Ältestes Religionspapier

I.
„ALLES IST GEMACHT“
1 sätze der form „alles ist F“ sind unsinnig, wenn sie etwas behaupten  wollen; denn jede behauptung macht einen unterschied an  allem. sie sind andererseits irreführend formuliert, wenn sie – in dieser unsinnigen form – zum ausdruck bringen wollen: der begriff „gemacht“ (bzw. das prädikat „…ist gemacht“) soll nicht mehr verwendet, bzw. der unterschied zwischen gemacht und nicht-gemacht soll getilgt, das wort aus dem verkehr gezogen werden. bloss: warum soll man von  diesem unterschied nicht mehr sprechen dürfen, wenn er doch existiert? ein redeverbot tilgt doch den unterschied selbst nicht, der mit der rede gemacht werden kann (wenn er nur einmal bemerkt ist).
2 nehmen wir also an, es handele sich in wirklichkeit um einen (abgekürzten) satz der form: „alle(s, was) G (ist, ist bzw.) sind – definitionsgemäss -gemacht“. welche G kämen in frage? welche immer man auch vorschlägt – es läuft darauf hinaus, dass der satz einen begriffszu­sammenhang  ausdrückt; nämlich diesen: wenn  etwas ein G ist, dann  ist es auch gemacht. G zu sein, ist dann eine hinreichende  bedingung dafür, gemacht zu sein. wieder aber gilt: G darf nicht „alles“ sein – es darf nicht nur  G geben; es muss auch noch etwas  geben, das nicht  G ist. sonst wäre der fall nicht vom ersten verschieden.
doch das genügt nicht. G darf auch nicht das einzige  sein, das F, also
gemacht, ist: denn dann würde der satz wiederum nichts mitteilen, als dass G ein anderer ausdruck für „gemacht“ ist – er wäre tautologisch.
wenn aber der begriff des „gemachten“ so definiert ist, dass ohnehin alles, was irgendeine eigenschaft G hat, darunter fällt, weil G ein spezialfall des gemachten ist, dann teilt der satz „alles G ist gemacht“ nichts über die G-definition hinausgehendes mit.
3 andererseits: nehmen wir an, der satz habe tatsächlich mitteilungscharakter, und wolle etwas sagen wie: alle G, die ich bisher gesehen habe, waren (von jemandem) gemacht – haben sich als gemacht herausgestellt. das wäre dann ein blosser bericht; man sagt: es hätte auch anders sein können – zufällig war es so.
oder aber, man will eigentlich sagen: hinreichend oft hat sich etwas von der art G als gemacht erwiesen; und bis auf weiteres gehen wir davon aus, dass G’s gemacht sind. doch da ergibt sich eine erste schwierigkeit: wenn das „absichtliche“ gemachtsein von G’s verständlich, und also als machen  verstehbar sein soll, nicht etwa doch wieder nur als resultat eines blind wirkenden naturprozesses, dann muss (und zwar konstitutiv  – weil anders nicht von einem gemachtsein geprochen werden werden kann) ein motiv  erkennbar sein, warum der oder die verfertiger von G’s so gehandelt haben – warum sie G’s machen wollten. oder kurz: die gemachtheit  von G’s hängt ab von der verständlichkeit, nachvollziehbarkeit der absicht  , G’s zu machen. wir, anstelle der verfertiger der G’s, hätten auch welche ge­macht. was, nebenbei, auch bedeuten kann, dass die G-erzeugung aus nicht minder verständlichen gründen aufhört: weil sie (nachvollziehbar) un­sinnig geworden ist.
4 gerade darum, weil das machen von etwas mehr  ist als ein äusseres ereignis – weil das „innere“ daran, das verstehbare und nachvollziehbare motiv und seine vernünftigen, guten (alles pleonasmen) gründe erst ein ereignis zu einem machen werden lassen – , gerade darum nützt die pure beobachtung eines zusammenhangs nicht, wie sonst, wenn es um kausalverhältnisse geht. denn im unterschied zum „blinden“, das
heisst hier: lernunfähigen naturprozess, ist das motiv für ein machen – besser: die absicht – nichts endgültiges, sondern wird und muss immer neu, entsprechend dem, was mittlerweile an neuen erfahrungen gemacht wurde, bewertet und entschieden, d.h. begründet werden. oder wieder kurz: das machen eines G’s ist kein ereignistyp, der wieder und wieder realisiert würde; kein machen ist dasselbe wie ein andres. und deshalb gibt es keine feststellbare gesetzmässigkeit, die den ereignistyp „G-entstehung“ mit dem ereignistyp „G-machen“ in eine kausale verbindung bringen könnte  .

5 wir haben nun also sätze von der art des folgenden für unsinnig erklärt: „immer, wenn etwas ein G ist, ist es gemacht.“ dabei haben wir freilich unterstellt, dass die reihe der G’s beliebig verlängerbar ist – dass die suche nach einem oder mehreren subjekten, die ein jeweils vorliegendes G verfertigt haben, immer wieder aufs neue starten und eine bestätigung der zugrundeliegenden hypothese liefern kann.
doch wie, wenn das nicht der fall wäre – wenn vielmehr eben das, was wir auf seine fragliche gemachtheit hin beurteilen sollen, einmalig ist – etwas, das eben gerade nicht wieder und wieder entsteht, und dann wirkung bestimmter ursächlicher erzeugungsprozesse (z.b. handlungen eines produktiven subjekts) sein kann, nach denen wir fragen können, sondern allenfalls aufgrund seiner ähnlichkeit mit andern, nachweislich „gemachten“ dingen, beurteilt werden kann.
damit wäre dann auch der einmaligkeit der hinter solchen fraglichen produkten stehenden absichten und motiven rechnung getragen. ebenso würde unterschieden werden zwischen natürlichen ursachen und produktiven handlungen: denn immer in solchen fällen fragt man ja, ob man es nicht mit einem einzelnen, zufällig entstandenen naturprodukt zu tun hat. und insbesondere, wenn ansonsten garkeine hinweise auf den oder die verfertiger vorliegen, wie etwa bei archäologischen funden, wo immerhin aus bekannten, menschlichen bedürfnissen auf einen möglichen sinn  , also wieder eine dahinterstehende (und zwar erfolgreich realisierte) absicht geschlossen werden kann – insbesondere dann also wird die frage immer auftauchen, ob das betreffende ding von natur aus und etwa durch zufall auch hätte entstehen können – zumindest unter den mutmasslichen randbedingungen, die zum zeitpunkt seiner entstehung herrschten.
also:
II.
