8g. Der Handlungsspielraum als Mass des Lohnens

187.
Wiederholen und vertiefen wir das bis hierher Gesagte.
Ein erweitertes Selbst beruht auf Hoffnungen, dh. Erwartungen (mit einer hinlänglichen Sicherheit), dass ein von dem gegebnen Kernselbst ausgehender maximal-vorsichtig angelegter Reproduktions- und Fortschrittsprozess beschleunigt werden kann; diese Erwartung kann verstanden werden als Erwartung, durch geeignete Massnahmen (nämlich eben die beschleunigenden) ein mehr oder weniger grosses Quantum „Freude“ von der Art jener zu erzeugen, die entstünde, wenn der maximal-vorsichtige Vergleichsprozess durch äussere Erleichterungen, ohne eigenes Zutun, einen angestrebten Fortschritt machen würde.
Die Fortschritte, die das erweiterte Selbst plant, sind somit Versuche, solche Erleichterungen und den angestrebten Fortschritt eben doch durch eigenes Zutun hervorzubringen, aber durch geringere oder auch schnellere Ressourcen-Verausgabung, als in dem maximal-vorsichtigen Vergleichsfortschrittspfad, sofern er nicht auf äussere Erleichterungen trifft.
(Dabei muss dem erweiterten Selbst natürlich auch IRGENDETWAS entgegenkommen – in irgendeiner Weise müssen sich auch in seinem Fortschrittspfad „Erleichterungen“ einstellen, um die Beschleunigungen gegenüber dem maximal-vorsichtigen zu erzielen; ein erweitertes Selbst versuchsweise festzulegen, bedeutet somit: Ein Experiment machen, bei dem man das Zustandekommen solcher Erleichterungen nicht nur ABwartet, wie in dem maximal-vorsichtigen Vorgehen; sondern – wenn auch nur experimentell, versuchsweise – ERwartet (und sich in seinen Planungen VON DIESEM ERFOLG ABHÄNGIG MACHT; also beispielsweise dadurch freiwerdende Ressourcen für einen weitergehenden Schritt einplant, in den bereits jetzt, noch vor diesem Erfolg, investiert werden muss).

188.
Wäre die Erwartung eine, die man nach allem, was man weiss, haben darf, ja muss; oder wäre sie eine, von der man nichts abhängig macht, weil man jederzeit mit einem Rückschlag rechnet – beides Planmaximen der maximal-vorsichtigen Vorgehensweise – : Dann gäbe es auch keinen Erwartungsaffekt im eigentlichen Sinn; sondern nur im uneigentlichen, nämlich jenem, der sich im Falle eines NICHT erwarteten und eben auch nicht erwartbaren Rückschlags (und Misserfolgs in diesem Sinn) als Bestürzung, und wenn Kernselbst-Bedrohung hinzukommt, Angst und Reserven-Mobilisierung zeigt. Der eigentliche Erwartungsaffekt, das HOFFEN (das in dem reinen Kernselbst-Fortschrittsprozess definitionsgemäss garnicht vorkommt, weil man es darin nicht darauf anlegt, die freude-erregenden Abkürzungen und Erleichterungen selbst herbeizuführen, sondern sie abwartet), zeigt sich hingegen auf zwei Weisen:

Zum einen, nicht anders als beim Kernselbst-Fortschritt, als mehr oder weniger grosse Rest-Freude, dass der gedachte Erfolg NOCH schneller eingetroffen ist als erwartet – oder ein ganzes Lebens- und Reproduktionsniveau mit sehr viel Freiheiten und Sicherheiten sich immerfort weiter halten lässt (und nicht aufgegeben werden braucht).

Zum andern aber in der Bereitschaft, die Sicherheit der eigenen Erfolgserwartung in Gestalt von Ressourcenreserven-Mobilisierungen (vorübergehenden Mehr-Aufwänden, Verzichten, Risiken) bei unerwarteten BELASTUNGEN unter Beweis zu stellen; Belastungen, auf die man sich eingestellt hätte, WENN man mit ihnen gerechnet hätte – Belastungen, andererseits, bei deren unerwartetem Auftreten man sein Ziel, genauer: die Erwartung seiner Erreichbarkeit aus der Ausgangslage heraus, nicht aufgibt.

Bei einem reinen Kernselbst-Reproduktions- und Fortschrittsprozess würden solche Mobilisierungen niemals unternommen, es sei denn aus Existenz-Angst.

Das Hoffen lässt sich somit auch so beschreiben, dass dabei der Kern-Affekt der Existenz-Angst VIEL FRÜHER, ALS ES BERECHTIGT IST, auftritt – dass Belastungs-Reaktionen, Reserven-Mobilisierungen stattfinden, ALS OB das Kernselbst bedroht wäre – was aber wirklich bedroht ist, ist nur ein prekärer Versuch, der Test einer Erfolgs-Hypothese, gewissermassen, bei dem man doch jederzeit mit einem Rückschlag (einer Falsifikation) zu rechnen hätte. Man kann also sagen: Man hofft im Mass, wie man den eigenen augenblicklichen Planentwurf mit reiner Kernselbst-Reproduktion, und das zu Beschleunigungs- und Vorgriffs-Zwecken um entsprechende Investitionen und (vom rechtzeitigen und Überhaupt-Erreichen bestimmter Erfolge in bestimmten Fristen abhängig gemachten, und nur dann sinnvollen) Ressourcen-Festlegungen (Ressourcen, die anderswo fehlen) „erweiterte“ Selbst mit dem Kernselbst gleichsetzt; und um das Immer-wieder-Gelingen der Reproduktion DIESES im Lauf seines Fortschrittsprozesses sei es sich erweiternden oder aber schrumpfenden (von den Anfangs-Ansprüchen sich allmählich entlastenden) Selbst so sorgt, als wäre es das Kernselbst.
Obwohl diese Gleichsetzung objektiv doch nur ein Experiment ist.

189.
WÄRE die Einstellung der Erweiterten-Selbst-Reproduzenten (also der Normalplaner) eine echt-experimentelle, dann wäre sie unmittelbar widersprüchlich: Es soll – echt-experimentell – jederzeit mit einem (falsifizierenden) Rückschlag gerechnet werden beim Versuch, in einem gewissen Umfang NICHT mit einem solchen Rückschlag zu rechnen (und davon, dass man nicht damit rechnet, etwas abhängig zu machen). Der Versuch wird erst im Moment seines Abbruchs, im Rückblick, und im Moment seines Scheiterns, zum Versuch erklärt – nie im vorhinein; im vorhinein soll es kein Versuch sein – sowenig, wie der Einsatz der bislang hinlänglich bestätigten technischen Mittel (der erfahrungs-erprobten) als Versuch und immer weiterlaufendes Experiment aufgefasst wird, soll der gewählte Plan so gesehen werden; er wird vielmehr als bewährtes Mittel, spätestens als ein aus gut bestätigten Maximen abgeleitetes, und darum zu den auf es gerichteten Erwartungen berechtigendes Mittel, verstanden (vgl. die entsprechenden Formulierungen zB. am Anfang von Kap.2).
In dem Moment, wo sie die Sichtweise aufgeben, das Mittel als Mittel, oder besser: das erweiterte Selbst, die bisherige erweiterte Selbst-Definition, Selbst-Bestimmung als DIESES so erweiterte Selbst, als optimales (und zu optimierendes) Mittel seiner eigenen Erweiterung anzusehen, beenden die Normalplaner den Versuch; aber warum nicht schon vorher, oder hernach? Ich hatte gesagt: Das Ausmass der Gleichsetzung eines erweiterten Selbst mit dem Kernselbst zeigt sich in dem Mass, in dem die Normalplaner sich unter Belastung zu verzweifelten Anstrengungen (Reserven-Mobilisierungen) treiben lassen, als ginge es um die nackte Existenz, und nicht etwa um eine Hoffnung, einen Plan der Abkürzung für etwas, das sich doch auch langsamer müsste erreichen lassen können – oder, von dessen möglicher, oder auch -wenigstens gegenwärtig – unmöglicher Erreichbarkeit und Haltbarkeit man sich ebensogut durch einen langsameren und maximal vorsichtigen Versuch (oder Experiment) überzeugen könnte, wie durch den schnellen (der doch darum um nichts weniger objektiv Versuch ist, als der langsame, und ihm darin völlig gleichkommt).
Der Witz des Normalplaner-Vorgehens ist, dass sie hier eben doch ein Experiment, oder einen Versuch, machen – einen zweiter Ordnung: Sie probieren, in welchem Ausmass man überhaupt, oder unter speziellen Bedingungen, solch eine Gleichsetzung der Selbste vornehmen, solche schnelleren als die maximal-vorsichtigen Versuche unternehmen darf. („Sie probieren“ – im Sinne der STRENGEN Unterscheidungen der verschiedenen Wissenserwerbs-Arten sollte dies also eigentlich besser nicht länger „Versuch“ genannt werden…)
Dabei stützen sie sich – unter Absehung von den konkreten Versuchssituationen der ersten Stufe, den Fortschrittsversuchen, den Reproduktionsversuchen für erweiterte Selbste der verschiedensten Art, bei verschiedensten Wissensständen – auf ERFAHRUNG – Erfahrung mit dem Verlauf von Beschleunigungs- und Erfolgshoffnungen verschiedenster Ausmasse: wann (durch was bedingt) und in welchem Ausmass überhaupt sie sich BESTÄTIGEN – das heisst, wann und dann in welchem Ausmass sie zu haben ein durch Erfahrung GUT BESTÄTIGTES MITTEL ist. – Diese Bestätigung liegt unter Umständen allein schon darin, dass eine Ausgangssituation dieser Art, also eine Mehr-als-nur-Kernselbst-Reproduktion, worin man sich etwas zu erreichen zutraute und Erfolgs-Erwartungen hatte, bereits lange andauert, ohne dass ein entscheidender Misserfolg eingetreten ist, oder eine Belastung – und wenn Belastungen, dann allenfalls solche, die man im erwarteten Rahmen (der ebenso vorgegeben war: ein Mass für Lohnendheit, Erfolgsgewissheit) wieder beseitigen konnte: Es ist doch immer gutgegangen, es hat schon so lange funktioniert, und funktioniert bis heute: ES HAT SICH BEWÄHRT.

190.
Dies nennt der Normalplaner eine Erfahrung; genauer, eine bestätigende Erfahrung; so wie er (wir haben das in den ersten Kapp., und den ersten Abss. dieses Kap. zur Genüge beschrieben) technische Verfahren bestätigt sieht. In derselben Dimension angesiedelt sieht er freilich auch die Widerlegung – die Falsifikation eines Plans oder Entwurfs (wobei es sich hier immer um den eines erweiterten Selbst handelt); so wie er es auch im Falle einer VERSUCHTEN Reproduktion – eines Versuchs-Entwurfs, angesichts gegebnen Wissens; einer – wenn man so will: Reproduktions- oder Reproduzierbarkeits-Hypothese, einschliesslich des zu ihr gehörenden Fortschrittspfades) halten würde; denn als solche kann jede augenblicklich betriebene Normalpraxis (die andere ihresgleichen ausschliesst) aufgefasst werden (vgl. Ende 8/146; 147).
Bewährung und Falsifikation könnten sich freilich auch auf reine Kernselbst-Reproduktionsentwürfe (bei gegebnem Wissenstand) beziehen; und tun dies auch, in Gestalt der in jeden Erweiterten-Selbst-Reproduktionsentwurf eingeschlossenen, in und mit ihm noch nicht falsifizierten, in seinem Rahmen versuchten Kernselbst-Reproduktion (die dann so zu sehen ist wie eine, der die in die eigentlichen Erweiterungs- und Beschleunigungs-Vorhaben investierten Ressourcen einfach FEHLEN – so, als würden sie durch ein unabwendbares, sich ständig wiederholendes Schadereignis aufgezehrt (als solches könnte man, wenn man wollte, die Praxis der Normalplaner allerdings auch ansehen).
Aber Bewährung und Falsifikation, bezogen auf reine Kernselbst-Reproduktionsentwürfe oder Fortschritte (gleich, ob eingeschlossen in Erweiterte-Selbst-Reproduktionsentwürfe oder  „frei“ vorkommend), bedeutet notgedrungen etwas andres, als bezogen auf Erweiterte-Selbst-Entwürfe. Diesen Gedanken hatten wir schon in 8/160 und den Abss. davor ausgesprochen; denn Kernselbst-bezogene Entwürfe, seien es bewährte technische Verfahren, oder Reproduktionsversuche…
(oder -hypothesen: orientiert an Stafetten von zu prognostizierenden Rand-Bedingungs-Ereignissen, zeitlich abgestimmt mit diesen, die ihrerseits innerhalb von Schwankungsbreiten fluktuieren, und schon dadurch vielfältigste Verlaufsmuster zeigen, für die wiederum die (zeitlichen oder kausalen) Verknüpfungs-Bedingungen aufzusuchen wären: Begriff des ERKLÄRENDEN Komplexes!)
… greifen ausschliesslich zurück auf empirische Kenntnisse vom Typ 1E und 3E; umgekehrt ist in diesen Kenntnissen nichts enthalten, was eine WAHL zwischen Entwürfen einer Beschleunigung über reine und maximal-vorsichtige Kernselbst-Reproduktionen und -Fortschrittspfade hinaus erlauben würde. Das einzig verbleibende empirische Material, an dem sich eine solche Wahl orientieren könnte, ist dann das vom Typ 5E: frühere Hoffnungen, frühere Belastungssituationen und Erfahrungen damit – angemessen verallgemeinert, und daraufhin befragt, ob sie auf einen gegenwärtigen Entsacheidungs-Fall anwendbar sind. Und warum ist etwas vergleichbar – warum verallgemeinerbar – warum anwendbar? Wie, anders gefragt, beantworten wir also jetzt die Leitfrage aus 8/161 (zitiert in 8/181)?
AFFEKTIV ist ein erweitertes Selbst so gut wie das andre; der Affekt-Apparat ist ja in Wahrheit das eigentlich gleichbleibende – der Apparat der Belastbarkeiten und (subjektiv eingeschätzten) Belastungs-Spielräume, der Risiko-Bereitschaften, der Hoffnungs-Freudigkeit, Gläubigkeit, der GIER nach Grossartigkeit und grossen Aussichten – ; die Frage ist doch nur: Wieviel und was geht in diesen Apparat hinein, wieviel verträgt er noch, was GEHT, und ist in dieser Weise zu bewältigen? – Die allgemeinsten Fragen sind aus dieser Sicht die naheliegendsten: WIEVIEL darf ich erwarten – wie schnell, wie weit, wie riskant meine Ziele stecken (und dabei mich weit über die maximal-vorsichtigen Basis-Linie möglicher Kernselbst-Reproduktionen und Fortschrittspfade erheben)? Erst wenn die allgemeinen Fragen nicht wieterführen, macht man Zugeständnisse, an Bedingungen, gesonderte Inhalte: Wie weit darf ich, wenn es um DIES Thema, geht, wie weit, wenn JENE Bedingung herrscht…
Aber immer ist die erwartbare affektive Verfassung, das Gelingen oder Misslingen der Hoffnungsziele, der scharf und knapp kalkulierten Belastungs-Situationen das Problem – NIE die Durchführung (IRGENDEINE Weise, irgendein Projekt, irgendeine Art, sein Selbst über das Kernselbst erweitert zu organisieren, muss es nur sein); und somit wird hier IMMER VON OBEN HER GEFRAGT: Die dritte (linke) Kolumne ist VON OBEN NACH UNTEN KONSTRUIERT (so, wie wir’s früher von den Rahmenwerten behauptet hatten)…

191.
Man muss sich dabei nur immer wieder vor Augen halten, WAS es eigentlich ist, was (implizit: es handelt sich um einen nicht offenkundigen Unsinn – WIR sind es nur, die ihn in einen offenkundigen überführen…) hier aus dem Erfahrungsmaterial 5E herausgelesen werden soll?
Wir hatten es in der Deutung der drei Rahmen-Werte in der linken Kolumne als Indifferenz-Mass (8/159) bereits ausgesprochen: Nicht weniger, als das erwartbare Ausmass, in dem unser gegenwärtiges Erfahrungswissen 1E und 3E, sowie die speziell in 3E mit enthaltenen Erfahrungen mit Kernselbst-Reproduktions-Versuchen und -Fortschritten, die „nicht gegangen sind“, also falsifiziert wurden (weil sie uns überforderten, uns zuviel an Kräften, Ausdauer, Fähigkeiten, Verzichten abverlangten, oder gar in akute Mangel-, Bedürftigkeits- und Krankheits-Zustände hineinführten), und der dabei aktuell verbliebene Reproduktions-Entwurf im Verhältnis zu dem gesamten Rest-Unbekannten STABIL, oder zumindest nur bewältigbar-belastet sich entwickeln wird; so, dass darin versteckte Reserven zu finden sind, die man zu Beschleunigungen nutzen kann. SO nämlich geht der Gedanke in die Konstruktion eines beschleunigten erweiterten Selbst und seiner Hoffnungen auf sprunghafte Fortschritte ein: Als gäbe es da Rückschläge, die zwar abstrakt drohen, in Wahrheit aber nie sich ereignen werden – Schlimmes bestimmter Sorten, mit dem zwar abstrakt, in Wirklichkeit aber dann doch nicht zu rechnen ist; was sich daran zeigt, dass Pläne, die diese Möglichkeit ignorierten, bisher immer gut gegangen sind… Oder, die pessimistische Variante: Es GIBT Rückschläge, mit denen (spätestens unter bestimmten Bedingungen, bei bestimmten Themen) MEHR zu rechnen ist, als mit anderen, abstrakt und von vorneherein beim gegebnen Erfahrungsstand nach 1E und 3E ebenso möglichen (denn die wirklichen Risiken, und das Wissen von ihnen, ist ja bereits im Wissen-wie enthalten, das wir aus 1E und 3E erschlossen haben); so geht es hier also nur noch um die affektiven Verlaufsmuster; und man kennt sie ja – aus Erfahrung!

