betreffende Optimum ÜBERHAUPT im qualitativen Sinn als erreichbar gedacht (seine dauerhafte (reproduzierbare) Realisierung als Verfahren mit bekannten Mitteln konstruiert werden kann), die Ressourcenverbrauchs-Intensitäten und damit verbundene Risiken beeinflussen – auch damit wird Erreichbarkeit des Optimums erleichtert oder erschwert (allerdings nur im Verbund mit anderen „Stellen“ und ihren Parametern). Die entscheidende Frage ist: Welchen Einfluss hat die Stelle auf die Wahl des erreichbaren Optimums – welche Ersatz-Praxis mit welchem Grad an „Optimalität“ (Lohnendheit) steht bereit, wenn die „Stelle“ ausfällt oder in einer Weise realisiert wird, die die Erwartungen des bisherigen Plans, sei es in positiver oder auch negativer Richtung, übertrifft? Anders ausgedrückt: Die Wahl welcher alternativer Normalpraxen wird durch Variationen in der Besetzung der Stelle, oder das Überhaupt-Vorhandensein oder Verschwinden der Stelle herbeigeführt – welche Variationen des qualitativ-Notwendigen und/oder des quantitativ (Noch) Möglichen im Gesamtaufbau (so, dass sich eine der Ausgangspraxis mehr oder weniger ähnelnde Alternative ergibt) werden so erzwungen? Welche alternativen Erfahrungsinhalte (Erfahrungswissen) werden daFÜR benötigt, auf welche anderen Inhalte im bestehenden Erfahrungswissen daBEI zurückgegriffen? Und: Welche veränderten „Rahmenwerte“ und Bewertungen sind MIT diesen Änderungen in Vorgehensweisen und deren konkreter Integration, Überschuss-, Optimum- und (für notwendig gehaltenem) Wissen verbunden?
(Zwischen der Kategorie Sicherheit/ Bewältigbarkeit FÜR ein erweitertes Selbst (dh. den über die Erhaltung eines Kernselbst hinausgehenden Anteilen mitzureproduzierender, gefährdeter und gegen Gefahren abzusichernder (dafür gehaltener) Produktions-Voraussetzungen zum Erreichen des angestrebten Optimums) und der Kategorie „Überschuss(bestimmung)“ besteht natürlich ein enger Zusammenhang – darin mitenthalten ist die Kategorie der FÜR das auf diesem Wege angestrebte Optimum unterwegs inkaufzunehmenden Risiken (der Vorsicht, mit der man versucht, es zu erreichen). Ebenso besteht ein Zusammenhang zwischen dem Mass der FÜR diese Reproduktion und FÜR den aus ihr heraus beschrittenen Fortschrittspfad als hinreichend angesehenen Gewissheit mit Bezug auf alle in dieser Reproduktion und in diesem Fortschrittspfad genutzten Einzel-Praktiken, Randbedingungen usw., und dem Aufwand, den man glaubt – aus Sicherheitsgründen und FÜR künftige Überschuss-Bestimmung – treiben zu müssen für zusätzliche Zuverlässigkeit, oder gar für qualitativ notwendige und unentbehrliche Problemlösungen, von deren Gelingen die Erreichbarkeit des angestrebten Optimums abhängt.)
156.
Betrachten wir jetzt erneut unsere drei Kolumnen, und hier speziell die aktuelle Normalpraxis.
