Der nachfolgende Text ist nur schwer verständlich ohne Bekanntschaft mit den Konzepten, die in MOD Teil I Kap.1+2 erst entwickelt werden. Es empfiehlt sich, mit der Lektüre dort zu beginnen und „Vorbemerkung“ und den „Plan“ später (also etwa vor Kap.3) zu lesen.
VORBEMERKUNG.
die überlegungen zum scheitern der moderne haben, wenn sie auf reale verhältnisse angewendet werden sollen, REIN ANALYTISCHE bedeutung. es darf auf keinen fall vergessen werden, dass diese theorie als ganze behauptet, dass solche mentalitäten wie modernität in ihre ausgangsformen, als rahmen, zurückfallen; eine korrekte beschreibung, mit der tatsächlich derzeit vorkommende mentalitäten rekonstruiert und verstanden werden könnten, würde also das moderne in ihnen als inhalt von RELigiösen und OPPortunistisch-normalplanerischen (mit REL-inhalt: GLÄUBIGEN) einstellungen charakterisieren. modernität in reinform wäre eine absolute ausnahmeerscheinung. das gilt in nicht geringerem masse für die hier erörterten politischen einstellungen, unter berücksichtigung der arbeitshypothese: dass die zu einem weltverhältnis gehörende politische einstellung ihr in der „zeile“ (vgl. 3×3 tabelle) nicht vorauseilen kann, nicht reifer ausfallen kann als dies weltverhältnis. nur, wenn sich menschen mit modernen inhalten aus dem normalplanerischen („gläubig-modern zu sein hat sich bewährt“) und religiösen („dass uns modernen alles nötige auch möglich ist, ist bis zum beweis des gegenteils anzunehmen“) rahmen für diese inhalte herausgearbeitet haben, ist zu erwarten, dass ihre politische stellung zu andern dem (in einer der dafür denkbaren 4 zeilen, je nach politisierungsgrad) folgt: also zb. (übergriffs-zeile) NICHT psychologisierend-erwartend oder (optimal)hypothetisch-idealisierend, sondern MOD-entsprechend „(real)anthropologisch-hypothetisch“ arbeitsteilung auf dem ERSTEN STANDPUNKT als die für alle (als „entscheider“ unter dem MOD kulturprogramm) vergesellschafteten als vernünftig und notwendig anzusehende lebensentwurfs- und lebensform usw. HINGEGEN: REL-artig zurückgefallene befürworter des MOD-programms werden eine marktwirtschaftliche vergesellschaftung befürworten; schliesslich gibt es die möglichkeit, dass auch der bereits erreichte libertäre standpunkt, zusammen mit einer entsprechenden REL-artigen überschätzung von MOD-errungenschaften auftritt, und dann die gestalt einer system-artigen und durch KRITIK (als dem standpunkt angemessene vermittlungsform), wenn überhaupt, zu verbreitenden politisch-idealen optimalhypothese über fremde individualitäten annimmt: marktwirtschaft (und erst recht staat) als einzig verbleibendes hindernis für ideal-libertäre vergesellschaftung, die man garnicht eigenständig mehr begründen muss. so ordne ich etwa den standpunkt aktueller radikallinker wie etwa des „gegenstandpunkt“ (GSP, vgl. auch unter „untersuchungen“, ökonomie) ein. (nebenbei: libertären kommunismus sollte man strikt vom politischen, also auf staat und demokratie hin orientierten SOZIALISMUS unterscheiden, oder gar von noch primitiveren denkformen, in die natürlich aller und jeder (relativ) fortgeschrittenere inhalt zurückfallen kann (etwa der seinerseits schon sehr primitive sozialismus rückwärts entlang der reihe staat-recht/klasse-(gesellschafts)vertrag(sstandpunkt)- psychologisieren(der rassismus) und schliesslich OPP. umgekehrt sollte man sich daran erinnern, wie anarchisch-„libertär“ (und staatsfeindlich!) auch schon das genuin marktwirtschaftliche denken sein kann; in wahrheit gibt es wenig, das dem libertären kommunismus nähersteht. durch die allgegenwärtige rückstell- und rückfall-tendenz für diese fortgeschrittenen formen wird alles verdeckt, was sich aus dieser Normalplaner-gemässen primitivität des staats- und rechts-denkens herausgearbeitet hat und auf REALE (produktions)verhältnisse und verständigung bzw. verständigbarkeit darüber sieht, statt auf die legitimiertheit von gewaltverhältnissen. alles, was über die erste spalte hinausgeht, hat daher diese (sozial-, nicht individual-)anarchistische färbung. (individual-anarchismus hingegen ist der reine vertragsstandpunkt – ein standpunkt, auf dem nicht eben wneige „bürger“ demokratischer staatswesen stehen.) all diese vor-libertären politischen formen sind im zusammenhang mit in REL und OPP zurückgefallener MODernität zu behandeln.
anm. hier geht es vor allem um die vergesellschaftungskonzept, die sich aus dem MOD standpunkt ergeben. MOD als kulturelle und kognitive form, als lernprogramm zu analysieren, gehört in die mit „normalität“ eröffnete reihe von untersuchungen. dort wäre eingehender von empiristischer und technomorpher wissenschaft, dem MOD technik-begriff, den bestimmungen arbeitsteiliger (re)produktion unter MOD vorgaben, dem MOD fortschritts-begriff, und den ästhetischen kompensationen und utopie-bildungen (als vorgaben für weitere entwicklungn und „regionale“ sinnstiftung) zu reden.
anm. der tiefste graben unter trägern verschiedener mentalitäten verläuft zwischen normalplanern und allen andern (die sich als „experimentell eingestellte“ ihnen gegenüberstellen lassen). diese verwandtschaft spüren alle, die nicht mehr OPPortunistisch-normalplanerisch denken, und sehen dies als ihre gemeinsame errungenschaft und grund der überlegenheit ihrer standpunkte an, wieviel sie auch sonst von den andern trennt. und das gilt ebenso fürs politische: gewaltbereitschaft (wie legitim auch immer sie erscheint) ist das privileg der normalplaner. experimentelle menschen halten gewalt nicht für vernünftig.
anm 1 zur anm: ich präzisieren den letzten satz: experimentell denkende menschen bauen ihre verhältnisse zu andern nicht auf beziehungen auf, in denen gewalt als normalität und hinzunehmen angesehen wird. solange damit zu rechnen ist (und es IST damit zu rechnen!) herrscht für experimentell denkende AUSNAHMEZUSTAND, bei dem alles darauf zu richten ist, ihn (durch vermittlung und verständigung) zu beenden; es herrscht keine normalität, in der sich einzurichten wäre, wie beispielsweise in einem demokratischen rechtsstaat. die befürworter dieses staats rechnen es sich hoch an, dass es dort gelingt, „soviele menschen“ eben doch halbwegs friedlich zusammenleben zu lassen. die kritiker (nicht feinde, das muss man sorgfältig trennen) der staatlichkeit hingegen sagen, dass die dort für normal erklärten gesellschaftlichen verhältnisse den geringsten belastungen nicht gewachsen sein werden, und wenn doch, die wegen des aufschubs fälligen katastrophen sich immer weiter vertiefen werden, und die lage gerade wegen der vermeintlichen bewährung der „systeme“ nur um so schlimmer wird.
anm. 2 zur anm: der gute wille von radikalliberalen und libertären, sich der genannten herausforderung zu stellen, wird zu nichts führen. BEIDE politischen ansätze, so relativ fortgeschritten sie sind, verfügen nicht über die mittel, um den vor-liberalen, vor-libertären teil der bevölkerng, also die überwältigende mehrheit, zu begreifen und das gefälle zwischen dem eignen und deren standpunkt zu überwinden. dieses notwendige scheitern modern- oder religiös-radikalliberaler und libertärer oder in liberale rahmen zurückgefallener libertärer an den demokratischen und vordemokratischen standpunkten der normalplaner-spalte der 3×3 tabelle soll in „scheitern der moderne 2“ abgeleitet werden.
ende der vorbemerkung.
Teil 1: Wie und warum die derzeitige Art der Selbst-Bestimmung (des Selbst-Verständnisses) im Verlauf der politischen Auseinandersetzungen der Moderne zuletzt als unzulänglich, und vollständige Selbst-Bestimmung als dringend zu lösende Aufgabe begriffen wird
PLAN FÜR TEIL 1 VON „DAS SCHEITERN DER MODERNE“
1.
Die wichtigsten Arbeitshypothesen lauten in etwa:
a. Beim Übergang zur Moderne zerbrechen die beiden integrierten und (per „chorismos“, „Transzendenz“) strikt separierten Anteile der religiösen Praxis (traditionales und kultisches Handeln) noch einmal, nämlich in einen Welt- und einen Selbst/Sinn-bezogenen Anteil; es entstehen die vier Wertsphären der Moderne: Ästhetisches Erleben, Berufstätigen-Alltag, Technik, (technomorphe) Natur-Wissenschaft.
b. Ihre grundlegenden Rationalitätsprinzipien erbt die Moderne aus der nicht-kultischen religiösen Praxis, sie lassen sich beschreiben als 6 minimal-suboptimale oder „transzendental-ökonomische“ Hypothesen oder Erwartungen an die Welt (vgl. „Normalität“, Kap.8h). Was der Anwendung dieser Prinzipien einzig Sinn gibt, nämlich die Denkbarkeit einer Optimalhypothese oder Bestimmung, wie die Welt sein müsste, um für uns Sinn zu machen (dass sie so ist, müssen wir, bis zum Beweis des Gegenteils, unserem (Versuchs)Handeln zugrundelegen), wird von der Moderne auf sehr einfache Weise hinzugefügt: Die 6 Prinzipien werden nicht nur als NOTWENDIGE Ausgangshypothesen für JEDES Handeln unter JEDER weitergehenden (Optimal)Hypothese angesehen, sondern als HINREICHENDE, dh. die Optimalhypothese der Moderne lautet: Wir behandeln die Welt (bis zum Beweis des Gegenteils) als, so wie sie ist, sinnvoll, indem wir die 6 Prinzipien bei immer weiter anwachsendem Wissen über die Welt immerfort weiter auf sie und in ihr anwenden – die Welt, wie immer sie im Einzelnen ist, ist ein passendes Korrelat zu unserer veruchsweisen Immer-Weiter-Führung und Weiter-Anwendung der 6 Prinzipien bei anwachsendem Wissen.
c. Dies ist dann auch zugleich die Selbstbestimmung oder das Selbstverständnis aller Menschen mit modernen Standpunkten: Sie definieren sich als (Lebe)Wesen, die ihr Verhalten zur Welt (ihr kollektiv reproduktives Handeln und ihren Wissenserwerb in der Welt) mithilfe dieser Optimalhypothese organisieren und begründen. – Allerdings ist dafür vorausgesetzt, dass in der einfachen aktuellen Reproduktions-Praxis der modernen Gesellschaft die Sphären des Technisch-Weltbezogenen und des (Alltags- und Berufs-)Tätig-Selbstbezogenen zu einem Reproduktions- und Fortschrittszirkel zusammengefügt sein sollten (mit dem Ästhetischen und der Wissenschaft als „Wachstums“- oder Fortschritts-Richtungen und Sinnerfüllungsdimensionen). Leider misslingt das immer wieder, mit jedem der versuchten Selbstverständnisse, mit denen moderne Menschen versuchen, den in der Entstehung ihres Epochen-Entwurfs entstandenen Bruch zu heilen: Jedesmal trifft die entsprechende Interpretation vom Zusammenwirken der zentralen Wert-Sphären Alltag und dafür benötigte Technik (erst recht der peripheren, sinnerfüllenden) nur ENTWEDER auf die gesellschaftliche (Re)Produktion, oder die persönliche, aber nie auf beide zugleich zu: Sodass nach modernem Verständnis nur immer eins von beiden Gegenstand der Anwendung der 6 Rationalitätsprinzipien sein kann, das andre aber irrational und verrückt erscheint.
d. Die sukzessive durchlaufenen Selbstverständnisse von Einzelnen und Gesellschaft lassen sich in etwa so beschreiben:
die hier gegebene übersicht ist durch die entwicklungen in kap.1+2 (s.d.) zt überholt bzw. präzisiert!