192.
„AFFEKTIV ist ein erweitertes Selbst so gut wie das andere“: Weil ja kein einziges erweitertes Selbst mit Belastung startet; nur unter unbelasteten wird gewählt. Wenn die Belastungen – also die UNERWARTETEN Entwickungen; denn natürlich kann in einem Selbst-Entwurf mit vielem gerechnet, sich auf vieles eingerichtet werden – beginnen, haben die Wahl des erweiterten Selbst-Entwurfs und die dazu gehörenden spekulativen Ressourcen-Verteilungen längst stattgefunden – und meist ist seit dieser Wahl und dieser Verteilung genug Zeit verstrichen, um sagen zu dürfen: Aber es ist doch so lange gutgegangen!
Wir wählen ein erweitertes Selbst NIE so, dass wir dadurch Belastungen erwarten – DARIN eben, mutmasslich NICHT belastend zu sein, und DOCH zu funktionieren, besteht ja die Utopie der erweiterten Selbst-Wahl – und darin sind sich alle zur Auswahl stehenden Pläne dieser Art gleich, und vergleichbar. Die Frage, die sich im Augenblick der Wahl stellt, und durch Vergleiche mit vergangenen Lebenssituationen „dieser Art“ beantwortet werden soll, kann sich deshalb garnicht auf diese Hinsichten beziehen, in denen alle erweiterten Selbst-Pläne GLEICH sind; sondern nur auf solche, in denen sie freilich auch VERGLEICHbar sind, aber eben auch sich unterscheiden können. – Allein der Glaube an die Tatsache der Vergleichbarkeit (wir haben bisher immer „Abstraktion“ gesagt) und der Absicht, eine gegenwärtige (Wahl)-Situation mit früheren zu vergleichen, und generalisierend affektive Verlaufsmuster und Regularitäten zu erschliessen, reicht aus, um den „Fehler des Lernens und Planens unter Normalerwartungen“, um den es in diesem Kap. geht, machen zu können.
Vergleichbarkeit und Erlernbarkeit der situations-übergreifend, auf Dauer, „richtigen“ und immer geschickteren, von immer differenzierteren Randbedingungen ihrer Gültigkeit abhängig gemachten affektiven Erwartungswerte (Rahmenwerte): Sie liegen SOWOHL dem Wechsel dieser Werte und Erwartungen zugrunde, wenn er denn stattfindet; ALS AUCH dem Nicht-Wechsel, dem Beibehalten der bisherigen Werte, und der Erwartung, sie beibehalten zu dürfen (und zwar auch unter unerwarteten Schwierigkeiten: Wenn wir uns unter Belastung dafür entscheiden, einen bisherigen erweiterten Selbst-Entwurf weiter zu behaupten, dann darum, weil wir im nachträglichen Rückgang auf die ursprüngliche Wahlsituation, und ihre Vorgeschichte, zu der freilich umstandslos die bisherigen Erfahrungen (ist doch bisher solang gutgegangen! hat sich doch so gut bewährt!) mit diesem Entwurf hinzugenommen werden, keinen Grund finden, dass wir uns damals besser für ein anderes Selbst hätten entscheiden sollen. Spätestens, wenn wir über die jetzige Erfahrung verfügt hätten – diejenige mit den zwischenzeitlichen Konstanz-Verläufen, diejenige mit den zwischenzeitlich aufgetretenen Belastungen, bis hin zur gegenwärtigen – , hätten wir (auf Basis unseres gesamten Vorwissens von affektiven Verläufen) dieselbe Entscheidung getroffen. Oder, wir hätten sie nicht getroffen – und dann wählen wir uns, spätestens jetzt, im Rückblick, ein anderes Selbst – jenes, das wir besser HÄTTEN WÄHLEN SOLLEN… weil – wie sich jetzt herausstellt – die Maxime unseres Wählens, aus heutiger Sicht, verkehrt war…

193.
Diese nachträglich gewählte Maxime, die ab jetzt die richtige sein soll, nämlich die Wahl eines anderen Masses an Risiko-Bereitschaft, eines anderen Ausmasses, generell, oder unter gewissen Bedingungen, jenseits der reinen, maximal-vorsichtigen Kernselbst-Reproduktion und ihres Fortschritts zu operieren: Diese Maxime hätte damals auch schon gewählt werden können.
ALLE überhaupt denkbaren Risiko-Masse und (planbaren, erwartbaren) Risiko-Profile, alle Entscheidungen für oder gegen sie, angesichts dieser (bereits jetzt vorhandenen) Erwartung (wir wissen ja um Risiken, wenn wir uns dafür entscheiden, sie „inkaufzunehmen“), standen damals auch schon zur Wahl. Nur – man „wusste damals noch nicht, was man jetzt weiss“ – man hat DAZUGELERNT – man weiss es jetzt besser, und kann Entscheidungen wie die damalige ab jetzt besser treffen – in künftigen  Situationen der gleichen Art: da ist der Gedanke der Vergleichbarkeit – der Klassifikation; denn hier entdecke ich ja an dem Verlauf, der sich mir ergeben hat (und dafür genügt ein einziges, besonders beeindruckendes Exemplar, nämlich die „Erfahrung“, die ich soeben absolviert habe), ein MUSTER – eben jenes, jene Regel und objektive Regularität, aus der ich meine zukünftige Entscheidungsmaxime erschliesse („Konsequenzen ziehen aus dieser Erfahrung“).
Und damit können wir den Analysen zur impliziten Optimalhypothese 8/69-110 der Normalplaner eine entscheidende Pointe geben; denn im Moment des Wechsels des Inhalts dieser Hypothese geht er nicht einfach zu einem anderen solchen Inhalt über (hier wird nicht immer wieder UMgelernt…); sondern zu einem verbesserten, „besser bewährten“, übergreifenderen, grundlegenderen, oder differenzierteren (…dh. es wird DAZUgelernt). Das heisst, in den Maximen-Katalog wird jetzt etwas aufgenommen, was sich LÄNGER bewährt hat als alles frühere; oder, was eine GENAUERE und präzisere Regel des Umgangs mit erwartbaren und als solchen kalkulierbaren affektiven Belastungen erlaubt, die einen aus dem Rest-Unbekannten heraus ab jetzt noch treffen können; und dies wird, ohne die Begründungen, warum es immer wieder so kommt, und kommen soll und kommen wird, als „stabile Regularität“ fortgeschrieben. Und wieder bietet sich die Formulierung an: Die wirkliche Optimalhypothese der Normalplanung bestehe in der Erwartung, auf diese Weise das Rest-Unbekannte in seinen affektiven Auswirkungen auf Pläne ((Pläne, die sich jenseits der Maximal-Vorsicht (im Rahmen des je Bekannten) bewegen, Pläne, die kalkulierte Risiken eingehen, und die Möglichkeiten zum Guten wie Schlechten BEWUSST ausser Acht lassen – wenn auch legitimiert durch Erfahrung)) immer besser einschätzen zu lernen – ohne die Details zu kennen, ohne zu wissen, WARUM bis dahin Unbekanntes sich so auswirkt (obwohl er natürlich ganz genau weiss, dass die FRAGE nach einem solchen Grund existiert; er will sie nicht stellen, er will so nicht lernen, auf dieser Ebene: Sondern nur erst das wirklich Nötige…)

194.
Und diese „übergeordnete“ implizite Optimalhypothese, die eigentliche Lernstrategie der Normalplanung, finden wir versteckt in dem Grundsatz 6OH: Fortschreibung der Erfahrungen mit affektiven Belastungen: Es ist – in affektiv bedeutsamer Weise – anders gekommen, als erwartet, man war – affektiv, mit seinen Ressourcen- und Wissensreserven nicht darauf eingerichtet, OBWOHL MAN ES HÄTTE SEIN KÖNNEN). Optimal-geschickt klassifizierende Auswertung der vorliegenden Erfahrung hätte einem die Enttäuschung erspart (für eine solche genügen oft beeindruckende Einzelfälle, paradigmatische, denen ins Gesicht geschrieben steht, was an ihnen auffallend war: „woran es lag“ und gelegen haben muss; „was der Fehler war“, und warum es „so“ gekommen ist…),
und diese Art der klassifizierenden Erfahrungsverwertung ist somit hinreichend, um das Rest-Unbekannte in der für Planungszwecke vorläufig einzig massgeblichen Hinsicht, noch VOR allem Detail-Lernen, „(lern)strategisch“ einschätzen zu lernen; und um es immer besser zu machen, immer genauer die Zyklen, die Verlaufsmuster, die Bedingungen, wann welches affektive Be- oder auch Entlastungs-Szenario auftreten wird, zu kennen; aber bitte ohne die Details, die Regularitäten aus dem (unbemerkten) Zusammenwirken von (möglicherweise interagierenden) Schwankungsbreiten der Randbedingungen unserer „Stafette“, oder gar die dispositionellen Bedingungs-Zusammenhänge und ihnen zugrundeliegenden Regularitäten, die hinter möglichen technischen Verfahren stehen. – All das kommt später.
Denn, wie wir uns oft genug vor Augen führten: Normalplaner wollen ja den auf solche Themen zielenden Wissenserwerb planen, ganz gezielt: WEISS (dafür) GENUG – vorläufig; das heisst, ohne AFFEKTIVEN Anlass wird man doch nicht wissens-erwerbend, suchend, versuchend, tätig werden! Umgekehrt, ein nützlich zu Wissendes weil entsprechend praktisch Wichtiges wird dann ja wohl als solches, als affektiver ANLASS, in Erscheinung treten: Es wird sich als solches zu erkennen geben. Und wenn nicht – dann muss eben, im Rahmen der affektiven Erwartungen, das vorhandene Wissen ausreichen: WEISS GENUG. Die Erlebnisse, wo etwas affektiv Erwartetes anders kam, WEIL wir definitiv etwas nicht wussten (aber woher wissen wir das? doch nur durch diese Erfahrung, sagt der Normalplaner – durch sie, und ihre Verallgemeinerung zum Zweck der Ausdifferenzierung der Wissenserwerbs-Maxime!) – sie werden ausschliesslich auf der Ebene der affektiven Maximen, des Umgangs mit unbekannten Rest-Risiken, verarbeitet – das heisst, auf der Ebene der affektiven Verlaufsmuster und ihrer Vor- und Anzeichen, ihrer Randbedingungen, ihrer Regularitäten, vielleicht sogar der Möglichkeiten ihrer Beeinflussung (auf dieser Ebene). Und was nützlich zu wissen ist, und was nicht – wie nützlich das ist, und wie zulänglich, was man schon weiss: das wird auf DIESER Ebene entschieden.
((Anm. Von „Anlass“, oder „anders, als zu erwarten“, sprechen wir natürlich immer nur, wenn wir uns Misserfolg oder Erfolg nicht, auch nicht nachträglich, im Rahmen bereits vorher bestehenden Wissens, zurechnen, oder sie eigentlich hätten erwarten müssen. Wir dürfen sie also auch nicht in diesem Sinn, als auf Unterlassungen eines uns an sich bereits Möglichen beruhend, ERKLÄREN können.))

195.
Aber warum das alles? Darum, weil ich zugleich mit den Versuchen, ein bestimmtes einzelnes, über das blosse Kernselbst hinsichtlich Wissen und Mitteln (Ressourcen) hinausgehendes, Selbst-artiges (nämlich erweitertes Selbst) BEREITS SCHON zu reproduzieren, IMMER AUCH NOCH damit beschäftigt bin, mich zu fragen, ob ES das gesuchte, das richtige und endgültige ist; und daher immer und immer auch noch die Alternative habe, im Falle von Misserfolgen, also Falsifikationen der hypothetischen Reproduktionen dieses provisorisch Gewählten, mir ein anderes zu suchen, und meine Reproduktionsexpermente an IHM entlang zu konstruieren. In dieser Suche wiederum aber verhalte ich mich seltsam passiv: Ich DENKE mir ja nicht ein völlig anderes erweitertes Selbst einfach so aus (geschweige denn, einen Inbegriff von möglichen solchen Selbsten, unter denen ich dann ein irgendwie mehr als andre geeignetes wählen müsste), ich denke mir garnichts; sondern das nächste und neue erweiterte Selbst kommt zustande durch affektives Expandieren oder Kontrahieren eines bestehenden, durch affektive Neu-Bewertung angesichts „Maximen-ändernden“ Dazulernens, also (in dieser Hinsicht relevanten, von mir für relevant erklärten) Erweiterung meiner Gesamterfahrungs-Geschichte im Umgang mit erfolgreich oder auch nicht erfolgreich bewältigten, überraschend guten wie schlimmen, also unvorhergesehen und DADURCH belastenden Entwicklungen aus verschiedenen Selbst-Entwürfen heraus, die ich aber alle vor allem in DIESER Hinsicht vergleiche – obwohl ZUGLEICH in Gestalt der Anlässe zu solchen Änderungen auch Motive vorlägen, nach (noch nicht bekannten) Erklärungen für die guten und schlimmen Überraschungen zu suchen – auf der Ebene des Suchens, Versuchens und des Auslotens der Möglichkeiten, wie man mehr Kontrolle darüber bekommen könnte.
Aber solchen Anlässen bedingungslos nachzugehen und Erklärungen zu suchen, macht für Normalplaner in dieser Phase noch keinen Sinn, wo sie sich noch garnicht sicher sind, im Rahmen WELCHEN Selbst, und FÜR welches Selbst sie das tun; zugleich mit der Wissenserwerbs-Aufgabe, dem aufgetretenen Problem, ist ja – und sei es vorübergehend – die Selbst-Bestimmung wieder fraglich; und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Situation so aufgelöst wird, dass ein anderes Selbst bestimmt wird, für das dieser Wissenserwerb oder diese Problemlösung zunächst einmal nicht wichtig ist.
Wissenserwerb ohne solche Rücksichten aber ist einem Normalplaner noch weniger möglich: Anders als diejenigen, die ein durchgehend gleichbleibendes Kernselbst zu reproduzieren haben, das ihnen klare Anforderungen (Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, die zu beachten sind, Bedürfnisse zur Wiederherstellung dieser Leistungsfähigkeit, die zu erfüllen sind) stellt (soweit sie sie, also es bereits kennen), und die somit wissen, wann sie nach bestem Wissen und Gewissen genug für Reproduktion dieses Selbst getan haben, und deshalb wirkliche Freiräume für zweckfreien Wissenserwerb haben können – anders als solche, sage ich, können Normalplaner ihres Selbst nie sicher sein – da sie schon nicht wissen, welches (erweiterte) Selbst sie (sinnvollerweise) zu reproduzieren haben, können sie erst recht nicht wissen, wann sie genug dafür getan haben. Schon deshalb gibt es in ihrer Praxis kein echtes Suchen, und kein daraus sich entwickelndes Experimentieren: Lernen, sich das richtige (oder sich als das richtige) (erweiterte) Selbst zu bestimmen, hat für Normalplaner verständlicherweise absoluten Vorrang.