„ES GIBT DINGE, DIE UNTER KEINEN  NATÜRLICHEN BEDINGUNGEN ENTSTEHEN KONNTEN – UND DOCH VORKOMMEN.“
6 man kennt diese art behauptung auch aus andern zusammenhängen: sie tauchen immer dort auf, wo jemand der wissenschaft mit ihren eignen methoden ihre grenzen beweisen will  . so etwa die parapsychologie: in ihrer harten, gläubigen variante versucht sie, die nicht-erklärbarkeit „paranormaler“ phänomene, mithin ihre nicht-begründbarkeit durch be­kannte, natürliche ursachen, zu nachzuweisen. geht das? andererseits: lässt sich das denn schon jetzt entscheiden? muss man die parapsychologen nicht erst ihre arbeit tun lassen? eben da liegt das problem: diese ihre „arbeit“ soll – so die vorstellung des publikums – überhaupt zu einem ende kommen können – irgendwann wird der geforderte beweis dann erbracht sein, oder es hat sich doch noch eine erklärung finden lassen – ganz seriös und wissenschaftlich. und diese arbeit an der lösung des problems, ob etwas mit den mitteln der „normalen“ naturwissenschaft erklärbar ist oder nicht, soll eben selber wissenschaft sein. einerseits. bis auf den einen punkt: dass nämlich – im gegensatz zur normalen physik, die dann weiter ihren gang geht – irgendwann (und wann das ist, entscheidet der para-physiker) die nicht-erklärbarkeit bestimmter phänomene wissenschaftlich festgestellt ist – warum? darum, weil man bis zu diesem zeitpunkt keine gefunden hat.
7 vom physiker unterscheidet sich der para-physiker also durch seine weigerung, ab einem bestimmten punkt neues und unbekanntes mit neuen und bis dahin unbekannten möglichen kausalhypothesen zu erklären und diese zu testen – mithin durch die weigerung, länger als bis zu einem von ihm willkürlich festgelegten zeitpunkt an der naturwissenschaftlichen forschung, die es immer mit neuem, noch ungeklärtem und erklärungsbedürftigem zu tun hat, weiter teilzunehmen. dies freilich gibt der paraphysiker aus für ein resultat der erforschung des forschungsprozesses selbst: gerade so, als hätte auch er eine hypothese aufgestellt, die da lautet: „es können immer erklärungen für alle phäno­mene gefunden werden“, hätte sie hinreichend oft erprobt und nicht
bestätigt gefunden. gerade so also auch, als ob die erklärbarkeit der welt  selbst eine kausaldisposition darstellte, die man – wie alle andern auch-
erforschen könne.
wo genau liegt hier der fehler?
8 wir haben ihn schon genannt. erklärbarkeit soll eine kausaldisposition neben  andern sein; eine also, die unabhängig von andern bestehen oder nicht bestehen kann. so muss es nämlich sein, wenn etwas eine neue, eigne und für sich zu bestätigende kausalhypothese bezüglich der verlässlichen zeitlichen verknüpfung bestimmter ereignisse bzw. ereignistypen genannt werden soll. erklärbarkeit kann nicht von dieser art sein; denn die erklärbarkeit der welt bemisst sich nach den jetzt und künftig ermittelten, verlässlich oft erprobten kausalhypothesen – ist also begrifflich nicht von ihnen unabhängig. das alleine würde schon reichen; wir können aber noch einen zweiten grund für die untauglichkeit des oben angeführten gedankens nennen. erklärbarkeit, als kausalhypothese aufgefasst, würde nämlich ereignisse miteinander als verknüpft erscheinen lassen, die – ganz ähnlich wie die G-entstehung und das G-machen – keine naturprozesse sind: dass wir eine erklärung hervorbringen, wenn wir bestimmtes tun, hängt einmal davon ab, was wir als erklärung vernünftigerweise akzeptieren, andererseits aber davon, dass wir überhaupt etwas tun, uns hypothesen ausdenken und erproben. genau darum konnte ja auch der para-physiker so selbstherrlich den sachverhalt der nicht­erklärbarkeit der welt durch ein schlichtes abbrechen der teilnahme am forschungsprozess erzeugen  – als ein vermeintlich empirisches faktum. sowenig aber ein G-machen ein jederzeit jemandem auf den kopf zusagbares „faktum“ darstellt, sowenig eine solche unterlassung.
9 der paraphysiker verfertigt, wie wir sahen, hypothesen zweiten grades: solche nämlich über den ausgang des forschungsprozesses, noch bevor er angefangen hat. von dieser art, so behaupte ich, sind überhaupt alle überzeugungen, die man im engeren sinn als gläubig oder auch abergläubisch bezeichnen kann. sie alle zeichnen sich aus durch eine berechnende stellung zur arbeit des forschens und erforschens der welt; genauer: sie bestimmen, im rahmen gegebner erfahrung, die wahrscheinlichkeit bestimmter forschungsresultate und damit auch, ob – oder besser, in den meisten fällen: warum nicht – es sich lohnt, mit dem forschen überhaupt anzufangen. dass forschung mühsam ist und fehlschläge dabei nicht ausbleiben, weiss jeder; der para- oder besser: antiphysiker ist nun aber keineswegs depressiv, entmutigt, oder hat die lust verloren, in einer unbekannten, vielleicht feindseligen welt, sich auskennen zu lernen im verein mit andern, sein abfälliges urteil ist nicht resignativ, denn er kennt eben lohnendere alternativen  , sich der welt zu seinem wohle zu bemächtigen. angesichts dieser sorte lohn, die er sich und andern verspricht, ist der oben widerlegte „wissenschaftliche“ nachweis der unerforschlichkeit der welt freilich nur eine unbedeutende dreingabe.