ERSTER STANDPUNKT: Die vier Wertsphären sind in der gesellschaftlich arbeitsteiligen Produktion sinnvoll aufeinander bezogen und arbeiten einander zu; der Einzelne kann seinen Beitrag als sinnvollen Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit erkennen, umgekehrt das Tun der gesamten Gesellschaft als unmittelbar auf das bezogen, was er will.
ZWEITER STANDPUNKT: Die vier Wertsphären werden aufgefasst als Ausdruck subjektiver Bedürfnisse und objektiver Anforderungen, in der objektiven Version werden sie gesellschaftlich bearbeitet, wirken dabei aber nicht sinnvoll zusammen; nur subjektiv ergibt sich aus dem Zusammenwirken aller drei Sinn. Die Beteiligung an der objektive Anforderungen berücksichtigenden Arbeit der Gesamtgesellschaft erfährt der Einzelne als entfremdende Abhaltung von der persönlich möglichen Erfüllung.
DRITTER STANDPUNKT: Bei genauerer Betrachtung (die möglich wird durch grössere Fortgeschrittenheit der modernen Industriegesellschaften bei der Umsetzung der vier Wert-Sphären-Programme) erweisen sich Subjektivität und Objektivität im Tun der Gesellschaft sowohl als dem des Einzelnen als verschränkt, der eigentliche Unterschied im Tun des Einzelnen wie der Gesellschaft ist der von determiniertem (Alltag und Wissenschaft) und wahrhaft freiem kreativem Handeln (Technik und ästhetisches Erleben). Willkür-Entscheidungen und Anerkennung der einen bestimmenden Determinismen gehen aber sowohl in gesellschaftliche wie private Plan-Entwürfe ein: Dabei gibt es keine Grundlage, warum sie je mehr als zufällig einmal (also nie) übereinstimmen sollten.
VIERTER STANDPUNKT: Der Widerspruch von Determinismus und (Willkür)Freiheit erweist sich als nicht bestehend, indem bei maximal fortgeschrittener Moderne die Beteiligung von Momenten jeder der vier Sphären in der Umsetzung des Programms der drei anderen erkennbar wird – freilich in unterschiedlicher Intensität. Der Einzelne scheint somit keine Einbusse zu erleiden, wenn er sich, vereinseitigt, arbeitsteilig, seinen Platz in der gesellschaftlichen Produktion anweisen lässt (oder wählt): All seine Haupt-Bedürfnisgruppen werden in jeder Tätigkeit der vier Wertsphären mitbedient, all seinen Interessen wird durch die Produkte aller vier Sphären gedient. Die Gesellschaft kann ihre kollektive moderne Produktionsweise, libertär-kommunistich, legitimieren als eine, die im Tun und Ertrag des Einzelnen, an gleich welcher Stelle er eingesetzt wird, seinen Bedürfnissen und Interessen voll gerecht wird: Er muss nur auf SEIN Interesse, SEIN Bedürfnis achten, und hat keinen Grund, dem gesellschaftlichen Produktionsplan zu widersprechen (vorausgesetzt, der ist nur noch auf Bedürfnis und Interesse aller Beteiligter ausgerichtet, und Ausdruck eines Zustands, wo die Entwicklung der Befriedigung von Bedürfnissen und Interessen jedes Einzelnen (notwendig-hinreichende) Bedingung (also identisch) ist (mit) der Entwicklung derjenigen aller andern: Kommunismus.)
2.
Dieser Kommunismus ist der der Moderne, als Weltverhältnis, angemessene politische Zustand: die voraufgehenden politischen Zustände, die einzig zu vormodernen Weltverhältnissen passen, erweisen diese ihre Unangemessenheit schlagend, und werden von modernisierten Teilen der Geselslchaft aufgegeben werden. (Hier macht die Theorie eine (Pseudo)PROGNOSE, die an die Bedingung geknüpft ist: Wenn die Beteiligten auf Dauer überhaupt verständlich sein sollen (dann werden sie soundso handeln, nämlich zum libertären Kommunismus übergehen). Es handelt sich um eine PSEUDO-Prognose, weil nicht Fakten prognostiziert werden, sondern die Definition von „Vernünftigkeit bestimmter Gruppen von Trägern bestimmter historischer Erfahrungen“ für bestimmte Situationen präzisiert wird. Es wird nicht behauptet, dass es Vernünftigkeit, oder solche Träger und Gruppen geben muss oder (weiter geben) wird.).
Obschon der Übergang von der Moderne unangemessenen zu angemessenen politischen Formen als Fortschritt und Behebung eines Mangels anzusehen ist, ist (wie alle solchen Legitimations-Versuche zuvor) die unvermittelt-autoritär-selbstbewusste Legitimation des libertären Kommunismus als etwas durch und durch Vernünftiges und allen (rationell denkenden, also halbwegs aufgeklärten= modernen und aus der psychologischen Selbstzurichtung als bürgerliche Mitmacher entschlossen ausgestiegenen) Menschen Angemessenes, zum Scheitern verurteilt, weil die sichere Erwartung trügt, dass spätestens alle auf dem VIERTEN STANDPUNKT stehenden Produzenten, die ihr ganz persönliches Interesse mit dem der andern verrechnen, sich untereinander schon einig werden über die allgemeinen Produktions-Präferenzen, die sie als moderne Produzenten-Assoziation als Randbedingung für ihre persönliche Reproduktion festlegen müssen.
3.
Denn die Grundlosigkeit der modernen Praxis nimmt jetzt zwar nicht mehr die Gefärbtheit und Form eines Zusammenwirkens von Determiniertheit und Willkür an, wohl aber die eines Nebeneinanders gleich berechtigter Gesichtspunkte, unter denen der Einzelne einem gesellschaftlichen Plan zustimmen könnte; diese Gesichtspunkte – es sind keine andern als die je in eine Reihenfolge gebrachten Ziele und Werte der modernen Wertsphären – lassen sich alle, mit derselben, also eigentlich keiner Berechtigung mehr als der je andre verfolgen. Der Einzelne kann die damit verbundenen Prioritätenkonflikte für sich nicht lösen, sondern ist darauf angewiesen, dass andre, mit andern Prioritäten, das von ihm Vernachlässigte mitverfolgen; nur, dass er sich selbst, durch seine eigne Einseitigkeit, davon ausschliesst. Die Entdeckung, dass jede Wertsphäre als Moment zum Gedeihen je aller drei andern unumgänglich beitragen muss, verliert ihre integrative Wirkung auf der Stelle: Weil es eben einen Unterschied macht, welchen Stellenwert man ihr als Moment und Mittel, und welchen als Selbstzweck, und hier wieder als Zweck neben den andern drei, einräumt. Nur die zufällige Verteilung von praktischen Stellungen, etwa als Berufstätiger, oder „Kreativer“, auf Bevölkerungsgruppen lässt den Schein entstehen, dass hier echte Wahlentscheidungen von grösseren Gruppen von jeweiligen Befürwortern und Gegnern eines Vorschlags zur Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen vorliegen. Auswürfeln kann man die Entscheidung leider auch nicht: denn genau die PRÄFERENZ so oder anders zu setzen, hat jeweils gute Gründe für sich (sonst wäre der Konflikt ein indifferenter, man könnte eben so oder so entscheiden, und es gäbe nichts zu streiten).
4.
Der eigentliche Fortschritt (hin auf die Einsicht in das notwendige Scheitern der für unüberbietbar gehaltenen modernen Form von Rationalität) besteht aber darin: Dass sich die möglichen Prioritäten, die man setzen könnte, nicht mehr zwischen der gesellschaftlichen Produktion und persönlichen Zielen verteilt, vielmehr die Gegensätze zwischen Gruppen von Individuen ausbrechen, also bereits zwischen rein individuellen Entscheidungen für oder gegen eine Konfliktlösung bestehen. Umgekehrt lassen sich alle individuellen Voten als unmittelbar gesellschaftliche denken, nämlich in der Gruppe derer, die ihre Prioritäten exakt gleichsetzt – wenn es denn am Ende, bei genauer Betrachtung, noch zwei Individuen geben sollte, die in ihren Präferenzen übereinstimmen. Dies kollektiv-Individuelle der unendlichen Kombinationen von möglichen Präferenz-Setzungen und Verkettungen, zu denen die modernen Wertsphären tendieren, wird im Versuch des VERMITTELNS zwischen streitenden Parteien (oder auch nur des eignen Vorschlags an die Gegener in einem konkreten Konflikt) erkannt: Moderne Werte ZERREISSEN Sinn-Dimensionen, und weisen sie eigenen Tätigkeitssphären zu, die im Leben jedes Einzelnen zu keinem Zeitpunkt je fehlen dürfen, und zu jedem Zeitpunkt ALLE ZUGLEICH sein Handeln und das der mit ihm zusammen sich Reproduzierenden müssen bestimmen können. Moderne Werte – technischer Fortschritt, Wissensfortschritt, Alltagseinrichtung, ästhetisches (Erfüllungs)Erleben – zwingen jedem Einzelnen dagegen unlösbare Konflikte auf: Einmal, indem sie sowohl Bedürfnisse als auch Interessen verkörpern, scheinen sie beides gegeneinander zu wenden, Bedürfnis-Realisierung scheint auf Kosten objektiver Interessen-Verwirklichung zu gehen und umgekehrt; aber auch zwischen Bedürfnissen und zwischen Interessen selbst brechen Widersprüche auf, eins geht auf Kosten des andern, und alles zugleich umsetzen bedeutet universelle Beschränkung.
5.
Aber erst in den fortschreitenden Versuchen, zwischen den Trägern solch unlösbarer Konfliktpositionen zu vermitteln, oder die Lösbarkeit verschiedenster Konflikte vorwegzunehmen und generell zu prüfen, werden diese Kategorien, Interesse, Bedürfnis, und ihre immer gleich widersprüchlichen Inhalte unter Bedingungen der kulturellen Moderne, erstmals gedacht; erst jetzt überhaupt heben sich die Wertsphären als voneinander GETRENNTE und auseinanderstrebende ab, die auf allen bisherigen Standpunkten (dem ERSTEN bis VIERTEN) doch irgendwie zu einer sie gemeinsam realisierenden Praxis zusammenschliessbar und integrierbar erschienen.