196.
Im Begriff des Selbst – spätestens des wirklichen, des eigentlichen Selbst, nämlich des Kernselbst – gibt es zwar ein kennenzulernendes und variables Element: die Fähigkeiten, die Basis-Ressourcen, über die wir verfügen (über die es verfügt), und die unmittelbaren Anforderungen, die erfüllt werden müssen, damit sie sich wieder herstellen. Aber diese Fähigkeiten, erst recht ihre objektiven Reproduktions-Anforderungen, sind bereits ATTRIBUTE DES SELBST, und setzen bereits seine Definition, oder bekannte Identität voraus; und diese Definition, oder Identität, die wir unbedingt kennen müssen (und normalerweise auch zu kennen glauben, oder jederzeit uns explizit oder klarmachen zu können glauben, wo sie noch implizit oder unklar ist), ist keinesfalls variabel; DASS da Fähigkeiten sind, und Anforderungen ihrer Reproduktion (Bedürfnisse) zu erfüllen sind, ist darin eingeschlossen; ebenso auch, dass wir diese Fähigkeiten, diese Bedürfnisse im Lauf der Zeit immer differenzierter kennenlernen werden. Aber dass es Basis-Fähigkeiten DIESES Selbst sind, eines solchen, das jederzeit mit absoluter Gewissheit sich auf sich besinnen kann, und dann wird sagen können, was ES ausmacht: das steht fest; und damit ist auch ein Konvergenzpunkt gesetzt für die Grenzen, innerhalb deren diese Fähigkeiten variieren dürfen – erst recht, schon etwas weiter entfernt von diesem Punkt, die Bedürfnisse, die zu ihrer Wiederherstellung befriedigt werden. ((Das Kern-Selbst ist vorläufig definiert als diejenige Struktur in der Welt, die, wenn sie WEISS, wie sie ist, eben dies, was sie ist, und die Bedingungen, unter denen sie es bleiben kann, erhält, und alles verhindert, was sie daran hindert, anders zu werden – weil es bedeuten würde, weniger, schlechter, oder garnicht mehr sie selbst zu sein.))
Die Kategorien, in denen Normalplaner das denken, wonach sie im Verlauf ihrer Erfahrungsgeschichte (vorläufig vorrangig) suchen, und das sich niederschlägt in ihrem immer raffinierteren Maximen-Katalog beim Umgang mit möglichen Belastungen: diese Kategorien ähneln begrifflich den kennenzulernenden (grundlegenden, dauerhaften) Basis-Fähigkeiten und (grundlegenden, dauerhaften) Bedürfnissen eines Kernselbst. Aber die Normalplaner denken nicht an Fähigkeiten, etwas zu tun, sondern an Fähigkeiten, ERFOLG zu haben; und die Einschränkung dieser Fähigkeiten durch mögliche MISSERFOLGE, deren Bedingungen ( zu ihrer Vermeidung) zu beachten sind. Natürlich KENNEN Normalplaner die Kategorien (grundlegende, dauerhafte Basis-)Fähigkeit (Ressource) und Bedürfnis (Reproduktionsanforderung), natürlich erweitern auch sie ihre Kenntnisse darüber; aber ganz offensichtlich weiten sie den begrifflichen Raum um diese Kategorien herum aus – indem sie sie immer zugleich in ein ebenso grundlegend-unbedingt dauerhaftes VERHÄLTNIS zur Umgebung gesetzt sehen, wie sie selbst grundlegend-unbedingt dauerhaft sind; dies Verhältnis, von seiten der Umgebung formuliert, haben wir seit dem 5. Kap. ihre BEWÄLTIGBARKEIT genannt.

197.
Das „subjektive“ Pendant zu Bewältigbarkeit (die ja ein Verhältnis zwischen Subjektivem (Fähigkeiten) und Objektivem (Chancen, Risiken – oder besser: Voraussetzungen des Handelns) ist; von daher ist gleichgültig, aus der Perspektive welcher der beiden Seiten sie benannt ist) wäre etwas wie die Fähigkeit, Erfolg zu haben – ihre Ausmasse, ihre Bedingungen (die zu beachten sind, und worin vermeidbare Einschränkungen dieser Fähigkeit, also Dispositionen zum Misserfolg, eingeschlossen sind).
Dieser Erfolgsfähigkeit und ihren genannten quantitativen und qualitativen Parametern wird zugestanden, dass man sie erst einmal kennenzulernen hat; dass man sie bereits GROB kennen kann, aber auch noch genauer, differenzierter nach Bedingungen ihrer Betätigung, zu erkennen hat. Dieser Kennenlern- und Erkenntnisprozess ist gerichtet, und mündet bei zunehmender Erfahrung in ein immer differenzierteres, die Möglichkeiten der Variabilität immer mehr einschränkendes Wissen ein – mit anderen Worten: In eine Perspektive dauerhafter Berechenbarkeit; in der das UNTERGEORDNETE Wissen – jenes, zu dessen Ausweitung der Normalplaner die Anlässe ignoriert, das Wissen auf der technischen und, soweit dort etwas zu wissen ist, der Bereichsebene – ständig weiter wächst, ohne dass sich dann noch der Rahmen ändert. So, wie, speziell mit Bezug auf dieses Wissen, die Kernselbst-Fähigkeiten und -Bedürfnisse, immer genauer gekannt, sich nicht mehr ändern, obwohl dies technische Wissen (zweckmässig bezogen auf sie: Wissen, das im Rahmen dieser Fähigkeiten technisch genutzt, und zur Befriedigung dieser Bedürfnisse angewandt werden kann) und die zu seiner Umsetzung nötigen Ressourcen ständig weiter wachsen.
Erfolgsfähigkeiten und eigentliche Fähigkeiten (speziell auch die Belastungsspielräume), sowie Misserfolgs-Vermeidungsanforderungen und (Reproduktions)Bedürfnisse (für die eigentlichen Fähigkeiten) (speziell auch in Belastungssituationen veränderte Bedürfnis-Formen: kompensatorische Bedürfnisse, vgl. 8/101) bilden dann ZUSAMMEN die dauerhafte Identität des wahren erweiterten Selbst – jene und jenes, wonach der Normalplaner sucht.
Dabei ist es garnicht so, dass die dauerhaften Erfolgs- und Misserfolgsdispositionen völlig dimensionslos wären; entsprechend unserer Deutung der Rahmenwerte 8/157f., haben sie im wesentlichen zwei qualitative Ansatzpunkte – Masse und Bedingungen werden nämlich bestimmt für die Zulänglichkeit unseres Wissens-wie und unserer Ressourcen, bezogen auf die Anforderungen, die auf uns aus dem Rest-Unbekannten zukommen könnten.
Und beides kann sich, im Rahmen (und den Rahmenwerten) der immer besser gekannten Zulänglichkeits-Ausmasse und -Bedingungen für Wissen und Ressourcen, als die wir Erfolgsfähigkeit und Misserfolgsdispositionen deuteten, ausweiten und ändern: Unsere Ressourcen können wachsen (im Rahmen des Fortschrittspfades aus jener Ausgangs-Normalpraxis heraus, die wir als die optimale für unser erweitertes Selbst immer genauer bestimmen lernen), unser Wissen-wie durch Dazu- und Umlernen sich ändern.
Aber alle Schicksale und Wechselfälle, vor allem auch alle Fortschritte, die sie auf Dauer durchmachen, werden – so glaubt der Normalplaner – Wissens- und Ressourcenbestände nicht davon abhalten, sich – wenn dies einmal bekannt ist, oder soweit es bereits bekannt ist, und in den Grenzen, als in denen sich bewegend es erkannt ist – , was ihr über Erfolg und Misserfolg bestimmendes Verhältnis zum JEWEILS relevanten Rest-Unbekannten (das sich ja ebenfalls, in seiner Relevanz und seiner Grösse zusammen mit den sich ändernden Plänen und wachsenden Wissensbeständen ändert) betrifft, in den Grenzen ihrer Indifferenz-Breiten zu halten, oder allenfalls, bedingt durch die bekannten Bedingungen für Erfolg und Misserfolg, berechenbar zu variieren (dh. unter bekannten Bedingungen jeweils zulänglich zu sein, oder (bekanntermassen) nicht).

198.
So muss es der Normalplaner denken; so folgt es aus seinem Anfangsfehler. – Aber worin besteht der – welches HARMLOSE Aussehen nimmt die „Gleichsetzung von erweitertem und Kernselbst“ an, derart dass man sie nicht für den Fehler hält, der sie ist?
Eine solche Gestalt MUSS es geben; denn die Formeln, die wir benutzen, um den Fehler des Normalplaners zu charakterisieren (was ein durchaus nötiger erster Schritt ist), bringen etwas so offenkundig Unsinniges zum Ausdruck, dass man sich nicht vorstellen kann, wie jemand so soll denken können. (Niemand, der sehen kann und nicht abgelenkt ist, fällt in eine offene Grube; als Falle deutet man sie erst, wenn man die Möglichkeiten begreift, sie zu tarnen.)
Unser Fehler, der uns (verständlicherweise; denn wir waren die ganze Zeit darum bemüht, überhaupt das Ganze, „den Fehler“ des Normalplaners, auf den Punkt zu bringen) davon abhielt, die Tarnung zu sehen, bestand vielleicht darin, ihm viel zu sehr die Einsicht zuzuschreiben, dass er AUCH ein Lernender ist. Wir sagen: Er verwechselt Lernen und Wirken; aber wer ist so dumm, dies nicht auseinanderhalten zu können? (Solche Fehl-Unterstellungen unterlaufen KRITIKERN oft; vielleicht machen sie sogar das WESEN des „Kritisierens“ aus? Der „Begriff“ des Fehlers, also der aufgedeckte, ist NICHT die Gestalt, in der er gemacht wird: Der begriffene Fehler ist nicht der gemachte.)
Genauer, begreift der Normalplaner garnicht als Lernen, was WIR ihm ständig als – wenn auch verkehrtes – Lernen zuschreiben  oder auch als: zu lernen Versuchen, Platzhalter echten Lernens, echten Hypothesentestens, schon gar des Hypothesentestens, das notgedrungen die Existenz ausmacht (wie WIR wissen, oder zu wissen glauben)); er begreift es vielmehr als quasi hastige Selbstkorrektur, Richtigstellung eines dummen Fehlers, den er gleich hätte vermeiden sollen, und jetzt endlich vermeidet, sodass er mit dem Eigentlichen beginnen kann: ABER AB JETZT…! Das Eigentliche gilt immer, AB dieser letzten Korrektur; WIR würden hinzusetzen: Bis zur nächsten; aber genau diesen Schritt macht der Normalplaner nicht mit: Er RECHNET nicht mit einer demnächst sich zeigenden Korrektur-Bedürftigkeit; die Korrekturen sind nämlich von der Art, dass sie (im Rückblick) durchaus schon zuvor hätten stattfinden können. Und dies „zuvor“, aus der Perspektive der nächsten Korrektur (und natürlich auch aller folgenden) ist – JETZT. Wenn „jetzt“ die Korrektur-Bedürftigkeit der „jetzt“ eingenommenen Position erkannt würde, würde sie auch „jetzt“ korrigiert. Aus Sicht des Normalplaners ist aber die JEWEILS letzte Korrektur die ENDGÜLTIGE. (Darum auch die Anlass-Bedürftigkeit einer erneuten Anpassung.) Würden Normalplaner diesen Schritt abhängig machen von einem Vorbehalt, und mit einer MÖGLICHEN weiteren Korrektur rechnen, wäre ihre Einstellung EXPERIMENTELL. Es würde sich unmittelbar die Frage stellen, wie man sich angesichts der absehbaren Möglichkeit weiterer Korrekturen JETZT verhalten soll; und es wäre – in genau jenen Hinsichten und innerhalb der Grenzen, in denen der Normalplaner (spätestens: „ab jetzt aber, ab sofort“) sich sicher ist, Bestimmtes (und nicht andres) erwarten zu dürfen – unmöglich, sich schon jetzt festzulegen, und davon ausgehend, zu „investieren“ (in dem Gebrauch von Handlungs- und Belastungs-Spielräumen, in der Einteilung der Ressourcen, zeigen sich die Überzeugungen und (Un)Gewissheiten…)

199.
Nichts aber liegt dem Normalplaner ferner, als jenes „experimentelle“ Lebensgefühl, das wir durch die Zitat-Sammlung am Beginn von Kap. 6 in Erinnerung bringen wollten; und wir haben ihn sogar imstand gesehen, seinen Standpunkt zu verteidigen (in den Worten, die wir ihm in 6/11 in den Mund legten). – Für Normalplaner ist Lernenmüssen, Suchenmüssen AUSSERHALB von (zu optimierender) Normalität, einer konkreten Normalpraxis und Normalerwartungen in ihrem Rahmen ein Zustand absoluter Anomalie, der an Sinnlosigkeit grenzt. In 8/2 haben wir diese mögliche Sinnlosigkeits-Empfindung von Normalplanern angesprochen. „Normalplanerisch“ zu denken, bedeutet NICHT – um den Gedanken aus 8/2 zu wiederholen – , auf sinnlose Entwicklungen und Erfahrungsverläufe nicht eingestellt zu sein, nicht mit ihnen, als äussersten Möglichkeiten, zu rechnen; „normalplanerisch“ ist, ganz bestimmte Entwicklungen für sinnlos, und durch kein weiteres Tun und Lernen mehr bewältigbar zu erklären – also, nicht DASS überhaupt etwas sinnlos ist, sondern WAS man WANN für sinnlos, und wann sich für endgültig gescheitert erklärt, ist das Kriterium dafür, ob man wie ein Normalplaner denkt. Umgekehrt, ist es ebenso ein Symptom dieser Denkweise, wann man sich in einer Ausnahmesituation sieht (oder den Normalfall, die Normalität andauern), und wie man fortsetzt. – Die Normalität ist für Normalplaner nun einmal der Normalfall; nur nicht unbedingt DIESE, die bisherige Normalität, nämlich Normalpraxis; aber irgendeine – „Normalität muss sein“. Aber sie darf eben auch nicht zu weit entfernt sein; als Normalplaner SUCHT und erprobt man als „nächste“ und Anschluss-Normalpraxis (probeweise Umsetzung der Kategorie Normalität, Normal-Praxis, oder erweitertes Selbst, in einer bekannten Umgebung) eine der bisherigen möglichst weitgehend ähnliche – möglichst nur punktuell abgewandelte: Das ist seine Lernstrategie. – „Nahe verwandte Normalpraxis“, korrigiert in ihren Rahmen-Erwartungen entsprechend der vorliegenden Gesamt-Erfahrung mit guten wie schlimmen Überraschungen, ist seine epistemische oder Wissenserwerbs-Leit-Kategorie – sie benennt, wonach er „in der Welt“ sucht. – Das Zusammenpassen von Welt oder Umgebung und Erwartungen ist völlig problemlos IN einer Normalpraxis; das Problem ist, dass Normalplaner diesen Begriff oder diese Relation von dort aus mitnehmen und immer noch verwenden, wenn die Normalität beendet ist; dass sie ihn nicht nur zur Grundlage ihrer Wirk-, sondern eben auch ihrer Lern-Strategie machen. (Und vielleicht ist das endlich die rationelle Auflösung für die erklärungsbedürftige Formel: Lernen und Wirken verwechseln; in welchen Hinsichten werden sie verwechselt? Hatten wir das schon gesagt?)