10 der gläubige, so scheint es, nimmt also zur grundlage aller risikoabwägungen (überlegungen hinsichtlich dessen, was lohnt), dem system der immerhin bestätigten und verlässlich in pläne einzubauenden routine­kausalverhältnisse (gegenstand ebensolcher hypothesen) noch einmal eine risiko-abwägende, berechnende haltung ein. kein gläubiger behauptet dabei, es besser als der ungläubige zu wissen  – sonst wäre sein glaube von einem wahn kaum zu unterscheiden. der gäubige nutzt aber die wirkmöglichkeiten im rahmen dessen, was verlässlich über die welt bekannt ist, um grossartigere experimente zu veranstalten als diejenigen, die physiker im sinn haben: solche nämlich, die zunächst und vor allem andern nur einmal, wenn sie denn „gelingen“ würden, wider nur unsre verlässlichen wirkmöglichkeiten ausdehnen würden – ob zu unserm nutzen, zur erfolgreichen selbsthauptung etwa, ist dabei fraglich. denn der offene forschungsprozess lässt auch die möglichkeit offen, dass die welt sich als unserm interesse nicht dienlich und mithin nicht als unser mittel erweist. gerade das aber ist es, was ein gläubiger nicht glauben kann: gläubigkeit könnte geradezu definiert werden als die weigerung zu glauben (im sinne von: damit als möglichkeit rechnen) , dass die welt nicht das mittel zur realisierung unsres (weitestgehenden) interesses ist.
11 von daher kann man auch angeben, experimente welcher art der gläubige
so attraktiv findet: solche wirkversuche nämlich, die, wenn sie gelingen würden, von der als mittel gedachten welt den weitestgehenden gebrauch machen würden, der sich vorstellen liesse.  dass etwas lohnendes scheitert, sagt sich der gläubige, kann man immer noch herausfinden; zugunsten eines solchen resultats etwas möglicherweise vielversprechendes zu unterlassen, scheint ihm verrückt – genau dies ist die logik etwa von pascals wette. wo, wiederum, liegt sein fehler?
mehr als den abstrakten mittel-gedanken bezüglich der welt hat auch der gläubige nicht in händen, um sein glück zu machen, wie grossartig auch immer er es sich ausmalt. er ist deshalb mit seinem abstrakten räsonnement von der möglichkeit  , heisst: nicht-ausschliessbarkeit, maximal lohnender und erfolgreicher versuche, die welt zum mittel zu machen, noch nicht zur aussonderung einer einzigen, zu testenden hypothese gelangt. vielmehr sind alle versuche, die er nur immer anstellen könnte, so gut wie ihr gegenteil – das von ihm angegebene prinzip der konstruktion rationaler, als nächste und nächstliegende auf grundlage des vorhandenen materiuals zu testender hypothesen ist nämlich keines, das irgendeine handlungsanweisung geben könnte  –  es ist, mit andern worten, kein  prinzip der hypothesenwahl. denn jeder versuch, den der gläubige in bester absicht unternimmt, seinem maximalziel näherzurücken, könnte so gut eine fatale unterlassung der richtigen schritte sein, wie es angeblich die rationelle forschung wäre.
12 der gläubige sieht den vorteil seiner gläubigen strategie vor
dem bescheiden sich vorantastenden verfahren der wissenschaft einzig aufgrund seiner guten absicht, etwas seinem glücksstreben mehr entgegenkommendes unternehmen zu wollen; um ein solches zu haben, müsste er freilich die welt besser kennen – er müsste forschen. tatsächlich kann der gläubige die wissenschaft nur darum attackieren, weil sie dem gläubigen verfahren darin gleicht, dass sie versuch ist, und nicht routine, und ebenso wie er die welt – im experiment – als inventar möglicher wirkzusammenhänge betrachtet, deren man sich beim verfolgen senes interesses, nutzens, also „glücks“, wenn es maximal befriedigt würde, bedienen könnte. er kann sie attackieren, wenn und sofern sie nicht den  versuch macht, den er – willkürlich und ohne irgendeinen grund – vor allen andern auszeichnet.
13 der gläubige behauptet nun freilich einen vorzug seines versuchs: dass er nämlich zweckmässig erschiene im lichte des falls der besten aller möglichen welten: derjenigen nämlich, die bereits durchschaut und zugunsten seines interesses prinzipiell grenzenlos manipulierbar wäre – eine also, die das werk eines allmächtigen und allwissenden subjekts wäre.
und wenn er schon am wünschen ist, und sich den besten fall überhaupt denken soll, dann wird er hinzufügen müssen: eines allgütigen. doch damit beginnen seine schwierigkeiten. denn der all-liebende gott ist ein helfer in der not, die er, als allmächtiger, selber angerichtet hat. der gläubige muss daher seinen leiden einen sinn  zuschreiben, der ihm noch unbekannt ist – doch damit sind es auch die absichten gottes; der unbekannte und rätselhafte gott wird damit auch gleich unberechenbar.
so scheint der gläubige nur für die kontingenz (und unerforschlichkeit) der unbekannten welt die kontingenz (und unerforschlichkeit) des willens eines unbekannten gottes eingetauscht zu haben.