Indem diese Konflikte verstanden werden als solche IN jedem potentiellen Teilhaber moderner Kulturziele, werden sie als solche des Weltverhältnisses selbst, und nicht mehr als politische begriffen. Und dazu wird die Kategorie entdeckt, in der sich die Widersprüche leidvoll entfalten, nämlich IDENTITÄT (wie in der 3.Abteilung dieser Seite abgeleitet).
6.
Genauer. Identität – also was jemand auf Dauer gut kann und erträgt, unter Bedingungen, mit denen er glaubt dauerhaft (für den Rest seines Lebens) rechnen zu dürfen – kommt nie isoliert vor, sondern der Einsatz der Fähigkeiten in einem Lebensentwurf kombiniert diese mit für lohnend und sinnvoll gehaltenen Zwecken, die im Verbund mit andern (im Rahmen einer gemeinsamen Lebensform) verfolgt werden. (Über die Verhältnisse im Einzelnen, ob es Gewalt-, Gewohnheits-, Idealisierungs- oder Konsens- und Intimitätsverhältnisse und -beziehungen sind, ist damit nichts gesagt.) Neue Ziele und Verhältnisse, in die Einzelne oder Gruppen hineinfinden, verlangen Anpassungen ihrer Identitäten, aber auch umgekehrt: Träger bestimmter Identität suchen, mitunter immer verzweifelter, nach kulturellen Inhalten, Gemeinschaften, zu denen sie, so wie sie SIND (denn als ein solches So-Sein erscheint die langfristig ausgelegte Identität ihrem Träger ebenso wie Aussenstehenden), passen, und die ihnen passen – sie versuchen, einen instabilen, unhaltbaren Lebensentwurf, der sich in ihrem Aufwachsen herausbildete (das Stabilste daran vor allem die Identität in der Familie) ins Erwachsenenleben hinein zu retten, vor allem natürlich in modernen oder sich modernisierenden Gesellschaften, die soviele Optionen für „individuelle Lebensstile“ bereithalten. Für die Moderne ist nun charakteristisch, dass dies wechselseitige Zusammenpassen von Identität und Individualität, Zugehörigkeit zu Gruppen und Konsens-Gemeinschaften, notwendig immer flüchtiger und zugleich explodierend-vielgestaltiger wird, durch den unablässigen Einstrom innovativen Materials, (in unterschiedlichsten Zusammensetzungen, durch unterschiedlichste Bildungsgänge und Zufälle ins Einzelleben eindringend) aus dem heraus und mit dem die Praktiken, also auch Ziele, Zwecke, Werte dieser Gruppen und Gemeinschaften definiert werden.
7.
Die Reihe dieser vier Kategorien:
– (personale) Mentalität (eine der möglichen vernünftigen Begründungsweisen überhaupt)
– Individualität (kulturelles Programm, generations-übergreifend, für arbeitsteilig organisierte Gruppen und ganze Gesellschaften; mit Vorstellungen über Erfahrungskonservierung (-tradierung), Verteilung und Weitergabe von Rollen/Aufgaben/Funktionen, bestehendem und neu hinzugekommenem Erfahrungswissen und den Resultaten seiner Verarbeitung, Art der Konsensbildung uter Beteiligten, Verhältnis zu „Aussenstehenden“ oder bedingt Beteiligten usw.)
– Lebensform+Lebensentwurf (arbeitsteilige Einrichtung im Rahmen einer Gruppe mit geteilter Individualität und festgelegten Aufgaben, Bildungsständen, Teilhabe-Bedingungen an Entscheidungen, Einfluss auf Verteilung von materiellen Resultaten und Wissensverarbeitung usw.)
– Identität (persönliche Einrichtung von Handlungsspielraum und Aufmerksamkeits-Organisation auf einen Lebensentwurf und eine(n) dazu gehörende(n) identitäts-teilende(n) Beziehung(sentwurf)
ist der Schlüssel für die Rekonstruktion von Mängeln der Selbstbestimmung (und damit des Erschliessens, Begründens kollektiver (Versuchs)Pläne aus gegebner (geteilter kollektiver) Erfahrung), und der bislang vier epochalen Stufen und drei Übergänge (von ihnen weg), in denen diese Mängel überwunden und die je nächste Kategorie, angefangen bei der ersten der Liste, bis zur letzten, entdeckt und, zumindest für Minderheiten, bewusst und in Bildungsgängen zugänglich gemacht wird.
Dabei sind die Versuche zu einer faktischen Einrichtung einer kollektiv erfahrungsverarbeitenden, dh. lernfähigen (nach gegebnen Prinzipien) Praxis auf dem jeweiligen Mangel-Niveau (des Weltverhältnisses, denn darum handelt es sich im Kern), also die Entwicklungs-Reihe immer differenzierterer politischer Formen, die dabei jeweils durchlaufen werden, zugleich Teilschritte, in denen Teil-Bestimmungen der jeweiligen Kategorie ins Handeln und die Art seiner kollektiven Organisation einbezogen werden:
– in der zum Weltverhältnis „Normalität“ gehörenden politischen Formenreihe Psychologisierung, Gewalt, Vertrag, Staat bildet sich die Kategorie des vernünftigen Begründens und vernünftig überhaupt Rechtfertigbaren (und damit Verantwortlichkeit, Zurechnungsfähigkeit, Vernünftigkeit) für die an diesem Lernprozess Beteiligten immer stärker heraus – bis als diese Kategorie entscheidend bestimmende wiederum das Lernen der Gesellschaft im Begriffs-Horizont auftaucht – und als das massgebliche Thema allen Begründens (das aber unter „Normalitäts-Vorgaben“ nur am Rand erwähnt wurde);
– diese Kategorie wird, ausgehend von der naivst-denkbaren Erscheinungsform als idealisierende Unterstellungen über Gleichheit in der Verschiedenheit kultureller Programme, entwickelt bis hin zu dem Punkt, wo die Bestimmungen von Lebenseinrichtungen, Lebensform (der Gruppe oder Gesellschaft) und Lebensentwurf (des Einzelnen darin), und die Umgangsformen mit Erfahrung darin, als jede denkbare (vernünftige, vernünftig rechtfertigbare) Individualität und gesellschaftlich konsensfähiges kulturelles Programm bestimmende, entdeckt werden, dies geschieht in der Reihe der Entwicklungsformen des Markt- und ökonomischen Denkens (als angemessener politischer Denkform des genuin religiösen (nicht gläubig-religiös, ins Normalitäts-Denken regredierten) Begründens und (Versuchs)Plan-Erschliessens (also des religiösen Weltverhältnisses);
– es ist dann die Moderne, in der über die oben genannten VIER STANDPUNKTE hinweg, angefangen wieder beim ERSTEN als dem naivst-denkbaren, diese Kategorien von Lebensform (der Gesellschaft) und Lebensentwurf (des Einzelnen, in ihr), im Verhältnis zum unveränderten kulturellen Programm der Moderne, ausgeführt werden – als immer entwickeltere Vorstellungen, nämlich Selbst-Verständnisse davon, wie arbeitsteilig die Gesellschaft als ganze und jeder einzelne in ihr zu begreifen sein müssen, damit dies Programm als vernünftig und reibungsfrei verwirklichbar erscheint, mit dem Ergebnis, im letzten Schritt (über den VIERTEN und autoritär-unvermittelt auftretenden Legitimationsstandpunkt dieser Reihe, nämlich den libertären Kommunismus, hinausgehend), dass sämtliche Lebensformen und -entwürfe im Rahmen von kulturellen Programmen (Individualitäten) vom „modernen“ Typ notwendig Handlungs- und Aufmerksamkeitsspielräume der sich auf sie Einrichtenden, also deren Identitäten, beschädigen, und die wechselseitigen Anforderungen aneinander der so Beschädigten durch kein Vermittlungs- und Ausgleichsverfahren der Welt je zu befriedigen sind – Identität ist damit als die für Lebensentwürfe, mithin Individualitäten, mithin alles vernünftige Begründen (das nämlich ist der bis dahin entdeckte hierarchische Zusammenhang zwischen ihnen) bestimmende Kategorie erkannt; und sie wird in all ihren Momenten entfaltet im nachmodernen Weltverhältnis, und SEINER politischen Entwicklungsreihe – die eine Stufenfolge des Rückgängigmachens in der Gesellschaft historisch stehengebliebener unbereinigter Identitätsbeschädigungen (angerichtet durch die je zugehörigen Weltverhältnisse) ist. Wobei anzumerken ist, dass so gut wie keine in modernen Verhältnissen lebende Person frei ist von religiösen und „normalplanerischen“ Denkformen, und viel Bildungsarbeit an sich selbst wie anderen zu leisten hat, um diese vormodernen, erst recht modernen Atavismen zu beseitigen. (Die Arbeit ist nämlich wesentlich eine des BESCHRÄNKENS von Denkmöglichkeiten, oder des bestimmenden und dadurch beschränkenden Denkens dort, wo zuvor (auf dem primitiveren Standpunkt) Freiheiten und Denk-Möglichkeiten bestanden, die aber nicht auf ihre Berechtigtheit und Haltbarkeit geprüft werden).
8.
Mit diesem Schritt in die Nachmoderne wird dann auch die Reihe der bisherigen Kategorien, wie man es ausdrücken könnte: durchaus vom Kopf auf die Füsse gestellt, nämlich auf Identitäten, als Basis, Thema, Ausgangspunkt allen Planens und Welt-Erforschens. Damit ist eine Vermutung ausgeprochen über die sich ergebende Entwicklungsreihe zu denkender politischer Verhältnisse und Formen, die diesem identitäts-orientierten Welt- (und das heisst, erstmals: NATUR-) Verhältnis gerecht werden und angemessen sind: die Reihe der bisherigen vermeintlichen Basis-Verhältnisse wird rückwärts durchlaufen, und diese Verhältnisse (Lebensform und -entwurf; Individualität; Mentalität und Begründen überhaupt) explizit und bewusst gemacht durch den Beitrag, den sie – im Rahmen des jeweiligen Weltverhältnisses, kraft dessen Mängel, also kraft seiner (illusionäre Möglichkeiten durch Nicht-Bestimmung, Unklarheit der Selbstbestimmung eröffnender) Qualitäten – zur Beschädigung der Identitäten jedes Trägers einer solchen Form von Welt- und Sozialverhältnis, leisten:
– die modernen Lebensformen und -entwürfe (Arbeitsteilungsformen) und -entwürfe durch ihre Trennung von Erfahrungsgewinn und -verarbeitung;
– die religiösen Individualitäten durch ihre Trennung von Sinn (möglicher Erfüllung von Fortschrittsentwürfen) und Verstehen (Integration neuer in bereits bestehende Erfahrung) einerseits, Praxis und Erfahrungszuwachs andererseits;
– die normalplanerischen durch ihre Prinzipienlosigkeit und Mangel an vernünftiger Ausschliessung (mangelhafter Klarheit über) überfordernder und chaotisch-empiriegeleiteter (Versuchs)Plan- und Wissenserwerbsstrategien (-regeln) (Optimalhypothesen).
9.
