1.
Was wir in Abs. 6/16 bereits kurz angedeutet haben, stellt sich im Detail so dar:
In dem allgemeinen Praxis-Schema S-H-E soll der Rahmenwert-Erwartungs-Anteil (es handelt sich um Erwartungen bezüglich Erfolg und Misserfolg, Übereinstimmung der Welt mit unseren Interessen) innerhalb immer engerer Grenzen, eventuell gebunden an eine überschaubare, empirisch allmählich ermittelbare Zahl von Bedingungen, konstant bleiben. Er soll konstant bleiben auch in einer in sich durchaus erweiterungsfähigen, endgültigen Normalpraxis: Auch innovatives Fortschreiten, innerhalb der „gelernten“ Erwartungsgrenzen, soll darin möglich sein; ebenso sind Beschädigungen der Reproduktion, und Reparaturen, auf Basis vorgängigen Versuchens, vorgesehen: freilich ebenfalls nur noch im festliegenden Erwartungsrahmen.
Wodurch müssten wir dieses Verhalten der Welt erklären, wenn sich unsere Erfahrung tatsächlich auf einen solchen Zustand zu, oder ab einem bestimmten Wissenshorizont von uns IN ihm bewegte?
Die Erwartungswerte, die hier festgeschrieben werden, sind auf beliebige Situationen übertragbare Qualitäts- und Mass-Begriffe: Was es heisst, soundso riskant, lohnend, oder wissenswert zu sein, muss (nach der hier zugrundegelegten Logik der Normalplaner) zunächst aus längeren Reihen UNTERSCHIEDLICHER Fälle erschliessbar, und ab dann auf beliebig verlängerbare (bis zur nächsten Abänderung; nach entsprechender Konvergenz auch überhaupt nicht mehr veränderte) Reihen zukünftiger, ebenfalls unterschiedlicher Fälle übertragbar sein.
Dass wir durch KEINE zukünftige Situation, und durch KEINE künftige (Versuchs)Handlung im Rahmen der Optimal-, Risiko- und Wissenserwerbs-Erwartungen der (end)gültigen Normalpraxis mehr überraschbar sein sollen: das ist nur möglich, wenn alles an diesen Situationen oder Handlungen, was andere als die erwarteten Masse an Erfolg und Misserfolg bewirken könnte (nach allem, was wir über Wirkungen wissen), entweder nicht mehr vorkommt (bestimmte Situationen oder Effekte bleiben aus); oder ohne verändernde Auswirkung in den relevanten, nämlich Erfolgshinsichten bleibt.
2.
Richtig einzuordnen ist diese Unterstellung aber erst, wenn man sich besinnt auf die „Bedingungen der Möglichkeit“, unter denen allein man sich als Normalplaner über immer besser angepasste Zwischenstufen auf die endgültigen Rahmenwerte zuarbeiten kann: Nach allem, was wir darüber gesagt hatten, kann ein Rahmenwert sich nur dann als anders erweisen als ursprünglich angenommen, wenn zuvor auf der Ebene der Mittel und (Versuchs)Handlungen etwas unerwartet besser oder schlechter gekommen ist, als erwartet, und sich dieser Effekt auch auf der Ebene der kombinierten und in dieser Kombination nicht durch bekannte technische Verfahren kontrollierbaren (guten oder schlechten) Randbedingungen und Ungewissheiten nicht neutralisieren lässt – oder aber ein vergleichbarer Effekt ist auf dieser mittleren Ebene gleich selbst entstanden. Beides aber, die technischen Handlungen auf der unteren, die komplexen Randbedingungs-Kombinationen (und in diesem Sinn: Situationen) der mittleren Ebene, müssen nachweislich unerwartete Verläufe genommen, oder nachweislich unerwartete Effekte gezeitigt haben, damit dies „nach oben (auf die oberste Ebene) durchschlagen“ und dort als Indiz für einen anderen Rahmenwert als den angenommenen dienen kann. Umgekehrt gesagt: Ich darf unerwartete Verläufe auf dieser obersten Ebene nicht mit erwartbaren Folgen von technischen (Versuchs)Handlungen auf der unteren, oder Situations- und kombinierten (ungewissen) Randbedingungs-Verläufen (etwa Schwankungen innerhalb bekannter Grenzen) auf der mittleren Ebene erklären können, auf die ich eingestellt war oder von meinem Wissen-wie auf diesen Ebenen hätte eingestellt sein sollen.
3.
Noch weniger darf ich unerwartete Erfolge und Misserfolge mit fehlendem Wissen-wie auf diesen Ebenen erklären können, wenn ich am Ende falsch bestimmte Werte der Rahmenebene dafür verantwortlich mache. – Dieser Punkt ist wichtig. Denn damit behaupte ich, entweder: Da ist nichts mehr, was (durch Versuchen oder verlängerte Beobachtung) an Sachverhalten zu ermitteln wäre – alles überhaupt für die jeweilige Situation zu wissende war bekannt, lag zutage; oder, es war für die Effekte, die über unerwarteten Erfolg und Misserfolg bestimmten, nicht relevant, hatte keine Auswirkungen darauf. Und genau das ist es, was, wie wir sahen, im Endzustand der „richtigen“, (weil nicht mehr überraschend anders ausfallen könnenden) Rahmenwerte, gleich für ALLES nachfolgend Neue gelten sollte (sofern es „an sich“ geeignet wäre, den Rahmenwerten widersprechende Effekte zu erzeugen): entweder, es kommt nicht vor; oder, es darf nicht zur Erklärung herangezogen werden, weil es keinen Einfluss hat, nicht erfolgs- oder misserfolgsrelevant, also relevant für die auf Erfolg und Vermeidung von Misserfolg zielenden Handlungen ist. (Dass kein Neues dieser Art vorkommt, heisst nicht, dass sich alles so wiederholt, wie es war – in der endgültigen Normalpraxis soll ja sogar noch Lernen und Fortschreiten möglich sein; der Ausdruck „Neues“ bezieht sich hier im übrigen auch nicht auf Einzelsituationen und Einzelverläufe, sondern ihre Klassifikation: Es wird sich nichts ereignen, was sich nicht im Sinne der bisherigen Klassen von handlungsrelevanten Bedingungen und (Versuchs)Handlungen einordnen lässt; die Klassifikation ist erschöpfend, man weiss zu jeder Situation „einer Art“, Handlungen „welcher Art“ darin angebracht sind.)
Zwar lassen wir, sowohl für den Endzustand, als auch zuvor, Erklärungen von der Art zu, dass suboptimale oder ausgebliebene Erfolge durch UNTERLASSUNGEN oder AUSBLEIBEN des offenkundig Nötigen hervorgerufen wurden. Aber reproduktives und produktives Handeln im verlässlichen Rahmen der unteren Ebene, und schwankende Verläufe nicht kontrollierbarer Summenparameter und unvorhersehbarer Randbedingungen auf der mittleren, gelten in diesem Erklärungsmodus nur als notwendige Bedingungen – Bedingungen, ohne die allerdings der erwünschte und vom Rahmenwert her mögliche Erfolg nicht, oder nicht im gewünschten Ausmass, und nicht mit den bekannten Ressourcen, eintreten kann.
Die Entdeckung, ganz gleich, wie sie zustandegekommen ist, dass man DURCH soundso verbessertes Handeln, bezogen auf dieunddie Randbedingungen, einen reproduktiven ERFOLG vervielfachen könnte, oder einen Misserfolg nicht vermeiden kann, ist dann gleichbedeutend mit der Entdeckung (wenn sie nicht noch anderweitig „neutralisiert“ wird), dass ein Rahmenwert anders war, als man dachte; vor allem dann, wenn diese Entdeckung VERSPÄTET kommt, und sich diese Verspätung als VERSÄUMNIS deuten lässt.
4.
Jeder den Rahmenwert sprengende Zuwachs an Wissen-wie (=(miss)erfolgs-beeinflussend handlungsrelevantes, also wirksames Neues), spätestens jede gleichsinnige Folge solcher Zuwächse („Überraschungen“), vor allem, wenn sie als Versäumnisse (zu grosse Bescheidenheit oder Vorsicht der bisherigen Planung, zu wenig oder viel Wissensorientierung) deutbar sind und zur Anpassung des Rahmenwertes nötigen, steht somit nicht einfach für sich selbst, sondern ist ein empirisches Datum zur Erkenntnis der „gültigen“ Rahmenwerte. („Gültige“ Rahmenwerte dürfen „objektiv“ schwanken; es sollten sich dann aber, mit zunehmender Erfahrung, Anzeichen ermitteln lassen dafür, welches der zu einem Zeitpunkt gültige Rahmenwert ist.)
Zuwächse an Wissen-wie(-nicht) (gleich, ob sie mit einer Rahmenwert-Veränderung einhergehen, oder unter gleichbleibenden Rahmenerwartungen stattfinden) sind aber immer Zuwächse an planungs-relevantem, positivem Rezept-Wissen(-wie), nämlich Vorschriften für Handlungen auf der unteren, und Erwartungen auf der mittleren Ebene, in DEM Sinn, dass dadurch der Bereich des Notwendigen ausgeweitet und ausdifferenziert wird, ohne dessen Umsetzung und Beachtung beim Planen die Optionen des gültigen Rahmenwertes nicht, oder nicht maximal ausgeschöpft werden können. Wenn und sofern erlebte Verläufe und neugemachte (Versuchs)Handlungen und ihre Resultate auf der unteren oder mittleren Ebene Überraschungen auf der obersten Ebene der Rahmenwerte mit sich bringen, dann NUR, WEIL sich – der Denkweise des Normalplaners zufolge – daran ein Abweichen des vermuteten von einem eigentlichen (unter Umständen spätestens durch einen Situationsbestandteil bedingten) objektiven Rahmenwert ZEIGT.
Genauer: Es zeigt sich daran, dass die Art, wie wir unser Ressourcen-Budget aufgeteilt haben, die objektiv gebotene, optimale Art in einem bestimmten Mass, und in einer der drei Rahmenwert-Dimensionen, über- oder unterschritten hat, so, dass wir daraus das Mass der nötigen Korrektur ermitteln können.
5.
Der Skandal, den wir bereits in Abs. 6/16 irgendwie ausdrücken wollten, besteht dann in folgendem: Wenn die Konvergenz-Hypothese des Normalplanens NICHT falsifiziert wird, sollen wir erwarten, dass (spätestens nach entsprechenden Überraschungen, die auch mit Rahmenwert-Änderungen einhergingen) verlässliche und berechenbare situative Dispositionen für bestimmte Summen-Verläufe oder Verläufe bei Ungewissheit auf der mittleren Ebene, und Profile und kausale Dispositionen technischer Anwendungen auf der untersten Ebene, solang sie in einem Nicht-Rahmenwert-konformen, also irgendwann überraschbaren Plan auftauchen, so, wie sie sind, vorkommen und ihre Einflüsse auf Erfolge und Misserfolge in nachvollziehbarer Weise entfalten dürfen – derart, dass man den überraschenden Effekt, der zur Verbesserung eines Rahmenwerts führte, im Rückblick völlig mit ihrem „normalen“ Funktionieren (das dann im Rahmen der fehlerhaften, weil zu optimistischen oder pessimistischen Planung zu einem versäumnis-haften Zurückbleiben hinter Möglichkeiten der Schadensabwehr oder des Fortschritts oder Wissenserwerbs führte) erklären kann. Genau so, wie man auch die Tatsache des Zusammenpassens von Rahmenwert-Erwartungen und Verlauf durch Nutzung dieser Prognose- und Wirkinstrumente der beiden unteren Ebenen „im Rahmen“ einer mit dem tatsächlichen, objektiv „richtigen“ Rahmenwert konformen Planung eben dadurch „erklärlich“ finden kann – es wurde eben mit dem zu Erwartenden gerechnet, das dafür Nötige getan, und nicht unterlassen – kein Wunder, dass es Rahmenwert-konforme Resultate zeitigt.
Aber sobald (der Konvergenz-Hypothese zufolge) der objektiv richtige Rahmenwert der Planung zugrundegelegt wird, kann es dann keine Abweichung vom erwarteten Verlauf mehr geben, selbst wenn neue Kombinationen von Randbedingungen, Dispositionen und Verfahren (wie sie freilich nur in einer Nicht-Rahmenwert-konformen Planung auftauchen könnten) eine solche Abweichung eigentlich bewirken müssten.
6.
Genau DAS musste aber stattfinden, damit wir auf die Abweichung unserer falschen Rahmenwerte von den objektiven aufmerksam werden konnten: INDEM die „richtigen“ Rahmenwerte in der Welt dafür sorgten, dass die von uns im Rahmen der nonkonformen Planung genutzten Randbedingungen, Dispositionen, Verfahren ihre (im Nachhinein voll erklärlichen) Wirkungen, allerdings in einer uns überraschenden Weise, hervorbrachten (Wirkungen, die uns nicht überrascht hätten, wenn wir richtige, dh. Rahmenwert-konforme Erwartungen gehabt hätten, und genau darum die betreffende Ressourcen-Aufteilung, die zu dem manifesten Versäumnis führte, garnicht erst so vorgenommen hätten), sorgten sie ZUGLEICH dafür, dass uns unsere fehlerhafte Planungsart und das Ausmass der Abweichung der dabei genutzten Rahmenwerte von den „richtigen“ bewusst wurde. Zu diesem Zeitpunkt mussten wir ja auch noch überrascht werden, und die von uns angenommenen Rahmenwerte „überraschbar“ sein, weil sie nicht die richtigen waren; hingegen, wenn unsere Rahmenwerte endlich mit den objektiv richtigen und gebotenen zusammenfielen, würde dafür gesorgt sein, dass
a) keine Überforderungen (falls wir „zurecht“ optimistischer sind als früher) oder Unterforderungen (falls „zurecht“ pessimistischer) mehr stattfinden, selbst wenn sie aufgrund neugefundenden Wirk-Wissens, ja selbst nur neu-kombinierter altbewährter Techniken, eigentlich eintreffen (genauer: durch unser Tun herbeizuführen sein) müssten:
Etwas sollte „eigentlich“ nicht gelingen können, tut es aber doch – wir sind einfach nicht überforderbar; etwas müsste zwar an sich zu schaffen sein, wir verzichten aber darauf, und, wie sich herausstellt, zahlt sich genau das aus – wir haben uns DOCH nicht unterfordert, irgendwoher kommt etwas, das die zurückgehaltenen Ressourcen dann doch noch aufbraucht usw. Diese Techniken müssten also, je nachdem, in welchem Plan sie zu Neu-Kombinationen zusammentreten – in einem noch überraschbaren (was für das Lernen auch auf der Rahmenebene vorausgesetzt ist), oder in einem nicht mehr überraschbaren – ALLEIN DADURCH unterschiedliche Effekte haben (und durch die Verlässlichkeit dieser Effekte, quasi auch veränderte Profile, nämlich im späteren Fall solche, die in der Summenwirkung verlässlich mit den Rahmenwerten kompatible Effekte erzeugen) – ohne, dass sich sonst etwas ändert.