14 der gläubige mag es eine zeitlang mit vorfindlichen offenbarungen des göttlichen willens versuchen; darin nennt gott die bedingungen  des heils. er ist zwar damit nur noch bedingt gut zu nennen; doch immerhin gerecht. dass böse bestraft werden sollen, und gerechtigkeit die güte begrenzen müsse, leuchtet dem gläubigen ein. der böse ist subjekt, und in dieser hinsicht (wie auch der gläubige) gottes ebenbild; dass gott ihn und andre als subjekte erschaffen hat, kann ihm der gläubige kaum verübeln. und somit auch nicht die tatsache, dass mit seiner freiheit auch seine eigne strafwürdigkeit – oder deren möglichkeit – miterschaffen wurde.
sein und andrer unglück interpretiert der gläubige nun als (innerweltliche) strafe und warnung; sein glück (und das andrer) als lohn bzw. ausbleibende strafe.
die erfahrene kontingenz verteilt freilich glück und unglück nicht nach
verdienst, und der gerechte muss viel leiden. er könnte dies ungerecht finden, doch lieber, als mit dem allmächtigen zu hadern, sieht er im leid einen beweis seiner andauernden strafwürdigkeit und der strenge  gottes. das unverdiente glück der bösen nötigt ihn dazu, das letzte gericht  in die zukunft zu verschieben; an eignem leid und fremdem wohlergehen, die in keinem oder besser: kontingentem verhältnis zu verdienst und
strafwürdigkeit stehen, erkennt er zitternd die offenkundige masslosigkeit  der strenge gottes: die kontingenz der erfüllbarkeit von gottes willen hat das auskunftsmittel zunichte gemacht, das der gläubige gegen die kontingenz des unerforschlichen göttlichen willens erfunden hatte.
15 als einziger ausweg bleibt ihm, sich gott als gnädigen zu denken; die diesseitige strafe wird zum blossen besserungsmittel, zur blossen  prü­fung, erklärt. wie er im einzelnen den durch die göttliche gnade ver­mittelten guten ausgang der geschichte denkt, ist letztlich gleichgültig; denn überall lauert auf den gläubigen erneut die kontingenz der welt, der er im glauben sich zu entziehen versuchte:
– das schlechte diesseits, unter dem spätestens die andern leiden, wird zur moralischen herausforderung  , der sich zu stellen er nicht verweigern kann;
– das bessere jenseits hingegen wandelt sich vom standgericht in einen läuterungsprozess, dessen stationen unbekannt und erst abzuwarten sind.
die gnade besteht gerade darin, dass man sein heil herbeiführen kann, wenn man will, und der moralisierende gottesgläubige sieht sich also von seinem schöpfer dazu befähigt, gut zu werden und die welt gutzumachen; doch wann und wie, ist unbekannt, ganz ebenso, wie es auch unbekannt ist, wieviele schwierigkeiten einem in den weg treten werden.
16 der ganz und gar menschliche, weil menschliche endzwecke anerkennende und ihnen letztendlich zur realisierung verhelfende gott hat nun keinen, vom vernünftigen  wollen des einzelnen seiner geschöpfe abweichenden willen; das gute überhaupt, dessen realisierung alle vernünftigen, alle subjekte also, zustimmen können, ist auch sein ziel, und muss es sein.
er weiss, wie seine geschöpfe (zumindest, wenn sie so weit gediehen sind), dass es das heil für subjekte nur als heilsgeschichte  (als moralischer lernprozess, in dem der begriff des heils und des verdienstes ausgebildet wird) geben kann; denn so hat er subjekte und welt als materielle vor­aussetzung dieser heilsgeschichte konzipiert.
als sichtbares, in seinen handlungen  in  der welt erkennbares subjekt hat gott sich also nun verabschiedet; er ist präsent nur noch als guter wille, der sich im schöpfungsplan materialisiert – ebenso wie im (allerdings vorläufig kontingenten) heilswillen der geschaffenen subjekte.
die welt, in der das machtvolle handeln gottes nicht mehr unmittelbar, als eingriff, sichtbar, zumindest erschlossen, sein darf  – es wäre, nach dem gang, den das gläubige denken zurückgelegt hat, sonst nicht als handeln gottes  denkbar -, scheint nun auf den ersten blick sich von einer welt ohne gott nicht zu unterscheiden; der gläubige spürt daher das bedürfnis, seinen glauben als hypothese nicht mehr zweiten grades, näm­lich als hypothese über das hypothesenbilden, zu formulieren, sondern tatsächlich als empirische hypothese über die welt, die zu anderen ihresgleichen in konkurrenz treten und mit den gleichen mitteln, wie diese, widerlegt oder bestätigt werden kann:
DIE WELT KANN NICHT DURCH ZUFALL ENTSTANDEN SEIN, SONDERN ZEIGT DURCH IHRE BESCHAFFENHEIT DAS WIRKEN EINER PLANVOLLEN, WISSENTLICHEN ABSICHT. oder, um den unterschied zur zweiten, gläubigen hypothese hervorzuheben, und den empirischen gehalt dieses gedankens auszudrücken:
III.
„ES GIBT DINGE, DIE UNTER DEN BEKANNTEN NATÜRLICHEN BEDINGUNGEN NICHT  ENTSTEHEN KONNTEN – UND DOCH VORKOMMEN.“
17 im unterschied zu II. wird hier verwiesen auf bekannte eigenschaften der welt, beschaffenheiten, die an ihr auszumachen sind und vielleicht sogar ins auge fallen. die naturwissenschaft und ihre positiven resultate werden als zeugen aufgerufen, und nicht ihre im vorhinein
feststehende unsinnigkeit empirisch illustriert. der gläubige wird also selbst wissenschaftler und versucht sich an erklärungen – nicht um zu scheitern, sondern um – mit seiner konkurrierende – hypothesen zu widerle­gen.
es figuriert dabei das inventar der elementaren naturgesetze bzw. stoff­eigenschaften und dispositionen der physik nicht weniger als die komplexeren strukturen, die von chemie und biochemie abgedeckt werden, als ein unorganisiertes und für sich genommen nicht organisationsfähiges material  , zu dem ein weiteres moment hinzutreten muss, das man als kausal wirksames (ideal)bild  bezeichnen könnte, oder auch als sich selbst reproduzierendes schema odermuster  , damit „höhere“ organisationsgrade materieller strukturen möglich sind – zum beispiel lebende organismen. dies muster ist nun zugleich komplex  und in so hohem mass geordnet  , dass es zu seiner entstehung mindestens ebenso komplexe und geordnete strukturen voraussetzt. die entstehung des lebens durch sich selbst stabilisierende zufälle  gilt dann als zu unwahrscheinlich  – zumindest in den bislang von der wissenschaft dafür vorgesehenen zeiträumen.