Identität als entscheidende Kategorie, so lautet die Zentralthese dieses Abschnitts in der Darstellung des „Scheiterns der Moderne“, wird entdeckt als massgebliche Ursache von Konflikten im lbertären Kommunismus, als dem der Moderne angemessenen Legitimitäts- und Vergesellschaftungsentwurf. Die äusseren Konflikte werden, im Zuge der Versuche, sie zu schlichten und beizulegen, erkannt als Ausdruck unlösbarer Identitätskonflikte der Beteiligten. Genauer wird erkannt werden (MUSS erkannt werden, könnte vorwegnehmend schon erkannt werden, wenn es nur ein Motiv gäbe, sich darauf einzulassen), dass genuin moderne (nicht religiös-modern, oder gar gläubig-religiös-modern regredierte; was allerdings der Normalfall wäre) Individuen, spätestens wenn sie bewusst libertär-kommunistisch (also illusionär-autoritär, auf dieser Basis) vergesellschaftet sind (die Legitimität und Legitimierbarkeit dieses Vergesellschaftungsmodus für hinreichend halten, um ihn herzustellen), Einfluss nehmen wollen auf die gesellschaftliche Lebensform (Form der Prinzipien der Organisation von Arbeitsteilung bei der Verwirklichung des modernen Kulturprogramms, einer modern gedachten Individualität), um leidvolle Mängel ihres Lebensentwurfs (vor allem: Ausschlüsse von gewünschten Erfüllungen, in Quantitäten, die eben AUCH wertvoll sind, und nicht entbehrt werden sollen) durch Anschluss an fremde Lebensentwürfe (die gesellschaftliche Lebensform als Verbund all dieser Entwürfe) zu kompensieren. Dabei wird dann deutlich, dass die Träger DIESER für kompensatorische Zwecke vereinnahmter Lebensentwürfe ihrerseits mit ebensolchen Forderungen an diejenigen herantreten, die an sie Forderungen stellen; die wechselseitigen Wünsche und Forderungen sind unerfüllbar – die einen wollen jeweils nicht (können vernünftigerweise auf ihren Grundlagen nicht wollen), was die andern von ihnen wollen, und umgekehrt; und dies alles ist in Wahrheit Ausdruck der durch all diese für gut und richtig gehaltenen (weil als zweckmässige Beiträge zur Umsetzung des (dabei intakt bleibenden) kulturellen modernen Individualitäts-Programms verstandenen) Lebensentwürfe erzeugten Identitätsbeschädigungen. Der Wunsch der einen an die andern ist also: durch eine spezielle Einrichtung von Arbeitsteilung und gesellschaftlicher Lebensform, Verschiebung von Prioritäten in die eine oder andere Richtung bei den Beiträgen der je andern zur eigenen Vorstellung von dieser Lebensform, Identitäts-beschädigende und somit leidvolle Wirkungen der eigenen (intakt gelassenen) Lebensentwürfe zu kompensieren. Kurz: Die Lebensform soll machträglich rückgängig machen, was der eigne, im Rahmen der (von ihm aus gedachten und entworfenen) gemeinschaftlichen Lebensform für unabänderlich erklärte Lebensentwurf an Identitätsbeschädigungen anrichtet: Der eigne Lebensentwurf und seine Anforderungen wird festgeschrieben, die Lebensform hingegen soll, in Gestalt fremder Lebensentwürfe, noch variable Seiten offenbaren. Aber nur durch dieses willkürliche Festhalten und Festschreiben des Eignen entsteht hier die Form eines Konflikts zwischen Plan-Entwürfen; würde dieser Standpunkt aufgegeben, würden die Konflikte als objektive und objektiv unlösbare erkannt. Denn: Was den einen helfen würde, IHRE Identität zu heilen, beschädigt die ihrer Wunschadressaten nur weiter; und umgekehrt. Für diese Konflikte und unbefriedigbaren wechselseitigen Forderungen, Vorschläge, Erwartungen gibt es keine Lösung im Mass, wie eben JEDE Umsetzung eines modernen Kultur-Programms Leben, also die personale und vernünftig organisierte NATUR sprach- und begründungsfähiger Wesen, beschädigt; dieser Mangel ist durch keine nachträgliche Arbeits-Teilung und Vergesellschaftung zu reparieren.
10.
Im selben Vorgang wird – im Zuge der Beseitigung von identitäts-beschädigenden Momenten an den je passenden Adressaten (durch zwangfreie Verständigung mit ihnen, versteht sich), ausgehend von kollektiv unbeschädigten Identitäten – zunächst eine kollektive Lebensform (mit dazu passenden Lebensentwürfen) aufgebaut; ausgehend davon, auf die gleiche Weise, eine nicht-identitätsschädliche (lebensform-ermöglichende) Individualität (ein bewusstes, kollektives kulturelles Programm, begründet durch den geteilten Erfahrungs- und Bildungsstand aller an ihm Beetiligter); wieder auf dieser Grundlage, wird der Raum möglicher vernünftiger Individualitäten und Regeln des Umgangs mit Erfahrung, also der Raum des Vernünftigseins und Begründen- und Erschliessenkönnens, ausgeleuchtet und abgeschritten, und damit die Grenze zur Unvernunft normal-planerischer Individualitäten (dem ersten und grundlegendsten Weltverhältnis überhaupt, vgl. „Normalität“) abgesteckt, indem alle Einstellungen aller Personen, die jenseits davon liegen, wieder auf dem Weg zwangfreier Verständigung und Vermittlung korrigiert werden.
Durch diesen Prozess wird somit nicht nur das Selbstverständnis aller überhaupt personal verfassten Wesen, die hier miteinander in Kontakt gekommen sind, als Vernünftige explizit ausgedrückt – die Selbstbestimmung wird hier auch vollständig im Sinne einer vollständigen Bestimmung möglicher Grenzüberschreitungen und damit des Verschwindens notwendiger Merkmale allen vernünftigen kollektiven (Versuchs)Handelns, seiner Planung und Erschliessung aus je vorhandener kollektiv abgeglichener und abzugleichender Erfahrung – vollständig wird das hinreichend-notwendige für alle am gesellschaftlichen Planungs- und Erfahrungsverwertungsprozess Beteiligte, also alle, benannt und versteh- und nachvollziehbar. Die zentrale These von „Scheitern der Moderne“ lautet: Ohne ein solches gemeinsam vollzogenes vollständiges Sich-Selbst-Bestimmen und -Verstehen gibt es keine gelingende Vergesellschaftung und kein rationales Verhältnis zur Welt, nämlich Natur; die korrekte, weil vollständige Sselbstbestimmung begründet auch eine kategoriale Selbst-Einordnung aller vernünftigen Personen in die Welt, also vor allem Natur, und eine Hierarchie von sie fundierenden praktischen (!) Kategorien, über die sie diese Welt, also vor allem Natur, in immer tieferen Schichten, als ihr Lebensfundament erforschen und für sich und zu ihrer Stabilisierung beeinflussen und lenken lernen (in den Spielräumen, die Welt also Natur bei dieser ihrer Erschliessung eröffnet).
11.
Mit anderen Worten: So, wie die Analyse des technischen Handelns (als eines Teils des Gesamthandelns) die Erschliessung der Technik-gemässen Welt-Kategorien anleitete (oder anleiten würde, wenn sich das moderne Denken von seiner epochalen und (wissenschafts-)geschichts-verfälschenden Fixiertheit auf empiristische Kategorien-Verleugnung lösen könnte), so die selbst-definierende, vollständig selbst-bestimmende Analyse des Handelns insgesamt, also des Vernünftig- und Personseins, die (dann noch fehlenden) Kategorien und ihre Abfolge, in denen sich die uns fundierende Natur aufbaut (so, dass unser auf sie bezogenes (Versuchs)Handeln sich entlang dieser Abfolge, die eigentlich seine eigene Organisation ist, seiner selbst bewusst werden kann): Schicht für Schicht werden wir da veranlasst, uns darauf zu besinnen, welche unserer Handlungsebenen als je nächste welches zu ihrer Ausführung (DADURCH-DASS) nötige Korrelat erfordert. Ob wir dann je bei Eingriffen auf der Stufe, die heute für die einzig massgeblichen gehalten werden, anlangen werden: nämlich der unmittelbaren Um- und Neugestaltung von Erbinformationen, selbst da und dann, wo und wenn sie uns möglich wäre: das lässt sich hier nicht sagen. Nur soviel: Wenn wir es je für nötig halten, dann in einem Rahmen, in dem die ZWECKE dieses Tuns genau bestimmt und begründet sind durch das Verständnis unserer Stellung in der Welt, also dessen, was uns an und in dieser Welt fundiert und trägt. Anders als die heutigen Genklempner würden wir dann wissen, was wir tun; und es darum, mit grösster Wahrscheinlichkeit, lassen.
12.