200.
„Fähigkeit zum Erfolg“ (in einem bestimmten Mass erfolgreich und zugleich vorsichtig sein, ohne in unnötige Belastungen zu geraten) – ein Erfolg, den man selbst in der Hand hat, den man durch sein Tun bewirkt; „Bedingung dieser Fähigkeit, oder dieses Erfolgs“ – Anforderungen, die dafür (immer wieder) erfüllt werden müssen, damit sie oder er eintreten oder sich wiederherstellen kann: Was könnte natürlicher sein, als diese Ausdrucksweisen?
Und in der Tat: In einer funktionierenden Normalpraxis sind der Erfolg und sein Mass ja auch fest verbunden mit den Handlungen („DADURCH-DASS“) zu seiner Realisierung: Weniger zu tun, etwas zu unterlassen, würde ihn mindern oder zunichtemachen, mehr als er darf nicht erwartet werden, Ungeduld und Gier zahlen sich nicht aus, führen in Sackgassen; genau DIES zu tun, und DIES Mass an Erfolg zu erwarten, ist richtig, man versäumt nichts, in keine mögliche Richtung; und das womöglich in affektiv immer wieder gleichen Ausgangssituationen, entlang des Fortschrittspfades (der Kette sich auseinander ergebender Normalpraxis-Stufen, die er ist: eine produktiver oder sicherer als die vorhergehende).
Insofern Normalität sich, selbst im Fortschreiten, Stufe für Stufe erneuert, ist die Ausgangssituation auch immer wieder die gleiche – affektiv vergleichbar (wenn die Normalität Normalität ist, sind alle relevanten Faktoren in ihr affektiv bewertet, und die Gesamtheit der Bewertungen zu einem – im Rahmen der zu erwartenden Erfolgsfähigkeit – immer wieder ohne Belastung bewältigbaren Ressourcen-Verteilungs- und Wissens-Nutzungs-Szenario integriert und verarbeitet. – Und sofern diese Normalität Reproduktion ist, ist es letztlich gleichgültig, WIE sie ist – Hauptsache, sie funktioniert; im Gedanken des „Sich-Reproduzierens – gleich, wie“ ist die harmlose Version der Abstraktion auf den Punkt gebracht: Hier ist sie einfach diejenige, an die wir in 8/138 so nachdrücklich erinnert haben (das Zitat aus 3/15: „Vom Standpunkt… der übergeordneten „Strategie“… ist die Art der Durchführung…völlig gleichgültig.“)
Alle Reproduktion ist im Kern Kernselbst-Reproduktion; und auf Kernselbst-Reproduktion trifft auch alles zu, was Normalplaner über IHRE Reproduktion denken – genauer: für Kernselbst-Reproduktion muss sich erwarten lassen dürfen, was Normalplaner für IHRE Reproduktion erwarten; aber eben nicht für erweiterte Selbste. Denn das hiesse, ein bestimmtes Wissen-wie, eine bestimmte Art der Ressourcen-Allokation (und IHRE Produktivitäts-Erhöhungspotentiale, und Sicherheits-Anforderungen, im Verhältnis zu bestimmten Umgebungen), und ein bestimmtes Mass der Enttäuschbarkeit über ALLE wechselnden Randbedingungen (die nur überhaupt mit Reproduktion vereinbar sind) fortschreiben („bis auf weiteres“) – vor allem auch über alle Stufen, die im Verlauf des aus eben dieser „abstrahierend“ fortzuschreibenden Ausgangssituation sich ergebenden Fortschrittspfades durchlaufen werden.
Wissen, Ressourcen-Allokation und Belastungsquellen, anders als das Kernselbst (das zu unterstellende; denn es muss nicht exakt bestimmt sein) WECHSELN aber, und dürfen nicht wie Kernselbst-Fähigkeiten oder -(Reproduktions)-Anforderungen (Bedürfnisse) behandelt werden, mit der Erwartung, dass DIES Wissen usw. so zur Natur passt, dass „es“ auch in schlimmsten Fällen und bei schlimmsten Rückschlägen ausreicht, um „sich“ zu reproduzieren.
„Aber dann kann man ja garnichts erwarten, und garnicht planen!“ – Stimmt: Für diese Kategorien darf man nichts erwarten, ausser vorsichtig-experimentell die Reichweite ihrer Geltung zu erproben (dabei wird nichts ERWARTET); stimmt nicht: für das Kernselbst MUSS man Reproduzierbarkeit erwarten, und hat garkeine Alternative dazu – es ist gleichbedeutend mit: weitermachen, bis zum „Beweis“, dass es nicht geht (weil man, trotz aller Gegenwehr und Reservenmobilisierung, die Grenze der Reproduktivität überschritten hat). Und, stimmt nicht: man KANN planen, wenn man nichts (ausser Weitermachen-dürfen, Nicht-vernichtet-werden, Kernselbst-Reproduzierbarkeit) erwartet – keine unabdingbaren Voraussetzungen über das Kernselbst hinaus macht; und die Welt, so wie erwartet werden muss, einen (trotz aller Rückschläge) LERNEN lässt, nur bewältigbare Anforderungen stellt, die relevanten Regularitäten allmählich entdecken lässt, sie nicht zu komplex und vertrackt gestaltet (nicht zu sehr von Zufällen abhängt, halbswegs erklärbar komplex ist), und somit halbwegs berechenbar ist (regulär auch im stabilen Sinn) – selbst da, wo wir noch nicht erklären können.

201.
Dem Normalplaner ist das zuwenig; aber das ist, nach allem, was wir gesagt haben, eine („kritische“) Zuschreibung unsererseits, die, in ihrer Weigerung, das normalplanerische Denken zu begreifen, an Fahrlässigkeit grenzt. Denn: Der Normalplaner WÄHLT nicht; nie hat er den Unterschied vor Augen, den WIR die ganze Zeit machen, NIE „entscheidet“ er sich „gegen“ eine Kernselbst-Reproduktion, und besteht trotzig auf einem erweiterten Selbst. Er wendet die Erwartungen der Kernselbst-Reproduktion auf sein Ausgangs-Selbst an, weil er – man kann nicht einmal sagen: dieses für SEIN SELBST hält, oder für das Kernselbst; sondern: weil für ihn DIESE Reproduktion (mit ihrem Fortschrittspfad)  DIE Reproduktion (und DER Fortschrittspfad) ist; weil er nicht experimentell denkt und denken kann, darum, weil ihm jeder Gedanke an einen alternativen Versuch fremd ist (vgl.198!), den er (bei gegebnem Wissen, oder in Abhängigkeit von sich allmählich ergebendem Wissen) AUCH machen könnte, oder gar an VIELE Versuche, unter denen er wählen, und die er in eine Reihe bringen müsste. Entscheidungsvielfalt, in der nicht aufgrund von klaren Prioritäten-Regeln DER ERWARTBARKEIT entschieden werden kann, ist für ihn (nicht zu unrecht) eine ANOMALIE – Nicht-Normalität schlechthin, die er so schnell wie möglich in der Richtung ZURÜCK ZUR NORMALITÄT verlassen will. – DIE Normalität; es gibt nur eine; eine, in der man Erwartungen haben, und planen darf (s.o.), denn das zeichnet den Normalzustand für Normalplaner nun einmal aus. Das einzige Zugeständnis, das sie in der anomalen Entscheidungssituation, der Überraschung (und dem Nicht-Weiterwissen), der Ungewissheit (den allzu grossen Risiken und Chancen, solchen, bei denen man immerzu etwas falsch machen und versäumen kann) machen, ist: Dass es sein kann, dass hier hinter die bisherige einfache Entscheidungs-Situation oder -Ebene zurückgegangen werden muss, und BEDINGUNGEN korrekten Entscheidens berücksichtigt werden müssen; sind sie im Erfahrungsschatz nicht schon zu eruieren und wenigstens nachträglich aus ihm abzuleiten, müssen sie eben empirisch gesucht und erprobt werden. – Es ist die Logik des innerweltlich-objektiven Modalitätswechsels, wie wir sie 4/4ff. kennengelernt haben: Man sieht sich auf eine „andere Stufe der Kontrollierbarkeit“ (Wechsel innerhalb der Modalität, oder der Modalität selbst) versetzt; man versucht, die neue Ausprägung zu erraten und sich nach ihr zu richten; und versucht, auf Dauer eine Meta-Kontrolle herzustellen, indem man die Bedingungen des Ausprägungs- oder Modalitätswechsels auf mehr oder weniger hohem Niveau kennen- und kontrollieren lernt.
Nur, dass die Modalität, um die es hier geht, die qualitative und quantitative Bewältigbarkeit des gesamten Rest-Unbekannten (d.i. der unbekannten Natur in ihrer Beziehung nicht auf das Kern- sondern ein bestimmtes erweitertes Selbst) darstellt – seine Bewältigbarkeit mit einem gegebnen Vorrat an Wissen-wie und seinen Reserven und einem (sich in der gegebnen Umgebung hoffentlich verlässlich reproduzierenden) Ressourcen-Vorrat und seinen Reserven, und den Zuwächsen, die beide im Verlauf erwartbaren Fortschreitens, hoffentlich rechtzeitig, erfahren werden – beides geschätzt über die erwartbare Enttäuschbarkeit, oder besser: Belastungs-Anfälligkeit von Reproduktion und Fortschritt mit den gegenwärtigen Wissens- und Ressourcen-Vorräten – denn von andern ist ja nie die Rede.

202.
Wir würden dem Normalplaner, einmal mehr, sagen (wenn er uns denn zuhören würde): Du verlangst zurecht NORMALITÄT überhaupt; aber du verlangst sie in Gestalt DIESER Normalität (Normalpraxis). Das könnte er bestreiten (wenn er denn mit uns streiten würde): Nein, nein – er will ja nur Berechenbarkeit, Erwartbarkeit überhaupt – er WILL ja dazulernen – er LÄSST sich ja eines (DES) Besseren belehren! – Aber wir wissen inzwischen, wie er das meint: Er will schnellstmöglich zurück zur Normalität, nach Regeln, die (wie beim Aufstieg vom Wechsel in der Ausprägung der Modalität zu deren Bedingung) eine Erwartbarkeit, also Normalität höherer Ordnung begründen – eine, die, wenn sie nicht schon aus blosser Durchmusterung seiner Erfahrung erschlossen wird, indem er sie nach einschlägigen Regularitäten absucht, spätestens durch die weitere Erfahrung, die er mit der neuen Normalität macht (irgendeine Maxime, um sie „versuchsweise“ zu bestimmen, gibt es immer), sich ergeben und erhärten lässt.
Was WIR einen Wechsel zwischen immer neuen Normalpraxen ansehen, die untereinander bestenfalls, durch die Art der Übergänge zwischen ihnen, in einem Verwandtschaftsverhältnis („Familienähnlichkeit“) stehen, sieht der Normalplaner als immer wieder (und hoffentlich nicht zu häufig) absolvierte Rückkehr zur Normalität an – inclusive einer durch Erfahrung mit solchen Rückkehr-Situationen (und den Anlässen, die sie erzwingen) sich allmählich ergebenden Normalität zweiter Ordnung, die einem immer besser und differenzierter Anlässe dieser Art vorherzusehen und zu vermeiden (soweit unerwünscht: Anlässe zum „Reparieren“) oder gar herbeizuführen (soweit erwünscht: Anlässe zum „Präparieren“, Produktivitäts-Erhöhen etc.) gestattet. Das Wissen-wie, das auf diese Weise gesucht und häufig genug auch gefunden, zumindest erprobt (wenn auch nicht mit experimenteller Vorsicht erprobt) wird, unterscheidet sich, seiner begrifflichen Machart nach, zunächst durch nichts von anderem Wissen-wie um Rand-Bedingungen für erfolgreiche Bedürfnis-Befriedigung und Kernselbst-Reproduktions-Massnahmen (ausserordentliche und reguläre); was man durch Erfahrung auf diesem Gebiet an Regulariäten lernt, fügt sich lückenlos in die Reihe zu beachtender Bedingungen technischer Verfahren dieser Art, als zu  beachtende, womöglich begünstigende Bedingungen ihres GELINGENS, oder zu vermeidende Risiken ihres Scheiterns.
Zugegeben: Man ERKLÄRT sich diese Bedingtheiten normalerweise nicht unbedingt, aber das gilt schliesslich für die von Normalplanern genutzten technischen Verfahren (Inhalte ihres Wissens-wie) und den komplexen Aufbau der Regularitäten, auf denen sie und ihre Bedingtheits-Zusammenhänge beruhen, ebenso.
(An dieser Stelle sollte das Ende von 8/71 nochmals gelesen werden.)

203.
Ein Normalplaner sieht den KATEGORIALEN Unterschied nicht zwischen dem Kernselbst und dessen Fähigkeiten und Bedürfnissen, und einem um letztlich (vorläufig) kontingente Bestandteile, Wissen, Ressourcen, Fortschrittschancen erweiterten Selbst (er sieht nicht, dass dieses Material nicht im selben Sinne fortschreibbaren „Selbst“-Charakter haben kann, wie das Kernselbst); ­und er sieht den Unterschied nicht zwischen Bedingungen und Schwankungsbreiten auf der technischen und Bereichs-Ebene (also letztlich dem Inhalt des relevanten Wissens-wie bzw. dem Wissen, auf dem die Ressourcen-Schätzungen und Einteilungen zu ihrer Reproduktion und Erweiterung beruhen), einerseits, und den Bedingungen für die, und den Schwankungsbreiten von den dauerhaften Massen der Bewältigbarkeit von Problemen, andererseits, die sich künftig aus dem Rest-Unbekannten heraus stellen werden, bezogen auf einen Ausgangs-Kernvorrat an Ressourcen und Wissen und seine möglichen Erweiterungen, seien sie von selbst erworben (durch rechtzeitige Selbst-Enthüllung des Restunbekannten), oder Resultat eines absichtlich gesuchten Wissenserwerbs auf Basis dieser Ressourcen und Wissensbestände. – Dass hier die Schätzung der aus den Anfangsbeständen an Wissen und Ressourcen heraus und mit ihnen erzielbaren Zuwächse an Wissen und Ressourcen überhaupt noch angesprochen wird, ist eine blosse Floskel ohne Bedeutung – man benennt im Grund nur qualitativ das und die Mittel, mit denen die eigentlich eingeschätzte und bemessene Bewältigbarkeit (mit und ohne riskierbaren Belastungen zwischendurch) des Restunbekannten sich irgendwie wird bewerkstelligen lassen müssen.
Die Rolle, die in dieser Konzeption für die Manifestationen des Restunbekannten und ihre Bewältigbarkeit durch die JEWEILIGEN Wissens- und Ressourcen-Vorräte vorgesehen ist, beschränkt sich auf eine Art Defilee von Herausforderungen (jenen „kleinsten Dosen“, in denen sich das Neue und Restunbekannte erschliesst), sei es durch spontan in die Normalität einschlagende, unerwartet neue Rand-Bedingungen, sei es durch die im vorgesehenen Fortschreiten zu erwartende und unvermeidliche Quote an neu-erschlossenem Material. Auf beides kann, im Rahmen bestehender Erwartungen und Dringlichkeits-Vorgaben, entweder aus dem vorhandenen Bestand an Dunstkreis- und Reservewissen-wie und mit ihm, spätestens als Quelle von Bewältigungs-Experimenten, reagiert werden, oder aber der jeweilige Wissenszuwachs kann mehr oder weniger rechtzeitig selbst das zu seiner eigenen Bewältigung und erwünschten Kontrollierbarkeit nötige ad-hoc-Wissen (Anhaltspunkte in der Beobachtung, „woran es gelegen haben könnte“) beisteuern. Der ungeplante, „unfreiwillige“ Wissenserwerb im Guten wie Schlechten, anders als das, was wir im geplanten Fortschreiten (falls darin Wissenserwerb als planbare Produktivkraft vorgesehen ist) glauben an Kenntnissen gezielt hinzuerwerben zu können, ist somit immer nur eine MARGINALE GRÖSSE, und bleibt anomal, und quasi im Rahmen eines Anomalien-Managements bewältigbar – es sei denn, es zeigte sich dabei eine neue Regularität – etwa in Gestalt einer Planungsmaxime, einer allgemeinen Erfolgs- oder Misserfolgsbedingung, deren Regelmässigkeit so auffallend ist, dass es ein Versäumnis wäre, sie nicht zu berücksichtigen; und dann wird, spätestens durch Einbeziehung dieser Änderung, das zugrundeliegende erweiterte Selbst (oder die Kette der Selbste, die nach feststehenden Maximen aus jeweiligen Ausgangspunkten heraus den faktischen Fortschrittspfad bilden) korrigiert und neu justiert.