Sie ist ein praktisches Kategorien- oder „Stellensystem“ in dem Sinn, in dem wir es oben in 8/138 noch einmal betonten, allein schon darum, weil mehr oder weniger vielfältige INDIFFERENTE Abwandlungen einzelner (re)produktiver Schritte existieren mögen, die AUCH an Stelle der tatsächlich realisierten Verfahrensformen realisiert werden könnten, ohne dass sich an den entscheidenden Parametern, wie Gesamt-Bewältigbarkeit, Überschuss-Planung, Optimum, erweitertes und Kern-Selbst irgendetwas ändert; die entsprechenden Verfahren sind, nach der von uns eingeführten Terminologie, Bestandteile des verfügbaren Wissens-wie, aber nicht des aktuellen Könnens (im Sinn von: unbedingt zu reproduzierender Anteil des zur Aufrechterhaltung von Reproduktionsniveau und gewählter Fortschrittsoption Notwendigen). Aber natürlich kann die Normalpraxis, so gut, wie sie an all diesen Stellen bereits als INDIFFERENT variabel gedacht werden kann (oder es tatsächlich ist), erst recht in all ihren Teilen als „Kategorie“ oder Abwandlungs- „Stelle“ für deren DIFFERENTE Abwandlung gedacht werden; dabei mag der Übergang in der „Differenz“, die alternative Besetzungen jeweils machen würden, gleitend sein: Das bestehende Verfahren an dieser Stelle durch DIESE Alternative zu ersetzen, macht geringfügige Änderungen in jenem Zuliefer-Prozess erforderlich, der Eingriff hinterlässt ansonsten kaum Spuren; oder, der Verbrauch DIESER Ressource steigt spürbar an, es macht aber nichts, denn Transport-, Aufbereitungs-, Lager-, Förder- und Rohstoff-Kapazitäten sind genügend vorhanden; oder aber: ein anderer Prozess, der auf die gleiche Ressource zurückgreift, erhält weniger pro Zeit, damit werden gewisse Fristen, in denen bestimmte Risiken fortbestehen, länger, das Gesamtrisiko der Gesamtpraxis würde geringfügig ansteigen (weshalb man sich nicht ohne Not für diese ungünstigere Vorgehensweise entscheiden würde – nämlich nur bei Ausfall oder Verschlechterung der gegenwärtigen Vorgehensweise). usw.
Man kann dann sagen: Um jede Einzel-Massnahme des Gesamt-Prozesses, die aus Sicht der jeweiligen Normalplaner überhaupt variabel ist, legen sich, in konzentrischen Kreisen, ihre Abwandlungen herum – mit anwachsenden Auswirkungen (vor allem auch: unübersehbaren Änderungen an weiter weg liegenden Stellen des ReProduktionsprozesses) auf den Gesamtprozess; diese Abwandlungen greifen auf je ANDERE Inhalte des vorhandenen Erfahrungswissens zu (die man, in diesem Sinn, als Dunstkreis- und Reserve-Wissen mit Bezug auf DIESE Stelle ansehen kann; „Dunstkreis- und Reserve-Wissen-wie“ ist dann ein relationaler Ausdruck, es ist immer solches FÜR…); und natürlich sind mit diesen anwachsenden Rückwirkungen (im Normalfall: Verschlechterungen) auch irgendwann die Rahmenwerte tangiert: das Gesamt-Risiko FÜR das bisherige Optimum wächst, die Bewältigbarkeit nimmt ab, Überschüsse können nicht mehr so grosszügig gebildet werden, die Fortschrittsgeschwindigkeit verlangsamt sich, Risiken dauern länger an usw. usw.; die entscheidende Frage ist, wieder: Lässt sich das bisherige Optimum, angesichts solcher (meist reparativ erzwungener) Abwandlungen, noch halten? Dieselbe Frage kann sich natürlich, quasi in umgekehrter Richtung, auch bei unerwartet günstigen Neuerungen stellen (wir bekommen produktive Kapazitäten in grosser Menge frei – was könnten wir, über das bestehende Optimum hinaus, damit tun?).
157.