Nochmals zurück zum Anfangspunkt, von dem aus die Nachmoderne sich entfaltet (wenn sie denn je zustandekommt). – Es gibt eigentlich zwei solche Punkte: der eine ergibt sich praktisch, IMPLIZIT, aus einer Entwicklung des SCHEITERNS im engeren Sinne der Moderne als unüberbietbar rational erscheinendes Weltverhältnis (und dazu gehörendes Regelsystem für Reproduktion und Wissenserwerb; also Optimalhypothese); diese Entwicklung wird in Teil 3 der Abhandlung über das Scheitern der Moderne skizziert. Der andere ist EXPLIZIT; diejenigen, die dies Scheitern an sich erfahren (im Rahmen ihrer Verständigungs- und Vermittlungsanstrengungen im Rahmen des libertären Kommunismus – der gegenwärtig noch nirgendwo etabliert ist, aber demnächst erscheinen wird, wie ich behaupte), haben zwar einen BEGRIFF, aber nicht die Kraft (durch die Art ihrer bisherigen Lebenseinrichtung), daraus die praktische Konsequenz zu ziehen; andere haben die Konsequenz gezogen, durch eine Neueinrichtung ihrer mit andern geteilten Identität, durch die sie befähigt werden, diesen Begriff auf sich anzuwenden, und den Entwicklern dieses Begriffs diese ihre kollektive LEBENSFORM (begründet auf geteilte, haltbare Identitäts-Einrichtung) zu vermitteln, also ihnen den Übergang dazu im Rahmen von deren ursprünglichem LEBENSENTWURF zu vermitteln. Indem sie das tun, entwickeln die Erst-Träger dieser neuen Lebensform zugleich den BEGRIFF des Unterschieds und Gefälles, der und das sie von modernen, wie libertär-kommunistisch auch immer vergesellschafteten, Personen und Gruppen noch trennt. Aufgrund der kombinierten Lebensgeschichten, die die erste Gruppe ebenso wie die neu hinzugekommene der Entwickler des Begriffs (diese aus leidvoller Erfahrung des Scheiterns mit allen Versuchen, den modern denkenden libertär-kommunistisch Vergesellschafteten ihre Konflikte zu schlichten; all dies ist derzeit noch nicht einmal im Ansatz zu ahnen, also nur prognostische Vorwegnahme künftiger Standpunktentwicklungen, die Grundlage dafür ist kategoriale Notwendigkeit) sich zu eigen gemacht haben, gelangen beide zu einer nicht-identitätsschädigenden Lebensform: die einen, indem sie die neuen Geschichten als anschlussfähig an ihre eigenen erkennen (das ist ihre Zutat, die des BEGREIFENS); die andern, indem sie die praktische Konsequenz ziehen aus dem, was die Träger unbeschädigter kollektiver Identitäten zu sagen und zu vermitteln haben, nämlich die Vermittlungstätigkeit den Anforderungen einer unbeschädigten, nämlich eigene Erfahrung und deren Verarbeitung achtenden und beachtenden also lebens- und menschen-, also Identitäts-gemässen Praxis unterzuordnen. Umgekehrt haben die ersten Träger unbeschädigter kollektiv geteilter Identitäten, Produkte des Scheiterns, wie in Teil 3 beschrieben, bis dahin keine Lebensform ausbilden können; sie haben bis dahin nur eine Identität, aber keinen Lebensentwurf (vielmehr alles, was dazu gehört, im Laufe ihres Scheiterns ablegen müssen). Ihre Tätigkeit besteht in nichts anderem als dem Erkennen, Sammeln, Sich-Verständigen unter ihresgleichen, dem Aussenden von Signalen (in Gestalt von Lebensgeschichten), die die ebenso wie sie Gescheiterten als solche erkennen, nämlich als Erkennungsmerkmal für dieselbe Gescheitertheit, die sie in sich tragen. Aber mehr als sich zu sammeln, und ihre Geschichten (als positives Erkenntnismaterial, um sich selbst zu bestimmen) zusammenzuführen, können diese Gescheiterten nicht tun. Ihre Selbstbestimmung ist IMPLIZT zwar vollständig und vernünftig, sie haben etwas hinreichendes, das so, wie sie es bestimmen, auch das hinreichend-notwendige des Vernünftigseins korrekt bestimmt. Aber sie WISSEN es nicht, indem sie das nicht-notwendige am scheinbar Vernünftigen der Andern noch nicht als mangelhaft und eben nicht notwendig, und stattdessen als schädlich und unvernünftig verstanden haben; sie haben dazu garkein Verhältnis ausgebildet. Das geschieht erst durch Verbindung mit denen, die beim Versuch, moderne Lebensform-Vorschläge kompatibel zu machen, gescheitert sind und das NOTWENDIGE daran, ebendarum, durch die VOLLSTÄNDIGKEIT all ihrer Versuche und deren Scheitern, motiviert waren zu denken. Diese Vorgänge gehören aber im weiteren Sinne in die theoretischen Überlegungen (oder Vorwegnahmen) von Teil 3, und waren hier nur auszuführen, um das Anschluss-Stück anzudeuten, wo die Ausführungen von 3 die Resultate von 1 fortsetzen.
13.
An diesem Punkt ist dann doch eine weitere Erläuterung fällig; denn wie soll es einem Denken, das ausschliesslich von einem Weltverhältnis, und darauf begründeten Vorschlägen an andre, also INDIVIDUALITÄTEN her denkt, möglich sein, Existenzformen, Handeln zu begreifen, das NUR auf Identität, ohne sie bestimmende oder benutzende Individualität und auf ihr beruhenden Lebensentwürfen und kollektiven Lebensformen beruht? Dass sie (noch) garkeine Weltverhältnisse haben können, und somit kein normales Leben in irgendeinem bislang bekannten Sinn, ist den Trägern unbeschädigter Identitäten, als Mangel schmerzlich bewusst – denn in der Rückbesinnung auf konfliktfrei, uneingeschränkt, also nicht durch Einseitigkeit beschädigte, ohne Zusammenhang ihrer Teile sich entfaltende Identitäten haben sie, Schritt um Schritt, sich der etablierten Zwecke und Werte entledigen müssen, die zu diesen Konflikten, Einschränkungen, Einseitigkeiten und Zusammenhangs-Verlusten führten.
In der Frage, ob sie identitäts-beschädigende Mentalitäten, Individualitäten, Lebensformen und ihre eigenen Lebensentwürfe darin aufgeben, oder lieber mit massiven Konflikten, Vereinseitigungen, Zerreissungen ihrer wichtigsten Werte leben wollten, haben sie sich, wieder und wieder, für dieses Eigene und gegen das Beschädigende (trotz aller Versprechen und Verführungskräfte, die davon ausgingen) entschieden. Am Ende stehen sie ohne welt- und gesellschaftsbezogene Werte und Ziele im üblichen Sinne da – weil Identitäten, als Wert-Definitionen, in der Moderne und nicht weniger in der Vormoderne als für sich genommen zu unscheinbar gelten, um weitergehende Projekte, Zweckmässigkeit, Vernunft und gesellschaftlichen Konsens darüber anleiten zu können. Das Beharren auf ihnen, zu dem die Träger solcher nachmoderner Identitäten kommen, ohne eignes Verdienst, als Resultat eines nicht geplant verlaufenden historischen (Lern)Prozesses, erscheint so als purer Eigensinn, Zurückfallen hinter bereits erreichte Horizonte, fast als Gestörtheit. Die so Reduzierten und darum zunächst kaum ernst zu nehmend Erscheinenden (wenn nicht Angefeindeten) können sich freilich damit trösten, und zugleich die Negativurteile kontern: Dass an diesen von ihnen aufgegebenen Werten und Zielen, modernen, religiösen, erst recht normalplanerischen, wenig zu verlieren war, angesichts dessen, was sie notgedrungen immer wieder in den Biographien der diesen Typen von Zielen sich Verschreibenden anrichten. Ein vernünftiges Verhältnis zur Welt muss also erst gewonnen werden, und die reinen Identitäten, nachdem sie einmal aus den destruktiven Zusammenhängen gelöst sind, sind dafür der Startpunkt. Freilich einer, bei dem man nicht stehenbleiben kann.
14.
Identitätsbeschädigung (deren Heilung nur möglich ist unter inneren oder äusseren (Identitäts)Konflikten) erscheint als Kern jener Unfähigkeit sich zu einigen, die die modernen Konflikt-Versöhner unter den libertär-kommunistisch Vergesellschafteten zur Verzweiflung (und ins Scheitern an ihrem Anspruch, und die Einsicht in die Unlösbarkeit ihrer selbstgestellten Aufgabe) treibt. Diesen Versöhnern, ersten Ansprechpartnern der Träger der „puren“ Identitäten, widerfährt, mit ihrem Stoff, genau dieselbe UMKEHR der Betrachtungsweise, die auch die Identitätsträger erfahren: Lebensformen, geprägt von einem Kulturprogramm (einer Individualität: Moderne, gekoppelt mit libertär-kommunistischer Vergesellschaftung), erzwingen Lebensentwürfe, die sich ihnen zunächst gemäss zu machen versuchen, die – exakt durch die Identitäts-Beschädigungen, die sie zur Konsequenz haben, wider alle Erwartung nicht mit denen anderer vereinbaren lassen: eben die Lebensform, die jeder anfangs als Ausgangspunkt seiner vorgestellten Rolle darin auffasste, erweist sich am Ende als nicht herstellbar, jedenfalls nicht als gesellschaftliche, weil jeder solche Ausgangspunkt (eine Aufgabenart in der arbeitsteiligen libertär-kommunistischen Planökonomie übernehmen zu wollen) in Forderungs- und Bedürfnisstrukturen hineinführt, die mit den ebenso (nur an anderer Stelle, von einer anderen Aufgabenart her gestarteten Forderungen und Bedürfnissen an die gemeinsame Produktion, usw.) zustandegekommenen Präferenzensetzungen unvereinbar sind. Aber genau eine solche Vereinbarkeit der Einzelexistenz (also des Lebensentwurfs) des Einzelproduzenten mit den konfliktfrei formulierbaren Anforderungen und Bedürfnissen aller anderen (also der von ALLEN zwanglos geteilten und vernünftigerweise teilbaren Lebensform) hatte der VIERTE STANDPUNKT behauptet. Die vernichtende Erkenntnis der gescheiterten Vermittler im Dauerstreit der libertär-kommunistisch Vergesellschafteten (und an Vermittelbarkeit ihrer Konflikte unverdrossen weiter Festhaltenden) ist: Dass keine einzige Verteilung von Aufgaben und daraus sich ergebenden Bedürfnissen und Anforderungen an die gemeinsame Ökonomie existiert, die konfliktfrei möglich wäre. Warum ist das so? Das Hinzukommen der puren Idenitätsträger, als Anschauungsbeispiele für unbeschädigte Identitäten, hilft, die Ursache nicht nur begreifend, aus Vergleich vieler Einzelkonflikte, begrifflich zu erschliessen, sondern durch Vergleich mit den von den „puren“ Idenitätsträgern lebendig verkörperten Mindest-ANFORDERUNGEN AN GELINGENDE LEBENSFÜHRUNG (Lebensentwürfe) unmittelbar anschaulich zu demonstrieren: In jede der vier Kombinationen von modernen Werten, die – dem vertieften Selbstverständnis des VIERTEN STANDPUNKTS zufolge – in JEDER der vier modernen Hauptwertsphären zusammen- und eintreten müssen, um sie ihr Potential allererst sinnvoll entfalten zu lassen, gehen damit auch massive Erfahrungsabbrüche und unvermittelte, aus fremder nicht eigner Erfahrung des jeweils Betroffenen stammende Zielsetzungen ein. Dass es so kommen muss, soll in der hier in Kap.2 erneuerten und vertieften Besprechung der ersten drei STANDPUNKTE und vor allem in der darauf folgenden Wiederaufnahme der Erörterung des VIERTEN STANDPUNKTS von Teil 1 dargelegt werden. Und dies für den VIERTEN STANDPUNKT Gezeigte gilt dann a fortiori für die unvollkommeneren und darum aufgegebenen Vorstufen (Standpunkte 1-3) dieses entwickeltsten modernen Selbstverständnisses und darauf beruhenden Vergesellschaftungsprinzips.
Aber das soll hier (noch) nicht skizziert werden, sondern nur der Hauptgedanke zuendegeführt werden: Eine Lebensform, in der gelingende Lebensentwürfe zusammengeführt werden und sinnvoll zusammenwirken sollen, darf nur solche Zwecke und auf sie bezogene Identitäten enthalten, die keine der bis dahin eingetretenen und offensichtlichen Identitätsbeschädigungen zulässt, gleich auf welche Individualität sie ausgerichtet sind. Auch hier gilt der a fortiori-Rückschluss: alle vormodernen Lebensformen, einschliesslich der in solche Formen und ihre Lebensführungs-Prinzipien zurückgefallenen modernen Regelsysteme (für Umgang mit Welt und Anderen; um das Wort Individualität zu variieren), genügen dieser Anforderung erst recht nicht. Aber genau hier beginnt eine zweite Erkenntnisrichtung, die sich den (vergeblichen) Bemühungen der libertären „Versöhner“ verdankt: Denn nicht nur die Konflikte unter denen, die dem libertären Prinzip bereits zustimmten, galt es ja zu schlichten, sondern ausgehend davon es allen erst einmal zu vermitteln, die nicht einmal auf diesen Standpunkt gelangt waren. Die Wechselbestimmung von Lebensform und Lebensentwurf, die den Versöhnern zur Einsicht in die Unhaltbarkeit moderner Individualitäten verhalf, reicht dazu nicht aus: Vormoderne Weltverhältnisse und an sie anknüpfende politische Prinzipien orientieren sich (bestenfalls; für Normalplaner gilt nicht einmal das) an Individualitäten und Konstruktionsprinzipien für sie – dass Lebensformen und -entwürfe sich dem anpassen, und anpassen können, gilt ihnen als ausgemacht.