Und genauso für Prognosen und prognostizierbare Verläufe (zusammengefasst im entscheidungsrelevanten Wissen-wie der Bereichsebene):
7.
b) Für all jene Arten von neuen, vor allem präziseren und differenzierteren Inhalten unseres (Bereichs-)Wissens-wie hinsichtlich Randbedingungs-Ereignissen (Schwankungsbreiten, Häufungen, Anzeichen, Ausmass und Qualität usw.), die zuvor im Zusammenhang auftraten mit der überraschenden Entdeckung einer ungünstigen oder günstigen Rahmenwert-Abweichung (die einen überraschenden Misserfolg oder Erfolg darstellte, der im Rückblick mit den dabei entdeckten und später nutzbringend verwerteten Wissen-wie-Inhalten ERKLÄRT werden konnte), gibt es NACH der erzielten Übereinstimmung der von uns zugrundegelegten mit den „richtigen“ Rahmenwerten weder eine Möglichkeit mehr, wie sie entdeckt werden könnten – noch eine Notwendigkeit: schliesslich brauchen wir ja die äusseren Ursachen der Schäden oder Glücksfälle, mit deren Eintreffen wir ab dann rechnen, nicht im einzelnen zu kennen, solang sich beide in genau der Reihenfolge und mit den Summenwirkungen ereignen, dass sie hinsichtlich unserer Gesamtressourcen zum jeweiligen Zeitpunkt exakt die von der Rahmenebene her erwarteten Verbrauchseffekte (weder unterfordernd, noch überfordernd) ausüben.
Soweit sich aus dem voraufgehenden Lernprozess hinsichtlich der Rahmenwerte anlässlich der dort noch stattfindenden Überraschungen prognostisches (Bereichs-)Wissen-wie ergibt, kann es zerlegt werden: In einen Anteil, der auch im Rahmen des regulären Wissenserwerbs im Rahmen der definitiven Optimal-Praxis erworben werden kann (oder könnte); und einen eigentlich überflüssigen, von dem man, dank korrekter Rahmen-Planung, keinen Gebrauch mehr wird machen müssen.
Sollten sich nämlich aus dem während der Überraschbarkeits-Phase gewonnenen Wissen Erwartungen erschliessen lassen, die andre als die Optimal-Praxis-Rahmenerwartungen zu haben nahelegen, würden diese erschlossenen Erwartungen ihre Gültigkeit verlieren (alle dabei unterstellten Auswirkungen auf Erfolg und Misserfolg jenseits der Optimalpraxis-Rahmenerwartungen werden dann nämlich durch rechtzeitig eintretende Gegen-Effekte (die man im einzelnen nicht kennen muss, Hauptsache, man ist darauf eingerichtet) neutralisiert werden.
Wie im Fall a) bei den Techniken, hätten bei den Bereichs-Erwartungen dieselben Effekte in der Lernphase so noch nicht auftreten dürfen, weil wir sonst die Falschheit unserer damaligen Rahmenwerte, und das Ausmass ihrer Entfernung von den richtigen, nicht hätten erkennen können.
8.
In der Lernphase entspricht jeder Überraschung im quantitativen Sinn auf der Rahmenebene immer auch eine dazu passend qualitative auf der Bereichs- oder technischen Ebene (wenn man eine (neue!) Erklärung dafür hat…); nach erfolgreicher Konvergenz hingegen ist der Rahmen-Erwartungswert von jeder besonderen ART seiner Erfüllung abgekoppelt: Genau darin besteht ja der Lernerfolg von Konvergenz (auch schon der relative Lernerfolg von Konvergenz auf engere Grenzen als zuvor, verringerte Überraschbarkeit insgesamt). Fixierung der Rahmenwerte kann nur so gedacht werden, dass die Welt uns IRGENDEINE dazu qualitativ passende (sie realisierende, oder „erklärende“) Summen-Entwicklung (günstiger oder ungünstiger Art) bieten wird – vorausgesetzt, wir bleiben mit unserem Handeln im Rahmen dessen, was wir aufgrund unserer jeweiligen Vor-Erfahrung über zu beachtende komplexe Randbedingungen für Erfolg und Misserfolg auf der Bereichs- und technischen Ebene wissen (und wie wir deshalb dort zu entscheiden haben) – diese Voraussetzung erfüllt, ist es für die die Rahmenwerte umsetzenden Summen-Effekte gleich, was wir auf diesen untergeordneten Ebenen noch dazulernen (Innovation, im fixierten Rahmen der zuletzt bei Konvergenz erreichten Optimalpraxis, soll ja weiterhin möglich sein): Irgendwann jedenfalls werden wir nicht oder kaum mehr überraschbar zu sein.
Die Paradoxien a) und b) eben beruhen somit auf der Tatsache, dass der Normalplaner durch gedankliche Abkoppelung der SPEZIFISCHEN Gründe für die globalen Erfolgs- und Misserfolgseffekte im Sinne der Rahmenerwartungen (der getäuschten ebenso wie der bestätigten) die qualitativen Lerneffekte auf Bereichs- und technischer Ebene, und die Zuwächse an Kontroll- und Prognose-Fähigkeit, die sich dabei ergeben, für letztlich belanglos erklärt: Sie stellen im Erfolgsfall immer nur notwendige Bedingungen, im Misserfolgsfall immer hinreichende Ursachen für den Endeffekt dar, der den erwarteten Rahmenwert (innerhalb des Spielraums, worin er noch schanken kann) realisiert. Die Entdeckung der im Lauf des Lernprozesses sich ereignenden, und in diesem Prozess notgedrungen noch „überraschenden“ Fälle dieser Art hätte nach dieser Logik auch gleich unterbleiben können, wenn wir zufällig die richtigen Rahmen-Werte von Anfang an unserm Entscheiden zugrundegelegt hätten – die Überraschungen dienen in diesem Fall nur noch als Lehr- und Demonstrations-Material, auf dessen Besonderheit im einzelnen es garnicht ankam, um die „Richtigkeit“ des zufällig richtigen Anfangs zu ermitteln.
9.
Das Entwerten von Lernvorgängen auf den DADURCH-DASS-Ebenen gilt auch in der andern Richtung – die Paradoxien a) und b) haben zwei Pendants a’) und b’) NACH Erreichen der richtigen Rahmenwerte: Es sollen sich dann nämlich die Rahmen-Erwartungen „irgendwie“ bestätigen, und zwar durchgehend, auch ohne dass wir über das dazu passende oder daFÜR benötigte qualitative Prognose- und Wirk-Wissen-wie in seiner Gesamtheit verfügen. UNSPEZIFISCHES Gefasst-sein-auf Schäden oder glückliche Entwicklungen in dem erwarteten Ausmass reicht völlig; es kann sich dann, im qualitativen Sinn, bloss um Schäden oder Glücksfälle handeln, auf die man nicht vorbereitet sein, sondern mit denen man den angemessenen Umgang immer noch rechtzeitig wird lernen können, wenn sie eingetroffen sind.
Man beachte, dass die Paradoxien a) und b) bzw. a’) und b’) implizite Unterstellungen über die WELT darstellen – Unterstellungen, die im Fall des ersten Paradoxien-Paars darauf hinauslaufen, dass man bei Gelegenheit von Überraschungen (wann eigentlich, unter den Vorgaben des Normalplaners, sonst?) soviel lernen kann, wie man will – die Welt wird alles, was sich daraus an Wirk-Optionen und Prognosen ergibt, konterkarieren, sobald es die „richtigen“ Rahmenwerte überschreitet; allerdings erst dann, wenn und im Mass, wie wir diese Werte haben. Und: Die Welt wird uns schonenderweise die Konfrontation mit solchen Schadens- und Glücksfällen ersparen, auf die zweckmässig reagieren zu können voraussetzt, qualitative Erwartungen bereits im vorhinein zu haben und spezifische Vorbereitungen zu treffen; allerdings auch dies erst dann, wenn und im Mass, wie wir die richtigen Rahmenwerte haben.
Die Welt, die von dem Normalplaner hier, unklar aus welchen Motiven genau, implizit vorläufig für seine Praxis vorausgesetzt wird, ist in einem Sinn eine durchaus komfortable. Sämtliche Versäumnisrisiken (und nichts fürchtet der Normalplaner mehr, als in seiner Planung etwas, das an Nutzbringendem zu erreichen oder auch an Schädlichem vermeiden möglich wäre, ohne Not zu unterlassen) beruhen einzig auf fehlgeschätzten Rahmenerwartungen; was sich freilich (weil die überraschenden Abweichungen zugleich Richtung und Ausmass für die Korrektur abzuschätzen gestatten) in absehbarer Zeit beheben lässt. Der kurzen Lern- und Anpassungsphase steht dann ein unbefristet offener Zeitraum (gewissermassen: der ganze Rest der „Geschichte“) gegenüber, in dem unsere Budget-Kalkulationen, soweit sie auf Erwartungen beruhen, immer aufgehen werden. (Genau das unterstellt die Konvergenz-Hypothese.)
10.
Der Normalplaner muss auf der Rahmenebene Entscheidungen treffen – er MUSS sich auf Werte festlegen. Würde er durchgängig die Abhängigkeit der Werte der Rahmenebene von solchen der beiden untergeordneten Ebenen unterstellen, müsste er zugeben, dass er – mangels Wissen auf diesen Ebenen oder mangels Berechenbarkeit der Welt – auf weite Strecken überhaupt keine Rahmen-Erwartungen haben darf. Da er sich aber im Verplanen seines Gesamt-Budgets festlegen muss, wird er die Abhängigkeit in allen Fällen von Ungewissheit ignorieren; wo Ungewissheit oder Unwissen in überraschender Weise reduziert werden, dürfen die Lern-Effekte, die sich daraus für die Werte der Rahmenebene zu ergeben scheinen, nicht ungenutzt bleiben; soweit also aus der Abhängigkeit zu lernen ist, gibt er sie zu, soweit nicht, glaubt er sie ignorieren zu dürfen. Je erfolgreicher dies Lernen hinsichtlich der Rahmenwerte aber aus Sicht der Konvergenz-Hypothese ausfällt, desto mehr müsste auch dies Ignorieren-Dürfen ausgedehnt werden; im Idealfall der Konvergenz der Rahmenwerte darf dann kein Lernen von Fakten auf untergeordneten Ebenen mehr stattfinden, das hinsichtlich seiner günstigen oder ungünstigen Effekte die von den endgültig fixierten Werten der Rahmenebene gesetzten Grenzen überschreitet – dies Lernen kann, genau darum, dann auch unterbleiben..
Dieselbe Gleichgültigkeit gegen das WIE der Umsetzung und Realisierung („irgendwie wird es schon gehen: gutgehen; oder: irgendein Pech wird schon dazwischenkommen“), die sich in so paradoxer Weise im lernend angestrebten End- und Idealzustand endgültig konvergierter Rahmenwerte zeigt, liegt allerdings bereits jeder Abänderung und Neu-Festsetzung „ab jetzt, bis auf weiteres, für alle ab jetzt stattfindenden Plan-Verläufe“ zugrunde. Entweder, indem gleichsinnige Rahmenwert-Abweichungen verschiedenster Plan-Abteilungen verglichen werden; oder, indem ein einziges, aber dafür besonders beeindruckendes Ausnahme-Ereignis, angemessen verallgemeinert, die zukünftige Orientierung des gesamten Planens in „solchen“ Fällen beeinflussen soll; oder sogar, indem positiv oder negativ bestätigende qualitative Ursachen und Einflussgrössen auf globalen Erfolg und Misserfolg der unterschiedlichsten Art miteinander aufgerechnet werden, und ein vom bisherigen abweichender Summenwert, wenn darin eine Richtung deutlich in einer das bisherige Mass überschreitenden Weise überwiegt, als der ab dann massgebliche gelten soll.
11.
Dahinter steht die Notwendigkeit, in all diesen (technisch, oder von den Randbedingungen her) qualitativ unterschiedlichen Situationen ein und dasselbe (wiederkehrende, u.U. auch quantitativ erweiterte) Budget an Basis-Ressourcen immer wieder neu aufzuteilen, so dass diese Aufteilung den wechselnden Situationen gerecht wird. Und das, ganz gleich, wie wenig der Normalplaner über die Synergien seiner Aktivitäten untereinander und mit den komplexen Randbedingungen und ihren Verkettungen weiss. Nichts aber, ausser seiner Denkweise, zwingt ihn, diese logischen und praktischen Notwendigkeiten seines Planens, ebenso wie die Strukturen dieses Plans, auf die Welt zu projizieren, und zu erwarten, dass er dort auf eine die einzelnen Abteilungen seines Plans und deren logische (Begründungs-)Beziehungen untereinander exakt abbildende Parallel-Struktur (aus Begründungs-Beziehungen werden dort kausale) stösst, deren Parameter bzw. Beschaffenheiten er empirisch ermitteln kann. Genau genommen, HAT er diese Erwartung freilich nicht – er verhält sich nur so, oder vielmehr, sein Verhalten impliziert eine Welt, die ihm in den genannten Hinsichten entgegenkommen müsste, wenn dieses sein Verhalten Sinn machen soll. Ein Normalplaner ist Praktiker durch und durch, kein Philosoph und Existenzialontologe oder Theoretiker seiner Praxis, nichts läge ihm ferner. Er praktiziert eben nur seine Lernstrategie unter dem Titel „Lernen aus Erfahrung“, und in ihrem Rahmen das Optimieren der Rahmen-Werte. (Wir werden noch genauer zu untersuchen haben, was, einerseits, wir FÜR UNS an – u.U. ihrerseits problematischen – Voraussetzungen seines Verhaltens entdecken, unter denen es allein Sinn macht, und was wir, andererseits, ihm an tatsächlichen eigenen Gedanken und „Denkweisen“ zuschreiben dürfen oder müssen.)
12.
Sehen wir zu, ob eine Rekonstruktion dieser Art sich auch für die zweite (vgl. Abs. 6/14, b)) implizite „Optimalhypothese“ (oder besser: -Erwartungen) des Normalplanens finden lässt.
Es deutete sich bereits in 5/32 an, worauf diese zweite Erwartung, nichts wirklich Wichtiges mehr versäumen zu können (vor allem nicht im Schlimmen, aber auch nicht im Guten), hinausläuft, nämlich auf eine Parallelität von ökonomisch-reproduktiver und epistemischer Vorrangigkeit; anders gesagt: Je wichtiger etwas in reproduktiver Hinsicht ist, und je mehr wir auf Wissen davon (zB. von Schadensdrohungen) in unserer Planung existenziell angewiesen sind, desto eher wird es uns auch bekannt werden; das WIRKLICH Wichtige wissen wir wahrscheinlich schon, in Gestalt der praktischen (Vorsichts-) Regeln unserer Ausgangs-Normalpraxis, die uns jetzt und in Zukunft bereits in den ALLERwichtigsten Hinsichten schützen. Genau das steckt hinter der Idee (oder umgekehrt hinter der Bestürzung, wenn es noch in der Phase, in der wir die richtigen Rahmenwerte erst richtig bestimmen lernen, dann doch anders kommt): dass uns nichts ganz Schlimmes passieren kann, mit dem wir nicht gerechnet haben – dass es keine Maximal-Glücksoptionen gibt, die wir versäumen können, einfach darum, weil wir darauf nicht vorbereitet waren, und sie nicht erwartet haben. Erfahrungen, die dennoch in diese Richtung weisen, begründen daher Zweifel an unserer Ausgangspraxis als quasi quantitative UND praktisch-qualitative „Matrix“ für die zukünftige Optimierung unserer kombinierten reproduktiven und produktiven Lern- und Wirkpraxis – als grober, aber eben doch in den ALLERwichtigsten Hinsichten bereits angenäherter Schätzwert für die Rahmenwerte, der als solcher zwar verbesserbar, aber auch nicht ganz falsch sein kann – vor allem nicht darin, dass er für seine geschätzten Rahmenwert-Vorgaben auch noch vorläufig gültige Ausführungs-Strategien, natürlich in Gestalt technischer Verfahren, vor allem in Gestalt von Bereichs-Erwartungen und -Entscheidungsmaximen, vorsieht. Diese letzteren sind deshalb so wichtig, weil auf ihrem Feld sich die als Katastrophe empfundenen Versäumnisse abspielen, mit denen rechnen zu müssen die zweite Hypothese (oder Lern-Erwartung, in negativer Hinsicht: Etwas wird sich NICHT ereignen, eine bestimmte Art von (Erfahrungs)Wissen wird sich NICHT einstellen) des Normalplaners für die ihn umgebende Welt bis auf weiteres ausschliesst.