204.
((Zur Erinnerung: Wir versuchen hier, seit der Frage des Abs. 199 oben, zu rekonstruieren, durch welche kategorialen Vorgaben in seinem Denken der Normalplaner für sich selbst den NOTWENDIGEN und UNVERMEIDLICHEN Schein erzeugt, der ihn seinen Fehler nicht sehen lässt; und tun dies im Zuge der Beantwortung unserer Leit-Frage, wie er Enttäuschung (seines geringen, oder starken Hoffens) im Guten wie Schlimmen als Richt-Grösse ansehen muss, um immer besser anpassend DAZUzulernen, wie er sein eigentliches (erweitertes) Selbst bestimmen soll. – Unsere Schwierigkeit dabei ist weiterhin, dass wir anders auf die Sache sehen, wenn wir sie als Fehler rekonstruieren, als wenn wir sie als falschen Schein rekonstruieren und verstehen; beides müssen wir irgendwann zusammenbringen; und dafür müssen wir die durcheinandergehenden Einfälle der letzten ca. 30 Abss. in  eine zusammenhängende Ordnung bringen. Also noch einmal:))
Der Normalplaner hat nicht den Eindruck, wie wir es früher ausdrückten, sich EIN erweitertes Selbst zu bestimmen, oder gar unter mehreren zu wählen; er HAT es längst, so wie er auch nur EINE Normalität, EINE Normalpraxis hat, DIE nur besser oder schlechter gegen bekannte Risiken gesichert, und produktiver oder weniger produktiv als zu einem früheren Zeitpunkt ist; es ist immer dieselbe Praxis, die EINE Normalität, dasselbe Selbst, die er erfolgreich zu verbessern versucht, und die von günstigen wie ungünstigen Verläufen und Veränderungen (deren Schwankungsbreiten man finden, und deren Bedingtheit, u.U. um mehr Kontrolle (Aufstieg in der Reihe der Kontroll-Modalitäten) zu bekommen, man entdecken sollte)  ausserhalb ihrer betroffen wird (das Defilee). Wenn es hier eine übergreifende Tendenz über lange Zeiträume geben sollte, dann nur die zur Selbsterhaltung im grossen ganzen des Selbst, der Normalität, zur kurz- und langfristigen Bewältigung der Aussen-Verläufe, und zum Lernen angemessen antizipierender Einstellungen und Vorsorge-Massnahmen, die es einem auf Dauer ermöglichen, auf das „Überraschungs-Profil“ der Umgebung immer besser eingestellt zu sein. – Also eine säkulare Konvergenz, eine Einengung von Überraschungs-Möglichkeiten oder -Breiten durch langfristiges Dazulernen (das ebenso in die Vergangenheit projiziert wird: die gegenwärtige Normalität ist bereits Resultat eines unbestimmt langen Lernprozesses dieser Art) wird hier erwartet. Das Dazulernen reichert dabei zweierlei Wissensbestände über Bedingungen und Schwankungsbreiten, Fähigkeiten und zu erfüllende Anforderungen an: einmal den über Zusammenhänge im Wissen-wie über die Umgebung, einschliesslich der physischen (leiblichen) Erhaltungsbedingungen des Kernselbst, und der fundamentalen Ressourcen aller Reproduktion; zum andern ebenfalls ein Wissen-wie, aber eins, bei dem man viel schneller voranschreitet: weil es sich, einmal kennengelernt, auf etwas grundlegendes, dauerhaft sich erhaltendes bezieht, das angesichts allen Wissens-Wachstums und aller Verbesserungen unserer technischen Ausrüstung und Umgebungskenntnisse gleichbleibt; eine unspezifische, dauerhaft allen künftigen (wie immer durch Wissen und Mittel effizienter gemachten) Praxis-Entwürfen vorgegebene Leistungsgrösse (objektiv: Bewältigbarkeit, subjektiv: Fähigkeit zum Erfolg), deren Reproduktions-Anforderungen und Schwankungsbreiten (abhängig von überschaubaren Bedingungen) gelernt und die dann auf Dauer ALLEM zukünftigen Handeln zugrundegelegt werden kann, egal wieviel man noch erfahren wird, und mit welchen äusseren Ressourcen und auf beidem beruhenden technischen Hilfsmitteln man dies Handeln ausrüsten wird.
Nennen wir diese Grösse den HANDLUNGSSPIELRAUM – gemeint ist: der subjektive, gefühlte – der unmittelbar in Gefühlen des Könnens und (Nicht)(Mehr) Könnens, in Affekten und (spürbaren) Bedürfnissen (Befriedigungserlebnissen, deren „spürbare“ Quellen) sich darstellende. Zu diesem Spielraum gehört etwas in der Welt, der „Leib“, an dem und mit dem sich (in Gestalt von Bewegungen seiner „Glieder“) jene „äusseren“ Ereignisse abspielen, die wir Handlungen (und auch sprachliche Äusserungen) nennen; Ereignisse, die einerseits „innerlich“ von allen möglichen Gefühlen begleitet sind (unter anderm dem Gefühl ihrer Realisierung – man spürt die Körperbewegungen und Stellungen auch bei geschlossenen Augen), aber die zugleich diejenigen sind, durch die dieser Leib mit seiner Umgebung interagiert, sodass „wir“ DADURCH Wirkungen in dieser Umgebung herbeiführen können, die letztlich in Erfüllung der Bedingungen für eine Reproduktion, Aufrechterhaltung und Wiederherstellung dieses Handlungsspielraums münden. – Der subjektiv empfundene  Handlungsspielraum hat in jedem Augenblick unseres Wach- und Bei-Bewusstsein-Seins einen bestimmten Wert; so wie das Wollen-Können, von dem in 8/75ff. die Rede war, und mit dem er zusammenzufallen scheint. Wieso dann eine zweite Bezeichnung für dieselbe Sache? Es ist eben nicht ganz dieselbe Sache; sondern das Wollen-Können ist quasi das physiologische ANGEBOT, und fällt nur in ganz bestimmten (verrückten Extrem-)Fällen völlig mit dem Handlungsspielraum zusammen. Handlungsspielraum ist Resultat einer GEFÜHLTEN Verteilung und Beanspruchung des Wollen-Könnens (als einer begrenzten, einer Verbrauchs- oder Fluss-Grösse pro Zeit); vor allem das Gefühl der vorhandenen Reserven – der BelastBARkeit (ohne dass das Gefühl der Belastung tatsächlich aktuell auftritt, womöglich mit der Konsequenz, dass die weitere Bereitstellung von „Wollen-Können“ unter Bedingungen (kompensatorischer Belohnungs-, oder Erholungs-Bedürfnisse) gerät, für deren Erfüllung wir sorgen müssen, was freilich auch nur befristet weiter andauert); zum Begriff Handlungsspielraum gehört eben auch das Gefühl…,
neben dieser Komponente des durch ihn belegten ANTEILS am jeweils verfügbaren „Strom“ (quantiatives Angebot pro Zeit) an unspezifischem (und vielleicht auch spezifischerem, bereits an der Quelle themen-bezogenen („Antriebs-“) Wollen-Können
…DURCH die Art seiner Verausgabung und Verwendung, im Zusammenwirken mit unseren Mitteln, geschickten Ausnutzen von Chancen, Wissen-wie usw., die Gefahr der Belastung angemessen reduziert zu haben, und dies immer weiter zu tun – und soweit dies mit Erfolg geschieht, könnte ich dann auch die für Notfälle und Belastungen – jene, mit denen als realen Bedrohungen erfahrungsgemäss zu rechnen, und für die wirklich zu planen ist – zurückgehaltenen Anteile meines normalen, unbelasteten Wollen-Könnens, die Reserven, immer weiter verringern – also das, was wir zwischenzeitlich den Belastungsspielraum genannt haben.

205.
Solange ich dann, ohne in Stagnation zu verfallen, die maximal-vorsichtige Strategie (8/98) (mit dieser Priorität) des Minderns und des Abbaus von Schadens-Folgen, -grössen, -wahrscheinlichkeiten und Schadensvorkommen, Passivierung der darauf bezüglichen Robustheit und Steigerung der spezifischen wie unspezifischen Gesamt-Produktivität verfolgen kann, und mir dann immer noch Spielraum bleibt, kann ich ihn „spielerisch“ für dieses oder jenes verausgaben, zum Beispiel für Suchen und Versuchen; dabei mag ich einen gewissen Rest-Belastungsspielraum immer noch ungenutzt lassen. Dies ist die Art des Fortschrittspfades, den man bei gegebnem Erfahrungsstand zur reinen Kernselbst-Reproduktion einschlagen würde. Charakteristisch für Reproduktionen und Fortschrittspfade für ein erweitertes Selbst hingegen ist, Handlungsspielräume auszudehnen: Sowohl unspezifisch, auf Kosten bekannter Risiko-Abwehr („es wird schon nicht so schlimm kommen!“) (Steigerung der Risiko-Toleranz insgesamt, über mehrere Risiko-Arten oder -Gruppen hinweg), als auch auf Kosten des Suchens und Versuchens (das völlig auf „Anlässe“ und umschriebene Problem-Situationen mit umschriebenen Dringlichkeits-Parametern, reduziert wird); und darüber hinaus Chancen nutzen zu wollen, die Etappen der oben genannten Prioritäten-Liste (ohne Not, dh. ohne dass ansonsten, dh. bei langsamerem Vorgehen, Stagnation einträte) zu überspringen bedeuten würde, wenn sie denn gelängen – mithin werden für diese Chancen-Wahrnehmung spezifische Risiken (nämlich die der übersprungenen Etappen), zumindest für die Dauer bis zum Erfolg, inkaufgenommen. Im Gegenzug werden damit gesteigerte Erwartungen an die Fähigkeit des Rest-Belastungsspielraums gestellt, unerwartete bekannte wie unbekannte Gefahren, im Falle ihres Auftretens, zu bewältigen.
(Damit ist in der mittlerweile eingeführten „Selbst“- und „Spielraum“-Terminologie ausgedrückt, was ursprünglich mit den „Rahmenwerten“, Überschüssen, (vorläufigem) Optimum, Wissenserwerbs-Anteil am Überschuss usw. gemeint war.)
Die Wahrscheinlichkeit steigt dann, dass eventuell auftretende Belastungen dazu führen, dass das normale Angebot pro Zeit an „Wollen-Können“ den gleichzeitigen Anforderungen an diese Ressource von – ohne Änderung oder Reduzierung der Planziele nicht zu unterbrechender  – Handlungsspielraum-Nutzung, einerseits, und Bewältigung der aufgetretenen Belastungen. andererseits, nicht genügt, und deshalb in den Bereich hinein ausgeweitet werden müsste, der eigentlich der „angstvollen“ Verteidigung des Kernselbst gegen einen Absturz unter die Grenze der Reproduktivität vorbehalten wäre – und, bei chronischem Gebrauch, zunächst zu kompensatorischen Bedürfnis-Formen, schliesslich nach gewissen Fristen zur Einschränkung des „Angebots“ führt, und Plan-Abbruch erzwingt, oder eine noch verzweifeltere Steigerung im Niveau des Ausnahmezustands.

206.
Mit diesen Überlegungen haben wir endlich das so lange gesuchte Ziel erreicht; denn in der so wie jetzt präzisierten Bestimmung eines Verhältnisses von Handlungs- und Belastungsspielraum-Anteilen an der Flussgrösse „Wollen-Können“…
(mit ihren themen- und fristbezogen möglicherweise unterschiedlich ausfallenden Quanten („mehr Lust auf Aktivität von derundder Art als auf jene “), und unspezifischen Grund- und spezifisch kompensatorischen Reproduktions-Anforderungen (zB. „Belohnungen“, drogenartigen Ersatz-Befriedigungen, Erfolgen bestimmter Grösse in bestimmten Fristen usw.) unter Belastung)
… haben wir zunächst einmal den seit langem (161, auch 181 u.a.) gesuchten Parameter entdeckt, der zum einen Vergleichbarkeit verschiedenster Erfahrungs-Wissensstände und produktiver Fortschrittsniveaus desselben „erweiterten“ Selbst erlaubt – und somit die Verwertung von Erfahrungen 5E mit überraschenden Entwicklungen, ihren Bedingungen, und im Rückblick daraus erschliessbaren „Regularitäten“ bezüglich erwartbarer Überraschungen (unter Abstraktion von den besonderen Umständen der Verausgabung der jeweils angemessen verteilten Spielräume). – Aber hier war die ganze Zeit unterstellt, dass die Definition (und Identität) des erweiterten Selbst, durch seine verschiedenen Fortschritte hindurch, gewährleistet ist durch einen bestimmten Bestand an quasi „kernselbstartig“ mitreproduzierten produktiven Fortschrittsoptionen (Mittel, äussere Ressourcen, Kenntnisse, ausreichend zum Erreichen bestimmter Fernziele (regionale Optima)), auf die es sich (durch bereits jetzt getätigte, u.U. wie eben in 205 beschrieben, riskante und andres riskierende) „Investitionen“) festgelegt, und „von denen es sich abhängig gemacht hat“ (187) – die betreffenden Investitionen müssen sich in bestimmten Fristen „lohnen“, die Erfolge müssen sich einstellen, weil sonst Belastungsspielräume überschritten werden. Diesen Begriff von erweitertem Selbst hatten wir auch noch der ersten der beiden „schlimmen“ Möglichkeiten zugrundegelegt, die wir in 186 betrachteten: Jeder der aus einem ursprünglichen erweiterten Selbst und seinem Fortschrittspfad heraus erreichte, neue Stand der Mittel lässt die Aussichten grösser erscheinen, das ursprüngliche erweiterte Selbst, für das hier ein Fortschrittspfad entworfen worden war, NOCH weiter zu bestimmen.
Und hier ist dann der Ort, um kurz zu sagen, was Selbst-Erweiterung in diesem Sinn eigentlich bedeutet. Man verhält sich nämlich zum gegenwärtigen Stand als einem der ZURÜCKGEBLIEBENHEIT gegenüber demjenigen, der „eigentlich“ als normal, normales (und wenn erreicht, „normal“, nämlich nach den Regeln der reinen Kernselbstreproduktion zu erweiterndes) Reproduktionsniveau für dieses „normale“, nämlich eigentliche, und gegenüber dem Kernselbst um die Mittel dieses (als selbstverständlich unterstellten) fortgeschrittenen Standes erweiterten Selbst anzusehen wäre. Je höher dies Niveau angesiedelt ist, desto schneller tritt die „Not“ der – bezogen auf dies wiederzugewinnende Niveau tatsächlich drohenden – Stagnation ein; und desto wahrscheinlicher verzweifelte, riskante, belastende Strategien, um diese Stagnation zu überwinden.
Man begreift, was es dann bedeutet (wie zB. in 186 beschrieben), unter solchen Bedingungen immer „weitere“ Selbst-Definitionen, im Sinn der „wiederzugewinnenden“ Ziel-Optionen, anzunehmen.
Aber das allerschlimmste von allem, das freilich unter Normalplanungs-Vorgaben fast den Normalfall darstellt, wäre doch: Diesen Zustand der permanenten Selbst-Erweiterung, im Sinn der immer wieder, immer weitergehenden Mittel-Festlegung auf „wiederzugewinnende“ zukünftige Zieloptionen, und damit immer grösseren Beschleunigung, Ungeduld, immer schnelleren und in immer grössere Risiko-Bereitschaften führenden „Stagnations-Not“ (verglichen mit der maximal vorsichtigen und jederzeit mit Rückschlägen rechnenden reinen Ausweitung eines Kernselbst) kann man sich nämlich noch überboten denken – nämlich als AUF DAUER FESTGESCHRIEBEN: Indem das eigene Normalselbst, als wäre es das Kernselbst, mit einer bestimmten, und über alle Wissens- und Fortgeschrittenheitsstände gleichbleibenden, möglicherweise sogar IHRERSEITS auf ein bestimmtes Niveau (als wiederzugewinnendes und ab dann stabil zuhaltendes) zu steigernden Grösse des Handlungsspielraums gleichgesetzt wird; und die Bedingungen der Aufrechterhaltung dieser für „normal“ erklärten Grösse (unabhängig von den äusseren Ressourcen, oder Wissensbeständen, über die man jeweils verfügt), durch das Defilee der Herausforderungen als auch der Fortschrittsstufen hindurch, immer genauer kennengelernt werden sollen, ALS WÄREN ES DIE REPRODUKTIONSBEDINGUNGEN DES KERNSELBST, UND ALS DÜRFTE MAN REPRODUZIERBARKEIT DIESER GRÖSSE ÜBER ALLE WECHSELFÄLLE DES SCHICKSALS WEG ERWARTEN, und durch entsprechendes Entgegenkommen der Umgebung für garantiert halten (sowohl epistemisch: das gegenwärtige Wissen ist ihr im grossen ganzen schon angepasst, lässt sich leicht anpassen, als auch ökonomisch: die Natur sorgt, durch entsprechendes Entgegenkommen, für Bewältigbarkeit aller sich ergebenden Problemstellungen).
Anm.1 Ab jetzt sollten wir ein Expandiertes (Kern)Selbst, als Inventar aller affektiv wirksamen Festlegungen von Abteilungen des Wollen-Könnens (eventuell auch thematisch eingegrenzt auf mehr oder weniger abstrakte Anforderungen bestimmter Art) unterscheiden von dem Erweiterten Selbst, bei dem ein solcher Expandierter-Selbst-Kern fest verbunden ist mit konkreten Ausführungs-Vorstellungen: Letztere sagen, WAS mit eigenen Handlungen zu tun wäre, die Erwartungen und Aufteilungen des expandierten Selbst sorgen dafür, DASS es mit den erwartbaren eigenen Kräften (wenn es geht, wie erwartet) gelingt.
(Diese Unterscheidung hätte eigentlich bereits in den Überlegungen 172-179 oben gemacht werden müssen, immer wenn dort von „erweitertem Selbst“ die Rede war. (Ende 175 wird die jetzige Wortwahl sogar vorweggenommen, vgl. dort: „… ein angemessen expansiveres oder vorsichtiger angelegtes Selbst“.)
Anm.2 Zur Sicherheit sei wiederholt, was eigentlich bereits feststeht: ALLE Reproduktionsniveaus oberhalb der maximal vorsichtigen, nämlich experimentellen Kernselbst-Reproduktion, beruhen auf einer affektiv expandierten Selbst-Bestimmung: Beschleunigungen, Anstrengungen, Einsatz von Reserven für Leistungen, die über den Punkt des Abbruchs hinaus ohne Not verlängert werden usw.