15.
Der Unterschied von Individualität und dem Paar Lebensform/Lebensentwurf rückt in der Moderne ins Zentrum; obwohl auch in der religiösen Vormoderne Lebensformen etabliert werden, etwa eine Ständeordnung mit ihren diversen Anforderungsgefällen (derart dass es für niemanden wirklich wünschenswert war, seinen Stand zu verlassen – die Belohnungen und Belastungen hielten sich in allen die Waage). In beiden Fällen geht es hier im Kern um Identitätsteilungen – in den je voneinander getrennten Bereichen des gesellschaftlichen Handelns unter einem kulturellen Programm (Individualität) werden wichtige Vorentscheidungen hinsichtlich der langfristigen, oder gleich lebenslangen Handlungs- und Aufmerksamkeitsspielräume der in ihnen Tätigen getroffen, also hinsichtlich ihrer Identitäten; die entstehenden Lebensformen schliessen auch und gerade in religiösen Verhältnissen ein,. was man „Identitäts-Teilungen“ nennen muss (ein Begriff, der noch zu erörtern sein wird). Aber die Moderne ist geradezu das Programm, die VORLÄUFIGE Lebenseinrichtung (Anwendung der 6 minimal-suboptimalen Rationalitätsprinzipien), gesellschaftlich als Lebensform wie für den Einzelnen als Lebensentwurf (daher immer die doppelte Form, in der moderne Werte vorkommen. ihre „Zweireihigkeit“ (s. die VIER STANDPUNKTE)) zum Inhalt ihres Kulturprogramms zu machen, und beides für dasselbe zu erklären (genauer erklärt man dabei die im ZWEITEN usw. ergebenden STANDPUNKTE bzgl. der Lebensform für Präzisierungen oder Interpretationen des ursprünglichen Projekts der Moderne, die es gestatten, die unerträglichen Sinn(losigkeits)-Zumutungen an die Lebensführung des Einzelnen (seinen Lebensentwurf) zu heilen und ihn mit dem (weiterhin als eigentlich so, wie anfangs gedacht, auszuführenden) Programm, dem kollektiv-arbeitsteilig (und wie sich zeigt, in Wahrheit: Identitäts-teilig) betriebenen Projekt Moderne zu versöhnen; jeder Eindruck von Unversöhnbarkeit von Lebensentwurf und -programm oder dessen nachträglicher Interpreration (als ZWEITER DRITTER VIERTER STANDPUNKT) stellt hier das Programm selbst infrage; jene, die es unternehmen (die ich Vermittler und „Versöhner“ dieser Konflikte genannt habe), die ÄUSSEREN Streitigkeiten zwischen Trägern einseitiger Realisierungs-Vorschläge in Gestalt von -mit denen anderer unverträglichen – Lebensformen zu schlichten, entdecken dabei durch Einseitigkeit beschädigte Identitäten als die eigentliche Triebkraft der Konflikte auf beiden Seiten; die Konflikte erweisen sich als Identitätskonflikte, die Vorschläge, die unvereinbar sind, sind aus Sicht der jeweiligen Träger verschiedener beschädigter Identitäten als Kompensation ihrer eignen Versäumnisse und Entbehrungen gedachte Identitätsteilungen, die nur den Andern aus deren Sicht nicht zumutbar erscheinen. Keine der überhaupt in die Streitigkeiten eingehenden Positionen ist mit irgendeiner anderen verträglich, und es zeigt sich zuletzt, warum nicht.
Im Übergang von der Religion weg stellt sich eine Form der ARBEITS-Teilung als unerträglich dar, nämlich die zwischen Glaubensverwaltern und -sachwaltern einerseits, und Gläubigen mit deren anwachsender Erfahrung andererseits: (selbst) die (religiöse Ideal-)Gesellschaft, anders als in ihrer Konzeption gedacht, hat überhaupt keine Individualität – kein generelles Programm zum Umgang mit planmässig zu erwerbendem und unplangemäss überraschend hinzukommendem Wissen. Die einzige Ebene, wo der religiös-vormoderne Wissenserwerb (Umgang mit passiven und aktives Herbeiführen von Wissenszuwächsen) angesiedelt war, ist eben die traditionale Lebensform (Forschung zum Zweck IHRER Verbesserung in einzelnen ihrer Bestandteile); sie von ihren beschränkenden Traditionalitätsbornierungen befreit, scheint hinreichende Basis zu sein für die Formulierung einer universellen Wissenserwerbsstrategie in Gestalt der empiristischen Naturwissenschaft, und darauf aufbauender Wissensverarbeitung als Technik, Berufstätigkeit, und am Ende auch noch ästhetischem Erleben.
In der Mitte dieser Reihe klafft ein niemals überwundener Spalt, der die Zuwächse und das aktiv herbeigeführte Anschwellen moderner Wissensbestände (Wissen-dass ebenso wie Wissen-wie) auf nichts im Leben (aber welchem? es ändert sich ja ständig) der Technikverwender als einen Anfang und ein Prinzip Setzendes beziehen kann: Wissen wird zwar akkumuliert, aber weder ist klar, in welche Richtungen vorrangig zu suchen wäre, noch, wie das erworbene Wissen praktisch zu bewerten und zu klassifizieren ist, Ökonomie- und Übersichtlichkeitskriterien (also letztlich: technische) decken diese Lücke nur mühsam zu. Moderne ist am Ende nichts als eine autonom und regellos wuchernde Ausweitung von Handlungsmöglichkeiten für alle Fälle, der sich alles andre unterzuordnen hat. Wieviel dabei an Interessen der Teilnehmer an diesem Wachstumsprogramm zu kurz kommt, zeigt sich in ihren Streitereien über Präferenzen: was so unerträglich aber unentbehrlich ist, dass es zu beschleunigen, was so verführerisch und anziehend ist, dass es um jeden Preis AUCH zu berücksichtigen ist. (Wohingegen religiöses Denken solche Konflikte mit dem bis auf weiteres unwiderlegten Glauben an ihre Lösbarkeit, wie auch immer, als ein hypothetisch best-denkbares, übergeht.)
Aber der Riss im modernen Planen und Lernen, der die sinnvolle Anwendbarkeit der bis dahin einzig rational erscheinenden Prinzipien infragestellt, und der sich durch keinen der Versuche einer nachträglichen Integration durch Interpretation des eignen Tuns darin (2.-4-Standpunkt) schliessen lässt – er klafft in der Ebene der Lebenseinrichtung auf Zwecke; Zwecke, die für sich als sinnvoll und zweckMÄSSIG erklärt werden, ohne dass ihre Rückwirkung auf Handlungs- und Aufmerksamkeitsspielräume, also die elementaren Bedürfnisse und Fähigkeit(sgrenz)en einzelner Personen, dabei berücksichtigt wurden; diese Rückwrikung war einfach als gute, allenfalls vorübergehend, aber nie dauerhaft inkaufzunehmend-schädigende, unterstellt. Diese Dauer endet aber nicht, und gut ist auch nichts dabei – die unterstellte Zweckmässigkeit der modernen Werte-Aufspaltung und -Arbeitsteilung erweist sich als lebensbeschädigende „reine“ Zweckrationalität, also als irrational. Wie genau- das wird in der Erörterung des VIERTEN (des vollendeten Legitimitäts-)STANDPUNKTS und der Versuche zu seiner Bewältigung durch die Versöhner-Vermittler gezeigt werden. Hier im Moment geht es hingegen um die Rolle, die die Kategorienfolge Identität(steilung) – Lebensentwurf/form (darauf beruhende Arbeitsteilung) – Individualität (darauf beruhende stände-artige Aufgabenteilung bei der Überbrückung von Gegensätzen zu vormodernen Mentalitäten spielt.)
16.
Eine recht technisch klingende, dennoch höchst wichtige Präzisierung der Arbeitshypothesen über die spezielle Art der Erschliessung dieser genannten Kategorien muss hier folgen.
Ich ordne zunächst kurz zu der viergliedrigen Entwicklungsreihe von…
…Normalität:
Als Ersten Standpunkt: Psychologisieren (Übergriffsmodus der Normalitäts-Reihe);
Als 2.-4.Standpunkt: Gewalt+Vertrag/(Klassen-Herrschaft+Recht/Demokratie+(Sozial(istischer))Staat; letzteres ist der Legitimitätsstandpunkt dieser Reihe.
Als Vermittlungsprinzip: Empathisches Vermitteln (der emotionalen Konsequenzen von Forderungen für die Beteiligten).
Ich ordne weiter zu der zweiten (Spalte oder) Entwickungsreihe der
…Idealität (Optimal-Hypothetizität)(Religion):
Als Ersten Standpunkt: das Idealisieren (bestmögliches über Individuen und Gruppen unterstellen) (Übergriffsmodus der Idealitäts-Reihe);
Als 2.-4.Standpunkt: Tausch+Markt/ Regulierung=Rahmen+Marktfreiheit/ Gleichheit der Marktzugangschancen (vollendetes Legitimitätsprinzip, Liberalismus)
Als Vermittlungsprinzip: Kritik (=Konfrontation mit der eigenen überlegenen Begriffsbildung und deren Konsequenzen)
Ich ordne, drittens, zu der Entwicklungsreihe (und Spalte in der 3×3-Tabelle), die läuft unter dem Titel
…(Empirischer innerer und äusserer) Realität, das ist =Moderne (vgl. Kap.1 von Moderne Teil1):
Als Ersten Standpunkt: den Empirismus (Reagieren auf innere und äussere Gegebenheiten) und das Sich-Selbst-Bilden aus (eigner und berichteter) Erfahrung;
Als 2.-4.Standpunkt: Subjektivität vs. Objektivität/ Determinismus+Reaktivität vs. Freiheit+Kreativität/ Gleichheit und Vergleichbarkeit von Arbeit und Ertrag in allen 4 Wertsphären (vollendete Legitimierungsweise für libertären Kommunismus)
Als Vermittlungsprinzip: Rationale Rekonstruktion der voraufgehenden Standpunkte (der Standpunkt des sog. Vermittler-Versöhners).
Diesen politischen Entwicklungsreihen der drei fundamentalen Weltverhältnisse sind die ebenso fundamentalen Selbst-Kategorien zuzuordnen:
Der Moderne Lebensform+Lebensentwurf;
Der religiösen Vormoderne Individualität;
Der vorreligiösen Vormoderne (rationale) Mentalität ((irgend)eine Weise des Planens und Lernens, also des Begründens von (Versuchs- und generell Wissenserwerbs)Plänen mit gegebnem Erfahrungswissens, und ihres Erschliessens (auch Abänderns) aus ihm.