13.
In der Gestalt, die wir eben dieser zweiten fundamentalen Erwartung oder Hypothese der Normalplaner gegeben haben (und die ihr relatives Zutrauen begründet in die endgültige Haltbarkeit ihrer Ausgangspraxis, wenigstens was (unbestimmte) Minimalansprüche betrifft), ergibt sich von selbst, dass hier ein vergleichbarer Fehler, wie im Falle der ersten, nämlich Konvergenz-Erwartung, am Werk sein muss. Aber vielleicht lässt sich aus einer genaueren Betrachtung dieser zweiten Erwartung noch einiges mehr über das Denken des Normalplaners lernen.
Wir sprechen, im Zusammenhang mit dieser zweiten Erwartung, von einem Wissen, das wesentlich mit den Synergien und Verläufen kombinierter Randbedingungen auf der Bereichsebene assoziiert ist. Die Enttäuschung dieser Erwartung findet (wie in 5/31, b) bzw. 5/32 dargestellt) statt in Gestalt von in ihrer Grössenordnung als ungeheuerlich empfundenen, und „so nicht mehr für möglich gehaltenen“ katastrophalen Einbrüchen des Reproduktionsnivaus, seltener auch als ebenso ungeheuerliches, weil nicht wieder gut zu machendes Versäumnis von etwas, das einem möglich gewesen wäre, das aber unterlassen wurde, weshalb man nun von Glücksmöglichkeiten ungeheueren Ausmasses für immer ausgeschlossen ist. Solche Einbrüche oder Versäumnis-Möglichkeiten (der Verfall von Optionen) sind aber im allgemeinen „ereignishafte“ Zuspitzungen oder Überschreitungen eines ansonsten regulären Ereignis-Verlaufs, mit begrenzten Schwankungsbreiten, Zyklen, erwartbar-regulären Verteilungen (Häufungen) von handlungsabhängigen (auf konstellierten Dispositionen beruhenden) und handlungsunabhängigen (spontanen) Ereignissen. Und das Wissen-wie von solchen Verläufen etc. kristallisiert, wie wir bereits mehrfach andeuteten, typischerweise in den Massen der Bedingungsabhängigkeit und Zuverlässigkeit von Summen-Parametern auf der Bereichsebene.
14.
In diesen Massen wiederum kommt diejenige gemeinsame Qualität zum Ausdruck, in der die von der zweiten Hypothese der Normalplaner unterstellte Parallelität von reproduktiver Wichtigkeit und epistemischer Zugänglichkeit oder Wissbarkeit (und Längst-Gewusstheit, in Gestalt der Regeln der Ausgangs-Normalpraxis) wurzelt: nämlich die Gesamt-REGULARITÄT der uns umgebenden Welt.
Der Begriff des Regulären wurde 4/20 eingeführt, wiederholen wir kurz:
Regulär, also musterhaft sich wiederholend Nützliches kann genutzt, regulär drohendes Schädliches abgewehrt werden; beides muss man, um damit zweckmässig umgehen zu können, kennen. Regularität, in beiden Fällen, stellt sich dar als eine (wissbare) Bezogenheit des Auftretens oder Vorhandenseins (oder auch: „Zurhandenseins“) von etwas, auf verstreichende Zeitdauern; sie reicht von schlichter Dauerhaftigkeit (etwa der Geographie) über verschiedene Formen unabwandelbarer klimatischer und biologischer Zyklen und wiederholter Abläufe (die Tages- oder Jahreszeiten, wiederkehrende Bedürfnisse, die Lebensalter; Wanderungen von Tieren) bis hin zu Ereignissen, die „früher oder später“ auftreten können, also zeitliche Schwankungsbreiten ihres Auftretens haben, mit denen aber doch, über kurz oder lang, gerechnet werden darf oder muss – Spezialfälle davon sind (vgl. nochmals 4/20 bzw. 4/3, c) ) die unregelmässigen Verteilungen (eventuell angezeigt durch Anzeichen, oder in Abhängigkeit von Zeiten) von etwas in (durch Schwankungsbreiten begrenzten) Räumen, wo – entsprechende Dichte und Ausdauer der Suche vorausgesetzt, sie mit einer gewissen Regelmässigkeit pro Einheit an für die Suche aufgewandter Zeit gefunden werden können usw.; Vorzeichen können gedeutet werden als Teile von Verlaufsschemata (Anzeichen speziell als Teile eines Such-Verlaufsmusters).
Ganz grob lässt sich das im Begriff des Regulären Angesprochene gleichsetzen mit: Inhalt von unbedingten Erwartungen (Rezepte als daran anknüpfende Handlungsanweisungen). Wie die einleitenden Überlegungen in Kap.1 zeigten, geht Reproduktion von der wiederkehrenden und leider keineswegs nur bedingten Erwartung aus, dass unser Handlungsspielraum gefährdet ist, und unter der Last anwachsender Bedürftigkeit, Schwächung, Verschleiss, Verbrauch, Verfall zusammenbrechen wird, wenn wir nichts unternehmen. Ein Wissen-wie, das nur aus bedingten Handlungsanweisungen bestünde – einem Wissen, WIE zu verfahren, WENN Bestimmtes der Fall wäre, dessen Eintreten aber fraglich ist – ein solches Wissen-wie wäre für Reproduktion schlicht unbrauchbar. Den sicheren und als solchen gewussten Drohungen müssen sichere und als solche gewusste Mittel, Verfahren, hilfreiche Randbedingungen entgegengesetzt werden können: Allem Planen und Entscheiden liegt ein Kern UNBEDINGTER ERWARTUNGEN zugrunde.
15.
Die Tatsache, dass eine Normalpraxis, verstanden als ein System von ineinandergreifenden, sinnvoll aufeinander abgestimmten, auch flexibel auf vorhergesehene Wechsel in den Randbedingungen reagierenden Regeln, überhaupt Reproduktion unbefristet garantiert, ist ein überwältigend starkes Argument FÜR sie und ihre Beibehaltung. Der öfter zitierte Vorrang der Ökonomie der Normalplaner über ihre Epistemologie macht sich, entsprechend der eben angestellten Überlegung, im Zusammenhang mit Wissens-Arten und -Gegenständen, und ihrer Bewertung in einer Rangfolge, bemerkbar als ein absoluter Vorrang der „regulären“, nämlich unbedingten, und als solchen in der Reproduktion als Wissensinhalt dringend benötigten Erwartungen, vor den bedingten; alles Bedingte, vor allem komplexe Durchführungs-Vorschriften für mehrschrittige technische Verfahren (wo die Resultate des jeweils letzten Schrittes Ausgangsbedingungen des anknüpfend nächsten Produktionsschrittes sind), ist letztlich angewiesen auf unbedingte, vorfindliche Ausgangslagen: Ressourcen, Rohstoffe, längst schon vorhandene und von anderswo her in sicherem Vorherwissen des kategorischen Bedarfs bereitgestellte Mittel und Geräte, Randbedingungen, verlässliche Auftretens-Häufigkeiten von Schad- und (besonderen) Nutzumständen (angezeigt, oder nicht), speziell in Gestalt hinreichend zuverlässig und umschrieben situierter (lokalisierbarer, datierbarer), tatsächlich bestehender Dispositionen und Fähigkeiten.
Die seltene Realisierung der Bedingungen bedingter Erwartungen oder luxuriöser, optimaler Ausgangsbedingungen für irgendwelche daran zu knüpfenden, eleganten oder gewagten technischen Kunststücke abwarten zu müssen, ist meist mit Reproduktion unvereinbar: Die knappe und schnell vergehende Zeit bis zum Auftreten der ersten Einbussen an Handlungsfähigkeit muss genutzt werden. Reproduktion muss, um zu gelingen, mit sicher Erwartbarem (aber eben auch Nutzbarem, oder bewältigbar-Schädlichem) rechnen können, auf dessen Vor- oder Zurhandenheit zur rechten Zeit (spätestens „früher oder später“) Verlass ist; sonst beginnt die Abwärtsspirale auf die Grenze der Reproduktivität zu.
16.
Mehrere Dinge kommen hier also zusammen:
a) Auf unser Interesse, nützlich, schädlich, Bezogenes muss
b) (seiner logischen Form nach) unbedingt erwartbar sein, also mit zeitlicher Regularität im oben angeführten Sinn auftreten (sich wiederholen), und
c) dies einigermassen zuverlässig (spätestens zuverlässig bei aktiver Aufrechterhaltung von Randbedingungen durch uns, wobei wir dann aber wieder auf kategorisch erwartbare= regulär „vor- (oder zur-)handene“ Ausgangs-Bedingungen angewiesen sind; und erst in zweiter Linie dann auch auf die Zuverlässigkeit von technischen Regeln oder Gesetzen, die uns sagen, wie wir auf diese Ausgangsbedingungen einwirken müssen, um die relevanten „Randbedingungen“ der Zuverlässigkeit für das erwartbare Nützliche oder Schädliche sicherzustellen (beim Schädlichen vor allem die Bedingungen seiner Vermeidbarkeit; speziell wäre, die Berechenbarkeit eines Schadens gegen ihr Abgleiten in Unberechenbarkeit zu sichern – auch ein produktives Anliegen!);
d) es muss uns, trivialerweise, hinreichend bekannt sein; und
e) durch diese vorgenannten Eigenschaften, Anknüpfungspunkte liefern für eine oder mehrere, mit unseren Mitteln und Ressourcen ausführbare Teilregeln vom Rezepttyp unseres reproduktiven (ev. auch unseres auf Erwartungen beruhenden produktiven) Handelns.
Alle diese Regeln zu einem Zeitpunkt zusammen machen eine Normalpraxis aus.
In der Konvergenzhypothese oben drückte sich eine Notwendigkeit aus, die vom Standpunkt des Normalplaners schlicht unumgehbar ist: Man muss IMMER Erwartungen, genauer: Rahmenerwartungen, nämlich Erwartungen hinsichtlich der Effekte verschiedener Plan-Alternativen für Wiederherstellung oder Erweiterung unserer Fähigkeiten zur Selbst-Erhaltung haben, um planen zu können. In der jetzt behandelten Hypothese steckt etwas Vergleichbares: Man muss IMMER (und „immer, je schon“) hinreichende Erwartungen bezüglich situierbarer Verläufe haben, um daran reproduktiv wirksam damit „synchronisierte“ („rechtzeitig, am rechten Ort“) bedingte technische Handlungsanweisungen anknüpfen zu können. Der Normalplaner RECHNET nicht mit Situationsbestandteilen anderer Art; und das stellt sich ihm als absolute Bedingung der Möglichkeit von Planung seiner Reproduktion dar.
17.
Man könnte nun meinen, diese Erwartungen bezüglich situierbar-unbedingter Umstände seien in ähnlicher Weise in einer Plan-Dimension angesiedelt, wie es von den Erwartungen im Zusammenhang mit der ersten Hypothese behauptet wurde, die mit der Rahmen-Ebene zusammenhingen. Tatsächlich hatten wir (Abs. 13 Ende) die zweite Hypothese mit der Bereichs-Ebene des Entscheidens assoziiert: Komplexe Randbedingungen erfordern unterschiedliche Reaktionen, wir müssen unser Budget entsprechend flexibel aufteilen (bei den Entscheidungen auf der Rahmenebene ging es um die Begrenztheit und Knappheit des Gesamt-Budgets, hier hingegen um seine situationsgerechte Verteilung auf aktuelle Teil-Bereiche der Reproduktion – Chancen nutzend, Risiken ausschaltend, die eben nur in EINEM dieser Bereiche gerade aktuell sind, und entsprechende Prioritätensetzungen für die Verwendung des Gesamtbudgets erfordern usw.).
Tatsächlich ist es die Bereichsebene, auf der die kategorischen Erwartungen hinsichtlich der momentanen Gesamt-Situation zusammenfliessen und verarbeitet werden müssen zu solchen Zuweisungen von Budget-Anteilen an die Teilbereiche (auch: Aufteilung des Outputs eines Bereichs als Input der verschiedenen anderen Bereiche).
Man könnte es aber auch so sehen (wie in 2/9, letztes Drittel), dass die Situations-Einschätzungen auf der Bereichs-Ebene, ebenso wie die Erwartungs-Gestaltung auf der Rahmen-Ebene, nur die jeweils höchsten und komplexesten Versionen der einfachsten Kategorien des Rezeptschemas S-H-E (vgl. 2/8ff., 4/2ff.) darstellen, die in der Normalpraxis überhaupt vorkommen können.
Die Zwänge, denen der Normalplaner unterliegt, mögen sich dann als Planungszwänge auf diesen Ebenen am krassesten zeigen; sie haben ihren Grund aber darin, dass der viel zu einfache Kategorienapparat des Rezeptschemas sein gesamtes Handeln (und handlungsvorbereitendes Planen und Entscheiden) untergliedert – bis hinauf zu den komplexen und komplexesten Plan-Festlegungen, die in seiner Praxis benötigt werden.
18.
((Eine Besonderheit des Rezeptschemas haben wir bisher noch nicht erwähnt; man kann sie nur im Rahmen der eben ausgesprochenen Einsicht verstehen, wonach in der Normalpraxis sinnvollerweise nur „Reguläres“ wahrgenommen wird. Das Rezeptschema formuliert eine Teilregel der reproduktiven und produktiven Gesamtpraxis; als solche beginnt sie zwar mit einem „WENN Situation S eingetreten ist…“ – aber sie fährt nicht fort: „… UND WENN du Zweck Z verfolgst…“; dadurch unterscheidet sich eine Regel nach dem Rezeptschema von einer technischen Regel im allgemeinen.