18 der kreationistische kritiker der evolutionstheorie (denn um diese handelt es sich) übersieht, wenn er empirische argumente zur stützung seiner position bemüht, ebenso übrigens wie darwinistische verteidiger, dass das projekt einer evolutionstheorie – man könnte sagen: ihr begriff – nicht von einzelnen empirischen sachlagen abhängt. dass die empirisch momentan gegebne  komplexität mit den (aus empirie erwachsenen) gut bestätigten kausalhypothesen (naturgesetzen) zunächjst nur auf ähnlich komplexe ursachen zurückgeführt und mit ihnen erklärt werden kann, mag sein. es enthebt den wissenschaftler aber nicht der notwendigkeit, sich wiederum die frage nach der entstehung dieser komplexen ursachen zu stellen; evolution ist nicht eine behauptung über konkrete sachverhalte, sondern vielmehr eine regel des suchens nach und formulierens von hypo­thesen – eine aufgabe, keine lösung. die mit dem begriff der evolution verbundene aufgabe lautet, diejenigen stabilen und zugleich einfacheren zwischenstufen, ausgehend von zufallsanordnungen und -prozessen des auch vom kreationisten anerkannten stofflichen „rohmaterials“, zu finden, die den heutigen komplexen formen des lebendigen vorausgingen.
die tatsache (falls sie bestätigt werden könnte), dass ausgangsfomen des lebens, oder neue arten, vom himmel gefallen oder durch einen oder mehrere komplexe „schöpfer“ – organismen entstanden sind, verschiebt das problem und stellt es aufs neue.
19 das evolutionskonzept mit seinen begriffen (zufall bzw. zufällige anordnung, zwischenstufe, relative stabilität („selektion“) bzw. ge­richtet wachsende komplexität („anpassung“) usw.) kann dabei betrachtet werden als ein inventar von rollen  , die von unterschiedlichen kombinationen aus physikalisch elementaren prozessen und strukturen besetzt  werden müssen; als physikalisch elementar gilt dabei das qualitativ („elemente“) und quantitativ („erhaltungssätze“) un­veränderliche – derart, dass unveränderliche und überall gleich gültige dispositionen („naturgesetze“) die entstehung nachfolgender aus ursprünglichen anordnungen (verteilungen) der elemente regeln – soweit eine solche regelung überhaupt erkennbar ist  – denn, auch dass diese  eben benannten rollen des physikalisch elementaren überhaupt besetzbar sind, ist keine selbstverständlichkeit (und gehört zur kontingenz der welt bzw. der kontingenz der in ihr möglichen geschichte ihrer entdeckung, beschreibung und erklärung). (unser begriff der „rolle“ – ähnliche be­griffe wären: das (erschliessbar, hypothetisch) grösste, kleinste, schnellste, längstdauernde, erste, meiste (die grösstmögliche zahl zähl­barer, realer dinge) – weist eine gewisse verwandtschaft auf mit kants begriff der „regulativen idee“.)
20 der versuch einer widerlegung der möglichkeit einer evolution über­haupt  ist also verfehlt, weil das scheitern einer einzelnen evolutionshypothese nie die frage  nach der besonderen evolution aufhebt, die in unserer  welt stattfand. es ist möglich (gehört zu den eigenheiten einigere unter den möglichen, vorstellbarer welten), dass diese frage ohne antwort bleibt – so, wie es ja auch sonst möglich wäre,
dass eine naturwissenschaft nicht zu resultaten gelangt und also einige oder alle der a priori vorgesehenen „rollen“ (elemente des erklärens) nicht besetzen kann (obschon es immer richtig war, den versuch zu machen, eine wissenschaft zustandezubringen und zu sehen, wie weit man damit kommt).
was aber macht uns eigentlich so sicher, dass die frage nach der besonderen realisierung einer evolutionären genese komplexer, sich repro­duzierender strukturen (derjenigen nämlich unter den speziellen be­dingungen unserer, besonderen welt) die richtige ist? könnte denn nicht genausogut eine ähnlich lautende frage, ein analoges wissenschaftspro­gramm konstruiert werden, das nach belegen für die entstehung von komplexem aus komplexem sucht – oder besser: das nach dem jeweils gleich komplexen (oder noch komplexeren) vorgänger einer vorhandenen oder (aus belegen) erschlossenen komplexen struktur sucht? und könnte nicht diese frage gerade so gut unbeantwortbar bleiben wie die nach den vorstufen der evolution des komplexen? und wäre es dann nicht besser zu sagen, dass die kontroverse, ob evolution aus elementarem oder derivation aus komplex(er)em unserer welt zugrundeliegt, dann empirisch unentscheidbar ist?
22 betrachtet man die logische grundstruktur des anti-evolutionären konzepts genauer, dann ergeben sich zwei entstehungsweisen für komplexes bzw. genetische zusammenhänge zwischen komplexen strukturen und ihren einfacheren bestandteilen: die eine wäre die, wo einfacheres (u.u. auch hochkomplexes) durch zerfall  (noch) komplexerer strukturen entsteht; die andre, wo komplexe gebilde aus einfachen durch unspezifische erzeugungs­prozesse  , zusammen mit sie steuernden spezifischen codes („informationen“)  hergestellt werden. der anti-evolutionäre begriff des komplexen wird die materialisationen dieser codes bzw. der in ihnen verschlüsselten „information“ (muster, schema, vorbild, das durch koppe­lung mit erzeugungsprozessen kopien seiner selbst sowie komplexe struktu­ren erzeugt: kausal wirksame „urbilder“, „ideen“, „formen“) überhaupt zum ausgangspunkt aller komplexität erheben, und sie als elementare und irreduzible kategorie  der liste der anderen „weltelemente“ oder ontologi­schen bzw. physikalischen „rollen“ hinzufügen.
nun kann auch der anti-evolutionist nicht leugnen, dass codes wie unspezifische erzeugerprozesse realisiert sind in form von strukturen, die aufgebaut sind aus gewöhnlichen elementen, wie alles andre auch – nur eben in bestimmter anordnung. er muss sich dann aber auch die frage gefallen lassen, wieso diese besonderen anordnungen, auf die es ihm ankommt, weil sie besondre, von ihm hervorgehobene effekte haben, auf andre weise  zustandegekommen sein sollen, als andre „anordnungen“ eben auch – als verbindung von einzelexemplaren der gewöhnlichen elemente, die zur verbindung disponiert sind, nicht anders als in weniger komplexen strukturen auch.