Man könnte sich dann eine imaginäre Mess-Grösse denken, nämlich eine Art Indifferenz-Breite der gegenwärtigen Normalpraxis, gesehen als System der Stellen ihrer möglichen Abwandlung: Das Mass, von dem wir sprechen, könnte dann bestehen in der Zahl der möglichen indifferenten Abwandlungen dieser Praxis, unter Ausnutzung des vorhandenen Reserve-Wissens-wie und der Möglichkeit alternativer (jederzeit, aus dem Stand oder nach kurzen Anpassungsfristen möglichen) Anordnungen von Teil-Abläufen in Reproduktion und Fortschrittspfad; indifferent bedeutet dabei: trotz veränderter Verhältnisse zu Randbedingungen und veränderter Bedingungs-Gefüge bleiben Überschuss-Bildungsregeln (Sicherheit, Bewältigbarkeit), „Lohnendheit“ des für erreichbar gehaltenen Optimums (erweitertes Selbst) und in diesem Rahmen nötige, aber eben auch für lohnend gehaltene Wissenserwerbe gleich.
Die Mess-Grösse beruht auf zweierlei Faktoren, deren Einfluss auf die Resultat-Grösse ihrerseits als quantitativ abschätzbar, und die somit als Masse aufgefasst werden könnten:
– Das eine Mass liesse sich dann beschreiben als eine Art „Nützlichkeit“ und „Angemessenheit“ der verfügbaren Gesamt-Erfahrung (vor allem: des „Reserve-Wissens“) hinsichtlich der aus der Normalpraxis erwachsenden Problemstellungen – als ein Mass der Eignung der vorhandenen Erfahrung zur Abwandlung von Techniken und Lebensformen, um sie an spezielle Randbedingungen immer besser anzupassen, ohne den Gesamtplan (oder die bestehenden Erwartungen) aufgeben zu müssen.
– Das andere Mass ist begründet in dem, was eben „Ausnutzung… der Möglichkeit alternativer… Anordnungen von Teil-Abläufen in Reproduktion und Fortschrittspfad“ genannt wurde: Damit sind Kapazitäten (Reserven) aller Art, vor allem (Reserve-)Ressourcen-Flüsse pro Zeit gemeint, die elastisch genug sind, damit sie ohne nennenswerte („differente“) Zeit-Verzögerungen aktiviert werden zu können, um nötige Anpassungsprozesse (Realisierungen des Reserve-Wissens-wie) zu ermöglichen.
Das Mass, in dem solche Rückgriffe auf jederzeit oder „hinlänglich schnell“ mobilisierbare Wissens- und Ressourcen-Reserven möglich sind, könnte man, einmal mehr, mit der Risiko-Absicherung gleichsetzen, für die bereits die Regeln der zulässigen Überschuss-Bildung zuständig sind. Aber diese Überschüsse beziehen sich nur auf den (kalkulierten) Umgang mit BEKANNTEN Risiken; während das Mass, mit dem wir es hier zu tun haben, ein wahrhaft IMAGINÄRES sein muss: nämlich die Abschätzung des gesamten Risikos, das unserer Erwartungs-Struktur, einschliesslich derjenigen im Umgang mit BEKANNTEN Risiken, zusätzlich aus dem riesigen Bereich des Rest-Unbekannten droht; die empirische Suche nach angemessenen (und auf Dauer haltbaren) Schätzwerten für dies Mass versucht, die Robustheit oder Gefährdetheit unserer Lebensform und die Mangelhaftigkeit oder Zulänglichkeit unseres gegenwärtigen (bekanntermassen unvollständigen) Erfahrungswissens sub specie aeternitatis – zumindest bezogen auf die Haltbarkeit des gegenwärtigen Optimums – , und angesichts ALLES dessen zu beurteilen, was in der Welt, in der wir leben (und deren Beschaffenheit in dieser Hinsicht wir abzuschätzen versuchen), aber eben auch NUR in ihr (damit nur ja nichts überflüssiges gelernt und erforscht, nichts umsonst in Reserve gehalten wird), noch so alles passieren kann.
158.