(Übrigens ist unsere Bezeichnung hier durchaus konform mit unseren Vorstellungen von einer Rezept-Anweisung: Man nehme…; ein Rezept erwähnt den Zweck nicht noch einmal als Bedingung: Man nehme, WENN man überhaupt ein X zubereiten will…; da, wo der Text des eigentlichen Rezepts beginnt, ist immer schon klar, WOFÜR dies ein Rezept ist – im Zweifel steht es im „Titel“ über dem eigentlichen Rezepttext. Als Rezepte könnte man solche Handlungs- und Durchführungsvorschriften bezeichnen, die nur noch durch Randbedingungen unterschiedlich ausfallen („“wenn man kein Y-Gewürz hat, kann man auch Z nehmen“), bei denen der Zweck aber feststeht. Wohingegen „technische Regeln“ gewissermassen konstitutiv durch eine grosse Bandbreite von verwandten EFFEKTEN charakterisiert sind, die jeweils Abwandlungen der Vorgehensweise erfordern: Wenn du es so willst, mache…, wenn aber so, dann…, und wenn so, dann…usw. – Hier gibt es also keine vorrangige Anbindung an eine Umgebung S, und neben dem Effekt keine kategorisch unter diesen, den gegebnen Umgebungsbedingungen zu berücksichtigenden, existenziellen Aussichten oder Nebenfolgen E(S).))
Der Zweck ist beim Rezeptwissen klar; und ebenso, im allgemeinen, die Abfolge der Zwecke, denn sie ist durch die Nötigung zur Integration aller Teil-Handlungen geprägt, durch deren geschicktes Zusammenwirken allein die Ausgangsressourcen optimal genutzt, und reproduktive Kreisläufe immer wieder (rechtzeitig) geschlossen werden.))
Die Integration des S-H-E-Regelschemas in eine REPRODUKTIVE Praxis bedeutet gewisse Einschränkungen für die drei beteiligten Kategorien S, H, E: Es kann sich dann eben nicht um Situationen S allgemein handeln, sondern es müssen Ereignisse von „regulärem“ Charakter sein, die die S-Position des SH(E)-Schemas einzig besetzen dürfen – darum, weil nur solche der reproduktiven Plan-Aufgabe spätestens auf der Bereichsebene gerecht werden: Für komplexe Momentan-Bedingungen eine adäquate, flexible Aufteilung des momentanen Gesamtbudgets zu finden.
((In diese Betrachtungsweise lassen sich dann auch die Rahmen-Erwartungen einfügen: Erwartungen, die die E-Position eines speziell als NORMALPRAXIS-Fragment aufzufassenden Rezepts der Gestalt SHE besetzen, sind nicht indifferent (wie Prognosen, vgl. Abs.21), sondern umfassen die Gesamtheit der erwarteten Resultate einer produktiven oder reproduktiven Handlung, durch welche diese Handlung auf den gesamten weiteren Verlauf von Reproduktion und Produktion, ausgehend vom Zeitpunkt ihrer Realisierung, einwirkt. Genau DAS war angesprochen, wenn wir sagten: diese Erwartungen sind affektiv bedeutsam, in ihnen geht es um unsere Reproduktion, also Existenz – das kann uns nicht kaltlassen; und: wir MÜSSEN planen (und die Pläne umsetzen, arbeiten), dürfen unsere Ressourcen nicht ungenutzt verfallen, Zeit nicht einfach so vergehen lassen.))
19.
Was ist dann an der zweiten Hypothese verkehrt? Was ignoriert die Beschränkung aller (kategorischen, keine Freiheit hinsichtlich der Zwecke mehr lassenden, weil diese bereits festliegen) Planung auf REGULÄRE Gesamtsituationen und Ereignisse als Ausgangs- oder Auslöse-Bedingung für die in ihren Rezepten vorgeschriebenen reproduktiven Handlungen? Regularität, also kategorische, objektive Erwartbarkeit von Ereignissen (aber auch von Strukturen und ihren Eigenschaften (Zuständen), Dispositionen u.a.), so hatten wir bereits in Abs. 14 gesagt, kommt vor auf verschiedenen Niveaus (Dauern (Gleichbleiben), Zyklen und Verlaufsschemata (gleichbleibendes Wechseln), begrenzte Schwankungsbreiten, Häufigkeiten, Verteilungen (reguläre Verzerrungen und Abweichungen von einem noch erkennbaren Verlaufs- (Verteilungs- usw.) Schema)); nach dieser Darstellung könnte man von Regularitäten ersten, zweiten, dritten Grades sprechen. Sollten sich überdies Regularitäten im Wechsel des regulär zu Erwartenden 1., 2. oder 3. Grades, oder auch im Wechsel der „Modalität“ erkennen lassen, wie sie in 4/5 angesprochen wurden, könnte man dies als eine weitere Form der Regularität, nämlich 4.Grades, bezeichnen.
((Regularität, als einfachste Form der Erwartbarkeit, könnte noch gesteigert werden durch Angezeigtheit (an An- und Vorzeichen erkennen wir das vorliegende Verlaufsmuster, dürfen – ohne weitere Untersuchung – die zugehörigen kategorischen Erwartungen haben – sofern auf die Regularität der Angezeigtheits-Verbindung zwischen DIESEN (bekannten; u.U. auch bekannterweise wechselnden) Zeichen und DIESEM (oder auch bekannterweise zu andern Zeiten anderem) Angezeigten Verlass ist).))
20.
Grundlage jeder reproduktiven „Normalpraxis“ aus hintereinandergeschalteten Rezept-Ausführungen bildet eine Kreis-Struktur aus kategorisch Erwartetem, in deren Lücken die in gewissen Grenzen abwandelbaren technischen Handlungen eintreten können und müssen. Die wichtigsten Unter-Abschnitte dieser Struktur, die dem eigentlichen reproduktiven Kreislauf grob seinen Verlauf vorzeichnet, sind: erstens, die (verzweigte) Strecke an regulär sich anbietenden, nutzbaren „Chancen“, die auf die Erfüllung von (vielfältigen) Reproduktionsanforderungen für unsere Fähigkeiten („Bedürfnisse“) zulaufen, zweitens jene Strecke, auf der von diesen so reproduzierten Fähigkeiten, ebenfalls unter Nutzung von regulär sich anbietenden Umgebungs-Chancen, auf vielfältige Weise Gebrauch gemacht wird, derart dass die (erwartbaren) Resultate wiederum die Eingangsvoraussetzungen für Erfüllungen der Reproduktionsanforderungen erfüllen; daraus zweigen, drittens, gewissermassen Nebenstrecken ab, die die beiden Hauptstrecken gegen regulär erwartete Schäden und Schadensdrohungen absichern. In dem Gesamt-Wissen-wie, das dieser Praxis zugrundeliegt, kommen natürlich in grosser Zahl bekannte Kausalzusammenhänge (also bedingte Erwartungen) vor, sei es als Wissen um Handlungsfolgen angesichts gegebner Eingangsbedingungen, sei es als Wissen um bedingte Spontan-Entwicklungen, die abzuwarten bleiben („wenn man es zwei Wochen im verschlossenen Gefäss stehenlässt, geschieht dasunddas…“), sei es als kontrafaktisches Wissen um verhinderte Schäden: „Würde man nicht… tun, dann würde… geschehen.“ Aber all diese Techniken und technischen Erwartungen greifen an Ausgangssituationen an, die sich so und genau so regelmässig, „zur rechten Zeit am rechten Ort“, dauerhaft, oder spätestens „früher oder später“, in der gehörigen Qualität und Quantität, „regulär“ einstellen müssen, damit wir überhaupt mit solchen „bedingten“ Handlungen (Ausführungen bedingter technischer Handlungsanweisungen) die nächsten Lücken unseres reproduktiven Kreises füllen, und ihn, auf das nächst kategorisch Erwartete (oder Befürchtete und als solches zu Verhindernde) hin fortsetzen können. (Damit eine an „ihren“ Ausgangssituationen „angreifende“ Technik funktioniert, müssen die in ihr angewandten (durch unsere Handlungen betätigten oder ausgelösten) Dispositionen ebenfalls „bestehen“ – und das möglichst zuverlässig, überdauernd, wiederholbar über verschiedene solcher Situationen hinweg.)
(Diese Darstellung gilt auch für (erwartbar, berechenbar) „produktive“ Neuerungen und Abwandlungen der bisherigen Reproduktion.)
21.
Wie sollte es aber auch anders sein? Brauchen wir denn nicht für all unser Tun geeignete Stoffe, und Strukturen, die wir zuverlässig bearbeiten können, die aber diese Bearbeitbarkeit von selbst mitbringen müssen, und sich von selbst uns in und aus unserer Umgebung heraus anbieten müssen? Brauchen wir nicht nutzbare Umstände und räumliche Konstellationen, die unserer eigenen Fortbewegungsfähigkeit und der Bewegbarkeit der Dinge, mit denen wir zu tun haben, angemessen sind? Sind wir nicht angewiesen auf umfangreiche organische Selbst-Reproduktion aller möglichen Verbrauchsgüter, angefangen bei Nahrung und pflanzlichen oder tierischen Rohprodukten, und endend an den physischen Voraussetzungen unserer eigenen leiblichen Existenz und unserer Handlungsfähigkeit von Tag zu Tag? Und ist nicht all unser Tun gerichtet auf die Abwehr von Einwirkungen auf diese Existenz und die materiellen Voraussetzungen ihrer Reproduktion, die ständig, oder regelmässig, oder „früher oder später“ zu erwarten sind und sie mit absoluter Gewissheit beschädigen und zerstören würden, wenn wir nichts tun? (Und: Gibt es Wichtigeres, als sich über diese Einwirkungen hinlängliches Wissen und Gewissheit zu verschaffen, um entsprechend vorbeugend tätig zu werden?)
Soweit wir selbst Urheber und Erzeuger von Strukturen, Ereignissen, dauerhaften Zuständen und Konstellationen oder komplexen, wiederholt auslösbaren Dispositionen (zB. Fallenstellen) sind, hat unser Umgang mit all den darin enthaltenen „Regularitäten“ unserer Umgebung noch eine andere Dimension. Wir sehen Sachen und Sachverhalte dann nicht einfach als so seiend und hinzunehmen, vielmehr zerlegen wir sie, durchaus nicht nur in unserer Vorstellung, in Bestandteile (in jeweils ganz unterschiedlichen Hinsichten bei den verschiedenen Objektklassen, mit denen wir es dabei zu tun haben), nutzen das für uns jeweils Wichtige, entfernen, verändern in hinreichendem Masse oder unterdrücken Hinderliches, lassen für unsere Zwecke Indifferentes bestehen usw. – Grob gesagt, bearbeiten wir unser Material in und durch unsere produktiven Handlungen entlang von ZWEI Gesichtspunkten: Als Träger von vorübergehenden, bedingt-dauerhaften oder dauerhaften Material-Dispositionen; und als Komplex aus Teilen (in verschiedenen Hinsichten: Ereignisse haben andere Teile als Strukturen usw.). Und, weiter ganz grob gesprochen, besteht unser Produzieren wesentlich darin, solche Komplexe zu zerlegen, sie aus ursprünglichen Zusammenhängen zu lösen, und ausgewählte Teile in neue, zweckmässige (weil auf Erfüllung von Reproduktionsbedingungen unseres „Selbst“ oder derjenigen unserer Fähigkeiten zu seiner Reproduktion zulaufend) Komplexe mit (durch diese Neu-Anordnung) neuen Dispositionen einzubauen, die dann, spätestens im Verbund mit Handlungen und/oder kategorisch erwarteten Umgebungsereignissen, ihre erwünschte Wirkung tun.
22.
Alles Objektive, mit dem wir zu tun bekommen, könnte als auf diese doppelte Weise bedingt (oder, subjektiv gesprochen: erklärbar) aufgefasst werden; was gleichbedeutend ist damit, dass es störungs- und zerstörungs-, zumindest veränderungs-anfällig ist: indem der Komplex, aus dem es besteht, zerfällt, und seine Bestandteile sich zu anderen und neuen zusammenlagern, oder andre und neue sich an den ursprünglichen anlagern, oder sich innerhalb des Komplexes umlagern usw. Und das könnte auch für die Dispositionen gelten, die sich an dem Komplex zeigen: Auch sie könnten durch Überlagerung und Zusammenwirken elementarer Dispositionen bedingt bzw. erklärbar sein, und somit instabil, und in ihrem Bestehen an die Stabilität des Komplexes, in dem sie zusammengetreten sind, gebunden. Alles kategorisch Erwartbare müsste dann zugleich als nur Vorübergehendes, Bedingtes angesehen werden, zumindest, wenn es als von uns veränderbar und beeinflussbar angesehen werden soll – wenn aber von uns, dann auch spontan, durch Einwirkung von uns nicht kontrollierter und nicht kategorisch erwartbarer, also irregulärer Natur-Vorgänge. Ein Reguläres hingegen, das sich ausschliesslich unter dem Einfluss von Regulärem umlagert und ändert, würde dies somit auf reguläre Weise tun, und erwiese sich im Verbund mit diesem Beeinflussend-Regulären nur als ein Komplex-Reguläres, mit regulären Bestandteilen; ein Reguläres, das von Irregulärem (und auf irreguläre Weise zerfällbaren Komplexen daraus) abhängt, kann kein dauerhaft Reguläres sein. Komplexion, oder Zusammen-Fallen, Zusammen-Auftreten, und das stabil oder instabil, fungiert hier als eine Kategorie, die die Normalpraktiker für ihre Praxis und deren Erklärung sowohl benötigen, als auch in dieser Praxis handelnd betätigen; aber nur soweit, wie sie sich dabei an einem Gerüst aus verlässlich Erwartbarem abstützen können, das durch diese Eigenschaft seiner unveränderlich- oder höchstens erwartbar-veränderlichen, verlässlichen Erwartbarkeit jedes nichtreguläre Zusammen-Treten oder -Wirken mit anderem als seinesgleichen, nämlich Regulärem, ausschliesst.
23.
Leider sind damit auch zwei weitere Möglichkeiten ausgeschlossen, die wir oben mit „Komplexen“ verbunden hatten: erstens, die Möglichkeit der Erkennbarkeit als zerfällbarer „Komplex“ von dispositions-tragendem Material, und damit Erklärbarkeit sowohl des „Zustandekommens“ des Komplexes, damit auch seiner Stabilitäts-, Erhaltungs- oder Änderungs- und Zerfalls-Bedingungen (-Ursachen), als auch seiner Dispositionen (Eigenschaften), als Resultat der Überlagerung und des Zusammenwirkens der Dispositionen seiner Teile. Stattdessen muss, zweitens, das Reguläre, als wie vielfältig in sich zyklisch oder verzerrt-zyklisch veränderlich es sich auch erweisen mag, als ein in diesen regulären Eigenschaften unveränderliches und durch nichts, also auch durch uns nicht Beeinflussbares angesehen werden – soweit und solang es regulär ist. Jede dieser beiden Eigenschaften reicht für sich hin, um das unabänderlich Gegebene des Regulären zu garantieren. Die zweite Hypothese unterstellt eine Welt, die diese Garantie gibt; und zwar entweder, indem sie reguläres Material unserer Umgebung als Elementares, nicht mehr weiter Zusammengesetztes und durch Zusammensetzung Erklärbares gestaltet; oder, indem sie, wenn und sofern wir das Reguläre als Zusammensetzung durchschauen und somit erklären können, ad hoc für dessen Selbsterhaltung gegen alle zufälligen Einwirkungen, die es ansonsten eigentlich verändern und auflösen müssten (unsere Handlungen eingeschlossen), sorgt.