23 die schwierigkeit des anti-evolutionisten besteht dabei, noch genauer gesagt, darin, dass er zur charakterisierung des bestimmten  , das die von ihm ins auge gefassten „komplexe“ bzw. komplexen strukturen ausmachen soll, nichts anführen kann als effekte  : dispositionsaggregate mit u.a. der wirkung, sich in bestimmten normalumgebungen zu reproduzieren usw. – dispositionsaggregate, die durch das zusammentreten elementarer physikalischer dispositionsträger realisiert werden. dies realisiert­sein-(können-)durch liesse sich auch ausdrücken als: zurückführbar-sein­auf; oder, noch deutlicher: identisch-sein-mit. also: dass eine struktur eine gewisse menge von effekten aufweist, bedeutet nichts andres, als dass sie eine variante aus der reihe derjenigen elementar-dispositionsträger­aggregate darstellt, die diese effekte – makrodispositinen – realisieren. um diese identifikation, oder reduktion, oder auch erklärung  makroskopischer „effekte“, dispositionen, vorgänge, körper mit bestimmten eigenschaften mit anordnungen von elementarem material vornehmen zu können, treiben wir ja naturwissenschaft.
nun liegt aber im begriff der (räumlichen) anordnung von gegeneinander selbständigen dispositionsträgern (dispositionen des interagierens mit anderen solchen dispositionsträgern eingeschlossen!) bereits die einzig mögliche art ihres zustandekommens: nämlich durch annäherung – so wie ihr
zerfall etwas mit trennung und auseinander-bewegung zu tun hat (was sich umwandeln kann, kann – im sinne dieses begriffs – nicht elementar sein). (wir vernachlässigen probleme, die mit dem begriff des maximal (noch) bestimmbaren aufenthaltsorts oder -bereichs von elementen verknüpft sind, weil sie am prinzip unserer argumentation nichts ändern.). das vom anti­evolutioisten ins spiel gebrachte besondere und neue element aber ist verschwunden.
24 er könnte erwidern: es sei in erzeugungsprozessen und steuernden informationscodes enthalten, die unsre komplex-struktur haben zustandekommen lassen; wir antworten, dass auch diese prozesse und codes nur wieder aggregate elementarer dispositionsträger sind.
es scheint also so, dass eben jenem prozess, den wir alle als „selbst­reproduktion einer komplexen struktur“ auffassen, jene bewegungen elementarer dispositionsträger, einfacherer und einfachster strukturen und strukturteile, zugrundeliegt, die durch ihre bewegungen den prozess realisieren  oder, wie man auch sagen können, deren bewegungen die eigenschaft, ein solcher prozess zu sein (oder ihn zu realisieren) aufweisen  . diese eigenschaft ist  aber nicht selbst ein bewegungs- und aggregierfähiges element, eine sorte von „teilchen“, die zu andern ihresgleichen hinzutreten können – so, wie die echten elementaren partikel (lokalisierbare, kleinste und (ausser durch interaktion mit ihresglei­chen) unveränderliche dispositionen.)
und diese einsicht bringt uns auf das gläubige motiv  zurück, das dem insistieren auf dieser betrachtungsweise (mit dem anspruch, ein dem üblichen naturwissenschaftlichen prinzipiell gleichberechtigtes wissenschaftsprogramm zu begründen, derart dass zwischen beiden nicht mit empirischen gründen entschieden werden könne) zugrundelag. der witz dieser betrachtungsweise liegt nämlich darin, dass sie versucht, begrifflich, „apriori“ gewissermassen, der komplexität beliebiger stufe ihren platz in der welt zu sichern als elementarem und mithin unveränderlichem, unzerstörbarem weltbestandteil  – so elementar, so unveränderlich wie eben jene materiellen elemente, die (nach den kontingenten, empirischen, nichtsdestotrotz durch hinreichende erpobung als zuverlässig erwiesenen beobachtungen der physik) sich zu eben jenen strukturen zusammenlagern, die die angeblich elementaren komplex-eigenschaften eben darum, nämlich ableitbar aus den (dispositionellen) eigenschaften der in ihnen zusammengetretenen partikel (partikularen dispositionsträgern), aufweisen. am nicht-entstandensein des komplexen durch aggregation („geschaffensein“) liegt den gläubigen, weil es voraussetzung ist für die (prinzipielle, nicht-kontingentre) unvergänglichkeit (durch zerfall) von komplexen (welt, personen), an die die letzte und entwickeltste form des glaubens, die nämlich an die realisierung des „heils“ durch moralische vervollkommnung aller subjekte, gebunden ist. es bleibt uns zu zeigen, dass die oben in absatz 20 vom kreationisten behauptete gleichwertigkeit seiner konzeption mit dem programm der empirischen naturwissenschaft jeder grundlage entbehrt. letzteres besteht bekanntlich darin, belege für die besondere art und weise der (besonderen) evolution des maximal komplexen in unserer (besonderen) welt durch („zufällige“, nämlich nicht ebenso oder komplexeres, codes und erzeugungsprozesse voraussetzende) aggregation zu suchen …
IV. ANHANG: VOM ZUSAMMENHANG VON UNGLAUBEN UND NATURWISSENSCHAFT
25 mag sein, dass nicht jeder glaubensinhalt mit resultaten der naturwissen­schaft vereinbar ist – gläubigkeit ist es allemal; auch kreationismus. wenn kreationisten nicht durch offenbarungstexte (oder nicht durch unnötig enge auslegungen dieser texte) gebunden sind, können sie ohne weiteres alle natür­lichen ursachen, alles natürlich „erste“ und vorgängige, als natur-moment der schöpfung zurechnen, und den schöpfer jedesmal einen schritt zurücktreten lassen – eben jenen schritt, den er der jeweils aktuellen kosmogonie vorausha­ben muss, um sie zu hintergehen.