Wir können das genannte Mass für einzelne „Stellen“, oder mehrere zusammenhängende, oder ganze Regionen oder „Branchen“ der gegenwärtigen Normalpraxis bestimmt denken; oder eben für die ganze; in jedem Fall schätzt sie die Abhängigkeit der GESAMTPRAXIS (Reproduktivität des erweiterten Selbst, Fortschrittspfad Schritt für Schritt, soweit Erreichbarkeit des Optimums davon abhängt) von Ausfällen bzw. objektiven Änderungen qualitativer und quantitativer Art in den jeweiligen Bereichen. Und so gut sie diese Abhängigkeit bei Ausfällen schätzt, die keinen Unterschied machen und indifferent sind, kann sie es umgekehrt für solche, die einen Unterschied machen: und das sind aus Sicht des mit diesem Mass seine Praxis (Ein-)Schätzenden durch Reserve-Wissen und Reserve-Kapazitäten nicht kompensierbare und reparierbare oder „absorbierbare“ und neutralisierbare ÜBERRASCHUNGEN. Das Mass bestimmt dann je für Ausfälle und Änderungen in Randbedingungen und Bedingungsgefügen von Stellen und Bereichen quasi das Ausmass, in dem die jeweilige Überraschung tatsächlich ein Glück oder Unglück ist – im Guten (wenn sie, im Indifferenzfall, als absorbiert oder neutralisiert anzusehen wäre: die Zuwächse an Wissen und Ressourcen, die sich in ihr offenbaren, werden in die Reserven aufgenommen, gleichsam von den Reserven „absorbiert“) wie im Schlechten (wenn sie oder ihre Folgen, im Indifferenzfall, durch vorhandene Wissens- und Ressourcen-Reserven kompensiert oder, als Ausfall, repariert und wiedergutgemacht werden kann); ein Glück oder Unglück, genauer gesagt, auf das man EIGENTLICH besser hätte vorher eingerichtet sein sollen – indem man Reserven (im Glücksfall) nicht so umfangreich hätte anlegen sollen (sofern sie Kosten verursachten), und dafür Pläne und Ziele grosszügiger, oder (im Unglücksfall) Reserven umfangreicher, und Planungen weniger grosszügig.
Also wieder wird durch die betreffende Grösse geschätzt, wie empfindlich die betreffende Normalpraxis als ganze auf (aber diesmal differente) Änderungen in Rahmenbedingungen und (der Tiefe von) Bedingungsgefügen (bzw. dem Wissen davon) reagiert – da sie in diesem Fall different, einen Unterschied machend hinsichtlich des Verhältnisses von Reserven und tatsächlich für Zielrealisierungen eingesetzten Vorräten sind, muss man zugleich sagen: unerwartet; hätte man sie SO erwartet, hätte man (das ist der Unterschied, den die Überraschung macht) anders geplant.
Anders gesagt, bestimmt die Grösse, wie sehr man angesichts dieses überraschend erfahrenen Unterschiedes zwischen Was-Ist und Was-hätte-sollen NACHTRÄGLICH das genannte Verhältnis ändern soll; wie sehr man, angesichts dieser Überraschung, mit einer Änderung des Indifferenz-Wertes und der Unempfindlichkeits-Erwartung reagieren soll.
159.