Im Legitimitätsprinzip des je in jeder der drei Reihen erreichten VIERTEN STANDPUNKTs wird Vergleichbarkeit und Gleichheit aller Beteiligter bezüglich dieser der Reihe je zugeordneten Selbst-Kategorie bestimmt (das Legitimitätsprinzip lässt sich also so definieren):
Der libertäre Kommunismus rechtfertigt sich als rationales Vergesellschaftungsprinzip dadurch, dass er für Gleichheit und Vergleichbarkeit der Lebensentwürfe (im Rahmen einer gesellschaftlich geplanten Lebensform zur Umsetzung der kategorial festgeschriebenen modernen Individualität: empiristisch definierte Wissenschaft, darauf basierte Technologie, diese umsetzende reproduktive Alltagsorganisation, bewusste ästhetische Erfüllung der noch fehlenden Erlebnis-Sphären) sorgt;
Der Liberalismus rechtfertigt sich als ebendasselbe dadurch, dass er für Gleichheit und Vergleichbarkeit der Umsetzbarkeit unterschiedlichster Individualitäten im Rahmen des allgemein-personalen und rationalen Begründens überhaupt (rationale Mentalität überhaupt) sorgt;
Der naturrechtlich-demokratische Sozialismus bzw. Sozialstaat rechtfertigt sich als rationales Vergesellschaftungsprinzip dadurch, dass er für Gleichheit und Vergleichbarkeit der Umsetzung beliebig begründeter (sofern sie nur überhaupt konsistent begründet sind) (Versuchs)Pläne und in diesem Sinn Mentalitäten sorgt.
17.
Und diese drei Stufen der Legitimitäts-Entwicklung (als die man sie betrachten könnte: vom naturrechtlichen Sozialismus über den Liberalismus zum libertären Kommunismus), die sich ihrerseits darstellen als Ausfaltungen der drei grundlegenden Stufen der Weltverhältnis-Entwicklung (Normaldenken=vorreligiöse Vormoderne (primitiv, magisch), Idealdenken=religiöse Vormoderne, Realdenken=Moderne): Sie enthalten als Kernbegriffe, neben dem (sie formell verbindenden) Gedanken maximaler, kompromissloser Gleichheit und Vergleichbarkeit, der Legitimität ausmacht, die Selbstkategorien; 1.-3.Standpunkte jeder Reihe bilden Zwischenstufen und ähnliche Entwicklungsreihen (durch welches formelle Prinzip verbunden?: das soll in Moderne Teil 2 näher betrachtet werden), in denen unvollkommene, unvollständig explizite Versionen dieser Selbst-Kategorien das Zentrum darstellen.
In den Versuchen, diese legitimen Standpunkte (Legitimität des FORDERNS) zu ergänzen oder ersetzen durch eine Rationalität des ERWARTENS (der rationalen Legitimität der Erwartung, dass..) von Übergängen zu bestimmten Positionen spätestens angesichts bestimmten Stoffs, der vom Vermittler zur Kenntnisnahme angeboten wird (Veranschaulichung von Gefühlen bei Empathie; Hinweis auf die Defizite der Begründung des Andern, verglichen mit der eigenen, bei Kritik; Ermöglichung oder Vermittlung bestimmter fehlender Erfahrungen, die zu Fortschritten der Begriffsbildung stimulieren, im Fall der Rationalen Rekonstruktion) wird, und zwar in Form ihres SCHEITERNS, die bis dahin je ausseracht gelassene nächste Selbst-Kategorie eingeholt und bewusstgemacht:
Der empathische Vermittler (am Ende der OPP/Normalitäts-Entwicklungsreihe oder -Spalte) lernt, dass gleiche Gefühle auf völlig unterschiedlichen Individualitäten beruhen (und speziell, dass Unzuverlässigkeit in der Planung auf dem FEHLEN einer durchgehend gleichen Individualität, die Normalplanern grundsätzlich abgeht, beruht): Nicht-Vermittelbarkeit, so lernt er am Ende, ergibt sich bereits aus fehlender Ausbildung einer stabilen und haltbaren Individualität.
Der kritische Vermittler (an Ende der EL-Entw.reihe oder -Spalte) lernt, dass unterschiedliche Begriffs-Bildungs-Niveaus sich unterschiedlichen Erfahrungsständen in den Einzelbiographien seiner Adressaten verdanken, und dass nur aus solchen biographischen Bildungs- und weitere Begriffsbildung stimulierenden Erlebnissen (der zweite Ausdruck kann gradezu als Definition des ersten verstanden werden) der Übergang zu einer Individualität überhaupt oder von einer irrationalen oder nicht realitäts-gerechten Individualität weg stattfinden kann.
Er sieht sich auf dieser Grundlage genötigt, die Kategorien des planenden Lernens und auf Lernen beruhenden Planens komplett auszubilden, was ihn in unmittelbarer Anwendung auf sein eigenes religiöses Weltbild zur Erkenntnis von dessen Unhaltbarkeit (also Selbstkritik) bringt (die einzige Kritik, die je wirksam ist).
Der rationale Vermittler-Versöhner aber lernt, im Verlauf seiner Versöhnungsversuche zwischen unvereinbar erscheinenden wechselseitigen kollektiven Plan-Vorschlägen der libertär-kommunistisch vergesellschafteten modernen Individuen (und Individuen-Gruppen gleicher Lebensform) die Kompensationswünsche – bei ausnahmslos allen von ihnen – als verursacht durch die Art der ihnen durch ihre modern motivierten Lebensformen auferlegten und dadurch beschädigten Identitäten (als Quelle notwendiger entweder innerer oder äusserer Konflikte), also als AUSDRUCK dieser Beschädigtheit, zu deuten.
In der Rückbesinnung auf sich selbst erkennt er sein eigenes Leben als spätestens durch die Anstrengungen der Vermittlung überfordertes; und entwickelt Bedarf nach einer anderen Art, Erfahrung und das Sich-und-andre (Selbste)-Begreifen (also -Bestimmen) zu vereinbaren mit Alltag und bedürfnis-orientierter (reproduktiver) Lebensführung.
Aber das ist nur der Bedarf.
Die Stillung des Bedarfs wird ihm angeboten von seiten derer, die den Übergang zu solch einer integrierten Identität längst gemacht haben, ohne davon mehr zu begreifen, als was sie für sich dabei an vorübergehenden Zugeständnissen an die herrschende Lebensform hatten ablegen müssen, und worin das besteht, was am Ende als Prinzip rationaler Lebenseinrichtung (als Basis des zivilisatorischen Neubeginns; in Wahrheit: des ersten Anfangs einer haltbaren Zivilisation überhaupt) übrigblieb.
(Dieser Übergang wird global in Moderne Teil 3 beschrieben, und im Detail in den Überlegungen zu Identität, Individualität, gender).
18.
Dieser zivilisatorische Neuaufbau kehrt also, noch einmal gesagt, die bisherige Reihenfolge um: Nicht mehr sollen sich Identitäten gesellschaftlichen Lebensformen und in ihnen zugewiesenen Lebensentwürfen, diese wieder fertigen (und sie ignorierenden) Kulturprogrammen anpassen, und diese wiederum den Anforderungen eines letztlich aus kontingenten Erfahrungsständen begründeten Gestaltungsprinzips. Sondern umgekehrt: gesellschaftliche Lebensformen müssen so gestaltet sein, dass alle Beteiligte, in ihren Lebensläufen, erfüllend konfliktfrei alle Bestandteile ihres Handlungs- und Aufmerksamkeitsspielraums betätigen können; die Frage, wie das ausgehend von elementarster Lebenseinrichtung in einer (wieder) sich selbst überlassenen (von modernen Ein- und Übergriffen befreiten) Natur durch systematische Forschung vertieft werden kann, liefert das Forschungsprogramm einer neuen kulturellen Individualität, die sich selbst begreift als Umsetzung der von Anfang an uns alle durch den Verlauf der gesamten Geschichte hindurch bestimmenden, und darum verbindenden einzigen MENTALITÄT und Begründungsweise, angesichts des erreichten reifen historischen Bildungs- und Erfahrungsniveaus: nämlich als Äusserung von (biologisch in uns angelegter) PERSONALITÄT.
19.
Als nächstes wäre zu fragen: Wie der moderne „rational rekonstruierende“ Versöhner-Vermittler in der Begegnung und daran sich anschliessend im Umgang mit den Trägern der vier modernen „Standpunkte“ für eine Vergesellschaftung des modernen Programms und deren Sinnlosigkeitserfahrungen seinen Begriff der Entgegensetzung von (Vergesellschaftungs- und gesellschaftlicher) Lebensform und Lebensentwurf (bei der Verwirklichung des modernen Programms, moderner Individualitäten) entwickelt; vor allem aber, welche entscheidenden Momente der Entwicklungsdynamik, die sich in den Vermittlungsbemühungen des Versöhners abbilden lassen müssten, ihm durch die gewählte Grundkategorie seines Verstehens und Vermittelns entgehen; und, wie er eben diese Momente, nämlich die aus dem ihm noch fehlenden Identitätsbegriff stammenden, durch das Scheitern seiner Vermittlungsbemühungen am Ende findet, zumindest sich die Notwendigkeit, sie zu kennen und zu bestimmen, ihm am Ende, durch die Art seines Scheiterns (zugleich eine der beiden Arten, wie Moderne progredient scheitert (in Mod.1 und 3 dargestellt); die dritte Art ist die regressive (vgl. Mod 2)) als Aufgabe aufdrängt. Und das müsste sich durchziehen auch noch durch die Versuche dieses Versöhner-Vermittlers, vormoderne Einstellungen in den Termen Lebensentwurf/Lebensform zu verstehen, und das Defizit dieses Verständnisses (Fehlen eines Identitätsbegriffs), wie es sich ihm beim Verstehen der modernen Standpunkte ergibt, auch in seinem Verständnis der vormodernen zu bemerken. Als letztes wäre vorwegzunehmen, welche Errungenschaften sich ergeben, wenn er mit diesen SEINEN Erkenntnissen über den Mangel seines bisherigen Sich- und Andre-Verstehens, und mit seinem sich daraus ergebenden Bedarf nach einer diesen Mangel überwindenden Lebenseinrichtung, auf die Träger der anderen Art Fortgeschrittenheit stösst, die im 3.Teil abgehandelt wird: Solche, die die Identitätsschädigung in Moderne und Vormoderne am eigenen Leib und im eigenen Leben erfahren haben, und die daraus nötige epochal-historische Konsequent gezogen haben: Was ergibt sich Neues aus dem Zusammengehen dieser beiden Strömungen (der rationale Vermittler-Versöhner, der es BEGREIFT; der Identitätsgeschädigten, die es VOLLZIEHEN: dass sie noch nicht einmal einen Lebensentwurf (und eine geteilte Lebensform, als Rahmen für Lebensentwürfe) mit ihresgleichen haben können, solange die schädigenden Anforderungen moderner wie vormoderner Lebensformen (der Individualitäten, oder kulturellen, nämlich Lern-Programme, die dahinterstehen, wie bei genuin-Religiösen; oder auch der der Mentalitäten, die noch nicht einmal eine Individualität konstituieren, wie bei Normalplanern) in Gestalt von Vereinseitigungen und Überforderungen nicht rückgängig gemacht sind. Erst von dort aus dann können zweckmässige kollektive Versuchspläne, in denen sich ein Leben abspielen könnte, entworfen und gemeinschaftlich umgesetzt werden.