der hinweis auf die „immanenz“ des verursachungskonzepts scheint nicht zu greifen – wonach alles, was als ursache in der natur gezählt wird, als teil der natur betrachtet werden muss. wie weit die für uns „unmittelbar“, und aus eigner kraft und mit eignen mitteln „sichtbare“ natur (als gegenstand unsrer empirischen nachforschungen) reicht, ist nicht klar; wie weit das reicht, was kausal-hypothetisch erklärbar ist, auch nicht. die frage, die mit dem glauben berührt ist, ist so auch keine empirische: ob es nicht gründe (im vorhinein) geben könnte, die uns bewegen könnten, mit einem jenseits  – jenseits des erforschten und erklärbaren, dessen grenzen wir ja nicht ausgelotet haben, liegend – zu rechnen, von dem her einwirkungen in den bereich des bekannten und erklärten stattfinden können.
26 denn diesen bereich – wir sagten es schon – braucht kein gläubiger zu leugnen, und tut es auch nicht – schon um nicht zu verhungern. so steht naturwissenschaft, auf allen niveaus (angefangen bei der groben empirie zb. jagender, sammelnder, viehzüchtender oder ackerbauender praktiker), den gläubi­gen offen. es ist nicht naturwissenschaft und ihre resultate, was gläubige und ungläubige auf dauer trennt; es ist die antwort auf die frage, worauf, versuchsweise, man sich als mittel , also wirkzusammenhänge, die sich bereits als verlässlich erwiesen haben, und die – im verein mit anderen solchen – mögliche eigne handlungen mit bedürfnisbefriedigenden umständen verbinden, bei seiner reproduktion verlassen soll. „nur das bekannte und verlässliche!“, sagen die ungläubigen; und die gläubigen fragen zurück: „die welt ist aber nicht bekannt; wie sollen wir denn bei ihrer erforschung verfahren?“ die antwort ist: „genauso.“
27 und damit ist, ganz kurz, der unterschied benannt zwischen glaube und unglaube. die kombination erprobtermassen verlässlicher, und durch im normalen handlungsspielraum liegende körperbewegungen (in bekannten umgebungen, unter bekannten umständen) herbeiführbarer, direkter oder indirekter wirkungen bildet die grundlage nicht nur für unsern versuch, uns zu reproduzieren (im rahmen dieses versuchs fungiert, nach der formulierung im letzten abschnitt, jeder einzelne, gegen andre abgrenzbare (und durch andre in der kombination ersetzba­re) wirkzusammenhang als (versuchsweises) mittel ). sondern aus solchen kombi­nationen, worin  bekannte und erprobte wirkzusammenhänge (objektiv: „dispositionen“, das also, was den gegenstand (subjektiver) „hypothesen“ ab­gibt) als (versuchsweise) mittel für mögliche endresultate, die als ziele gewählt werden könnten, erprobt werden, bestehen auch all unsre experimente.

28 dass unsre routine-reproduktion (die reproduktion unsres handlungspielraums auf gegebnem niveau: „selbsterhaltung“, „bedürfnisbefriedigung“) gelingt, und sich wiederholen lässt, ist keine selbstverständlichkeit; sie könnte darum bereits selbst ein experiment genannt werden – all unsre reproduktiven routinen sind nur versuche, uns zu reproduzieren – all unser vertrauen in sie ist versuchsweises vertrauen.
all unsre experimente, umgekehrt, sind denkbare routinen – aufgebaut aus erprobten, reproduzierbaren einfacheren wirkzusammenhängen (realisiert z.b. in geräten, die wir jederzeit nach gegebnen bauanleitungen nachbauen könnten usw.). es sind routinen, von denen wir (noch) nichts abhängig machen – (noch) verlassen wir uns nicht auf sie, rechnen nicht unbedingt mit ihrer erfolgrei­chen durchführung, so, wie wir sie (unsrer „kombinatorischen“ hypothese zufol­ge) erwarten dürfen. denn, dass neu-kombiniertes in interaktion mit anderen teilen der kombination sich ebenso verhalten müsse, wie ausserhalb der kombina­tion, ist ein heuristischer grundsatz, aber im einzelfall von mal zu mal zu bestätigen.
29 die begriffe der kombinierbarkeit und des elements sind weitere, damit gegebne heuristische oder „begrifflich-programmatische“ ideen. makroskopisch lassen sich grosse mengen mikroskopisch wirksamen materials rein darstellen (dieser begriff der „reinheit“ ist gebunden an den des trennverfahrens). konstitutive weitere begriffe sind also: trennverfahren, homogene material-masse, kleinste portionen (gleich, an welcher stelle entnommen), die immer gleiche eigenschaften (dispositioen) aufweisen – sie sind rekombinierbar mit andern. der begriff der interaktions-disposition zählt zu den eigenschaften eines reindargestellten elements und lässt sich ebenfalls aus den makroskopi­schen eigenschaften erschliessen (ladung). eine weitere quelle von erkenntnis­sen sind die projektiv erschlossenen, zu makroskopisch registrierbaren wirkun­gen verstärkten mikro-ereignisse (dabei wird bereits ein elementarer gesetzesap­parat zugrundegelegt, der diese registrierbarkeit nach projektiven geometrischen regeln abzuleiten gestattet. ähnlich verhält es sich bei der erschlies­sung räumlich und zeitlich weit entfernter ereignisse und zustände aus ihren spuren bzw. fernwirkungen.)