Die Grösse muss offensichtlich keine absolute sein; um ihre Dienste zu verrichten, muss mit ihr nicht gesagt werden, WIE unempfindlich eine Normalpraxis an bestimmten ihrer Stellen, Bereiche, Branchen gegen Änderungen ist, gemessen an einem absoluten Standard; nur DASS sie es ist, solang sie es ist, und WIE SEHR oder WIE WEIT die tatsächliche (Un)Empfindlichkeit von diesem Indifferenz-Punkt entfernt lag – zuviel oder zuwenig Reserven gehalten wurden, und zuwenig oder zuviel an Ressourcen in Erweitertes-Selbst-Erhaltung und Fortschritt (dieser Selbst-Erhaltung) investiert wurde. (Erhaltung von Reserve-Wissen, erst recht Wissenserwerb, kostet Ressourcen…)
Die Grösse, von der wir sprechen, ist keine andre als das Mass der LOHNENDHEIT der gegenwärtigen Normalpraxis mit IHREM Optimum und daFÜR bereits jetzt, vorausschauend, zu reproduzierendem erweiterten Selbst, und dem daFÜR genutzten Wissen-wie und nutzbarem Reserve-Wissen; die in der „Schätzung“ des Ausmasses, in dem diese Praxis „zurecht“ jenseits der Grenze der Reproduktivität operiert, enthaltene Schätzung ihrer Indifferenz-Breite schlägt sich zugleich nieder in der „Schätzung“ der absoluten Zulänglichkeit des vorhandenen Wissens-wie und der Wissens-Reserven neben ihm, und der „Schätzung“ des Ausmasses, in dem die tatsächliche Anordnung von (auf diesem – für daFÜR zulänglich gehaltenen Wissensvorrat – basierenden) Produktions-Verfahren in Teil-Abläufen ZUR Reproduktion des aktuellen erweiterten Selbst und Erreichung des ZU ihm gehörenden Optimums, auf dem aktuellen Fortschrittspfad, mit den MIT dieser Anordnung in „ihrer“ Umgebung (den Randbedingungen, auf die sie angewiesen ist) verbundenen Ausfall-Risiken auch angesichts noch nicht gekannter Schwankungsbreiten und Rand-Bedingungen zurechtkommen wird – dank der FÜR solche erwarteten Ausfälle vorgehaltenen Ressourcen- und auch (aufrechterhaltenen, und für zulänglich gehaltenen) Wissens-Reserven.
Mit anderen Worten: Die LOHNENDHEIT als Qualität der aktuellen Normalpraxis (nämlich als: FÜR die genannten Reserven bewältigbare und angesichts nicht nur der erwarteten, sondern auch aller noch ungekannten Randbedingungen dann auch tolerierbare Indifferenz-Breite) ist „fundiert“ zunächst in der Ressourcen-Anordnungs-Indifferenzbreite namens „SICHERHEIT“, bezogen auf das aktuelle erweiterte Selbst (hier zu lesen als: Sicherheit, es richtig bestimmt, das Verhältnis Reserve/ Realisierung für ALLE Fälle richtig eingerichtet zu haben), und der Reserve-Wissens-Breite namens „GEWISSHEIT“ – der Eigenschaft des genutzten (Erfahrungs)Wissens-Vorrats, FÜR diese Sicherheit und die MIT ihr verbundenen Abänderungs-Möglichkeiten und -Risiken die nötigen Wissens-Bestände bereitzustellen – für ALLE Fälle (also über die hinaus, die – wenn sich nichts Andres, Neues (in Schwankungsbreiten und Bedingungsgefügen) ereignet – mit dem gegebnen Wissen bewältigen lassen.)
160.