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207.
Versuchen wir, die neugefundenen Kategorien in einen grösseren Zusammenhang zu stellen!
Es sind Abteilungen des Wollen-Könnens; als solche sollen sie dem Restunbekannten zugewandt sein, aber auch den materiellen und epistemischen, den Mittel- und Wissens-Beständen; genau genommen, stellen sie geradezu eine vorläufige Schätzung dieses Verhältnisses dar – des Masses der Bewältigbarkeit jetzt und künftig aus dem Restunbekannten drohender Gefahren (das Defilee) mithilfe von gegenwärtigen Mitteln und Wissen, erweitert zu zukünftigen mithilfe dessen, was diesem Fortschritts-Prozess aus dem Restunbekannten entgegenkommt. Dieses Bewältigbarkeits-Mass wird durch die Aufteilung des Wollenkönnens geschätzt. – Bisher hätten wir gesagt: Das Kernselbst, mit seinen Handlungen, tritt zwischen das Restunbekannte (als Quelle von Herausforderungen und produktiven Chancen) und seine jeweiligen Mittel – seine „Erweiterungen“, die es mehr oder weniger so behandeln könnte wie sich selbst. Wenn man zurücksieht auf Abs. 76 und nachliest, wie dort das Wollenkönnen und ursprüngliche Können, als „Ur-Selbst“, besprochen wird: Dann wird deutlich, dass DAS KERNSELBST NICHTS ANDRES IST ALS DIES WOLLENKÖNNEN; aber so, dass eben auch ein Ur-Können dazugehört – ein Ur-Handlungsspielraum; den wir, bis wir eine allgemeinere Definition gefunden haben, vielleicht mit dem leiblichen Handlungsspielraum der zum „Kernselbst“, für das geplant wird, gerechneten Individuen (das kann eines sein, oder mehrere) gleichsetzen könnten. Somit ist also das Kernselbst in sich zweigespalten in ein Wirk-Selbst, den Handlungsspielraum, und einen brachliegenden Anteil an physischen und psychischen Ressourcen, den Belastungsspielraum. – Diese erste wichtige Präzisierung haben wir gebraucht, um uns das Mass-artige zu erklären, das in allen Entscheidungen der Normalplaner über das Kernselbst und das „Mass“ seiner sinnvollen Erweiterung mit Mitteln und Wissensbeständen vorzukommen schien.

208.
Das (mittlerweile, wie eben erklärt, verstandene) erweiterte Kernselbst oder auch das reine Kernselbst, sagen wir, tritt zwischen das Restunbekannte und seine (variablen) Mittel- und Wissensbestände. Unsere zweite Präzisierung betrifft diese Bestände. Denn man kann sagen: Alle Mittel und Verfahren, die in einem gegebnen Reproduktionsversuch eingesetzt werden, sind verkörpertes, geronnenes, in der betreffenden Umgebung, angesichts ihres Entgegenkommens, realisiertes (bestätigtes) Wissen-wie. Wie diese Mittel ihrerseits reproduzierbar sind, gehört ebenfalls zu einem vollständigen Wissen-wie, vollständiger Kontrolle über sie hinzu. Andererseits ändert sich an diesen bekannten Reproduktionsanforderungen oder -möglichkeiten für ein gegebnes Mittel oder Verfahren nichts (an den Dispositionen, technischen Rezepten: Wenn du ein Mittel derundder Art willst, dann mache…), wenn die Ausgangsbedingungen für diese Reproduzierbarkeit des Mittels nicht oder nicht mehr in unserer Umgebung anzutreffen sind; und das gleiche gilt für die Verwendung oder Anwendung des Mittels: Wenn das Rezept, für das das Mittel gebraucht wird, oder das entsprechende Verfahren in unserer Umgebung seine Ausgangsbedingungen nicht vorfindet, unter denen allein die Mittelanwendung oder das Verfahren ausgeführt werden können. In beiden Fällen – Fehlen der Bedingungen für Reproduzierbarkeit oder Anwendung eines Mittels oder Verfahrens – stellt sich das betreffende (bestätigte) Dispositions- und Kontrollwissen-wie als nicht verwendbar, nicht brauchbar für Pläne in dieser Umgebung dar – anders ausgedrückt: als irrelevantes Wissen-wie; es gehört in irgendeine der „hinteren“ Wissens-Rangabteilungen. – Man bemerkt, nebenbei, hier sehr schön, wie die Logik der Mittel-Bestimmung (hinlänglich oft bestätigte Disposition) an die Grenze gerät, wo die Rest-Bedingtheiten, vor allem auch durch das Einbinden in eine Reproduktion und Zusammenarbeit mit anderen Mittelverwendungen, nicht mehr aus den bekannten Bestimmungen der Einzelmittel erschlossen werden können, sondern eine eigene Versuchs-Dimension bilden, nämlich die des Reproduktionsentwurfs, oder des Versuchs, die regionale Optimalhypothese der mittleren Kolumne bei gegebner Erfahrung korrekt zu bestimmen.

209.
Mittel bzw. Verfahren und Wissen-wie fallen somit zusammen: nur, wenn Mittel/Verfahren für eine bestimmte Reproduktion geeignet sind – zweckmässig zu ihr beitragen, sich unter ihren Bedingungen anwenden lassen, und ihrerseits sich in ihr mit ihren Mitteln verlässlich und nachhaltig reproduzieren lassen – nur dann ist das sie betreffende Wissen auch ein Wissen-wie FÜR diese Reproduktion, gehört zum mit-zu-reproduzierenden KÖNNEN (erweiterten Handlungsspielraum) dieser Reproduktion. WENN sich, umgekehrt gesagt, das betreffende Wissen-wie nicht, auch wenn seine Realisierungen beschädigt oder zerstört wurden, wieder neu in technische Realisierungen umsetzen lässt (ausgehend von dem niedrigeren Reproduktionsniveau, auf das man durch die Beschädigungen zurückgeworfen wurde), oder WENN sich solche Rückschläge unter den Bedingungen dieser Reproduktion (auch neu eingetretenen) so sehr häufen, dass die immer wieder zu erneuernde Neu-Herstellung dieser Mittel nach ihrer (vorzeitigen) Beschädigung ihre Weiterverwendung nicht mehr rechtfertigt, dann fallen diese Mittel/Verfahren aus dem KÖNNEN dieser Reproduktion heraus, und zugleich das auf sie bezügliche Wissen aus dem Bestand des mitzureproduzierenden Wissen-wie FÜR diese Reproduktion; man wird dann vielleicht nach einem Ersatz suchen, oder die betreffende Branche der Reproduktion, als momentan unrealisierbar, aufgeben.
Soweit haben wir also eine bisherige Verdoppelung in der Rede von unseren Ressourcen, indem wir sie immerzu in epistemische und ökonomische, Wissens-Ressourcen und materielle Ressourcen, unterteilten, beseitigt. Aber diese Zusammenfassung oder Zusammenfassbarkeit betrifft nur einen Teil der Gesamt-Ressourcen – nämlich den bekanntermassen im gegenwärtigen Reproduktionsentwurf benutzten Teil und die ihm zugrundegelegten, in ihm technisch umgesetzten Dispositionen (gleichzeitig Inhalt des Wissens-wie, und der tatsächlich benutzten Techniken und technischen Verfahren). Tatsächlich hatte unsere Musterung der Wissensarten eine ganze Bandbreite an weiteren Wissensformen und -reserven aufgedeckt, auf die in Überraschungs-Situationen zugegriffen werden könnte – bis hin zu „hypothetischem“ Wissen, nach dem gesucht, dessen Inhalte in vorwegnehmenden Hypothesen und Möglichkeitserwägungen konstruiert und in Experimenten (bis zur Falsifikation) auf ihr Vorhandensein oder die Grade ihrer Ausprägung in der gegebnen Welt hin erprobt werden könnten.
Die eine, verlässliche oder zumindest dafür gehaltene Abteilung unseres Wissens, die wir eben geradezu mit dem Vorhandensein von technischen Ressourcen (spätestens ihrer lohnenden Wiederherstellbarkeit auf bekannten Wegen angesichts vorhersehbarer Rückschläge, in gegebnen Umgebungen) gleichgesetzt hatten, ist das (aktuelle) WIRK-WISSEN; sie bezieht sich auch auf Zukunfts- und Fortschritts-, ja selbst Wissenserwerbsprojekte (nämlich solche durch Probieren: Herbeiführen eines erwartbaren Findens, wenn nur gesucht und versucht wird). Die andre Wissens-Abteilung wäre jenes (mehr oder weniger gut bestätigte) Wissen, das jetzt schon verfügbar ist, aber auch noch uns zufliessen könnte, mit dem wir aber bestenfalls Versuche konstruieren und gestalten könnten; aus diesem Grund soll es VERSUCHS-WISSEN heissen. Es steht im selben Verhältnis zu sinnvoll konstruierten und ausgeführten Experimenten, wie das Wirk-Wissen zu den Plänen (durchlaufenen Reproduktionsstufen, Fortschrittspfaden): Es ist jener jeweilige Wissensbestand, der es jederzeit zu versuchen gestattet, in einer überraschenden Problemsituation dafür passende experimentelle Problemlösungen zu erfinden, und deren Rang in einer Prioritätenreihe der „Lohnendheit“ ihrer Erprobung aus Schätzungen ihrer mutmasslichen Gelingens- und Misslingens-Dispositionen (Gesamt-Aufwendigkeit und -Bewältigungsfähigkeit, vgl. 5/24) zu erraten – so, dass die sinnvolle Aufteilung eines „Dringlichkeits-begründeten“ (5/7, Drittens) Gesamt-Versuchs-Budgets möglich wird. (Anders ausgedrückt: Es ist jener Wissensbestand, der es uns gestattet, jederzeit, bei gegebnem Anlass, zu gezielten Problemlösungs-VERSUCHEN überzugehen, und uns das SUCHEN erspart: Dies Wissen IST oder zumindest GILT FÜR die Verkörperung und Resultat vergangener Such-Anstrengungen oder passiver Beobachtungen; mit der zusätzlichen Bestimmung, für bestimmte Versuchs-ABSICHTEN oder -ZWECKE (Probier-Versuchen? Herausfinden-wie, Produzieren von Wissen-wie, als Löung eines Problems?) Quelle zweckmässiger und hinreichend geeigneter Versuche zu ihrer erfolgreichen Durchführung zu sein – es ist für Versuchskonstruktion RELEVANT.)

210.
Soweit das Wirk-Wissen bezogen ist AUF, und solches ist FÜR eine bestimmte Reproduktion (mitsamt dem daraus herausführenden Fortschrittspfad), also einen Plan, fällt es zusammen mit dem aktuellen Wissen-wie, auf dem dieser Plan beruht; und sofern der betreffende Plan sich zugleich (notgedrungen) zu noch unbekannten Randbedingungen seiner Ausführung (die zur Not seine Verlängerung, Abänderung, Anpassung erzwingen) verhält, ist er (sollte zumindest sein), oder enthält (sollte enthalten) das beim gegebnen Stand des Versuchs-Wissens maximal sinnvolle Inventar an daFÜR relevanten Experimenten (zumindest nicht schlechter als irgendein anderes).
Und diese Gleichsetzungen dürften dann auch jene sein, die wir unter den Planungs-Bedingungen und -Prinzipien einer reinen Kernselbst-Reproduktion (also unter einer Optimalhypothese) akzeptieren: Darum, weil dort jede Erwartung, die über das minimale Suboptimum der Möglichkeit der Kernselbst-Reproduktion (bis zum Beweis des Gegenteils; dies ist selbst eine Hypothese) hinausgeht, bereits experimentellen oder Versuchs-Charakter hat, also aus einer Rahmen-Hypothese abgeleitet ist (wodurch auch dem unvermeidlichen Versuchs-Charakter unserer Existenz jederzeit Rechnung getragen wird: Es geht nichtmehr um das Dass (oder das Ausmass dieses Dass), sondern nur noch um das Was – die angesichts der gegebenen Erfahrung RICHTIGE Hypothese.)
Hingegen wenn wir (wie wir es als Normalplaner gewohnt sind) von vorneherein, immer schon und immer weiter für (irgend)ein erweitertes Selbst planen (und nur auf der Suche nach dem jeweils „richtigen“, der Umgebung am besten angepassten sind): dann haben wir Erwartungen (und nicht etwa bloss experimentelle), die über das minimale Suboptimum mehr oder weniger weit hinausgehen, die wir aber genauso behandeln, als wären sie ein solcher minimal-suboptimaler und in jedem Fall (bis zum Eintritt des absoluten Sinnverlusts) zu sichernder Kernselbst-Gehalt: die Fähigkeiten dieses erweiterten Selbst jederzeit abrufbar, wie diejenigen des Kernselbst; die (gewussten) Reproduktionsanforderungen jederzeit zu beachten, wie die des Kernselbst. Zugleich aber sind wir jederzeit darauf vorbereitet, das momentane erweiterte Selbst durch ein anderes zu ersetzen, und die Erwartungen an das ursprüngliche auf dieses zu übertragen; und der Anlass, dies zu tun tun, liegt einmal in Erweiterungen (oder relevanten Verbesserungen) unseres Wirk- und Versuchswissens; zum andern in Überraschungs-Erfahrungen in negativer wie positiver Hinsicht hinsichtlich des angemessenen Anteils des Handlungs- (verglichen mit dem Belastungs-)Spielraums am jeweils verfügbaren (und als Kernselbst unbedingt zu reproduzierenden) Gesamt-Wollenkönnen. – Wir hatten die Frage beantworten wollen, wie und warum diese Erfahrungen, in denen (abstrakte!) rein quantitative Daten verarbeitet werden (zuviel, zuwenig), als Grundlage dienen können für qualitative Entscheidungen, (sich als) WELCHES erweiterte Selbst zu wählen bei einem gegebenen Erfahrungstand angemessen sein könnte. Die Antwort ist: Weil im „angemessenen“ Anteil des Handlungsspielraums am Gesamt-Wollenkönnen (oder den Bedingungen und Schwankungsbreiten einer je angemessenen Bestimmung) ein EMPIRISCHER SCHÄTZWERT dafür vorzuliegen scheint, welche Grade an Bewältigbarkeit (epistemisch wie technisch-ökonomisch) für unser gesamtes zukünftiges JEWEILIGES Versuchs- bzw. Wirkwissen der restunbekannten Welt um uns herum DAUERHAFT zu unterstellen sind.
Oder umgekehrt: Wieviel zu einer solchen Bewältigung auf Dauer nötige Problemlöse-Fähigkeit (jenseits des absoluten minimalen Suboptimums) wir unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Schwankungsbreiten uns jetzt und künftig als festen Besitz zubilligen dürfen – auch in Gestalt immer wieder „rechtzeitig“ dazuerworbener Wirk- oder Versuchs-Wissensstücke.