30 technisch-synthetische rekombination von elementen ist „angewandte“ naturwis­senschaft (= abgeleitete, „kombinatorische“ hypothesen): sie testet fortwährend die interaktionsdispositionen und ihre (behauptete) verteilung bzw. zuordnung zu feststellbaren eigenschaften (z.b. masse). unerwartete resultate werden entweder durch andere kombinationen von elementar-eigenschaften (dispositionen) „erklärt“,  oder  es wird irgendwann die neue „ad hoc“ -eigenschaft
(interaktionsdisposition) dem bestand der element-eigenschaften zugeschlagen. von daher schliesse zurück auf die rolle, die „das komplexe“ im rahmen der naturwissenschaft spielt. der begriff der „erklärung“ ist konstitutiv mit dem der rekombination aus elementen verknüpft. der begriff „zufall“ im zusammenhang mit evolution bedeutet: erstmalige zusammenlagerung (kombination) mit selbst­reproduktivem effekt (d.h. eine funktion ist entstanden; die welt weist eine funktion auf; vgl. dazu „anticartesianismus“).

entwurf einer fortsetzung.
der abschied von der religion (und allen verwandten formen des magischen und des aberglaubens, spiritismus, parapsychologie usw.) muss aus begrifflichen gründen wesentlich mit dieser präzisierung des begriffs einer erklärung zusam­menhängen – mit einer klärung der grundsätzlichen verschiedenheit der beiden antworten, die man auf die frage: „warum ist das geschehen?“ geben kann: 1. „weil es so beabsichtigt war“; 2. „weil die voraussetzungen zur anwendung
derundder gesetzeshypothese erfüllt waren (dieunddie dispositionen und ihre auslösebedingungen daundda vorlagen)“. absichtlichkeit von vorgängen unter­stellt ihre beeinflussbarkeit und regulierbarkeit durch verständigung (nämlich das vorhandensein eines handlungsspielraums) – wo immer absichtlichkeit und mithin ein handlungsspielraum in der welt auftauchen, ist dieser virtuell unser handlungsspielraum, kann, durch blosses reden , zu unsern gunsten eingesetzt werden. die geschichte der religionen kann aufgefasst werden als geschichte der ausbildung des begriffs des weitestreichenden handlungsspielraums, zugleich also der weitestreichenden hypothese, die man seinem handeln zugrundelegen kann. die geschichte des scheiterns dieser hypothese, umgekehrt, muss etwas zu tun haben mit der erfahrung (wie wir z.t. oben zu zeigen versuchten), dass dies weitestreichende zu lange keinen unterschied im handeln gemacht hat, als dass es sinnvoll noch differierenden plänen (versuchsweise) zugrundegelegt werden könnte. das testen der weitestreichenden hypothese, könnte man sagen, hat einem nichts erspart – die welt hat sich auf dauer wie eine erwiesen, in der es keinen gott, ja nicht einmal freundliche, wenn auch nicht allmächtige geister (etwa ihren tod überlebende „seelen“) oder über unsern gewöhnlichen handlungs­spielraum hinausreichende,  wichtige neue fähigkeiten gibt. die magischen hypothesen, bzw. die aus ihnen abgeleitete praxis des forschens und technischen zu-wirken-versuchens, ist empirisch  widerlegt. in der fortsetzung unsrer betrachtungen über religion müssten wir die begrifflichen grundlagen aufsuchen, die dieser empirischen widerlegbarkeit der religion zugrundeliegen. vor allem wird dazu der begriff gehören der alternativen erklärung von geschehnissen; die erklärung durch (verstehbare und irgendwann durch kommunikation beeinflussbare nutzungen von bestehenden handlungsspielräumen, d.h. absichten) im unterschied zur erklärung durch gesetzeshypothesen (ereignisse und im raum verteilte dispositionen bekannter  dispositionsträger). die frage, ob wir die weiterreichenden hypothesen immer noch versuchsweise unserm handeln zugrundelegen sollen oder nicht, hat sehr viel mit der zu tun, wieviel wir auf dauer versäumen, wenn wir es tun. der gebrauch und die geltung der weitestreichenden hypothese macht dann immer weniger unterschiede im handeln. die weitestreichende hypothese läuft eigentlich darauf hinaus, dass wir uns durch einfache massnah­men das leben leicht machen können; sie verblasst im mass, wie unser leben und auch das der andern schwer ist und nur durch – allerdings berechenbare – nutzung vorhandener, nämlich beobachteter und in immer neuen anordnungen kom­binierter teile unsres objektiven handlungsspielraums (unser körper, im verein mit elementen unserer natürlichen umgebung) gebessert wird: mithin durch unsre arbeit  . durch unsägliche leiden und mühen wird die menschheit erwachsen und vom glauben geheilt; es gibt nichts heilsameres im kampf gegen den glauben als den bericht vom leiden und (beschränkt erfolgreichen) sich abmühen der ehedem gläubigen. oder, das erzählen der geschichte zeigt, dass der glaube, besser: die darauf beruhende praxis, nichts geholfen hat, und einzig unsre anstrengun­gen, wenn überhaupt. die gläubigen haben, in form ihrer selbstverkleinerung und selbstherabsetung, die arbeit und die diesseitigen mühen um ein besseres leben verkleinert und herabgesetzt: das alles sollte nichts sein; sie konnten leicht verachten, denn sie dachten, besseres in der hand zu haben. es ist die typisch verlogene resignation von gläubigen aller spielarten angesichts realistscher, vernünftiger und diesseitiger zielsetzungen, die sich da äussert: dass etwas nicht gelingt, nicht gelingen kann, geht ihnen sehr leicht über die lippen – sie wissen es ja schon besser, haben es leichter. der antikommunismus ist auch schnell fertig mit vernünftigen vergesellschaftungsprojekten, und es ist gerade dieselbe faule und selbstzufriedene pseudoresignation wie bei religiösen: der antikommunist verachtet die verständigung, weil er meint, mühelos und mit viel weniger umwegen dasselbe schnell und aus dem stand heraus zu erreichen.
man darf die gläubigen nicht locken wollen mit den errungenschaften der moderne, der erfolgreichen profanen arbeit also, denn was verlockungen anlangt, sind sie uns allemal über, sondern man muss sie schrecken mit den leiden ihrer vorgänger, die über ihrem kult noch das wenige versäumt haben zu tun, was ihnen und letztlich uns, als ihren nachfahren, zu tun bleibt, um zweckmässige versuche zu machen, uns in der welt zu behaupten und weiterzukommen.