Die so überaus erwünschte Regularität und kategorische Erwartbarkeit, die zum bloss technischen, bedingt Erwartbaren (dispositionellen) hinzukommen muss, damit wir daran unsere reproduktiven Wirk-Pläne knüpfen können, und die sich, wie man nun sieht, als unverrückbare Stabilität dispositions-tragender Komplexe erweist – sie stellt sich, auf den zweiten Blick, somit zugleich dar als Hindernis: entweder unseres Lernens, Durchschauens und Erklärenkönnens der Welt; oder unseres Wirkens. (Darin ähnelt sie fatal den Rahmenwerten…)
24.
So, wie man im Rahmen der ersten Hypothese lernen konnte, eine „Schranke der Erwartbarkeit“ (die den Unterschied – quantitativ – markierte zwischen dem, womit man noch rechnen musste (als zukünftig Bestmöglich-Erreichbarem, als reproduktions-bedrohendes Schadensausmass, als noch Wissens-förderlichem Aufwand), und womit nicht mehr) immer angemessener zu plazieren – so hier gewissermassen eine Schranke der Erklärbarkeit; nämlich der theoretischen, und damit virtuell praktischen (oder spontanen) Zerlegbarkeit und Wiederzusammensetzbarkeit (nach einer Regel der Anordnung, Mischung, usw.) eines summen-dispositionstragenden (bei Auslösung: ereignisrealisierenden) Komplexen in dispositionstragende (und in dem Komplex zusammenwirkende, und dadurch ereignis- und zustandsproduzierende) Teile.
((Eine Disposition-zu-einem-Ereignis wird „ausgelöst“ (die Bedingung für das Sich-Ereignen erfüllt usw.), dadurch dass eine angemessene (auch angemessen geformte) Auslöse-Entität sich nähert oder ereignet an einer Lokalität (Region, Ort), die in bestimmten räumlichen Verhältnissen steht zur Lokalität der dispositionstragenden Entität, und in diesem Sinn mit der dispositionstragenden Entität einen „Komplex“ bildet; zusätzlich steht das Auslöseereignis in einem bestimmten zeitlichen Abstand zum ausgelösten; all diese Kategorien sind in einer „Erklärung“ mit Bezeichnungen der im jeweiligen Fall realisierten Ausprägungen zu besetzen.))
Die „Schranke der Erklärbarkeit“ wird dann vor- und zurückgenommen (und hoffentlich allmählich immer genauer gesetzt), indem vermeintlich als und durch Komplexion von Dispositionträgern (komplexer Dispositionsträger) oder (wie eben erklärt) Komplex aus Dispositionsträger- und Auslöser-Ereignis (Bewegung einer, oder Dispositions-Auslösung AN einer Auslöser-Entität) Erklärbares (Summen- oder Überlagerungs-Disposition; bewirktes Ereignis) sich als von diesen erklärenden Momenten unabhängig erweist; oder umgekehrt, dass ein vermeintlich Elementares, nicht mehr weiter Zerlegbares und somit Erklärbares oder auf Komplexionen der genannten Art „Reduzierbares“ sich doch als solches erweist.
Der Gesamtbestand an „letzten“, übergeordneten Dispositionen (speziell Dispositionen zum Wechseln untergeordneter Dispositionen; vgl. zB. die „Modalitätswechsel“ in 4/4ff.) und ihren Trägern, oder auch nicht mehr erklärbaren Verläufen, dauerhaften Zuständen, mehr oder weniger gesetzmässigen Verteilungen oder Häufungen von unabänderlich so „Gegebenem“ bildet dann das (vorläufig) Reguläre.
25.
Und die von der zweiten Hypothese unterstellte Tatsache, dass immer (für eine Normalpraxis) hinreichend viel Regularität in der uns umgebenden Welt ist, wäre dann auch aufzufassen als Konvergenz-Erwartung bezüglich dieser Schranke der Erklärbarkeit, die das Reguläre ist; man könnte auch sagen: Schranke der Lernbarkeit – denn sobald das Lernen bezüglich der Erklärungs-Momente jenseits des Elements der Komposition oder Komplexion (verstanden als (mit)erklärende) Anordnung bestimmter Dispositionen, Dispositionsträger und Ereignisse) auf das Reguläre gestossen ist, gibt es nichts Weitergehendes mehr zu lernen – je mehr „blosse“ (und in diesem Sinn „elementare“) Regularität wir in unserer Welt antreffen, mit der allenfalls andres zu erklären wäre, desto mehr auch so, wie es ist, Hinzunehmendes. – Dass diese Schranke der Lern- und Erklärbarkeit sich in ungünstiger Weise verschiebt, hiesse dann: Vormals Ableitbares erweist sich als unabhängig von und nicht erklärbar mit jenen Regularitäten, aus denen es abgeleitet schien, stattdessen als Reguläres eigener Art, das ab dann für sich zu beachten (und als möglicher Grund zu berücksichtigen) ist – oder auch als Irreguläres; umgekehrt, Irreguläres erweist sich als regulär (wir finden die Regel), oder gar aus schon bekanntem Regulärem ableitbar. Jeder solche Schritt der letzteren Art zeigt uns, dass die Grenze des Erkennbaren in der Welt weiter draussen liegt, als wir ursprünglich dachten; ein Schritt der ersteren Art hingegen, dass unser Wissen und unsre Gewissheit die Grenzen des Erkennbaren vielleicht noch nicht erreichen, oder dass diese Grenzen enger gezogen sind als zunächst gedacht.
Hier ist zu sehen, dass die Bereichs-Erwartungswerte bzw. -Masse in dieser Kategorie des Regulären fundiert sind: Zuverlässigkeit (Berechenbarkeit) der Welt ist das Mass ihrer (vorläufigen, bekannten) Regularität im Verhältnis zum Ausmass des Irregulären; das Ausmass der Bedingtheit und Bedingungsabhängigkeit wiederum hängt grundsätzlich davon ab, in wieviel eigengesetzliche und als solche zu berücksichtigende Regularitäts-Elemente der irreduzibel „reguläre“ Bereich der Welt zerfällt. Ob grosse Regularitäts-Vielfalt mit relativer Einfachheit und Überschaubarkeit vereinbar ist, hängt davon ab, wieviel „Komplexionen“ aus solch vielfältig Regulärem zwischen dieses und die eigentlichen Ereignisverläufe treten – wieviel Erklärungs- und Analyse-Aufwand in theoretischer Hinsicht mithin nötig ist, um diese Verläufe auf das in ihnen erscheinende Reguläre und die Art seiner (kontigenten, veränderlichen) Zusammensetzung zurückzuführen; in praktischer Hinsicht ist Aufwand nötig, um das in „komplexen“ Komplexionen (das kann auch schon ein einfaches zeitliches Sich-Überschneiden von Zyklen usw. sein) zusammenwirkende Einzel-Reguläre zu kontrollieren oder in seinen unkontrollierbaren Auswirkungen zu prognostizieren. – Wir wollen nicht vergessen, dass Schätzungen dieser „Bewältigbarkeits“-Masse, nach dem in Kap.5 über Bereichs-Erwartungswerte Gesagten, eine wichtige Voraussetzung darstellen für die unumgängliche Aufteilung des (seinerseits bereits entlang von „Rahmenwerten“ geschätzten) Gesamt-Aufwands oder Budgets an begrenzten Ressourcen auf die einzelnen Teil-Bereiche von Reproduktion bzw. Produktion (incl. Wissenserwerbs-Operationen); nicht nur die fundamentalen Entscheidungen hinsichtlich Optimum, Überschuss und Wissensaufwand nämlich, sondern auch DIESE jeweiligen Aufteilungen MÜSSEN sein – ganz gleich, wieviel technisches Wissen-wie über die Profile von Anwendungen und erwartbare Randbedingungen von der technischen Ebene her dieser Entscheidung entgegenkommt, und ihm rationale Wissensgrundlagen liefert.
26.
Hält man sich vor Augen, welch grundlegende Rolle die zirkelhaft-zyklisch ineinandergreifenden, oder auch dauerhaft kategorisch erwarteten Ereignisse (speziell solche des „Eintreffens, wenn man lang genug wartet, oder des Findens, wenn man nur lang genug sucht“), also in diesem Sinn Reguläres, spielen als invariante Anknüpfungspunkte für variable technische Anwendungen (auf deren Funktionieren man sich freilich im Zusammenhang, wenn und da, wo sie angewandt werden, ebenfalls verlassen können muss!): dann wird deutlich, dass spätestens aus Anlass veränderter Rahmenwerte (aufgrund „nach oben“ durchschlagender und nicht neutralisierter Überraschungen) festgestellte Veränderungen von „Regularitäten“ es sind, die die möglichen Zwischen-Stufen auf dem Weg von der Ausgangs- zur Optimal-Normalpraxis darstellen; und dass es zugleich genau dieser Weg ist, auf dem (parallel zum konvergenten Anpassen der Rahmenwerte) die immer haltbareren („konvergenten“) Einschätzungen dessen gefunden werden, was in unserer Welt das eigenständig Reguläre ist, und was nicht.
Aller Fortschritt, über eine Ausgangspraxis hinaus, bestünde aber darin, NEUE Bedingungen von tatsächlichem oder möglichem Nützlichem oder Schädlichem zu finden, durch deren SPONATNES Auftreten oder Verschwinden, von selbst (oder deren absichtliche Beeinflussung) wir ersteres wahrscheinlicher machen, herbeiführen oder erzeugen können und letzteres mildern oder verhindern. Bedingtheit, und damit Kontrollierbarkeit, steht aber in Widerspruch zu Regularität: Denn ursprünglich unerklärt-Reguläres und als solches allenfalls Vorhersehbares, sei es nützlich oder schädlich, vorhanden oder möglich, als bedingt verstehen, heisst, es als Komplexion von anderm Regulären verstehen. Würde dies „andre“ Reguläre, auf das wir ein gegebnes Reguläres reduzieren, nun seinerseits sich nirgendwo sonst finden, hätten wir nichts für seine Beeinflussung gewonnen – nur die individuellen Anteile (die nicht sogleich sichtbar waren) eines Individuellen (nämlich DIESES zunächst unerklärt-Regulären) erkannt. Reguläres als Komplex aus anderm Regulären erklären, vermehrt also unsere Handlungsmöglichkeiten nur, wenn es sich um gleiches Reguläres handelt, wie es auch in andern Komplexen auftaucht; derart, dass wir Erfahrungen im Umgang damit aus anderen Komplexen auf diesen Komplex übertragen können. Das heisst: Unser Erkenntnis-, Erklärungs- und dadurch technischer Fortschritt besteht darin, das – hoffentlich – viel geringere Ausmass, als ursprünglich sichtbar, der Vielfalt (Menge der Arten) des eigentlich Regulären in unserer Welt aufzudecken, und umgekehrt das entsprechend grössere Ausmass an Komplexion, also Bedingtheit; aber damit auch tendenziell das Ausmass an Bedingtheit solcher Regularitäten, von denen die Fundamente unserer Reproduktion abhängen.
27.
Die zweite Hypothese des Normalplaners beruhte, nochmals gesagt, auf der folgenden Idee:
Er bemerkt die vorläufige Reproduktivität, also reproduktive Zyklizität seiner (Ausgangs-) Normalpraxis. Indem er sich die fundamentalen Bestandteile dieses Zyklus als regulär denkt, denkt er zweierlei mit: Erstens, ihre vorrangige Entdeckbarkeit – man KONNTE sie erkennen (es ist ihm plausibel, dass dies geschehen ist), weil sie sich ja so regelmässig (und mit repräsentativen Häufigkeiten) wiederholten, und dadurch be- und gemerkt werden konnten; zweitens, die Möglichkeit, sich auf sie einzurichten, mit ihnen zu arbeiten, die Chancen zu ergreifen, die in ihnen sich darboten, die Risiken tendenziell einzugrenzen und zu beherrschen, die in ihnen versteckt waren. Selbst, wenn er das Faktum der Reproduktivität dieser Umgebung, im Verbund mit seinen Handlungen, als ein ursprünglich kontingentes, und in den Regularitäten der Umgebung nur virtuell enthaltenes erkennt, darf er sich doch im Nachhinein (als Erbe eines historischen Lernprozesses) glücklich schätzen, dass diese nunmehr entdeckte und in nötigen, auch befolgbaren Handlungsvorschriften, wenn sie nur „zur rechten Zeit, am rechten Ort“ befolgt werden, gesicherte Reproduktivität durch Regularität ihrer objektiven und kategorischen Reproduktionsbedingungen festgeschrieben und garantiert ist. – Wir müssen übrigens noch genauer sagen, worin die Klage bestünde, für die die zweite Hypothese jeden Anlass ausschalten will; sie lautet nämlich: Dass etwas UNVORHERGESEHEN, also IRREGULÄR Reproduktions-Erschütterndes oder Versäumbares eingetreten ist; und dagegen soll die Gesamt-Regularität der Umgebung Sicherheit bieten. Es gibt nun aber in jeder Normalpraxis mögliche Schäden, die, wenn schon nicht in Vernichtung, so doch in Stagnation führen, und gegen deren Verhinderung die möglichen und als solche zu entdeckenden Fortschrittsoptionen dieser Praxis mobilisiert werden müssen (wenn nicht, können wir uns das Planen und Dazulernen sparen); diese Möglichkeit zu Schäden oder schadhaften Versäumnissen für etwas hypothetisch unantastbar Reguläres erklären, hiesse somit, sich einzig durch eine hypothetische Unterstellung über die Welt alle Lern- und Fortschrittsoptionen abschneiden, und eine künstlich erzeugte Stagnation (durch Ignorieren spontan beobachtbarer Bedingtheit oder Unterlassen Bedingtheits-aufdeckenden experimententellen Abwandelns von Umgebungs-Bedingungen) für das beste und einzige Experiment erklären, das einem zu machen bleibt.
28.
Um handeln und erklären zu können, BRAUCHEN wir aber die Verringerung des Regulären; doch wie soll es möglich sein, dass Komplexionen, die dieselben Arten von bedingend-Regulärem enthalten, in bereits bekannten „nützlichen“ Komplexionen stabil bleiben sollen, in schädlichen (damit wir die Bedingungen seiner Vermeidung kennenlernen können) aber nicht, und auch nicht in erst kennenzulernendem zukünftig Nützlichem? Und müssen wir zu verbesserndes vorhanden-Nützliches, da unzerstörbar-regulär, immer gleich GANZ ersetzen, weil wir es – als Nicht-Komplexion – doch nicht abändern und neu zusammensetzen können?