20.
Die Unterschiede der Kategorien, die der rational rekonstruierende moderne Vermittler entdecken soll, muss uns allerdings erst einmal selbst klar sein, bevor wir unsererseits den Weg seiner Rekonstruktionen rekonstruieren können. Wir haben ein modernes kulturelles Programm, das sich als biographie-übergreifend und -verbindend versteht, also als Individualität. Es verknüpft sich, seinem Inhalt nach, mit der aus den arbeitsteilig (also in gestalt einer Lebensform) verbundenen Lebensläufen (und zugehörigen -entwürfen) einzelner „Generationen“ hervorgehenden anwachsenden (Fortschritt, Wachtum als Grundbegriffe) Masse an Materien in den vier grossen Wertsphären der Moderne: Erkenntnisse der Wissenschaften, Verfahren und Produktionsmöglichkeiten (incl. zu ihnen gehörender Risiken und Chancen, Prognosemöglichkeiten), Berufe und um sie herum sich aufbauende mehr oder weniger funktionierende und aushaltbare Alltagsformen und Lebensstile, Lebenseinrichtungen, schliesslich das nicht minder monströs anschwellende Material, das die produktiven ästhetischen Disziplinen, dem sich je wandelnden Zeitgeschmack aufs feinste angepasst und ihn bildend und umbildend, auswerfen.
Die ständig sich wandelnde, anreichernde, ausfifferenzierende und ausgestaltende KONKRETE Form einer die nächsten Fortschritte, wenn auch immer weiter prekär und unvollständig, anleitenden modernen Individualität, die sich aus der Gesamtheit ihrer akuten Materialinhalte ergibt, kann als moderne KULTUR(Stufe) bezeichnet werden; zu ihr tritt das mit dem unbestimmt vieler anderer verflochtene Leben des einzelnen modernen Individuums in ein Verhältnis, nimmt, im Zuge immer lebenslänglicher Bildungs- und Informations-Erwerbs-Prozesse, am zeitgenössisch mitverfolgten Wachstum dieser Kultur Anteil, freilich meist nur sehr kursorischen, oder auf wenige schmale Sektoren (auf die es sich borniert, nämlich spezialisiert hat unter Ausschluss aller andern) beschränkt intensiveren.
Kulturell motiviert ist der ständige Expansionsdrang moderner Praxis, der kein Ziel bestimmt hat.
Sinn in der Moderne ist, wie in der Epoche zuvor bereits, an den Besitz einer Individualität (und damit a fortiori Mentalität, der Definition eines Optimums und eines Entwurfs, es zu erreichen) gebunden – ohne sie keine Lernregel, keine Strategie des Sich-Verhaltens zum Unbekannten. Aber, wie schon öfter bei Ableitung der modernen Grund-Konstellation der vier Wertsphären bemerkt, die spezifisch moderne Individualität ist gebunden an den Zusammenschluss oder die Zusammenschliessbarkeit von technisch verwertbaren Möglichkeiten (unendlich gewuchert in der Moderne) einerseits, und Bedürfnissen und Gesundheitsbedingungen auf der andern; maW. an das auf gesellschaftlicher Stufenleiter gelingende Entwerfen und Realisieren von Lebensentwürfen (spätestens im Rahmen der mit ihnen je mitgedachten, mitentworfenen Lebensformen; auch die müssen gelingen, also das gesellschaftliche Zusammenschliessen von Techniken und Bedürfnissen der Individuen in der Lebensform-tragenden Gemeinschaft). Aber das reicht nicht; denn auch der Anschluss der Sinn-Vervollständigung im ästhetischen Erleben an die Alltagssphäre (ihr Bezogenbleiben auf das, was dort fehlt, definiert in Termen eines WACHTUMSFÄHIGEN Kompensationsprogramms für dies Fehlende), und der Zusammenschluss von Technik und Wissenschaft (die ständig weiter garantierte Verwertbarkeit des Grundlagenwissens für technologische Anwendungen) müssen durchgehend gewährleistet bleiben; weil nur dann die Anwendbarkeit der 3 minimal-suboptimalen (oder „transzendental-ökonomischen“) Doppel-Prinzipien („Bedingungen der Möglichkeit des Erprobens einer Optimalhypothese überhaupt“) fortbesteht, von der in der Moderne abhängt, ob man überhaupt eine Optimalhypothese, mithin eine Individualität besitzt: Auch wenn sich mit wachsender Entfaltung des modernen Materials erst, von Zeitpunkt zu Zeitpunkt, zeigt, welche.
Aber die Ebene, auf der die Zusammenschlüsse gelingen müssen, sind die massenhaft in der modernen gesellschaftlichen Lebensform arbeitsteilig verknüpften Lebensziele und Lebensentwürfe; in der gesellschaftlichen Verknüpfung müssen SIE sich wiederfinden. Sonst misslingt die Verbindung, und Sinn, Welterklärung und das Experiment einer auf Basis des aktuellen Wissens maximal vorsichtig eingerichteten, minimal-optimistischen Reproduktion enden gleichzeitig.
So, wie in OPP/PLAN das Vorhandensein einer durchaus für nötig gehaltenen Begründungsstruktur und eines Plans explizit gebunden ist an dasjenige einer Lernregel (als entscheidender Abteilung des Gesamtplans), auch wenn diese Lernregel nicht wirklich als dauerhaft-übergreifende Optimalhypothese angesehen werden kann (weil ihr dazu das vorempirische des Entwurfs, der Hypothese fehlt); und so, wie in REL die eigentliche Optimalhypothese getestet wird nur durch die traditionale Lebensform (die sich allerdings in entscheidenden Hinsichten blind stellen muss gegen in sie hinein und zuströmendes Wissen und neue Erfahrung, wenn sie sich nicht deren Zustandekommen gleich von vorneherein gewaltsam versagt); so hier, a fortiori, die moderne Optimalhypothese und Individualität: sie lässt das Wachsen der Praktiken mit wachsendem Wissen ausdrücklich zu, fordert es; freilich ohne irgendwelche Vorgaben für Einzel-Zeitpunkte und Zwischenstadien dieses Lern- und Experimentalprozesses zu machen – das soll sich immer irgendwie aus der aktuellen Gesamterfahrung und individuellen Reaktionen (Abänderungen und Anpassungen des Lebensentwurfs im „lebenslangen Lernen“) ergeben; ob es sich so ergeben KANN, und wie es sich ergeben müsste, um sinnvoll und vernünftig zu sein, dafür macht die modern-minimalistische Version von Rationalität, weise-zurückhaltend, keine Vorgaben. Um den Preis, dass moderne Individuen sich permanent in Sinnkrisen gestürzt sehen, die zuletzt es infragestellen, ob die allzu karge Definition ihres kulturell übergreifenden Programms, also ihrer vermeintlichen Individualität, diesem ihrem Anspruch gerecht wird; ob auf der Ebene der Lebensentwürfe und Lebensform eingeholt und geleistet werden kann, was die Individualität zu bestimmen versäumt.
21.
Die moderne Individualität ist bei näherer Betrachtung (die hier bisher so nicht stattgefunden hat) eine völlig verrückte. – Ihr Empirismus erfordert es, dass das (potentiell allen zugängliche; oder aber stellvertretend von einzelnen für alle ausgewertete) ständig anwachsende Erfahrungs(fakten)wissen in uns auf eine kognitive Struktur trifft, die es angemessen verarbeitet und umsetzt in sinnvolle nächste Experimente; diese speziell moderne Version einer Optimalhypothese lautet, dass wir durch das Tun des je angemessen Nächstliegenden (Angemessenheit definiert durch Anwendung der 6 transzendental-ökonomischen Prinzipien auf dies Material) auch das in dieser Situation immer bei dem momentanen Erfahrungsstand Best-Mögliche versuchen werden, und so uns der in dieser Welt am meisten Sinn machenden Optimalhypothese inhaltlich annähern werden (da wir sie nicht im vorhinein besitzen können; warum aber nicht?). Auch das LERNEN des sinnvollerweise je Nächst-zu-Suchenden und -zu-Versuchenden werde auf diese Weise sinnvoll gesteuert. Wobei die Gründe der Gestaltung im Einzelnen sich durch Zusammenwirken des in der Welt sich Zeigenden mit der uns ausmachenden kognitiven Struktur, die dadurch nicht verändert wird, ergibt: Die Welt erschliesst sich uns, durch Aufdeckung des in ihr Vorkommenden und das es Zusammenbringen mit der kognitiven Struktur, die wir sind, von selbst – Welt und kognitive Struktur werden in diesem ihrem Zusammengehen das je optimale Resultat, nämlich den jedem Erfahurngsstand angemessenen aktuellen Inhalt der modernen Optimalhypothese und damit die Gestaltung des Experiments, das die moderne Praxis als Ganze ist, liefern.
Diese uns ausmachende kognitive Struktur ist dabei als eine VOREMPIRISCHE, apriorische, also nicht erfahrungsabhängige und erfahrungsvariable Konstante, als anthropologische oder besser noch, personale Konstante, als Verstand, Intelligenz, Vernunft usw. gedacht.
Nur, das ist sie nicht.
Stattdessen hat diese Struktur, weit davon entfernt, fertig (etwa als Evolutionsprodukt) dazusein und aus dem Stand heraus funktionieren zu können, einen von gesellschaftlicher Stelle zu gesellschaftlicher Stelle wechselnden, mit wachsender Lebenserfahrung unter immer neue Anpassungsprobleme geratenden prekären Lebensentwurf und seine nicht minder prekäre Abstimmung mit andern in einer gemeinsam zu gestaltenden arbeisteiligen Lebensform zustandezubringen.
Die Leitvorstellungen von dem, was sie ist bzw. dabei genauer zu leisten hat, machen die VIER STANDPUNKTE aus, die in Scheitern der Moderne 1, Abss. 18-76 skizziert wurden. Der Punkt ist: Dass in diese ihre kategorialen Muster passen muss, was diese „Struktur“ angesichts der modern expandierenden Material-Massen in ihrem Leben tut, spätestens über den Umweg der arbeitsteiligen Verbindung mit andern ihresgleichen in einer Lebensform – es sind Muster des Selbstverständnisses als modern lernende kognitive Struktur (spätestens im Verbund mit anderen ihresgleichen), und damit Muster des Zusammenschlusses aller Wertsphären zu EINER Lebensform zu jedem Zeitpunkt und bei jedem Erfahrungsstand dieses Lebens und der Gesellschaft, in der es gelebt wird.
Diese Zusammenschlüsse gelingen nun systematisch (und nicht etwa kontingenterweise, vorübergehend) NIE. Das heisst, durch das Scheitern des sinnvollen Aufeinander-Beziehens der Lebensentwürfe (spätestens in ihrem Verbund zur Lebensform vieler ihrer Art) verliert die Moderne ihren Anspruch, Individualität zu sein und über eine (nämlich ihre empiristische) Optimalhypothese zu verfügen.
DAS ist die schmerzliche Konsequenz des Scheiterns der VIER STANDPUNKTE.