211.
Die Begrenztheit oder Knappheit unserer Kernselbst-Ressourcen zwingt uns, sie zweckmässig aufzuteilen und uns dabei endgültig festzulegen: Einmal verausgabt, sind sie unwiderruflich weg (1/4), und nur, wenn sich die vermutete Zweckmässigkeit dieser Verausgabung bestätigt, lässt sich das Verausgabte reproduzieren, oder stellt sich der erhoffte produktive Erfolg ein.
Wenn ich nun, wie im letzten Abs. beschrieben, Erfahrungen mit der elementarsten dieser Aufteilungen, nämlich der in Handlungs- und Belastungs(reserven)-Spielraum, verallgemeinere, und versuche, Regularitäten (Bedingtheiten, Schwankungsbreiten) für den Zusammenhang zwischen bestimmten Aufteilungen und ihrer Erfolgsträchtigkeit unter je gegebnen Umständen zu finden, dann fehlt mir zur Anwendung der so allenfalls zu findenden technischen Erfolgsregeln oder -rezepte auf den ersten Blick EIN entscheidendes Element: nämlich eine ebenso allgemeine Konstruktionsregel, WIE ich aus dem JEWEILIGEN (Wirk+Versuchs-) Wissen – denn die Spielraum-Aufteilungs-Regularitäten sollen ja über verschiedenste Wissens-Stände weg Gültigkeit behalten – den für die jeweils gültige Spielraum-Aufteilung passenden Wirk- und Versuchs-Entwurf konstruieren soll; mit anderen Worten: es fehlt eine Relevanzstruktur (131ff.); und die bekommen wir im Rahmen von Normalplanung einzig und allein dadurch, dass wir sie an der jeweiligen Reproduktion (und dem ZU ihr gehörenden Wissen-wie) abstützen, indem wir FÜR sie aus den Vorräten unserer Wissensformen Fortschrittspfade konstruieren.
In diesem zweiten Element der Normalplanung ist bekanntlich (vgl. 5/19) eine zweite, unabhängige Quelle für Prioritätensetzungen zu sehen, in Gestalt der Anfangs- oder Ausgangspraxis, von der ausgehend man eine Lern-Geschichte im Rückblick betrachtet. Aber selbst diese Ausgangspraxis ist doch ganz und gar Ausdruck des seinerzeit bekannten und ZU ihr gehörenden Wissen-wie, so wie das nachfolgende Ausweiten und Versuchen ein Ausdruck des seinerzeitigen gesamten Wirk- und Versuchswissens; alles, was zwischenzeitlich geschah, ist wiederum Ausdruck von DESSEN Erweiterungen – zumindest, soweit die Seite der „Relevanzstruktur“ betroffen ist. Man kann also, entsprechend unserer Zuspitzung des materialen Anteils am Normalplanen auf den Begriff Wirk- und Versuchs-Wissen, ab jetzt abgekürzt WVW, sagen: Jede denkbare und erinnerte Vorgeschichte einer aktuellen Normalpraxis ist eine der Abwandlungen, Ausdifferenzierungen oder Erweiterungen (durch bewusst aufgesuchte, oder passiv gefundene und beobachtete Erfahrungs-Zuwächse) eines ursprünglichen WVW. Das je aktuelle, optimalhypothetisch als das „richtige“ fortgeschriebene WVW (zumindest das, was der Normalplaner daran für verlässlich halten, also auf diese Weise fortschreiben will) liefert ihm dann zu jedem Zeitpunkt eine aktuell gültige Relevanzstruktur; die Fort- und Festschreibung zumindest eines bestimmten Anteils seines aktuellen WVW für diesen Zweck (er muss das tun, denn wo soll er auf seinen Grundlagen anders überhaupt eine Relevanzstruktur herbekommen?) ist dann die Behandlung zumindest dieses Teils des WVW, als wäre es ein Wissen über Reproduktionsbedingungs- und Leistungsprofile des Kernselbst, und das so Gewusste so überdauernd, wie man es für diese Eigenschaften des Kernselbst („minimal-optimalhypothetisch“) annehmen muss. Es ist dieselbe Art der Fest- und Fortschreibung von etwas Nicht-Subjektivem, Nicht-Leibhaftem, Nicht-Kernselbstartigen, wie im Fall der globalen, situationsunabhängigen Risikostruktur-Schätzung, die in den vermeintlich überdauernden Aufteilungen des Ur-Handlungsspielraums in Reserven und verausgabbare Anteile zum Ausdruck kommt: Anteile der objektiven Risiko- wie Relevanz-Struktur werden nach derselben Logik behandelt, wie die Risiko- und Relevanzprofile der leiblichen, an fühlbaren „Innen“ oder Selbst-Zustands-Parametern orientierten Kernselbst-Reproduktion („Bedürfnisse“, Homöostase-Umgebungsanforderungen usw.) und -Betätigung („Anstrengung“, „Leistung“). Die Frage ist dann eben immer nur, wie weit diese Leib-Erweiterung – das erweiterte Selbst – in die Welt hineinreicht; DASS es da jenseits des Kernselbst etwas geben muss, über dessen genaue Gehalte, Leistungsfähigkeit und Anforderungsprofile man etwas herausfinden kann, ist unzweifelhaft – es ist der KATEGORIALE APPARAT, innerhalb dessen und mit dem Normalplaner ihr Lernprogramm, ihre Lern-Regel formulieren.

212.
Es verwundert dann nicht, dieselbe Logik auf das dritte überhaupt zur Wirk- und Lernplanung benötigte Feld (und das zweite qualitative) angewandt zu sehen, nämlich die Art, wie die denkbaren Experimente und Versuche aus Erfahrungs- und „Dunstkreis“-Material konstruiert werden. Wir hatten als Grundlage dieser Vorgehensweise das Denken in Kategorien eines Raums aus Ähnlichkeits-Reihen gefunden; aber diese Ähnlichkeiten sind nicht allein solche von wertfrei beschriebenen Objekten, sondern von ihnen als Träger von (in dieser Form gebrauchten) Effekten, dh. MITTELN, zu denen sie spätestens im Verbund mit sie angemessen handhabenden Handlungen und Handlungsreihen werden. Das Mittel rüstet die es anwendende Handlung aus und auf, aber es verändert den Handlungs-, also letztlich motorischen Charakter des mittelverwendenden Handelns nicht. Die Logik, die wir bislang in zwei Fällen bereits haben arbeiten sehen, auf dies Feld übertragen, läuft darauf hinaus, den Ähnlichkeits-Spielraum zu handhaben wie einen Raum aus Willkür-BEWEGUNGEN, oder Reihen davon, worin man durch angemessene (aber verwandte) Abwandlungen der Bewegung eine angemessene Abwandlung des damit zu erzielenden Effekts erzielt. Hier, wie in den beiden anderen Fällen, lautet die Unterstellung erneut nicht: Die ganze Welt funktioniert so; aber doch mehr als der eigentliche Kern-Bewegungsspielraum unserer unmittelbar leiblichen Motorik (und seiner vielleicht noch elementareren Korrelate, ohne die wir unser Bewegen garnicht einordnen könnten: fester Boden, handhabbare Materialien, feste Dinge, Oberflächeneigenschaften, Kräfte wie Schwere usw. – alles Eigenschaften, die auch in unserer propriozeptiven Wahrnehmung eine Rolle spielen, und Parameter unserer Bewegungsausführung darstellen). Die Frage für Normalplaner ist also, einmal mehr: Wie weit diese „Leib- oder Selbst-Artigkeit“ über unser Selbst hinaus in die Welt hinein reicht? – Die Frage für uns ist, wie sie ernsthaft diese Frage stellen können; auch wenn sie, was wir in unseren Betrachtungen nie vergessen dürfen, dies alles nur implizit tun, ohne nachzudenken und sich die von ihnen befolgten Regeln vor Augen zu halten; die Regeln offenzulegen (was sie von sich aus nie tun würden, oder nur gegen äusserste Widerstände – es erschiene ihnen vollkommen sinnlos, nämlich völlig konträr zu ihrer „Relevanzstruktur“!) würde dem impliziten Tun wahrscheinlich auch in ihren Augen ein Gutteil seiner unmittelbaren Vernünftigkeit oder Selbstverständlichkeit nehmen. Normalplaner, im Gegensatz zu uns, handeln, und fragen nicht wie wir, woher ihr Handeln seine Maximen hat. Woher also hat es sie?

213.
Wie kann irgendjemand etwas so Albernes tun, wie das, was wir Normalplanern zugeschrieben haben (vgl. 198)? Wie kann ein auch nur halbwegs zurechnungsfähiger Erwachsener glauben, Teile der Welt so behandeln zu dürfen (wenn auch nicht klar ist, welche), als handle es sich um seinen eigenen Leib – seine Handlungsspielräume, fühlbaren Bedürfnisse, Fähigkeiten, und motorischen Bewegungsformen? Die Antwort haben wir, andeutungsweise, längst gegeben, in Gestalt aller Hinweise von der Art des Abs. 199 und späterer: „Das Zusammenpassen von Welt oder Umgebung und Erwartungen…“ (mit derselben minimal-optimalhypothetischen Berechtigung, mit der wir Erwartungen an die Kernselbst-Konstanz und -Reproduktion haben) „…ist völlig problemlos IN einer Normalpraxis; das Problem ist, dass Normalplaner diesen Begriff oder diese Relation von dort aus mitnehmen und immer noch verwenden, wenn die Normalität beendet ist; dass sie ihn nicht nur zur Grundlage ihrer Wirk-, sondern eben auch ihrer Lern-Strategie machen.“ Diesen Satz können wir ohne weiteres auf die mittlerweile erarbeiteten Präzisierungen dessen übertragen, was Normalplaner sich für einen Begriff von diesem Zusammenpassen machen: Soweit und solange eine Normal- und zugehörige Fortschrittspraxis, ja sogar die geplante Wissenserwerbs-Praxis funktioniert WIE ERWARTET, nämlich „normal“, GIBT es ja die Unterscheidung garnicht zwischen immer weiter sich erhaltendem Kernselbst mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen einerseits, und sich wandelnden (ausdifferenzierenden, abwandelnden) Praktiken, Kenntnissen, also „WVW“ andererseits: Alles WVW-begründete FUNGIERT dann (tautologischerweise) so zuverlässig wie die Risiko-, Relevanz- und „Bewegungsraum“-Strukturen des Kernselbst – als dessen einfache Erweiterungen – eben als ERWEITERTES Selbst. Was uns der Normalplaner sagt, bzw. was wir ihm in den Mund legen, wenn wir ihn sagen lassen und sich beklagen lassen: „Aber ich BRAUCHE doch, um ÜBERHAUPT planen, überhaupt wirken und lernen zu können, eine Risiko-, Relevanz- und Bewegungsraum-Struktur (dh. entsprechende Erwartungen)!“ – das läuft eigentlich nur darauf hinaus, dass er uns (immer wieder) sagt: Ich brauche dieselben Verhältnisse, dieselbe Kernselbst-artige Zuverlässigkeit und minimal-opitmalhypothetische „Suboptimums“- oder regional-optimalhypothetische Fortschreibbarkeit der Kern-Selbst-Erweiterungen, wie ich sie (zumindest für einen Teil dieser Erweiterungen) bereits so dauerhaft in meiner Ausgangspraxis erlebt habe. DORT hat „es“ doch so funktioniert – und meine Lern-Anstrengungen zielen ja auf nichts andres, als Wiederherstellung dieses Zustandes, angesichts erschwerender oder unerwartet-begünstigender neuer Umstände. Das heisst: Wer überhaupt Normalität, Normalpraxis sagt, der sagt auch (in unserem technischen Jargon ausgedrückt): Kernselbst-artige Risiko-, Relevanz- und Bewegungsraum-Struktur, über diejenige des eigentlichen Kernselbst hinaus ausgedehnt, aber durch nichts logisch von ihr geschieden; die Frage ist eben nur: Wie weit diese Kernselbst- oder Leib-Haftigkeit der Welt, in der wir operieren, namens „Normalität“, reicht – worauf in der Welt wir uns, jenseits des tatsächlichen Kernselbst, ebenso verlassen können, wie wenn es zum Kernselbst gehörte.

214.
In dem Normalzustand, den er (mehr will er doch garnicht!) als solchen, der Umgebung angepasst, wieder herstellen will, ist keine Trennung von Kernselbst und Erweiterung zu bemerken gewesen – warum sollte der Normalplaner sie dann in der Fragestellung berücksichtigen, die er seinem Lernen zugrundelegt? Diese Fragestellung zielt doch auf etwas absolut Harmloses: Die einzelnen Bestimmungsstücke, Bestandteile, zu besetzenden Rollen oder Kategorien (wie immer man es nennen will) zum Entwurf (Planung, Gestaltung) einer den bekannten Umständen, bei gegebnem Wissen, optimal angepassten Normalpraxis zu finden (einschliesslich verantwortbarer Fortschrittspfade aus ihr heraus). Nichts in seiner Erfahrung verrät dem lernenden Normalplaner, dass er hier etwas zu trennen hat – ein absolut bei allen Wechseln gleichbleibendes Kernselbst, einerseits,…
((auf das sich eine berechtigte („transzendentale“) minimal-optimalhypothetische Erwartung richtet (nämlich, dass es erhalten bleibt), und auf das allenfalls die Normal-Fragestellungen zutreffen: 1. wieviel darf ich mir zumuten?, 2.was brauche und kann ich?, 3.was muss und kann ich (im Rahmen dessen was ich überhaupt kann) wie tun, um zu bekommen, was ich brauche?))
…und andererseits die es erweiternden prekären Mittel, Randbedingungen, im Rahmen seines unvollständigen Wissens, auf die es sich aktuell zur Erweiterung seiner Fähigkeiten und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse verlässt – Mittel, Randbedingungen, Wissen, auf die das minimal optimalhypothetische Versprechen eines Entgegenkommens der Umgebung (Natur, Welt) keineswegs unmittelbar zutrifft – es ist NICHT versprochen, man darf sich, um bis zum Beweis des Gegenteils weitermachen zu können, eben gerade NICHT versprechen, dass gerade DIESE Weise, sich zu reproduzieren, und IHRE Grundlagen, sich erhalten – nur überhaupt eine; die aber allererst, aus der gegenwärtigen Situation heraus, vorsichtig zu suchen wäre.
Unter einer Optimalhypothese würden die möglichen, wechselnden Schicksale, die uns beim Experiment der Reproduktion unseres Kernselbst betreffen könnten, global berücksichtigt, indem die Fragen 1.-3. so gestellt werden: Wieviel darf ich unter ALLEN überhaupt denkbaren Umständen wagen (die noch nicht Widerlegung der Optimalhypothese bedeuten, und ihres immer mit-enthaltenen minimalen Suboptimums, der Rettungs des reinen Kernselbst und seines Lebens über alle Wechselfälle hinweg) – was brauche und muss ich unter allen solchen Umständen dafür minimal können? Indem ich die 3 Fragen hier für ALLE Umstände (die..) aufwerfe, abstrahiere ich von diesen Umständen; diese Abstraktion eben ist die Beschränkung auf das minimale Suboptimum der Kernselbst-Reproduktion (als notwendige Bedingung für alles Handeln, wenn es überhaupt sinnvoll sein und bleiben soll (allgemeinste Sinn-Bedingung).) – Als Normalplaner kann man auf diese Invarianz des Kernselbst (seine praktische „Abstraktheit“) nicht einmal durch die Anschauung wechselnder (oder immer weiter fortgeschrittener) Umstände seiner Reproduktion aufmerksam werden: Denn diese reale Vielfalt an Situationen, die auf dem Weg zur gegenwärtigen Reproduktion absolviert wurde, selbst wenn er sie erinnern würde, würde von ihm KATEGORIAL immer nur unter zwei Begriffe fallen: Normalität; und: neu oder wieder herzustellende Normalität. (Die Vielfalt nur als eine der defilierenden Herausforderungen an den Grundzustand Normalität; Normalität als eigentlicher, immer gleicher Normalfall.)