Tatsächlich treffen wir hier auf Aporien von einer sehr ähnlichen Struktur wie im Falle der noch zu lernenden Rahmenwerte. Der Normalplaner gibt zu, dass seine Ausgangspraxis zu wünschen übrig lässt, und noch – auch durch Dazulernen – durchaus verbesserungsbedürftig ist. Es soll also ein gewisses Mass an Lernen darin stattfinden; aber dies Lernen hat Voraussetzungen, die sich mit der „Normalität“ einer Normalpraxis nicht vertragen. In den Hypothesen, die wir dem Normalplaner fiktiv unterschieben, um ihm das Erlebnis des Scheiterns von „Planungs-Normalität“ in einer der drei bekannten Weisen zu ersparen, wird diese Normalität so abgesichert, dass die „normalen“ Voraussetzungen für Lernen im Zweifel unterdrückt werden – es sei denn, die Welt käme in bizarr-wohlwollender Weise entgegen – indem sie, beispielweise, eine planrelevante Entität, obwohl diese den Charakter einer „Komplexion von Regulären“ hat, gegen „spontane“ Umlagerungen oder Auflösungen aus der Umgebung durch „neutralisierende“ Einflüsse schützt, hingegen dies unterlässt, sobald wir die Zusammensetzung dieser Entität für produktive Zwecke (aber welche?) ändern wollen; auf ähnliche Weise hätte die Welt ja die endgültigen Rahmenwerte in Situationen aufrechterhalten und quasi „durchsetzen“ sollen, wo sie nach allem, was wir beim probierenden Ermitteln dieser Rahmenwerte zuvor gelernt haben, „eigentlich“ diesen Werten widersprechende Perspektiven hätte liefern müssen.
29.
Aber in der zweiten Hypothese, genauer: In dem Szenario, das sie ausschliessen will, ist nur indirekt die Rede von dem Regulären in unserer Praxis: dem regulär Nützlichen, deshalb zu Erhaltenden, dem regulär Schädlichen, das eben deshalb berechenbar bleiben soll; vielmehr von Nützlichem und Schädlichem, das so bedeutsam ist, dass es eigentlich regulär sein MÜSSTE – nämlich so „wissbar“, dass es ebenso wie alles andere längst gewusst wird, und man, zur rechten Zeit und am rechten Ort, auch darauf vorbereitet ist.
Bei den durch die zweite Hypothese auszuschliessenden Ereignissen handelt sich um solche, die nutzbar im guten, abwend- oder bewältigbar im schlimmen Fall sind, man muss nur darauf vorbereitet sein; aber genau das KANN man nicht, weil sie ZU SELTEN sind, um die Regel ihres Auftretens, oder gar An- und Vorzeichen, zu ermitteln; andererseits sind sie ZU BEDEUTSAM, um sie zu ignorieren. Anomalien dieser Art sprengen offenkundig eine der ontologisch-epistemologischen Grundüberzeugungen des Normalplaners, ohne die seine Praxis nicht auskommt. Man müsste diese Grundüberzeugung, nach dem eben Gesagten, so formulieren: Je praktisch bedeutsamer etwas ist, und somit wissenswerter, desto mehr wird es bemerkbar, also wissbar, WEIL HÄUFIG, und deshalb von selbst auffallend. (Wir hatten ja bereits in 4/20 festgestellt, dass Häufung und Häufigkeit die Leitmerkmale sind, an denen sich die Lernstrategie des Normalplaners orientiert. Die Arten des Regulären, die wir immer wieder aufgezählt haben, könnten als ebensoviele Arten des Häufig- und Gehäuft-Auftretens aufgefasst werden.)
Statt Häufung und Gehäuftheit darf man also gleich sagen: Von selbst ins Auge fallend, sich der Aufmerksamkeit aufdrängend. Mit andern Worten: Die Dinge selbst sollen leisten, was eigentlich der Normalplaner durch seine Lernstrategie leisten soll. Sie sollen es quasi im Rückblick längst geleistet haben für alles, was schon jetzt gebraucht wird, um (wie im einzelnen, ist völlig gleichgültig) Reproduktion und (bekannte) Fortschrittsoptionen zu ermöglichen: in Gestalt einer Ausgangs-Normalpraxis; genau das sagt die zweite Hypothese. Sie sollen es aber auch leisten mit Blick auf alle Erweiterungen dieser Praxis, sich selber melden, wenn etwas an ihnen noch Wissenserwerbs-Anstrengungen verdient, und dann ALS solche Situation erkennbar sein; und das wiederum postuliert die dritte Hypothese.
So wie unter dem bereits besprochenen Aspekt (das Bedürfnis nach kategorischen Erwartungen) die zweite Hypothese sich mit der ersten eng verwandt zeigt (darauf werden wir noch zurückkommen), so gehören offenbar unter dem jetzt anzusprechenden zweite und dritte zusammen, und sollen deshalb ab hier auch zusammen behandeln werden.
30.
Die dritte Hypothese handelt vom (bislang) Irregulären; soweit daran (noch) etwas wissenswert ist, soll es sich von selbst oder durch sich selbst anzeigen (so die Hypothese). – Aber was IST (nach Auffassung des Normalplaners) irregulär – im Gegensatz zum Regulären? Formell gibt es darauf zwei Antworten: Irregulär ist einerseits, was zu selten ist, oder andererseits, was zu speziell (zu wenig verallgemeinerungsfähig; zu wenig regulär, musterhaft sich wiederholend (vgl. die entsprechende Quasi-Definition in 4/20!)) ist, um Ausgangs- und Anknüpfungspunkte für eine praktische (Rezept-)Regel zu liefern, und darum Aufmerksamkeit zu verdienen.
In der imaginären Rang-Reihe abnehmender, „wahrnehmbarer“ Regularität (im Sinn von: ins Auge fallender Musterhaftigkeit, musterhafter Wiederholung) zieht der Normalplaner willkürlich an irgendeiner Stelle die genannte Grenze.
((Hier muss daran erinnert werden, dass „Regularität“ (im Sinn der Unterarten, wie sie in 4/3 aufgezählt sind) „Nicht-Ignorierbarkeit“ (Berechenbarkeit und Einfluss auf uns in unserer Praxis Wichtiges, also zumindest Zusammenhang damit, 4/3) voraussetzt; nur an solchem überhaupt praktisch relevant erscheinenden Material machen die genannten FORMELLEN und „äusserlichen“, „aufmerksamkeits-erregenden“ Regularitäts-Eigenschaften auf Dauer Sinn. Dies ist ab jetzt immer mitzudenken, wenn in der Folge von regulär oder irregulär gesprochen wird, auch da, wo es nicht ausdrücklich erwähnt ist.))
Wenn nun Regularität sich dem Normalplaner als Massbegriff darstellt, und das Irreguläre wiederum nur als willkürlich abgeteilter Abschnitt auf einer rein quantitativ begriffenen Rangskala, und somit garkeinen qualitativen Unterschied gegen das Reguläre aufzuweisen hat: Dann müssten die bei Abhandlung der zweiten Hypothese gefundenen Bestimmungen auch auf dies durch Unterschreiten einer Grenz-Grösse „Irreguläre“ anzuwenden sein, und die irregulären Bestandteile unserer „Lebenswelt“ nicht weniger als die „regulären“ aufzufassen sein als erklärbar durch Zusammentreten von „eigentlich“ Regulärem zu (bestimmten) Komplexionen, oder auch durch Zerfall und Neu-Zusammentreten solcher Komplexionen.
31.
Sowenig dies in Komplexionen (mit dadurch „erklärbaren“ Folgen) zusammen- und auseinandertretend „eigentliche“ Elementar-Reguläre mit dem Nützlichen und Schädlichen einer bestimmten Ausgangs- oder Nachfolgepraxis sich identifizieren liess, sowenig offenbar jetzt mit dem „Wahrnehmbar- wie-bekannt-Wiederkehrenden“ und seinem Gegenteil. (Nebenbei: Auch Nützlich und Schädlich bilden, bei genauerem Hinsehen, eine Rangskala, mit einem Indifferenzpunkt.)
Tatsächlich hatten die Paradoxien in Abs. 28 oben viel zu tun damit, dass sich mit zunehmendem Erfahrungswissen und Kenntnis der „erklärenden“ Komplexionen und Konstellationen und des in ihnen auftretenden, immergleichen „regulären“ Materials die Bewertung, was nützlich und schädlich ist, ändert. Wir hätten von daher bereits oben vielleicht besser, wie schon zuvor (in Abs. 25), und im Zusammenhang mit den Bereichs-Erwartungswerten (in 5/18, vor allem auch 5/24) von „Bewältigbarkeit“ sprechen sollen. Denn das in Abs. 28 angesprochene Nützliche und Schädliche zerfällt, wie wir uns anhand 5/18, a) und b) klarmachen können, spätestens auf der Bereichs-Ebene, also unter Gesichtspunkten seiner Berücksichtigung in zumindest einem Teilbereich der Reproduktion, in nützliche und schädliche „(5/18, a)…nicht kontrollierte(r) (Rand)Bedingungen“ einerseits, und „(b) …Komplexität von Bedingungen, von denen Kontrollierbarkeit auf dem gewählten Fortschrittspfad bzw. der Reproduktion abhängt“, anders gesagt, Komplexität der Komplexionen, die je nützlich oder schädlich sind, andererseits.
Das nicht kontrollierte Reguläre a), die „Randbedingungen“, ist eines; das Reguläre, das als Bestandteil („Material“) der Bedingungskomplexe und -komplexionen in b) fungiert, ein anderes.
Dem im jeweiligen Plan unkontrolliert Belassenen (sei es unkontrollierbar, oder dafür gehalten; oder nur auf Kosten von Wichtigerem kontrollierbar), also Randbedingungs-Regulären im Sinn von a), tritt Irreguläres vor allem als seltener „Sonderfall“ oder „Ausnahmeereignis“ gegenüber; dem Regulären im Sinne von b) als verlaufs-verzerrende (im guten wie schlechten) „Beimengung“ in einer „komplexen“ Komplexion von Regulärem. In beiden Fällen kann dies Irreguläre wiederum die (Verlaufs-)Form eines „seltenen“, Nicht-Komplexhaften (ein bizarr, ausserhalb der noch als regulär geltenden Schwankungsbreiten und Häufungsformen liegendes Reguläres, nämlich als solches unveränderliches) annehmen; oder diejenige eines „hochspezifischen“ Komplexes („Zufall“) aus Regulärem (sei es „eigentliches, erklärendes, unveränderliches“, sei es Randbedingungs-, oder auch Bedingungskomplex-Reguläres), der sonst nie vorkommt, und bei dem die Bedingungen seines Zustandekommens zu verhindern oder zu fördern (dh. zu kontrollieren), wenn überhaupt, dann doch zu aufwendig erscheint.
„Zu selten, zu spezifisch“ waren die beiden allgemeinen Erscheinungsformen des Irregulären.
32.
Mit anderen Worten: Wir haben echtes, erklärendes, vorderhand nicht weiter (erklärender- oder technischer Weise) in Komplexe auflösbares und dann neu zusammensetzbares Reguläres; und wir haben Komplexe daraus. Diese Komplexe wiederum können regulär im allgemeineren Sinn von: hinreichend oft und hinreichend musterhaft (überschaubar, einfach) auftretend, oder irregulär (dasselbe, aber wenigstens eins von beidem nicht hinreichend) sein, im Sinne der Normalplaner-Rangskala oben. Sie können dies sein als unkontrolliert-Randbedingungs-Reguläres („Normalfall“) und -Irreguläres („Ausnahmefall“), oder Bedingungsreihen-Komplex-Reguläres („Material-Bedingung“, „Mittel“ usw.) und -Irreguläres („Störfall“, „störender Zufall“). Unkontrolliert-Randbedingungs- wie Kontroll-Bedingungskomplex-Reguläres wie -Irreguläres könnte also grundsätzlich in gleicher Weise als Komplex aus „erklärend-Elementar-Regulärem“ theoretisch erklärt, und (in einer gegenüber der Ausgangs-Praxis veränderten Praxis) praktisch behandelt werden, indem man entsprechende Komplexe im Nutzfall (wieder)herstellt oder im Schadfall ihr Zustandekommen verhindert. Unkontrolliert-Randbedingungs- wie Kontroll-Bedingungskomplex-(Ir)Reguläres KANN aber auch gegenwärtig oder in Zukunft (wieder, oder immer noch) sich als unzerfällbar, seinerseits unerklärlich, und so, wie es ist, hinzunehmend erweisen – also als eigentlich Reguläres, das anderweitig vielleicht sogar in Komplexen „erklärend“ sein kann.
Die prima-facie-Regularität oder Irregularität sowohl von Randbedingungen als auch der Elemente von Kontroll-Bedingungs-Komplexen des Normalplaners kann somit ihrerseits erklärbar sein, und im Sinne der Kategorie des „eigentlichen, erklärenden, elementar Regulären“ und seiner Komplexe zu beurteilen: Prima-facie-Reguläres und -Irreguläres, soweit sie selbst Komplexe sind, unterscheiden sich dann allenfalls durch ihre Stabilität – ihre Fähigkeit, sich durch sich selbst, „so wie sie sind oder waren, oder eintreten oder eintraten“, in den Umgebungen, in denen sie auftreten, zu erhalten oder zu wiederholen. Nur soweit sie sich nicht als komplex erweisen und auf „erklärend-elementar-Reguläres“ (als Komplex daraus) zurückzuführen, sind dann Prima-facie-Regularität und -Irregularität („bizarres Auftretensmuster“, „einmalig, so nie wiederholtes Exemplar“) so, wie sie auftreten, hinzunehmen, und unbeeinflussbar.
33.
Aber das Faktum der Erklärbarkeit oder Elementarität ebenso wie die Art dieser Erklärbarkeit (wodurch erklärbar) oder Elementarität (was für ein Elementar-Reguläres vorliegt) von Prima-facie-Regulärem wie Irregulärem müssten durch experimentelles oder zumindest beobachtetes Variieren ermittelt werden, und sind ihrerseits keine Prima-facie-Eigenschaften.
Dass sie es sind, unterstellt aber der Normalplaner durch seine Forderung, dass alles nützliche (weil Zuwächse an Kontrolle über Komplexe Ermöglichende, oder aber irrtümlich dafür gehaltene, in Wahrheit aber garnicht vorhandene Kontrollfähigkeit als solche aufdeckende), künftig noch zu erwerbende Wissen sich als solches anzeigen soll. Genauer: Das in den neu als solchen zu entdeckenden Komplexen oder Nichtkomplexen steckende „eigentliche (erklärende oder elementar) Reguläre“ soll sich als solches darstellen, und mit ihm und durch es somit nicht nur die Anlässe, also dass überhaupt ein Wissenserwerb fällig ist, sondern sogar das „Was“, also die Art der Versuche und Experimente, die als explorierende Antwort angesichts des Beobachteten angebracht sind. Dass sich das gesuchte Eigentlich-Reguläre von selbst darstellt, „prima facie“, als Oberflächenphänomen, heisst dabei: BEOBACHTBAR – ohne Zutun des „Beobachters“, ohne besondere Such- oder Versuchs-Anstrengung ganz von allein sich aufdrängend in den Normalvollzügen seiner Praxis, also ohne dass er diese ausdrücklich unterbrechen müsste zugunsten einer eigens auf „unspezifischen“ Wissenserwerb gerichteten, hinsichtlich der Art ihrer Durchführung und Erfolgschancen nicht bereits vorweg bestimmten Praxis, die mit der Normal-Praxis um Ressourcen und Aufmerksamkeit konkurrieren muss.
34.