Dass wir dies und jenes zu bewältigen verstehen (weil wir wissen, wie), und es auch können, weil wir die Ressourcen dafür haben: das mag (vorläufig) als gesichert feststehen, und „oft genug“ erprobt worden sein. Aber wieviel IST oft genug? Und: Wieviel wissen wir überhaupt? Unmittelbar jenseits des BIS JETZT beginnt möglicherweise das NOCH NICHT – die unbekannte Zukunft, und die Möglichkeit, dass Randbedingungen sich nicht mehr in ihren bisherigen Grenzen halten; unmittelbar jenseits der unterstellten Bedingungsgefüge beginnen die bislang unbekannten, möglicherweise Einfluss nehmenden Randbedingungen, von denen wir bislang noch nichts wussten. Wirkliches Wissen liegt vor in Gestalt der tatsächlichen Erfahrung (rechte Kolumne); sie ist klassifiziert, auf mögliche objektive Regularitäten hin abgesucht (wenn auch wohl nie vollständig), und auf unsere Bedürfnisse (reguläre Typen von Quellen von Befriedigung und Homöostase-Bewahrung; elementare sachliche Ressourcen, Homöostase im weiteren Sinn) und Handlungsmöglichkeiten (also subjektive Regularitäten) bezogen (als Wissen-wie). – Aber reicht dies Wissen? Können nicht Schwankungsbreiten unter- und überboten, Randbedingungen sich als bedingt, oder als (in Wahrheit) irrelevant herausstellen, dadurch unsere Gesamt-Reproduktion kompliziert oder vereinfacht werden? – ALLE Schätzungen, die wir mithilfe der Beurteilung des (Un)Gewissheits-Niveaus unseres Wissens oder seiner Teile, des (Un)Sicherheits-Niveaus unserer Reproduktion (derjenigen unseres erweiterten Selbst) und der (Nichtmehr-)Lohnendheit des gewählten Fortschrittspfads (und Optimums) anstellen, beziehen sich auf diesen Bereich des Ungewissen; allerdings nicht auf das, was einen dort an konkreten Wissens-Zuwächsen, Reproduktions-Abwandlungen oder -Differenzierungen und weiterführenden Zielsetzungen oder einengenden Beinträchtigungen erwarten könnte – sondern nur auf die mutmasslichen Wirkungen (oder Unterschiede), die dies Ungewisse (erst in Zukunft sich vielleicht Offenbarende; in gewissem Sinn also: die unbekannte Zukunft) in unseren, auf es bezogenen Erwartungsaffekten hervorrufen (oder machen) würde, wenn wir es bereits jetzt kennen würden. DIESE, nämlich die „korrekten“ und der tatsächlichen Zukunft wahrhaft angemessenen Erwartungsaffekte „schätzen“ wir in Gestalt derjenigen, die wir gegenwärtig, im Rahmen der uns vorliegenden Erfahrung, ausbilden; wobei wir wissen, dass diese Erfahrung hinsichtlich ihrer konkreten Gehalte unvollständig ist (und durch zukünftig neu hinzukommende modifziert werden kann); dennoch erwarten wir, dass wir BEREITS JETZT die gültigen Erwartungsaffekte, lernend, in immer genauerer Näherung, ausbilden können (diejenigen nämlich, die berechtigt wären, wenn wir über ein vollständiges Risiko-Struktur-Wissen unserer Umgebung verfügen würden), und das, ohne die Gehalte (nämlich tatsächlichen Risikostrukturen und das Wissen um sie), in denen solche Erwartungsaffekte fundiert sein könnten, zu kennen; allein aufgrund von PROBEN, die wir in Gestalt von Überraschungs-Erlebnissen gewinnen, aus denen wir das Mass abschätzen lernen zu können glauben, in dem unsere ursprünglichen Erwartungsaffekte von denjenigen abweichen, die angesichts der tatsächlichen (uns nicht bekannten, wohl aber zu unterstellenden) Risikostruktur der Welt, in der wir leben, begründet wären: (Aus)Mass und Richtung der Erfahrung mit Überraschungen (der Abweichung des Affekts, den man im nachinein hätte haben sollen, von dem, den man hatte) gibt einen Eindruck von Ausmass und Richung der Korrektur-Bedürftigkeit unserer Erwartungsaffekte, in Richtung auf die „richtigen“.
Es fragt sich dann freilich auch bei dieser Art Erfahrung, wie weitgehend und wann wir sie verwerten sollen – wie sehr wir uns durch Überraschungen beeindrucken, und uns durch sie von unseren bisherigen affektiven Erwartungen (auch bezogen auf bestimmte Themen) abbringen lassen sollen; nach allem, was wir von Normalplanern gewohnt sind, werden wir kaum eine andre Reaktion erwarten als diese: Man lernt auch dies – aus Erfahrung.