215.
Die kurze Rückbesinnung auf das Kernselbst eben, mit dem die Normalpraxis (das erweiterte Selbst) verwechselt wird, war vielleicht nützlich, um die auf diese Weise fehl-verstandene Normalpraxis noch besser beschreiben zu können.
Das Kernselbst (umsetzbares Wollen-Können) reproduziert SICH MIT SICH (seiner Verausgabung als realisierter Handlungsspielraum), angesichts einer Vielfalt von Umständen; auf die Vielfalt der (je gewussten) Arten seiner Reproduzierbarkeit, angesichts verschiedener (anderer, oder fortgeschrittener) Umgebungsbedingungen, wird reagiertt mithilfe dessen, was – quasi an der Peripherie des Kernselbst – das an ihm selbst Variable ist: Gleichbleibende Handlungsspielräume werde in diese oder jene reale Handlungs-Varianten umgesetzt; die „abstrakte“ Verbrauchs-, nämlich Spielraumgrösse (eine Flussgrösse: pro Zeit), die darin eingeht, ist ihrer Qualität nach immer dieselbe, quantitativ gefühlsmässig bestimmt. Die Handlungsspielräume sind „belastet“ durch virtuelle Einbussen, sei es durch Erschöpfung, Homöostase-Beeinträchtigung, ungestillte Bedürftigkeit, denen man durch vorausschauendes, spätestens situations-gerecht reagierendes Handeln zuvorzukommen, oder vorzubeugen versucht: So erhalten „sie sich mit sich“; manchmal geschieht dies – weitergehend – unter Anstrengung, bewusster Inkaufnahme von Belastung (um noch grössere, „vernichtende“, zu vemeiden).
Diese „Selbst“-Bezogenheit angesichts wechselnder Umstände, ja angesichts von möglichst allem, was einem überhaupt noch widerfahren kann, finden wir auch an der Normalität des Normalplaners wieder: Von Normalität, gedacht als DIESE, dies erweiterte Selbst, wird erwartet, dass sie sich unter ALLEN zukünftigen Umständen bewährt, wie bisher auch; diese Fähigkeit zur  Bewährung (ein wichtiger Gedanke!) wird zum Prüfstein gemacht, wie weit die Normalität reicht – es werden ihr, je nachdem, Stücke abgeschnitten oder hinzugefügt.
Der Fehler dabei ist natürlich, dass hier die fixe, definitorische Verbindung zwischen Stabilität und erweitertem Selbst quasi ein Gelenk bekommt, und nicht mehr starr die Kriterien nach der einen Seite, deren Widerlegung nach der andern vemittelt: Dies-und-dies soll sich unter allen Umständen bewähren, es ist die Normalität; es bewährt sich nicht, ist offensichtlich überfordert oder suboptimal eingesetzt – dann habe ich als Normalplaner immer zwei Möglichkeiten: einmal das „dies-und-dies“ weiter als als DIE Normalität anzusehen, und immer verzweifelter um ihren Erhalt und intakten Fortbestand oder Wiedrherstellung, wie zuvor, zu kämpfen, dabei der Versuchung ihrer vorzeitigen Ausweitung zu widerstehen usw.; oder aber das ursprüngliche „dies-und-dies“ neu festzulegen (vielleicht auch für verschiedene Bedingungen so oder anders), in der Erwartung, dass Überforderungen und Versäumnisse nicht mehr vorkommen. – Beim Kernselbst würde das so aussehen: Ich habe mich unterschätzt, oder überschätzt; ich habe zuviel oder zuwenig elementare Umgebungs-(Homöostase-) Bedingungen für physische Reproduktion meines unter allen Umständen umsetzbaren Wollen-Könnens dafür gehalten und sie deshalb be- oder missachtet; ich habe Bedürfnisse nicht vorhergesehen, die dann plötzlich auftraten, oder unnötigerweise für Befriedigung (Verfahren zur Befriedigung) solcher Bedürfnisse vorgesorgt, die garnicht wirklich dringend waren.
Beim Kernselbst ist dies Hin- und Her-PROBIEREN angebracht; beim erweiterten Selbst hingegen, das eigentlich die experimentelle Umsetzung einer allenfalls zu falsifizierenden Hypothese ist, und das zu reproduzieren und produktiver zu machen nur ein VERSUCH (möglichst der weitestreichende unter denen, die überhaupt zu machen sind), ist dies Probieren nur Ausdruck dessen, dass es garnicht als solches begriffen wird, vielmehr als etwas, das genauso wie ein Kernselbst behandelt werden darf.
Und jetzt müssen wir die von UNS analytisch, begrifflich (und vielleicht auch in unserer eigenen Praxis, als einer experimentellen, nicht mehr normalplanerischen) vollzogene Trennung zwischen Kernselbst und seinen (experimentellen) Erweiterungen soweit rückgängig machen, dass sie uns immer mehr so erscheint, wie sie im Kopf des Normalplaners ausschaut, nämlich zunächst einmal als Nicht-Trennung; was ihm leicht fällt, denn es sind ja DIESELBEN Gefühle fehleingeschätzter Risiko- und Handlungsspielräume, geringerer oder grösserer Belastbarkeiten, Frustration wegen ausbleibender oder „falscher“ Belohnung, in denen sich der Misserfolg einer bestimmten Normalpraxis, also der Reproduktion eines erweiterten Kernselbst MIT SICH, zeigt, wie diejenigen, in denen sich fehlschlagende Reproduktion eines reinen Kernselbst ausdrückt. Umgekehrt: Seine Antwort auf die drei Fragen: Was darf ich, was brauch ich, und was muss ich daFÜR tun? wird vom Normalplaner implizit unter Voraussetzung DIESER seiner Normal-Umstände, -Tätigkeiten, -Anforderungen, -Aussichten gegeben – Voraussetzungen, die er ebensogut kennt, wie jeder von uns (er eingeschlossen) „sich selbst“ kennen – nämlich grundsätzlich gut; wobei kleinere oder grössere Überraschungen vorkommen, die uns zwingen, unser Bild von uns, also unserem umsetzbaren Wollenkönnen und den objektiven und subjektiven Anforderungen zu vervollständigen und zu differenzieren; so wie die Überraschungen der Normalpraxis sie vervollständigen und differenzieren.

216.
Die letzte Formulierung zeigt: Noch nicht einmal die „Gelenkstelle“, die „doppelte“ Weise zu reagieren, wird vom Normalplaner so aufgefasst; der Normalplaner, in einem gewissen Sinn, redet eigentlich immer von der SELBEN Normalität (wie von einem Selbst); was ihm zustossen kann, sind eben allenfalls „kleinere oder grössere Überraschungen, die (sein) Bild von (DIESER, einen Normalität), also (DEM in seiner Umgebung maximal erfolgreich und verlässlich) umsetzbaren Wollenkönnen und den objektiven und subjektiven Anforderungen (daFÜR) vervollständigen und differenzieren“. Würden wir ihm sagen: „Aber daFÜR musst du doch ständig Weltteile deinem Selbst hinzufügen oder wegnehmen!“, müsste seine Entgegnung, wenn überhaupt, lauten: „Aber nicht ICH tue es – es selbst erweist sich doch, durch Erfahrung, als zugehörig oder nicht; oder besser: Normalität (oder ihre Beschaffenheit) erweist sich eben als SO, und nicht wie es zuvor geschienen hatte; ich muss mich doch nach der Realität richten!“
Er versteht nicht einmal unseren Einwand: Er MACHT die Trennung nicht in ein ALLES überdauerndes (Kern)Selbst, und dessen Erweiterungen; er müsste denken, was er grundsätzlich nicht denkt, um uns überhaupt zu verstehen. – Warum denkt er „es“ grundsätzlich nicht – was ist es, das er nicht denkt? Wir hatten ähnliches bereits in 198: „WIR würden hinzusetzen: Bis zur nächsten (Korrektur); aber genau diesen Schritt macht der Normalplaner nicht mit: Er RECHNET nicht mit einer demnächst sich zeigenden Korrektur-Bedürftigkeit (usw.)“. Und wenn wir ganz genau sind: Dann ist das exakt die Einstellung, die selbst wir noch unserem Kernselbst gegenüber einnehmen; denn wir lassen uns sehr wohl auf Dauer korrigieren, wo ein Parameter (Fähigkeit, Anforderung, Bedürfnis) der Kernselbstreproduktion („SICH MIT SICH“) uns nur unvollständig bekannt war: Wir dürfen ja, für unser minimales Suboptimum, nicht voraussetzen, dass wir bereits jetzt unser Kernselbst empirisch ganz ausgelotet haben – allenfalls, WIE wir es ausloten WÜRDEN, WAS für Erkenntnisse wir als Korrekturen akzeptieren würden (worauf sie sich erstrecken: Fähigkeiten, Anforderungen, Bedürfnisse – als Kategorien sind sie vorab definiert, dh. wir WISSEN, wann wir einen Parameter dieser Art, oder differenzierte Version eines bereits bekannten Parameters dieser Art, vor uns haben); aber bis dahin müssen wir der Minimal-Suboptimal-Erwartung (im Rahmen gleich welcher übergeordneten Optimalhypothese, ansonsten) unser gegenwärtiges Wissen um das, was unser Kernselbst ausmacht, zugrundelegen, und hoffen dürfen (das gehört zu dieser Erwartung hinzu), dass unsere durch später hinzukommende Erfahrung zu korrigierende, gegenwärtige Unkenntnis hinsichtlich der Beschaffenheit unseres Kernselbst sich nicht VERNICHTEND auswirken wird (vgl. die 2.Hypothese!).
Und genau so redet der Normalplaner von seiner (jeweiligen) Ausgangspraxis…

217.
Also was darf er, braucht er, muss er daFÜR tun?  Er trägt seine Normalität wie ein Kostüm oder einen Anzug, mit weit ausgreifenden, seine Handlungen verlängernden Auswüchsen: Nichtsdestotrotz „bedient“ er diesen, ihm auf den Leib geschneiderten Apparat mit diesen seinen Handlungen, und durch sie erst verleiht er den Auswüchsen (Mitteln, Verfahren) Leben, als wären es Organe und Glieder seines eigenen Leibes, ihre Bewegungen und Wirkungen unmittelbar seine. Und wie wir sahen, wird er dies Kostüm, diese Be- und Einkleidung seines Handlungsspielraums nicht einfach so wechseln, allenfalls modifizieren und abwandeln.
Er bewegt sich im Innern dieses Kleides; die Gefühls-Parameter, um den Apparat um ihn herum zu bedienen, der doch nur eine Verlängerung seiner Körperglieder ist, sind immer noch dieselben wie die bei einfacher Bewegung und Anstrengung dieser Glieder selbst: Sie selbst sind es ja auch, die den Apparat seine Effekte erzielen lassen.
Aber, so wie eine gewichtige Hülle um unsere Glieder deren Bewegungen schwerfälliger macht, und in unseren Krafteinsätzen berücksichtigt werden muss (auch das Umgekehrte könnte einmal stattfinden: Kleine Bewegungsausschläge haben weitreichende Folgen!) – so auch die produktiven Erweiterungen unseres Handlungsspielraums, die in ihrer Gesamtheit unsere gegenwärtige Praxis ausmachen. Was man dann, unter DIESEN Umständen, be- und eingekleidet mit DIESEN Hilfsmitteln, Techniken, Verfahren, darf, braucht, können muss: Das wird irgendwie eine Modifikation des Dürfens, Brauchens, Können-Müssens sein, das… – wie sollen wir das jetzt ausdrücken? Als ob es ein absolutes Referenz-Muster für quasi „reines“ Dürfen, Brauchen, Können-Müssen gäbe? Gewiss – es gibt (ihrerseits verschiebliche!) Grenzen, für ALLES Dürfen, Brauchen, Können-Müssen unter verschiedenen Umständen; aber wir hatten doch gerade festgestellt, dass ein Normalplaner sich zu dieser Verschiedenheit, dieser Abwandelbarkeit der Umstände nicht verhält. Es GIBT also aus seiner Sicht überhaupt nur DIESE, bereits eingekleideten Parameter, und ihre Abwandlung aus dieser ihrer bereits eingekleideten Gestalt (wieviel man auch, aus dieser Situation heraus, an der Einkleidung ändern mag!); und so wird es, durch alle Änderungen hindurch (zu denen er sich eben NICHT als solchen verhält!), bleiben.
Die Frage wird sich immer und für alle immer wieder zu stellen, sie KANN garnicht anders gestellt werden: Dinge welcher Art, Handlungen welcher Art gelingen wie leicht? Ich kenne die Parameter, deren Beschaffenheit die Antwort liefern müsste, nicht genug (beim Kernselbst ist es nicht anders!); irgendwie muss ich anfangen, mich auf vorhandene Praktiken verlassen, bis modifizierende Erfahrungen anderes nahelegen, vielleicht verzweigt, nach Bedingungen. Und ebenso für die beiden anderen Fragen: Randbedingungen welcher Art braucht man jeweils? Was muss man (vorausschauend) daFÜR tun? Und nicht nur, dass diese drei Fragen innig verwobene Antworten erforderlich machen – diese Verwobenheit gilt auch noch für alle denkbaren Abwandlungen, Abwandlungs-REIHEN (entlang gewissen Ähnlichkeits-Rangskalen…); es ist meist mehr oder weniger die GESAMTE Praxis, die sich bei Eingriffen ändert (vgl. Ende 122 und früher); die Fragen können also noch nicht einmal unabhängig voneinander, oder gar unabhängig voneinander für einzelne Praxis-Gebiete, beantwortet werden. Zumal ich die unerwarteten Fern-Auswirkungen von Eingriffen an EINER Stelle oft erst später bemerke (WENN es denn solche Auswirkungen waren: Was war zuvor? Wann ist es erstmal aufgetreten? In wie engem Zusammenhang mit dem Eingriff – könnte es eine Wirkung davon sein? Kann es damit zusammenhängen? usw.)
ALS Fragen (womöglich unbeantwortet und derzeit unbeantwortbar) lege ich mir diese Probleme im vorhinein aber bloss vor, wenn ich mit Änderungen im voraus rechne; und das werde ich nur im Rahmen einer vorsichtig-experimentellen Kernselbst-Reproduktion tun.
Nichts ist Normalplanern fremder, als „im voraus“ und und ohne Anlass sich etwas wie „derzeit unbeantwortbare Fragen“ vorzulegen…