Aber wie können ein zunächst verdecktes Eigentlich-Reguläres, als in einem Komplex Verstecktes, und in der Beobachtung nur kurz sich in und aus ihm heraus, durch Variation dessen, womit es zusammen auftritt, als solches Zeigendes, oder andererseits ein in seiner genuinen Nicht-Komplexhaftigkeit und Elementarität Verkanntes sich jeweils „prima facie“ als solche und somit wissenswerte zeigen? Nur dadurch, dass es in praktisch relevanten Hinsichten als mit bereits bekanntem Regulärem gleich, aber nicht vollkommen gleich, sondern nur in eine (u.U. erst noch zu bildende) Klasse fallend, wie dies andre, also als ÄHNLICH, aufzufassen ist.
Der alles Bisherige überbietende Anspruch des Normalplaners an die Welt, den er in seiner dritten Hypothese formuliert, wäre demnach: Dass im ihm bereits bekannten Relevant-Regulären seiner Ausgangspraxis bereits ALLE Arten von Neuem und Wissenswerten, zumindest als ART, enthalten sind; dass es, umgekehrt, nichts für ihn noch zu entdeckendes Relevant-Reguläres geben kann, das nicht wenigstens SOWEIT bereits bekanntem solchem ähnelt, dass sich aus den übereinstimmenden Merkmalen der Regel-Ausgangssituation S auch die übereinstimmenden Merkmale der Reihe daran experimentell anzuknüpfender Versuchshandlungen Hv, und die aus den materiellen Effekten, zu deren Erwartung man auf die Weise berechtigt ist, ableitbaren Erfolgserwartungen Ev (die den Versuch „lohnend“ machen) ergeben. – Wir wissen mithin zwar nicht das noch zu Wissende und zu ermittelnde selbst, das sich ja auch erst, als „Dass es etwas zu wissen gibt (oder geben sollte)“, also Anlass, in der Beobachtung gezeigt haben muss, nämlich als oddenbar werdendes versteckt-Reguläres, oder längstbekanntes, aber als solches verkannt-Reguläres. Wir kennen oder erkennen es aber jederzeit als „Was es sein könnte“, indem wir es einordnen in eine oder mehrere Klassen der Ähnlichkeit mit bereits bekanntem Regulärem; und die kennen wir vollständig.
35.
Die Klage, zu der nach der dritten Hypothese (und dem in die gleiche Richtung weisenden Aspekt der zweiten), solange sie nicht falsifiziert ist, niemals Anlass bestehen wird, lautet also: Dass Wissenswertes sich nicht rechtzeitig von selbst gezeigt hat (sondern hätte „gesucht“ und aufgesucht werden müssen), oder nur in Merkmalen mit bereit bekanntem Regulärem übereinstimmte, die zu unähnlich (oder zu unspezifisch-ähnlich), verglichen mit allem Bekannt-Regulärem, waren, um rechtzeitig die (wie sich später herausstellte) „richtigen“ und zum durchaus möglichen Erfolg führenden Versuchshandlungen daran zu knüpfen.
Es ist die Klage, dass wir überhaupt sollen suchen müssen, und nach VOR dem Versuch und Versuchserfolg feststehenden Versuchsplänen (Hypothesen) sollen Experimente konstruieren müssen; und darüber, dass Fälle aufgetreten sind, an denen sich das Fehlen dieser zentralen Bestandteile einer rationalen Versuchsstrategie angesichts des wirklich Unbekannten zeigt. (Derselbe Gedanke, in die fiktive Entdeckungs- und Erfahrungsgeschichte zurückprojiziert, die dem minimal-reproduktiven Wissen-wie unserer Ausgangspraxis zugrundeliegt, liefert den hier mit zu behandelnden Aspekt der zweiten Hypothese (vgl. Ende Abs.29): nämlich die Art, wie man laut dieser Hypothese das vollständige Wissen über die Minimal-Anforderungen unserer Reproduktion (so, dass uns keine existenzielle Schadensdrohung mehr unbekannt geblieben sein kann) erwerben musste, aber eben auch konnte.)
36.
Wie wäre nun eine Welt zu denken, in der diese Klage nie zutreffen kann?
Ganz grundsätzlich ist in der Welt alles mit allem seiner Art verwandt – allem nämlich, was der gleichen KATEGORIE angehört: Alle Ereignisse ähneln allen anderen zumindest darin, dass sie Ereignisse sind; als solche sind sie zB. nicht eckig, oder hart; und so für Phänomene, Objekte, Dinge, Körper, Strukturen (Zusammengesetztes), (geographische) Räume, Dispositionen, Funktions- und Verhaltensweisen, (biologische) Lebensformen usw. Diesen Begriff Kategorie wollen wir hier an dieser Stelle nicht mit mehr Bedeutung aufladen, als ihm aus Sicht des Normalplaners allenfalls zukommen kann; und dann bedeutet er eben nicht mehr als: maximal allgemeinste Sorte von Daseiendem, Vorkommendem, (Denk)Möglichem; als wichtige Bestimmung kommt noch hinzu: Alles solche einer Kategorie Zugehörige lässt sich kontinuierlich abwandeln und dadurch in ANDERES der gleichen Kategorie überführt denken; hingegen nicht ohne „Sprünge“, nämlich eben Kategorien-Übergänge, in solches einer anderen Kategorie.
(Das ist so, weil – kurz gesagt – Kategorien in „Fundierungs-Beziehungen“ zueinander stehen – komplexe Kategorien „enthalten“ einfachere, sind „Spezialfälle“ der einfacheren usw.)
Die grundsätzliche „logische“ Verwandtschaft von allem, was der gleichen Kategorie angehört und sich nicht über kontinuierliche Zwischenglieder in ganz Anderes fortsetzen lässt, bildet gewissermassen, in Gestalt der verschiedenen Dimensionen, in denen solche Abwandlungsreihen sich bilden lassen (das Einzelne einer Kategorie bildet einen Schnittpunkt der verschiedenen Abwandlungsreihen, in denen es, durch seine Kategorien-Zugehörigkeit, steht), zugleich ein Rang-System von Graden abnehmender Ähnlichkeit mit einem Ausgangs-Einzelnen, nämlich Regulärem (in unserem Zusammenhang), das zum Paradigma oder Muster-Einzelnen gewählt wird. Warum wird es gewählt? Weil es HÄUFIG ist, und sich in sehr engen Grenzen SO wiederholt. Und was heisst „so“? Mit abnehmendem Ähnlichkeitsgrad ist mancherlei, in den verschiedenen Hinsichten, in denen man etwas von einem Muster-Exemplar (oder der ART der Musterexemplare) ausgehend, kontinuierlich abwandeln kann, denkbar, das, mit einem gewisse Toleranzspielraum, als „so“ seiend aufgefasst werden kann, zumindest als „so ähnlich wie (das Muster)“. – Und wenn sich nun um ein Muster solche (denkbaren) Dunstkreise abnehmender Ähnlichkeit herumlegen – wer will uns vorschreiben, wo wir die Grenze für dies „so“ („so wie das Muster, in den (für uns, unser Handeln) entscheidenden Hinsichten“) ziehen?
Und vor allem: Wer will uns hindern, wenn nun in der Realität nicht alle von einem Muster zu einem „Ähnlichen“ führenden Zwischenglieder aufzufinden, wohl aber denkbar sind, sie als zwei gleiche, oder zumindest hinreichend verwandte Fälle von „so, oder so ähnlich“ zu behandeln?
37.
Es sind ja normalerweise nicht einmal zwei Exemplare desselben Musters ganz gleich, sondern weichen, mehr oder weniger, aber eben immer nur in „unerheblichem Mass“, voneinander ab: Zum Beispiel die Art, wie zu erntende Früchte in einem Baum hängen, ist nie dieselbe bei zwei Bäumen derselben Art; ein Blinder, der die Früchte des einen Baums geerntet hätte, müsste erneut anfangen herumzutasten, um sie auf dem andern zu finden. Es ist aber für Blinde wie Sehende in beiden Fällen grundsätzlich dasselbe, wenn auch angemessen abgewandelt, einen solchen Baum möglichst vollständig abzuernten. Früchte von Obstbäumen ernten, weist gewisse grundsätzliche Gemeinsamkeiten auf – Gemeinsamkeiten, die unter anderm auch in der grundsätzlichen Gemeinsamkeit von Obstbäumen begründet sind; so wie Obstbäume zu fällen, angesichts der grundsätzlichen Verwandtschaft alles dessen, was „Baum“ ist, sich nicht wesentlich von Baumfällen im allgemeinen unterscheidet (obwohl es im Einzelfall Abweichungen gibt: Holz verschiedener Baumarten ist unterschiedlich hart; und jeder Baum derselben Art ist anders – wenn auch nur innerhalb gewisser Grenzen). – Das „Muster“, für das ein Muster-Eexemplar, oder eine (hinreichend lange) Beispielreihe, steht, ist letztlich die Gesamtheit an Handlungs-“Mustern“, die auf beliebige Exemplare „dieser Art“ angewendet werden können: Exemplare, die – wie verschieden sie auch im Einzelfall sind – doch immerhin für Handlungen des jeweiligen Musters geeignet sein müssen. „So, oder ähnlich sein“ heisst also: geeignet sein, um so, oder ähnlich behandelt zu werden – Handlungen von der Art, oder verwandte, zuzulassen. (Das Kategoriensystem hat also ein Pendant im System unserer Handlungen; Handlungsarten und ihre Verwandtschaft begründen die Arten geeigneter Sachverhalte, an denen diese Handlungen im Einzelfall (für diesen Einzelfall innerhalb der Grenzen ihres Musters, dem Einzelfall angemessen, abgewandelt) angreifen, und WIE sie angreifen. (Die Auswahl der tatsächlichen unter den möglichen Arten Umgangsweisen mit einem Ding oder Sachverhalt usw. wird bestimmt durch den verfolgten Zweck, und Randumstände.)
38.
Es war nötig, sich diese sehr geläufigen, und zwar bis zur Trivialität geläufigen Alltags-Zusammenhänge in Erinnerung zu rufen, um zu sehen, dass der Gedanke des Normalplaners, von dem wir oben Abs. 37 ausgehen wollten, zunächst nichts Ungewöhnliches an sich hat: Similia similibus, wir behandeln in gewissen Hinsichten Ähnliches zweckmässigerweise erst einmal ähnlich – und dann gilt eben, s.o.: „Und wenn sich nun um ein Muster solche (denkbaren) Dunstkreise abnehmender Ähnlichkeit herumlegen – wer will uns vorschreiben, wo wir die Grenze für dies „so“ („so wie das Muster, in den (für uns, unser Handeln) entscheidenden Hinsichten“) ziehen?“
Aber wodurch ist etwas, ein prima-facie-Muster, also Reguläres, aber auch Irreguläres, „so“, wie es ist (oder so ähnlich, wie ein andres)?
Darauf gibt es grundsätzlich zwei Antworten. Zum einen: Weil es Exemplar von etwas üblicherweise, regulär „so“ seiendem ist (spätestens innerhalb gewisser Grenzen, Schwankungsbreiten) – Exemplar eines Musters – obendrein etwas, das sich u.U. durch einen Teil von sich, der dann als An- oder Vorzeichen fungiert, selbst als „solches“ und „so“ seiendes anzeigt. Oder aber: Weil es ein Komplex ist – und soundso zusammengesetzt ist aus solchem, Regulärem von derundder Art. Und beide Antworten schliessen einander nicht aus, können nebeneinander vorkommen; vor allem aber kann die Erklärung als Komplex aus erklärend-Regulärem (aber dadurch noch nicht notwendig elementar-Regulärem; Erklärendes kann seinerseits weiter erklärbar sein) ausbleiben, weil man nicht genug über das zu Erklärende weiss. Nicht einmal, ob je eine solche Erklärung gefunden werden wird, kann man im voraus wissen.
39.
Was an praktisch Relevant-Regulärem (weil direkt oder indirekt nützlich oder schädlich) beliebiger Art wäre denn für unser Handeln nützlich zu wissen? – Abgesehen von seinen Stabilitäts- oder eben Regularitäts-Eigenschaften im engeren Sinn (seiner „normalen“ Verteilung in der Zeit: Dauerhaftigkeit, Zyklizität, verzerrte oder bizarre Zyklizität innerhalb bestimmter Schwankungsbreiten; Anzeichen und Erkennungsmerkmalen, Vorzeichen) doch wohl dies: seine Abwandlungs- und Erhaltungsbedingungen (die Bedingungen der Stabilität oder Regularität), und sein Beitrag zum Gesamtresultat im Zusammenwirken mit diversem anderem Regulärem in (dann ihrerseits mehr oder weniger stabilen) Komplexen; also die Arten, wie es (als Komplex) in seinem So- oder Anders-Werden bedingt ist, und wie es seinerseits Soundso-Seiendes (mit)bedingt. Seine Bedingtheit interessiert vor allem, soweit das betreffende, mögliche Reguläre als RANDBEDINGUNG angesehen oder genommen werden könnte (nützlich, schädlich, auf jeden Fall: relevant, und einzubauen in Produktion und Reproduktion); was es bedingt in erster, wodurch es bedingt ist, in zweiter Linie interessiert bei solchem Regulären, das als Bedingung von Kontrolle, einfacher gesagt: als MITTEL infragekommt.
Betrachten wir das Letztere, und denken uns sämtliche tatsächlich vorhandenen und bekannten Mittel einer Reproduktion als Bestandteile einer Art Kugelschale, in der die sämtlichen möglichen Entitäten dieser Kategorie, entsprechend ihren Ähnlichkeitsgraden, angeordnet sind. Dann gibt es eine nächsttiefere Kategorie, und entsprechende Schale, von „bedingenden“ Entitäten, „in“ denen, umgekehrt, die Entitäten der höheren Kategorie „fundiert“ sind: Die höheren oder äusseren entstehen aus den tieferen oder weiter innen gelegenen durch Hinzutreten eines für die höhere Kategorien-Sorte unentbehrlichen Moments, wie zB. aus hinsichtlich ihres Verhaltens bei Aufprall- (oder Eindring-)Ereignissen bestimmten, abgegrenzten und einheitlich beweglichen Objekten mit nur langsam veränderlichen Eigenschaften, also DINGEN, durch Hinzutreten von bestimmten (quantitativ bestimmbaren und unveränderlichen) Trägheitseigenschaften KÖRPER werden, welche durch Hinzutreten von durchgehend vorhandenen Fernwirkeigenschaften (wie: Sich (unbedingt, oder bedingt durch zusätzliche Eigenschaften, wie zB. „Ladung“) anzuziehen, oder abzustossen, oder sonst bestimmte Beschleunigungen aneinander zu verursachen) zu DISPOSITIONSTRÄGERN und Zentren von Feldern um sie herum werden.
39.a
((Wir sprechen in unserem Bild von einem Kugelschalenmodell.
Dies Modell erinnert an die Rede von den aufeinanderliegenden „Hüllen“ („Schichtenfolge“ von „Schutzhüllen“, 1/10) um den „Selbst-Kern“; wobei man sich diesen Selbst-Kern (unseren „Leib“) nicht nur als Zentrum (nämlich als ein ontologisch einfachstes) denken darf, sondern natürlich als eine Einlagerung in die Schalen-Folge, die Anteile sämtlicher aufeinanderfolgender Schalen umfasst. Oder auch an ein Modell von „äquiriskanten“ (wie man sie nennen müsste) Reproduktions-Niveaus (mit demselben „Schätzwert“ für die Gesamt-Wahrscheinlichkeit ihres Zusammenbruchs, vgl. 1/7), die sich – „mehr oder weniger tief gestaffelt, in unterschiedlichste Richtungen in die Zukunft weisend, um den „Jetzt“-Punkt und seine unmittelbar nächsten Möglichkeiten herum“ lagern: 1/1. Solche „Hüll-“ oder „Schalen-“-Modelle liegen vielleicht auch der Vorstellung der Rang-Reihe von optimal-hypothetisch zu unterstellender möglicher Ziel-Niveaus der Reproduktion zugrunde, die ineinander geschachtelt (oder eingehüllt) „suboptimale“ Ziel-Niveaus in absteigender, „nächstbessere“ in aufsteigender Richtung darstellen. All diese Modelle sind auf den ersten Blick völlig verschieden; zeigen aber unter Umständen, nämlich über den Gedanken eines ontologisch sinnvollen Aufbaus und Sicherung (möglichst weitgehender „Regularisierung“) unserer Reproduktion quasi „von maximal unten“ her, eine fundamentale Verwandtschaft – allerdings nur, wenn die „kategoriale Ordnung“ der ontologischen Version dieses Modells (die „chain of being“, „scala entis“) auch wirklich eingehalten wird. Dies ist unter den Voraussetzungen der Normalplanung, wie man noch sehen wird, keineswegs der Fall.))
40.
Das Kugelschalen-Bild unterstellt gewissermassen eine sich verkleinernde Oberfläche der mehr nach innen gelegenen Schalen oder Entitäten-Klassen (Kategorien); anders gesagt: Die Vielfalt der bedingenden Komplexe, verglichen mit den durch sie (unter Hinzutritt von Ausprägungen der für den jeweiligen Kategorien-Übergangs benötigten Dimension) bedingten, nimmt nach „innen“ zu ab: Durch Hinzutritt verschiedener „Moment“-Ausprägungen unterschiedene „Aussen“-Komplexe können demnach dennoch die gleiche Art „Innen“-Entität gemeinsam haben, umgekehrt verschiedene Arten von „Innen“ -Entitäten die gleichen Moment-Ausprägungen (sodass in DIESER Hinsicht gleiche „Aussen“-Entitäten entstehen). Zum Beispiel: Gleichartige Dinge können verschiedene Körper sein, indem sie verschiedene Trägheitseigenschaften haben; und umgekehrt: gleiche Trägheitseigenschaften könnten an Dingen verschiedener Art auftreten.
Das epistemische Modell der „Normalplaner“ unterstellt ein korrespondierendes ontologisches, Modell einer Welt, in der entweder, in der „Bedingtheitsrichtung“, die Aussen- oder zu erklärenden Komplexe ihre Vielfalt und die Struktur ihrer Ähnlichkeitsbeziehungen auf die erklärenden übertragen: Z.B. müsste dann einer Variation oder Andersartigkeit der Trägheitseigenschaften auf der Körper-Ebene eine (subtile) in den Eigenschaften der Ding-Ebene entsprechen; oder einer Welt, in der, umgekehrt, in Richtung des Bedingens, die Innen- oder (mit)erklärenden Komplexe ihre Vielfalt oder die Struktur ihrer Ähnlichkeitsbeziehungen auf die (durch sie mit-)erklärten Komplexe übertragen: Einer Variation oder (grundsätzlichen) Verschiedenartigkeit zB. der Ding- und/oder Trägheitseigenschaften, die einen Körper ausmachen, müssten dann entsprechende Variationen auf der Ebene der von ihm überhaupt anzunehmenden Dispositions-Eigenschaften (zB. „Körper einer bestimmten Masse können keine Ladung tragen“) entsprechen.
41.
Der Abstieg nach unten/innen in der Kategorienhierarchie, wie wir bereits in Abs. 26 gesehen hatten, geht nun aber grundsätzlich mit einer Reduktion der Vielfalt einher, und umgekehrt der Aufstieg nach oben/aussen mit einer Vervielfältigung der Möglichkeiten (durch Kombination von Innen-Elementen mit Ausprägungen in der Dimension des hinzutretenden Moments). Dann bedeutet, für eine Körper-Klasse die zu erwartende Regularität des Bedingens oder der Bedingtheit festzuschreiben, derart dass in einer Hinsicht „ähnliche“ Körper auch auf einer der darunterliegenden, bedingenden Ebenen „ähnliche“ Bedingungen (zB. ähnliche Dinge, als Kern) besitzen: Dass man die Vielfalt des Erklärenden sich an dieser Stelle zumindest so gross denkt, wie die des Erklärten; analog für die Reduktion von Möglichkeiten eines Bedingten durch die (eingeschränkte) Vielfalt des es Bedingenden.
Würden wir uns (wie es doch der Normalplaner tun muss, da er sich keine weitere Einschränkung seines Modells denkt) die bekannten Entitäten einer Kategorien-Ebene allesamt als Mittelpunkte und Paradigmen einer um sie herum gelagerten Klasse von „ähnlichen“ (aber noch nicht ebenso gut bekannten) Entitäten denken (ähnlich schwere Körper zB.): dann würde die Begrenztheit unseres gegenwärtigen Wissens ein ontologisches Fundament bekommen, das sehr weitreichende Konsequenzen hätte: Indem die Unterteilung zB. aller überhaupt möglichen Körper in „jeweils einem der bereits bekannten und hinsichtlich ihrer Bedingtheit und (mit)bedingenden Möglichkeiten gekannten Körper (oder einer Klasse von bekannten, ähnlichen Körpern) mehr oder weniger ähnliche“ dazu führen würde, dass auf der bedingenden Ding-Ebene darunter mindestens die gleiche Vielfalt herrscht, und Erklärungen, welche Art Ding (beschrieben ausschliesslich in Ding-charakterisierenden Eigenschaften) zu einem neuen Körper, als ihn ausmachend, gehört, darauf hinauslaufen würden zu sagen, welche Abwandlung diese Art Ding darstellt, verglichen mit dem Ding oder derjenigen Ding-Art, die zu dem paradigmatische Muster-Körper (oder der Musterklasse solcher Körper) gehört, mit der der neue Körper sich am meisten verwandt zeigt.
42.
Das aber hiesse, in unserem Beispiel: dass die Vielfalt auf der Ebene der Körper, die doch durch das Zusammentreten von Dingen mit Trägheits-Eigenschaften zustandekommt, dennoch auf der Ding-Ebene sich vollständig widerspiegelt; derart, dass, wenn man weiss, welche Art Ding ein Körper ist, man zugleich bereits weiss, welche Trägheitseigenschaften (Masse) er allenfalls haben kann; darum, weil die bekannten Dinge „dieser Art“ nur solche Trägheitseigenschaften haben können. Die praktisch nützliche und wünschenswerte Rekombinierbarkeit von Dingen einer Art mit Trägheitseigenschaften (oder auch Dichte) einer anderen Art (also zB. „Ding derselben Härte, aber leichter (= leichter zu tragen) bzw. schwerer (= grössere Durchschlagskraft als Geschoss)“) würde so beschränkt – durch die für einen Normalplaner an dieser Stelle vielleicht wünschbarere Vorhersehbarkeit der Trägheitseigenschaften aufgrund von deren gesetzmässiger Verknüpfung mit Dingeigenschaften (die letzteren fungieren als ANZEICHEN der mutmasslichen ersteren, oder von deren Streubreite). Der wünschenswerte, beschleunigte Zugriff auf Erhaltungs- oder umgekehrt Nichterhaltungs-Bedingungen (je unterschiedlich interessant für Nützliches und Schädliches) einer Klasse von Entitäten, durch Schluss von dem, was den bekannten (gleichen) Exemplaren dieser Entitäten an Bedingungen zugrundeliegt, auf „ähnliche“ Bedingungen bei Entitäten, die diesen bekannten Entitäten „ähnlich“ sind: Er lässt uns auf der Bedingungsebene nach Ausprägungen suchen, die selbständig NEBEN anderen existieren, statt, wie es die Logik des „reduzierenden“ Erklärens eigentlich vorschreibt, sich zu fragen, welche bekannten Elemente der Bedingungsebene, kombiniert mit welchen Ausprägungen der „Moment“-Dimension, im zu erklärenden Komplex zusammengetreten waren.
Der letzte Gedanke verweist auf den Zusammenhang dieses epistemisch-ontologischen Analogie-Prinzips mit daraus abgeleiteten Such-Strategien: „Nach unten zu“ suche ich dann nämlich nach mehr (und sei es auch „subtil abgewandelten“) Möglichkeiten, als nach dem (konvergenten) Prinzip des „Erklärens“ und „Fundiertseins-in“ existieren dürfen; Möglichkeiten, die sich quasi 1:1 den zu erklärenden zuordnen lassen. „Nach oben zu“ hingegen UNTERLASSE ich es, systematisch alle „divergenten“ Rekombinationen und abgewandelte Komplexe von Entitäten der Substrat- oder bedingenden Ebene mit „Momenten“ zu suchen und durchzuprobieren.
43.
Dies Verfahren hat um so krudere Folgen, je „höhere“ oder „äussere“ Komplex-Entitäten man exklusiv auf je weiter entfernte „untere/innere“ Entitäten, in denen sie fundiert sind, zugreifen lässt: derart, dass man die Komplex-Beschaffenheit (-Wirksamkeit, Nützlichkeit, Schädlichkeit) bereits an der Art dieser (viel weniger komplexen) fundierenden Entitäten, als „An- und Vorzeichen“, abschätzen kann. Eine denkbare „Technik“, die an solchen Regularitäts-, Ähnlichkeits- und Verwandtschafts-Verhältnissen ansetzt, könnte dann als „Substrat“ eine „ähnlich wie ein X-Wirkding fundierte“ (zB. ähnlich aussehende) Entität benutzen, das kategorial auf einer Ebene unterhalb X liegt, und an ihm dann eine oder mehrere Modifikationen vornehmen, die denjenigen ähneln oder geradezu dieselben sind, um aus dem X-Substrat der Ebene unterhalb X ein X zu machen – und dies, um ein X-verwandtes oder X-artiges Mittel herzustellen, das vielleicht schwächer, aber doch immer noch „ähnlich“ wirkt wie X; X steht gewissermassen im Zentrum eines Systems abnehmender X-Wirk-Verwandter, die ihm in wichtigen Hinsichten „ähnlich sind“ (und deshalb als Träger der X-Wirkung, wenn auch einer abgeschwächten, erkennbar sind. Man könnte dann auf den Gedanken verfallen, die in diesem Falle schwache X-Wirkung durch „Anreicherung“ von verschiedenen X-Verwandten an einem Wirk-Ort zu steigern usw.) – Ebenso könnten dann natürlich auch Experimente konstruiert werden, die – entlang diesen Vorstellungen – die Möglichkeiten zu solchen Techniken ausloten. Aber wann sollte denn je Bedarf nach solchen Experimenten bestehen? In der Welt des Normalplaners kann das nur im Ausnahmefall vorkommen; so wie für ihn auch das seltene, schwer aufzuspürende, in der Beobachtung sich plötzlich aufdrängende Reguläre die Ausnahme darstellen muss, das mithilfe der Ähnlichkeits-Klassifikation eine schnelle, wenn auch in jedem Fall verspätete, versuchsweise Einordnung in die Normalumgebung der Normalpraxis erfährt. (Im einen Fall erzeugen wir einen „regulären“ Komplex, im andern treffen wir ihn in der Beobachtung an.)
44.
Es ist aber nicht das epistemologisch Krude, was uns eine Welt dieser Art verleiden würde; vielmehr die praktische Restriktion, die sich mit dem vermeintlichen Vorteil der Ähnlichkeitsklassifikation entlang geteilter An- und Vorzeichen (in Gestalt gemeinsamer ontologisch „tief gelegener“ Substrate, also vor allem morphologischer) verbindet. Unsere normale Technik, genauer: unsere produktive, auf Fortschritte und technische Neu-Formierung unserer Umgebung zielende, würde durch die 1:1-Zuordnung von Substraten zu eingeschränkten Wirk-Komplexen, im Mass, wie sie tatsächlich in der Welt vorkäme, massiv behindert; darum, weil sie die Auflösung und Variation von Komplexen zur Gewinnung von Substraten und Materialien zur technischen Neu-Kombination in von uns gewünschten Richtungen unmöglich macht. Wir könnten dann einmal mehr zu unserem probaten ad-hoc-Auskunftsmittel greifen, und (wie im Fall des Schädlichen Anfang Abs.28) fordern, dass die Welt immer genau dann, wenn wir Zwecke dieser Art verfolgen, die Substrate aus den Komplexen freigibt. Aber auch hier kommen wir nicht weit; denn wie sollen wir solche Zwecke fassen, ohne zuvor erworbenes Wissen davon, welche Substrate in Kombinationen mit welchen Momenten (Eigenschaften) bzw. in Kombinationen miteinander zu Komplexen welche Substrate der nächsthöheren Kategorien hervorbringen, es sei denn, wir probieren es systematisch aus, indem wir die Zerlegbarkeit kategorial höherer Komplexe untersuchen, ihr Annehmen und Ablegen von Ausprägungen einer „Moment“-Dimension (wie zB. „Ladung“) und die Bedingungen dafür ermitteln – unabhängig davon, ob Schaden oder Nutzen (also Zwecke) dadurch tangiert sind usw. – Hier, fast noch direkter als in den beiden andern bereits besprochenen Fällen, wird deutlich: Wenn wir uns lernend, und produktive Konsequenzen aus unserm Lernen ziehend, zur Welt verhalten, brauchen wir eine andere Welt, als wenn wir uns mit der Logik des Normalplaners zu ihr verhalten: Der Normalplaner unterstellt eine Welt, die solche Perspektiv-Wechsel mitmacht – dann, wenn ER sie macht. Die Frage ist nur: Wann soll er welche Perspektive einnehmen? Er will ja nicht etwa nicht lernen (wenn auch vielleicht nicht lernen MÜSSEN); er will ja nicht etwa schädliche Randbedingungen seiner Praxis nie durch Schaffung aktiver oder gar passiver Robustheit in den Griff bekommen können, im Gegenteil; und er will doch falsch bestimmte Rahmenerwartungen korrigieren. Die einzige, bescheidene Zusatz-Forderung, die er an all diese höchst vernünftigen Absichten knüpft, ist: Die Welt soll ihm sagen und zeigen, wann was wie lang probiert werden soll; damit keine Ressourcen verschleudert werden. Die Welt, wie wir sahen, KANN ihm aber nur Anlässe zum Lernen „zeigen“, und ihn darauf aufmerksam werden lassen, wenn sie zugleich Forderungen verletzt bezüglich der Reproduktivität, die er ebenso „optimalhypothetisch“ an sie stellt wie seine Forderungen bezüglich eines epistemologischen, den Erkenntniszugang zu ihr und den Wissenserwerb in ihr erleichternden, bis zur Falsifikation anzunehmenden Optimal-Verhaltens dieser Welt; beide Optimalhypothesen können schlechterdings nicht gleichzeitig in ein und derselben Welt erfüllt sein.